mikrowellen-plasmabrenner bei atmosphärendruck : entwicklung und charakterisierung eines...

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V I P Dezember 2011 Vol. 23 Nr. 6 DOI:10.1002/vipr.201100475 © 2011 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 6 ViP Mikrowellen-Plasmabrenner bei Atmosphärendruck Entwicklung und Charakterisierung eines mikrowellengestützten Atmosphärendruck- Plasmabrennersystems Andreas Schulz, Martina Leins, Jochen Kopecki, Matthias Walker, Ulrich Stroth Die Entwicklung des Mikrowellen- Plasmabrenners zeigt, dass eine Kombination von zwei Resonatoren zielführend für eine zuverlässige Zün- dung unter Atmosphärendruck und einen stabilen Dauerbetrieb mit hohen Leistungen ist. Durch den koaxialen Bereich kann ein angepasstes Gasma- nagement mit Hüllströmungen und guter Durchmischung erzeugt werden. Die spektroskopische Untersuchung des Brenners gibt Aufschluss über die räumliche Temperaturverteilung im Plasma. Dazu wird die Verteilung der OH-Rotations-Schwingungsbande mit hoher spektroskopischer Auflösung sichtliniengemittelt aufgenommen. Bei einem Luftplasma wird eine kon- stante Gastemperatur von 3600 K im Kern ermittelt. Sie ist unabhängig von den äußeren Parametern, wie Mikro- wellenleistung oder Gasfluss. Einzig das Plasmavolumen passt sich an, um den Energieinhalt konstant zu halten. ZUSAMMENFASSUNG ABBILDUNG 1: Oberflächenaktivierung eines Stahl-Schwerlastankers mit einem Atmosphärendruck- Mikrowellen-Plasmabrenner zur Haftverbesserung für einen Korrosionsschutzüberzug. Einleitung Oberflächentechnologien erobern zu- nehmend die letzten Winkel der Mate- rialwissenschaften. Durch Hinzufügen von neuen Oberflächeneigenschaften auf den herkömmlichen Materialien erweitern sie die Palette der verfüg- baren Materialien oder ermöglichen sogar neuartige Produktionsweisen. Die Oberflächentechnologie mit dem größten Innovationspotential ist die Plasmatechnologie. Sie besitzt zudem eine Ressourcen- und Energieeffizienz, die eine umweltschonende Produktion erlaubt. Normalerweise ist ein Plasmapro- zess in einem Vakuum einfacher zu betreiben, da das extreme thermody- namische Nichtgleichgewicht für kalte, aber reaktive Plasmen mit großer freier Weglänge für beste Oberflächenquali- täten sorgt, aber in vielen industriellen Prozessen ist es oft nicht möglich, einen Vakuumprozess zu integrieren. Vor al- lem die weitverbreitete Inline-Prozess- führung erlaubt nur in seltenen Fällen einen Vakuumprozess. Atmosphären- druckplasmen sind – wenn sie nicht als dielektrisch behinderte Entladung be- trieben werden – durch die hohen Stoß- frequenzen nahe dem thermodyna- mischen Gleichgewicht. Das heißt, sie besitzen eine hohe Elektronentempera- tur, die bei etwa 1 eV liegt, was 11.000 K entspricht, wie sie sich auch bei den vielen Niederdruckplasmen einstellt. Die Gastemperatur liegt nur wenig da- runter. Sie hängt hauptsächlich von dem Energietransfer durch Stöße von den Elektronen zu den schweren Gas- teilchen ab und wird von der Gasart und der Wechselwirkungszeit bestimmt. Mikrowellen liegen in einem Fre- quenzbereich, der von 0,3 bis 300 GHz reicht, was Wellenlängen von 1 m bis 1 mm entspricht. Die bekannte ISM-Fre- quenz 2,45 GHz besitzt eine Wellenlänge von 12,2 cm und eignet sich deswegen hervorragend für die Übertragung mit- tels kompakter Hohlleitersysteme, die sich einfach in Anlagenkonzepte inte- grieren lassen. Der große Vorteil dieser elektromagnetischen Energieform ist die berührungslose Einstrahlung in Re- aktorsysteme zum Betrieb von heißen Plasmen bei Atmosphärendruck ohne den Einsatz von Elektroden und ohne den Kontakt zu Wandmaterialien. Entwicklung eines Mikrowellenbrenners Die typischen Mikrowellenleistungen von wenigen Kilowatt besitzen eine ma- ximale Feldstärke bis 200 V/m, was nicht für eine Plasmazündung ausreicht, da bei Atmosphärendruck die Durch- schlagsspannung einige MV/m beträgt. Diese Hürde kann man jedoch über ein Resonatorprinzip überwinden und man

