Über die funktionelle kohlensäure der...

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. ist. Bei ihr besteht kein Zweifel, daß die Photooxy- dation von einer Substanz mit dem Absorptionsmaxi- mum im blauen Bereich katalysiert wird. Es ist dem- nadi nidit nur das Chlorophyll photodynamisch wirk- sam, sondern auch das Carotin und seine Derivate, so daß angenommen werden kann, daß nur die in der normalen Pflanze vorliegende räumliche Anord- nung beider Stoffe ein Zusammenspiel ermöglicht, das zur physiologisch sinnvollen Verwertung oder auch Entwertung der absorbierten Strahlungsenergie führt. Eine Störung dieser Anordnung bedingt eine mehr oder weniger starke phytodynamsiche Wirkung jeder der beiden Komponenten, wobei wohl die Oxy- dation von Disulfiden und Thioestern bevorzugt stattfindet und Stoffwechselhemmungen verursacht. Diese ziehen dann die bekannten Denaturierungen der Zellstrukturen nach sich. Bei starken Liditinten- sitäten werden überdies die Farbstoffe selbst oxy- diert. Der Extremfall in der Störung des Chloro- phvll-Carotin-Systems ist der völlige Ausfall der einen oder der anderen Komponente, wie es bei den Bakterienmutanten von Griffith und Mitarbb. - oder auch bei einigen nidit grünen Chlorellamutan- ten 5 der Fall ist. Die verbleibende Komponente ist dann stark photodynamisch wirksam. Die Stoffwechselhemmung durch Licht kann auch an intakten Chlorellen gezeigt werden, wenn man die Lichtintensität, insbesondere bei Blaulicht, ent- * O. K a n d i e r , unveröffentlidit. sprechend erhöht. Bei eigenen Versudien * wurde ge- funden, daß die Förderung des Glucoseeinbaues im Licht bei Erhöhung der Lichtintensität bis über die Sättigung der Photosynthese hinaus wieder rückgän- gig gemacht wird und sogar in eine Hemmung um- schlägt. Dabei erfolgt aber noch kein meßbarer Farb- stoffabbau. Es entspricht dies also den Verhältnis- sen, wie sie oben für die Mutanten im schwachen Blaulicht (Tab. 4) vorliegen. Die Abschirmung der photodynamischen Wirkung der Farbstoffe ist also nur eine relative und kann durch starke Erhöhung der Lichtintensität ebenso beseitigt werden wie durch Schädigung des Energieleitungs-Systems Chlorophyll- Carotin. Es ist zu überlegen, ob nidit die formativen Wir- kungen des Lichtes (Verhinderung des Etiolements, Phototropismus u. a.) ebenfalls auf eine schwache, derartige Photooxydation von Sulfhydrilgruppen und Thioestern zurückzuführen sind. Die Beeinflussung des Oxydationszustandes dieser Verbindungen ist für die Wachstumsvorgänge zweifellos von entscheiden- der Bedeutung, da praktisdi alle wichtigen Fermente Sulfhydrilgruppen enthalten und die von ihnen ge- steuerten Reaktionen in vielen Fällen über Thioester als Zwischenstufen verlaufen. Der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t sind wir für die Unterstützung unserer Arbeiten zu gro- ßem Dank verpflichtet. Über die funktionelle Kohlensäure der Chlorella Von OTTO WARBURG und GÜNTER KRIPPAHL Aus dem Max-Planck-Institut für Zellphysiologie, Berlin-Dahlem (Z. Naturforschg. 11 b, 7IS—727 [1956]; eingegangen am 6. September 1956) Die funktionelle CO., der Chlorella ist die chemisch gebundene CO.,, aus der bei der CO.,- Assimilation das Licht den Sauerstoff entwickelt. Es wird in dieser Arbeit beschrieben, wie die funktionelle CO., entdeckt worden ist und wie man sie messen und ihre Eigenschaften unter- suchen kann. S ättigt man Chlorella mit COo-freiem Argon und fügt dann Fluorid hinzu so wird in kurzer Zeit COo bis zu einem Endwert ausgetrieben, der gleidi dem Chlorophyllgehalt der Zellen ist, bei Va- riationen des Chlorophyllgehalts von 1% bis 8% des Zelltrockengewichts. 1(T 4 -??. Blausäure verhindert die 1 O. W a r b u r g u. G ü n t e r K r i p p a h 1, Z. Na- turforschg. IIb, 52 u. 179 [1956]; O. Warburg, Austreibung der COo durch Fluorid vollständig, ebenso 5 Min. Erwärmen auf 65 . Das Fluorid wirkt also nicht direkt, sondern es setzt eine Fermentwir- kung in Gang, bei der Schwermetall COo aus einer Substanz abspaltet, die stöchiometrisch mit dem Chlorophyll verbunden ist. — Die Fluoridwirkung Günter K r i p p a h 1 u. W a l t e r Schröder, Na- turwissenschaften 43, 237 [1956],

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Page 1: Über die funktionelle Kohlensäure der Chlorellazfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/11/ZNB-1956-11b-0718.pdfdie Wachstumsvorgänge zweifellos von entscheiden-der Bedeutung, da praktisdi

This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

ist. Bei ihr besteht kein Zweifel, daß die Photooxy-dation von einer Substanz mit dem Absorptionsmaxi-mum im blauen Bereich katalysiert wird. Es ist dem-nadi nidit nur das Chlorophyll photodynamisch wirk-sam, sondern auch das Carotin und seine Derivate, so daß angenommen werden kann, daß nur die in der normalen Pflanze vorliegende räumliche Anord-nung beider Stoffe ein Zusammenspiel ermöglicht, das zur physiologisch sinnvollen Verwertung oder auch Entwertung der absorbierten Strahlungsenergie führt. Eine Störung dieser Anordnung bedingt eine mehr oder weniger starke phytodynamsiche Wirkung jeder der beiden Komponenten, wobei wohl die Oxy-dation von Disulfiden und Thioestern bevorzugt stattfindet und Stoffwechselhemmungen verursacht. Diese ziehen dann die bekannten Denaturierungen der Zellstrukturen nach sich. Bei starken Liditinten-sitäten werden überdies die Farbstoffe selbst oxy-diert. Der Extremfall in der Störung des Chloro-phvll-Carotin-Systems ist der völlige Ausfall der einen oder der anderen Komponente, wie es bei den Bakterienmutanten von G r i f f i t h und Mitarbb. -oder auch bei einigen nidit grünen Chlorellamutan-ten 5 der Fall ist. Die verbleibende Komponente ist dann stark photodynamisch wirksam.

Die Stoffwechselhemmung durch Licht kann auch an intakten Chlorellen gezeigt werden, wenn man die Lichtintensität, insbesondere bei Blaulicht, ent-

* O. K a n d i e r , unveröffentlidit.

sprechend erhöht. Bei eigenen Versudien * wurde ge-funden, daß die Förderung des Glucoseeinbaues im Licht bei Erhöhung der Lichtintensität bis über die Sättigung der Photosynthese hinaus wieder rückgän-gig gemacht wird und sogar in eine Hemmung um-schlägt. Dabei erfolgt aber noch kein meßbarer Farb-stoffabbau. Es entspricht dies also den Verhältnis-sen, wie sie oben für die Mutanten im schwachen Blaulicht (Tab. 4) vorliegen. Die Abschirmung der photodynamischen Wirkung der Farbstoffe ist also nur eine relative und kann durch starke Erhöhung der Lichtintensität ebenso beseitigt werden wie durch Schädigung des Energieleitungs-Systems Chlorophyll-Carotin.

