nr.2 / juni 2012das deza-magazin eine welt und ... · der Ökonom nishan de mel aus sri lanka...

4
Eine Welt NR. 2 / JUNI 2012 DAS DEZA-MAGAZIN FÜR ENTWICKLUNG UND ZUSAMMENARBEIT www.deza.admin.ch Weder Krieg noch Frieden Rund 1,5 Milliarden Menschen leben in fragilen Staaten Afghanistan: Aufbruch oder Rückfall? Palästina: Hip-Hop statt Bomben

Upload: others

Post on 02-Sep-2019

0 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Eine WeltNR. 2 / JUNI 2012DAS DEZA-MAGAZINFÜR ENTWICKLUNG UND ZUSAMMENARBEITwww.deza.admin.ch

Weder Krieg noch Frieden

Rund 1,5 Milliarden Menschen leben in fragilen Staaten

Afghanistan: Aufbruch oder Rückfall?Palästina: Hip-Hop statt Bomben

Eine Welt Nr.2 / Juni 20122

Inhalt

D E Z A

F O R U M

FRAGILE STAATEN6 Die alle und alles quälende Unsicherheit

Rund 1,5 Milliarden Menschen leben in fragilen und konfliktbetroffenen Ländern, was die Entwicklungszusammenarbeit vor immer neue Herausforderungen stellt

12 «Die Hilfe ist zur Akteurin im Konflikt geworden» Der Ökonom Nishan de Mel aus Sri Lanka hinterfragt die Wirkung der Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit in seiner Heimat während des Krieges

14 Gleicher Inhalt, anderer AnsatzAuch unter schwierigsten Umständen blieb die Schweiz in Nepal aktiv

16 Heikle Transition im SüdsudanTrotz Unabhängigkeit bleibt der Frieden zerbrechlich

17 Facts & Figures

18 Vorwärts in die Vergangenheit? Afghanistan ist im Umbruch und steht vor der bangen Frage, was nach dem geplanten Abzug der Nato-Truppen in zwei Jahren geschieht

21 Aus dem Alltag von...Marianne Huber, DEZA-Koordinatorin in Kabul

22 Mit 13 wurde ich verheiratetZahra Yaganah über ihr Leben und Engagement für Menschenrechte in ihrer Heimat

23 Ein Notariatssystem für KosovoDie Schweiz unterstützt Kosovo bei der Ausbildung von Notaren und Notarinnen

24 Biolandbau – Bewährungsprobe in den Tropen In Kenia, Indien und Bolivien führt das Schweizer Forschungsinstitut für biologische Landwirtschaft vergleichende Studien durch

27 Humanitäre Hilfe ist keine Feuerwehr Ein Interview mit Manuel Bessler, der seit letztem Jahr den Direktionsbereich Humanitäre Hilfe bei der DEZA leitet

30 Holz als Spielball von Macht und KorruptionCarte blanche: Die Nepalesin Rubeena Mahato über Erfolge und drohende Gefahren einer breit abgestützten Waldnutzung in ihrer Heimat

31 Hip-Hop und Graffitis statt BombenIn Israel, Gaza und dem Westjordanland blüht, über alle Grenzmauern hinweg, eine eigenständige palästinensische Hip-Hop-Szene

3 Editorial4 Periskop

26 Einblick DEZA33 Service35 Fernsucht mit Dodo Jud35 Impressum

H O R I Z O N T E

K U L T U R

Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), dieAgentur der internationalen Zusammenarbeit im EidgenössischenDepartement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), ist Heraus-geberin von « Eine Welt ». Die Zeitschrift ist aber keine offiziellePublikation im engeren Sinn ; in ihr sollen auch andere Meinungen zu Wort kommen ; deshalb geben nicht alle Beiträge unbedingt den Standpunkt der DEZA und der Bundesbehörden wieder.