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Dezember 2011 Vol. 23 Nr. 6 DOI:10.1002/vipr.201100475 © 2011 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 6 ViP

Mikrowellen-Plasmabrenner bei AtmosphärendruckEntwicklung und Charakterisierung eines mikrowellengestützten Atmosphärendruck-Plasmabrennersystems

Andreas Schulz, Martina Leins, Jochen Kopecki, Matthias Walker, Ulrich Stroth

Die Entwicklung des Mikrowellen-Plasmabrenners zeigt, dass eine Kombination von zwei Resonatoren zielführend für eine zuverlässige Zün-dung unter Atmosphärendruck und einen stabilen Dauerbetrieb mit hohen Leistungen ist. Durch den koaxialen Bereich kann ein angepasstes Gasma-nagement mit Hüllströmungen und guter Durchmischung erzeugt werden. Die spektroskopische Untersuchung des Brenners gibt Aufschluss über die

räumliche Temperaturverteilung im Plasma. Dazu wird die Verteilung der OH-Rotations-Schwingungsbande mit hoher spektroskopischer Auflösung sichtliniengemittelt aufgenommen. Bei einem Luftplasma wird eine kon-stante Gastemperatur von 3600 K im Kern ermittelt. Sie ist unabhängig von den äußeren Parametern, wie Mikro-wellenleistung oder Gasfluss. Einzig das Plasmavolumen passt sich an, um den Energieinhalt konstant zu halten.

ZUSAMMENfASSUNG

Abbildung 1: Oberflächenaktivierung eines Stahl-Schwerlastankers mit einem Atmosphärendruck-Mikrowellen-Plasmabrenner zur Haftverbesserung für einen Korrosionsschutzüberzug.

EinleitungOberflächentechnologien erobern zu-nehmend die letzten Winkel der Mate-rialwissenschaften. Durch Hinzufügen von neuen Oberflächeneigenschaften auf den herkömmlichen Materialien erweitern sie die Palette der verfüg-baren Materialien oder ermöglichen sogar neuartige Produktionsweisen. Die Oberflächentechnologie mit dem größten Innovationspotential ist die Plasmatechnologie. Sie besitzt zudem eine Ressourcen- und Energieeffizienz, die eine umweltschonende Produktion erlaubt.

Normalerweise ist ein Plasmapro-zess in einem Vakuum einfacher zu betreiben, da das extreme thermody-namische Nichtgleichgewicht für kalte, aber reaktive Plasmen mit großer freier Weglänge für beste Oberflächenquali-täten sorgt, aber in vielen industriellen Prozessen ist es oft nicht möglich, einen Vakuumprozess zu integrieren. Vor al-lem die weitverbreitete Inline-Prozess-führung erlaubt nur in seltenen fällen einen Vakuumprozess. Atmosphären-druckplasmen sind – wenn sie nicht als dielektrisch behinderte Entladung be-trieben werden – durch die hohen Stoß-frequenzen nahe dem thermodyna-mischen Gleichgewicht. Das heißt, sie besitzen eine hohe Elektronentempera-tur, die bei etwa 1 eV liegt, was 11.000 K entspricht, wie sie sich auch bei den vielen Niederdruckplasmen einstellt. Die Gastemperatur liegt nur wenig da-runter. Sie hängt hauptsächlich von dem Energietransfer durch Stöße von den Elektronen zu den schweren Gas-teilchen ab und wird von der Gasart und der Wechselwirkungszeit bestimmt.

Mikrowellen liegen in einem fre-quenzbereich, der von 0,3 bis 300 GHz reicht, was Wellenlängen von 1 m bis 1 mm entspricht. Die bekannte ISM-fre-quenz 2,45 GHz besitzt eine Wellenlänge

von 12,2 cm und eignet sich deswegen hervorragend für die Übertragung mit-tels kompakter Hohlleitersysteme, die sich einfach in Anlagenkonzepte inte-grieren lassen. Der große Vorteil dieser elektromagnetischen Energieform ist die berührungslose Einstrahlung in Re-aktorsysteme zum Betrieb von heißen Plasmen bei Atmosphärendruck ohne den Einsatz von Elektroden und ohne den Kontakt zu Wandmaterialien.

