medikamentenbestellung über eine in der arztpraxis aufgestellte datenverarbeitungsanlage

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blick auf die ungewisse zukünftige Entwicklung auch die landgerichtliche Entscheidung, die Haftung der Bekl. für sonstige, bisher nicht konkret eingeklagte Schäden der Kl. zu bejahen, als richtig. Die Bekl. wenden vergeblich ein, dass der Zustand der Kl., so wie er sich gegenwärtig und bereits seit geraumer Zeit darstellt, nicht mehr auf den Spritzenabszess zurück- geführt werden könne, sondern andere, von ihnen nicht zu verantwortende Ursachen haben müsse. Allerdings gibt es nach den übereinstimmenden Feststellungen von Dr. F. und Prof. Dr. G. für die Beschwerden der Kl. keine soma- tische Erklärung. Es handelt sich dabei weder um infektiöse Erscheinungen, die sich mit der ursprünglichen Verkei- mung erklären ließen, noch um Folgewirkungen von Ver- letzungen bei der operativen Eröffnung des Abszesses. Aber das lässt die Verantwortlichkeit der Bekl. nicht entfallen. Prof. Dr. G. hat nämlich aufgezeigt, dass das Leiden der Kl. in seiner Schmerzstörung und in seiner Depressivität die Folge einer psychischen Fehlentwicklung ist, die durch den Spritzenabszess und dessen Behandlung ausgelöst wur- de. Das Leiden hat sich verselbstständigt und chronifiziert. Dafür müssen die Bekl. einstehen. Es ist anerkannt, dass sich die Verantwortlichkeit für eine körperliche Schädi- gung, wie sie hier bei den Bekl. liegt, auch auf seelische Reaktionen des Geschädigten wie insbesondere psycho- gene Schmerzempfindungen und Depressionen erstreckt, selbst wenn die wesentlich durch eine seelische Labilität mitbestimmt sind (Heinrichs, in: Palandt, BGB, 65. Aufl., vor §249, Rdnr. 69 m.w.N.). Anders ist es nur, wenn es sich um in keiner Weise mehr nachvollziehbare Überreak- tionen oder um Ausprägungen einer Rentenneurose han- delt (Heinrichs, a.a.O., Rdnrn. 70f.). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Von einer völlig unangemessenen Erlebnis- verarbeitung der Kl. kann keine Rede sein, weil der Sprit- zenabszess primär einschneidende somatische Folgen hatte und einen langen Krankenhausaufenthalt nach sich zog; und eine Rentenneurose hat Prof. Dr. G. nach der Unter- suchung der Kl. ausdrücklich ausgeschlossen. Die Erwägung der Bekl., die aktuelle Beschwerdesituati- on der Kl. beruhe möglicherweise auf einer Vorerkrankung und dieserhalb müssten breitflächig ärztliche Behandlungs- unterlagen aus der Zeit vor Juni 1999 ausgewertet werden, trägt nicht. Sie ist in ihrer Ausgangsannahme rein speku- lativ und ohne tatsächlichen Anknüpfungspunkt. Demge- genüber stützten sich die Feststellungen Prof. Dr. G`s außer auf eine eingehende Befragung der Kl. auf objektive bio- graphische Daten und dabei auch auf ärztliche Befunde, die vor dem Spritzenabszess erhoben wurden. So ist in seinem schriftlichen Gutachten überzeugend ausgeführt: „Es be- steht aus meiner Sicht kein Anhaltspunkt dafür, dass es be- reits vor Entwicklung des Abszesses im Nackenbereich er- hebliche psychische Störungen gegeben hat. (Die Kl.) war voll und erfolgreich in ihre berufliche Tätigkeit eingebun- den, war in ihrer Freizeit aktiv; insofern ist also der kausale Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Abszesses im Nackenbereich mit nachfolgender Behandlung und dem jetzt zu sehenden Störungsbild aus psychiatrisch-neurolo- gischer Sicht evident. Hinweise für anderweitige Ursachen für das Schmerzsyndrom finden sich auf psychiatrisch-neu- rologischem Gebiet nicht; dies wurde sowohl von mir jetzt wieder festgestellt als auch schon von anderen Vorgutach- tern bzw. Behandlern“. Als Prof. Dr. G. dann bei seiner Anhörung durch das LG Altbefunde vorgehalten wurden, die aus der Praxis der Bekl. zu 3) und zu 4) herrührten, bemerkte er: „Das, was ich in dieser Aufstellung sehe, ist im Kern das, was ich meiner