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Selbs th i l fegruppe Mye lom Kontak t Öste r re ich

m i t L ym p h o m - K o n t a k t g r u p p e ZVR 847140381

E-Mail: [email protected]

Internet: www.myelom.at und www.lymphomhilfe.at

Seite 2

Diagnose Multiples Myelom / Plasmozytom bzw. Lymphom - Erkrankung

Diese Diagnose kommt für die meisten Betroffenen einem Erdbeben gleich. „Multiples Myelom“ oder „Plasmozytom“ ist eine derzeit noch nicht heilbare, selten auftretende Krebserkrankung von Zellen des Immunsystems. Auch die meisten Lymphom - Erkrankungen sind derzeit noch nicht heilbar. In Österreich erkranken jährlich ca. 400 Menschen an Multiplem Myelom und ca. 1.100 Personen an einem Lymphom.

Wie lebt man mit dieser schweren Erkrankung? Als selbst Betroffene möchten wir Ihnen Mut machen!

Ihr Wegbegleiter sollte der Arzt Ihres Vertrauens sein. Die Selbsthilfe stellt eine wichtige Ergänzung für Patienten und Angehörige dar und ist gekennzeichnet durch gegenseitige Unterstützung zur Steigerung von Kompetenz, Eigenverantwortung und Lebensqualität. Wir bieten Ihnen kostenlos …

• Unterstützung für Betroffene und Angehörige, telefonisch, per E-Mail etc. • Ansprechpartner in ganz Österreich • Erfahrungsaustausch bei regelmäßigen Treffen in ganz Österreich • Informationen über medizinische und soziale Aspekte im Rahmen von

Fachvorträgen und Seminaren mit namhaften nationalen und internationalen Experten

• auf www.myelom.at und www.lymphomhilfe.at ständig aktuelle Homepages • 3x jährlich eine eigene Zeitschrift, unser „MMagazin“

Wir pflegen Kontakte mit nationalen und internationalen Organisationen und vertreten dort Ihre Interessen (z.B. Krebshilfe, Dachverbände, DLH, ECPC, Myelom Euronet). Kontakt Obfrau Kontakte Wien DGKS Elke Weichenberger Elfi Jirsa (Obfrau-Stv.) Friedrich RichterMM-Patientin seit 2002 MM-Patientin seit 1989 MM-Patient seit 2005Josef Mayburgerkai 54 Hervicusgasse 2/19 Hauptstraße 915020 Salzburg 1120 Wien 7052 Müllendorf0664 / 42 50 161 0664 / 38 54 161 0664 / 23 18 [email protected] [email protected] [email protected]

Spendenkonto: 6509152299, BLZ: 20404, Salzburger Sparkasse

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www.myelom.at www.lymphomhilfe.at

III NNN HHH AAA LLL TTT SSS VVV EEE RRR ZZZ EEE III CCC HHH NNN III SSS

Vorstellung der Selbsthilfegruppe........................................................................................2 Verzeichnis der Referenten .................................................................................................4 Programm............................................................................................................................5 Was sind Lymphome? Warnzeichen, Symptome und Beschwerden bei Lymphomen ........7 Univ. Prof. Dr. Heinz Ludwig; Wilhelminenspital Behandlung und Therapiestrategien bei Lymphomen .........................................................9 Univ. Prof. Dr. Johannes Drach; Med. Universität Wien DLBCL...............................................................................................................................12 Dr. Kathrin Strasser-Weippl; Wilhelminenspital Wien Mantelzell-Lymphom .........................................................................................................14 Univ. Prof. Dr. Johannes Drach; Med. Universität Wien Follikuläres Lymphom........................................................................................................16 Univ. Prof. Dr. Felix Keil; Landeskrankenhaus Leoben – Eisenerz Chronisch Lymphatische Leukämie...................................................................................17 ASS Dr. Andrea Steiner; Paracelsus Universität Salzburg MALT-Lymphom ................................................................................................................18 Univ. Prof. Dr. Markus Raderer; Med. Universität Wien Andere Lymphome wie Cutane, T-Zell, Haarzell-Leukämie ..............................................20 OA Dr. Georg Hopfinger; Hanusch – Krankenhaus Wien Multiples Myelom...............................................................................................................22 Univ. Prof. Dr. Heinz Ludwig; Wilhelminenspital Morbus Waldenström – Immunozytom ..............................................................................24 Dr. Viktoria Odelga; Med. Universität Wien Morbus Hodgkin ................................................................................................................26 Ass. Dr. Gudrun Pohl; Wilhelminenspital Wien Behandlungen von Nebenwirkungen von Lymphomen (insbesondere Schmerzen, Anämie und Fatigue)..............................................................29 Dr. Andrea Steiner; Paracelsus Universität Salzburg Was sind Klinische Studien? Chancen und Risken ...........................................................30 Univ. Prof. Dr. Johannes Drach; Med. Universität Wien

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www.myelom.at www.lymphomhilfe.at

VERZEICHNIS DER REFERENTEN

(alphabetisch)

Univ. Prof. Dr. Johannes Drach Medizinische Universität Wien

MR Dr. Jutta Hellan Medizinische Universität Wien

OA Dr. Georg Hopfinger Hanusch-Krankenhaus

Univ. Prof. Dr. Felix Keil LKH Leoben – Eisenerz

Univ. Prof. Dr. Heinz Ludwig Wilhelminenspital Wien

Dr. Viktoria Odelga Medizinische Universität Wien

Ass. Dr. Gudrun Pohl Wilhelminenspital Wien

Univ.-Prof. Dr. Markus Raderer Medizinische Universität Wien

ASS Dr. Andrea Steiner Paracelsus Medizinische Universität Salzburg

FA Dr. Kathrin Strasser-Weippl Wilhelminenspital Wien

DSGK Elke Weichenberger Myelom Kontakt Österreich

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www.myelom.at www.lymphomhilfe.at

PROGRAMM

8.00 Beginn Registrierung

9.00 Begrüßung

DGKS Elke Weichenberger Myelom Kontakt Österreich Univ. Prof. Dr. Heinz Ludwig Wilhelminenspital Univ. Prof. Dr. Johannes Drach Med. Universität Wien 9.15 Was sind Lymphome?

Warnzeichen, Symptome und Beschwerden bei Lymphomen

Univ. Prof. Dr. Heinz Ludwig Wilhelminenspital 9.50 Behandlung und Therapiestrategien bei Lymphomen

Univ. Prof. Dr. Johannes Drach Med. Universität Wien 10.25 Pause mit Getränken 10.45 - 12.00 Vorträge mit Fragen in Kleingruppen in 5 Räumen

Raum 1 DLBCL

Dr. Kathrin Strasser-Weippl Wilhelminenspital Wien Mantelzell-Lymphom

Univ. Prof. Dr. Johannes Drach Med. Universität Wien

Raum 2 Follikuläres Lymphom

Univ. Prof. Dr. Felix Keil Landeskrankenhaus Leoben – Eisenerz

Chronisch Lymphatische Leukämie

ASS Dr. Andrea Steiner Paracelsus Universität Salzburg

Raum 3

MALT-Lymphom

Univ. Prof. Dr. Markus Raderer Med. Universität Wien Andere Lymphome wie Cutane, T-Zell,

Haarzell-Leukämie

OA Dr. Georg Hopfinger Hanusch – Krankenhaus Wien

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www.myelom.at www.lymphomhilfe.at

Raum 4 Multiples Myelom

Univ. Prof. Dr. Heinz Ludwig Wilhelminenspital Morbus Waldenström

Dr. Viktoria Odelga Med. Universität Wien

Raum 5 Morbus Hodgkin

Ass. Dr. Gudrun Pohl Wilhelminenspital Wien 12.00 - 13.30 Mittagsbuffet (anschließend Vorträge im großen Saal) 13.30 Fragestunde zur Komplementärmedizin bei Lymphomen

Medizinalrätin Dr. Jutta Hellan Med. Universität Wien 14.05 Behandlungen von Nebenwirkungen von Lymphomen

(insbesondere Schmerzen, Anämie und Fatigue)

ASS Dr. Andrea Steiner Paracelsus Universität Salzburg

14.40 Pause mit Getränken 15.00 Was sind Klinische Studien, Chancen und Risken

Univ. Prof. Dr. Johannes Drach Med. Universität Wien 15.30 Ask the Experts

Univ. Prof. Dr. Johannes Drach Med. Universität Wien Univ. Prof. Dr. Heinz Ludwig Wilhelminenspital

Geplantes Ende der Veranstaltung ca. 16.00 Uhr

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Univ. Prof. Dr. Heinz Ludwig Wilhelminenspital Wien Vorstand der 1. Med. Abteilung – Zentrum für Onkologie und Hämatologie Past-Präsident der Europ. Gesellschaft für med. Onkologie (ESMO) Montleartstraße 37 1160 Wien