Entwicklung eines Mikrowellenbrenners

Die typischen Mikrowellenleistungen von wenigen Kilowatt besitzen eine ma-ximale feldstärke bis 200 V/m, was nicht für eine Plasmazündung ausreicht, da bei Atmosphärendruck die Durch-schlagsspannung einige MV/m beträgt. Diese Hürde kann man jedoch über ein Resonatorprinzip überwinden und man

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PLASMATECHNOLOGIE

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Abbildung 2: Schematische Darstellung der Funktionsweise des Mikrowellenbrenner sys-tems. In ein Resonatorsystem (grauer Quader) wird die Mikrowellenenergie eingekoppelt und zündet dort das Arbeitsgas, welches als Plasma aus dem Resonator ausgeblasen wird.

Microwave Plasma Torch at Atmospheric Pressure

The development of the microwave plasma torch shows that a combina-tion of two resonators is targeting for a reliable ignition under atmosphe-ric pressure and stable continuous operation at high power conditions. An adapted gas management with jacket flow and good mixing can be produced by the coaxial design. The spectroscopic investigation of the torch gives information about the spatial temperature distribution in the plasma. The distribution of the OH-rotation-vibration band is observed in the line of sight with a high spectroscopic resolution. In an air plasma a constant core gas tem-perature of 3600 K is determined. It is independent of the outside para-meters, like microwave power or gas flow. Only the plasma volume adapts, in order to keep the energy content constant.

SUMMARY

gelangt zu einer ausreichenden Zünd-spannung. In Abb. 2 ist die funktions-weise des Brennersystems schematisch dargestellt. In ein Resonatorsystem, dargestellt als grauer Quader, wird die Mikrowellenenergie eingekoppelt und zündet dort das Arbeitsgas, welches als Plasma aus dem Resonator ausge-blasen wird. Je nach Anwendung kann das Plasma als frei zugängliches Plasma zur Oberflächenbehandlung eingesetzt werden oder in einen Reaktor für plas-machemische Reaktionen eingeleitet werden. Zusätzlich können, auf die Pro-zessbedingungen abgestimmt, weitere Komponenten, wie z. B. Trägergase oder flüssige sowie pulverförmige Präkurso-ren, hinzugefügt werden.

Die einfachste Resonatorgeomet-rie ist die des Zylinderresonators [1,2]. Wählt man die Dimensionen ausrei-chend klein, so ist nur eine Schwin-gungsmode des elektromagnetischen feldes, die E010-Mode, zulässig. In Abb. 3a ist die feldverteilung der E010-Mode in einem Zylinderresonator mit einem Radius von 50 mm und einer Höhe von 60 mm gezeigt. Die feldverteilung wurde mit der Simulationssoftware

COMSOL Multiphysics mittels der Ei-genmodenanalyse erstellt.

Aus dieser Eigenmodenanalyse folgt neben der feldverteilung die zugehö-rige Resonanzfrequenz, die in dieser Konfiguration bei 2,296 GHz liegt. Die Verteilung des elektrischen feldes zeigt die gewünschte form. In der Zylinder-achse liegt das feldmaximum und es ist entlang der Zylinderachse sehr ho-mogen ausgeprägt. Die Zündung des Plasmas wird exakt an der Zylinder-achse stattfinden. Um zu verhindern, dass das Plasma als Bogenentladung zurück zur Mikrowellenquelle läuft und diese zerstört, muss es in einem mikrowellentransparenten Behältnis eingeschlossen gehalten werden. Dazu eignen sich Glas-, Quarz- oder Keramik-rohre, die den Bereich der größten feld-stärke einschließen. Bevorzugt nimmt man Quarzrohre, da sie neben einer hervorragenden Temperaturstabilität in einem großen Wellenlängenbereich des elektromagnetischen Spektrums transparent sind. Somit erlauben sie die spektroskopische Untersuchung des heißen Plasmas. In Abb. 3b ist die feldver-

