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Kaiser q Allee

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Besuch von Kaiser Qädamawi Haile Selassie

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Der Kaiser von Äthiopien, Haile Selassie, traf mit einem Sonderflugzeug aus Portugal kommend, am Freitag den 31.07.1959, auf dem Flughafen Stuttgart-Echterdingen ein. Der Negus, der einen grauen Zweireiher trug, wurde beim verlassen des Flugzeuges vom äthiopischen Geschäftsträger in Bonn, Ato Gebrewold, begrüßt. Damen der äthiopischen Diplomatzen empfingen den Herr-scher mit Hofknicks. Der Kaiser ließ sich die Vertreter des gastgebenden Landes Baden-Württemberg, Ministerialdirektor Dr. Spreng, und den Kurdirektor von Baden-Baden, Dr. Montenburck, vorstellen. In einem von Beamten der Landespolizei begleite-ten Wagenkonvoi fuhr Kaiser Haile Selassie unmittelbar nach seiner Ankunft vom Flughafen mit einem Wagen, über die Autobahn, nach Baden-Baden weiter. Dort will er sich einige Wochen von der Anstrengung seiner Reisen erholen, die ihn nach Kairo, Moskau, Prag, Brüssel, Paris und Lissabon führte. Der Kaiser hatte dies schon im Juni bekundet und gebeten diesen Besuch als „completly inkognito“ einzustu-fen. Nun pflegt der Löwe von Juda hauptsächlich die Ruhe, plant aber spontane Ausflüge in die Umge-bung zu machen.

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Kaiser Haile Selassie ist wohl einer der unauffäl-ligsten gekrönten Kurgäste den die prominenten Besuch gewohnte Bäderstadt Baden-Baden in ihren Mauern beherbergt je hat. Schon bevor der Negus Negest in Baden-Baden eintraf, hatte der ehrwürdige Monarch geäußert sich bitte unbehel-ligt erholen zu können. Um 17.25 Uhr traf Kaiser Haile Selassie vor dem Hotel „Europäischer Hof“ ein, wo sich dennoch eine größere Menschenmenge eingefunden hatte, um Zeuge der Ankunft des Herrschers zu sein. Zahlreiche Polizeibeamte in Zivil hatten die über die Oos-Brücke führende Zufahrt zum Hotel von der Kaiser-Allee aus peinlich genau abgesperrt, so dass die Fotografen nur aus einiger Entfernung „blitzen“ konnten und die Zuschauer die Ankunft des Kaisers von der Allee aus beobachten muss-ten. Da es sich um einen ausgesprochenen Privat-besuch des Kaisers handelte, war auch auf jeden offiziellen Empfang oder eine Begrüßung durch die Stadtverwaltung von Baden-Baden verzichtet worden. Ein Mädchen der Baden-Badener Trachtengruppe in St. Märgener Tracht überreichte der Enkelin des Kaisers, Prinzessin Aida, im Vestibül des Hotels einen Strauß roter und gelber Nelken und

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entbot den Gästen ein herzliches Willkommen in der Kurstadt. Unmittelbar nach der kurzen Begrüßung begaben sich der Kaiser und sein 14-köpfiges Gefolge, darunter zwei Minister, in die reservierten Apart-ments des Hotels. Nach wenigen Minuten war die ganze Ankunft des Kaisers für die lange aushar-renden Zuschauer vorüber denn der Kaiser kam mit mehr als einstündiger Verspätung an. Aus seinem Apartment im zweiten Stock des „Europäischen Hofes“ sieht der Kaiser auf den Kurgarten und die an dem Hotel vorüberführen-de Kaiser-Allee. Der Negus ist ein stiller, unauffälliger Herr, der ein ebensolches Auftreten liebt. Auch die Minis-ter, die ihn begleiten, machen keinem Aufheben von sich. In dunklen, erstklassigen geschnittenen Anzügen sieht man sie in den Geschäften der Kurstadt. „Baden-Baden is wonderful“, meinte einer der Herren aus seiner Begleitung am Tage der An-kunft. Wenige Stunden später herrschte auf der Schwarzwald-Hochstraße Nebel und der berühmte Blick auf die Rheinebene war versperrt, als die kaiserliche Wagenkolonne über das grau-schwarze Asphaltband kroch. Der Herrscher hat etwas gegen unvorsichtiges Autofahren. Ersichtlich

