mechanische verfahrenstechnik (bohnet/mechanische verfahrenstechnik) || agglomerieren

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gung von Mɒhlen und fɒr Regelalgorithmen nɒtzlich, wenn nicht zu große Abwei- chungen um einen Betriebspunkt betrachtet werden. Die Modellierung kann auch mit Matrizengleichungen formuliert werden, die einfacher zu handhaben sind, insbesondere fɒr Anlagen mit Mɒhlen und Klassie- rern, siehe hierzu [5.1]. 6 Agglomerieren Durch Agglomerieren werden feindisperse Partikeln zu grɆßeren Gebilden – Agglo- meraten bzw. Granulaten oder Pellets – zusammengefɒgt, die als Schɒttgut besser handhabbar sind und bestimmte, erwɒnschte Eigenschaften besitzen. Infolge dieser »Produktgestaltung« (s.u.) wird der feindisperse Zustand des Feststoffs – hervorge- rufen durch den Herstellungsprozess oder erforderlich fɒr die Weiterverarbeitung – vorɒbergehend aufgehoben. Agglomerierte Produkte neigen weniger zum Anhaf- ten, Stauben und Entmischen, verfɒgen ɒber ein definiertes Schɒttgewicht und las- sen sich besser dosieren und transportieren. Ferner kann man mit verschiedenen Verfahren Agglomerate erzeugen, die schnell befeuchtet werden kɆnnen und schnelles Dispergieren der PrimȨrpartikeln erlauben. Die bequemere Handhabung sowie ein attraktiveres Aussehen eines Produkts sind im Bereich der Consumerpro- dukte weitere Motive, Pulver zu agglomerieren. Fortgeschrittene Verfahren zur Er- zeugung pulverfɆrmiger Formulierungen erlauben die Herstellung von Agglomera- ten, die beispielsweise Inhaltsstoffe definiert freisetzen oder deren Verhalten sich milieuabhȨngig verȨndert (»intelligente«/»maßgeschneiderte« Partikeln). In vielen Industriezweigen ist daher seit langem das Agglomerieren als Methode zur Verbes- serung der Eigenschaften disperser Feststoffsysteme ɒblich. Hierzu zȨhlen auch Anwendungen, bei denen staubfɆrmige ProduktionsrɒckstȨnde der Weiterverarbei- tung zugȨnglich gemacht werden. Nicht jede Methode zur PartikelvergrɆßerung kann fɒr jeden Anwendungsfall eingesetzt werden. Auch ist es meist unmɆglich, alle interessierenden Eigenschaf- ten eines Pulvers gleichermaßen zu optimieren, da in vielen FȨllen einander wider- sprechende Forderungen zu erfɒllen wȨren. Im allgemeinen ist daher zur Auswahl des Verfahrens eine Gesamtoptimierung erforderlich. Agglomeration ist ein bekanntes Beispiel fɒr Produktgestaltung, d. h. die Herstel- lung von gewɒnschten Produkteigenschaften mit den Methoden der Verfahrens- technik [6.1]. 6.1 Physikalische Grundlagen der Agglomeration – WechselwirkungskrȨfte Die Haftkraft ist »… der absolute Betrag einer Kraft, die im Schwerpunkt einer Parti- kel angreift und parallel zur auswȨrts gerichteten FlȨchennormalen des Substrats wirkt, und als minimale Kraft zur Trennung der Verbindung zwischen Partikel und Substrat innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne erforderlich ist« [6.2]. Systema- 183 6.1 Physikalische Grundlagen der Agglomeration – WechselwirkungskrȨfte

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Page 1: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

gung von M�hlen und f�r Regelalgorithmen n�tzlich, wenn nicht zu große Abwei-chungen um einen Betriebspunkt betrachtet werden.

Die Modellierung kann auch mit Matrizengleichungen formuliert werden, dieeinfacher zu handhaben sind, insbesondere f�r Anlagen mit M�hlen und Klassie-rern, siehe hierzu [5.1].

6

Agglomerieren

Durch Agglomerieren werden feindisperse Partikeln zu gr�ßeren Gebilden – Agglo-meraten bzw. Granulaten oder Pellets – zusammengef�gt, die als Sch�ttgut besserhandhabbar sind und bestimmte, erw�nschte Eigenschaften besitzen. Infolge dieser»Produktgestaltung« (s.u.) wird der feindisperse Zustand des Feststoffs – hervorge-rufen durch den Herstellungsprozess oder erforderlich f�r die Weiterverarbeitung –vor�bergehend aufgehoben. Agglomerierte Produkte neigen weniger zum Anhaf-ten, Stauben und Entmischen, verf�gen �ber ein definiertes Sch�ttgewicht und las-sen sich besser dosieren und transportieren. Ferner kann man mit verschiedenenVerfahren Agglomerate erzeugen, die schnell befeuchtet werden k�nnen undschnelles Dispergieren der Prim�rpartikeln erlauben. Die bequemere Handhabungsowie ein attraktiveres Aussehen eines Produkts sind im Bereich der Consumerpro-dukte weitere Motive, Pulver zu agglomerieren. Fortgeschrittene Verfahren zur Er-zeugung pulverf�rmiger Formulierungen erlauben die Herstellung von Agglomera-ten, die beispielsweise Inhaltsstoffe definiert freisetzen oder deren Verhalten sichmilieuabh�ngig ver�ndert (»intelligente«/»maßgeschneiderte« Partikeln). In vielenIndustriezweigen ist daher seit langem das Agglomerieren als Methode zur Verbes-serung der Eigenschaften disperser Feststoffsysteme �blich. Hierzu z�hlen auchAnwendungen, bei denen staubf�rmige Produktionsr�ckst�nde der Weiterverarbei-tung zug�nglich gemacht werden.

Nicht jede Methode zur Partikelvergr�ßerung kann f�r jeden Anwendungsfalleingesetzt werden. Auch ist es meist unm�glich, alle interessierenden Eigenschaf-ten eines Pulvers gleichermaßen zu optimieren, da in vielen F�llen einander wider-sprechende Forderungen zu erf�llen w�ren. Im allgemeinen ist daher zur Auswahldes Verfahrens eine Gesamtoptimierung erforderlich.

Agglomeration ist ein bekanntes Beispiel f�r Produktgestaltung, d.h. die Herstel-lung von gew�nschten Produkteigenschaften mit den Methoden der Verfahrens-technik [6.1].

6.1

Physikalische Grundlagen der Agglomeration – Wechselwirkungskr�fte

Die Haftkraft ist »…der absolute Betrag einer Kraft, die im Schwerpunkt einer Parti-kel angreift und parallel zur ausw�rts gerichteten Fl�chennormalen des Substratswirkt, und als minimale Kraft zur Trennung der Verbindung zwischen Partikel undSubstrat innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne erforderlich ist« [6.2]. Systema-

1836.1 Physikalische Grundlagen der Agglomeration – Wechselwirkungskr�fte

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Abb. 6.1 Haftmechanismen zwischen Partikeln in gasf�rmiger Umgebung

tisch zusammengefaßt wurden die Haftkr�fte erstmals von Rumpf [6.3], der f�nfBindungsarten als wesentlich f�r das Agglomerieren bezeichnet: Festk�rperbr�cken,Kapillarkr�fte, Adh�sion/Koh�sion, Anziehungskr�fte und Formschluß. Alternativk�nnen die Bindemechanismen auch anhand der Frage, ob stofflicher Kontakt zwi-schen den Partikeln besteht, in zwei Gruppen eingeteilt werden (Abb. 6.1).

St�rke und Reichweite der Haftkr�fte, die die Prim�rpartikeln verbinden, bestim-men die Festigkeit eines Agglomerats und m�ssen seinem Verwendungszweck an-gemessen sein. Haftkr�fte unterliegen zeitlichen �nderungen, z.B. aufgrund Bean-spruchung des Agglomerats und Wechselwirkungen mit der Umgebung, wie Ad-und Desorption, W�rme�bertragung, Austausch einer umgebenden Gasphasedurch eine benetzende Fl�ssigkeit, usw. Seit der Einf�hrung der Rasterkraftmikro-skopie und anderer, hochaufl�sender Verfahren sind Haftkr�fte direkten Messun-gen zug�nglich. Ferner existieren Modellvorstellungen �ber die Wirkungsweise ver-schiedener Haftmechanismen.

6.1.1

Festk�rperbr�cken

Festk�rperbr�cken k�nnen hervorgerufen werden durch Sinterung (oberhalb etwa60% der absoluten Schmelztemperatur), Rekristallisation, Kornwachstum, chemi-sche Reaktion, Schmelzhaftung (lokal an Rauigkeitskontakten durch Pressen undReibungsw�rme), erh�rtende Bindemittel und Kristallisation gel�ster Substanzen.

Rekristallisation kann beispielsweise auftreten, wenn die Prim�rpartikeln ober-fl�chlich amorphisiert sind [6.4]. W�hrend erh�rtende Bindemittel eher selten einge-setzt werden, spielt die Kristallisation bzw. glasartige Erstarrung gel�ster Stoffe imKontaktbereich der Prim�rpartikeln beim Trocknen eine bedeutende Rolle. W�h-rend des Trocknens konzentriert sich die gel�ste Substanz im Kontaktbereich understarrt zur Festk�rperbr�cke, wobei die Eigenschaften der Verbindung von derTrocknungsgeschwindigkeit beeinflußt werden [6.5].

184 6 Agglomerieren

Page 3: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Festk�rperbr�cken k�nnen im Idealfall Spannungen bis zur Bruchfestigkeit desBr�ckenmaterials �bertragen. Eine Berechnung der Festigkeit der Br�cke oder desAgglomerats ist jedoch meist nicht m�glich, da Abmessungen und Struktur nichtmit vertretbarem Aufwand zu ermitteln sind. Das Deformationsverhalten des Fest-stoffs bestimmt die Reichweite der Haftkraft. Eine Zerst�rung der Festk�rperbr�ckeist �blicherweise irreversibel.

6.1.2

Grenzfl�chenkr�fte und Kapillardruck an freibeweglichen Fl�ssigkeitsoberfl�chen(kapillare Haftkr�fte)

Eine Fl�ssigkeit mit freibeweglicher Oberfl�che im Kontaktbereich zweier K�rpertr�gt aufgrund der Grenzfl�chenspannung der Fl�ssigkeit zur Haftung bei. DieHaftkraft wird hierbei ausschließlich durch Oberfl�chenkr�fte in der Gas/Fl�ssig-keits-Grenzfl�che �bertragen [6.3]. Br�cken aus freibeweglicher Fl�ssigkeit sind perDefinition leicht verformbar und k�nnen nach einer Trennung bei erneutem Kon-takt der Partikeln wieder aufgebaut werden. Man unterscheidet je nach S�ttigungs-grad des Agglomerats zwischen dem Kapillarbereich, dem �bergangsbereich unddem Br�ckenbereich (Abb. 6.2).