Es ist zu überlegen, ob nidit die formativen Wir-kungen des Lichtes (Verhinderung des Etiolements, Phototropismus u. a.) ebenfalls auf eine schwache, derartige Photooxydation von Sulfhydrilgruppen und Thioestern zurückzuführen sind. Die Beeinflussung des Oxydationszustandes dieser Verbindungen ist für die Wachstumsvorgänge zweifellos von entscheiden-der Bedeutung, da praktisdi alle wichtigen Fermente Sulfhydrilgruppen enthalten und die von ihnen ge-steuerten Reaktionen in vielen Fällen über Thioester als Zwischenstufen verlaufen.

Der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t sind wir für die Unterstützung unserer Arbeiten zu gro-ßem Dank verpflichtet.

Über die funktionelle Kohlensäure der Chlorella V o n O T T O W A R B U R G u n d G Ü N T E R K R I P P A H L

Aus dem Max-Planck-Institut für Zellphysiologie, Berlin-Dahlem (Z. Naturforschg. 11 b, 7IS—727 [1956]; eingegangen am 6. September 1956)

Die funktionelle CO., der Chlorella ist die chemisch gebundene CO.,, aus der bei der CO.,-Assimilation das Licht den Sauerstoff entwickelt. Es wird in dieser Arbeit beschrieben, wie die funktionelle CO., entdeckt worden ist und wie man sie messen und ihre Eigenschaften unter-suchen kann.

Sättigt man Chlorella mit COo-freiem Argon und fügt dann Fluorid hinzu so wird in kurzer

Zeit COo bis zu einem Endwert ausgetrieben, der gleidi dem Chlorophyllgehalt der Zellen ist, bei Va-riationen des Chlorophyllgehalts von 1 % bis 8 % des Zelltrockengewichts. 1(T4-??. Blausäure verhindert die

1 O. W a r b u r g u. G ü n t e r K r i p p a h 1, Z. Na-turforschg. I I b , 52 u. 179 [1956]; O. W a r b u r g ,

Austreibung der COo durch Fluorid vollständig, ebenso 5 Min. Erwärmen auf 65 . Das Fluorid wirkt also nicht direkt, sondern es setzt eine Fermentwir-kung in Gang, bei der Schwermetall COo aus einer Substanz abspaltet, die stöchiometrisch mit dem Chlorophyll verbunden ist. — Die Fluoridwirkung

G ü n t e r K r i p p a h 1 u. W a l t e r S c h r ö d e r , Na-turwissenschaften 43, 237 [1956],

Page 2: Über die funktionelle Kohlensäure der Chlorellazfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/11/ZNB-1956-11b-0718.pdfdie Wachstumsvorgänge zweifellos von entscheiden-der Bedeutung, da praktisdi

ist reversibel. Bringt man die mit Fluorid behandel-ten Zellen in reine Kulturlösung zurück, so venneh-ren sie sich fast ebenso schnell wie nicht mit Fluorid behandelte Kontrollzellen.

Auch durch Zusatz eines Tropfens Octanol kann man aus 1 Mol Chlorophyll der Chlorella 1 Mol C 0 2 austreiben, doch ist die Octanolwirkung wegen der cytolysierenden Eigenschaften des Octanols irre-versibel. Die Octanolwirkung lehrt, daß das mit or-ganischen Lösungsmitteln isolierte Chlorophyll, also das Chlorophyll W i l l s t a e t t e r s und H a n s F i -s c h e r s , diese COo nicht enthält und daß sie des-halb in der Chlorophyllformel von H a n s F i s c h e r nicht vorkommt.

Will man, daß nach der Austreibung der COo mit Fluorid die COo wieder gebunden wird, so muß man der Chlorella nicht nur C0 2 , sondern auch Oo zur Verfügung stellen. Zur Bindung der COo ist also At-mung oder, anders ausgedrückt, Energie nötig.

Ist die C 0 2 gebunden, so kann das Licht 0 2 ent-wickeln. Ist aber die C 0 2 durch Fluorid ausgetrie-ben, so kann das Licht keinen 0 2 entwickeln, soviel gelöste C 0 2 die Chlorella auch enthalten mag. Be-lichtet man andererseits Chlorella und gibt dann Fluorid hinzu, so wird weniger CO., ausgetrieben als aus nicht belichteten Zellen. Aus alledem geht hervor, daß es die durch Fluorid austreibbare, mit Chlorophyll verbundene C 0 2 ist, aus der im Licht der 0 2 entwickelt wird, während die gelöste C 0 2 für das Licht nicht angreifbar ist. Die durch Fluorid aus-treibbare C 0 2 nennen wir deshalb die funktionelle COo.

Unsere Auffassungen vom Mechanismus der COo-Assimilation werden hierdurch bedeutend verein-facht. Sensibilisierung und Radikale sind zur Erklä-rung des Energieumsatzes nicht mehr notwendig, wissen wir doch nunmehr, daß die COo innerhalb desjenigen Moleküls reduziert wird, in dem das Licht absorbiert wird. Daß aber Licht, das in dem einen Teil eines Moleküls absorbiert wird, in dem andern Teil desselben Moleküls chemische Arbeit leisten kann, gehört zu den Grundtatsachen der Photochemie und ist von uns früher für den Fall eines Ferments in besonders überzeugender Weise bewiesen worden -, für die Kohlenoxydverbindung der Eisenoxygenase, deren Kohlenoxyd mit der Quantenausbeute 1 von dem Eisen des Hämins ab-gespalten wird, wenn Licht in dem fernen Protein-teil, von dem Tryptophan und Tyrosin, absorbiert wird.

2 O. W a r b u r g u. E. N e g e l e i n , Biochem. Z. 214, 64 [1929]; 255, 247 [1932]; O. W a r b u r g , Schwer-

So kann man nunmehr in wenigen Worten und in der Sprache der Photochemie zusammenfassen, was die COo-Assimilation ist. Es ist die Photolyse einer C02-Chlorophyllverbindung mit der Besonderheit, daß diese C02-Verbindung aus energetischen Grün-den nicht von selbst entstehen kann, sondern zu ihrer Entstehung der Energie der Atmung bedarf, einer Atmung, deren Brennstoff das Licht liefert:

3 [ChlCO,] + 3N0 • h • v = 3 Chi + 3 C + 3 0,>

2 C + 2 O, = 2 CO, + 2 • 100000 cal.

3 Chi + 3 CO, = 3 [ChlCO,] — 2 • 100000 cal.

Bilanz: 1 CO, + 3 N0 • h • v = 1 C + 1 O,

Alle in dieser Arbeit beschriebenen Versudie sind mit der einfachsten manometrischen Anordnung aus-geführt worden, mit den in Abb. 1 abgebildeten Ke-geln. Eine Erweiterung dieser einfachen Technik er-laubt es nunmehr, auch Reaktionen, die bei höherer Temperatur ablaufen, manometrisch zu messen.