Was sind Lymphome? Warnzeichen, Symptome und Beschwerden bei Lymphomen

Unter Lymphomen versteht man verschiedene bösartige Tumore, die sich aus Zellen des lymphatischen Systems entwickeln. Prinzipiell wird zwischen so genannten Non-Hodgkin-Lymphomen und dem Morbus Hodgkin unterschieden. Eines der wichtigen Merkmale des Morbus Hodgkin ist seine zweigipfelige Altersinzidenz, wobei die höchste Inzidenz bei jungen Personen im Alter zwischen 15 und 35 Jahren zu finden ist. Im höheren Lebensalter wird ein zweiter Inzidenzgipfel beobachtet. Dies steht im Gegensatz zu den Non-Hodgkin-Lymphomen, die mit zunehmendem Lebensalter häufiger werden. Die Ursachen für das Auftreten dieser Krebserkrankungen des Lymphsystems sind noch ungenügend aufgeklärt. Allerdings begünstigen bestimmte Kanzerogene, wie ionisierende Strahlung, Chemikalien, Insektizide, Holzkonservierungsmittel und Benzol das Auftreten von Non-Hodgkin-Lymphomen. Noch häufiger als diese Kanzerogene dürften chronische Infektionen für das Entstehen von Lymphomen verantwortlich sein. So können bestimmte Magenbakterien (Helicobacter pylori) zum Auftreten von MALT-Lymphomen führen. Diese sind im frühen Stadium durch eine antibiotische Therapie wieder rückbildungsfähig. Epstein-Barr Viren führen zu aggressiven Lymphomen, insbesondere bei Patienten mit AIDS, dürften aber auch für die Entstehung anderer Lymphdrüsenkarzinome, wie z.B. dem Morbus Hodgkin, mitverantwortlich sein. Heute werden die Lymphome in verschiedene Sub-Typen eingeteilt, wobei neben der histologischen Beurteilung immunologische und genetische Untersuchungen zunehmend Bedeutung erlangt haben. Damit lassen sich die einzelnen Erkrankungsformen in mehr als 30 verschiedene Untertypen kategorisieren. Bei den Non-Hodgkin-Lymphomen lassen sich prinzipiell noch so genannte indolente, also wenig aggressive, und aggressive Lymphome differenzieren. Darüber hinaus kann man Lymphome, die sich aus B-Lymphozyten entwickeln, von den aus T-Zellen entstehenden Lymphdrüsenkrebsen unterscheiden. Zu den wichtigsten Symptomen gehört häufig eine Lymphdrüsenschwellung, bevorzugt im Bereich der Halslymphdrüsen, aber auch der Achsel- oder Leistengegend und eine Reihe von klinischen Symptomen. Oft steht Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Leistungsschwäche im Vordergrund. Eine erhöhte Infektionsanfälligkeit findet sich bei bestimmten Lymphomen, und Fieberschübe, insbesondere nächtliche Schweißausbrüche können auf die Diagnose hinweisen. Bei einem Teil der Patienten kommt es zu Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust. Dies ist meist ein prognostisch ungünstiges Zeichen. Bei bestimmten Lymphomen, wie z.B. beim Morbus Hodgkin kann es zu quälendem

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Juckreiz kommen, bei dieser Lymphomart kommt es in seltenen Fällen nach Alkoholgenuss zum Auftreten von Schmerzen in befallenen Lymphdrüsenregionen. Für die Diagnostik ist neben einer genauen Erhebung der Krankengeschichte und einer sorgfältigen klinischen Untersuchung, vor allem die Untersuchung des vergrößerten Lymphknotens bzw. von Blut- und Knochenmarkslymphozyten notwendig. Hier gilt es vor allem andere Ursachen einer Lymphknotenschwellung, wie z. B. Infektionen, Infiltration der Lymphknoten durch Tumorzellen anderer Krebserkrankungen, sowie immunologische Erkrankungen auszuschließen. Neben der Gewebsuntersuchung kommen bildgebende Diagnoseverfahren, wie Ultraschall, Computertomographie und Positronenemissions-tomographie häufig zum Einsatz. Insgesamt hat sich in den letzten Jahren die Diagnostik wesentlich weiterentwickelt, sodass mit Hilfe moderner Methoden eine sichere Differenzierung der verschiedenen Subtypen möglich geworden ist.

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Univ. Prof. Dr. Johannes Drach Medizinische Universität Wien Univ. Klinik für Innere Medizin I Klinische Abteilung für Onkologie Währinger Gürtel 18-20 A-1090 Wien

Behandlung und Therapiestrategien bei Lymphomen

Es gibt für die verschiedenen Formen der Lymphome eine Reihe von Behandlungs-methoden. Häufig werden verschiedene Therapien miteinander kombiniert, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Diese Kombinationen sind für jedes Lymphom unterschiedlich, so dass man nicht von einem generellen Standard in der Lymphom-Therapie sprechen kann.

Im Folgenden werden die zur Verfügung stehenden Therapieoptionen vorgestellt:

Abwarten & Beobachten (auch "Watch & Wait"): In Fällen, in denen die Erkrankung nur sehr langsam fortschreitet, keine oder nur geringe Beschwerden verursacht und eine frühzeitige Therapie keine Vorteile gegenüber einem verzögerten Behandlungsbeginn bietet, besteht die Möglichkeit zunächst auf eine Therapie zu verzichten. Es erfolgt jedoch eine regelmäßige und engmaschige Kontrolle der Symptome, die gegebenenfalls dazu führt, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Behandlung durchgeführt wird. Ob die Strategie des Abwartens & Beobachtens verfolgt wird, hängt entscheidend vom Typ des Lymphoms ab. Nur indolente Lymphome (von Natur aus langsam wachsende) qualifizieren für diese Art der Behandlung. Bei aggressiv verlaufenden Lymphomen (rasch fortschreitend) ist in jedem Fall ein sofortiger Therapiebeginn notwendig. Strahlentherapie: Hochdosierte Röntgenstrahlen oder andere hochenergetische Strahlen werden zum Abtöten der Krebszellen und zum Verkleinern der Tumore eingesetzt. Indolente Lymphome der Stadien I und II werden kurativ mit einer alleinigen Strahlentherapie behandelt, die Behandlung anderer Lymphome nutzt die Strahlentherapie häufig in Kombination mit einer Chemotherapie. Chemotherapie: Medikamente (in der Regel sog. Zytostatika) werden eingesetzt, um Krebszellen abzutöten und Geschwülste schrumpfen zu lassen. Die Zytostatika können in Tablettenform eingenommen werden, oder sie werden dem Körper direkt über eine Vene als Infusion oder Injektion zugeführt. Die Chemotherapie ist eine "systemische Therapie", d.h. die Medikamente verteilen sich über die Blutbahnen im ganzen Körper und greifen schnell wachsende Zellen wie z.B. Krebszellen an. Allerdings werden auch gesunde schnell wachsende Zellen, wie z. B. Knochenmarks-, Schleimhaut- oder Haarzellen, geschädigt, was zu einer Reihe von Nebenwirkungen, wie z. B. Blutarmut, Durchfall, Entzündungen der Mundschleimhaut oder Haarausfall führen kann. Zytokintherapie: Die Zytokintherapie versucht das Immunsystem des Körpers zu stimulieren den Krebs

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selbst zu bekämpfen. Sie nutzt körpereigene Botenstoffe, um die natürliche eigene Körperabwehr anzuregen, zu lenken oder wiederaufzubauen. Zytokine sind Stoffe, die zwischen den Abwehrzellen und anderen weißen Blutkörperchen vermitteln. Zu ihnen gehören z.B. die verschiedenen Interleukine und Interferone, deren Wirkung in einer Erhöhung der Abwehrbereitschaft und der gezielten Aktivierung mancher Zelltypen besteht. Die Zytokintherapie ist von den sogenannten "alternativen" bzw. „komplementären“ Therapieverfahren abzugrenzen, da die Wirkung der Zytokine in zahlreichen Studien wissenschaftlich belegt werden konnte. Unter "alternativen" Behandlungsmethoden werden Ansätze mit Mistel-, Thymus- und anderen biologischen Präparaten zusammengefasst. Die Wirkung dieser Ansätze ist unbewiesen und stellt nach derzeitigem Wissensstand keine Alternative zu wissenschaftlich fundierten Therapien dar. Da bei den Non-Hodgkin-Lymphomen Zellen des Immunsystems entartet sind, könnte es durch eine ungezielte Immunstimulation im ungünstigsten Fall sogar zu einer Beschleunigung des Krankheitsprozesses kommen. Antikörpertherapie: Antikörper erkennen typische Oberflächenstrukturen (Antigene) an der Außenseite von Krebszellen. Antikörper können dadurch dem körpereigenen Immunsystem signalisieren, dass Krebszellen vorhanden sind und angegriffen werden sollen. Ein solcher Antikörper mit Namen Rituximab (MabThera®), der gegen das Antigen "CD20" gerichtet ist, zeigte vielversprechende Behandlungsergebnisse. Eine Antiköpertherapie ist nur möglich, wenn die entarteten Zellen auch das entsprechende Antigen auf ihrer Oberfläche besitzen. Teilweise wird die Antikörpertherapie in Kombination mit einer Chemotherapie durchgeführt. Radioimmuntherapie: Die Radioimmuntherapie ist zurzeit hauptsächlich Gegenstand von klinischen Studien. Hier wird der Krebs mit einem Antikörper behandelt, der ein spezifisches Antigen (Oberflächenstruktur) erkennt und mit einer radioaktiven Substanz verbunden ist. Der Antikörper heftet sich nach Injektion in den Körper an die Tumorzellen, die das entsprechende Antigen tragen. Die Zellen werden daraufhin durch die radioaktive Substanz gezielt bestrahlt und dadurch zerstört. Hochdosistherapie und periphere Stammzelltransplantation: Die Hochdosistherapie in Kombination mit Knochenmarktransplantation oder der Transplantation von Stammzellen aus dem peripheren Blut werden zurzeit in klinischen Studien erprobt. Es wird zunächst eine sehr hoch dosierte Chemotherapie (mit oder ohne zusätzliche Bestrahlung) gegeben, so dass auch widerstandsfähige Lymphomzellen im Körper abgetötet werden. Diese hohen Chemotherapie-Dosen zerstören allerdings auch den größten Teil des Knochenmarks. Um es zu ersetzen, wird bei der Knochenmark-transplantation vor der Chemotherapie Knochenmark aus den Knochen entnommen und mit Medikamenten und anderen Substanzen behandelt, um ggf. alle darin vorhandenen