Im Kapillarbereich ist der Porenraum soweit mit Fl�ssigkeit gef�llt, dass nochkeine Fl�ssigkeitsbr�cken existieren. Diese treten erst im �bergangsbereich auf. Indiesen Bereichen ist der Kapillardruck die maßgebliche Gr�ße f�r den Zusammen-halt des Agglomerats. Er berechnet sich nach der Laplace-Gleichung zu

pk ¼ �1

R1þ 1

R2

� �ð6:1Þ

Hierin sind � die Oberfl�chenspannung der Fl�ssigkeit und R1 und R2 die Haupt-kr�mmungsradien der Fl�ssigkeitsoberfl�che, die in komplizierter Weise von derGeometrie der Festk�rperoberfl�chen sowie vom Randwinkel abh�ngen [6.6].

Abb. 6.2 Fl�ssigkeitsverteilung in Haufwerksporen; a) Kapillarbereich, b) �bergangsbereich,c) Br�ckenbereich

1856.1 Physikalische Grundlagen der Agglomeration – Wechselwirkungskr�fte

Page 4: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Abb. 6.3 Bezogene Haftkraft einer Fl�ssigkeitsbr�cke zwischen zwei Kugeln als Funktion des Abstands-verh�ltnisses a/d f�r verschiedene bezogene Fl�ssigkeitsvolumina f = VL/(2VS).VL = Br�ckenvolumen, VS = Kugelvolumen.

Agglomerate aus Feststoffpartikeln und geringen Mengen Fl�ssigkeit befindensich im Br�ckenbereich. In feuchter Atmosph�re k�nnen kleine Fl�ssigkeitsbr�-cken bereits aufgrund des Effekts der Kapillarkondensation entstehen. Die St�rkeder an den Kontaktpunkten �bertragenen Haftkraft h�ngt auch hier von der �rtli-chen Geometrie der beteiligten K�rper, den Benetzungseigenschaften der Fl�ssig-keit sowie den Abmessungen der Br�cke ab. F�r einfache Geometrien kann die voneiner Fl�ssigkeitsbr�cke �bertragene Haftkraft berechnet werden [6.6]. Abbildung6.3 zeigt die bezogene Haftkraft F=ð�dÞ f�r den Fall einer Br�cke aus vollst�ndig be-netzender Fl�ssigkeit (Randwinkel 0) zwischen zwei gleich großen Kugeln vomDurchmesser d, die den Oberfl�chenabstand a haben. Bei kleiner werdendem Fl�s-sigkeitsvolumen steigt die Abstandsabh�ngigkeit, was bei sehr kleinen Br�ckenschon bei geringer Dehnung (z.B. aufgrund von Mikrorauigkeiten) zum Zerreißenf�hrt.

6.1.3

Adh�sions- und Koh�sionskr�fte in nicht freibeweglichen Bindemittelbr�cken

In diese Kategorie fallen z�hfl�ssige Bindemittel, Klebstoffe und Adsorptionsschich-ten (z.B. adsorbierte Wasserschichten mit einer Dicke < 3 nm). Hier tragen Koh�-sionskr�fte zwischen den Bindemittelmolek�len im gesamten Querschnitt der

186 6 Agglomerieren

Page 5: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Br�cke zur �bermittlung der Haftkraft bei. Aufgrund der Z�higkeit sind die vomBindemittel �bertragenen Kr�fte von der Deformationsgeschwindigkeit abh�ngig.

Br�cken aus z�hfl�ssigen Bindemitteln �bertragen kurzfristig hohe Haftkr�fte,so daß die Agglomerate widerstandsf�hig gegen Stoß oder Abrieb sind. Bei langan-dauernder Belastung kann es jedoch zur Deformation der Agglomerate kommen.Br�cken aus z�hfl�ssigen Bindemitteln k�nnen nach einer Zerst�rung bei erneu-tem Kontakt ebenfalls wieder aufgebaut werden.

6.1.4

Anziehungskr�fte zwischen den Festk�rperteilchen

Wechselwirkungskr�fte, die ohne Materialbr�cke zwischen den Partikeln eines Ag-glomerats wirksam sind, sind van-der-Waals-Kr�fte, elektrostatische Kr�fte, magneti-sche Anziehung und Valenzkr�fte (bei der Agglomeration von untergeordneter Be-deutung). Die �bertragbaren Haftkr�fte sind meist niedriger als in den F�llen, die inden Abschnitten 6.1.1 bis 6.1.3 diskutiert wurden. Es existiert eine reversible funktio-nale Abh�ngigkeit zwischen dem Partikelabstand und der St�rke der Wechselwir-kung. Elektrostatische Wechselwirkungen zwischen elektrisch nichtleitenden Parti-keln (Coulomb-Kr�fte) haben von allen Bindemechanismen die h�chste Reichweite.

Van-der-Waals-Kr�fteDie van-der-Waals-Wechselwirkung wird durch elektromagnetische Fluktuationenhervorgerufen und ist stets existent. Sowohl bei beabsichtigten wie auch bei unkon-trollierten Agglomerationsvorg�ngen insbesondere hochdisperser Partikeln spieltdie van-der-Waals-Wechselwirkung eine bedeutende Rolle. Krupp [6.2] �bertrugdas Modell von Lifshitz auf die Wechselwirkung einer Kugel mit einem Halb-raum und auf die Wechselwirkung zwischen zwei Kugeln (Abb. 6.4). F�r die

Abb. 6.4 Schematische Darstellung der Haftsysteme Halbraum/Halbraum (a), Kugel/Halbraum (b)und Kugel/Kugel (c)

1876.1 Physikalische Grundlagen der Agglomeration – Wechselwirkungskr�fte

Page 6: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Wechselwirkung zwischen zwei Halbr�umen im Abstand a (Abb. 6.4a) ergibt diemakroskopische Theorie f�r die van-der-Waals-Kraft bezogen auf die Kontaktfl�che(van-der-Waals-Druck)

P�vdw ¼ �h�!!

8�2a3ð6:2Þ

Die van-der-Waals-Anziehungskr�fte zwischen einem Halbraum und einer Kugelmit Radius R (Abb. 6.4b), beziehungsweise zwischen zwei Kugeln mit unter-schiedlichen Radien R1 und R2 (Abb. 6.4c), betragen

F�jvdw ¼ �h�!!R

8�a2ð6:3Þ

bzw.

F ��vdw ¼ �h�!!

8�a2� R1 �R2

R1 þ R2ð6:4Þ

mit 2��h ¼ h (Plancksches Wirkungsquantum) und $ = charakteristische Kreisfre-quenz der elektromagnetischen Fluktuation. F�r reale Stoffsysteme nimmt �h$

Werte zwischen 0,6 und 9 eV an. Im allgemeinen gilt nach Krupp [6.2] ferner, daßsich die van-der-Waals-Wechselwirkung zwischen zwei K�rpern unterschiedlicherZusammensetzung als geometrisches Mittel der Wechselwirkungen zwischen ent-sprechenden K�rpern aus jeweils nur der einen oder der anderen Substanz be-rechnen l�ßt, z.B. f�r die Wechselwirkung Halbraum-Halbraum mit:

P�vdW12ðaÞ �

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiP�vdW11ðaÞ � P�

vdW22ðaÞq

ð6:5Þ

Es wird bei den oben genannten Berechnungen vorausgesetzt, daß die Grenzfl�-chen der K�rper bzw. Halbr�ume ideal glatt sind und im Zwischenraum Vakuumherrscht (Gasatmosph�re ist aufgrund der geringen Dichte noch zul�ssig). Mit demminimalen Kontaktabstand a ¼ z0 = 0,4 nm [6.2] ergeben sich nach Gleichung (6.2)van-der-Waals-Dr�cke zwischen 20 und 300 MPa.

Die van-der-Waals-Wechselwirkung zwischen zwei K�rpern kann sich stark �n-dern, wenn zwischen ihnen ein dritter K�rper oder eine Adsorptionsschicht ist(Abb. 6.5) [6.7]. Auf realen Festk�rperoberfl�chen befinden sich stets Nanorauigkei-ten sowie Adsorptionsschichten, die den Kontaktabstand vergr�ßern und die Haft-kraft stark beeinflussen (siehe Abschnitt 6.1.6). Es ist von entscheidender Bedeu-tung, ob die Sorptionsschicht starr ist oder nachgibt und den Festk�rperkontakt er-laubt. F�r eine Kugel von 100 �m Durchmesser, auf der sich ein Sorptionsfilm von1‰ der Kugelmasse befindet, betr�gt die Schichtdicke bei einer Dichte von 1000kg·m–3 etwa 16 nm. F�r einen starren Film (Abb. 6.4a) und den Minimalabstandvon z0 = 0,4 nm reduziert sich die Wechselwirkung Kugel/Halbraum um einen Fak-tor von >1600. Gibt die Sorptionsschicht nach (Abb. 6.4b), ist die abschirmende Wir-kung geringer, stattdessen tritt zus�tzlich eine anziehende Wechselwirkung im Kon-taktbereich Kugel/Sorptionsschicht auf.

188 6 Agglomerieren

Page 7: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Abb. 6.5 Haftsystem Kugel/Halbraum bei Vorhandensein einer Sorptionsschicht auf dem Substrat [6.7].a) Starke Sorption, b) schwache Sorption

Elektrostatische WechselwirkungElektrostatische Kr�fte k�nnen je nach Ladung der wechselwirkenden K�rper anzie-hend oder abstoßend wirken. Elektrostatische Aufladung eines Pulvers kann durchTriboelektrizit�t, aber auch durch Zerkleinerung oder durch Absorption von La-dungstr�gern verursacht werden. An Kontaktstellen zwischen Partikeln aus unter-schiedlicher Substanz kann ein Ladungsaustausch infolge unterschiedlicher Elek-tronenaustrittsarbeit erfolgen. Der Maximalwert der �berschussladungsdichte liegtbei 100 Elementarladungen je Quadratmikrometer. F�r ideal glatte, kugelf�rmigeK�rper unterhalb 100 �m Durchmesser muß die elektrostatische Kraft nicht ber�ck-sichtigt werden, da sie auch bei maximaler Ladungsdichte bzw. hohen Kontaktpo-tenzialen deutlich kleiner als die van-der-Waals-Kraft ist. Bei realen Stoffsystemenist sie dagegen nicht mehr vernachl�ssigbar [6.2], [6.8].