Beurteilung auch zu Grunde gelegt habe. Aus den jetzt von mir eingesehenen ärztlichen Unterlagen er- gibt sich, dass körperliche Symptome eher in bagatellartiger Form vorgelegen haben, die behandelt worden sind. Der Zustand bei der Kl. hat sich aber im Zuge dieser „Quad- del-Behandlung“ massiv verändert. Sie leidet jetzt, wie ich ausgeführt habe, unter einer deutlich depressiv gefärbten somatoformen Schmerzstörung. Ergänzend will ich noch darauf hinweisen, dass die Kl. bis zum Entstehen des Sprit- zenabszesses voll im Berufsleben gestanden hat. Sie ist nicht wieder in ihren Beruf zurückgekehrt und erleidet jetzt massive Beeinträchtigungen“. Die Revision wird zugelassen. Die grundsätzliche Aus- gangsüberlegungdiesesUrteils,imFallefeststehender,mög- licherweise schadensursächlicher ärztlicher Hygienefehler sei nicht der Patient dafür beweispflichtig, dass der Schaden bei Wahrung der gebotenen Hygiene vermieden worden wäre, sondern es sei umgekehrt Sache des Arztes, den Be- weis zu erbringen, dass der Schaden unter diesen Umstän- den ebenso eingetreten wäre, ist durch die höchstrichter- liche Rechtsprechung nicht abgesichert. Die Ausführungen in der vom Senat zitierten Entscheidung BGH, NJW 1991, 1541 sprechen teilweise sogar gegen sie (S. 1543). (Eingesandt und bearbeitet von RiOLG Ernst Weller, Stresemannstraße 1, D-56068 Koblenz) DOI: 10.1007 /s00350-006-1798-0 Medikamentenbestellung über eine in der Arzt- praxis aufgestellte Datenverarbeitungsanlage UWG §§ 3, 4 Nr. 11; MBO-Ä § 34 Abs. 5 Die Aufstellung einer Datenverarbeitungsanlage, die dem Patienten die Bestellung von Medikamenten bei einer zuvor festgelegten und registrierten Anzahl von Internetapotheken erlaubt, verstößt gegen § 34 Abs. 5 MBO-Ä. (Leitsatz des Bearbeiters) LG Osnabrück, Urt. v. 19. 5. 2006 – 13 O 146 /06 Problemstellung: Lange Zeit war es vornehmlich das sog. Igeln, das den niedergelassenen (Kassen-)ärzten nebendenz.T.spärlichenKV-Leistungeneinezusätzliche Einnahmequelle verschaffte. Doch das angespannte Ge- sundheitswesen macht viele ärzte nun auch aufgeschlos- sener für andere Einnahmequellen, die vornehmlich von Seiten der gewerblichen Wirtschaft angeboten werden. Bei jedweder Zusammenarbeit des Niedergelassenen mit Wirtschaftsunternehmen spielt §34 Abs. 5 MBO-ä eine entscheidende Rolle. Hiernach ist es ärzten nicht gestattet, Patienten ohne hinreichenden Grund an be- stimmte Apotheken, Geschäfte oder Anbieter von ge- sundheitlichen Leistungen zu verweisen. Dieses Verbot macht durchaus Sinn, vergegenwärtigt man sich das be- sondere Vertrauensverhältnis von Arzt und Patient, wel- ches leicht dazu führen kann, dass Patienten Verweisen ihres behandelnden Arztes ungeprüft vertrauen. Ande- rerseits ist der Arzt stets mit der Bitte seiner Patienten nach fachkundigem Rat konfrontiert. Auch kann eine „gute Zusammenarbeit“ des Arztes mit Dritten einen Dienst am Patienten bedeuten. So weiß der Arzt evt. besser über lange Wartezeiten bei einzelnen Geschäften, eine hohe (Un-)Zufriedenheit anderer Patienten o.ä. Auskunft zu geben. Schließlich wird auch der „Service am Patienten“ in der Arztpraxis immer wichtiger. Dieser Service erschöpft sich indes nicht allein in einer guten ärztlichen Behandlung, sondern entwickelt sich mehr und mehr zu einer,,Rundumversorgung“ des „Kunden“ Patient. So überrascht es nicht, dass scheinbar eine ganze Reihe niedergelassener ärzte den Service der vor dem LG Osnabrück Beklagten in Anspruch genommen ha- ben. Diese vertreibt eine Datenverarbeitungsanlage, die Rechtsprechung 660 MedR 2006, Heft 11

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Page 1: Medikamentenbestellung über eine in der Arztpraxis aufgestellte Datenverarbeitungsanlage

blickaufdieungewissezukünftigeentwicklungauchdielandgerichtlicheentscheidung,dieHaftungderBekl. fürsonstige,bishernichtkonkreteingeklagteschädenderKl.zubejahen,alsrichtig.

