investitionscontrolling in kapitalmarktorientierten und mittelständischen unternehmen in...

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PRAXIS | ARTIKEL ZfCM | Controlling & Management 56. Jg. 2012, H.2 133 Ausgangslage: Aktualität des Themas Investitionscontrolling Investitionen bilden das Fundament für die strategische Positionierung von Unter- nehmen. Sowohl in schnelllebigen Krisensituatio- nen als auch in Zeiten knapper Budgets müssen Investitionsentscheidungen daher sorgfältig abgewogen, der Nutzen genaues- tens analysiert und die Kosten gesteuert werden. Es besteht daher die Notwendigkeit, Risiken und Chancen, die Investitionen bergen, in einem integrierten Ansatz zu er- fassen. Investitionen eröffnen einerseits die Chance, langfristige Erfolgspotenziale auf- zubauen und zu erhalten. Andererseits bergen Investitionen die Risiken einer nicht unwesentlichen Verschlechterung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens (vgl. Littkemann, 1995, S. 78; Hering, 2008, S. 3; Kern, 1974, S. 8). Fakt ist, dass reine Wirtschaftlichkeitsbe- rechnungen zur Genehmigung und Beur- teilung von geplanten Investitionen nicht mehr ausreichen, um den aktuellen Anfor- derungen an ein ganzheitliches Investiti- onscontrolling gerecht zu werden. Erforderlich wird ein modernes integ- riertes Steuerungsinstrument, das sowohl in strategischer als auch in operativer Hin- sicht auf die zielorientierte Planung, Verfol- gung und Kontrolle von Investitionen bzw. Investitionsprogrammen ausgerichtet ist. Diese Notwendigkeit zeigen die Ergeb- nisse einer von der PricewaterhouseCoopers AG (kurz: PwC) im Jahr 2010 durchgeführ- ten Umfrage zum Investitionscontrolling in deutschen Unternehmen. Fokus der Umfrage An der Umfrage von PwC beteiligten sich 120 kapitalmarktorientierte und mittel- ständische Unternehmen aus Deutschland. Von den 120 Unternehmen sind 20 % bör- sennotiert, davon sechs im Dax 30 gelistet und 80 % nicht börsennotiert. Im Fokus der Untersuchung standen Unternehmen aus den Branchen Automobil (13 %), Chemie und Pharma (7 %), Energie (19 %), Handel- und Konsumgüter (9 %), industri- elle Produktion (14 %), öffentlicher Sektor (5 %), Technologie, Medien und Telekom- munikation (5 %) , Transport und Logistik (8 %) sowie Sonstige (z. B. Dienstleistungs- unternehmen) (20 %) (vgl. Tilch/Hauser/ Bürger, 2010, S. 12). Untersuchungsgegenstand waren die Prozesse, Systeme und Organisation des Investitionscontrollings der jeweiligen Unternehmen. Karsten Hauser/Phillip Panzau Investitionscontrolling in kapitalmarkt- orientierten und mittelständischen Unternehmen in Deutschland – Status Quo und Ausblick Autoren Karsten Hauser Dipl.-Kfm, ist Prokurist bei der Pricewa- terhouseCoopers AG (PwC) am Standort Düsseldorf. Als Projektleiter von natio- nalen und internationalen Projekten hat er sich auf die Themenfelder Controlling, Planungsprozesse und Risikomanage- ment spezialisiert. Moskauer Straße 19, D-40227 Düsseldorf, Tel.: 0049 172 2767821, E-Mail: Karsten. [email protected]. Phillip Panzau Dipl.-Kfm, ist Consultant bei der Price- waterhouseCoopers AG (PwC) am Standort Düsseldorf. Als Berater von mittelständischen und börsennotierten Unternehmen hat er sich auf die The- menfelder Controlling, Planungsprozes- se und Reporting spezialisiert. Moskauer Straße 19, D-40227 Düsseldorf, Tel.: 0049 173 7701156, E-Mail: Phillip. [email protected]. Hauser/Panzau identifizieren vier Hand- lungsfelder im Bereich des Investitions- controllings in deutschen Unternehmen Ein erfolgreiches Investitionscontrol- ling ist durch starke Governance und Compliance Strukturen geprägt. Im Rahmen der strategischen Planung bietet die strategische Kapitalallokation einen methodischen Ansatz zur Identifi- kation, Bewertung und Verteilung des unternehmensweiten Investitionsvolu- mens in Unternehmen. Das Investitionsprojektportfolio bildet die Gesamtheit aller laufenden Inves- titionen ab. Darüber hinaus unterstützt das Investitionsprojektportfolio bei der Bewertung und Priorisierung von Inves- titionsvorhaben an der Schnittstelle zwi- schen der strategischen und operativen Planung. Durch das Investitionsmonitoring kön- nen unvorteilhafte Investitionen früh- zeitig abgebrochen oder gegensteuern- de Maßnahmen eingeleitet werden. Grundlage für das Investitionsmonito- ring bildet die zeitnahe und sachgerech- te Investitionsberichterstattung.