Die Verteilung der Ladungstr�ger h�ngt von der Leitf�higkeit der beteiligtenStoffe ab (Abb. 6.5). Sobald ein Kontakt erfolgt, kann einerseits eine aufgrund vorhe-riger, gegensinniger Aufladung bestehende Anziehungskraft bei leitf�higen Parti-keln durch Ladungsausgleich nachlassen. Pietsch [6.9] schließt daraus, daß eineAnziehung aufgrund von �berschussladungen allenfalls im Anfangsstadium derAgglomeratbildung von Bedeutung ist. Unterschiede in der Elektronenaustrittsar-beit k�nnen andererseits bewirken, daß sich an Ber�hrungspunkten zwischenPartikeln aus unterschiedlichem Material ein Kontaktpotenzial (meist im Bereich0,1 bis 0,7 V) aufbaut und eine elektrostatische Anziehungskraft wirksam wird.F�r die elektrostatischen Wechselwirkungen Halbraum/Halbraum, Kugel/Halb-raum und Kugel/Kugel gilt bei Leitern:

P�el:stat: ¼

"rel � " � U2

2 � a2 ð6:6Þ

F�jel:stat: ¼

� � "rel � " � U2 �R2

2ð6:7Þ

F ��el:stat: ¼

� � "rel � " � U2 �R2 � a ð6:8Þ

1896.1 Physikalische Grundlagen der Agglomeration – Wechselwirkungskr�fte

Page 8: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

F�r Isolatoren kann die elektrostatische Wechselwirkung berechnet werden, wenndie Ladungen auf der Oberfl�che gleich verteilt sind. F�r die WechselwirkungenHalbraum/Halbraum, Kugel/Halbraum und Kugel/Kugel gilt:

P�el:stat: ¼

�1 � �22 � "rel � "

ð6:9Þ

F�jel:stat: ¼

2 � � � �1 � �2 �R2

"rel � "ð6:10Þ

F ��el:stat: ¼

� � �1 � �2"rel � "

� 2 �R1 �R2

R1 þR2 þ a

� �2

ð6:11Þ

Hierbei sind a der Oberfl�chenabstand, R, R1, R2 die Kugelradien, "rel und " die re-lative bzw. absolute Dielektrizit�tskonstante des umgebenden Mediums, U das Kon-taktpotenzial, �1 und �2 die Ladungsdichten der Kontaktpartner.

6.1.5

Vergleich zwischen Haftkr�ften

Die Abbildung 6.6 zeigt f�r die Systeme Kugel/Halbraum und Kugel/Kugel die Ab-h�ngigkeit verschiedener Haftkr�fte (Fl�ssigkeitsbr�cke, van-der-Waals-Kraft, elek-trostatische Anziehung f�r Leiter und Isolator) vom Kugeldurchmesser. Es sind so-wohl reale (praktische) Haftkr�fte als auch die auf das Kugelgewicht bezogene Haft-kraft dargestellt. Bei den realen Haftkr�ften sind Oberfl�chenrauigkeiten derHaftpartner ber�cksichtigt. Dadurch �ndert sich der Oberfl�chenabstand a bzw. dasAbstandsverh�ltnis a=d, was sich unterschiedlich auf die verschiedenen Haftkr�fteauswirkt. F�r die in Abbildung 6.6 vermerkten Werte von a und a=d sind die jeweili-gen Streubreiten der Haftkr�fte schraffiert dargestellt. Man erkennt, dass van-der-Waals-Kr�fte empfindlich auf Abstandseinfl�sse reagieren, also einen großen Streu-bereich zeigen, der auch durch viele Messungen best�tigt wurde [6.7], [6.10]–[6.12].Bei der Fl�ssigkeitsbr�cke mit dem Br�ckenwinkel � ¼ 20 ist die Abstandsabh�n-gigkeit nur gering, beim elektrostatischen Isolator entf�llt sie. Bei der theoretischenHaftkraft (Abb. 6.6 rechts) wurde eine ideal glatte, starre Oberfl�che der Haftpartnerangenommen.

Bis auf elektrische Nichtleiter, bei denen die bezogene Haftkraft proportionalzum Partikeldurchmesser abnimmt, vermindern sich die bezogenen Haftkr�fte pro-portional zum Quadrat des Partikeldurchmessers. Abbildung 6.6 veranschaulicht,warum insbesondere feindisperse Partikelsysteme stark koh�sives Verhalten zeigenk�nnen.Von großer Wichtigkeit ist die Abstandsabh�ngigkeit der Haftkr�fte. In Abbildung

6.3 ist diese f�r Fl�ssigkeitsbr�cken dargestellt. F�r die van-der-Waals-Kr�fte ergibtsich entsprechend den Gleichungen (6.2) bis (6.4) eine starke Abstandsabh�ngigkeit(F � a�2). Elektrostatische Wechselwirkungen dagegen sind im Fall Kugel/Halb-raum oder Kugel/Kugel bei Leitern proportional 1=a (Gl. (6.7) und (6.8)). Bei Isolato-

190 6 Agglomerieren

Page 9: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Abb. 6.6 Haftkr�fte f�r die Modelle Kugel/Halbraum und Kugel/Kugel.Links oben: Reale statische Haftkraft Kugel/Halbraum. Rechts oben: Reale statische Haftkraft Kugel/Kugel. Links unten: Theoretische bezogene statische Haftkraft Kugel/Kugel

ren existiert sogar im Fall Kugel/Halbraum keine und im Fall Kugel/Kugel nur eineschwache Abstandsabh�ngigkeit (Gl. (6.10) und (6.11)). Dementsprechend k�nnennur elektrostatische Wechselwirkungen eine Anlagerung entfernter Partikeln bewir-ken (z.B. elektrostatische Partikelabscheidung bei der Gasreinigung).

1916.1 Physikalische Grundlagen der Agglomeration – Wechselwirkungskr�fte

Page 10: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

6.1.6

Einfluß von Rauigkeiten auf die Haftkr�fte

Die starke Abstandsabh�ngigkeit der Haftkr�fte hat zur Folge, dass f�r reale Stoff-systeme die geometrischen Verh�ltnisse im Ber�hrungsbereich der Partikeln be-r�cksichtigt werden m�ssen. Zur Veranschaulichung des Effekts von Oberfl�chen-rauigkeiten eignet sich das Modell einer Kugel, die in Wechselwirkung mit einemHalbraum steht und �ber eine halbkugelf�rmige Rauigkeitserhebung in der Kon-taktzone verf�gt (Abb. 6.7). Die Darstellung veranschaulicht, dass die auf realen Par-tikeloberfl�chen stets vorhandenen, kleinen Rauigkeiten eine starke Abnahme derHaftkr�fte bewirken k�nnen. Bei der Berechnung der van-der-Waals-Anziehungs-kraft ist also weniger der makroskopische Partikeldurchmesser, sondern eher dieGeometrie im Kontaktbereich zu ber�cksichtigen.

Rumpf [6.8] stellt den mit diesen Gleichungen berechneten Verlauf der Haft-kraft als Funktion des Radius r der Rauigkeitserhebung f�r verschiedene Kugel-durchmesser R dar. Zur Berechnung der van-der-Waals-Wechselwirkung f�r dasin Abbildung 6.7a gezeigte Modellsystem Kugel/Halbraum werden daher der An-teil der Kugel (Radius R) sowie der Anteil der Rauigkeitserhebung (Radius r)

Abb. 6.7 Vergleich der Kontaktzonengr�ße (Radien r und r') f�r eine ideal glatte Kugel und eine Kugelmit halbkugeliger Rauigkeitserhebung im Kontakt mit einer ideal glatten, festen Oberfl�che, nach [6.2]a) Reiner Festk�rperkontakt, b) bei Vorhandensein einer Sorptionsschicht

192 6 Agglomerieren

Page 11: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Abb. 6.8 Einfluß des Rauigkeitsradius r auf die Haftkraft zwischen Kugel und Halbraum, Kurvenparame-ter ist der Kugelradius R

�berlagert. Der Verlauf der van-der-Waals-Kraft f�r Partikeln von 10, 20, 50 und100 �m Durchmesser f�r �h$ ¼ 1 eV ist in Abbildung 6.8 dargestellt. Im Bereichzwischen 15 und 30 nm Rauigkeitsradius durchlaufen alle dargestellten Kurven einMinimum, in dem die Haftkraft etwa zwei Gr�ßenordnungen niedriger als f�r idealglatte K�rper ist. Ein vergleichbarer Effekt zeigt sich bei der elektrostatischen Anzie-hung leitf�higer Partikeln.

�hnliche Wirkung wie Oberfl�chenrauigkeiten haben kleine Partikeln im Kon-taktbereich zwischen gr�ßeren Partikeln. Hierauf beruht der Effekt der pulverf�rmi-gen Fließhilfsmittel. In Abbildung 6.9 [6.6] ist dies am Beispiel der Fl�ssigkeits-br�ckenkraft erl�utert. Ist die Fl�ssigkeitsbr�cke groß, wie in Abbildung 6.9 ange-deutet, umh�llt sie die eingeschobene Partikel vollst�ndig, so dass sich im Vergleichzum direkten Kontakt der beiden großen Kugeln nur der Effekt der Br�ckendeh-nung haftkraftvermindernd auswirkt. Steht dagegen nur wenig Fl�ssigkeit zur Ver-f�gung, bilden sich zwei getrennte Br�cken aus, die die kleinere Kugel mit den bei-den gr�ßeren verbinden. In diesem Fall ist die Haftkraft erheblich reduziert. F�rdas Agglomerieren ist es also vorteilhaft, wenn das zu agglomerierenden Gut freivon feinen Partikeln ist.

Da die wesentlichen Haftmechanismen – auch die Fl�ssigkeitsbr�ckenkraft beikleinen Fl�ssigkeitsmengen – stark abstandsabh�ngig sind, zeigt sich in der Praxis,daß Gr�ße und Form der Rauigkeitserhebungen wesentlichen Einfluß auf die Par-

1936.1 Physikalische Grundlagen der Agglomeration – Wechselwirkungskr�fte

Page 12: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Abb. 6.9 Fl�ssigkeitsbr�cke mit eingeschobener Kugel des Durchmessers d1 zwischen zwei gleich-großen Kugeln des Durchmessers d2 [6.6]

tikelhaftung haben. Im allgemeinen ist die Beschaffenheit der Rauigkeiten aber un-bekannt, so dass selbst bei Kenntnis des Wechselwirkungspotenzials der beteiligtenStoffe Haftkraftmessungen f�r eine hinreichend große Zahl von Partikeln durchge-f�hrt werden m�ssen. Ergebnis dieser Messungen ist dann eine Haftkraftvertei-lung, deren Breite selbst bei �hnlichen, ann�hernd gleich großen Partikeln mehr alseine Zehnerpotenz betragen kann.