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zufrieden kehrte er von dem ersten Ausflug in die Umgebung Baden-Badens zurück. Bei einer „Schwarzwaldtour“ hatte der Kaiser dann majestätisches Wetter, alles er am „Hohritt“ die gewünschten, ihm unbekannten, Tannenwäl-der besichtigte. In Begleitung von Forstbeamten genoss der Gast den Wald von Baden-Baden bis Kaltbronn. Allerdings wurde die ganze Strecke nicht zu Fuß sondern auch mit dem Auto zurück-gelegt. Am Sonntag, den 02.08., besuchte der Kaiser das Friederichsbad, in dem der Herrscher Bekannt-schaft mit dem Großen Gesellschaftsbad machte. Die Türen wurden hermetisch geschlossen, als sie den Negus hinter sich wussten. „Seine Majestät hat die sieben Etappen des Bades einschließlich Bürstenmassage mit Seifenschaum mit Behagen genossen“ hieß es hinterher. Währenddessen besichtigte Prinzessin Aida, die dreißigjährige Enkelin des Kaisers, die Damenabteilung des Thermalbades. Als der Kaiser einmal, nachdem er eine Behand-lung im Friederichsbad genossen hatte, das Gebäude verlassen wollte, warteten zwei kleine Mädchen vor dem Ausgang, um einen Blick auf einen „richtige Kaiser“ zu werfen. Die vierjährige

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Martina und die dreijährige Andrea aus der nahen Gernsbacher Straße winkten eifrig als der hohe Gast die Freitreppe herunterkam, und als er sie bemerkte, machten sie einen Knicks. Haile Selassie reagierte erfreut, griff in die Tasche und schenkte den beiden Mädchen je eine äthiopische Goldmünze. Am Montagvormittag hielt die große Limousine des Kaisers vor dem Fangohaus. Haile Selassie verschwand schnell hinter der großen Tür. Viel mehr war nicht zu erfahren denn Ärzte und Personal des Fangohauses sind die Diskretion selbst. In den Nachmittagsstunden war der Kaiser mit seiner Begleitung Gast des Markgrafen Berthold von Baden und seiner Gattin Thodora auf dem neuen Schloss. Der Markgraf erwiderte mit der Einladung die Gastfreundschaft, die sein Sohn bei einem Besuch in Äthiopien am kaiserlichen Hof genossen hat. Unauffällig kehrte der Kaiser später in den „Europäischen Hof“ zurück. Auf einem Besuch auf dem Balkon wurde verzich-tet – es ist kühler in Baden-Baden als ansonsten in dieser Jahreszeit üblich.

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Seine Spaziergänge machte Haile Selassie in der Kurstadt. Sie führten ihn einmal durch die Kaiser-Allee zum Kloster Lichtenthal und ein andermal auf den Michaelsberg zur Sturdzakapelle. Über den Ausflug zur Rumänischen Kapelle wurde berichtet, dass der Kaiser dort die berühmte Schauspielerin Barbara von A. antraf, und sie auf den Besichtigungswunsch des Kaisers hin sofort als Dolmetscherin eintrat und sich auch als gute Führerin erwies, als sie den Kaiser durch die Kapelle geleitete. „Alle Baden-Badener, die durch ihr berufliches Wirken bisher in Berührung mit dem zurückgezo-genen lebenden Kaiser von Äthiopien gekommen sind, die Direktoren und das Personal des Hotels, der behandelnde Arzt, der Kurdirektor und Bäderdirektor sowie auch die den hohen Gast beschützende Polizei- und Kriminalbeamten sind von der Würde und der majestätischen Gelassen-heit des Herrschers tief beeindruckt.“