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Page 1: Investitionscontrolling in kapitalmarktorientierten und mittelständischen Unternehmen in Deutschland – Status Quo und Ausblick

PRAXIS | ARTIKEL

ZfCM | Controlling & Management 56. Jg. 2012, H.2 133

Ausgangslage: Aktualität des Themas Investitionscontrolling

Investitionen bilden das Fundament für die strategische Positionierung von Unter-nehmen.

Sowohl in schnelllebigen Krisensituatio-nen als auch in Zeiten knapper Budgets müssen Investitionsentscheidungen daher sorgfältig abgewogen, der Nutzen genaues-tens analysiert und die Kosten gesteuert werden.

Es besteht daher die Notwendigkeit, Risiken und Chancen, die Investitionen bergen, in einem integrierten Ansatz zu er-fassen. Investitionen eröffnen einerseits die Chance, langfristige Erfolgspotenziale auf-zubauen und zu erhalten. Andererseits bergen Investitionen die Risiken einer nicht unwesentlichen Verschlechterung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens (vgl. Littkemann, 1995, S. 78; Hering, 2008, S. 3; Kern, 1974, S. 8).

Fakt ist, dass reine Wirtschaftlichkeitsbe-rechnungen zur Genehmigung und Beur-teilung von geplanten Investitionen nicht mehr ausreichen, um den aktuellen Anfor-derungen an ein ganzheitliches Investiti-onscontrolling gerecht zu werden.

Erforderlich wird ein modernes integ-riertes Steuerungsinstrument, das sowohl in strategischer als auch in operativer Hin-sicht auf die zielorientierte Planung, Verfol-gung und Kontrolle von Investitionen bzw. Investitionsprogrammen ausgerichtet ist.

Diese Notwendigkeit zeigen die Ergeb-nisse einer von der PricewaterhouseCoopers AG (kurz: PwC) im Jahr 2010 durchgeführ-ten Umfrage zum Investitionscontrolling in deutschen Unternehmen.

Fokus der Umfrage

An der Umfrage von PwC beteiligten sich 120 kapitalmarktorientierte und mittel-ständische Unternehmen aus Deutschland. Von den 120 Unternehmen sind 20 % bör-sennotiert, davon sechs im Dax 30 gelistet

und 80 % nicht börsennotiert. Im Fokus der Untersuchung standen Unternehmen aus den Branchen Automobil (13 %), Chemie und Pharma (7 %), Energie (19 %), Handel- und Konsumgüter (9 %), industri-elle Produktion (14 %), öffentlicher Sektor (5 %), Technologie, Medien und Telekom-munikation (5 %) , Transport und Logistik (8 %) sowie Sonstige (z. B. Dienstleistungs-unternehmen) (20 %) (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 12).

Untersuchungsgegenstand waren die Prozesse, Systeme und Organisation des Investitionscontrollings der jeweiligen Unternehmen.

Karsten Hauser/Phillip Panzau

Investitionscontrolling in kapitalmarkt-orientierten und mittelständischen Unternehmen in Deutschland – Status Quo und Ausblick

Autoren

Karsten HauserDipl.-Kfm, ist Prokurist bei der Pricewa-terhouseCoopers AG (PwC) am Standort Düsseldorf. Als Projektleiter von natio-nalen und internationalen Projekten hat er sich auf die Themenfelder Controlling, Planungsprozesse und Risikomanage-ment spezialisiert.Moskauer Straße 19, D-40227 Düsseldorf,Tel.: 0049 172 2767821, E-Mail: [email protected].

Phillip PanzauDipl.-Kfm, ist Consultant bei der Price-waterhouseCoopers AG (PwC) am Standort Düsseldorf. Als Berater von mittelständischen und börsennotierten Unternehmen hat er sich auf die The-menfelder Controlling, Planungsprozes-se und Reporting spezialisiert.Moskauer Straße 19, D-40227 Düsseldorf,Tel.: 0049 173 7701156, E-Mail: [email protected].