teilung mit einem zusätzlichen Quarz-rohr gezeigt. Das Quarzrohr besitzt ei-nen äußeren Durchmesser von 30 mm und eine Wandstärke von 2 mm. Wie es die farbkodierung zeigt, hat sich die feldstärke im Gegensatz zum ungestör-ten fall in Abb. 3a deutlich reduziert. Als weiteres Ergebnis folgt eine erniedrigte Resonanzfrequenz aus der Simulation. Beide Effekte werden durch das ein-gebrachte Quarzmaterial verursacht. Die dielektrischen Verluste im Material erniedrigen die erreichbare feldstärke. Da sich das Quarzrohr im Bereich hoher feldstärken befindet, sind die Verluste besonders gravierend. Der Brechungs-index des eingebrachten Materials ver-größert den optischen Durchmesser des Resonators. Dadurch passt eine grö-ßere Wellenlänge hinein, was sich in der Verschiebung der Resonanzfrequenz zu kleineren frequenzen zeigt.

Aus umfangreichen Eigenmoden-analysen des Resonatorkonzepts folgt, dass geringste Störungen des Resona-tors die Resonanzfrequenz drastisch verschieben.

Betrachtet man das Resonatorkon-zept, gibt es zwei zwingende Größen zu beachten, die entgegengesetzt zuei-nander sind: Zum einen die Güte G, die beschreibt, wie gut die felder in einem Resonator eingeschlossen werden kön-nen und zum anderen die Bandbreite B der Ankopplung an den Resonator. Es gilt: G = f0/B, wobei f0 die Mittenfrequenz der Bandbreite, also die Resonanzfre-quenz, ist. für eine Zündung des Plas-mas benötigt man eine hohe Güte, um die Zündfeldstärke zu überschreiten. Dazu muss aber die Resonanzfrequenz exakt auf die Mikrowellenfrequenz ab-gestimmt werden, da die Bandbreite für

Abbildung 3: Gezeigt sind die Feldverteilungen in einem Zylinderresonator. a) zeigt den unge-störten Resonator. b) zeigt die Feldverteilung mit einem zusätzlichen 30 mm Quarzrohr, in das das Plasma eingeschlossen werden soll.

a) b)

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der Mikrowelle bildet sich augenblick-lich eine feldüberhöhung an der In-nenleiterspitze des Koaxialresonators. Dadurch zündet dort ein kleines Start-plasma, welches sich durch die in den Zylinderresonator eingestrahlte Mikro-welle ausdehnt. Bereits nach 90 ms be-ginnt das Plasma sich von der koaxialen Mode im unteren Bereich zu lösen und wird in die Zylindermode übergeführt. Nach 145 ms befindet sich das Plasma, eingeschlossen durch das Quarzrohr, vollständig im Zylinderresonator. Von diesem Zeitpunkt an brennt das Plasma kontaktlos ausschließlich im Zylinder-resonator. Durch die breitbandige An-kopplung an das Hohlleitersystem wird die gesamte Mikrowellenleistung im Plasma absorbiert. Die Plasmadichte erhöht sich, bis das Maximum des Ener-gietransfers von den Elektronen auf die Schwerteilchen erreicht wird [1]. Nicht genutzte Mikrowellenleistung wird aus dem Zylinderresonator zurückre-flektiert und über einen Isolator in einer Wasserlast deponiert, um den Mikro-wellensender zu schützen. Wird dem Brennersystem Gas zugeführt, so wird das Plasma aus dem Glasrohr ausge-blasen und das zugeführte Gas muss unter steigendem Leistungsbedarf in den Plasmazustand versetzt werden. Dadurch ergibt sich in Abhängigkeit von der Gaszusammensetzung und der durchgesetzten Gasmenge ein Leis-tungsbedarf, der im Bereich von vielen 10 KW liegen kann. Je nach Konfigura-tion außerhalb des Resonators kann der Plasmabrenner als freistrahl betrieben werden, wie es in Abb. 1 zur Oberflächen-behandlung von Stahlbauteilen gezeigt ist, oder in einer Reaktionskammer, wie es Abb. 7 zeigt, für plasmaunterstützte Gaschemie.

Besondere Bedeutung des Koaxialresonators

Eine Resonatoranordnung, die dazu bestimmt ist, hohe feldstärken zu er-zeugen, muss durch die Bedingung der Schmalbandigkeit exakt auf die Anregungsfrequenz abgestimmt sein. Da Abweichungen bei der Produktion der Mikrowellensender eine Streuung der Sendefrequenzen zur folge hat, muss der Koaxialresonator abstimmbar sein. Die Resonanzfrequenz des λ/4-Koaxialresonators wird beim Brenner

eine entsprechend hohe Güte sehr klein sein muss.