DieBekl.wendenvergeblichein,dassderzustandderKl., sowieer sichgegenwärtigundbereits seitgeraumerzeitdarstellt,nichtmehraufdenspritzenabszesszurück-geführt werden könne, sondern andere, von ihnen nichtzuverantwortendeursachenhabenmüsse.AllerdingsgibtesnachdenübereinstimmendenfeststellungenvonDr.f.undProf.Dr.G.fürdieBeschwerdenderKl.keinesoma-tischeerklärung.eshandeltsichdabeiwederuminfektiöseerscheinungen, die sich mit der ursprünglichen Verkei-mungerklärenließen,nochumfolgewirkungenvonVer-letzungenbeideroperativeneröffnungdesAbszesses.AberdaslässtdieVerantwortlichkeitderBekl.nichtentfallen.

Prof.Dr.G.hatnämlichaufgezeigt,dassdasLeidenderKl. in seiner schmerzstörungund in seinerDepressivitätdiefolgeeinerpsychischenfehlentwicklungist,diedurchdenspritzenabszessunddessenBehandlungausgelöstwur-de.DasLeidenhatsichverselbstständigtundchronifiziert.DafürmüssendieBekl. einstehen.es ist anerkannt, dasssich die Verantwortlichkeit für eine körperliche schädi-gung,wie siehierbeidenBekl. liegt, auch auf seelischeReaktionen des Geschädigten wie insbesondere psycho-gene schmerzempfindungen und Depressionen erstreckt,selbst wenn die wesentlich durch eine seelische Labilitätmitbestimmtsind(Heinrichs,in:Palandt,BGB,65.Aufl.,vor§249,Rdnr.69m.w.N.).Anders istesnur,wennessichuminkeinerWeisemehrnachvollziehbareÜberreak-tionenoderumAusprägungeneinerRentenneurosehan-delt(Heinrichs,a.a.o.,Rdnrn.70f.).Dasisthierjedochnichtderfall.Voneinervölligunangemessenenerlebnis-verarbeitungderKl.kannkeineRedesein,weildersprit-zenabszessprimäreinschneidendesomatischefolgenhatteund einen langen Krankenhausaufenthalt nach sich zog;undeineRentenneurosehatProf.Dr.G.nachderunter-suchungderKl.ausdrücklichausgeschlossen.

DieerwägungderBekl.,dieaktuelleBeschwerdesituati-onderKl.beruhemöglicherweiseaufeinerVorerkrankungunddieserhalbmüsstenbreitflächigärztlicheBehandlungs-unterlagenausderzeitvorJuni1999ausgewertetwerden,trägtnicht.sieistinihrerAusgangsannahmereinspeku-lativundohnetatsächlichenAnknüpfungspunkt.Demge-genüberstütztensichdiefeststellungenProf.Dr.G`saußeraufeineeingehendeBefragungderKl.aufobjektivebio-graphischeDatenunddabeiauchaufärztlicheBefunde,dievordemspritzenabszesserhobenwurden.soistinseinemschriftlichenGutachtenüberzeugend ausgeführt: „esbe-stehtausmeinersichtkeinAnhaltspunktdafür,dassesbe-reitsvorentwicklungdesAbszessesimNackenbereicher-heblichepsychischestörungengegebenhat.(DieKl.)warvollunderfolgreichinihreberuflichetätigkeiteingebun-den,warinihrerfreizeitaktiv;insofernistalsoderkausalezusammenhangzwischenderentwicklungdesAbszessesimNackenbereichmitnachfolgenderBehandlungunddemjetztzusehendenstörungsbildauspsychiatrisch-neurolo-gischersichtevident.Hinweisefüranderweitigeursachenfürdasschmerzsyndromfindensichaufpsychiatrisch-neu-rologischemGebietnicht;dieswurdesowohlvonmirjetztwiederfestgestelltalsauchschonvonanderenVorgutach-ternbzw.Behandlern“.