■ Hauser/Panzau identifizieren vier Hand-lungsfelder im Bereich des Investitions-controllings in deutschen Unternehmen ■ Ein erfolgreiches Investitionscontrol-

ling ist durch starke Governance und Compliance Strukturen geprägt. ■ Im Rahmen der strategischen Planung

bietet die strategische Kapitalallokation einen methodischen Ansatz zur Identifi-kation, Bewertung und Verteilung des unternehmensweiten Investitionsvolu-mens in Unternehmen. ■ Das Investitionsprojektportfolio bildet

die Gesamtheit aller laufenden Inves -titionen ab. Darüber hinaus unterstützt das Investitionsprojektportfolio bei der Bewertung und Priorisierung von Inves-titionsvorhaben an der Schnittstelle zwi-schen der strategischen und operativen Planung. ■ Durch das Investitionsmonitoring kön-

nen unvorteilhafte Investitionen früh-zeitig abgebrochen oder gegensteuern-de Maßnahmen eingeleitet werden. Grundlage für das Investitionsmonito-ring bildet die zeitnahe und sachgerech-te Investitionsberichterstattung.

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Die Umfrage zeigt, dass mehr als 50 % der befragten Unternehmen das Investi-tionscontrolling in den letzten zwei Jahren verstärkt in den Betrachtungsfokus gerückt haben.

Aus den Umfrageergebnissen lassen sich aus Sicht von Hauser/Panzau vier wesent-liche Handlungsfelder in Bezug auf das In-vestitionscontrolling ableiten: Governance und Compliance, Unternehmensplanung und strategische Kapitalallokation, Inves­titionsprojektportfolio, Investitionsmoni­toring und Berichterstattung (vgl. Abbil-dung 1). Diese werden im Weiteren kurz dargestellt und erläutert.

Handlungsfeld Governance und Compliance

Der Themenaspekt Governance und Com­pliance regelt die notwendigen internen und externen Anforderungen, die an das Investitionscontrolling gestellt werden. Diese umfassen die Rollen und Verant-wortlichkeiten, die Prozesse und Systeme sowie das Kontrollumfeld.

Der Zusammenhang zwischen Gover-nance und Compliance und dem Investiti-onscontrolling kann u. a. auf das im Mai 2009 erlassene Bilanzrechtsmodernisie-rungsgesetz (BilMoG) zurückgeführt wer-den. Die unter das Gesetz fallenden Un-ternehmen müssen u. a. im Lagebericht Angaben zum internen Kontroll- und Risi-komanagementsystem bereitstellen. Wei-terhin ist nach § 43 GmbHG durch den Geschäftsführer sicherzustellen, dass wirt-schaftliche Entscheidungen hinreichend und sorgfältig vorbereitet sind und ent-sprechende Vorgaben hierzu in den Unter-nehmen etabliert werden. Diese Vorgaben sind vom Geschäftsführer aus Gründen der Nachweisbarkeit schriftlich zu erlassen. Andernfalls kann dieser gegebenenfalls bei einer Verletzung seiner Sorgfaltspflicht haftbar gemacht werden (vgl. Baumbach/Hück, 2010, S. 906 ff.).

Die PwC-Umfrage zeigt, das lediglich 77 % aller befragten Unternehmen über ei-ne etablierte Investitionsrichtlinie verfügen (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 15).

Nahezu alle Befragten gaben an, dass in ihrem Unternehmen Investitionen geneh-migungspflichtig sind und definierte Wert-grenzen vorliegen. Die Tatsache, dass be-reits bei 52 % der börsennotierten Unter-nehmen Investitionen von unter 1 Mio. Euro vom Vorstand bzw. der Geschäftsfüh-rung genehmigt werden müssen, zeigt, wie

Abb. 1 | Handlungsfelder des Investitionscontrollings

Organisation

Investitionscontrolling

Governance &Compliance

1Investitions-

projektportfolio3

Unternehmensplanung& strategische

Kapitalallokation2

Investitionsmonitoring& Berichterstattung4

Prozesse

Handlungsfelderdes Investitions-

controllings

Systeme

Abb. 2 | Genehmigungspflicht von Investitionen in börsennotierten Unternehmen: Schwellenwerte und Verantwortliche

Quelle: Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 22

Projektausschuss

Projektleitung

Kostenstellenverantwortlicher

Fachbereichsverantwortlicher

Rechnungswesen/Finanzen

Dezentrales Controlling

Zentralcontrolling

Aufsichtsrat/Beirat

Vorstand/Geschäftsführung

0 % 100 %80 %60 %40 %20 %

< 1 Mio. € 1 – 10 Mio. € 10 – 100 Mio. € > 100 Mio. €

1 %

1 %

52 % 38 % 10 %

24 % 29 % 35 % 12 %

69 % 15 % 15 %

90 % 10 %

100 %

89 % 11 %

71 % 14 % 14 %

100 %

75 % 25 %

Abb. 3 | Genehmigungspflicht von Investitionen in nicht börsennotierten Unternehmen: Schwellenwerte und Verantwortliche