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Krebszellen zu zerstören. Das so behandelte Knochenmark wird eingefroren und dem Patienten nach der Hochdosistherapie über eine Vene zurückgegeben. Stammt das Knochenmark vom Patienten selbst, nennt man diese Variante der Transplantation eine "autologe Transplantation". Kommt das Mark von einem fremden Spender, handelt es sich um eine "allogene Transplantation" (allo = fremd). Bei der Transplantation von Stammzellen aus dem peripheren Blut werden vor der Hochdosistherapie aus dem zirkulierenden Blut des Patienten Stammzellen entnommen, die dann nach der Behandlung zurückgegeben werden. Bei der Transplantation von Stammzellen aus dem peripheren Blut kommen die Stammzellen in der Regel vom Patienten selber (autologe Transplantation). Die autologe Transplantation hat den Vorteil, dass der Körper seine eigenen Zellen ohne Probleme annimmt. Es besteht allerdings die Gefahr, dass bei der Transplantation Krebszellen in den Körper zurück übertragen werden. Die allogene Transplantation stellt sicher, das nur gesunde Zellen übertragen werden, es kommt jedoch häufig zu starken Nebenwirkungen und zu einer Abstoßungsreaktion durch die Zellen des Spenders ("graft versus host disease"). „Neue Substanzen“: Gerade in den letzten Jahren ist eine Vielzahl von neuen Medikamenten entwickelt worden, die eine Wirksamkeit bei malignen Lymphomen zeigen. Diese Medikamente haben meist einen gänzlich anderen Wirkmechanismus im Vergleich zu den oben dargestellten Behandlungsmethoden. „Neue Substanzen“ greifen meist ganz gezielt an bestimmten Stellen der Krebszellen ein und blockieren wichtige Stoffwechselwege, welche das Wachstum behindern oder das Absterben der Krebszellen beschleunigen. Beispiele solcher Medikamente sind Bortezomib (Velcade®) und Lenalidomid (Revlimid®), welche derzeit hauptsächlich im Rahmen von klinischen Studien geprüft werden. Wahl der Behandlung: Die Wahl der Behandlung eines Lymphoms hängt vom Stadium der Erkrankung, von der Histologie und der Einschätzung der Bösartigkeit (Grading), vom Alter des Patienten und von seinem Allgemeinbefinden ab. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen aggressiven (rasch fortschreitenden) und indolenten (langsam wachsenden) Non-Hodgkin- Lymphomen und deren Abgrenzung vom Morbus Hodgkin.

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FA Dr. Kathrin Strasser-Weippl Wilhelminenspital Wien 1. Med. Abteilung – Zentrum für Onkologie und Hämatologie Montleartstraße 37 1160 Wien

DLBCL

Diffus großzelliges B-Zell-Lymphom Das diffus großzellige B-Zell-Lymphom gehört zu den so genannten aggressiven Non-Hodgkin-Lymphomen. „Aggressiv“ bedeutet einerseits, dass der Verlauf der Erkrankung ohne Therapie rasch fortschreitend ist. Andererseits sind hochmaligne Lymphome selbst bei fortgeschrittener Erkrankung durch Chemotherapie prinzipiell heilbar. Das diffus großzellige B-NHL (DLBCL) ist das häufigste hochmaligne Lymphom und tritt bei ca 3-5/100000 Personen im Jahr auf. Obwohl der Häufigkeitsgipfel dieser Erkrankung wie bei den meisten Lymphomen zwischen dem 40. und 80. Lebensjahr ist, können auch sehr junge Patienten an einem DLBCL erkranken. Es werden verschiedene ursächliche Faktoren, wie virale Infekte, vorangegangene Bestrahlung oder Toxine diskutiert, letztlich ist aber unklar, warum die Inzidenz des DLBCL seit Jahren steigt. Bei ca. einem Viertel aller Patienten wird die Erkrankung in einem frühen Stadium (I-II) diagnostiziert, während bei der Mehrheit eine fortgeschrittene Krankheit vorliegt. Zur Diagnosestellung wird meist ein Lymphknoten entnommen. Mittels immunologischer und molekularbiologischer Untersuchungen kann die Diagnose gesichert werden, was insbesondere zur Abgrenzung von den seltenen, sehr aggressiven lymphoblastischen Lymphomen wichtig ist. Viele Patienten mit einem diffus großzelligen Lymphom berichten bei Diagnosestellung über eine sogenannte B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust). Zusätzlich können Lymphknotenschwellungen, Müdigkeit, Blässe und eine Infektneigung auffallen. Sobald der Verdacht auf ein Lymphom erhärtet wurde, müssen neben der Entnahme eines Lymphknotens noch sogenannte Staging-Untersuchungen durchgeführt werden, um das Ausmaß der Erkrankung genau zu dokumentiert. Dazu gehören Computertomografien der Lunge und des Bauchraums, ein Ultraschall der Lymphknotenstationen an Hals, Achseln und Leisten, und eine Knochenmarkspunktion zum Ausschluss eines Befalls des Knochenmarks durch Lymphomzellen. Auch eine PET-Untersuchung (Positronen-Emissions-Tomografie) wird teilweise am Beginn der Erkrankung als Staging eingesetzt, ist aber nicht Teil der Routineuntersuchungen. Die weitere Therapieplanung hängt von der Ausdehnung der Erkrankung ab. Die Grundlage der Therapie des DLBCL ist eine Chemo-Immuntherapie nach dem R-CHOP-Schema. Diese Therapie enthält den Antikörper Rituximab (R), der gegen den Oberflächenmarker CD20, welcher auf den Lymphomzellen zu finden ist, gerichtet ist. Rituximab kann zu allergischen Reaktionen und geschwächter Abwehrlage führen. Die Hauptnebenwirkungen der Chemotherapie CHOP (Cyclophosphamid, Doxorubicin, Oncovin, Aprednisolon) sind Haarausfall, Übelkeit, Blutbildveränderungen/Infektanfälligkeit und selten Nervenkribbeln. Die Chemotherapie wird nach der Größe und dem Gewicht des Patienten individuell dosiert. Im Rahmen der Chemotherapie werden meist Stammzellen

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gesammelt, um später die Möglichkeit einer Hochdosis-Chemotherapie mit Stammzelltransplantation zu haben. Sollte nur ein Lymphknotenareal befallen sein, so kann die Krankheit mit 3 Zyklen R-CHOP (in 2-3-wöchigem Abstand) und anschließender Strahlentherapie der befallenen Regionen geheilt werden. Falls die Krankheit weiter ausgedehnt ist, müssen 6-8 Zyklen R-CHOP (in diesem Fall meist ohne anschließende Strahlentherapie) verabreicht werden. Die optimale Anzahl der Therapiezyklen wird derzeit in Studien geklärt. In manchen Zentren wird das Ergebnis einer PET-Untersuchung nach dem 3. Zyklus für diese Entscheidung herangezogen. Mit den genannten Therapiestrategien erreichen ca. 75% aller Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung eine komplette Remission. Falls nach Abschluss der Chemotherapie noch Tumorgewebe nachgewiesen werden kann, so kann auch hier die Strahlentherapie zum Einsatz kommen. Bei jungen Patienten mit ungenügendem Erfolg einer konventionellen Chemotherapie sollte die Durchführung einer Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation erwogen werden. Falls es im späteren Verlauf zu einem Rezidiv kommt, stehen andere Chemotherapie-Protokolle (z.B. Dexa-BEAM), aber auch andere Antikörper, insbesondere Zevalin (Ibritumomab Tiutexan) zur Verfügung. Bei Patienten, denen eine Hochdosistherapie zugemutet werden kann, sollte diese im Fall eines Rezidivs in jedem Fall durchgeführt werden, da hierdurch die Krankheit weiterhin geheilt werden kann. In seltenen Fällen kommt bei einem neuerlichen Rezidiv die Durchführung einer allogenen (Fremdspender-) Knochenmarkstransplantation in Frage. Die durchschnittliche Heilungsrate beträgt für Patienten mit einem DLBCL ca. 70%, wobei das Risiko für einzelne Patienten deutlich niedriger oder höher sein kann. Einen besonders guten Verlauf weisen jüngere Patienten mit Stadium I-II, ausschließlichem Befall von Lymphknoten, gutem Allgemeinzustand und normalem LDH-Wert auf.