Üblicherweise werden die kosten-günstigen Magnetronröhren als Mikro-wellenquellen eingesetzt. Sie besitzen eine schmalbandige Sendefrequenz, die aufgrund von fertigungstoleranzen stark von der Spezifikation abweichen kann. Zusätzlich weisen sie eine be-trächtliche frequenzverschiebung auf, die von der ausgekoppelten Leistung sowie dem Stehwellenverhältnis ab-hängt. für einen gegebenen Resonator muss deshalb ein aufwendiges Selekti-onsverfahren für eine geeignete Mikro-wellenquelle durchgeführt werden.

Als weiterer Nachteil ändert sich das

Verhalten des Brenners nach der Zün-dung komplett. Hat sich ein Plasma im Resonator gebildet, so muss nun über dieselbe schmalbandige Ankopplung die Betriebsleistung in den Brenner-raum einkoppeln, um den Plasmazu-stand aufrecht zu erhalten.

Diese Betrachtungen zeigen, dass ein simples Brennerkonzept, basierend auf einem Zylinderresonator, nicht geeignet ist. Jedoch eine trickreiche Anordnung von zwei separierten Re-sonatoren löst das Problem auf eine elegante Weise. In Abb. 4 ist das Plas-mabrennerkonzept mit zwei Kammern dargestellt. Die Mikrowellen werden über einen Rechteck-Hohlleiter direkt über die Mantelfläche in den Zylinder-resonator eingekoppelt.

Die Anbindung ist durch den großen Querschnitt des Hohlleiters optimal breitbandig. Dagegen ist die Güte des Resonators äußerst gering, so dass na-hezu keine felderhöhung zu erzielen ist. Das eingebrachte Quarzrohr hat deswegen so gut wie keine Auswirkung auf die feldverteilung im Zylinderreso-nator. Unterhalb des Zylinderresona-tors befindet sich ein Koaxialresonator mit der Länge λ/4. Der Innenleiter ragt nur wenige Millimeter in den Zylinder-resonator und koppelt auf diese Weise sehr schmalbandig an das Mikrowellen-feld an. Durch die hohe Güte des Reso-nators wird das Mikrowellenfeld über die Zündspannung resonant überhöht. Die feldverteilung eines koaxialen λ/4-Resonatores zeigt an der Spitze des Innenleiters die größte feldstärke, so dass dort das Plasma gezündet wird. Das erste Plasma an dem Innenleiter befindet sich aber schon innerhalb des Quarzrohres und wird augenblick-lich nach dem Zünden schon von dem Mi krowellenfeld aus dem Zylinderre-sonator gespeist. Die Abb. 5 zeigt das Zündverhalten. Mittels einer Hochge-schwindigkeitskamera wurde der Zünd-vorgang beobachtet [3]. Gezeigt ist jeweils der Ausschnitt vom Boden des Zylinderresonators, wo die Spitze des Innenleiters aus dem Koaxialresonator in den Zylinderresonator hinein ragt.

Zur Verdeutlichung wurden die Um-risse der Spitze sowie das Loch im Re-sonatorboden nachgezeichnet. Es ist zu beachten, dass sich das Plasma als Lichtreflex auf dem Resonatorboden widerspiegelt. Nach dem Einschalten

Abbildung 4: Das Plasmabrennerkonzept mit zwei Kammern ist schematisch dargestellt. Die Mikrowellen werden über einen Rechteck-Hohlleiter direkt in den Zylinderresonator eingekoppelt. Die Anbindung ist durch den großen Querschnitt des Hohlleiters optimal breitbandig und die Güte äußerst gering. Das einge-brachte Quarzrohr hat wenig Auswirkung auf die Feldverteilung im Zylinderresonator. Unterhalb des Zylinderresonators befindet sich ein Koaxialresonator mit der Länge λ/4. Er koppelt sehr schmalbandig mit einer hohen Güte an das Mikrowellenfeld im Zylinderresonator an.

Abbildung 5: Hochgeschwindigkeitskameraaufnahmen des Zündvorgangs [3]. Der Bildausschnitt zeigt den Bereich im Boden des Zylinderresonators, wo die Spitze des Innenleiters aus dem Koaxialresonator in den Zylinderresonator hinein ragt. Zur Verdeutlichung wurden die Umrisse der Spitze sowie das Loch im Resonatorboden nachgezeichnet. Es ist zu beachten, dass sich das Plasma als Lichtreflex auf dem Resonatorboden widerspiegelt.