Quelle: Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 23

Projektausschuss

Projektleitung

Kostenstellenverantwortlicher

Fachbereichsverantwortlicher

Rechnungswesen/Finanzen

Dezentrales Controlling

Zentralcontrolling

Aufsichtsrat/Beirat

Vorstand/Geschäftsführung

0 % 100 %80 %60 %40 %20 %

< 1 Mio. € 1 – 10 Mio. € 10 – 100 Mio. € > 100 Mio. €

74 % 16 % 5 % 5 %

54 % 23 % 20 % 3

75 % 19 % 3 3

100 %

95 % 5 %

90 % 7 % 3

90 % 5 % 5 %

100 %

70 % 30 %

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ernst das Thema Sorgfaltspflicht genom-men wird. In allen Unternehmen müssen darüber hinaus sowohl die Projektleitung als auch die Abteilung Rechnungswesen/Finanzen bereits bei dieser Investitionshö-he ihre Zustimmung erteilen. Der Auf-sichtsrat/Beirat wird hingegen bei börsen-notierten Unternehmen oft erst bei wesent-lich höheren Investitionen eingeschaltet (47 % bei einem Betrag von 1 – 10 Mio. Euro bzw. 88 % bei Beträgen von 10 bis 100 Mio. Euro) (vgl. Abbildung 2).

Die Grenzen der Investitionsvolumina, die einer Genehmigung bedürfen, werden bei nicht börsennotierten Unternehmen im Gegensatz zu börsennotierten Unterneh-men niedriger angesetzt (vgl. Tilch/Hau-ser/Bürger 2010, Abbildung 3).

Neben den in den Investitionsrichtlinien geregelten Genehmigungsstufen sowie den definierten Wertgrenzen sehen die befrag-ten Unternehmen das Thema „einheitliche Prozesse zur Investitionsbeantragung“ für alle Arten von Investitionen als besonders wichtig an. Standardisierte Berechnungs- und Beurteilungskriterien sowie -metho-den haben für die befragten Unternehmen eine herausragende Bedeutung. Benannte wesentliche Aspekte, die aus Sicht der Un-ternehmen berücksichtigt werden, sind die Wirtschaftlichkeit (93 %), wesentliche An-

nahmen mit Erläuterung (81 %) sowie Chancen und Risiken (59 %) (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 24).

Hauser/Panzau ziehen auf Basis eigener Erfahrungen und den aktuellen Erkennt-nissen aus der Umfrage den Schluss, dass die Grundlage für ein erfolgreiches Inves-titionscontrolling durch ein starkes Gover-nance und Compliance Umfeld geprägt wird. Dieses zeichnet sich durch ein inves-titionsorientiertes Umfeld (z. B. Investiti-onskultur, Training etc.), starke Control-ling-/Finanz- und Rechnungswesen-Struk-turen bzw. -Prozesse sowie eine klare Investitions- und Risikostrategie der Ge-schäftsführung aus (vgl. Abbildung 4).

Ein starkes Governance und Compli-ance-Umfeld bildet aus Sicht von Hauser/Panzau die Grundlage für die erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung der im Weite-ren beschriebenen drei Handlungsfelder in Unternehmen.

Handlungsfeld Unternehmensplanung und strategische Kapitalallokation

Die strategische Unternehmensplanung wird aus der Unternehmensstrategie, der Geschäftsstrategie und/oder funktionalen

Strategien abgeleitet. Eine mögliche Ausge-staltung der strategischen Planung kann u. a. auf die Ausweitung der Geschäftstätig-keit in neue Produkt- bzw. Marktfelder oder auf die Konzentration von Kernkom-petenzen (vgl. Baum/Coenenberg/Gün-ther, 2007, S. 12) ausgerichtet sein. Um die gesetzten strategischen Pläne erfüllen zu können, bedarf es gezielter (Des-)Investi-tionen. Die strategische Planung gibt somit zum einen die Richtung für mögliche In-vestitionsentscheidungen vor. Zum ande-ren dient sie als Beurteilungsrahmen, in-wieweit die getätigten Investitionen (noch) strategiekonform sind (vgl. Schwellnuss, 1991, S. 46). Im Umkehrschluss sollte das Investitionscontrolling Vorschläge für die strategische Ausrichtung geben können (vgl. Reichmann, 2011, S. 241) und auf übergeordneter Ebene als Bestandteil der strategischen Planung die Entscheidungs-träger in den Unternehmen bei der Erken-nung, Schaffung und Absicherung von Er-folgspotenzialen unterstützen (vgl. Adam, 2000, S. 24).