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Am 4. August stellte sich Kaiser Haile Selassie vormittags eine Viertelstunde im Hotelvestibül Presse und Rundfunk zu Aufnahmen zur Verfü-gung. Gegen 11 Uhr empfing der Negus den Oberbürgermeister Dr. Schlapper zu einem kurzen Höflichkeitsbesuch. Der Oberbürgermeister über-reichte dem Kaiser einen Bildband von Baden-Baden und das schöne Buch über den Stadtwald. Der erfreute Kaiser bat, zur Verwunderung aller anwesenden, den Oberbür-germeister der Bevölkerung seinen besonderen Dank für die ihm gegenüber geübte Zurückhaltung zu übermitteln. Und um konsequent die Baden-Badener Tage zur Ent-spannung ausnützen zu kön-nen, erbat sich der 67jährige Herrscher auch Verständnis dafür, dass er keinen offiziellen Empfang wünsche. Der äthiopische Monarch interessierte sich besonders für die volksgesundheitlichen und medizinische Einrich-tung in den von ihm besuchten Ländern, um

Haile Selassie auf dem Heidelberger Schloss nach dem Besuch in der Klink

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Anregungen für den Ausbau und die Modernisie-rung in seinem Lande zu empfangen. Deshalb besuchte der Kaiser gestern Nachmittag auch die Chirurgische Universitätsklink in Heidelberg, um einer Operation von Professor Dr. Bauer zuzu-schauen und dabei die modernsten Operations-saalgeräte und Instrumente kennen zu lernen. Der Kaiser plant auch noch andere Krankenan-stalten aufzusuchen. Genauere Pläne des Kaisers waren aber nicht bekannte.

Am 7. August empfing Kaiser Haile Selassie auf seinen telefonisch übermittelten Wunsch, den deutschen Ministerialdirektor, zu einer Bespre-chung im Hotel „Europäischer Hof“ in Baden-Baden. Anwesend war nur der äthiopische Hof-minister, der jedoch lediglich das Protokoll schrieb, aber kein Wort sagte. Im Anschluss des Gespräches, um 12 Uhr lud der Kaiser den Ministerialdirektor zum gemeinsamen Mittages-sen ein, an dem auch die Enkelin Aida Desta und der Hofminister teilnahmen. Die Unterhaltung wurde ohne Dolmetscher auf französisch geführt, sodass der Kaiser fließend sprach. Der Kaiser berichtete, er habe eine große Reise durch Europa hinter sich, die ihn unter anderem nach Moskau, Paris und Lissabon geführt habe. In Baden-Baden habe er jetzt Gelegenheit gehabt, die Ereignisse

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der Reise in Ruhe zu überdenken. Er sei zu der Erkenntnis gekommen, dass das Problem der wirtschaftlichen Entwicklung seines sich teilweise noch im Mittelalter befindenden Landes unver-züglich und zwar mit großem Stil, in Angriff genommen werden müsse. Haile Selassie habe den großen Wunsch, dass diese Aufgabe von der Bundesrepublik über-nommen werde. Er liebe das deutsche Volk, seine Zuverlässigkeit und seine Tüchtigkeit und sei überzeugt, dass die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung seines Landes bei uns in den besten Händen liegen würden. Der Kaiser wolle der Bundesregierung jedoch keine Ungelegenheiten bereiten, und darum bat er zunächst um eine Antwort auf die Frage ob die Bundesregierung zu einer Vertiefung der politi-schen und wirtschaftlichen Beziehung mit Äthio-pien grundsätzlich bereit sei. Der Ministerialdi-rektor erklärte darauf hin, dass die Bundesrepub-lik Deutschland als einer ihrer wichtigsten Aufga-be sieht, die wirtschaftlich unterentwickelten Ländern in Afrika und Asien im Rahmen ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Möglichkeiten sie, weitgehend, zu unterstützen.