1. N a t r i u m f 1 u o r i d , a n a e r o b Will man die funktionelle CO-, durch Fluorid aus-

treiben, so muß die Suspensionsflüssigkeit so sauer sein, daß ein erheblicher Teil des Fluorids als Fluor-wasserstoffsäure vorliegt; denn nur die freie undis-soziierte Säure dringt in die lebende Chlorella ein. Wir suspendierten die Zellen in unserer Salzlösung „S" (Protokolle), deren pn 3,8 war. während für Fluorwasserstoffsäure ein pK von etwa 3,5 angege-ben wird. Zur Entfernung der Kulturlösung wurden die Zellen zunächst mehrmals in der Salzlösung S gewaschen. Sie wurden dann in den Hauptraum ke-gelförmiger Manometriegefäße (Abb. 1) gebracht.

Z. B. enthielt ein Kegel im Hauptraum 3,83 //Mole Chlorophyll, in 200 mm3 Zellen, in 3 cm3 Salzlösung „S" (pH 3,8, 20°), in der Birne 0,2 cm3 n/5-NaF (pn 3,8), im Gasraum reines COo-freies Argon. W7urde das Fluorid (im Dunkeln) in den Hauptraum gege-ben, so wurde in 20 Min. die funktionelle C 0 2 aus-getrieben, während ohne Fluorid-Zusatz nur wenig COo im Gasraum erschien (Abb. 2). Die Differenz der Druckänderungen mit und ohne Fluorid, multi-pliziert mit /cco2> ergab die durch Fluorid ausgetrie-bene COo. Im Versuch der Abbildung betrug die so berechnete funktionelle COo 85,8 mm3 = 3,83 //Mole COo (Protokoll 1). Es war also das Verhältnis

Funktionelle CO, 3,83 Chlorophyll ~ 3,83

metalle, Berlin 1946; Heavy Metals, Clarendon Press, Ox-ford 1949.

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Abb. 1. funktio-

160 mm3 dieser Zellen enthielten nur 0,433 //Mole Chlorophyll, entsprediend 1% des Zelltrockenge-wichts. Wurde für 160 mm3 dieser Zellen in der An-ordnung der Abb. 1 die durch Fluorid austreibbare C 0 2 bestimmt, so wurden (Protokoll 2) 0,406 //Mole CO.> erhalten. Es war also das Verhältnis

0,94; Funktionelle CO, 0,406 Chlorophyll 0,433

also wiederum nahezu gleich 1, bei nur 1/8 des Chlo-rophyllgehalts.

Methodisch ist zu dem Versuch zu bemerken, daß man die dilorophyllarmen Zellen besonders sorgfäl-tig in der sauren Salzlösung S waschen muß, um alles Bicarbonat zu entfernen. Denn je weniger Chloro-phyll die Zellen enthalten, um so mehr fällt eine Verunreinigung mit Bicarbonat ins Gewidit.

55

50

15

1 10

£ 35

£ 30

25 E E 20

15

10

5

n

-

z

/ / bo' MaF

/ -

ohne NaF - 4 i 1

= ¥9,5 mm = 85,8 cmm

' = 3,83 Mikrornoie C0Z

2.5 5 15 10 12,5 15 17,5 20 22,5 25 Minuten (dunkel)

3,83 /i Mole Chlorophyll in 200 mm3 Chlorella.

Abb. 2. Anaerobe Austreibung der funktionellen CO? durch Fluorid aus 200 mm3 Chlorella bei pn 3,8 und 20°. Dunkel. 3,83 //Mole Chlorophyll in 200 cmm Chlorella in

Argon (KC02 = 1,732 mm2 bei 20°).

2. V a r i a t i o n d e s C h l o r o p h y l l g e h a l t s

Für den Versudi der Abb. 2 waren die Zellen in 25 cm Abstand von einer 300-Watt-Metallfadenlampe an einem Südfenster gezüditet worden, wo sie sich in 2 Tagen in einer 250-cm3-Flasche von 60 auf 800 mm3 vermehrt hatten. Der Chlorophyllgehalt in 200 min3 Zellen betrug 3,83 //Mole, was etwa 7 ,7% des Zelltrockengewichts entspricht.

Um Zellen niedrigeren Chlorophyllgehalts zu ge-winnen, züchteten wir bei höherer Lichtintensität, in-dem wir die Kulturkolben nahe zwischen vier 200-Watt-Metallfadenlampen brachten. Wurden in 250 cm3

Kulturlösung 15 mm3 Zellen eingesät, so betrug nadi 24 Stdn. die Ernte 178 mm3, die Zellen hatten sidi also in einem Tag auf das 12-fadie vermehrt.

3. V a r i a t i o n d e r F l u o r i d -K o n z e n t r a t i o n

In dem Versuch der Abb. 2 war die Außenkonzen-tration des Fluorids 1/80-normal. Aber eine viel klei-nere Fluorid-Konzentration, z. B. 1/3000-normal, kann die Kohlensäure austreiben, eine Konzentration, bei der die Zellen weniger Fluorid als Chlorophyll enthalten. Während also Kohlensäure- und Chloro-phyllgehalt gleich sind, besteht keine Äquivalenz zwischen Fluorid und Kohlensäure oder, was dasselbe ist, zwischen Fluorid und Chlorophyll.

In Abb. 3 ist ein Versuch graphisch dargestellt, bei dem die Außenkonzentration des Fluorids von

I I :800-N a F

I H : t60- N a F

10 20 30 10 50 60 70 80 90 100 110 120 Minuten »-

Abb. 3. Anaerobe Austreibung der funktionellen CO a aus 200 mm3 Chlorella durch verschiedene Fluorid-Kon-zentrationen bei pH 3,8 und 20°. Die COo-Entwicklung ohne Fluorid ist von den Kurven abgezogen. Dunkel

* * 3200 " : 8 0 0 - ' " I : loo" ' IV: 8"0-Fluorid. Die Zel-len enthielten 2,59 /«Mole Chlorophyll, 2,58 Mole CO,

wurden ausgetrieben.

Argon Fluorid

Suspension von Chlorella

Manometriegefäß zur Bestimmung der nellen Kohlensäure.

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1/3200 bis 1/so'n- variiert wurde. Die Chlorophyll-menge pro Gefäß betrug etwa 2,59 Mole. 2,58//Mole Kohlensäure waren durch Vso"n- Fluorid nach 15 Min. ausgetrieben, während 1/3200-n. Fluorid die Kohlen-säure wesentlich langsamer austrieb.

4. H e m m u n g d e r F l u o r i d w i r k u n g d u r c h B l a u s ä u r e

Für diese Versuche wurden kegelförmige Gefäße mit zwei im rechten Winkel zueinander angebrach-ten Birnen benutzt, so daß man zuerst die Blau-säure und dann das Fluorid zu den Zellen geben konnte.

Z. B. enthielt der Hauptraum eines derartigen Ke-gels 3,4 //Mole Chlorophyll in 200 mm3 Zellen in 3 cm3 Salzlösung „S" (pn 3,8, 20°), die Birne I 0,3 cm3 n/1000-KCN, die Birne II 0,2 cm3 n/5-NaF (pn 3,8), der Gasraum Argon. Wurde zunächst das KCN in den Hauptraum gegeben, so entstand nur ein geringer Einkippdruck. Wurde dann das Fluorid in den Hauptraum gegeben, so wurden nadi 15 Min. die folgenden Endwerte an COo erhalten:

ohne KCN ohne KCN + KCN ohne NaF + NaF + NaF CO, CO, CO, [mm3] [mm3] [mm3]

5,2 85,2 5,8 — 5,2 — 5,2

80,0 0,6 3,58 pMole CO, = 0,027 /( Mole CO,

Bei Abwesenheit von Blausäure wurden also durdi Fluorid aus 3,4 //Molen Chlorophyll 3,6 //Mole COo entwickelt, während bei Anwesenheit von 10 4-n. HCN keine COo entwickelt wurde. Sogar bei 10~5-n. HCN fanden wir noch starke Hemmung der Fluorid-wirkung. Hiernach gehört die Fermentreaktion, die durch das Fluorid in Gang gesetzt wird, zu den blau-säure-empfindlichsten Lebensvorgängen und ist in dieser Hinsicht der Nitratreduktion 3 vergleichbar.