Die strategische Kapitalallokation ist das Bindeglied zwischen der strategischen Pla-nung und dem Investitionscontrolling. Sie ermöglicht die Identifikation, Bewertung und Verteilung des konzern- bzw. unter-nehmensweiten Investitionsvolumens im

Abb. 4 | Einbettung des Investionscontrolling-Prozesses in das Unternehmensumfeld

Umfeld

Infrastruktur

Prozess

Strategie

Investions-/Desinvestitions-

strategie

Geschäftsstrategieund

Unternehmensziele

Investitionskultur Training Kommunikation Erfahrungsaustausch Incentivierung

Validierung/Neubewertung

Orgni-sation &

Mitarbeiter

Limits &Kontrollen

BewertungAlter-

nativen

Investitions-/Desinvestitions-

vorhaben

Nach-genehmi-

gung/Abbruch

PostCompletion

Review

Methodik

Bean-tragung

Systeme

Geneh-migung

Daten

Einkauf Produktion Vertrieb IT HR …

Um-setzung

Richtlinien

Kontrolle

Reporting

Erfolgsmessung

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Rahmen der strategischen Planung. Ziel ist die Umsetzung einer Investitionsstrategie, die im Einklang mit der Konzern- bzw. Ge-schäftsbereichsstrategie steht. Der Einsatz der strategischen Kapitalallokation ermög-licht Unternehmen, Wachstum zu schaffen, den Wert des Unternehmens zu steigern und Wettbewerbsvorteile zu generieren (vgl. Gleißner/Meier, 2001, S. 271 ff.).

Die PwC-Umfrage zeigt einen konkre-ten Handlungsbedarf in Bezug auf die stra-tegische Kapitalallokation auf (vgl. Abbil-dung 5).

Insgesamt nutzen nur 58 % aller befrag-ten Unternehmen dieses Instrument, wo-bei es bei börsennotierten Unternehmen verbreiteter ist (71 %) als bei nicht börsen-notierten Unternehmen (54 %) (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 18).

Die integrative Betrachtung von Unter-nehmensplanung und strategischer Kapi-talallokation wird aus Sicht der Unterneh-men, die an der Umfrage teilgenommen haben, als äußerst wichtig bewertet, jedoch verhältnismäßig selten umgesetzt. Wäh-rend nahezu alle Unternehmen Investitio-nen in der Jahresplanung und damit in ihrem Budget berücksichtigen, werden Investitionen nur in ca. 50 % aller befragten Unternehmen (börsennotierte Unterneh-men 59 %, nicht börsennotierte Unterneh-men 54 %) in die strategische Planung ein-bezogen (vgl. Abbildung 6).

Als Hauptthemenbereiche der strategi-schen Kapitalallokation gelten unter den befragten Unternehmen allen voran die Be-rücksichtigung von Chancen und Risiken unter Risiko- bzw. Ertragsgesichtspunkten, die Abstimmung zwischen Kapitalbedarf und Mittelverwendung sowie die fortlau-fende strategische und finanzielle Bewer-tung von Geschäftsbereichen bzw. Segmen-ten. Weitere Kriterien werden als nahezu ir-relevant eingestuft (vgl. Abbildung 7).

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass bei den Unternehmen hinsichtlich der Ein-führung von methodischen Ansätzen zur strategischen Kapitalallokation Hand-lungsbedarf besteht. Die individuelle Aus-gestaltung sollte an den bestehenden Pro-zessen sowie Erfolgs- und Steuerungsgrö-ßen des Unternehmens ausgerichtet sein.

Handlungsfeld Investitionsprojektportfolio

Das Investitionsprojektportfolio ermöglicht eine Übersicht über den Status aller laufen-den Investitionen in Unternehmen. Des-

Abb. 7 | Bedeutung verschiedener Kriterien für die strategische Kapitalallokation