Als Prof.Dr.G. dann bei seiner Anhörung durch dasLG Altbefunde vorgehalten wurden, die aus der PraxisderBekl.zu3)undzu4)herrührten,bemerkteer:„Das,was ich in dieser Aufstellung sehe, ist im Kern das, wasichmeinerBeurteilungauchzuGrundegelegthabe.Ausdenjetztvonmireingesehenenärztlichenunterlagener-gibtsich,dasskörperlichesymptomeeherinbagatellartigerformvorgelegenhaben,diebehandeltworden sind.Der

zustandbeiderKl.hatsichaberimzugedieser„Quad-del-Behandlung“massivverändert.sieleidetjetzt,wieichausgeführthabe,unter einerdeutlichdepressivgefärbtensomatoformenschmerzstörung.ergänzendwill ichnochdaraufhinweisen,dassdieKl.biszumentstehendessprit-zenabszessesvollimBerufslebengestandenhat.sieistnichtwieder in ihren Beruf zurückgekehrt und erleidet jetztmassiveBeeinträchtigungen“.

DieRevisionwirdzugelassen.DiegrundsätzlicheAus-gangsüberlegungdiesesurteils,imfallefeststehender,mög-licherweise schadensursächlicher ärztlicher HygienefehlerseinichtderPatientdafürbeweispflichtig,dassderschadenbeiWahrungder gebotenenHygiene vermiedenwordenwäre,sondernesseiumgekehrtsachedesArztes,denBe-weiszuerbringen,dassderschadenunterdiesenumstän-denebensoeingetretenwäre, istdurchdiehöchstrichter-licheRechtsprechungnichtabgesichert.DieAusführungenindervomsenatzitiertenentscheidungBGH,NJW1991,1541sprechenteilweisesogargegensie(s.1543).

(Eingesandt und bearbeitet von RiOLG Ernst Weller, Stresemannstraße 1, D-56068 Koblenz)

DOI: 10.1007 /s00350-006-1798-0

Medikamentenbestellung über eine in der Arzt-praxis aufgestellte Datenverarbeitungsanlage

UWG §§ 3, 4 Nr. 11; MBO-Ä § 34 Abs. 5

Die Aufstellung einer Datenverarbeitungsanlage, die dem Patienten die Bestellung von Medikamenten bei einer zuvor festgelegten und registrierten Anzahl von Internetapotheken erlaubt, verstößt gegen § 34 Abs. 5 MBO-Ä. (Leitsatz des Bearbeiters)LG Osnabrück, Urt. v. 19. 5. 2006 – 13 O 146 /06

Problemstellung:Langezeitwaresvornehmlichdassog.Igeln,dasdenniedergelassenen(Kassen-)ärztennebendenz.t.spärlichenKV-Leistungeneinezusätzlicheeinnahmequelleverschaffte.DochdasangespannteGe-sundheitswesenmachtvieleärztenunauchaufgeschlos-senerfürandereeinnahmequellen,dievornehmlichvonseitendergewerblichenWirtschaftangebotenwerden.Bei jedweder zusammenarbeit des NiedergelassenenmitWirtschaftsunternehmenspielt§34Abs.5MBo-äeineentscheidendeRolle.Hiernachistesärztennichtgestattet,PatientenohnehinreichendenGrund anbe-stimmteApotheken,Geschäfte oderAnbieter von ge-sundheitlichenLeistungenzuverweisen.DiesesVerbotmachtdurchaussinn,vergegenwärtigtmansichdasbe-sondereVertrauensverhältnisvonArztundPatient,wel-chesleichtdazuführenkann,dassPatientenVerweisenihresbehandelndenArztesungeprüftvertrauen.Ande-rerseits istderArzt stetsmitderBitte seinerPatientennach fachkundigemRatkonfrontiert.Auchkanneine„gute zusammenarbeit“ des Arztes mit Dritten einenDienst am Patienten bedeuten. so weiß der Arzt evt.besserüberlangeWartezeitenbeieinzelnenGeschäften,eine hohe (un-)zufriedenheit anderer Patienten o.ä.Auskunftzugeben.schließlichwirdauchder„serviceamPatienten“inderArztpraxisimmerwichtiger.Dieserserviceerschöpft sich indesnichtallein ineinergutenärztlichen Behandlung, sondern entwickelt sich mehrundmehrzueiner,,Rundumversorgung“des„Kunden“Patient.soüberraschtesnicht,dassscheinbareineganzeReiheniedergelassenerärztedenservicedervordemLGosnabrückBeklagteninAnspruchgenommenha-ben.DiesevertreibteineDatenverarbeitungsanlage,die