Methodisch ist zu bemerken, daß man darauf ach-ten muß, daß bei dem Sättigen der Zellen mit Ar-gon — wobei die Kegel 10 Min. mit Argon durch-strömt werden — keine Blausäure ausgetrieben wird. Man gibt deshalb in Birne I nicht HCN, sondern KCN, und man läßt deshalb das Gas durch die-jenige der beiden Birnen ausströmen, die das Fluorid enthält.

5. N i c h t h e m m u n g d e r F l u o r i d w i r k u n g d u r c h P h e n a n t h r o l i n u n d d u r c h

P h e n y l u r e t h a n a-ö'-Phenanthrolin, ein Reagenz auf freie Sdiwer-

metallionen, hemmt in Konzentrationen von 1/100-normal die Lichtreaktionen 4 in Chlorella, sowohl die Reduktion der Kohlensäure als auch die Reduktion des Chinons. n/lOO-Phenanthrolin hemmt nicht die Fluoridwirkung in Chlorella.

Z. B. enthielt ein Kegel im Hauptraum 3,98 //Mole Chlorophyll in 200 mm3 Zellen in 3 cm3 Salzlösung S (pn 3,8, 20°), in Birne I 0,2 cm3 n/10-Phenanthro-lin (pn 3,8), in Birne II 0,2 cm3 n/5-NaF (pn 3,8), im Gasraum Argon.

Wurde zunächst das Phenanthrolin in den Haupt-raum gegeben, so entstand nur ein geringer Einkipp-druck. Wurde dann das Fluorid in den Hauptraum gegeben, so wurden nach 15 Min. die folgenden End-werte an COo erhalten:

-Phenanthrolin — NaF

CO, [mm3]

<>.0

-Phenanthrolin + NaF CO,

[mm3] n-,o

— 6,9

90,1 = 4,03,«Mole CO,

3 O. W a r b u r g 110, 66 [1920],

u. E. N e g e 1 e i n , Biodiem. Z.

-f Phenanthrolin + NaF

CO, [mm3] 9(5,5

— 6,9

= 89,6 = 4,01/(Mole CO,.

Aus 4 //Molen Chlorophyll wurden also bei Ab-wesenheit wie bei Gegenwart von Phenanthrolin 4 //Mole COo entwickelt, das heißt Phenanthrolin hemmte die Fluoridwirkung nicht.

Keine Hemmung der Fluoridwirkung fanden wir ferner, wenn wir von dem Narkotikum Phenylure-than (phenylcarbaminsaurem Äthyl) die hohe Kon-zentration von 6 • 10~3-n. einwirken ließen, die die COo-Assimilation vollständig hemmt.

Z. B. enthielt der Hauptraum eines Kegels 3,83 //Mole Chlorophyll in 200 mm3 Zellen in 3 cm3 Salz-lösung S (pn 3,8, 20°), die Birne I 0,2 cm3 0,1-proz. Phenylurethan, die Birne II 0,2 cm3 n/5-NaF (pn 3,8), der Gasraum Argon. Wurde zunächst das Phe-nylurethan in den Hauptraum gegeben, so entstand

4 0 . W a r b u r g , Heavy Metals, Clarendon Press, Oxford 1949; O. W a r b u r g u. W. S c h r ö d e r , Z. Naturforschg. 10 b, 639 [1955].

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nur ein geringer Einkippdruck. Wurde dann das NaF in den Hauptraum gegeben, so wurden in 15 Min. die folgenden Endwerte an C 0 2 erhalten:

— Phenylurethan — Phenylurethan + Phenylurethan — NaF + NaF + NaF

CO, CO, CO, [mm] [mm3] [mmy]

«,04 92,5 94,0 — 6,0 — 6,0

= 86,5 = 88,0 = 3,86 /(Mol CO, =3,94 /(Mol CO,

Aus 3,83//Molen Chlorophyll wurden also bei Ab-wesenheit wie bei Gegenwart des Phenylurethans 3,9 //Mole COo entwickelt.

Im ganzen läßt sich aus den Hemmungen der Fluoridwirkung schließen, daß das Ferment der C 0 2 -Entwieklung, das durch Fluorid in Aktion gebracht wird, nicht an die Struktur gebunden ist, da es durch narkotische Struktur-Wirkungsstärken nicht gehemmt wird; daß es eine Schwermetallverbindung ist, da es spezifisch durch Blausäure gehemmt wird; und daß es keine dissoziierende Schwermetallverbindung ist, da es durch Phenanthrolin nicht gehemmt wird.

6. O c t a n o l , a n a e r o b

Wie durch Fluorid, so kann man die funktionelle C 0 2 auch durch Octanol austreiben. Da jedoch Octa-nol auf Zellen cytolysierend wirkt, kann die mit Octa-nol ausgetriebene C 0 2 nach Entfernung des Octanols nidit mehr aufgenommen werden.

Z. B. enthielt ein Kegel im Hauptraum 3,4 //Mole Chlorophyll in 200 mm3 Zellen in 3 cm3 Kulturlösung K (pn 4,3), in der Birne 0,1 cm3 Octanol, im Gas-raum Argon. Wir fanden bei 20 nach Zugabe des Octanols in den Hauptraum, wenn wir den Einkipp-druck des Octanols, der 9,5 mm betrug, abzogen (v = 18,92 cm3, UF — 3,1 cm3):

Min. [mm] CO,

5 + 21 5 + 14

20 + 9 20 + 2 10 + 0,5 60 + 46,5

81,5 cmm CO-, = 3,63 /(Mole CO,.

Waren auf diese Weise aus 3,4 /(Molen Chloro-phyll 3,63 //Mole C 0 2 anaerob ausgetrieben, so konnte durch Zusatz von Fluorid keine weitere C 0 2 ausge-trieben werden. Die durch Octanol austreibbare C 0 2

ist also dieselbe wie die durch Fluorid austreibbare co2.

Der Versuch zeigt, daß das mit den üblichen die-misdien Methoden isolierte Chlorophyll die funk-tionelle C 0 2 nicht enthalten kann.

7. E r w ä r m e n , a n a e r o b Erwärmt man Chlorella in ihrer Kulturlösung (pn

4,3) 10 Min. auf 46°, so wird aus 1 Mol Chlorophyll 1 Mol C 0 2 ausgetrieben. Fluorid treibt nach dieser

Abb. 4. Verschluß des offenen Manometer-Schenkels

Behandlung keine CO, aus Chlorella aus, woraus hervorgeht, daß die durch Erwärmen und durch Fluorid austreibbare COo dieselbe CO-> ist.