Quelle: Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 18

Berücksichtigung von Chancen und Risiken unter Risiko-/Ertragsgesichtspunkten

Abstimmung zwischen Kapital-bedarf und Mittelverwendung

fortlaufende strategische und finanzielle Bewertung von

Geschäftsbereichen/Segmenten

Berücksichtigung von Chancen und Risiken unter Risiko-/Ertragsgesichtspunkten

Abstimmung zwischen Kapital-bedarf und Mittelverwendung

fortlaufende strategische und finanzielle Bewertung von

Geschäftsbereichen/Segmenten

0 % 100 %80 %60 %40 %20 %

sehr groß groß gering sehr gering

börs

enno

tiert

e U

nter

nehm

enni

cht b

örse

nnot

iert

e U

nter

nehm

en

29 % 50 % 21 %

14 % 64 % 21 %

12 %27 % 59 % 2

30 % 53 % 16 %

40 % 53 % 7 %

22 % 66 % 12 %

Abb. 6 | Planungen in denen Investitionen berücksichtigt werden

Quelle: Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 17

Strategische Planung

Mittelfristplanung

Jahresplanung/Budget

Strategische Planung

Mittelfristplanung

Jahresplanung/Budget

börs

enno

tiert

e U

nter

nehm

enni

cht b

örse

nnot

iert

e U

nter

nehm

en

0 % 100 %80 %60 %40 %20 %

99 %

81 %

54 %

100 %

86 %

59 %

Abb. 5 | Berücksichtigung strategischer Kapitalallokation innerhalb der Planung

Quelle: Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 18

börsennotierte Unternehmen

nicht börsennotierte Unternehmen

0 % 100 %80 %60 %40 %20 %

ja nein

54 % 46 %

71 % 29 %

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weiteren bietet es eine methodische Unter-stützung bei der Auswahl von neuen Inves-titionen (vgl. Warkotsch, 2010, S. 71).

Die Basis für die strukturierte Bewer-tung und Priorisierung von Investitionen bildet eine unternehmensweit einheitliche Portfoliotechnik und ein ihr zugrunde lie-gender IT-gestützter Prozess. Während im Handlungsfeld strategische Kapitalalloka-tion die Frage, welches Investitionsvolu-men wohin im Unternehmen allokiert wer-den soll, geklärt wird, kann mit Hilfe des Investitionsprojektportfolios die Frage, in welche konkreten Projekte investiert werden soll, beantwortet werden. Das Investitions-projektportfolio ist an der Schnittstelle zwi-schen der strategischen Planung und der operativen Planung angesiedelt. Die Haupt-aufgabe des Investitionscontrollings besteht an dieser Stelle darin, bei vorgegebenen fi-nanziellen Handlungsräumen die Priorisie-rung von Investitionsvorhaben und gegebe-nenfalls Umschichtung von Investitionsport-folios sicherzustellen. Hierbei soll unter finanziellen sowie risikoorientierten Kri te-rien der größtmögliche Nutzen für das Unternehmen generiert werden.

Die Auswertung des Themengebiets Investitionsprojektportfolio der Umfrage zeigt, dass zwischen eingeschätzter Wich-tigkeit bezüglich des Einsatzes von Port-folio-Lösungen und dessen Umsetzungs-stand bei börsennotierten Unternehmern und nicht börsennotierten Unternehmen Unterschiede bestehen (vgl. Abbildung 8).

So erachten ca. 80 % aller befragten Un-ternehmen Portfolio-Lösungen als wichtig. Nur 57 % der börsennotierten Unterneh-men erachten den Stand der Umsetzung von Investitionsportfolio-Lösungen als gut oder sehr gut. Demgegenüber beurteilen 79 % der nicht börsennotierten Unterneh-men den Umsetzungsstand als gut bzw. sehr gut (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 20).

Hinsichtlich der Kriterien für eine Priori-sierung von Investitionen bzw. Investitions-vorhaben haben sich in den befragten Un-ternehmen zwei wesentliche Priorisierungs-merkmale etabliert (vgl. Abbildung 9).

Das am häufigsten genannte Kriterium ist mit 83 % die Wirtschaftlichkeit von In-vestitionen. Mit 74 % findet das Kriterium der strategischen Erfordernisse Berück-sichtigung bei der Priorisierung von Inves-titionen. Dieses Ergebnis ist insofern kri-tisch zu hinterfragen, da lediglich knapp 50 % der Unternehmen Investitionen über-haupt im Rahmen der strategischen Pla-nung berücksichtigen (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 20).

