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JOCHEN KLEIN Deadly Mountains

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Katalog zur Ausstellung JOCHEN KLEIN - DEADLY MOUNTAINS bei Bräuning Contemporary

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Page 1: Jochen Klein - Deadly Mountains

JOCHEN KLEIN

Deadly Mountains

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Impressum:

Edition Bräuning Contemporary Galerie für zeitgenössische Kunst, Hamburg

© Bräuning Contemporary, Hamburg 2012 Die Rechte an den abgebildeten Kunstwerken liegen bei Jochen Klein Umschlag- und Kataloggestaltung: Lotte Bräuning

Alle Rechte vorbehalten.

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JOCHEN KLEIN

Deadly Mountains

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Die tödlichsten BergeMit der Erstbesteigung des Trishul im Himalaya 1907 durch eine englisch-französische Expedition begann der Run auf die höchsten Gipfel der Welt. Der Sturm auf die 8000er wurde zu einer Unternehmung von großer nationaler und politischer Bedeu-tung. Der erfolglose Besteigungsversuch des Nanga Parbat im Jahr 1934, bei der inklusive der Sherpas zehn Expeditionsteilnehmer ums Leben kamen, unter ihnen der Expeditionsleiter Willy Merkl, verlieh dem Bergsteigen eine heroische Aura und brachte dem Berg den Titel „Schicksalsberg der Deutschen“ ein. Bis 1939 wurden ins-gesamt sechs Expeditionen zum Nanga Parbat gestartet. Alle scheiterten. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gelang es Hermann Buhl 1953 schließlich - nach 58 Jahren der Besteigungsversuche und 31 tödlich verunglückten Bergsteigern - den

Gipfel zu erklimmen.

Damit ist der Nanga Par-bat erst die Nr. 3 auf der Rangliste der tödlichs-ten Berge der Welt, weit abgeschlagen vom K2 und dem Tödlichsten al-ler Berge, dem Annapur-na, an dessen Flanken über 60 Kletterer den Tod fanden.

Was treibt den Menschen immer wieder in die-se gefährlichen Höhen? Insbesondere am Mount Everest hat ein Gipfel-tourismus eingesetzt,

der sich längst nicht mehr aus Himalaya-erprobten Profis speist. Manch einer aus der norddeutschen Tiefebene träumt vom Dach der Welt. Einmal ganz oben sein, den Kampf gegen die Natur und die eigene Endlichkeit gewinnen: Bergführer, Träger und Sauerstoffgeräte machen‘s möglich.

Die professionellen Bergsteiger kehren derweil zu den Wurzeln zurück. Nachdem die höchsten Gipfel erklommen sind, bleibt nur noch der Kampf mit sich selbst. Während

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Teilnehmer der Deutschen Himalaya Expedition 1934 zum Nanga Parbat

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es zur Zeit der Erstbesteigung des Everest durch Edmund Hillary und Tenzing Norgay noch um das „dass“ ging, ist heute das „wie“ wichtiger: Beim alpinen Stil sind weder Flaschensauerstoff noch Lastenträger und Fixseile erlaubt.

Machmal beruht die „Tödlichkeit“ eines Berges nicht auf der Schwierigkeit des Aufstiegs: Der Fuji, japanischer National-mythos und Pilger-stätte, ist eher durch eine lange Wande-rung als eine Kletter-partie zu besteigen. Der Dreitausender wird Tag für Tag von hunderten Menschen erklommen. Und doch bargen im Jahr 2002 Polizei und Feuerwehr 78 Tote aus dem Aokigahara-Wald am Fuße des Berges, die dort den Freitod gesucht hatten.

So spielt auch die mythologische Bedeutung eines Berges beim Besteigen eine große Rolle. Viele der höchsten Gipfel haben für die einheimische Bevölkerung eine religi-ös-symbolische Funktion. Erst ab 1900, mit dem Eintreffen der Europäer, kommt es zu ersten Gipfelexpeditionen im Himalaya. Der Kangchendzönga, der dritthöchste Berg der Welt, wird bis heute aus Respekt gegenüber dem örtlichen Volksglauben oftmals nicht komplett bestiegen, da die letzen Höhenmeter ohnehin keine tech-nische Herausforderung mehr darstellen. Der Mount Everest heißt auf Nepalesisch Sagarmatha, „Stirn des Himmels“, auf Tibetisch Chomolungma, „Mutter des Uni-versums“, und ist nach buddhistischem Glauben Sitz von Jomo Miyo Lang Sangma, einer der fünf „Schwestern des langen Lebens“. Auch europäische Berge wurden von der einheimischen Bevölkerung nicht, oder nur im Notfall bestiegen, zum Teil wegen des mangelnden wirtschaftlichen Nutzens, aber auch aufgrund verbreiteten Aberglaubens. Der Mont Blanc galt lange Zeit als „verfluchter Berg“, in Volkssagen wurden unter seinen Gletschern Drachen, Geister und für ihren Hochmut bestrafte Städte vermutet.

Das Verhältnis des Menschen zum Berg war zu jeder Zeit überall auf der Welt von

Hillary und Norgay nach der Erstbesteigung des Mt Everest 1953

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Ehrfurcht und Respekt geprägt. Die schiere Größe der Berge und die Kraft, mit der hier die Gesteinsmassen übereinander geschoben wurden, machen bewusst, wie klein und endlich der Mensch ist. Dieses Gefühl der Hochachtung sollte jeder im Herzen tragen, der sich in die Berge begibt. Massentourismus und säckeweise Müll an den Flanken des Himalaya passen da schlecht ins Bild.