6.1.7

Haftkraftverst�rkung durch Krafteinwirkung

Unter dem Einfluß der zwischen den Partikeln wirkenden Anziehungskr�fte tritteine elastische Verformung der Kontaktbereiche ein, der eine inelastische Deforma-tion �berlagert ist. Bei weichen Materialien wie Kunststoffen ist bereits durch van-der-Waals-Kr�fte plastische Deformation im Kontaktbereich m�glich [6.2]. Die Theo-rie von Johnson, Kendal und Roberts [6.13] ber�cksichtigt bei der Berechnungder Haftkraft zus�tzlich die Verst�rkung aufgrund elastischer Deformation. Insp�teren Ver�ffentlichungen wird allgemein angenommen, dass bei realen Parti-keloberfl�chen zuerst Rauigkeitserhebungen abgeflacht oder eingeebnet werden,bevor die Deformation gr�ßerer Kontaktfl�chen einsetzt [6.7], [6.14], [6.15]. In gr�-ßerem Umfang tritt inelastische Deformation jedoch erst unter der Einwirkung�ußerer (Druck-) Kr�fte ein. Dieser Fall ist z.B. bei der Pressagglomeration (Ta-blettieren) von Bedeutung.

Falls van-der-Waals-Wechselwirkungen der wesentliche Haftmechanismus sind,bewirkt der geringere Partikelabstand aufgrund der Deformation von Unebenheitenim Nanometer-Maßstab eine erhebliche Haftkraftverst�rkung. Hier besteht eine Ab-h�ngigkeit zwischen der Haftkraft und der zweiten bzw. dritten Potenz des Haftab-stands. Im Vergleich ist der Einfluß der Kontaktfl�chenvergr�ßerung durch plasti-sche Deformation der gesamten Kontaktzone weniger stark. Sch�tz [6.7] gibt einenlinearen Zusammenhang zwischen der Haftkraft FH und der Anpresskraft Fp an:

194 6 Agglomerieren

Page 13: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

@FH@Fp

¼ p�vdWpHpl

ð6:12Þ

Hierbei bezeichnet p�vdW den nach Gleichung (6.2) berechneten van-der-Waals-Druck der Materialpaarung und pHpl die Hertzsche H�rte des Materials im Mikrobe-reich. Bei Presskr�ften in der Gr�ßenordnung der Haftkr�fte kann @FH=@Fp einenWert von 0,3 erreichen, weshalb bereits leichtes Verdichten eines Haufwerks einestarke Zunahme der Haftkr�fte bewirkt. Ein Anstieg der Zugfestigkeit eines Parti-kelhaufwerks kann auch durch das Entstehen zus�tzlicher Fl�ssigkeitsbr�cken beiAnn�herung der Partikeln w�hrend des Pressens hervorgerufen werden.

6.1.8

Haftkr�fte in fl�ssiger Umgebung

Bei der Betrachtung der Bindemechanismen in fl�ssiger Umgebung ist zun�chstzu ber�cksichtigen, dass sich Festk�rperbr�cken bzw. Br�cken aus hochviskosenBindemitteln sowie Fl�ssigkeitsbr�cken aufl�sen k�nnen, wenn die Br�ckensub-stanz in der Fl�ssigphase l�slich bzw. mit ihr mischbar ist. Ist dies nicht der Fall,gelten im wesentlichen die Verh�ltnisse wie in gasf�rmiger Umgebung. So ist z.B.der Aufbau von Fl�ssigkeitsbr�cken aus einer �ligen Phase zwischen Kohleparti-keln, die in Wasser dispergiert sind, m�glich. Anders verhalten sich jedoch van-der-Waals- und elektrostatische Kr�fte. Van-der-Waals-Kr�fte in fl�ssiger Umgebung las-sen sich n�herungsweise aus den Gleichungen (6.2) bis (6.4) berechnen, wobei �h$nach Koglin [6.16] zu ersetzen ist durch

�h$im ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi�h$P

p�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi�h$L

p� �2ð6:13Þ

Die Indizes P und L bezeichnen die Wechselwirkungen zwischen den festen K�r-pern bzw. innerhalb der Fl�ssigphase. Hat man es mit einer w�ssrigen Phase zutun, ist die van-der-Waals-Wechselwirkung verglichen mit der gasf�rmigen Umge-bung aufgrund der starken elektromagnetischen Absorption des Wassers in vielenF�llen um bis zu eine Gr�ßenordnung reduziert [6.17], [6.18].

Elektrostatische Kr�fte zwischen immergierten Partikeln lassen sich durch Mo-delle beschreiben [6.17]. Bei Anwesenheit gel�ster Ionen bildet sich eine elektrischeDoppelschicht aus, deren Reichweite (Debye-L�nge) von Ionenwertigkeit und -kon-zentration abh�ngt. Die St�rke der Wechselwirkung infolge der elektrischen Dop-pelschicht wird durch das Zetapotenzial beschrieben, das einer Messung zug�nglichist [6.19]. Die resultierende, meist abstoßende Wechselwirkung konkurriert mit dervan-der-Waals-Anziehung. Es lassen sich jedoch durch Zugabe von Polyelektrolyten,die an der Feststoffoberfl�che adsorbieren, auch anziehende elektrostatische Wech-selwirkungen realisieren. Die in Summe resultierende Wechselwirkung l�ßt sichmit Hilfe der DLVO-Theorie (benannt nach Derjaguin, Landau, Verweg undOverbeck) bestimmen [6.18]. Im Gegensatz zu Haftkr�ften in gasf�rmiger Um-gebung lassen sich Wechselwirkungen zwischen Partikeln in fl�ssiger Umgebungbeeinflussen, so dass sowohl anziehende als auch abstoßende Kr�fte wirken k�n-

1956.1 Physikalische Grundlagen der Agglomeration – Wechselwirkungskr�fte

Page 14: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

nen. In w�ssriger Umgebung k�nnen Wechselwirkungen zwischen Partikelndurch Tenside sowie durch den pH-Wert (Beeinflussung des Zetapotenzials) unddie Ionenkonzentration (Beeinflussung der Reichweite der Wechselwirkungen) be-einflußt werden.

6.1.9

Messung von Haftkr�ften

RasterkraftmikroskopieDas Rasterkraftmikroskop (engl. atomic force microscope, AFM) ist die empfindlich-ste Methode zur Messung von Haftkr�ften (bis 10–11 N). Die Funktionsweise istschematisch in Abbildung 6.10 dargestellt. Das wesentliche Funktionselement isteine Sondenspitze – bei der es sich auch um eine angeklebte Partikel handelnkann – am Ende eines Biegebalkens, dessen Auslenkung �ber die Reflektion ei-nes Laserstrahls erfaßt wird. Die Kraftspektroskopie ist mittlerweile eine verbrei-tete Anwendung des Rasterkraftmikroskops [6.20]–[6.22]. Dabei werden die Kr�ftegemessen, die beim Abziehen der Mikroskop-Spitze von einem Substrat auftretenoder ohne Ber�hrung eine Auslenkung der Spitze im Nahbereich des Substratsbewirken (Abb. 6.10).

Die große Bedeutung der Methode ergibt sich aus der Kombination einer hohenr�umlichen Aufl�sung (nm)mit einer guten Kraftaufl�sung (10–12 N), was die Bestim-mung der Oberfl�cheneigenschaften von Pulverpartikeln erlaubt [6.12]. Die geringeIndentationstiefe erm�glicht außerdem die Analyse von D�nnschichtsystemen. Ne-ben der Bestimmung der Adh�sion von Oberfl�chen erlaubt die Kraftspektroskopieauch die Untersuchung der mechanischen Eigenschaften komplexer Molek�le.

In Abbildung 6.11 ist eine Kraftkurve auf einer harten Probe schematisch darge-stellt. Die Sonde wird an die Probe angen�hert und wieder zur�ckgezogen. Simul-tan zeichnet man die Auslenkung des Biegebalkens auf. Befindet sich die Spitzeentfernt von der Probenoberfl�che, so ist der Biegebalken in Position A. N�hert sichdie Spitze der Probe, wird sie zur Probe hin ausgelenkt (Pos. B). Verringert sich derAbstand weiter, wirken Abstoßungskr�fte, so dass sich der Biegebalken nach

Abb. 6.10 Funktionsprinzip der Rasterkraftmikroskopie

196 6 Agglomerieren

Page 15: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Abb. 6.11 Schematische Darstellung der Haftkraftmessung durch Rasterkraftmikroskopie.

oben biegt (Pos. C). Zieht man die Spitze wieder von der Probe weg, springt die-Spitze von der Probe weg (Pos. D), sobald die Federkraft die Haftkraft �bersteigt(Pos. E). Dabei tritt in der Regel eine Hysterese auf. Bei Oberfl�chen in hinreichendfeuchter gasf�rmiger Umgebung ist diese haupts�chlich eine Folge der Haftkr�fteaufgrund des Fl�ssigkeitsmeniskus, der sich zwischen Spitze und Probe infolge Ka-pillarkondensation ausbildet. Auch bei trockenen Oberfl�chen wird oft eine Adh�si-onshysterese beobachtet. Hierzu tragen die van-der-Waals-Wechselwirkung, die Aus-bildung chemischer Bindungen im Kontaktbereich sowie inelastische Verformun-gen bei.

»Surface force«-ApparatDer surface force apparatus (SFA) [6.18] erlaubt die direkte Messung der Kraft zwi-schen zwei Oberfl�chen in gasf�rmiger oder fl�ssiger Umgebung. Er enth�lt zweihochglatte, zylindrisch gekr�mmte Fl�chen (R � 1 cm) aus Glimmer. Die Wechsel-wirkungskraft wird durch interferometrische Bestimmung der Auslenkung einesBiegebalkens ermittelt. Das Ger�t erlaubt in gewissen Grenzen die Bestimmung derKraft-Weg-Abh�ngigkeit. Von Vorteil ist, daß Abst�nde bis 1,5 nm eingestellt wer-den k�nnen. Allerdings betr�gt die minimale erfassbare Kraft nur 10–8 N.

Mikroskopie mit totaler interner ReflektionDie sogenannte total internal reflectance microscopy (TIRM) erm�glicht die Bestim-mung von abstoßenden Wechselwirkungen zwischen individuellen Partikeln undeiner Grenzfl�che. Man nutzt den Effekt, dass von einem an einer Fest/fl�ssig-Grenzfl�che total reflektierten Laserstrahl auch in die Fl�ssigphase ein Feld mit ex-ponentiell abfallender Intensit�t ausgeht. �blicherweise betr�gt die Eindingtiefeeine halbe Lichtwellenl�nge, woraus sich die hohe Empfindlichkeit des Ger�ts bei

1976.1 Physikalische Grundlagen der Agglomeration – Wechselwirkungskr�fte

Page 16: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

der interferometrischen Detektion von Partikeln im Nahbereich der Grenzfl�che er-kl�rt. Aus dem Abstand einer �ber der Grenzfl�che befindlichen Partikel kann aufdie Wechselwirkungen zwischen ihr und der Grenzfl�che geschlossen werden. Esk�nnen Kr�fte bis 10–13 N erfaßt werden [6.23].