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Univ. Prof. Dr. Johannes Drach Medizinische Universität Wien Univ. Klinik für Innere Medizin I Klinische Abteilung für Onkologie Währinger Gürtel 18-20 A-1090 Wien

Mantelzell-Lymphom

Das Mantelzell-Lymphom (nach der englischen Bezeichnung mantle cell lymphoma häufig mit MCL abgekürzt) zählt zu den B-Zell Lymphomen und macht etwa 8% aller Non-Hodgkin-Lymphome aus. Das MCL hat seinen Namen vom charakteristischen Aussehen der Lymphom-Zellen, die ähnlich aussehen wie die (gesunden) Zellen, die sich normalerweise in der Mantelzone der Lymphknoten befinden. Die ältere Bezeichnung zentrozytisches Lymphom entspricht dem MCL der aktuellen Klassifikation. Klinische Besonderheiten Das MCL tritt überwiegend im mittleren bis höheren Lebensalter auf (mittleres Alter bei Diagnosestellung 60 – 65 Jahre), und Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Die Erkrankung geht typischerweise mit Lymphknotenschwellungen einher, da sich die Zellen der Erkrankung in den Lymphknoten ansammeln. Oft ist auch das Knochenmark von der Erkrankung betroffen und bei einer höhergradigen Infiltration können die Lymphomzellen auch im Blut zu finden sein (im Blutbild kann dies eine sog. Lymphozytose, also Vermehrung der Lymphozyten, verursachen). Auch der Verdauungstrakt (Gastrointestinaltrakt) ist häufig von der Erkrankung betroffen ( z. B. Infiltration der Magen- oder Darmwand). Diagnosestellung Wie bei allen Lymphomen ist die histologische Untersuchung eines betroffenen Lymphknotens unerlässlich, um die Diagnose MCL zu sichern. Dabei können die Lymphomzellen auch mit speziellen Methoden untersucht werden. MCL-Lymphomen weisen dabei ein ganz charakteristisches Muster von Merkmalen an ihrer Zelloberfläche auf. Darüber hinaus ist die Erkrankung durch ein einzigartiges Merkmal in den Genen der Lymphomzellen gekennzeichnet, da eine sog. Translokation (Umlagerung) von zwei Genabschnitten auftritt (Translokation zwischen den Chromosomen 11 und 14). Die Folge davon ist wiederum ein bestimmtes Merkmal an der Zelloberfläche, wodurch das MCL von anderen Lymphomen eindeutig abgrenzbar ist. Therapie Die Prognose der Erkrankung ist ungünstiger als bei anderen malignen Lymphomen. Meist wird das MCL erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Aussicht auf eine komplette Heilung besteht nur in den seltenen frühen Stadien, in denen die Strahlentherapie zum Einsatz gelangt. In den fortgeschrittenen Stadien kann die Erkrankung durch medikamentöse Therapie meist deutlich zurückgedrängt werden, aber in einem Großteil der Patienten wird ein

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Rückfall der Erkrankung beobachtet. Zur Behandlung wird heute die kombinierte Immun-Chemotherapie eingesetzt, das heisst, dass neben der Chemotherapie auch ein sog. Antikörper (Rituximab) zum Einsatz gelangt. Die gleichzeitige Gabe von Rituximab zur Chemotherapie hat den klinischen verlauf der Erkrankung deutlich verbessert. Die Behandlung mit dem Namen R-CHOP besteht aus der Infusion von Medikamenten (Cyclophosphamid, Vincristin, Doxorubicin) an einem Tag, begleitet von der Gabe eines Kortison-Präparats in Tablettenform über 5 Tage. Vor Chemotherapie wird der Antikörper Rituximab alsInfusion verabreicht, wobei zur Vermeidung der (seltenen) allergischen Reaktion der Antikörper zunächst in sehr geringer Menge verabreicht wird. Dann wird die Infusionsgeschwindigkeit stufenweise über mehrere Stunden gesteigert. Neben diesen Medikamenten stehen auch weitere Substanzen der sog. Chemotherapie zur Verfügung, die in Abhängigkeit der klinischen Situation zum Einsatz gelangen können. In einigen Fällen, insbesondere bei jüngeren Patienten, kann auch eine sog. hochdosierte Chemotherapie angewandt werden, wobei dies dann mit einer Stammzelltransplantation kombiniert wird (zur Erklärung siehe auch den Abschnitt „Therapiestrategien“). Dadurch konnte in aktuellen Studien gezeigt werden, dass die Zeit bis zum Wiederauftreten der Erkrankung deutlich verlängert werden kann. Auch die Strahlentherapie kann zur Behandlung des MCL herangezogen werden, insbesondere dann, wenn lokalisierte Probleme bestehen (z. B. Druck durch starke Lymphknotenschwellungen). Auch neue Medikamente, die anders als eine Chemotherapie wirken, haben in den letzten Jahren Eingang in die Behandlung des MCL gefunden. Darunter sind vor allem Thalidomid und Bortezomib zu erwähnen, die bislang insbesondere bei Wiederauftreten der Erkrankung angewandt wurden. Durch all diese Maßnahmen ist es gelungen, das MCL besser behandelbar zu machen. Dennoch wird eifrig nach weiteren Behandlungsmöglichkeiten gesucht, und gerade beim MCL ist die Behandlung im Rahmen von klinischen Studien dringend zu empfehlen.

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Univ. Prof. Dr. Felix Keil Department für Hämato-Önkologie LKH Leoben – Eisenerz Vordernberger Straße 42 8700 Leoben

Follikuläres Lymphom

Das follikuläre Lymphom gehört zur Gruppe der niedrig malignen Non Hodgkin Lymphome, die ca. 20-24% aller Non Hodgkin Lymphome ausmachen. Die Non Hodgkin Lymphome treten mit einer Inzidenz von 12 Fällen auf 100.000 Einwohner pro Jahr auf. Dies bedeutet, dass ca. 3-4 Patienten mit follikulären Lymphomen auf 100.000 Einwohner pro Jahr neu diagnostiziert werden. Diese Krankheit äußert sich meistens durch schmerzlose Vergrößerung von Lymphknoten und kann sowohl lokalisiert auf eine Lymphknotenstation, als auch generalisiert auf alle Lymphknotenstationen und im Knochenmark auftreten. Während lokalisierte Non Hodgkin Lymphome durch Bestrahlung behandelt werden können, müssen ausgedehnte Lymphome im Stadium III und IV (dies bedeutet mehrere befallene Lymphknotenstationen und /oder Knochenmarksbefall sowohl oberhalb als auch unterhalb des Zwerchfells) mit systemischer Chemotherapie behandelt werden. Hier haben sich sehr große Fortschritte ergeben. Durch die Kombination von monoklonalen Antikörpern und Chemotherapie konnte das krankheitsfreie Überleben signifikant gesteigert werden. Zurzeit liegen vier Phase-III-Studien vor, die ein Ansprechen zwischen 80% und 95% der Erkrankung zeigen und auch das krankheitsfreie Überleben hat sich durch diese Kombinationstherapien deutlich verbessert. Bei Krankheitsbeginn ist es wichtig, eine genaue Diagnostik mit Abschätzung der Risikofaktoren durchzuführen, da der Krankheitsverlauf äußerst unterschiedlich sein kann. Im Rezidiv zeigt bisher die autologe Stammzelltransplantation die besten Langzeitergebnisse. Hier haben wir Beobachtungszeiten in einem Median von bis zu 20 Jahren. Weiters kann auch Chemotherapie mit Rituximab, gefolgt von den Erhaltungstherapien mit Rituximab viel versprechende therapeutische Ergebnisse zeigen. Zusätzlich ist auch die Radioimmuntherapie eine Option um Patientin im Rezidiv neuerlich in eine Remission zu bringen. Zu Beachten ist aber eine doch höhere Inzidenz von Myelodysplasien, die lange nach Erstbehandlung des follikulären Lymphoms auftreten kann. Bei einer chronischen lang verlaufenden Erkrankung mit unterschiedlichen Risikofaktoren und vielversprechenden innovativen Therapien ist daher eine gründliche Diagnose, Risikoabschätzung und Planung am Anfang der Erkrankung unerlässlich, wo unseren Patienten auch die Optionen einer Rezidivtherapie dargelegt werden sollten. Insgesamt ist die Entwicklung durch die monoklonalen Antikörpertherapien, durch die neuen zytotoxischen Chemotherapien und durch die Radioimmuntherapie als äußerst positiv zu werten.

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ASS Dr. Andrea Steiner Paracelsus Univ. Salzburg Onkologie Müllner Hauptstraße 48 5020 Salzburg

Chronisch Lymphatische Leukämie

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Univ. Prof. Dr. Markus Raderer Med. Universität Wien Univ. Klinik für Innere Medizin I Klinische Abteilung für Onkologie Währinger Gürtel 18-20 1090 Wien

MALT-Lymphom

Lymphome des mukosa-assoziierten lymphatischen Gewebes (MALT) zählen mit etwa 7% aller neu diagnostizierten Lymphome zu den relativ häufigen Lymphomtypen. Seit der Erstbeschreibung dieses Lymphoms im Jahr 1983 durch die britischen Pathologen Peter Isaascson und Dennis Wright wurden entscheidende Fortschritte in unserem Wissen über Entstehung und Behandlung von MALT Lymphomen gemacht. Im Gegensatz zu den meisten anderen Lymphomtypen entstehen MALT-Lymphome nicht in Lymphknoten oder dem Knochenmark, sondern in anderen Organen und werden daher als auch als Prototyp der sogenannten extranodalen Lymphome bezeichnet. Es ist im Wesentlichen durch einen sehr langsamen klinischen Verlauf gekennzeichnet, sodass auch in fortgeschrittenen Stadien die Lebenserwartung der betroffenen Patienten durch das Lymphom nicht wesentlich eingeschränkt wird. Etwa 50% aller MALT Lymphome werden im Magen diagnostiziert, allerdings können sie auch in jedem anderen Organ des menschlichen Körpers gefunden werden, mit einer Häufung in den Speicheldrüsen, dem Auge, der Lunge, der Schilddrüse sowie dem Darm. MALT-Lymphome werde in ihrer Entstehung in hohem Mass durch chronische Infektionen oder Entzündungen begünstigt, wie Infektion mit dem Bakterium Helicobakter pylori im Magen oder durch lang bestehende sogenannten Autoimmunerkrankungen (Sjögren Syndrom, Hashimoto Thyroiditis). Gerade die Assoziation mit Helicobakter pylori im Magen hat eine Revolution in der Therapie von MALT Lymphomen des Magens eingeläutet, als gezeigt werden konnte, dass durch eine entsprechende Antibiotika-Therapie nicht nur die Bakterien verschwinden, sondern in weiterer Folge in einem hohen Prozentsatz auch das Magenlymphom in 75% der Fälle zur Rückbildung gebracht wird und u.U. ganz verschwindet. Aus diesem Grund ist die Antibiotika-Therapie bei MALT Lymphomen des Magens heute als Standardtherapie zu betrachten, Voraussetzung ist allerdings eine Beschränkung des Lymphoms auf den Magen. Nach heutigem Wissen ist eine Antibiotika-Therapie gegen Helicobacter pylori bei fortgeschrittener Erkrankung oder bei Lokalisationen außerhalb des Magens nicht wirksam. Die Rückbildung des Lymphoms kann allerdings nach erfolgreicher Therapie der Helicbakter-Infektion bis zu 18 Monate betragen. Aus diesem Grund ist eine Mindestbeobachtungszeit von einem Jahr (mit Kontroll-Gastroskopien alle 3 Monate) notwendig, bevor man diese Antibiotika-Therapie als unwirksam betrachten kann und alternative Therapiemaßnahmen setzt. In der Behandlung von Lymphomen generell, aber auch speziell bei MALT Lymphomen spielt eine operative Entfernung keine Rolle und sollte daher vermieden werden, da sie mehr Nebenwirkungen/Schäden als Nutzen verursacht. Während früher die Strahlentherapie eine hervorragende Rolle in der Therapie des MALT-Lymphoms spielte