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hauptsächlich durch die Innenleiter-länge vorgegeben. Die Konstruktion des Resonators erlaubt eine stufenlose feineinstellung der Innenleiterlänge für einen weiten frequenzbereich von 1 bis 3 GHz [1].

Da sich das atmosphärische Plasma nahe dem thermodynamischen Gleich-gewicht befindet, sind Beschädigungen der Brennerkomponenten durch die hohen Gastemperaturen zu erwarten. Durch die gezielte Zuführung verschie-dener Gasströmungen in den Koaxial-bereich werden schützende Hüllströ-mungen um das heiße Plasma gelegt und ein Ablösen des Plasmas von der Innenleiterspitze erreicht. Zusätzlich können separat Gase und Präkurso-ren durch den Innenleiter zugeführt werden. Das gleiche Konzept der Gas-führung im Koaxialbereich wird dazu benutzt, um die plasmachemischen Prozesse im Brennerraum und im weite-ren Strömungsverlauf zu beeinflussen. So kann die Durchmischung oder aber auch das Quenching günstig gesteuert werden [2–5].

Charakterisierung des Mikrowellenbrenners

Nach dem Zünden brennt ein stabiles Plasma im Quarzrohr. Wird das Quarz-rohr, welches ursprünglich als Ein-schluss des Plasmas im Resonatorraum dient, weitergeführt, kann das Plasma als laminare Strömung entlang der Achse beobachtet und untersucht wer-den. Abb. 7 zeigt auf der linken Seite drei Beispiele eines Luftplasmas bei einer

Mikrowellenleistung von 2 kW und bei drei unterschiedlichen Gasflüssen. Das Plasma wird im Resonator erzeugt und in das Quarzrohr ausgeblasen, wo es dann Strom abwärts rekombiniert und relaxiert.

Da das Plasma sehr heiß ist, bietet sich die spektroskopische Untersu-chung des emittierten Lichtes an. In Abb. 6 sind zwei Übersichtsspektren von zwei Luftplasmen gezeigt. Das Spek-trometer besitzt für die Aufnahme zwei CCD-Zeilen. Der UV-Bereich, von 190 nm bis 500 nm, und der VIS-Bereich, von 400 nm bis 750 nm, überlappen sich von

400 nm bis 500 nm. Im unteren Spek-trum wurde reine Luft in den Resonator eingeblasen, so dass sich im Spektrum praktisch nur die NO-banden zwischen 200 nm und 260 nm zeigen. Die aus den Niederdruckplasmen bekannten Stick-stoffemissionen von 300 nm bis 400 nm sind in Luft im Atmosphärenbereich stark unterdrückt.

Über dem Spektrum des reinen Luft-plasmas befindet sich ein Luftspektrum, dessen Luft vor dem Einbringen in den Resonator angefeuchtet wurde. Sofort zeigen sich im Spektrum weitere Ban-den im UV-Bereich, die von OH-Radi-

Abbildung 6: Zwei Übersichtsspektren von Luftplasmen, aufgenommen mit einem zwei-zeiligen Spektrometer (UV und VIS). Unten reines Luftplasma, oben Luftplasma aus ange-feuchteter Luft. Die Rotations-Schwingungs-Bande der OH-Radikale gibt Auskunft über die Gastemperatur.

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kalen erzeugt werden. Der Vorteil der Beimengung von Wasser liegt in der äußerst großen Emissivität der OH-Ro-tations-Schwingungsbande. Geringste Mengen an Wasser genügen, um eine ausreichende Intensität zu generieren, ohne dass das Luftplasma in seinen Eigenschaften verändert wird. Da das leichte OH-Radikal über die hohe Stoß-

frequenz im thermischen Gleichgewicht mit den schweren Teilchen ist, gibt die Intensitätsverteilung der Rotations-Schwingungsbande Auskunft über die Gastemperatur.

Mit einem hochauflösenden Spek-trometer wurden die Intensitätsver-läufe räumlich aufgelöst entlang des Plasmas über die Sichtlinien aufgenom-

men. Über einen Beobachtungsspalt im Resonator konnten sogar vom Ort der Plasmaerzeugung spektroskopische In-formationen gewonnen werden.