Über die Deadly Mountains

„Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen eine geheimnisvol-les Ansehn, [...] gebe, romantisiere ich es [...]“1). Novalis‘ bekanntes Zitat zur Ro-mantik trifft auch auf Jochen Kleins Arbeit zu. Seine Modelle entstehen aus Alltags-materialien, die überall einfach zu finden sind: Alufolie, Bettdecken, Obststengel... Als Vorlagen benutzt er jedermann zugängliches Bildmaterial, baut dann penibel Berg für Berg detailgetreu nach und fotografiert das Ergebnis. Die so entstandenen Bilder zeigen Landschaften voller Größe und Pathos und negieren den vermeintlichen Gegensatz zwischen Profanem und Erhabenem.

Die Deadly Mountains, die so oft überhöht und heroisiert werden, ge-

ben Anlass über We r t i g k e i t e n nachzudenken: In den 30er Jah-ren waren sie Mittel und Ob-jekt nationaler Propaganda, und auch heu-te noch die-nen sie nicht selten der Vermarktung persönlicher Rekordsucht

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- nicht zuletzt, indem man ihre angebliche Tödlichkeit statistisch berechnet und in Listen festhält. Ist es das, was den Wert eines Berges ausmacht? Ist ein Mensch mehr wert, nachdem er ein solches Monstrum „bezwungen“ hat? Letztere Frage treibt jährlich Hunderte auf dem Mount Everest.

Die tödlichsten Berge der Welt sind in der allgemeinen Wahrnehmung durch roman-tischen Vorstellungen und sportlichen Ehrgeiz schon längst zu künstlichen Orten ge-worden. Mit ihren realen Pendants im Himalaya und in den Alpen haben sie eigent-lich nichts gemein. Diese sind einfach nur ein Stück Natur, beeindruckend in ihrer Schönheit und ihrer Größe. Es sind die Wunschvorstellungen des Menschen, die diese einzigartigen Landschaften bedrohen – durch Massentourismus und damit einherge-hende Müllberge. Die Natur selbst hat einen Wert, den es zu erhalten gilt, indem man sie sein lässt, was sie ist und ihr mit Respekt begegnet.

Lotte Bräuning, Juni 2012

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BiografieJochen Klein* 1974 in StuttgartLebt und arbeitet in London

2007 Abschluss am London College of Communication (MA Photography), University of the Arts London 1998 Abschluss an der Akademie für Photographie (APH), Hamburg

Ausstellungen (Auswahl)2012 DEADLY MOUNTAINS, Elefant Art Space, Hamburg (E)2011 THE DECISIVE MOMENT, Gallery @ cafeand, London (G) BRIDGING THE GAP, Hatch Space, London (G) THE TRIUMPH OF FAILURE, South Hill Park Arts Centre, Bracknell (G) RIGHT HERE, RIGHT NOW - EXPOSURES OF THE PUBLIC REALM, Format11, International Photography Festival, Derby (G)2010 GOING POSTAL, Institute of Contemporary Art London (G) BOOM COMES THE HOUSES, BUST COMES THE ART, Reclamation Gallery, Dayton/Ohio (G) THE TRIUMPH OF FAILURE, Noem Gallery, Seoul (G)2009 OPULENCE, Photo-Space, London (G) I ALWAYS KNEW YOU‘D COME BACK, Swanfield Yard Gallery, London (G) JOCHEN KLEIN, Vital Arts Gallery, London (E)2008 CIRCLES OF LATITUDE, Four Corners Gallery, London (G) ROYAL ACADEMY SUMMER SHOW, Piccadilly, London (G) THE SHAPE OF THINGS TO COME, Affordable Art Fair Spring Collection 2008, Battersea Park, London (G)

SammlungenUniversity of the Arts London Collection, LondonBarts and the London NHS Trust, LondonPrivate Sammlungen in England, Deutschland und der Schweiz

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AbbildungenVorsatz: Maren Amini, Illustration zu den „Deadly Mountains“

Seite 3 Teilnehmer der Deutschen Himalaya Expedition zum Nanga Parbat 1934, Quelle: Wikicommons, Urheber: Knapp

Seite 4 Edmund Hillary und Tenzing Norgay nach der Erstbesteigung des Mount Everest 1953, Quelle: Wikimedia Commons, Urheber: Jamling Tenzing Norgay

Seite 5 Bildschirmfoto, Googlesuche: Stichwort Dhaulagiri

Dhaulagiri, Polaroid, 2011

Seite 7 Deadly Mountain 1 (Deadliest Mountain), Archival pigment print, 2009

Seite 8 Deadly Mountain 2, Archival pigment print, 2009

Seite 9 Deadly Mountain 3, Archival pigment print, 2011

Seite 10/11 Deadly Mountain 4, Archival pigment print, 2009

Seite 13 Deadly Mountain 5, Archival pigment print, 2011

Seite 14 Deadly Mountain 6, Archival pigment print, 2009

Seite 15 Deadly Mountain 8, Archival pigment print, 2009

Seite 16/17 Deadly Mountain 7, Archival pigment print, 2010

Seite 18 Deadly Mountain 9, Archival pigment print, 2009

Seite 19 Deadly Mountain 10, Archival pigment print, 2010

Seite 20/21 Deadly Mountain 12, Archival pigment print, 2011

Seite 22 Deadly Mountain 11, Archival pigment print, 2011

Seite 23 Deadly Mountain 13, Archival pigment print, 2011

Zitate:

1) Quelle: Wikimedia Commons/Novalis (Friedrich v. Hardenberg): Logologische Frag-mente, Vorarbeiten 1798, Fragment 105

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