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(weil man diese Lymphome als zu 90% lokalisierte Erkrankungen betrachtete) haben jüngere Ergebnisse gezeigt, dass Chemotherapie (unter Umständen in Verbindung mit einem monoklonalen Antikörper) zunehmend in Erwägung gezogen werden sollte und hochwirksam ist. Allerdings ist derzeit noch kein Therapie-Standard definiert, sodass weitere Forschungen dringend notwendig sind, um weitere Fortschritte in der Therapie des MALT-Lymphoms zu erzielen.

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OA Dr. Georg Hopfinger Hanusch – Krankenhaus Wien 3. Medizinische Abteilung Heinrich Collin-Str. 30 1140 Wien

Andere Lymphome wie Cutane, T-Zell, Haarzell-Leukämie

Haar-Zell Leukämie Die Haar-Zell Leukämie ist eine chronische B-Zell Erkrankung, die durch charakteristische Zell-Ausläufer gekennzeichnet ist und der Erkrankung den Namen gab. Betroffen sind meist Personen um das 50 Lebensjahr. Typisch ist eine ausgeprägte Verminderung der Blutzellen mit Blutarmut (Anämie), Verminderung der Blutplättchen (Thrombozytopenie) und der weißen Blutkörperchen (Leukozytopenie). Weiters besteht eine ausgeprägte Milzvergrößerung. Die Diagnose wird durch eine Knochenmarkpunktion gestellt, die eine eindeutige Abgrenzung von anderen Bluterkrankungen ermöglicht. War früher eine Milzoperation, später dann eine Behandlung mit Interferon möglich, so kann derzeit Cladribine als Standardtherapie zu bezeichnet werden. Es handelt sich hierbei um ein im allgemein gut verträgliches Zytostatikum das als Infusion, meistens aber als Injektion unter die Haut verabreicht wird. Erfreulicherweise genügt in vielen Fällen eine einmalige Behandlung um für viele Jahre eine Rückbildung der Erkrankung (Remission) zu erreichen. Bei Wiederauftreten der Erkrankung kann eine neuerliche Behandlung mit Cladribine meist wieder sehr erfolgreich sein, in refraktären Fällen kann mit dem Zusatz des monoklonalen Antikörpers anti CD 20 Rituximab alleine oder in Kombination eine wirksame Behandlung gegeben werden. Die Prognose ist im Allgemeinen als sehr gut zu bezeichnen. Kutane Lymphome Bei den kutanen Lymphomen handelt es sich um eine sehr heterogene Gruppe von initial auf die Haut beschränkte Veränderungen durch Lymphom-Zellen. Der überwiegende Anteil der kutanen Lymphome, etwa 65 %, sind T-Zell Lymphome, etwa 25 % sind B-Zell Lymphome und etwa 10% sind nicht weiter klassifizierbar. Mann unterscheidet nach dem klinischen Verlauf indolente Lymphome wie z.B. Mycosis fungoides, mit einer mittleren Überlebenszeit >10 Jahre. Typisch sind zunächst ekzemartigen Hautveränderungen, die in früheren Zeiten fälschlicher Weise als Hautpilz gedeutet wurde, daher der Name. In weiterer Folge können die Hautveränderungen zunehmen und zu Plaques beziehungsweise auch zu Lymphknotenschwellung führen. Als Vertreter der aggressiven Manifestationsform sei das Sézary-Syndrom beschreiben, das eine Lebenserwartung von <5 Jahren hat. Es finden sich meist schon zu beginn generalisierte Symptome wie eine Hautrötung, weiters werden vergrößerte Lymphknoten und leukämische Blutbildveränderungen gefunden, die die Abgrenzung zu anderen T-Zell Leukämien notwendig machen. Zur genauen Diagnose ist es notwendig, ein verdächtiges Hautareal operativ zu entfernen um mittels genauer immunhistochemischer Färbungen den Subtyp bestimmen zu können. Weiters ist es erforderlich mit Hilfe von bildgebenden Untersuchungen wie Ultraschall und

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Computertomographie, in Einzellfällen auch inkl. Knochenmarkpunktion das genaue Ausbreitungsstadium der Erkrankung festzustellen. Therapie der kutanen Lymphome Die Therapie richtet sich nach dem Ausbreitungsstadium; ist die Erkrankung auf die Haut beschränkt so kann mit äußeren Maßnahmen wie kortisonhältiger Cremen oder lokaler Bestrahlung eine gute Wirkung erzielt werden; bei generalisierte Symptomatik kann sog. PUVA Behandlung (Psoralen + UV-A Licht) zu guten Behandlungsergebnissen führen. Weiters sind Retinoide, Interferon oder monokonale Antikörper zu erwähnen. Nur bei den nodalen und leukämischen Verlaufformen ist Chemotherapie indiziert. T-Zell Lymphome In der Gruppe der Non-Hodgkin Lymphome (NHL) findet man etwa 15% T-Zell NHL. Die Gruppe der T-Zell Lymphome fasst eine sehr unterschiedliche Erkrankungen wie z.B. peripheres T-Zell Lymphom, Angioimmunoblastisches Lymphom, Alk-positives Lymphom oder T-Prolymphozytenleukämie zusammen. Allen leukämischen oder nodalen Neoplasien der T-Zell Reihe, mit Ausnahme des ALK pos Lymphoms, ist ein sehr aggressiver Verlauf gemeinsam. Die Behandlung erfolgt mit Chemotherapie, meist nach dem CHOP-Schema. Neuere Ansätze sind der Einsatz von monoklonalen Antikörper Alemtuzumab oder Fludarabin hältige Schemata. Weiters werden derzeit eine Fülle von neuen Wirkmechanismen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft. Bei jüngeren Patienten wird aufgrund des aggressiven Verlaufs mit Hilfe von autologer oder allogener Stammzelltransplantation versucht, das Ansprechen und Überleben zu verbessern. Aufgrund der bisher sehr unbefridegenden Erahnungen ist die Behandlung in speziell auf die T-Zell NHL ausgelegten Studien zur Verbesserung des Ansprechens auf jeden Fall zu empfehlen.

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Univ. Prof. Dr. Heinz Ludwig Wilhelminenspital Wien Vorstand der 1. Med. Abteilung – Zentrum für Onkologie und Hämatologie Past-Präsident der Europ. Gesellschaft für med. Onkologie (ESMO) Montleartstraße 37 1160 Wien

Multiples Myelom

Entstehung und Symptome Beim multiplen Myelom kommt es zu einer Deregulation des Zellzyklus und damit zu unkontrolliertem Wachstum von Plasmazellen, die physiologischerweise für die Bildung von schützenden Eiweißkörpern (Antikörper) verantwortlich sind. Diese Myelomzellen genannten veränderten Plasmazellen verbreiten sich vorwiegend im Stammskelett, wo sie zu Osteoporose, sowie zu Knochendefekten und Knochenbrüchen führen können. Patienten mit aktivem Myelom klagen oft über Knochenschmerzen, Müdigkeit, sowie erhöhte Infektionsanfälligkeit. Darüber hinaus kann es zu verschiedenen anderen Komplikationen, wie Einschränkung der Nierenfunktion, Veränderung des Mineralhaushaltes und Ablagerung der im Überschuss gebildeten Paraproteine (Amyloidose) kommen. Monoklonale Gammopathie unbekannter Signifikanz (MGUS) MGUS findet sich bei etwa 3% der über 50-jährigen Bevölkerung und kann über Jahrzehnte ohne besonderen Krankheitswert bestehen. Die Charakteristika von MGUS sind Paraproteinämie und geringgradige Vermehrung von monoklonalen Plasmazellen. Die Betroffenen sind symptomlos und haben auch keine Knochenläsionen. Pro Jahr kommt es bei 1% der Betroffenen zu einem Übergang in ein multiples Myelom oder in andere Erkrankungen des Lymphsystems. Indolentes Myelom Beim sogenannten indolenten Myelom finden sich zwar die Charakteristika eines multiplen Myeloms, nämlich Plasmazellvermehrung, osteolytische Skelettläsionen und monoklonale Paraproteine, die Erkrankung kann aber lange Zeit stationär bleiben. In dieser Phase ist keine Therapie erforderlich. Bei Personen mit aktivem Myelom, das sind jene, die die oben angeführten Organprobleme aufweisen, ist eine Therapieeinleitung notwendig. Behandlung - Transplantation Bei Personen unter 65 Jahren bzw. auch älteren Personen, die körperlich in entsprechend gutem Zustand sind, empfiehlt sich die Einleitung einer Stammzelltransplantation. Dabei werden initial 3-4 Zyklen konventionelle Chemotherapie durchgeführt und anschließend Stammzellen gewonnen. Danach erfolgt die hochdosierte Chemotherapie mit Melphalan und nach einem Ruhetag die Retransfusion von autologen Stammzellen. Damit lassen sich hohe Ansprechraten und längere Überlebenszeiten erreichen. Bei Personen, die nach der ersten Transplantation nicht in sehr guter partieller, oder kompletter Remission sind, empfiehlt sich die Wiederholung der Stammzelltransplantation. Behandlung – konventionell und neue Medikamente Bei Personen, die für diese Behandlung nicht geeignet erscheinen, kommen konventionelle Medikamente, wie z.B. hochdosiertes Dexamethason, Melphalan-