Mit diesen Spektren stand nun die Basis zur Verfügung, um mit Hilfe von simulierten Spektren die räumliche Temperaturverteilung im Plasma zu be-rechnen.

Die Abb. 7 zeigt auf der linken Seite drei Bilder von Luftplasmen, die bei 2 kW eingespeister Mikrowellenleistung betrieben wurden. Der Unterschied liegt in der eingeblasenen Luftmenge. Von 10 sl/min über 30 sl/min bis 70 sl/min zeigt sich eine drastische Verände-rung. Entgegen der Annahme, dass ein stärkerer fluss ein weiter ausgeblase-nes Plasma erzeugt, verkleinert sich das Plasmavolumen. Auf der rechten Seite sind die zugehörigen Temperaturver-teilungen, welche aus den OH-Banden ermittelt wurden, dargestellt. Auf den ersten Blick spiegeln die gemessenen Temperaturverteilungen die Größe und die form der Plasmen wider. Die Be-trachtung der Temperaturverteilungen zeigt, dass die untere Grenze der Be-stimmung bei etwa 830 K liegt. Ein Blick in die zugehörigen Spektren verdeut-licht in diesen Bereichen der Plasmen ein zu niedriges Signal-Rausch-Verhält-nis (SRV) für eine seriöse Auswertung. Die Temperaturverteilung weist einen heißen Plasmakern auf, der im Zent-rum des Resonators auf der Achse des Quarzrohres liegt. Die Kerntemperatur liegt bei 3600 K. Von der Kerntempera-tur fällt das Profil schnell auf die untere Messgrenze von 830 K ab. Im fall eines geringen flusses von 10 sl/min liegt diese Minimaltemperatur an der Wand des Quarzrohres, so dass eine maximale Temperaturbelastung von 830 K fest-gestellt werden kann. Erhöht sich der eingespeiste Luftstrom auf 30 sl/min, beobachtet man eine nahezu konstant bleibende Kerntemperatur im Reso-nator, aber eine Verschmälerung und Verkürzung der Temperaturverteilung. Eine weitere Erhöhung des Luftstromes auf 70 sl/min führt nochmals zu einer weiteren Verkürzung und Verschmäle-rung in der Temperaturverteilung, die aber geringer ausfällt.

Diskussion

Dr.-Ing. Andreas Schulz Geboren 1967, hat nach einer Be-rufsausbildung zum Energiegeräte-elektroniker und einer mehrjährigen Industrieerfahrung Physik an der Universität Stuttgart studiert und promovierte 2005 mit dem Thema: „Plasmapolymerisierte Barriereschichten aus einer Mikrowellen-Plasmaquelle für flexible Solarzellenmodule“. Seit 1998 ist er am Institut für Plasmaforschung der Universität Stuttgart als wissen-schaftlicher Mitarbeiter in der Plasmatechnologie tätig.

Dr. Martina LeinsGeboren 1980, Studium der Physik und Promotion an der Univer-sität Stuttgart, seit 2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Insti-tut für Plasmaforschung der Universität Stuttgart.

Dipl.-Phys. Jochen KopeckiGeboren 1981, Studium der Physik an der Universität Stuttgart, seit 2008 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Plasma-forschung der Universität Stuttgart.

Dr.-Ing. Matthias WalkerGeboren 1964, Physikstudium und Promotion an der Universität Stuttgart, seit 1991 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Plasmaforschung der Universität Stuttgart und seit 2004 Leiter der Abteilung Plasmatechnologie.

Prof. Dr. Ulrich StrothGeboren 1957, Studium der Physik an der Technischen Hochschule Darmstadt, Promotion am Institut Laue Langevin, Grenoble und TH Darmstadt, ab 1986 wissenschaftlicher Mitarbeiter am MPI für Plasmaphysik in Garching, 1996 Habilitation und Privatdozent an der Universität Heidelberg, ab 1999 C3-Professur für Plasmaphy-sik und Direktor am Institut für Experimentelle und Angewandte Physik, CAU Kiel, ab 2004 C4-Professur für Plasmaphysik und Di-rektor des Instituts für Plasmaforschung, Universität Stuttgart, seit 2010 Professur und Abteilungsleiter am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) Garching.