Rechtsprechung660  MedR2006,Heft11

Page 2: Medikamentenbestellung über eine in der Arztpraxis aufgestellte Datenverarbeitungsanlage

Patienten ermöglicht, mithilfe von Krankenversiche-rungskarte und Rezept Medikamente unmittelbar ausderArztpraxisviaInternetinderApothekezubestellen,wo sie abgeholtwerdenkönnenodervonwo siedemPatientenübersandtwerden.DerklagendeVerbandsahhierineinenVerstoßgegendenbereitserwähnten§34Abs.5MBo-äundfordertewegenVerstoßesgegen§4Nr.11uWGvonderBeklagtenunterlassung.

Zum Sachverhalt:DieKl.willderBekl.alsVertriebsbeauftrag-terderA.s.A.,Luxemburg,(nachfolgend:A)fürNorddeutschlandden Vertrieb einer Datenverarbeitungsanlage („K-Rechner“) ver-bieten. Diese Datenverarbeitungsanlage wird aufgrund von Ge-brauchsüberlassungsverträgeninArztpraxenaufgestellt.sieermög-lichtPatienten,mithilfevonKrankenversicherungskarteundRezeptMedikamenteinderApothekezubestellen,wosieabgeholtwerdenkönnenodervonwosiedemPatientenübersandtwerden.DieMe-dikamente können bei denjenigenApotheken bestelltwerden, dieBestellungenimNetzentgegennehmenundzugleichaufgrundver-traglichereinigungmitA freigeschaltet sind,dasheißtmittelsdesK-Rechners erreichtwerdenkönnen.DieKl. erblicktdarin einenVerstoßgegenBestimmungendesBerufsrechtsderärzteundApo-thekerundfordertvonderBekl.unterlassung.

Aus den Gründen:DieKlagehatteilweiseerfolg.DieKl. kann von der Bekl. verlangen, dass der K-RechnernurmitderMaßgabevertriebenwird,dassdiePatientenapothekenpflichtigeMedikamentebeisämtlichenApothe-ken im Geltungsbereich des Apothekengesetzes bestellenkönnen,dieBestellungenimNetzentgegennehmen.Dieweitergehende Klage ist unbegründet. Im einzelnen giltfolgendes:

1. Die Kl. ist anspruchsberechtigt. Das bestimmt §8Abs.3Nr.2uWG.

2. Anspruchsgrundlage ist §8 Abs.1 s.1 i.V. mit den§§3,4Nr.11uWG.DieKl.hatAnspruchaufunterlas-sung, soweit dieBekl. denK-Rechnermit derMaßgabeanbietet, dass apothekenpflichtige Medikamente nur beidenApothekenbestelltwerdenkönnen,diebeiAdiefrei-schaltung erworben haben. Der Gebrauch einer solchenDatenverarbeitungsanlage ist unlauter. er verstößt gegeneinegesetzlicheVorschrifti.s.von§4Nr.11uWG.

a)VerletztegesetzlicheVorschrif[t]ist§34Abs.5derBe-rufsordnungderärztekammerNiedersachsenv.11.2.2004(nachfolgendimmernurBerufsordnungärzte).DieseBe-stimmunglautet:

„Dem Arzt ist nicht gestattet, Patienten ohne hinrei-chendenGrundanbestimmteApotheken,GeschäfteoderAnbietervongesundheitlichenLeistungenzuverweisen.“

b)DieseVorschriftgiltnichtnur imLandNiedersach-sen. sie entspricht §34 Abs.5 der Musterberufsordnung.sie hat eingang in die Berufsordnung sämtlicher ärzte-kammern Deutschlands gefunden. Darüber streiten dieParteiennicht.

c) §34 Abs.5 der Berufsordnung ärzte ist gesetzlicheVorschrifti.s.von§4Nr.11uWG.GesetzlicheVorschriftindiesemsinn ist jedeRechtsnorm.Das folgt ausArt.2eGBGB.zudenRechtsnormengehör[t]mithinauchdasvonKörperschaften des öffentlichen Rechts imRahmenihrerzuständigkeitgesetzteRecht.

d)einArzt,derdenK-Rechnerinderbislangvertrie-benen Weise in seiner Praxis aufstellt und seinen Pati-entenzumGebrauchüberlässt,verstößtgegen§34Abs.5Berufsordnungärzte.DennerverweistseinePatientenaufbestimmteApothekenohnehinreichendenGrund.