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Prednison, sowie Thalidomid in Kombination entweder mit Dexamethason oder in Kombination mit Melphalan und Prednison zur Anwendung. Die neuen Substanzen Bortezomib und Lenalidomid sind den althergebrachten Medikamenten überlegen, da sie auch bei Personen mit ungünstigen Prognosefaktoren zu einer hohen Ansprechrate führen. Auch diese Medikamente können als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Substanzen eingesetzt werden. Als Kombinationspartner für Bortezomib und Lenalidomid empfiehlt sich in erster Linie Dexamethason. Mit der Kombination von Bortezomib und Melphalan-Prednison, sowie von Lenalidomid und Melphalan-Prednison konnten Ansprechraten von mehr als 90% bei nicht vorbehandelten Personen erreicht werden. Zusammenfassung Durch die nun routinemäßig eingesetzte Transplantation, besonders aber durch die Einführung der neuen Substanzen Thalidomid und im Besonderen von Bortezomib und Lenalidomid ist es zu einer wesentlichen Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten beim multiplen Myelom gekommen. Gegenwärtig befinden sich zahlreiche neue Substanzen in klinischer Erprobung. Es ist damit zu rechnen, dass in den nächsten Jahren weitere Medikamente für die erfolgreiche Behandlung zur Verfügung stehen werden, sodass der Wunsch, die früher schwierig zu behandelnde Erkrankung in ein chronisches Krankheitsbild überzuführen, in greifbare Nähe gerückt ist.

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Dr. Viktoria Odelga Med. Universität Wien Univ. Klinik für Innere Medizin I Klinische Abteilung für Onkologie Währinger Gürtel 18-20 1090 Wien

Morbus Waldenström – Immunozytom

Morbus Waldenström ist definitionsgemäß eine chronische lympho-plasmo-proliferative Erkrankung. Sie verläuft langsam, lange asymptomatisch und wird häufig im Zuge einer Blutbildkontrolle entdeckt. Es handelt sich hierbei um eine eher seltene Krankheit, jährlich treten pro 1 Million Menschen weltweit durchschnittlich 3 neue Fälle auf, wobei Männer etwas häufiger betroffen sind als Frauen. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt in etwa bei 65 Jahren. Die Ursache des Immunocytoms ist nicht bekannt, es gibt aber bestimmte genetische Veränderungen, die bei fast allen Patienten nachweisbar sind und auch das gehäufte familiäre Auftreten erklären. Ausgangspunkt für die Erkrankung sind die so genannten B-Lymphozyten (sie gehören zu den weißen Blutkörperchen, welche im Zuge der Blutbildung im Knochenmark entstehen und an der Infektabwehr beteiligt sind). Eine bösartig veränderte B-Zelle beginnt sich im Knochenmark zu vermehren, die so entstandenen Zellen wandern ins Blutgefäßsystem, wandeln sich in plasmozytoide B-Lymphozyten um und produzieren Antikörper vom IgM-Typ, die im Blut nachweisbar sind. Die Symptome der Erkrankung werden einerseits durch die Überflutung des Knochenmarks mit malignen Zellen (hierdurch wird die normale Blutbildung beeinträchtigt) und andererseits durch das Auftreten des IgM-Proteins im Blut und deren Ablagerung in verschiedenen Organen hervorgerufen. Zu den Symptomen gehören vor allem Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Leistungs-minderung durch Mangel an roten Blutkörperchen (=Anämie), sowie eine erhöhte Blutungsneigung durch Reduktion der Funktion der Blutplättchen. Durch Tumorinfiltration bedingte Krankheitssymptome sind Vergrößerung von Milz, Leber und Lymphknoten wie auch Schädigung von Herz, Nieren und Nerven mit dadurch bedingtem schleichendem Funktionsverlust. Daneben finden sich noch Allgemein-symptome wie Fieber, vermehrtes nächtliches Schwitzen und Gewichtsverlust sowie selten auch Sehstörungen, Kopfschmerzen und Schwindel. Zur Diagnosefindung gehört die Überprüfung verschiedener Blutparameter wie eine stark erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit und eine Erhöhung von ß2-Mikroglobulin (=Protein, welches als Verlaufsparameter verwendet wird und auch von prognostischer Bedeutung ist). Das IgM-Protein wird mittels Immunelektrophorese nachgewiesen. Zur definitiven

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Bestätigung der Erkrankung wird eine Knochenmarkspunktion durchgeführt. Diese dient dem direkten mikroskopischen Nachweis der Tumorzellen. Die Ausbreitung der Erkrankung im Körper des Patienten dokumentiert man am besten durch bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Röntgen oder Computertomographie. Die Therapie von Morbus Waldenström ist patienten- und symptomabhängig. Bei Patienten, die keine Symptome zeigen, ist es ausreichend, in regelmäßigen Abständen Blutbildkontrollen durchzuführen. Treten allerdings Symptome auf, stehen verschieden Therapiemöglichkeiten zu Verfügung. Dazu zählt eine Chemotherapie, meist mit Alkylantien wie Chlorambucil (Leukeran®), Cyclophosphamid (Endoxan®) und Melphalan (Alkeran®) oder Purinanaloga wie Fludarabin (Fludara®) sowie eine Therapie mit monoklonalen Antikörpern wie Rituximab (Mabthera®). Auch Kombinationen von Chemotherapie und Antikörpern sind möglich. Zu den neueren Substanzen mit gutem Therapieerfolg zählt der Proteasomen-Inhibitor Bortezomib (Velcade®) und Lenalidomid (Revlimid®). Patienten mit hohem IgM-Protein im Blut profitieren sehr von einer Plasmapherese (Entfernen des Proteins durch Filtern des Blutes). Schließlich gibt es auch noch die Möglichkeit eine Stammzelltransplantation, diese wird allerdings nur bei jüngeren Patienten durchgeführt. Ziel einer Therapie ist das Erreichen einer kompletten Remission (CR = Krankheitsstillstand) mit Rückerlangen einer guten Lebensqualität und Verlängerung der Lebenserwartung.

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Ass. Dr. Gudrun Pohl Wilhelminenspital Wien 1. Med. Abteilung – Zentrum für Onkologie und Hämatologie Montleartstraße 37 1160 Wien

Morbus Hodgkin

Der Morbus Hodgkin (sprich: Hodschkin) ist eine bösartige (maligne) Erkrankung des Lymphsystems und wird auch als „Lymphdrüsenkrebs“ bezeichnet. Das Wort Morbus bedeutet auf lateinisch Krankheit. Diese Krankheit wurde nach dem englischen Arzt Thomas Hodgkin benannt, der sie im Jahr 1832 erstmals beschrieb. Biologie: Das Lymphsystem des Menschen ist im ganzen Körper verteilt. Es besteht aus Lymphgefäßen, die sich, ähnlich wie die Blutgefäße, im gesamten Körper verzweigen. Die Lymphgefäße münden in kleine, bohnenförmige Organe, die sogenannten Lymphknoten. Diese sind an bestimmten Orten im Körper lokalisiert, zum Beispiel in den Achseln, in den Leisten oder aber auch im Bauchraum und Brustkorb. Die Lymphknoten beherbergen Lymphozyten, die Abwehrzellen des Körpers. Es gibt B und T-Lymphozyten, die jeweils spezielle Aufgaben zugeteilt bekommen. Da sich im gesamten Körper Lymphgewebe befindet, kann sich der Morbus Hodgkin auch überall ausbilden. Der Morbus Hodgkin zählt zu den sogenannten Lymphomen. Bei den Lymphomen kommt es zu einer malignen (bösartigen) klonalen Proliferation von Lymphozyten. Klonal bedeutet, dass von einer Ursprungstumorzelle Millionen von Kopien angefertigt werden, die dann auch wieder alle die Möglichkeit besitzen, sich unendlich zu teilen und deswegen das normale Körpergewebe verdrängen. Die Lymphome werden in zwei Hauptgruppen unterteilt: Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphome. Für den Morbus Hodgkin typisch sind sogenannte ein- und mehrkernige Hodgkin- und Reed-Sternberg-Riesenzellen. Die Riesenzellen sind die eigentlich bösartig wachsenden Zellen des Hodgkin-Lymphoms. Sie machen aber nur einen kleinen Teil des Lymphoms aus, der Rest sind andere Lymphozyten oder Zellen des Blutes wie auch Bindegewebszellen (Fibroblasten). Die Vorläuferzellen für die Hodgkin- und Reed-Sternberg-Zellen sind B-Lymphozyten. Auch beim Non-Hodgkin-Lymphom kommt es zur klonalen Vermehrung von Lymphozyten, entweder B- oder T-Lymphozyten. Das Bild sieht unter dem Mikroskop aber anders aus, und auch die Behandlung ist eine andere, sie erfolgt mit einer anderen Chemotherapie. Wieso ein M. Hodgkin entsteht, ist bislang unbekannt. Untersuchungen haben ergeben, dass oft Menschen in ärmeren Bevölkerungsschichten daran erkranken. Über die Ursachen wird viel spekuliert, Zusammenhänge könnten mit dem sogenannten Epstein-Barr-Virus bestehen. Dieses führt zum Pfeifferschen Drüsenfieber, eine fieberhafte Erkrankung mit Lymphknotenschwellung. Diagnose: Die Patienten bemerken oft schmerzlos vergrößerte Lymphknotenpakete an verschiedenen Stellen des Körpers, meistens im Halsbereich (60%), aber auch an