D O S S I E R

FiB

L

FiB

L (2

)

Eine Welt Nr.2 / Juni 201224

(gn) Viele Kleinbauern im Süden können sich we-der den Kauf von Dünger noch Pflanzenschutz-mittel leisten. Sie sind Biobauern aus Not. Ganzim Gegensatz zu Biobäuerinnen und -bauern hier-zulande: Für sie rechnet sich der ökologische An-bau – nicht nur, weil sie ihre Produkte dank Bio-Label besser verkaufen können. WissenschaftlicheUntersuchungen zeigen, dass die biologische Land-wirtschaft zu einer Verbesserung der Bodenqualitätund der Biodiversität führt, was sich positiv auf dieErträge auswirkt. Die Resultate langjähriger Vergleichsstudien, diedas Forschungsinstitut für Biologischen LandbauFiBL mit Sitz im aargauischen Frick in der Schweizdurchführt, können allerdings nicht eins zu eins indie Tropen übertragen werden. Im warmen Klimazersetzt sich organisches Material im Bodenschneller; allgemein herrscht eine viel grössere Dy-namik, was das Pflanzenwachstum sowie die Ver-breitung von Schädlingen, Krankheiten und Un-kraut angeht.

Biolandbau – Bewährungs-probe in den TropenAuf der nördlichen Hemisphäre wurde der wissenschaftlicheNachweis für die Vorteile und Stärken des Biolandbaus längsterbracht. Wie steht es aber in den Tropen? Ein Systemvergleichauf Feldern in Kenia, Indien und Bolivien soll fundierte Antwor-ten liefern.

Ernteerträge und ProduktionskostenSeit Jahren setzen zahlreiche Entwicklungsagentu-ren, Forschungsinstitute und NRO für die Verbes-serung der Lebensbedingungen von Kleinbauernauf ökologische Landwirtschaft. Dazu gibt es vie-le Erfolgsgeschichten, allerdings wurde bisher niesystematisch überprüft, ob Biolandbau für die Be-troffenen tatsächlich der optimale Ansatz sei. Einlangfristig angelegter Systemvergleich, bei demForscher, landwirtschaftliche Berater und Bauerneng zusammenarbeiten, soll nun wissenschaftlichfundierte Erkenntnisse bringen: Auf Testfeldern in Kenia, Indien und Bolivien werden ortsüblicheKulturen nebeneinander, aber mit unterschiedli-chen Methoden angebaut. In Kenia zum Beispiel testet und vergleicht manverschiedene biologische und konventionelle An-bausysteme von Gemüse und Mais. «Wichtige Fak-toren sind einerseits die Ernteerträge, andererseitsauch die Produktionskosten. Was für den Bauernschliesslich zählt, ist der Erlös», sagt Dionys Forster

Im indischen Narmada Tal werden in einer zweijährigen Fruchtfolge die Erträge von Baumwolle, Weizen und Soja ausgewertet

25Eine Welt Nr.2 / Juni 2012

ÜbergreifendeZusammenarbeitDer vom FiBL und seinenPartnern im Süden initiierteSystemvergleich in denTropen wird von Wissen-schaft, Entwicklungsorga-nisationen und Wirtschaftgemeinsam getragen.Finanzierungspartner desvorläufig auf zwölf Jahreangelegten Forschungs-projekts sind die DEZA,der LiechtensteinischeEntwicklungsdienst LED,der Coop Fonds für Nach-haltigkeit sowie die StiftungBioVision. Die wissen-schaftliche Leitung undKoordination liegt beimFiBL. Die wichtigstenPartner für die Projektum-setzung sind das Instituteof Insect Physiology andEcology (icipe) in Kenia, die bioRe India Associationund die Remei AG inIndien sowie Ecotop S.R.L,die Universität San Andresund die Fundación PIAF-El Ceibo in Bolivienwww.systems-compari-son.fibl.org www.fibl.org