6.2

Grundverfahren des Agglomerierens

F�r alle Agglomerationsverfahren gilt, dass zur Erzeugung von Agglomeraten zu-n�chst die Prim�rpartikeln miteinander in Kontakt gebracht werden m�ssen. Anden Kontaktstellen treten dann Haftkr�fte auf, wie im Abschnitt 6.1 dargestellt.St�rke und Reichweite dieser Haftkr�fte m�ssen so groß sein, daß das entstandeneAgglomerat den stets einwirkenden trennenden Kr�ften widerstehen kann. WelcheAgglomerationsmethoden im jeweiligen Fall angewendet werden k�nnen, richtetsich also auch nach den im weiteren Verfahrensablauf zu erwartenden Belastungen.Da Haftkr�fte auch zeitlichen Ver�nderungen unterliegen, muß hierbei auch die zuerwartende Lebensdauer der Haftmechanismen ber�cksichtigt werden.Wenn hohe mechanische Belastungen zu erwarten sind, oder die gute Handhab-

barkeit des Produkts beabsichtigt ist, m�ssen Verfahren angewandt werden, diehohe Haftkr�fte und niedrige Agglomeratporosit�t bewirken. Steht dagegen dasWiederbefeuchtungs- und Dispergierverhalten der Agglomerate an erster Stelle, giltdas Gegenteil.

In den �bersichten der mechanischen Verfahrenstechnik von Stieß [6.24] undSchubert [6.25] sind die g�ngigen Agglomerationsverfahren sowie weitere, mitdem Agglomerieren in Zusammenhang stehende Aspekte der mechanischen Ver-fahrenstechnik beschrieben. Detaillierte Darstellungen zahlreicher Verfahren, ins-besondere aus dem Bereich der Pressagglomeration, finden sich in [6.9] und[6.26].

6.2.1

Aufbauagglomeration

Die von Rumpf [6.27] unter dem Begriff Aufbauagglomeration zusammengefass-ten Agglomerationsverfahren unterscheiden sich im wesentlichen nur nach Artund St�rke der Haftkr�fte. Gemeinsam ist ihnen die Art der Agglomeratentste-hung durch Zusammenlagerung mehr oder weniger frei beweglicher Prim�rparti-keln zu gr�ßeren Einheiten bzw. Anlagerung von Prim�rpartikeln an existierende,gr�ßere Teilchen.

Die Anlagerung von gegeneinander bewegten Partikeln kann sowohl in einemHaufwerk (Gutbett), als auch in einem Aerosol oder einer Suspension erfolgen. Ent-scheidend f�r die Struktur und Festigkeit der Agglomerate ist die Intensit�t derw�hrend der Agglomeratbildung wirkenden Trennkr�fte. Je h�her diese sind, destostabiler ist das entstehende Agglomerat, da nur diejenigen Prim�rpartikeln dauer-haft agglomerieren k�nnen, zwischen denen auch hinreichend hohe Haftkr�fte wir-ken (Selektionsprinzip, [6.28]).

198 6 Agglomerieren

Page 17: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Tab. 6.1 Beispiele f�r stabile und empfindliche Agglomerate aus Gutbett-, Aerosol- undSuspensionsverfahren

Sowohl im Gutbett als auch in Aerosolen und Suspensionen besteht eine breiteVariationsm�glichkeit der wirkenden Trennkr�fte, so dass sowohl sehr feste, alsauch lockere Agglomerate entstehen k�nnen. Generell liegt die Bandbreite der Fe-stigkeit von in Aerosolen erzeugten Agglomeraten niedriger als bei den beiden an-deren Gruppen, da hier niedrigere absolute Trennkr�fte wirken. Im Gutbett lassensich die h�chsten Festigkeiten erzielen, da hier sowohl die h�chsten trennenden alsauch die h�chsten vereinigenden Kr�fte eingebracht werden k�nnen. Tabelle 6.1nennt Beispiele (z.T. nach [6.9]) f�r stabile und empfindliche Agglomerate aus dendrei Untergruppen der Aufbauagglomeration.

GutbettverfahrenG�ngige Apparate zur Aufbauagglomeration im Gutbett sind Granulierteller, -trom-meln und -kessel, konusf�rmige Rotationsbeh�lter (Rollagglomeration, Abb. 6.12)sowie verschiedene Bauarten von Pulvermischern (Mischagglomeration, Abb. 6.13).Sie lassen sich absatzweise oder kontinuierlich betreiben, wobei je nach Bauart Re-zirkulationsraten bis zu einigen Hundert Prozent erforderlich sind, wenn eine engePartikelgr�ßenverteilung der Agglomerate gefordert wird [6.9].

Die Herstellung von Agglomeraten durch Abrollbewegungen geh�rt zu den �ltes-ten Agglomerationsverfahren. Bei diesem Prinzip findet in einem bewegten Gut-bett eine Anlagerung von Prim�rpartikeln an bereits vorhandene, in etwa kugelf�r-mige Agglomerate statt, wenn die Haftkraft Partikel/Agglomerat gr�ßer ist als die

Abb. 6.12 Verschiedene M�glichkeiten der kontinuierlichen Rollagglomeration:a) Aufgabegut + Fl�ssigkeit, b) Agglomerate, c) Unterkorn [6.27]

1996.2 Grundverfahren des Agglomerierens

Page 18: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Abb. 6.13 Mischagglomerationsverfahren: Absatzweise (links) und kontinuierliche Agglomeration(rechts, Schugi-Mischer).A Agglomerate, L Fl�ssigkeit/ Dampf, P Pulver

Haftkraft Partikel/Gutbett. Die Agglomerate f�hren im Gutbett Rollbewegungendurch, wobei sich die gr�ßeren meist an der Oberfl�che der Sch�ttung aufhalten.Rollagglomeration kann kontinuierlich oder absatzweise betrieben werden, aberauch unerw�nscht auftreten, z.B. in Plansichtern.

�blicherweise wird w�hrend des Agglomeriervorgangs Fl�ssigkeit als Bindemit-tel zugegeben. Der vorherrschende Bindemechanismus in den erzeugten Agglome-raten ist in diesem Fall der kapillare Unterdruck [6.27], der eine vergleichsweisestarke Bindung bewirkt. Es entstehen Feuchtagglomerate mit mehr oder wenigerfl�ssigkeitserf�llten Poren, die in nachfolgenden Prozessschritten getrocknet wer-den und eine hohe Festigkeit erreichen k�nnen. Bei sehr feindispersem Material istjedoch auch eine Agglomeration ohne Fl�ssigkeitszugabe m�glich, wobei ebenfallskugelf�rmige Agglomerate von geringerer Festigkeit entstehen. Dies setzt voraus,daß van-der-Waals-Kr�fte oder Adsorptionsschichten eine ausreichend starke Bin-dung bewirken.

Bei kontinuierlichem Betrieb wird einem Gutbett aus abrollenden Agglomeratenst�ndig Feingut zugegeben, das sich an Agglomerate anlagert. �ber die kompli-zierte Regelung und das Scale-up von kontinuierlich betriebenen Granuliertellernliegen grundlegende Untersuchungen von Sommer vor [6.29]. Agglomeration istauch in einem absatzweise betriebenen Apparat durch Anlagerung von Partikelnaus dem vorgelegten Pulver an die im Gutbett abrollenden Agglomerate m�glich.

Bei der Rollagglomeration gilt allgemein, daß die Stabilit�t und die scheinbareDichte der Agglomerate umso h�her sind, je steiler und l�nger die Bahn der Agglo-merate verl�uft, was �ber den Durchmesser des rotierenden Agglomerationsbeh�l-ters, den B�schungswinkel des Gutbetts und die Drehzahl beeinflußt werden kann.

Granulierteller und -konus bieten sich besonders zur Herstellung gleich großer,kugelf�rmiger Agglomerate im kontinuierlichen Betrieb an, da hier die gr�ßten Ag-glomerate zuerst den Apparat verlassen. Demgegen�ber liefert die Granuliertrom-mel ein breiteres Partikelgr�ßenspektrum, weshalb h�ufig eine Unterkornrezirkula-tion erforderlich ist. Zur definierten Erzeugung schnell dispergierbarer, por�serAgglomerate hat sich die Rollagglomeration nicht bew�hrt. Das enge Porengr�ßen-spektrum macht aufgrund der Kapillardruckhysterese ein schnelles Befeuchten derAgglomerate praktisch unm�glich [6.30].

200 6 Agglomerieren

Page 19: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Die Vorg�nge bei der Mischagglomeration (Abb. 6.13 links) �hneln denen bei derRollagglomeration insofern, als auch hier die zu agglomerierenden Partikeln in ei-nem Gutbett miteinander im unmittelbaren Kontakt stehen. Es werden auch diegleichen Haftmechanismen, bzw. Mechanismen der Haftkraftverst�rkung, genutzt.Der Unterschied zur Rollagglomeration besteht darin, dass bei der Agglomeratbil-dung keine Rollbewegung stattfindet, die Agglomerate daher unregelm�ßiger ge-formt sind und eine breitere Porengr�ßenverteilung besitzen. Da die Bewegung derim Apparat befindlichen Partikeln weniger von den Koh�sionseigenschaften desPulvers als vielmehr von der T�tigkeit des Mischorgans abh�ngt, ist eine bessereKontrolle des Agglomerationsvorgangs als bei der Rollagglomeration m�glich.

Die zur Partikelvergr�ßerung erforderlichen Kr�fte werden �ber ein oder meh-rere Mischorgane in das Gutbett eingetragen. Hieraus ergibt sich eine im Vergleichzur Rollagglomeration gr�ßere Bandbreite der erzielbaren Agglomeratfestigkeit. Ne-ben der Festigkeit kann auch die Porosit�t der Agglomerate �ber die Mischintensit�tvariiert werden.

Der Agglomerationsraum kann bei diesem Verfahrensprinzip je nach Bauformtheoretisch ideal durchmischt sein oder auch ein mehr oder weniger breites Ver-weilzeitspektrum besitzen.

Eine Sonderbauform stellen die Hochgeschwindigkeitsmischer dar, wie z.B. derSchugi-Mischer (Abb. 6.13 rechts). In diesem kontinuierlich arbeitenden Vertikal-mischer findet eine intensive Vermischung von Feststoff und Fl�ssigkeit im Zen-trum des Apparats sowie ein Abrollen der Agglomerate auf der Apparatewand statt.Je nach Betriebsweise k�nnen festere oder por�sere Agglomerate erzeugt werden.