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anderen Stellen wie zum Beispiel dem Brustkorb (30%), der Achselhöhle (20%), den Leistenbeugen (15%) oder dem Bauchraum (15%), oft auch an mehreren Stellen gleichzeitig. Befinden sich die vergrößerten Lymphknoten im Brustkorb, haben die Patienten oft einen lästigen Reizhusten. Früher hat man oft den typischen „Alkoholschmerz“ beschrieben, hier schmerzen den Patienten nach Alkoholgenuss die Lymphknoten. Bei einem Drittel der Patienten kommt es bereits vor Diagnosestellung auch zum Auftreten von Allgemeinsymptomen wie Schwäche, Juckreiz, Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust. Die letzten drei Symptome nennt man auch „B-Symptomatik“. Be Verdacht auf Morbus Hodgkin muß zur Sicherung der Diagnose eine Probe aus den vergrößerten Lymphknoten entnommen werden. Das kann mit lokaler Betäubung oder aber auch in Narkose erfolgen. Besser ist es, ein großes Gewebestück zur Analyse zu gewinnen, je kleiner umso weniger aussagekräftig ist ein negativer Befund. Erst durch die Gewebeprobe (Biopsie) kann unter dem Mikroskop die Diagnose Morbus Hodgkin gestellt werden. Staging: Um festzustellen, wie sehr sich der M. Hodgkin ausgebreitet hat, sind vor beginn der Therapie einige Durchuntersuchungen nötig, die man als „Staging“ bezeichnet. Dazu gehören unter anderem eine Knochenmarksbiopsie, verschiedene Röntgenuntersuchungen) (Lungenröntgen, Computertomografie von Lunge und Bauch, Ultraschalluntersuchengen von Lymphknotenstationen und eine nuklearmedizinische Untersuchung). Je nachdem wie viele Lymphknotenstationen betroffen sind, teilt man den M. Hodgkin in 4 Stadien ein:

• Stadium I: Befall eines einzigen Lymphknoten • Stadium II: Befall von zwei oder mehr Lymphkontenregionen auf einer Seite

des Zwerchfells

• Stadium III Befall von zwei oder mehr Lymphkontenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells

• Stadium IV: ausgedehnter Befall eines Organs außerhalb des Lymphsystems Prognose: Die Prognose des M. Hodgkin ist an und für sich gut, auch in fortgeschrittenen Stadien können die meisten Patienten geheilt werden. Therapie: Je nachdem welches Stadium vorliegt, erhalten die Patienten eine Kombination aus Strahlentherapie und Chemotherapie. Bei der Strahlentherapie werden hochenergetische Röntgenstrahlen zum Abtöten von Krebszellen auf die befallenen Stellen verabreicht. Bei der Chemotherapie werden Medikamente in Form von Tabletten oder Infusionen dem

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Körper zugeführt und sollen somit im ganzen Körper verteilt werden und die Tumorzellen vernichten. Beim Morbus Hodgkin erfolgt meist eine Kombination aus Chemo- und Strahlentherapie. Diese Erkrankung spricht ausgezeichnet auf diese Behandlung an. Deswegen und auch, weil die Heilungschancen sehr gut sind, sollte man immer versuchen, die Therapie zeitgerecht zu verabreichen und Nebenwirkungen schon im Vorfeld zu bekämpfen. Rezidiv: Auch wenn der Lymphdrüsenkrebs nach einiger Zeit zurückkehrt, gibt es noch genügend Therapiemöglichkeiten, um den Tumor zu besiegen. Im Rezidiv (Wiederauftreten des Tumors) wird auch eine Knochenmarkstransplantation durchgeführt. Zusammenfassend ist der M. Hodgkin eine bösartige Erkrankung des Lymphgewebes, für deren Entstehung es noch keine Erklärung gibt, die aber durch Chemo- und Strahlentherapie heutzutage in den meisten Fällen geheilt werden kann.

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ASS Dr. Andrea Steiner Paracelsus Univ. Salzburg Onkologie Müllner Hauptstraße 48 5020 Salzburg

Behandlungen von Nebenwirkungen von Lymphomen (insbesondere Schmerzen, Anämie und Fatigue)

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Univ. Prof. Dr. Johannes Drach Medizinische Universität Wien Univ. Klinik für Innere Medizin I Klinische Abteilung für Onkologie Währinger Gürtel 18-20 A-1090 Wien

Was sind Klinische Studien? Chancen und Risken

Forschungsprogramme, an welchen Patientinnen oder Patienten teilnehmen, nennt man klinische Studien. Sie dienen dazu, die Behandlung und Betreuung von Krebspatienten besser zu verstehen und entsprechend zu entwickeln. Was ist eine klinische Studie? Die Erkenntnisse in der Medizin und in der klinischen Krebsforschung werden anhand von Untersuchungen (klinische Forschung) am Patienten gewonnen. Die angewandte, klinische Forschung unterscheidet sich von der Grundlagenforschung, das heisst von der Forschung im Labor und im Tiermodell. Der Wille, die Betreuung und Behandlung von Krebspatienten besser zu verstehen, zu verbessern und damit den betroffenen Menschen zu helfen, steht dabei an erster Stelle. Bevor eine neue Behandlungsmethode am Menschen untersucht wird, muss sie auf sorgfältigste Weise im Labor getestet werden. Einerseits wird damit gewährleistet, dass wirklich nur erfolgsversprechende Behandlungen geprüft werden, anderseits, dass deren Einsatz möglichst wirksam und gefahrlos erfolgt. Nach dieser Phase muss aber eine Therapie auch am Menschen getestet werden. Selbst ein einfaches Medikament wie das Aspirin musste zuerst im Labor geprüft und später mit Hilfe von klinischen Studien an Patienten erprobt werden. Welches sind die häufigsten klinischen Studien? Phase-I-Studie:

• Dies ist die erste Anwendung eines neuen Medikaments am Menschen. In der Krebsmedizin wird meist nur an Krebspatienten geprüft, denen alle bewährten Behandlungsmöglichkeiten nicht geholfen haben (in anderen medizinischen Bereichen wird an freiwilligen Gesunden getestet). Geprüft wird die Verträglichkeit des Arzneimittels, in welcher Dosierung es wie wirkt und wie es im Körper chemisch reagiert (Aufnahme, Abbau und Ausscheidung).

• Etwa 50-200 Patienten müssen dafür beobachtet werden. • Diese Phase dauert 1-2 Jahre.

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Phase-II-Studie: • Ziel der Untersuchung ist es, herauszufinden, wie wirksam die neue Substanz ist, in

welcher Dosierung sie am besten wirkt und wie verträglich sie ist. • Beobachtet werden etwa 100 - 500 Patienten. • Eine Phase-II-Studie dauert etwa 2-3 Jahre.

Phase-III-Studie:

• In dieser Untersuchung soll der Nachweis der Wirksamkeit der neuen Substanz erbracht werden. Ihre Nebenwirkungen werden dokumentiert. Die Substanz wird mit einem Scheinmedikament (Placebo) oder bereits bewährten Medikamenten verglichen. In der Krebsmedizin werden in Studien nur selten Scheinmedikamente eingesetzt.

• Der Vergleich erfolgt meist "randomisiert", d. h. der Zufall entscheidet, welcher Patient das neue und welcher das Vergleichsmedikament oder ein Scheinmedikament erhält. Patienten mit vergleichbaren Merkmalen in vergleichbaren Krankheitssituationen werden dabei auf zwei oder mehr Gruppen verteilt: Eine erhält das neue Medikament, eine andere das bereits etablierte oder das Scheinmedikament (Placebo).

• Erst nach erfolgreichem Abschluss der Phase-III-Prüfung kann ein Pharma-unternehmen einen Antrag auf Zulassung der geprüften Substanz oder Heil-methode stellen.

• Mehrere Hundert Patienten sind notwendig. Diese werden nach vorab festgelegten so genannten Ein- und Ausschlusskriterien ausgewählt.

• Eine Phase-III-Studie dauert 2-4 Jahre. Phase-IV-Studie:

• Es handelt sich um eine Studie nach der Zulassung, d. h. das Medikament ist bereits auf dem Markt.

• Es geht darum, den Langzeiteffekt der Substanz oder Heilmethode zu beobachten, um Verträglichkeit und Nebenwirkungen, aber auch Wechselwirkungen mit anderen gleichzeitig eingenommenen Medikamenten noch besser einschätzen zu können.

• Diese Untersuchungen finden an bis zu 10 000 Patienten statt. Welche Vorteile kann eine Teilnahme bieten? Es gibt viele Gründe, weshalb Patienten an klinischen Studien teilnehmen. Der wichtigste ist sicherlich die Hoffnung auf eine erfolgreiche Behandlung. Entgegen der allgemeinen Meinung der "Versuchskaninchengefahr" ergeben sich für Studienpatienten folgende Vorteile:

• Klinische Studien werden von ethischen und wissenschaftlichen Kommissionen auf ihre Korrektheit hin geprüft.

• Patienten in klinischen Studien werden besonders umfassend, intensiv und kontinuierlich über Behandlungen und Alternativen informiert. Die Information ist eine unabdingbare Voraussetzung zur Durchführung einer Studie.