Abb. 8 | Bedeutung und Stand der Umsetzung ganzheitlicher Steuerung

Quelle: Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 20

Umsetzungsstand

Bedeutung der ganzheitlichen Steuerung

Umsetzungsstand

Bedeutung der ganzheitlichen Steuerung

0 % 100 %80 %60 %40 %20 %

sehr wichtig/sehr gut wichtig/gut weniger wichtig/weniger gut

börs

enno

tiert

e U

nter

nehm

enni

cht b

örse

nnot

iert

e U

nter

nehm

en

26 % 48 % 26 %

15 % 64 % 21 %

40 % 44 % 16 %

8 % 49 % 43 %

Abb. 9 | Priorisierung der Investitionen nach verschiedenen Kriterien

Quelle: Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 21

strategische Erfordernisse

Wirtschaftlichkeit

Chancen und Risiken

vorhandene Ressourcen zur Umsetzung

keine Priorisierung

sonstige

0 % 100 %80 %60 %40 %20 %

6 %

9 %

28 %

29 %

83 %

74 %

Abb. 10 | Fachliche Verantwortung für Investitionsvorhaben nachderen Genehmigung

Quelle: Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 26

Vorstand

Geschäftsführung

Zentralcontrolling

dezentrales Controlling

Rechnungswesen/Finanzen

Fachbereichs-/Kostenstellenverantwortlicher

Projektleitung

Projektausschuss

Aufsichtsrat/Beirat

sonstige

0 % 70 %60 %40 % 50 %30 %10 % 20 %

36 %

17 %

29 %

30 %

5 %

63 %

21 %

15 %

2 %

1 %

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Das Priorisierungskriterium Chancen und Risiken hat im Rahmen der PwC-Um-frage mit einem Ergebnis von 29 % eine äußerst untergeordnete Rolle eingenom-men. Die Wissenschaft postuliert an dieser Stelle, dass in der Portfolio-Analyse gerade das Chancen-/Risikoverhältnis eine bedeu-tende Rolle einnehmen soll (vgl. grundle-gend Markowitz, 1952; Schwellnuss, 1991, S. 46; Antoni/Riekhof, 1994; S. 110; Reich-mann, 2011, S. 243).

Obwohl das Kriterium Chancen und Ri-siken bei der Priorisierung von Investitio-nen eine untergeordnete Rolle einnimmt, hat es bei der Bewertung von Investitions-anträgen eine deutlich größere Bedeutung für die befragten Unternehmen (59 %) (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 24).

Handlungsfeld Investitionsmonitoring und Berichterstattung

Um die Effizienz von Investitionen zu erhö-hen, sollten diese zeitnah überprüft werden. Hierdurch kann sichergestellt werden, das unvorteilhafte Investitionen frühzeitig ab-gebrochen oder gegensteuernde Maßnah-men eingeleitet werden können (vgl. Adam, 2000, S. 14). Sichergestellt werden kann dies durch das Investitionsmonitoring. Um den aktuellen Anforderungen an ein Investiti-onsmonitoring gerecht zu werden, sollte dies mit dem dezentralen Projektcontrol-ling, der Kostenrechnung, dem Manage-mentreporting sowie der Finanzmarkt-kommunikation prozessual im Unterneh-men verzahnt werden. Dies ermöglicht eine Informationsauswertung für unterschiedli-che Managementhierarchien hinsichtlich der Performance aller unternehmensweiten Investitionen vom Antrag über die Überga-be an die Linienfunktion bis hin zum Post Completion Benefit Tracking.

Die Verantwortung für das Investitions-monitoring, nachdem die Investitionen ge-nehmigt wurden, trägt in börsennotierten wie in nicht börsennotierten Unternehmen (63 %) überwiegend das Zentralcontrolling (vgl. Abbildung 10).

Das Investitionsmonitoring wird durch die zeitnahe Berichterstattung gestützt. Das Berichtswesen im Investitionscontrol-ling dient dazu, steuerungsrelevante Infor-mationen über die getätigten Investitionen zu ermitteln, adressatengerecht aufzube-reiten und an entsprechende Gremien wei-terzuleiten. Im Gegensatz zum allgemei-nen Controlling ist hier jedoch der Be-

richtszweck – die Ermöglichung einer effizienten und effektiven Investitionssteu-erung – fest determiniert (vgl. Steinmüller, 2000, S. 379 f.).

Den Ergebnissen der Umfrage zu Folge, berichten 82 % der börsennotierten (60 % der nicht börsennotierten) Unternehmen monatlich über den Status ihrer Investitio-nen (vgl. Abbildung 11).

Über Investitionen wird in den meisten Unternehmen bereits bei Volumina von unter 1 Mio. Euro berichtet (68 % der bör-sennotierten und in 81 % der nicht börsen-

notierten Unternehmen). Mögliche Schwel-lenwerte in Form von absoluten Abwei-chungswerten, die eine Berichterstattung auslösen sind unter den befragten Unter-nehmen nicht verbreitet. Berichtet wird ab dem ersten Euro der Abweichung.

Die Kriterien, die bei der Berichterstat-tung am häufigsten einbezogen werden, sind Kosten sowie Termine/Meilensteine (vgl. Abbildung 12).