Erwärmt man aber die Chlorella schnell auf 65 und hält sie 5 Min. auf 65°, so wird keine C 0 2 aus-getrieben. Fluorid treibt nach dieser Behandlung keine COo aus Chlorella aus, wodurch bewiesen wird, daß die Entwicklung der C 0 2 aus Chlorella — sei es durch Fluorid, sei es durch Erwärmen auf 46 — eine Fermentreaktion ist.

Für diese Versuche war es notwendig, das Erwär-men unter manometrischem Verschluß vorzunehmen, da ja das Verhalten der Chlorella nicht nur nach dem Erwärmen, sondern auch während des Erwär-mens untersucht werden sollte. Wir brachten zu dem Zweck an dem offenen Manometerschenkel eine drucksichere Verschlußvorrichtung an (Abb. 4). War der Kegel mit seinem Manometer verbunden, so wurde zunächst in der üblichen Weise bei 20° aus-geglichen und der Manometerstand in der üblichen Weise bei 20 abgelesen. Dann wurde der offene Manometerschenkel verschlossen, der Kegel die ge-wünschte Zeit in heißes Wasser getaucht und wieder in den 20°-Thermostaten zurückgebracht. Schließlich wurde der Druckverschluß wieder entfernt und dann

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in der üblichen Weise der Manometerstand abge-lesen. Die Methode bedeutet eine erhebliche Erwei-terung der manometrischen Versuchsmöglichkeiten und wird vielfach benutzt werden. Man achte darauf, daß der Kegel nicht zu tief in das heiße Wasser ein-getaucht wird, da sonst Wasser in die Kapillare destillieren könnte. Es kam niemals vor, daß die 3 Schliffe — der Schwanzhahn, der Tubusverschluß und der neue Verschluß — den erhöhten Druck nicht standhielten.

Z. B. enthielt der Hauptraum von 2 Kegeln je 3,4 //Mole Chlorophyll in 200 mm:! Zellen in 3,2 cm3

Kulturlösung „K" (pn 4,3), die Birne war leer, der Gasraum enthielt Argon. Der Kegel I wurde 10 Min. auf 46° erwärmt, der Kegel II 5 Min. auf 65°. Nach Zurückbringen der Manometer auf 20 und nach 30 Min. Ausgleich wurde gefunden (v = 18,68 cm3, vF = 3,2 cm3, kCOo = 1,73):

nach 10' 46° CO, [mm]

+ 46 = 79,6 mm3 CO, = 3,56 ,u Mole CO,

nach 5' 65 CO, [mm]

+ 3,5 6,1 mm3 CO,

= 0,27 u Mole CO,

Bei 46° wurden also aus 3,4 //Molen Chlorophyll 3,56 //Mole CO, ausgetrieben, während bei 65~ fast keine C 0 2 ausgetrieben wurde. Die hier gefundene geringe Menge CO, wurde wahrscheinlich vor der Erreichung der Abtötungs-Temperatur entwickelt.

8. F l u o r i d , a e r o b

Alle bisher beschriebenen Versuche wurden unter anaeroben Bedingungen ausgeführt. W7as aber ge-schieht, wenn wir die CO., unter aeroben Bedingun-gen austreiben?

Methodisch wird man hier zunächst das Bedenken haben, daß die Atmung die Messunsen stört. Es hat

sich jedoch gezeigt, daß bei hohen Fluoridkonzen-trationen und hohen C02-Drucken die Atmung sehr stark gehemmt ist, so daß dann die Atmung nicht stört. — Größere Komplikationen macht, daß aerob, bei Gegenwart von CO._,, die C 0 2 wieder gebunden wird, so daß aerob stationäre Zustände sich herausbil-den, bei denen ebensoviel C 0 2 entwickelt, als C 0 2 wie-deraufgenommen wird. Die Folge davon ist, daß man aerob mehr Fluorid braucht, um positive Drucke zu erzielen, als anaerob. Während anaerob 1/3200-n. Fluorid bereits positive Drucke erzeugt, muß aerob die Fluoridkonzentration zur Erzeugung der glei-chen positiven Drucke etwa 10-mal höher sein. Man wird also aerob, erstens um die Atmung zu unter-drücken und zweitens wegen der Riickreaktion, mög-lichst hohe Fluoridkonzentrationen anwenden.

Z. B. enthielt der Hauptraum von Kegeln 3,0 //Mole Chlorophyll in 200 mm3 Zellen in 3 cm3 Salz-lösung „S" {pu 3,8, 20°), die Birne 0,2 cm3 n/5-Fluorid (pn 3,8), der Gasraum verschiedene Gas-mischungen. Wurde das Fluorid in den Hauptraum gegeben, so wurden die in Tab. 1 verzeichneten Druckänderungen erhalten.

Der Versudi bestätigt zunächst, daß anaerob in C02-freiem Argon pro Mol Chlorophyll 1 Mol CO, gebunden ist. (Das Verhältnis ist hier etwas über 1, weil die anaerobe C02-Entwicklung ohne Fluorid-zusatz nicht abgezogen ist; vgl. Protokoll 1.) Der Versuch zeigt ferner, daß anaerob mehr CO., gebun-den wird, wenn ein CO,-Druck vorhanden ist, offen-bar, weil dann C 0 2 als Bicarbonat, Carbaminsäure usw. gebunden wird. Der Versuch zeigt drittens — und das ist das Hauptergebnis —, daß bei sonst glei-chen C02-Drucken aerob mehr C 0 2 gebunden wird als anaerob. Der Unterschied ist erheblich. Er be-trägt hier ein halbes Mol pro Mol Chlorophyll und wäre bei höheren CO,-Drucken noch größer.

Gasgemisch — 10 CO, 20 CO, 10 CO, 20 CO, [Vol.-Vo] Argon 90 Al- 80 Ar 30 O, 20 O,

60 Ar 60 Ar kco., [mm2] 1,59 b e n 1,571 1,747 1,732

[mm] [mm] [mm] [mm] [mm] 5' + 38,5 + 44 + 46 + 47,5 + 63,5 5' + 6,0 + 10 + 7,5 + 8,5 + 6,5 5' + 2,0 + 1,5 + 1.5 + 4,0 + 3,0 5' + 0 0 0 0 0

20' + 46,5 + 55,5 + 55,0 + 60,0 + 73,0 74 mm3 89,5 mm3 86,2 mm3 105 mm3 127 mm3

= 3,3 "Mole 4,0 p Mole 3,85 pMole 4,7 nMole 5,65 n CO, 3,3 4,0 3,85 4,7 5,65

Chlorophyll 3 3 3 3 3 Chlorophyll LI 1 M 1,2S 1,5« 1,88

Tab. 1.

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Es gibt also 3 Arten von gebundener C 0 2 in Chlorella: Die erste Art ist unabhängig vom COo-Druck, die zweite ist abhängig vom COo-Druck, die dritte ist abhängig vom Druck der COo und von der Anwesenheit von Sauerstoff. Alle drei Arten werden durch n/80-Fluorid ausgetrieben. 10 4-n. HCN hemmt die Austreibung der ersten Art vollständig, der zwei-ten Art gar nicht, der dritten Art unvollständig.

Man muß annehmen, daß die erste und die dritte Art funktionelle Bedeutung haben. LTnter den Bedin-gungen, unter denen wir unsere Chlorella züchten, enthält sie die ganze COo der ersten Art und einen Teil der dritten Art.