Eine Methode, bei der das Abrollen ebenfalls stattfindet, ist das Agglomerierendurch Aufgabe eines Pulvers auf eine Streuscheibe, �hnlich der Zerst�uberscheibeeines Spr�hturms. Bei gleichzeitiger Fl�ssigkeitszugabe entstehen hier bei der ra-dial ausw�rts gerichteten Beschleunigung des Materials auf der Scheibe Agglome-rate durch Abrollen. Diese fallen von der Scheibenkante in einen Trocknungsturm.

Aufbauagglomeration mit suspendierten PartikelnDie Aufbauagglomeration in gasf�rmiger Umgebung und in Fl�ssigkeiten unter-scheidet sich von den Gutbett-Verfahren dadurch, dass sich die zu agglomerierendenPartikeln nicht st�ndig ber�hren, sondern zun�chst in einer fluiden Phase disper-giert sind. Erst Relativbewegungen der Partikeln f�hren zum Kontakt. Unterschiedli-ches Relaxationsverhalten der Partikeln bei schwankenden Str�mungsgeschwindig-keiten, unterschiedliche Sedimentationsgeschwindigkeiten in station�ren Str�mun-gen oder ruhenden Fluiden und elektrostatische Wechselwirkungskr�fte k�nnensolche Relativbewegungen hervorrufen. Bei einem Kontakt zweier Partikeln mussdie kinetische Energie der Relativbewegung dissipiert werden. Gleichzeitig m�ssenHaftkr�fte wirksam werden, die st�rker als angreifende Str�mungskr�fte oder Er-sch�tterungen bei der Kollisionmit weiteren Partikeln sind. Eine effiziente Agglome-ration erfordert eine hohe Kollisionsrate und gleichzeitig eine hohe Haftwahrschein-lichkeit.

Es existieren zahlreiche unterschiedliche Bauformen zur absatzweisen und konti-nuierlichen Agglomeration durch Anlagerung in Aerosolen, wobei auch hier �bli-

2016.2 Grundverfahren des Agglomerierens

Page 20: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

cherweise eine Kreislauff�hrung von Unter- und (zerkleinertem) Oberkorn erforder-lich ist:l Wirbelschichtagglomeration (auch kombiniert mit Spr�htrocknung, z.B. Niro

Wiederbefeuchtungs-Instantizer,l Agglomeration im Dampfstrahl oder im Dampfvorhang (u.a. Nestl�-Verfahren,

System Blaw-Knox, System Kraft General Foods, Orthsches Verfahren),l Nassabscheidung und Agglomeration im Zykloneinlauf zur Abluftreinigung

[6.31],l Elektrostatisches Entstauben und elektrostatisches Coaten.

Einige Varianten der Wirbelschichtagglomeration sind beispielhaft in Abbildung6.14 dargestellt. Neben der Unterscheidung nach absatzweisem oder kontinuierli-chem Betrieb kann in einer Wirbelschicht sowohl agglomeriert als auch granuliertwerden (wobei die Granulation aber den Agglomerationsverfahren mit Trocknungzuzurechnen ist). Agglomeration findet in der Wirbelschicht statt, wenn die fluidi-sierten Partikeln bei Zusammenst�ßen aneinander haften bleiben. Dies f�hrt zumehr oder weniger unregelm�ßig geformten Agglomeraten, die hinsichtlich ihrerPorosit�t auch zur schnellen Wiederbefeuchtung geeignet sein k�nnen (Getr�nke-pulver, Babynahrung). Bei dieser Fahrweise wird Pulver vorgelegt bzw. zugegebenund Fl�ssigkeit eingespr�ht. Das Prinzip der Wirbelschichtagglomeration ist sehrflexibel; bei Verwendung entsprechender Bindemittell�sungen (z.B. Zucker- oderSt�rkel�sungen, Melasse) l�ßt sich praktisch jeder Stoff agglomerieren. Von Gra-nulation wird gesprochen, wenn die Tropfen der eingespr�hten L�sung oder Sus-pension auf vorhandenen (vorgelegten oder zudosierten) Kernen spreiten und soschnell im Fluidisiergas abtrocknen, daß bei Partikelkollisionen keine Zusammen-lagerung stattfindet. Stattdessen wachsen die Partikeln schichtweise auf. Hier-durch l�ßt sich eine definierte Partikelstruktur erzielen, z.B. f�r pharmazeutischeAnwendungen oder D�ngemittel. Wenn das gew�nschte Kornspektrum erreichtist, k�nnen die Agglomerate in der Wirbelschicht auf ihre Endfeuchte herunterge-trocknet werden.

Abb. 6.14 Wirbelschichtagglomeration. Links: Batch-Verfahren, Mitte: kontinuierliche Mischkammermit nachgeschaltetem Fluidbett, rechts: Spr�htrocknung mit nachgeschaltetem Fluidbett.A Agglomerate, F Feingut, G Gas, K Konzentrat, L Fl�ssigkeit oder Dampf, P Pulver

202 6 Agglomerieren

Page 21: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Abb. 6.15 Prinzip der Dampfstrahlagglomeration.A Agglomerate, G Gas (Dampf), L Fl�ssigkeit, P Pulver

Ein Verfahren, das sich sehr gut zur Erzeugung schnell dispergierbarer, por�serAgglomerate eignet, ist die in Abbildung 6.15 schematisch dargestellte Dampf-strahlagglomeration [6.32]–[6.34]. Dieses Verfahren kann zur Agglomeration vonProdukten eingesetzt werden, die mindestens eine in Wasser schnell l�sliche Kom-ponente enthalten. Freifallende Partikeln werden hier in einer Befeuchtungskam-mer oder einem Fallschacht durch kondensierenden Dampf und eventuell zus�tz-lich fein verd�ste Fl�ssigkeit befeuchtet, gegeneinander bewegt – wobei aufgrundvon Kollisionen eine Partikelvergr�ßerung eintritt – und anschließend getrocknet.Ein wichtiges Einsatzgebiet des Verfahrens in der Nahrungsmittelindustrie ist dieHerstellung von Instant-Getr�nkepulvern. Die Einsatzstoffe werden zur Verbesse-rung der L�slichkeit als feindisperse Pulver vorgelegt. Bei der Zudosierung in denApparat entstehen aufgrund der Haftkr�fte zwischen den Prim�rpartikeln bereitsAgglomerate mit einer g�nstigen Porosit�t und Gr�ße, d.h., ein wesentlicher Korn-vergr�ßerungsschritt findet bereits hier statt. Die Voragglomerate k�nnen durchschonendes Befeuchten und nachfolgendes Trocknen im Fallturm im wesentlichenunver�ndert verfestigt werden. Alternativ wird das zudosierte Material bei intensive-rem Anstr�men zun�chst teilweise dispergiert, so dass sich die endg�ltige Partikel-gr�ßenverteilung nach der anschließenden Agglomeration im Schwarm einstellt.

Aufgrund der Entstehungsweise der Agglomerate – es wirken nur kleine Kr�fte –entstehen bei der Strahlagglomeration sehr lockere Agglomerate mit guten Redis-pergiereigenschaften. Ihre Festigkeit ist jedoch, verglichen z.B. mit Agglomeratenaus einer Wirbelschicht, etwas geringer. Als wesentlicher Vorteil des Verfahrens gilt– neben der kontinuierlichen Fahrweise mit kurzen Verweilzeiten – der niedrigeFl�ssigkeitsbedarf, der eine entsprechend kleine Trocknungsleistung erfordert. Das

2036.2 Grundverfahren des Agglomerierens

Page 22: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Produkt wird thermisch wenig belastet, was g�nstig f�r die Verarbeitung von Le-bensmitteln (Erhalt der Aromastoffe) und Pharmazeutika (Schonung empfindlicherWirksubstanzen) ist.

Ein Verfahren zur Agglomeration in fl�ssiger Umgebung ist die sogenannte»spherical agglomeration« [6.35], [6.36]. Eine Suspension der zu agglomerierendenPartikeln wird mit einer dritten, ebenfalls fl�ssigen Phase versetzt, die bevorzugtden Feststoff benetzt und die Partikeln durch Fl�ssigkeitsbr�cken miteinander ver-bindet. Liegt ein Gemisch aus Feststoffen mit unterschiedlicher Benetzbarkeit vor,kann auch selektiv agglomeriert werden. Nach dem Agglomerationsschritt ist eineFest/fl�ssig-Trennung und anschließend eine Trocknung erforderlich. In der phar-mazeutischen Industrie kann dieses Verfahren z.B. als Vorstufe einer Tablettierungeingesetzt werden [6.36].

Bei der Simulation bzw. Regelung von Aufbauagglomerationsverfahren werdenzwei Ans�tze verfolgt [6.37]. Einerseits k�nnen Agglomeratoren z.B. mit Fuzzy-Re-glern ausgestattet werden, um durch Erfahrungswerte einer Regelstrategie zu erhal-ten. Alternativ k�nnen Prozessregelsysteme auf einer Beschreibung der Agglomera-tionskinetik durch Populationsbilanzmodelle aufbauen. Populationsbilanzmodellek�nnen flexibel an verschiedene Verfahren angepaßt werden, verf�gen jedoch ande-rerseits �ber eine Vielzahl an Parametern, deren Werte nicht a priori zu bestimmensind. Sie m�ssen daher mit experimentell ermittelten Parametern best�ckt werden.Ein Anwendungsfall ist die Beschreibung des dynamischen Verhaltens von kontinu-ierlichen Agglomeratoren wie Agglomeriertellern [6.38] oder Wirbelschichten [6.39]zur Vermeidung von St�rf�llen. In den beiden letztgenannten Literaturstellen wirddas Populationsbilanzmodell von Sommer verwendet.

Ein neueres Modell zur Beschreibung des W�rme- und Stoff�bergangs sowie derPopulationsbilanz in der Wirbelschicht ver�ffentlichte Heinrich [6.40], der in sei-nem ersten Modellansatz (1980) die Aufbaugranulation (ohne Agglomeration) be-schreibt (siehe Abb. 6.16). An Modellen von Wirbelschichten f�r den Fall, dassAbrieb (d.h., interne Keimbildung) und Agglomeration mitber�cksichtigt werdenm�ssen, wird derzeit weiter geforscht. Neuere Ergebnisse wurden vorgestellt vonLink und Schl�nder [6.41], Becher und Schl�nder [6.42], Zank et al.[6.43], Rangelova et al. [6.44] und Ihlow et al. [6.45]. Eine wichtige Neuentwick-lung ist auch die Verwendung von Wasserdampf als Fluidisiergas [6.46], [6.47].Eine detaillierte Beschreibung des gegenw�rtigen Wissensstands auf dem Gebiet

Abb. 6.16 Modell der Wachstumskinetik bei der Wirbelschicht-Granulation nach M�rl

204 6 Agglomerieren

Page 23: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

der Wirbelschichtagglomeration findet sich in [6.48], eine �bersicht �ber Verfahrenzur kontinuierlichen Wirbelschichtagglomeration in [6.49].

