laudatio anläßlich der verleihung des bundesverdienstkreuzes an herrn prof. dr. konrad hammacher

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104 L A U D A T I O Herr Prof. Hammacher wurde 1928 in Essen geboren. Von 1956–1960 war er in der Frauenklinik der Medizini- schen Akademie in Düsseldorf tätig. Damals begann er sich mit dem Pro- blem der apparativen Herzschlagüber- wachung des Feten zu befassen. Da er sah, daß man diesem Problem mehr grundlagenwissenschaftlich entgegen treten mußte, ging er von 1961–1963 an das Physiologische Institut der Uni- versität Münster. Dort hatte er die ei- gentlich geniale Idee, die den Namen Hammacher auf immer mit der appa- rativen Herzschlagüberwachung in der ganzen Welt verbinden wird, nämlich die Idee, die elektronisch gemessenen periodischen Zeitintervalle zwischen den einzelnen Herzaktionen miteinan- der zu vergleichen. Im Mai 1963 kehrte Herr Hammacher an die Uni- versitäts-Frauenklinik nach Düssel- dorf zurück und hat hier die ersten Pro- totypen seines Geräts gebaut. Seit 1965 wurde er bei der Entwicklung seiner medizinischen Geräte von der Fa. Hewlett-Packard unterstützt. In diese Zeit fällt auch die Entwicklung der Begriffe „Kardiotokographie“ und „CTG“, die von Herrn Hammacher ge- prägt wurden und in die klinische Rou- tine aufgenommen wurden. Wer heute jünger als 50 Jahre alt ist, kann sich gar nicht vorstellen, daß Ausdrücke wie Kardiotokographie und CTG früher nicht im Kreißsaal präsent waren und daß die Geburtshilfe ohne diese Über- wachungsmethode betrieben wurde. Herr Hammacher hat sich mit Hilfe der Kardiotokographie und seiner patho- Ich begrüße Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, sowie die Prorek- torin der Universität Düsseldorf, Frau Prof. Mae, den Präsidenten der Deut- schen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie den Präsiden- ten des Berufsverbands der Frau- enärzte zu dem nun anstehenden Er- eignis: Der Präsident der Bundesrepu- blik Deutschland hat auf Antrag des Ministerpräsidenten des Landes Nord- rhein-Westfalen Herrn Prof. Dr. med. Konrad Hammacher das Bundesver- dienstkreuz am Bande verliehen. Wir gratulieren Herrn Prof. Hammacher zu dieser Auszeichnung und freuen uns, daß diese Auszeichnung während die- ses Fortbildungskongresses „Seminar der frauenärztlichen Akademie“ in Düsseldorf überreicht wird. physiologischen Grundlagenkennt- nisse zu einem hervorragenden Ken- ner des Regelkreises des fetalen Kreis- laufs entwickelt. Seine Interpretatio- nen gehen weit über Scorepunkte hin- aus: „Die Kardiotokographie bringt eine Fülle von Informationen, die bei konsequenter Ausschöpfung eine funktionelle Analyse einer Fre- quenzdynamik des fetalen Herzens er- möglichen“. 1969 wurde Herrn Hammacher der gerade geschöpfte Maternité-Preis der Deutschen Gesellschaft für Peri- natale Medizin verliehen mit der Begründung: „Die Entwicklung des ersten einfachen, für Routinezwecke geeigneten Registrierprinzips zur Überwachung der fetalen Herzaktio- nen“. Im Mai 1969 verließ Herr Hamma- cher Düsseldorf und übernahm die Leitung der Sektion für Biomedizini- sche Technik der Fa. Hoffmann La Ro- che in Basel. In dieser Baseler Zeit hat er sich neben anderen biomedizini- schen Problemen mit der beheizten Elektrode für die transkutane Sauer- stoffdruckmessung befaßt. Im Februar 1972 begann er wieder mit der klini- schen Arbeit als Oberarzt an der Ba- seler Universitäts-Frauenklinik unter Prof. Otto Käser, der ihn auch 1974 ha- bilitierte. Im April 1977 nahm Herr Prof. Hammacher den Ruf auf den Lehrstuhl für Geburtshilfe und Frau- enheilkunde an die Universitäts-Frau- enklinik Tübingen an. Er wurde dort 1985 emeritiert. Herr Prof. Hammacher hat über die apparative Herzschlagüberwachung hinaus viele konstruktive und techni- sche Ideen gehabt, die heute an man- chen Stellen in der Geburtshilfe gese- hen werden können, einschließlich einer speziellen Rooming-in-Bettein- heit oder einem neuartigen Beat- mungsprinzip von Neugeborenen. Die Vorstellungen und die geniale Idee der Kardiotokographie hat einen Sieges- zug um die Welt angetreten. Konrad Hammacher ist mit diesem Prinzip Teil geworden der Geschichte der Me- dizin und der Geschichte der Geburts- hilfe. Joachim W. Dudenhausen, Berlin PerinatalMedizin (1999) 10: 104 © Springer-Verlag 1999 Laudatio anläßlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Herrn Prof. Dr. Konrad Hammacher