9. R e v e r s i b i l i t ä t d e r F l u o r i d -W i r k u n g

Treibt man die COo aus Chlorella, aerob oder anaerob, durch Fluorid aus und bringt dann die Zel-len in reine Kulturlösung, so vermehren sie sich fast ebenso schnell wie Kontrollen, die nicht mit Fluorid behandelt worden sind. Die Fluoridwirkung ist also reversibel. Um dies direkter zu zeigen, treibt man die COo mit Fluorid aus, wäscht das Fluorid fort, regeneriert mit Kohlensäure bei Anwesenheit von Sauerstoff und treibt die COo wieder mit Fluorid aus. Bei der Regeneration ist die Anwesenheit von Sauerstoff notwendig.

Z. B. enthielt der Hauptraum eines Kegels 3 //Mole Chlorophyll in 200 mm3 Zellen in 3 cm3 Salzlösung „S" (pn 3,8, 20°), die Birne 0,03 cm3 nf 10-NaF (pn 3,8), der Gasraum Argon. Wurde dann das Fluorid in den Hauptraum gegeben, so entstand eine Fluoridkonzentration von etwa 1 1000-n., und es wurden in 50 Min. 67,4 mm3 COo - 3 //Mole CO., entwickelt. Das Fluorid wurde dann mit der Salz-lösung „S" fortgewaschen, die Zellen wurden 30 Min. in 10Vol . -% CO, ; 3 0 V o l . - % 0 2 ; 6 0 V o l . - % Argon gehalten und dann wieder mit reinem Argon ge-sättigt. Wurde dann aus der Birne 0,2 cm3 n/10-Fluorid (pn 3,8) in den Hauptraum gegeben, so wur-den in 20 Min. die folgenden Endwerte an COo erhalten:

/i,/10-NaF in der Birne

5' dunkel 5' „ 5' „

J mm3 Quanten pro' } eingestrahlt j

5' hell 5' „

bei der ersten Austreibung mit Fluorid:

67,4 mm3 = 3,0 //Mole COo,

bei der zweiten Austreibung mit Fluorid: 57,0 mm3 = 2,5 //Mole C 0 2 .

Bei der ersten Austreibung mit Fluorid waren also aus 3 //Molen Chlorophyll 3 //Mole COo entwickelt worden, also die normale anaerobe Menge. Bei der zweiten Austreibung mit Fluorid wurden 2,5 //Mole COo entwickelt, also 8 5 % des Anfangswerts, die in der Zeit der Regeneration wiederaufgenommen wor-den waren.

Wäscht man bei derartigen Versuchen nach der ersten Austreibung das Fluorid nicht fort, sondern sättigt sofort mit 10 Vol.-% CO.,; 30 Vol.-% Oo und dann nach 30 Min. wieder mit Argon, so zeigt sich daß die gebundene COo, trotz der Anwesenheit des Fluorids, wieder zugenommen hat, falls die Fluorid-konzentration nicht zu hoch war. So kann man den stationären Zustand zwischen Austreibung und Bin-dung der COo, von dem im vorigen Abschnitt die Rede war, nachweisen und messen. Eine geeignete Fluoridkonzentration für diesen wichtigen Versuch ist 1/1000-normal.

10 . L i c h t w i r k u n g n a c h A u s t r e i b u n g d e r C O o d u r c h F l u o r i d

Setzt man aerob verschiedene Mengen Fluorid zu einer Chlorella-Suspension, mißt die positiven Drucke der entwickelten COo und belichtet dann wie bei den Messungen der Oo-Kapazität, so findet man, daß die Lichtwirkung um so kleiner ist, je mehr CO_> durch das Fluorid ausgetrieben worden ist. Der Symmetrie und der Einfachheit wegen sind auch diese Ver-suche mit Kegeln ausgeführt worden, wobei y-Be-stimmungen nicht möglich waren (mit der Hydrosul-fitmethode bestimmt, ergaben sidi die y-Werte zu — 0,9 bis — 0 , 5 ) .

Z. B. enthielt der Hauptraum von Kegeln 200 mm3

Zellen in 3 cm3 Salzlösung „S" (pn 3,8, 20°), die Birne variierte Mengen Fluorid (pn 3,8), der Gas-raum 10 Vol.-% C 0 2 ; 30 Vol.-% 0 2 ; 60 Vol.-% Ar-gon. Wir fanden (Tab. 2):

0,03 cur' 0,10 cm3 0,20 cm3

[mm] [mm] [mm] 0 + 23,0 + 45,0

— 2,5 + 1,0 + 9,5 — 3,0 — 3,5 — 1,5

- 41 41

1 3

0 , 5 12,5 10

0,5

/ rot = 41

- 2,0

/ rut = 41

9,5 j ' j j } + 3,0 1,0 0 + 1,0

0 cm3

[ mm] — 5 , 0

— 3 , 5

— 3 , 0

J rot = 4 1

Tab. 2.

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Aus dem Versuch geht hervor, daß eine niedrige Fluoridkonzentration, die nur wenig COo austreibt, die Lichtwirkung nur wenig hemmt und daß eine Fluoridkonzentration, die den größten Teil der C O , austreibt, die Lichtwirkung fast vollständig hemmt; daß also nur die gebundene, durch Fluorid austreib-bare COo von dem Licht unter Oo-Entwicklung redu-ziert wird, während die physikalisch gelöste COo, von der bei diesem Versuch die Zellsuspension in jedem Kegel 280 mm3 enthielt, für das Licht nicht angreifbar ist.

Zur Vervollständigung des Versuchs haben wir noch geprüft, ob die Chinon-Lichtreaktion in Chlo-rella nach der Austreibung der C 0 2 durch Fluorid noch vor sich geht und ob diese Reaktion durch Fluorid gehemmt wird. Zum Beispiel enthielt der Hauptraum eines Kegels 3,3 jliMole Chlorophyll in 200 mm3 Zellen in 3 cm3 Kulturlösung „ K " (pn 3,8, 20°) , die Birne I 0,08 cm3 n/10-NaF (pn 3,8), die Birne II 2 mg Chinon in 0,2 cm3 HoO, der Gasraum Argon. Wurde zunächst das Fluorid in den Haupt-raum gegeben, so wurden in 20 Min. 66 mm3 COo — 2,94//Mole C 0 2 entwickelt. Wurde dann das Chinon in den Hauptraum gegeben und mit weißem über-schüssigem Licht belichtet, so fanden wir:

ohne NaF k0o = 1,453

kco-2 = L725 [mm]

5' dunkel + 2,0 5' „ + 2,0 5' „ + 1,5 5' „ + 1.0

+ 0,08 cm8 NaF in 3 cm3

ko, = 1,555 k a h = 1,826

[mm] + 18,5 + 11,5 + 4,0 + 2,0

20' + 6 , 5 + 36

= 11,2 mm3 CO, 6f» mm3 = 2,94 .nMole CO,

5' hell 5' „

10 '

2 mg Chinon [mm]

+ 39,5 + 36

-f 2 mg Chinon [mm]

+ 41,5 + 33,0

+ 75,5 + 74,5 = 110,5 mm3 O, = 115 mm3 O,

Der Versuch zeigt, daß durch Austreibung der C O , mit Fluorid die Chinon-Lichtreaktion in Chlorella nicht beeinträchtigt wird; und ferner, daß Fluorid in der hier angewandten Konzentration von 1/420-normal die Wirkung des Lichts auf die Chinon-Re-aktion nicht hemmt.