6.2.2

Pressagglomeration

Pulverf�rmige Feststoffe k�nnen durch alleinige Einwirkung �ußerer Druckkr�fteagglomeriert werden. Dies kann entweder dadurch geschehen, daß eine definierteMenge Pulver in einer Matrize mit einem Stempel verdichtet wird (Tablettieren,Abb. 6.17 links), oder durch Abziehen eines Pulverstroms aus einem Vorrat undkontinuierliches Verpressen in geeigneten Maschinen. Beispiele hierf�r sind dasBrikettieren und das Walzenpressen (Abb. 6.17 rechts), eventuell mit nachgeschalte-ter Zerkleinerung der Sch�lpen. Eine unerw�nschte Form der Pressagglomerationist das Verbacken von Pulvern in Silos unter dem Einfluß des eigenen Gewichts.

Das Tablettieren mit Stempel und Matrize wird insbesondere f�r Arzneimittel,aber auch f�r Getr�nkepulver (Brausetabletten) und Waschmittel eingesetzt undkann mit Modellen beschrieben werden. Entsprechend instrumentierte Tabletten-pressen erlauben es, mit Hilfe dieser Modelle aus dem Materialverhalten auf die Ta-bletteneigenschaften zu schließen und Tablettierfehler zu vermeiden [6.50]–[6.52].

Je nach Fließf�higkeit des Pulvers ist eine Agglomeration auch dadurch m�glich,dass das Pulver kontinuierlich (z.B. in einem Kollergang oder mit einer Stopf-schnecke) durch L�cher in Sieben, Walzen oder Matrizen gepreßt wird (Formieren,Abb. 6.18). Sofern hierbei Pressstr�nge entstehen, m�ssen diese definiert zerklei-nert werden.

Bevorzugter Haftmechanismus bei der Pressagglomeration ist die van-der-Waals-Kraft, die durch Ann�hern der Partikeln bzw. Vergr�ßern der Kontaktbereichedurch Deformation stark erh�ht werden kann. Plastisch verformbare Stoffe ergebendabei Presslinge mit hoher Festigkeit, w�hrend spr�de, elastische Materialien als

Abb. 6.17 Grundverfahren der Pressagglomeration. Tablettieren (links) und Walzenpressen (rechts)

2056.2 Grundverfahren des Agglomerierens

Page 24: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Abb. 6.18 Grundverfahren der Pressagglomeration. Extrudieren (oben) und Lochpressen (unten)

schwer verpreßbar gelten. Abh�ngig vom Wassergehalt des Materials spielen auchFl�ssigkeitsbr�ckenkr�fte eine Rolle. Unter der Wirkung von Druck- und Scherkr�f-ten kann es außerdem dazu kommen, dass der Feststoff an den Kontaktstellen derPartikeln lokal erweicht bzw. aufschmilzt. H�ufig werden dem Material auchSchmier- und Bindemittel zugesetzt oder die Verpressbarkeit durch Temperaturer-h�hung verbessert [6.27]. Problematisch bei allen Pressverfahren ist die inhomo-gene Verdichtung der Presslinge, die zu inneren Spannungen f�hrt und die Festig-keit der Presslinge vermindert.

Bez�glich der Struktur der Agglomerate ist die Variationsbreite im Vergleich zurAufbauagglomeration eingeschr�nkt. Falls Haftung zwischen den Partikeln aus-schließlich durch van-der-Waals-Kr�fte vermittelt werden soll, sind meist sehr hohePressdr�cke (bis 1000 MPa [6.27]) erforderlich. Bei feuchtem Gut liegen die Press-dr�cke zwar um zwei bis vier Gr�ßenordnungen niedriger, es ist jedoch trotzdem inpraktisch allen F�llen mit einer deutlichen Verringerung der Porosit�t im Verlaufdes Pressvorgangs zu rechnen. Die Herstellung von lockeren Agglomeraten ist mitden Methoden der Pressagglomeration nicht m�glich.

6.2.3

Agglomeration durch Trocknung

Agglomerate k�nnen aus Suspensionen oder L�sungen hergestellt werden, indemman die Fl�ssigkeit durch Trocknen entfernt. Die Bindung kommt hier im Wesent-lichen durch Festk�rperbr�cken aus erstarrtem Material zustande. Es kann einer-seits zun�chst die Suspension oder L�sung in Form von Tropfen zerteilt werden,woraus sich im wesentlichen die sp�tere Agglomeratgr�ße ergibt, andererseits kannauch zun�chst eine gr�ßere Menge an getrockneter Substanz erzeugt werden, dieanschließend bis zur gew�nschten Korngr�ße zerkleinert wird.

206 6 Agglomerieren

Page 25: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Abb. 6.19 Grundverfahren der Agglomeration. Prinzip des Gefriertrocknens. K Konzentrat,A Agglomerate

In Abbildung 6.14 rechts ist ein Spr�hturm mit nachgeschaltetem Fließbett undFeingutr�ckf�hrung dargestellt. Spr�htrocknung ist ein bedeutendes Verfahren in derLebensmittelindustrie, wird aber auch z.B. f�r die Waschpulverherstellung verwen-det. H�ufig entstehen bei der Trocknung Hohlkugeln, die vor der Weiterverwendungdes Produkts aufgemahlen und nachagglomeriert werden m�ssen. Eine Alternativef�r schwer zu trocknende Materialien ist die Spr�h-Bandtrocknung (Filtermat-Tech-nik), bei der das im Spr�hturm vorgetrocknete Material auf ein Band f�llt und dortim Gutbett weiter getrocknet und gek�hlt werden kann. Das trockene Material wirdanschließend bis zur gew�nschten Korngr�ße zerkleinert.

Ein besonders produktschonendes, aber energieintensives und teures Verfahrenist die Gefriertrocknung (Abb. 6.19). Sie bietet sich insbesondere f�r hochwertigeProdukte aus dem Lebensmittel- und Pharmabereich an. Es lassen sich je nachanf�nglicher Konzentration auch sehr por�se Agglomerate mit hervorragendenWiederbefeuchtungseigenschaften erzeugen. Eine Neuentwicklung in diesem Be-reich ist die Spr�h-Gefriergranulation [6.53].Wenn das Produkt nicht besonders hitzeempfindlich ist, kann z.B. auch Walzen-

trocknung mit anschließender Zerkleinerung eingesetzt werden. Ein Anwendungs-beispiel ist die Produktion bestimmter Typen von Quellst�rke.

6.2.4

Sintern

Bei vielen Stoffen tritt ab etwa 60% der absoluten Schmelztemperatur der Effekt desSinterns auf. F�r Metalle, Erze oder Metalloxide ist das Sintern eine �bliche Me-thode zur Erzeugung von Agglomeraten mit hoher Festigkeit.

Das bedeutendste Sinterprodukt ist Eisenerz. Hier werden durch Rollagglomera-tion erzeugte Pellets durch Hitzeeinwirkung geh�rtet. Alternativ wird pulverf�rmi-

2076.2 Grundverfahren des Agglomerierens

Page 26: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

ges Erz auf B�ndern kontinuierlich erhitzt und das versinterte Material anschlie-ßend bis zur gew�nschten Korngr�ße zerkleinert.

6.3

Eigenschaften von Agglomeraten

Ziel der Agglomeration ist es, mit dem Wissen �ber die Wirkungsweise der Verfah-ren (Prozessfunktionen) und die M�glichkeiten der Beeinflussung der Produktei-genschaften (Eigenschaftsfunktionen) Produkten gezielt bestimmte Eigenschaftenzu verleihen. Diese Vorgehenesweise wird als »Produktgestaltung« bezeichnet. Bei-spiele aus dem Lebensmittelbereich finden sich bei Wollny [6.54], der die Gestal-tung der Eigenschaften pulverf�rmiger Lebensmittel durch Strahlagglomerationuntersuchte und neue Messverfahren entwickelte.

Aufgrund der Vielzahl von m�glichen Anwendungen agglomerierter Produktespielen bei der Qualit�tsbeurteilung viele Eigenschaften eine Rolle, vgl. [6.55] und[6.56]. Neben der Partikelgr�ßenverteilung, der Oberfl�che und der Sch�ttdichte desagglomerierten Materials sind insbesondere die Festigkeit und die Porosit�t der Ag-glomerate, die im Allgemeinen ebenfalls verteilte Gr�ßen sind, sowie die Gr�ßen-verteilung der Poren von Bedeutung. Weiterhin sind auch die Partikelform (bzw.-verteilung), die Farbe, die sch�ttgutmechanischen Eigenschaften sowie die Lager-stabilit�t des agglomerierten Produkts von Interesse. Im pharmazeutischen Bereichist die Mischungshomogenit�t ein besonders wichtiges Kriterium.

Eine �bersicht �ber Methoden zur Charakterisierung von Agglomeraten findetsich in [6.57]. Methoden zur Beschreibung einiger der vorgenannten Eigenschaftensind in den Abschnitten 6.2 und 6.5 beschrieben. Im folgenden wird auf einige aus-gew�hlte Eigenschaften eingegangen.

6.3.1

Porosit�t und Porengr�ßenverteilung

Als Porosit�t " wird das Verh�ltnis aus Hohlraumvolumen VH zu GesamtvolumenVges bezeichnet:

" ¼ VHVges

¼ 1� VsVges

ð6:14Þ

Hierbei ist Vs das Feststoffvolumen. Wird ein Agglomerat aus Partikeln aufgebaut,die selbst �ber eine Porosit�t "p verf�gen, so gilt f�r die Gesamtporosit�t des Agglo-merats

"A ¼ 1� ð1� "pÞ � ð1� "aÞ ð6:15Þ

Hierin ist "a das Verh�ltnis des Hohlraumvolumens zwischen den agglomeratbil-denden Partikeln zum Gesamtvolumen des Agglomerats. Die Porosit�t eines Hauf-werks aus derartigen Agglomeraten betr�gt

208 6 Agglomerieren

Page 27: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

" ¼ 1� ð1� "AÞ � ð1� "hÞ ð6:16Þ

Hierin ist "h das Verh�ltnis des Hohlraumvolumens zwischen den Agglomeratenzum Gesamtvolumen des Haufwerks. In der Praxis wird h�ufig die Sch�ttdichte(scheinbare Dichte, auch Sch�ttgewicht genannt) verwendet:

�sch ¼ ð1� "pÞ � ð1� "aÞ � ð1� "hÞ � �s ¼ ð1� "Þ � �s ð6:17Þ

Meßmethoden zur Bestimmung der Porosit�t von Agglomeraten sind unter ande-rem in [6.57] beschrieben. Falls es sich um bruchempfindliches Material handeltund andere Methoden nicht anwendbar sind, kann mittels bildanalytischer Volu-menbestimmung und Pr�zisionsw�gung die Porosit�t einzelner Agglomerate mitbefriedigender Genauigkeit ermittelt werden [6.58].