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• Patienten in klinischen Studien profitieren vom neuesten Stand der Wissenschaft und zwar bevor die Erkenntnisse in einem größeren Rahmen zur Verfügung stehen.

• Alle Patienten in Studien werden besonders sorgfältig überwacht und nach Beendigung der Studie werter begleitet.

• Klinische Studien gewährleisten eine qualitativ hoch stehende Durchführung und Bewertung der Behandlung

• Klinische Krebsforschung erweitert und vertieft allgemein die Erkenntnisse für die Behandlung zukünftiger Patienten. Als Patient begehen Sie mit einer Studienteilnahme einen Solidaritätsakt. Die klinische Forschung kommt über die Landesgrenzen hinaus zum Tragen. Erfahrungen und Erkenntnisse in den mannigfaltigen Spezialitäten der Krebsmedizin werden weltweit untereinander ausgetauscht. Als Patient profitieren Sie dadurch vom weltweit vorhandenen Fachwissen.

Gibt es Nachteile bei der Teilnahme an einer klinischen Studie? Im Rahmen der Behandlungen - auch außerhalb einer klinischen Studie - können Nebenwirkungen oder andere Probleme auftreten. Diese hängen von der Therapie-maßnahme und vom gesundheitlichen Zustand des Erkrankten ab, sie treten unterschiedlich bei den einzelnen Patienten auf. Die meisten zu erwartenden Nebenwirkungen sind vorübergehender Natur und verschwinden nach Beendigung der Therapie. Gut bekannt sind zum Beispiel Haarverlust und Übelkeit bei bestimmten Medikamenten und Hautrötungen bei der Strahlentherapie. Bei bestimmten Behandlungen kann es auch Spätfolgen geben; diese können lange nach Behandlungsabschluss auftreten und beziehen sich oftmals auf ein spezifisches Organ. Die Ärzte und Forscher sind sich dessen bewusst, ihre Aufmerksamkeit richtet sich deswegen auch darauf, Spätfolgen vorzubeugen. Wichtige Fragen über klinische Studien Falls Sie in Betracht ziehen, an einer klinischen Studie teilzunehmen, gibt es für Sie einige Schlüsselfragen, die Ihnen helfen können eine Studie genauer zu beurteilen:

• Was ist das Ziel? • Welche Behandlungen werden in der Studie geprüft? Welche Untersuchungen

muss ich in Kauf nehmen? • Was geschieht mit meiner Krebserkrankung mit oder ohne diese neue Behandlung? • Was geschieht mit mir, wenn ich auf die neue Behandlung nicht anspreche? • Welche Alternativen habe ich, welches sind ihre Vor- und Nachteile? • Wie lange dauert die Studie? Muss ich zusätzliche Zeit investieren? • Muss ich mit einem Spitalaufenthalt rechnen? Falls ja, wie oft und wie lange? • Wie werde ich durch die Studie in meinem Alltag beeinträchtigt? Welche

Gegenmaßnahmen werden getroffen? • Welche Nachsorgeuntersuchungen werden folgen? • Was geschieht mit den Studiendaten, wohin gelangen die Informationen? • Welches sind die Kontaktpersonen, an wen wende ich mich falls...

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Erfüllen Sie die Auswahlkriterien zur Teilnahme an einer klinischen Studie? Jede Studie richtet sich an Patienten mit bestimmten Merkmalen, wie Typ der Krebserkrankung, Krankheitsausdehnung und gut definiertem Gesundheitszustand. Bevor entschieden werden kann, ob Sie im Rahmen einer klinischen Studie behandelt werden können oder nicht, müssen sorgfältige Untersuchungen durchgeführt werden, die diese Merkmale genau bestimmen:

• Diagnose und Ausdehnung der Krankheit (Staging) • allgemeiner Gesundheitszustand • Funktion der Organe (Nieren, Leber, Herz, Lunge...) • andere Krankheiten, bzw. benötigte Medikamente

Aufklärung und Einwilligung Die Einwilligung zur Studie erfordert, dass die Patientin/der Patient auf verständliche Weise über den Inhalt der Studie, deren Durchführung und Bedeutung informiert wurde und anhand dieses Wissens frei entscheiden kann, daran teilzunehmen oder nicht. Die Aufklärungsarbeit ist Sache des zuständigen Arztes. Sie erhalten zusätzlich schriftliche Erklärungen, lesen Sie diese aufmerksam durch und bewahren Sie sie sorgfältig auf. Fragen Sie so viel und so oft Sie das Bedürfnis danach haben. Ob Sie sich für oder gegen eine Teilnahme entscheiden wird sich auf die Qualität Ihrer weiteren Behandlung und Betreuung nicht auswirken. Die Erklärungen über die Behandlung und über die Studie sind natürlich nicht nur auf die Startphase begrenzt. Sie werden laufend neue Informationen erhalten, die gegebenenfalls Ihre weitere Teilnahme beeinflussen könnten. Mit der Einwilligung wird Ihre Entscheidungsfreiheit nicht eingeschränkt: Sie haben das Recht, Ihre Studienteilnahme zu jedem Zeitpunkt abzubrechen. Was bedeutet es, Teilnehmer einer klinischen Studie zu sein? Ob im Rahmen einer klinischen Studie oder nicht, werden Patienten heutzutage mit einer Reihe neuer Begriffe und Abläufe konfrontiert. Für viele tauchen beim Begriff "klinische Studien" Assoziationen wie "Versuchskaninchen" auf. Es ist offensichtlich das Unbekannte, Fremde, "Unverstandene", welches diese Angst auslöst. Wenn Sie verstehen, was eine klinische Studie beinhaltet, hilft das, Ihre Ängste abzubauen. Patienten in einer klinischen Studie werden nicht von anderen Patienten abgesondert, sie werden ebenfalls in onkologischen Zentren behandelt. In einer Studie wird Ihr Gesundheitszustand genau überwacht und dokumentiert. Möglicherweise werden mehr Untersuchungen und Tests ausgeführt als die übliche Routine verlangt. Dies geschieht, um den Krankheitsverlauf genau zu beobachten und um möglichst vollständige Antworten zu der in der Studie gestellten wissenschaftlichen Fragen zu erlangen. Der Arzt, der Sie während der klinischen Studie betreut, verpflichtet sich, Sie sorgfältig nach Studienplan zu behandeln und zu überwachen sowie die entsprechenden ethischen und rechtlichen Anforderungen genau zu befolgen. Als Studienteilnehmer werden Sie aber auch ein Stück weit Verantwortung mittragen. Sie müssen sich an einen Studienplan halten, Untersuchungen durchführen lassen, evtl. Fragebögen ausfüllen. Mit Ihrer Teilnahme übernehmen Sie eine wichtige Rolle für die Gesellschaft von heute, vor allem aber für die zukünftige.

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Können Sie jederzeit verlangen, die Teilnahme an der Studie zu beenden? Mit der gleichen Selbstverständlichkeit, wie Sie ihre Teilnahme verweigern können, ist es Ihr Recht, zu jedem Zeitpunkt auszusteigen. Ihr individuelles Recht zur Selbstbestimmung wird immer respektiert - ungeachtet der Tatsache, ob Sie Studienpatient sind oder nicht. Ein einstweilen gegebenes Einverständnis zur Teilnahme bedeutet nicht, bis zum Schluss der Studie mitmachen zu müssen. Vergessen Sie nicht, immer wieder Fragen zu stellen und Unklarheiten zu beseitigen. Falls Sie beschliessen aus der Studie auszusteigen, werden Alternativen mit Ihnen besprochen und die weitere Behandlung ist selbstverständlich. Sie erfahren für ihre Entscheidung keinen Nachteil! Wie werden klinische Studien geführt - Ablauf einer klinischen Studie Der zuständige Arzt muss die Studienbehandlung auf sorgfältigste Weise nach einem vorgeschriebenen Plan, einem sog. "Protokoll", durchführen. Darin wird genau beschrieben, was auf welche Weise getan werden muss und weshalb. Die Studien sind so geplant, dass sie mögliche Vorteile der Patienten auf ein Maximum erhöhen und die möglichen Risiken auf ein Minimum reduzieren, gleichzeitig müssen bedeutsame Forschungsfragen beantwortet werden können. Die meisten Studien untersuchen eine Behandlungsmethode in einer Patientengruppe. Dabei kann es um die Ermittlung der korrekten Dosierung des Medikamentes (bzw. der Behandlungsmaßnahme) gehen oder um die Ermittlung der Wirksamkeit einer bestimmten Therapie für eine Patientengruppe. Andere Studien untersuchen zwei oder mehrere mögliche Behandlungen. Normalerweise wird in diesen Studien die "Standardbehandlung" (die beste, für eine bestimmte Krankheitssituation, momentan zur Verfügung stehende) mit einer oder mehreren "experimentellen" Therapien (neue wirksame Medikamente oder Behandlungsmaßnahmen) verglichen. Für bestimmte Tumoren oder in bestimmten Situationen steht heute noch keine Standardtherapie zur Verfügung. In diesen Fällen erhält eine Patientengruppe z.B. das neue Heilmittel, die andere Gruppe keines (Placebo). Es wird jedoch keinem Patienten eine Behandlung, in diesem Falle ein Medikament, vorenthalten, von dem bewiesen ist, dass es wirksam ist. Damit sich Studienresultate als eindeutig und unvoreingenommen erweisen, werden die Patienten nach dem Zufallsprinzip einer der verschiedenen Behandlungsgruppen zugeteilt. Dieses Verfahren nennt man auch "Randomisation". Es ist wichtig festzuhalten, dass die Ärzte und Pflegepersonen dabei nicht wissen, ob eine der Studienbehandlungen die bessere ist.