aa) Indem der Arzt seinen Patienten die Möglichkeitanbietet,Medikamente indervonderBekl.beworbenenWeisezubestellen,verweisterseinePatienten.einVerwei-seni.s.von§34Abs.5BerufsordnungArztesetztwedereinausdrücklichesAuffordernnocheinempfehlenvoraus.esgenügt,dassder–eingeschränkte–Patientenkreis,der

vonderMöglichkeitGebrauchmachenwill,MedikamentebereitsausderArztpraxisherausimNetzzubestellen,diesnichtbeijederbeliebigenApotheketunkann,dieBestel-lungenimNetzentgegennimmt,sondernnurbeisolchen,diebeiAgegenentgeltdieMöglichkeiterworbenhaben,aufdemvonderBekl.beworbenenK-Rechneraufgerufenwerdenzukönnen.

bb) Die Patienten werden damit an einen bestimmtenund nicht an einen unbestimmten Kreis von Apothekenverwiesen.DieAnzahl derApotheken, die vonAgegenentgeltdieMöglichkeiterworbenhaben,überdenvonderBekl.beworbenenK-RechnerBestellungenimNetzent-gegenzunehmen,istbestimmt.

cc)Dafür,dassderKreisderApotheken,aufdieverwie-senwird,bestimmtist,gibteskeinenhinreichendenGrund.einhinreichenderGrundistweder,dassdieseApothekenAeineVergütunggezahlthaben,nochdassAdenärzten,diedasGerätaufstellen,dafüreineVergütungzahlt.

3.Beiderfassungdesurteilsausspruchs ist zuberück-sichtigen,dassesunbedenklichwäre,wennPatientenbeijederbeliebigenApotheke,dieBestellungenimNetzentge-gennehmen,überdievonderBekl.beworbeneAnlagebe-stellenkönnten.zwarwäreauchindiesemfalldieAnzahlderApotheken,aufdieverwiesenwird,bestimmt.DafürgäbeesabereinenhinreichendenGrund.Dieserlägedarin,dassdieverbleibendenüberdievonderBekl.beworbeneDatenverarbeitungsanlage nicht erreichbaren ApothekenBestellungenimNetznichtentgegennehmen.ebensowarzuberücksichtigen,dassBestellungenohneeinenzusam-menhangmitausgeübterärztlichertätigkeitebensounbe-denklichsindwieBestellungendurchdenArztselbstsowieBestellungennichtapothekenpflichtigerArtikel.

(Bearbeitet von Rechtsreferendar Robert Kazemi, Kronprinzenstraße 42, D-53173 Bonn)

Zum Ruhen der Approbation wegen konkreter Patientengefährdung

BÄO § 6 Abs. 1 Nr. 1; GG Artt. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs. 1; StPO §§ 170 Abs. 1, 203, 261, 57

1. Die Anordnung des Ruhens der Approbation eines Arztes wegen des Verdachts einer Straftat, aus der auf seine Unzuverlässigkeit oder Unwürdigkeit geschlos-sen werden kann (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO), erfordert mit Blick auf den damit verbundenen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufs-wahl im verwaltungsrechtlichen Überprüfungsverfah-ren ihrer Rechtmäßigkeit die eigenständige Feststel-lung einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit, dass das strafgerichtliche Verfahren zu einer (rechtskräftigen) Verurteilung des Arztes wegen der gegen ihn erho-benen strafrechtlichen Vorwürfe in ihrem wesentlichen Kern führt (ohne dass es darauf ankommt, ob eine Ver-urteilung wegen aller Vorwürfe erfolgt).

2. Ein mit der Anordnung des Ruhens der Approbati-on (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO) zwangsläufig einhergehendes vorläufiges Berufsverbot ist zum Schutz der Rechtsgü-ter Leben und körperliche Unversehrtheit regelmäßig schon dann erforderlich, wenn in tatsächlicher Hinsicht hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Arzt bei der Ausübung seines Berufs Straftaten gegen das Leben und /oder die Gesundheit von Pati-enten begangen hat, und die Gefahr einer Verletzung dieser Rechtsgüter bei einer Fortsetzung der ärztlichen Tätigkeit weiter besteht.OVG Saarl., Urt. v. 29. 11. 2005 – 1 R 12 /05 (VG Saarlouis)

MedR2006,Heft11 661Rechtsprechung