vom FiBL, der das Forschungsprojekt leitet. In Indien wählte man das Narmada Tal als Testre-gion, wo sich die Schweizer Stiftung bioRe im Be-reich Biobaumwolle engagiert. Hier werden, nacheinem ähnlichen Muster wie in Kenia, in einerzweijährigen Fruchtfolge die Erträge von Baum-wolle, Weizen und Soja ausgewertet. In Bolivienschliesslich stehen verschiedene Anbaumethodenfür Kakao im Zentrum des Interesses. «Wir wol-len mit diesen Systemvergleichen nicht nur her-ausfinden, welche Methode nachhaltigste Erträgeund den optimalen Erlös bringt, sondern gemein-sam mit den Bauern auch Lösungen für biospezi-fische Probleme formulieren», umschreibt DionysForster die Ziele des Projekts. Dabei könne manim Biolandbau durchaus auf Erfahrungen aus Eu-ropa zurückgreifen. Wichtig sei aber, betont Fors-ter, dass in jedem Fall die ortsspezifischen Rah-menbedingungen berücksichtigt werden.

Veränderungen langfristigWeil die Vor- und Nachteile der verschiedenen An-baumethoden erst im langfristigen Vergleich zumTragen kommen, rechnet man mit einer Versuchs-dauer von rund zwanzig Jahren. Insbesondere dieEntwicklung der Bodenfruchtbarkeit, die wich-tigste Komponente einer nachhaltigen Landwirt-schaft, braucht viel Zeit. Fünf Jahre nach Start des Projekts, sind die For-scher deshalb noch zurückhaltend mit der Inter-pretation der bereits erhobenen Daten. Erfah-rungsgemäss sind die Erträge bei der Umstellungvon konventioneller auf Biolandwirtschaft in denersten Jahren eher etwas enttäuschend, bis sich dasSystem eingespielt hat. In den Tropenprojektenscheint man diesen Tiefpunkt nun überwunden zuhaben: «Wir haben erste Indikatoren, dass sich aufden Bioparzellen die Bodenfruchtbarkeit verbes-

sert hat», sagt Forster. Dies dürfte sich längerfristigpositiv auf die Ernteerträge und den Erlös auswir-ken.

Experimentierfreudige Kleinbauern«Ob Biolandbau oder andere nachhaltige Metho-den die besseren Resultate erzielen, spielt für unseine untergeordnete Rolle», sagt Markus Bürli vonder DEZA, die sich mit einem Betrag von jährlich400 000 Franken am Projekt beteiligt. Im Zentrumihres landwirtschaftlichen Engagements steht dieFörderung von Kleinbauern, die 70 Prozent derglobalen Nahrungsmittelproduktion verantwor-ten. Mit dem Langzeitversuch möchte die DEZA dazubeitragen, dass sich Kleinbauern über wissen-schaftlich belegte Vor- und Nachteile der jeweili-gen Produktionsmethoden informieren, und auf-grund dieser Kenntnisse die für ihre Produktions-und Lebensverhältnisse angepasste Anbaumetho-de wählen können. Diese ist allerdings nur einervon verschiedenen Faktoren. Auch Landrechte,Nachernteverluste oder der Zugang zu Märktenspielen eine wichtige Rolle. Dennoch waren es die innovativen Biomethoden,die den Agronomen Bürli anlässlich seines Feld-besuchs in Kenia ganz besonders beeindruckt ha-ben: «Insbesondere die Bäuerinnen sind äusserstexperimentierfreudig. Sie haben gelernt, wie Mistund Kompost am effizientesten eingesetzt werdenkönnen, und stellen eigene ökologische Pflanzen-schutzmittel her. Eine Bäuerin hat ihren Hühnerngar selbst gemachte Vitaminprodukte verfüttert.» ■

Während in Kenia (links) biologische und konventionelle Anbausysteme von Gemüse und Mais getestet werden, stehenin Bolivien verschiedene Anbaumethoden für Kakao im Zentrum des Interesses