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Haile Selassie dankte für die Erklärung, die er mit sichtlicher Befriedigung entgegennahm und fuhr fort, man möge ihm noch eine grundsätzliche Bemerkung gestatten, bevor er zu den Einzelhei-ten seines Programmes komme. Er habe leider in langen Regierungsjahren die Erfahrung machen müssen, dass die Zusammenarbeit mit parlamen-tarischen Demokratien sehr schwierig sei. Es dauert oft fast Monate und Jahre, bis man eine Antwort bekomme, und diese sei dann häufig noch an viele Vorbehalte geknüpft. Er habe aber keine Zeit mehr zu verlieren. Das wichtigste für ihn sei, eine schnelle Antwort auf seine Frage zu erhalten. Er werde durchaus Verständnis zeigen, wenn die Bundesregierung ablehne, hoffe aber auf eine positive Entschei-dung. Die Diktatoren hatten es leichter. Er habe Khrus-hov nicht um Wirtschaftshilfe gebeten, aber es habe ihn doch beeindruckt das Khrushov ihm einen Kredit von 400 Millionen Rubel auf 20 Jahre zu einem Zinssatz von 2,5 % angeboten habe, der mit keinerlei Bedingungen und mit keinerlei Einschränkungen unterworfen sei. Er könne über diese Summe frei verfügen, und mit einem derartigen Angebot könne man arbeiten. Auf die Bemerkung des Ministerialdirektors, dass die Bundesregierung solch ein großes Angebot

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nicht machen könne, erwiderte der Kaiser das ihm das durchaus bewusst sei, er aber nur wissen wolle bis zu welchem äußerem Angebot die Bundesrepublik Deutschland gehen würde, so dass er entscheiden könne ob er annehme oder nicht. Der Kaiser ging dann an Hand von handschriftli-chen Notizen, die er sich in einem kleinen Notiz-buch gemacht hatte, dass an einer goldenen Kette an seiner Weste befestigt war, zu den ihm vor-schwebenden Einzelprojekten über: 1. Der Bundeskanzler habe ihm 1 Millionen Deutsche Mark geschenkt (am 12.03. in Addis Abeba durch den deutschen Botschafter), weswe-gen der Kaiser sehr dankbar ist. Das Geld sollte für ein Lebrahospital in Addis Abeba verwendet werden. Der Kaiser fragte ob es auch für ein Krankenhaus in Bahar Dar am Südufer des Tana Sees verwendet werden dürfte. Dem Kaiser wurde durch den Ministerialdirektor darauf hingewie-sen, dass die Summe für die Entwicklung des Landes sei, der Bundeskanzler würde dem sicher zustimmen. Der Kaiser erwiderte darauf, dass er abwarten würde, bis der Bundeskanzler sich endgültig entschieden habe.

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2. Addis Abeba verfügt über keine öffentlichen Verkehrsmittel. Da nun ein Kraftwerk gebaut wurde in der Nähe von Addis Abeba, beabsichtigt der Kaiser die Hauptstadt mit Oberleitungsomni-bussen zu versehen. Er wolle diesen Auftrag an die deutsche Industrie vergeben und bitte daher um schnellstmögliche Antwort. 3. Das Hauptproblem – die Bildung. Der Kaiser plane zur Erhebung des Bildungsniveaus die Gründung einer Universität. Aufgrund der ausgezeichneten Erfahrungen, die man mit der deutschen Schule in Addis habe, in der Disziplin herrsche und die Schüler auch noch was lernen würden, habe der Kaiser den Wunsch, dass die Planung, der Aufbau und die Organisation der Universität deutschen Sachverständigen und die Lehrtätigkeit auch deutschen Professoren übertra-gen werden solle. Der Kaiser ließ erkennen dass ihm dieses Anliegen sehr wichtig sei. Er erwähnt mehrmals die Arbeit der deutschen Schule und er bat die Regierung zu prüfen, ob man die Schule nicht ausbauen könne. Der Kaiser erwähnt noch in diesem Zusammenhang, dass bei seiner Reise, vor dem Aufenthalt in Deutschland, das sowjeti-sche reich ihm zu abschied ein neues Flugzeug sowie eine fix und fertig eingerichtete Mittelschu-le für 1000 Schüler überreichte.