11 . W i r k u n g d e s F l u o r i d s n a c h B e l i c h t u n g

Treibt man die Oo-Kapazität der Chlorella im Licht aus, verdunkelt dann und fügt Fluorid hinzu, so

könnte man zunächst erwarten, daß nach der Belich-tung um soviel weniger COo durch Fluorid entwik-kelt wird, als Oo ausgetrieben worden ist:

ChlCO. , + h • v = Chi + C + Oo.

Doch muß man bedenken, daß bereits während der Belichtung C O , wieder gebunden wird. Wäre y während der Belichtung gleich — 1, so würde die chemisch gebundene COo bei der Belichtung gar nicht abnehmen. Da für die von uns verwendeten Zellen im Licht y etwa — — 0,7 ist, so nahm durch die Beliditung die chemisdi gebundene COo ab. Der Einfachheit halber begnügen wir uns hier damit, qualitativ durch Versuche mit Kegeln zu zeigen, daß Fluorid nach der Belichtung weniger C 0 2 austreibt und daß dieses Defizit bei der Erholung im Dun-keln, wenn Sauerstoff und Kohlensäure zugegen sind, wieder verschwindet.

Z. B. enthielten Kegel im Hauptraum 1 //Mol Chlo-rophyll in 100 mm3 Zellen in 3 cm3 Salzlösung „ S " (pn 3,8, 20°), die Birne 0,2 cm3 7i/5-NaF (pn 3,8), der Gasraum 1 0 V o l . - % C 0 2 ; 3 0 V o l . - % 0 2 ; 60Vol . -% Argon. Die Zellen stammten aus 1-tägigen Kul-turen, die mit fluktuierendem Licht gezüchtet wor-den waren und sich in 250 cm3 Kulturlösung von 30 auf 125 mm3 vermehrt hatten. Beliditet wurde mit grünem Licht der Intensität J = 60 mm3 Quanten pro Minute, wobei ein positiver Druck von 6,5 mm auftrat. W7urde dann sofort oder nach einer gewissen Dunkelzeit Fluorid in den Hauptraum gegeben, so fanden wir die folgenden Endwerte an C 0 2 (v = 18,92 cm3 , v = 3,2 cm3 ko2 = 1,48, kco2 = 1,752,

Ko2 = 3 ,65 für y = — 0,7): [mm]

Nach 30' dunkel + 44,2 Nach 30' dunkel 5' hell + 36,8 Nach 30' dunkel 5' hell 30' dunkel + 44,0

Somit ist nunmehr mit zwei unabhängigen Metho-den gezeigt worden, daß es die durch Fluorid aus-treibbare C O , ist, aus der im Licht Oo entwickelt wird. Treibt man die C 0 2 vorher mit Fluorid aus und belichtet dann, so wird im Lidit kein Sauerstoff entwickelt; und belichtet man vorher und gibt dann Fluorid zu den Zellen, so wird nachher weniger COo ausgetrieben als aus den nicht belichteten Zellen.

12 . O p t i s c h e V e r ä n d e r u n g e n n a c h Z u s a t z v o n F l u o r i d

W7enn Fluorid, wie es wahrsdieinlich ist, in zwei Phasen wirkt, indem es zuerst die Vorstufe der COo, die eine Carbonsäure sein mag, von dem Chlorophyll

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abtrennt und indem dann aus dieser abgetrennten Säure das Schwermetall-Ferment die COo abspaltet, so könnte es sein, daß sich in der ersten Phase das Chlorophyllspektrum ändert. Von einer solchen mög-lichen Änderung ist von vorneherein zu sagen, daß sie nur für „lebendes", nicht für extrahiertes Chloro-phyll gefunden werden könnte, da bei der Extrak-tion die C 0 2 entwickelt wird und damit die Unter-schiede verschwinden müßten.

Technisch ist es heute leicht, mit Hilfe unserer Ulbrichtschen Kugel 5 die Chlorophyllbanden im Le-ben zu messen. Sie sind im Vergleich zu den Ban-den des extrahierten Chlorophylls verbreitert und unscharf. Änderungen bei Zusatz von Fluorid haben wir bisher nicht gefunden. Dagegen haben wir ge-funden, daß die rote durch 366 m// erregte Fluores-zenz des lebenden Chlorophylls bei Zusatz von Fluorid erheblich schwächer wird, und zwar gerade bei Zusatz solcher Fluoridmengen, die COo austrei-ben und gerade in denjenigen Zeiten, in denen die COo ausgetrieben wird. Diese Schwächung der Fluo-reszenz ist vollständig reversibel.

Gegen die Bedeutung der Erscheinung spricht zu-nädist, daß Kr1-?!. Blausäure die Schwächung dei Fluoreszenz nicht verhindert, während 10 :i-n. Blau-säure die Austreibung der COo vollständig hemmt. Bei näherer Überlegung jedoch liegt hier kein Wider-spruch vor, da auf das Chlorophyllspektrum nur die erste Phase wirken kann, Blausäure aber mit Be-stimmtheit nur auf die zweite Phase wirkt.

Es ist also durchaus möglidi, aber nicht bewiesen, daß die Schwächung der Fluoreszenz des lebenden Chlorophylls durch Fluorid mit der ersten Phase der Fluoridwirkung zusammenhängt.

P r o t o k o l l e

K u l t u r l ö s u n g „ K " : l ü g MgS04 • 5 H00, 5 g KH,P04, 4 g NaCl. 4 g KNO;j, l g Ca(N03)2 • 4 H.,0 + 2 / Wasser. pH ist 4,3.

S a l z l ö s u n g „S": 10 g MgS04 • 5 H.,0, 5 g KH.,P04, 4 g NaCl, 0,4 g NH4C1 + 2 / Wasser + etwa 0,6~ cm3

n. H.,S04. pu soll 3,8 sein.

n / 5 - N a F : 0,84 g NaF + 3,3 cm» n. H,S04 , mit Wasser auf 100 cm3, p^ ist 3,8.

Die Zellen für diese Arbeit wurden in der früher üblichen Weise gezüchtet, also nicht mit fluktuierender Intensität nach S c h r ö d e r und G a t t u n g (diese Zeit-schrift 11 b, 654 [1956]). Gegenüber Fluorid verhalten sich die auf verschiedene Weise geziiditeten Zellen ziem-lich gleich — die großen Unterschiede zeigen sich erst bei der Entwicklung des Sauerstoffs.

5 O. W a r b u r g u. G ü n t e r K r i p p a h turforschg. 9 b. 181 [1954].

Z. Na-

P r o t o k o l l 1. H o h e r C h l o r o p h y l l g e h a l t

Die Zellen wurden mit kontinuierlicher Intensität in der früher üblichen Weise an einem Südfenster gezüchtet und vermehrten sich in 2 Tagen von 60 auf ca. 800 mm3

Zellen in 250 cm3 Kulturlösung. Der Chlorophyllgehalt in 200 mm3 Zellen betrug 3,83 aMole, das ist bei 22,5% Trockengewicht 7,7% Chlorophyll.

Kegel ohne Einsätze mit 1 Birne. 20 : . Dunkel.