Die Porengr�ßenverteilung kann u. a. durch Quecksilber-Porosimetrie, mit derKapillarkondensationsmethode und der Sorptionsmethode bestimmt werden (sieheAbschnitt 2.2.2.2). Hierf�r werden entsprechende Messger�te angeboten, die nebender eigentlichen Messung auch die erforderliche Auswertung unter Verwendung ge-eigneter Porenmodelle erm�glichen.

6.3.2

Festigkeit

Die Festigkeit umfaßt alle Eigenschaften, die die Widerstandsf�higkeit des Agglome-rats gegen�ber mechanischer Beanspruchung beschreiben. Pr�fmethoden, die mitunterschiedlichen Beanspruchungsarten arbeiten, sind in Abbildung 6.20 schema-tisch dargestellt (siehe auch Abschnitt 2.2.2.3). Nicht alle sind f�r wiederkehrendeMessungen in der Qualit�tssicherung geeignet, jedoch werden der Diametral-Druck-test und der Biegeversuch z.B. standardm�ßig zur Tablettenpr�fung eingesetzt.Auch der Abriebtest findet hier Verwendung. In der in Abbildung 6.20 gezeigtenFunktionsweise sind Prall und Abrieb kombiniert; die Bauform wird als Friabilatorbezeichnet und zur Pr�fung von Preßk�rpern und Aufbauagglomeraten eingesetzt.

Diametraldruck- und Biegeversuch erlauben es, als Stoffkennwert die Zugfestig-keit �z des agglomerierten Materials zu ermitteln. F�r d�nne Tabletten (1 D) l�ßtsich �z aus der maximalen Druckkraft Fp berechnen:

�Z ¼ 2 � Fp� �D � l ð6:18Þ

Viele Agglomerate besitzen spr�des Stoffverhalten, so dass die maximale Zugspan-nung bzw. die Zugfestigkeit des Agglomerats entscheidend f�r den Bruch sind. DerZugversuch eigent sich daher f�r grundlegende Untersuchungen.

In einfachen F�llen kann �z auch theoretisch beschrieben werden. F�r ann�-hernd monodisperse, konvexe und gleichm�ßig in einem Haufwerk der Porosit�t "angeordnete Partikeln des Durchmessers d gibt Rumpf [6.59] an:

�z ¼1� "

"� FH

d2ð6:19Þ

2096.3 Eigenschaften von Agglomeraten

Page 28: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Abb. 6.20 Festigkeitspr�fmethoden f�r Agglomerate

Hierbei ist FH die mittlere Haftkraft, die an den Kontakten der Partikeln �bertragenwird und die Voraussetzung der Superponierbarkeit erf�llen muß. Es kommen alsonur Haftkr�fte l�ngerer Reichweite in Frage, nicht jedoch die van-der-Waals-Kraft.F�r Fl�ssigkeitsbr�cken hingegen kann die Zugfestigkeit aus einer zuvor gemesse-nen Kapillardruckkurve des Partikelhaufwerks berechnet werden (siehe Abb. 6.21)[6.60], [6.61].

6.3.3

Wiederbefeuchtungsverhalten

Eine Vielzahl von Produkten, u. a. aus den Bereichen Lebensmittel, Farbstoffe,Waschmittel, usw. wird agglomeriert, um das Endprodukt leichter wiederbefeuchtenund besser dispergieren zu k�nnen. Ein wesentliches Qualit�tsmerkmal ist in die-sem Fall die F�higkeit des Materials, schnell benetzt werden zu k�nnen. Ein schnellbenetzbares Material soll in kurzer Zeit unter die Oberfl�che einer Fl�ssigkeit sin-ken und sich einmischen lassen, bevor die Agglomerate zerfallen und die Feinver-teilung bzw. Aufl�sung des Materials einsetzt.

Schubert beschreibt die Vorg�nge, die beim Eindringen einer Fl�ssigkeit inein Haufwerk ablaufen, sowie verschiedene Methoden zur Bestimmung von Be-feuchtungsverhalten und Dispergiergrad [6.30]. Die anf�ngliche Befeuchtung ei-nes Pulvers, das auf eine Fl�ssigkeit aufgegeben wird, verl�uft stets instation�r,d.h. die Befeuchtungsgeschwindigkeit ist nicht konstant. In vielen F�llen kanndieser Bereich gut durch die Beziehung h � t0;5 angen�hert werden. Ist die Fl�s-sigkeit weit genug in das Haufwerk eingedrungen bzw. die Befeuchtungsge-schwindigkeit hinreichend abgesunken, k�nnen Partikeln aus dem Haufwerk ab-

210 6 Agglomerieren

Page 29: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Abb. 6.21 Zugfestigkeit und Kapillardruck eines feuchten Haufwerks als Funktion des Fl�ssigkeits-s�ttigungsgrads

sedimentieren. Ein sogenanntes station�res Befeuchten ist erreicht, wenn sich dieUntergrenze des Haufwerks so schnell verschiebt wie die Fl�ssigkeit ins Haufwerkeindringt. Die H�he des befeuchteten Abschnitts ist in diesem Fall konstant. L�senund/oder Quellen von Partikeln k�nnen ein vom t0;5-Gesetz deutlich abweichendesVerhalten bewirken, insbesondere kann das Ph�nomen der »kritischen H�he« bzw.der »kritischen Benetzungszeit« auftreten [6.30]. Hierbei kommt die Befeuchtungbei einer bestimmten Sch�tth�he zum Erliegen, d.h., Pulverschichten mit einerH�he gr�ßer als die kritische H�he k�nnen nicht vollst�ndig befeuchtet werden.

Zur genauen Ermittlung des zeitlichen Verlaufs der Befeuchtung einer Pulver-sch�ttung eignen sich die Keil- bzw. die Kegelmethode: Bei diesen Messmethodenwird eine Pulversch�ttung in Form eines Keils oder einer Kreisscheibe mit kegelf�r-miger Vertiefung erzeugt, so dass die Sch�tth�he kontinuierlich ansteigt (sieheAbb. 6.22 [6.62]). Die Sch�ttung wird von unten befeuchtet, wobei der Anstieg derFl�ssigkeitsfront an der Oberfl�che der Sch�ttung verfolgt werden und so die insta-tion�re Benetzungskinetik ermittelt werden kann. Wollny f�hrte mit dieser Me-thode zahlreiche Messungen an Lebensmittelpulvern durch, die von ihm mit demStrahlagglomerationsverfahren agglomeriert wurden [6.54]. Abbildung 6.23 zeigtvon Pohl gemessene Befeuchtungskurven von nanoskaligen Titandioxidpartikeln,die durch Spr�h-Gefriergranulation agglomeriert wurden.

2116.3 Eigenschaften von Agglomeraten

Page 30: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

Abb. 6.22 Schema der Kegel-Methode zur Bestimmung der Befeuchtungskinetik von Pulversch�ttungennach [6.62]

Abb. 6.23 Instation�re Befeuchtung von Titandioxid-Nanopartikeln nach Agglomeration durchSpr�h-Gefriertrocknung (Pohl, 2002). Angaben zum Feststoffgehalt beziehen sich auf die Suspensionvor der Trocknung, die Restfeuchte wurde nach der Gefriertrocknung ermittelt

212 6 Agglomerieren

Page 31: Mechanische Verfahrenstechnik (Bohnet/Mechanische Verfahrenstechnik) || Agglomerieren

6.3.4

Weitere Eigenschaften

Neben den erw�hnten Eigenschaften existieren zahlreiche andere Merkmale, diequalit�tsentscheidend sein k�nnen. Hierzu z�hlen die Depotwirkung bei Pharmakaund Pflanzenschutzmitteln, die Kompressibilit�t, das Trocknungsverhalten ein-schließlich der dabei m�glichen Rissbildung (Gr�nk�rper bei keramikverarbeiten-den Prozessen), sowie das Verhalten bei extremen Temperaturen. F�r Erz-Agglome-rate existieren z.B. spezielle Pr�fverfahren zur Beurteilung des Sinter- und Brenn-verhaltens, der Reduzierbarkeit sowie des Schwell- und Schrumpfverhaltens.

7

Mischen

Bei einem Mischprozess sollen Stoffe oder Stoffstr�me so vereinigt werden, dassdie Zusammensetzung aller Teilvolumina aus den einzelnen Komponenten m�g-lichst identisch ist. Bei der Auslegung stehen Fragen der Leistungsaufnahme undder Mischzeit im Vordergrund. Zus�tzlich k�nnen Stoffaustausch, W�rme�bergangund Verweilzeitverhalten eine Rolle spielen. Die zu mischenden Stoffe k�nnen gas-f�rmig, fl�ssig oder fest sein. F�r Mischprozesse mit Stoffen unterschiedlicherPhase sind besondere Bezeichnungen �blich, so nennt man das Verteilen von Gasin einer Fl�ssigkeit Begasen, den umgekehrten Fall Zerst�uben. Beim Verteilen ei-nes Feststoffs in einer Fl�ssigkeit spricht man von Suspendieren.

7.1

Ablauf von Mischvorg�ngen

Eine vereinheitlichte Beschreibung des Ablaufs der Vermischung, �bergreifend�ber die verschiedenen Teilgebiete (Fluide, Feststoffe), ist wegen produktspezifi-scher Unterschiede und einer Vielzahl gebr�uchlicher Apparate kaum m�glich.

F�r die formale Beschreibung eines Mischvorgangs, als einem Vorgang instatio-n�ren Konzentrationsausgleichs und vereinfacht nur l�ngs einer Richtung l betrach-tet, gilt:

@c

@t¼ �� � @c

@lþ @2½ðM þDÞc�

@l2ð7:1Þ

Diese Gleichung wurde f�r die statistische Dynamik zum erstenmal von Fokker

[7.1] und Planck [7.2] formuliert. Danach ist f�r die zeitliche Konzentrations�n-derung @c=@t einer betrachteten Komponente in einem L�ngenelement l sowohlkonvektiver Transport (�) als auch dispersiver Transport (M þD) aufgrund stoch-astischer Partikel- oder Fluidbewegung maßgebend; D ist der die thermische Be-weglichkeit von Gas- oder Fl�ssigkeitsmolek�len beschreibende Diffusionskoeffi-zient, der f�r die Feinstvermischung im Mikromaßstab verantwortlich ist. DerMisch- oder Dispersionskoeffizient M erfasst stochastische Bewegungen (z.B. Tur-

2137.1 Ablauf von Mischvorg�ngen