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4. Auf seine Initiative hin, seien vom äthiopi-schen Planungsamt Pläne für eine neu angelegte Stadt in Bahar Dar ausgearbeitet worden. Der Kaiser wolle so schnell wie möglich mit dem Projekt beginnen, benötigt aber noch einen Städteplaner, einen sehr guten Chefingenieur und auch einen erfahrenen Kommunalbeamten. Hinsichtlich der Finanzierung hoffe er auf deut-sche Hilfe, die sich ebenso wie bei der Universi-tät, auf mehrere Jahre, entsprechend dem Fort-gang der Bauten, verteilt. In Bahar Dar sollen auch öffentliche Parks sowie Hotels entstehen. 5. Weiter beabsichtigte der Kaiser die Bahnstre-cke von Addis Abeba und der Provinz Kaffa durchzuführen. Er benötigt dafür noch einen Sachverständigen für die Planung der Bahn, sowie Hilfe bei dem Bau. 6. Der Kaiser bat die Bundesregierung ihm Spezialisten für die Entwicklung des Gesund-heitswesens in den folgenden Bereichen zu benennen:

a) Generalbeauftragten für das Gesundheitswe-sen, b) Spezialisten für den Ankauf von Medi-kamenten, c) einen Sachverständigen für die Herstellung von Medikamenten in Äthiopien.

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7. Auf die Frage der Bundesregierung wie hoch der Kaiser die Summe für die genannten Projekte beziffere, erwähnte der Kaiser, es handele sich einschließlich der Kosten für die Eisenbahn auf 100 Million US$, welche sich auf einen Zeitraum von 5-10 Jahren erstrecken. Der Kaiser schloss seine Bemerkungen mit der Aussage, dass er keine Antwort erwarten würde, er jedoch dringend bat, dafür Sorge zu tragen, dass die Antwort schnell wie möglich erteilt werde. Er bat den Bundeskanzler, dessen Arbeit und Erfolg er schätze, bei der Entscheidung zu berücksichti-gen, dass es sich am Ende für die Bundesregie-rung darum handle würde einen Freund „zu behalten oder zu verlieren“. Der Kaiser wies darauf hin, dass dies keine Bemerkung war um irgendeinen Druck auszuüben, aber die Situation sei für ihn nun einmal so, dass „ihm diese Alter-native in ihrer ganzen schweren Konsequenz geteilt sei.“ Dem Gespräch entnahm der Ministerialdirektor die Bedeutung der deutschen Position, denn mit den „Engländern scheint der Kaiser nicht zusam-menzuarbeiten, da sie sich an dem Aufbau eines groß somalischen Staates beteiligen, die Amerika-ner, so scheint es anhand von Bemerkungen, mag der Kaiser nicht. So ist Deutschland das einzig

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verbleibende Land, welches der Kaiser den Auf-bau seines Reiches in die Hand legen wollte. Wenn die UdSSR nun Fuß fassen sollte, kann der ganze Afrikanische Kontinent in die Hand sowje-tischer Ideologien geraten. Aus diesem politischen Grunde sollte die Antwort ja sein.“ Der Kaiser bedankte sich für die Grüße und Einladung zum Tee vom Bundespräsidenten. Er werde über eine Teilnahme kommende Woche mitteilen. Der Kaiser war mit seinem Aufenthalt in Baden-Baden und mit der Unterbringung im Hotel „Europäischer Hof“ sehr zufrieden und hatte sich bereits von den Reisen sehr erholt. Am 13. August begab sich der Negus zu einem Besuch nach Bonn. Die Bonner Polizei holte den Kaiser an der Landesgrenze zu Nordrheinwestfa-len auf der Autobahn Frankfurt-Köln ab und nach einem kurzen Aufenthalt des Kaisers in der äthiopischen Botschaft in Roisdorf wurde er, zusammen mit seiner Enkelin, Prinzessin Aida von dem Bonner Bürgermeister Kraemer sowie dem Oberstadtdirektor Dr. Schmidt abgeholt. In einer dunkelgrünen Limousine, eskortiert von sieben weiß gekleideten Polizisten auf Motorrä-dern, fuhr der König aller Könige zunächst zum Poppelsdorfer Schloss. Der Dekan Prof. Dr.