AUTOREN

Dr.-Ing. Andreas Schulz, Institut für Plasmaforschung der Universität Stuttgart, Pfaffenwaldring 31, 70569 StuttgartE-Mail: [email protected]

Abbildung 7: Dargestellt sind links drei Bilder von Luftplasmen und rechts die zugehörigen Tem-peraturverteilungen, welche aus den OH-Banden ermittelt wurden. Der axiale Bereich zwischen 48 mm und 71 mm ist durch den Resonatordeckel spektroskopisch nicht zugänglich. Die Entladungen wurden bei 2 kW Mikrowellenleistung für drei unterschiedliche Luftflüsse durchgeführt.

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Nach dem Zünden im Koaxialreso-nator springt das Plasma in den Zy-linderresonator, s. Abb. 5. Dort erzeugt das Mikrowellenfeld in der Achse des Zylinders einen elektrischen Strom im Plasma, der das Gegenstück zu den Wandströmen in den Zylinderwänden darstellt. Die Energiedissipation findet über die Stöße der Elektronen mit den Gasteilchen statt, die angeregt, disso-ziiert und, zur Aufrechterhaltung des Plasmazustandes, ionisiert, werden. Die effektivste Energieeinkopplung ge-schieht, wenn die Stoßfrequenz gleich der Mikrowellenfrequenz ist [1,6]. Diese Bedingung erzeugt eine selbstregulie-rende Energieeinkopplung, die zu einer nahezu konstanten Plasma-Kerntem-peratur, dort wo der Strom im Plasma erzeugt wird, führt. Die thermische Zu-standsgleichung idealer Gase gibt mit pV=NkBT die Teilchenzahl N bei einer Temperatur T vor, wenn der Druck p und das Volumen V konstant bleiben. kB ist in dieser Gleichung die Boltzmann-Kon-stante. Die Temperaturregelung erfolgt durch die abnehmende Teilchenzahl bei einer Temperaturerhöhung durch eine erhöhte Energieeinkopplung. Da-mit verringert sich die Stoßfrequenz, was wiederum zu einer verminderten Energieeinkopplung führt, also die Temperatur im Plasma wieder absenkt. Das Maximum der Temperatur liegt somit, durch die Stoßquerschnitte be-stimmt, bei einem Luftplasma bei etwa 3600 K. Die räumliche radiale und axiale Temperaturverteilung wird durch Dif-fusion bestimmt. Wird der Luftfluss von 10 sl/min auf 30 sl/min erhöht, bleiben trotzdem die Temperatur und die ein-gekoppelte Energie konstant. Da aber die dreifache Luftmenge durchgesetzt wird, muss sich das Plasmavolumen V verkleinern, um die gleiche Teilchen-anzahl N zu erhalten. Im fall von 70 sl/min findet keine drastische Verringe-rung des Plasmavolumens mehr statt, da große Mengen kalter Luft über die Randbereiche vorbeiströmen und nicht zum Plasma gezählt werden dürfen.

Um ein großes Plasmavolumen zu erhalten, muss genügend Leistung in das Brennersystem eingekoppelt wer-den [1]. Damit in diesem Plasma ein optimaler plasmachemischer Prozess erzielt wird, ist es essentiell, ein Gasma-nagement mit Hüllströmungen und gu-ter Durchmischung zu etablieren. Durch

den koaxialen Bau des Mikrowellen-Plasmabrenners in Kombination mit der Einströmung in den Zylinderresonator-bereich wird dies sehr elegant gelöst.

Literatur[1] M. Leins: Development and Spectroscopic Investiga-

tion of a Microwave Plasma Source for the Decomposi-tion of Waste Gases, Dissertation, Stuttgart, 2010

[2] M. Leins: Development and Characterisation of a Mi-crowave-heated Atmospheric Plasma Torch, Plasma Process. Polym. 6 (2009) 227–232

[3] D. Kiesler: Untersuchung zur Skalierbarkeit eines Mi-krowellen-Plasmabrenners bei Atmosphärendruck, Diplomarbeit, Stuttgart, 2008

[4] J. Kopecki: Investigations of a novel plasma torch at 915 MHz, 36th EPS Conference on Plasma Phys. Sofia, June 29 - July 3, 2009 ECA Vol.33E, O-5.065 (2009)

[5] J. Kopecki: Plasma Spraying Technique for the Depo-sition of a-Si/μc-Si, 25th PVSEC, 3AV.1.72, Valencia, Spain, 2010

[6] G. Janzen: Plasmatechnik, Heidelberg: Hüthig, 1992