Kegel I v - 18,68 cm3

L-f - 3,2 cm3

^CO. = L725mm-Hauptraum 200 mm3 Zellen

kr-

Kegel II v = 18,73 cm3

r;r = 3,2 cm3

c o 1,732 mm-200 mm3 Zellen

Birne

träum zuu mm" z-enen zuu mm z.euen in 3 . 0 C M 3 S, P H 3 , 8 in 3 , 0 C M 3 S, ;>H = 3 , 8

i\ rt „ m 3 1 r n r> :i „ r . . . . o 0,2 cm3 H,0 0.2 cm:i n 5-NaF, pH 3,8

Gasraum

In 2,5

ö 10' 20 '

45'

Argon Nadi Einkippen

[mm| + 0,5

0 + 1,0 + 0,5 + 1,0 + 0,5

Argon Nach Einkippen

[mm] + 32 + 11,5 + 7.0 + 1,0 + 1,5

0

3,5 6,0mm3

+ 53,0 91,7 mm3

- 6,0

85,7 mm3

= 3,83 /'Mole CO, CO, ^83 Chlorophyll 3,83 1,0.

P r o t o k o l l 2. N i e d r i g e r C h l o r o p h y l l -g e h a 1 t

Kegel I v = 18,68 cm3

•F = 3,2 cm3

kCQ = 1,725 mm'-' Hauptraum: 160 mm3 Zellen

in 3,0 cm3 S pH 3,8

Birne: 0.2cm3 H,0

Gasraum:

In

Argon Nach Einkippen

[mm] + 2,5 + 1,0 + 0,5 + 1,0

Kegel II v = 18,27 cm3

UF = 3,2 cm3

kf-.q = 1,687 mm-160 mm3 Zellen

in 3,0 cm3 S pH 3,8

0,2 cm3 -^-NaF o Argon

Nach Einkippen [mm] + 6,5 + 2,5 + 1,0 + 0,5

20' + 5,0 = 8,62 mm3

CO,

+ 10,5 17,7 mm3

- 8,62

9,08 mm3

0,406 ,« M CO, 0,406

Chlorophyll 0,433 0,94.

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Die Zellen wurden mit kontinuierlicher Intensität zwi-schen vier 200-Watt-Metallfadenlampen, die nahe an den Kulturkolben herangebracht wurden, gezüchtet. Einsaat 15 mm3 Zellen in 250 cm" Kulturlösung K, Ernte nach 24 Stdn. 178 mm3, pn war anfangs 4,3 und bei der Ernte 5.2. Die Zellen wurden sorgfältig 3-mal in Salzlösung S

(pjj 3,8) gewaschen, um alles Bicarbonat zu entfernen. Man beachte, daß bei diesen chlorophyllarmen Zellen die Kontrolle ohne Fluorid sehr viel mehr ausmachte als bei den Zellen des Protokolls 1. Chlorophyllu;ehalt im Ge-fäß in 160 mm3 Zellen 0,433 //Mole. Kegel ohne Einsätze mit 1 Bime. 20°. Dunkel.

Taxonomie und Cytologie von zwei Subspezies der Art Chironomus thummi V o n H . - G . K E Y L u n d K . S T R E N Z K E

Aus dem Max-Planck-Institut für Meeresbiologie, Abt. H . B a u e r und Laboratorium K. S t r e n z k e , Wilhelmshaven

(Z. Naturforschg. I I b , 727—735 [1956]; eingegangen am 23. Juli 1956)

2 Unterarten von Chironomus thummi unterscheiden sich in ihren Speicheldrüsen-Chromo-somen durch eine Anzahl unilokaler Strukturveränderungen, insbesondere den Grad der An-schwellung (Hetero-Chromatinisierung) der Kinetochor-Region. Die morphologischen Unter-schiede beziehen sich in erster Linie auf Muster der Körperpigmentierung; Merkmale der Chätotaxie sind variabler. Obwohl die Unterarten im Laboratorium leicht miteinander kreuz-bar sind und voll fertile Fj-Bastarde liefern, ließ sidi experimentell eine ausgeprägte sexuelle Isolation nachweisen. Aus den Freiland-Befunden wird auf eine verschiedene ökologische Ein-nischung der beiden Unterarten geschlossen.

Im Gegensatz zu unseren umfangreichen Kenntnis-sen über die ArtdifTerenzierung bei Drosophila1

hegen für andere Dipteren nur wenige Untersuchun-gen über bastardierungs-fähige Arten vor. Aus der Gattung Chironomus sind zwei Fälle bekannt gewor-den: das Artenpaar Ch. (Camptochironomus) tentans und pallidivittatus durch B e e r m a n n ' 2 und ein For-menpaar unbekannten systematischen Ranges von Ch. thummi durch G o l d s c h m i d t 3 .

Durch Zufall fiel uns ein Bastard zweier thummi-Formen in die Hand, der große Ähnlichkeit mit dem von G o l d s c h m i d t beschriebenen zu haben schien und zur weiteren Aufklärung cytologisch (Teil II, Verf.: K e y l ) und taxonomisch-ökologisch (Teil I u. III , Verf. S t r e n z k e ) näher untersucht wurde.

Gelege, die von den Imagines einer aus dem Freiland ins Laboratorium übertragenen Larven-Population von Chironomus thummi K i e f f . erhalten wurden, erwiesen sich z. T. als nur partiell entwicklungsfähig. Die cytologi-sche Untersuchung durch B a u e r * ergab, daß die aus

* Herrn Prof. Dr. H. B a u e r danken wir für die An-regung zu dieser Arbeit.

1 J. T. P a t t e r s o n u. W. S t o n e , Evolution in the genus Drosophila, Macmillan, New York 1952.

- W. B e e r m a n n , Chromosoma 7, 198 [1955], 3 E. G o l d s c h m i d t , J. Heredity 33, 265 [1942]. 4 Tendipedidae in „Die Fliegen der palaearktischen

Region", Stuttgart 1937.

diesen Gelegen aufgezogenen Larven ausnahmslos Spei-cheldrüsen-Chromosomen besaßen, die wie bei den von G o l d s c h m i d t bearbeiteten Bastarden streckenweise nicht gepaart waren. Durch Einzelaufzucht vollständig entwickelter Gelege und laufende cytologische Kontrolle konnten die beiden genetisch verschiedenen Sippen iso-liert und, nachdem die Milieuansprüehe der Larven und Imagines geklärt worden waren, in Laboratoriums-Zuch-ten gehalten werden. Die Identität der herausgezüchte-ten Stämme mit den Elternformen der ursprünglich be-obachteten heterozygoten Bastardgelege konnte im Kreu-zungsversuch bestätigt werden.

I.

Die beiden reingezüchteten Formen gehören zu Chi-ronomus thummi K i e f f e r (sensu G o e t g h e b u e r 4 ; T h i e n e m a n n und S t r e n z k e 5 ) . Sie repräsentie-ren Subspezies dieser Art (Chironomus thummi thummi K i e f f. und Ch. th. piger n. subsp. S t r . ) * ,

5 A. T h i e n e m a n n u. K. S t r e n z k e , Ent. Tidskr. 72, 1 [1951],

Die Identifikation der Nominatform mit thummi er-folgt auf Grund der K i e f f e r sehen Beschreibung, die mit den von K i e f f e r bestimmten Exemplaren in der Sammlung T h i e n e m a n n s übereinstimmt, und des ökologischen Verhaltens dieser Subspezies. Die Zuord-nung von piger zu einer der von K i e f f e r beschriebe-nen Arten oder „Varietäten" der thummi-Gruppe war weder an Hand der Diagnosen K i e f f e r s nodi durch

Fortsetzung S. 728