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Brinkmann führte den Gast durch die Räume des Schlosses. Der Kaiser äußerte den Wunsch einer kurzen Stadtbesichtigung und so ging die Fahrt anschlie-ßend am Beethovenhaus vorbei zur Beethovenhal-le. Bandsägen und Schleifmaschinen standen nicht still, als Architekt Wolske den Kaiser und sein Gefolge durch die Beethovenhalle führte. Haile Selassie ließ sich technische und architek-tonische Einzelheiten erklären. Vor allem die Konstruktionsmerkmale die durch ihre eigenwilli-ge Formgebung auffallende Decke des großen Konzertsaales interessierte und beeindruckte ihn sehr. Der Versuch dem Kaiser das Lichtschauspiel eines voll erleuchteten Saals vorzuführen, gelang nur mit Hindernissen. Nach einer kurzen Zeit in dem dunklen Raum, blendeten die Tiefstrahler und Scheinwerfer auf. Doch der Kaiser befand sich schon auf den Weg in den nächsten Raum. Auch einen Inspektionsbesuch in der Küche ließ der Kaiser sich nicht entgehen. Die Gründlich-keit, des Kaisers, bei einer Besichtigung ist gänz-lich bekannt.

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Haile Selassie genoss bedächtig, von dem Terras-senrestaurant, das Rheinpanorama. In französi-scher und englischer Sprache wurden ihm die entsprechenden Erklärungen gegeben. Bei seinem Rundgang ließ der Kaiser sich nicht von soeben eingetroffenen Kühlschränken, halbfertigen Fußböden oder Bretterbohlen beir-ren. Als Dank überreichte Haile Selassie dem Gestalter der Beethovenhalle, Architekt Siegfried Wolske, einen goldenen Erinnerungsmedaille. Anschließend wurde die Stadtrundfahrt zum Beethovenhaus fortgesetzt. Der dortige wartende Kurtos Hasselbach begrüßte den Kaiser und geleitete ihn durch die Räume. Vor jenem Blatt, wo Beethoven seine Haushaltsausgaben notiert hatte, verweilte der Negus kurz, mit einem Lä-cheln. Während dessen hatten sich schon einige hundert Bonner und ausländische Touristen vor dem Haus versammelt und applaudierten als der Kaiser seinen Wagen bestieg um zum Tee mit dem Bundespräsidenten zu fahren. Der Kaiser, immer um genau Pünktlichkeit bemüht, fuhr vier Minuten vor der geplanten Zeit an der Villa Hammerschmid vor. Der Bundesprä-sident wartete schon an der Treppe des Präsiden-

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tenpalais um seine hohen Gäste willkommen zu heißen. Um 18.20 Uhr wurde die Wagenkolonne von Kaiser Haile Selassie wieder in die Obhut der Landespolizei Rheinland-Pfalz übergeben.

Den Abschluss des Besuches in Baden-Baden bildete ein Empfang zu Ehren des Kaisers von Äthiopien im Hotel „Selighof“ statt. Nach einer Besichtigung des Gartens nahmen die Gäste den Tee in der Hotelhalle ein. Der Kaiser hatte an diesem letzten Tag in Deutschland noch großzü-gig Geschenke und Erinnerungsgaben verteilt und sich noch einmal für die gute Umsorgung und die Zurückhaltung bedankt.

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