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Herr Prof. Hammacher wurde 1928in Essen geboren. Von 1956–1960 warer in der Frauenklinik der Medizini-schen Akademie in Düsseldorf tätig.Damals begann er sich mit dem Pro-blem der apparativen Herzschlagüber-wachung des Feten zu befassen. Da ersah, daß man diesem Problem mehrgrundlagenwissenschaftlich entgegentreten mußte, ging er von 1961–1963an das Physiologische Institut der Uni-versität Münster. Dort hatte er die ei-gentlich geniale Idee, die den NamenHammacher auf immer mit der appa-rativen Herzschlagüberwachung in derganzen Welt verbinden wird, nämlichdie Idee, die elektronisch gemessenenperiodischen Zeitintervalle zwischenden einzelnen Herzaktionen miteinan-der zu vergleichen. Im Mai 1963kehrte Herr Hammacher an die Uni-versitäts-Frauenklinik nach Düssel-dorf zurück und hat hier die ersten Pro-totypen seines Geräts gebaut. Seit1965 wurde er bei der Entwicklungseiner medizinischen Geräte von derFa. Hewlett-Packard unterstützt. Indiese Zeit fällt auch die Entwicklungder Begriffe „Kardiotokographie“ und„CTG“, die von Herrn Hammacher ge-prägt wurden und in die klinische Rou-tine aufgenommen wurden. Wer heutejünger als 50 Jahre alt ist, kann sich garnicht vorstellen, daß Ausdrücke wieKardiotokographie und CTG frühernicht im Kreißsaal präsent waren unddaß die Geburtshilfe ohne diese Über-wachungsmethode betrieben wurde.Herr Hammacher hat sich mit Hilfe derKardiotokographie und seiner patho-

Ich begrüße Sie, meine sehr verehrtenDamen und Herren, sowie die Prorek-torin der Universität Düsseldorf, FrauProf. Mae, den Präsidenten der Deut-schen Gesellschaft für Gynäkologieund Geburtshilfe sowie den Präsiden-ten des Berufsverbands der Frau-enärzte zu dem nun anstehenden Er-eignis: Der Präsident der Bundesrepu-blik Deutschland hat auf Antrag desMinisterpräsidenten des Landes Nord-rhein-Westfalen Herrn Prof. Dr. med.Konrad Hammacher das Bundesver-dienstkreuz am Bande verliehen. Wirgratulieren Herrn Prof. Hammacher zudieser Auszeichnung und freuen uns,daß diese Auszeichnung während die-ses Fortbildungskongresses „Seminarder frauenärztlichen Akademie“ inDüsseldorf überreicht wird.

physiologischen Grundlagenkennt-nisse zu einem hervorragenden Ken-ner des Regelkreises des fetalen Kreis-laufs entwickelt. Seine Interpretatio-nen gehen weit über Scorepunkte hin-aus: „Die Kardiotokographie bringteine Fülle von Informationen, die beikonsequenter Ausschöpfung einefunktionelle Analyse einer Fre-quenzdynamik des fetalen Herzens er-möglichen“.

1969 wurde Herrn Hammacher dergerade geschöpfte Maternité-Preisder Deutschen Gesellschaft für Peri-natale Medizin verliehen mit der Begründung: „Die Entwicklung desersten einfachen, für Routinezweckegeeigneten Registrierprinzips zurÜberwachung der fetalen Herzaktio-nen“.

Im Mai 1969 verließ Herr Hamma-cher Düsseldorf und übernahm dieLeitung der Sektion für Biomedizini-sche Technik der Fa. Hoffmann La Ro-che in Basel. In dieser Baseler Zeit hater sich neben anderen biomedizini-schen Problemen mit der beheiztenElektrode für die transkutane Sauer-stoffdruckmessung befaßt. Im Februar1972 begann er wieder mit der klini-schen Arbeit als Oberarzt an der Ba-seler Universitäts-Frauenklinik unterProf. Otto Käser, der ihn auch 1974 ha-bilitierte. Im April 1977 nahm HerrProf. Hammacher den Ruf auf denLehrstuhl für Geburtshilfe und Frau-enheilkunde an die Universitäts-Frau-enklinik Tübingen an. Er wurde dort1985 emeritiert.

Herr Prof. Hammacher hat über dieapparative Herzschlagüberwachunghinaus viele konstruktive und techni-sche Ideen gehabt, die heute an man-chen Stellen in der Geburtshilfe gese-hen werden können, einschließlich einer speziellen Rooming-in-Bettein-heit oder einem neuartigen Beat-mungsprinzip von Neugeborenen. DieVorstellungen und die geniale Idee derKardiotokographie hat einen Sieges-zug um die Welt angetreten. KonradHammacher ist mit diesem Prinzip Teil geworden der Geschichte der Me-dizin und der Geschichte der Geburts-hilfe.

Joachim W. Dudenhausen, Berlin

PerinatalMedizin (1999) 10:104 © Springer-Verlag 1999

Laudatio anläßlich der Verleihungdes Bundesverdienstkreuzes anHerrn Prof. Dr. Konrad Hammacher