Börsennotierte Unternehmen legen, im Gegensatz zu nicht börsennotierten Un-ternehmen, außerdem großen Wert auf

Abb. 12 | Kriterien, die im Rahmen der Berichterstattung berücksichtigt werden

Quelle: Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 28

Kosten

Gewinn

Termine/Meilensteine

Qualität

Liquidität

Key-Performance-Indikatoren

Chancen und Risiken

sonstige

Kosten

Gewinn

Termine/Meilensteine

Qualität

Liquidität

Key-Performance-Indikatoren

Chancen und Risiken

sonstige

börs

enno

tiert

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nter

nehm

enni

cht b

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nnot

iert

e U

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nehm

en

0 % 100 %80 %60 %40 %20 %

38 %

43 %

43 %

29 %

0 %

62 %

24 %

81 %

30 %

13 %

17 %

22 %

12 %

74 %

26 %

78 %

Abb. 11 | Periodizität der Berichterstattung

Quelle: Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 23

monatlich

vierteljährlich

halbjährlich

jährlich

sonstige

monatlich

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PRAXIS | ARTIKEL

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Key-Perfomance Indikatoren (43 % gegen-über 17 %) und den Gewinn (43 % gegen-über 13 %). Die Kriterien Liquidität (bör-sennotiert 38 %, nicht börsennotiert 30 %), Qualität (26 % bzw. 24 %) und Chancen und Risiken (22 % bzw. 29 %) finden in börsennotierten und nicht börsennotier-ten Unternehmen etwa gleichermaßen Be-rücksichtigung. Überraschend ist, dass Chancen und Risiken, obwohl sie sowohl für börsennotierte als auch nicht börsen-notierte Unternehmen im Zusammen-hang mit der Beantragung von Investitio-nen einen relativ hohen Stellenwert besit-zen, bei der Berichterstattung mit knapp 30 % jedoch von geringer Bedeutung sind (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 28). Aus Sicht von Hauser/Panzau liegt der Grund hierfür darin, dass in vielen Unter-nehmen vor der Genehmigung der Inves-tition und nach der Genehmigung von Investitionen unterschiedliche Methoden und Systeme verwendet werden. Hier-durch kommt es zu Informationsbrüchen

die dazu führen, dass eine integrierte Chan-cen und Risikobetrachtung nicht stringent verfolgt wird.

Obwohl dem Cashflow im Zusammen-hang mit primären Erfolgs- und Steu-erungsgrößen des Unternehmens und der Bewertung der Wirtschaftlichkeit von In-vestitionen unter Verwendung des DCF-Verfahrens eine sehr große Bedeutung bei-gemessen wird, spielt die Liquidität im Rahmen der Berichterstattung eine er-staunlich geringe Rolle (nur in ca. 35 % der Unternehmen in Investitionsberichten ent-halten). Dies ist bedenklich, weil eine un-zureichende Ermittlung der Mittelrück-flüsse auf Investitionsprojektebene die Er-folgskontrolle erschwert, nicht zuletzt beim Vergleich mit dem ursprünglich zur Ge-nehmigung vorgelegten Investitionsantrag (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 29).

Das Investitionsmonitoring und die Be-richterstattung sollten aus Sicht von Hau-ser/Panzau aus Gründen der Effizienz und Effektivität IT-gestützt durchgeführt wer-

den. Die vorgestellte Umfrage zeigt diesbe-züglich Handlungsbedarf auf. Der Großteil der befragten Unternehmen verwendet zur Unterstützung des Investitionsmonitorings und der Berichterstattung zwar standardi-sierte Formblätter (86 % der börsennotier-ten Unternehmen bzw. 74 % der nicht bör-sennotierten Unternehmen), eine system-basierende Prozessunterstützung wird allerdings nur von einem Drittel der be-fragten Unternehmen in Anspruch genom-men. Hier haben sich laut Aussage der Be-fragten die Softwarelösungen SAP PS und SAP IM etabliert (in 32 % und 36 % der börsennotierten bzw. 25 % und 20 % der nicht börsennotierten Unternehmen). Der Einsatz von systemtechnischen Eigenlö-sungen findet in nicht börsennotierten Un-ternehmen (18 %) bedeutend häufiger An-wendung als in börsennotierten Unterneh-men (9 %) (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 29). Der relativ geringe Einsatz von IT-gestützten Investitionscontrolling-Lösun-gen birgt insofern ein erhöhtes Risikopo-tenzial, da Investitionen oftmals nicht mit den aktuellen Kosten, etc. berichtet werden können. Grund dafür ist, dass keine Schnittstellen zum Rechnungswesen/Con-trolling vorhanden sind und der Bezug zu einzelnen Projekten fehlt.

Der Großteil der von PwC befragten Un-ternehmen richtet hinsichtlich der Anfor-derungen an das Investitionsmonitoring ihr Augenmerk vor allem auf die Einbin-dung der Investitionsberichterstattung in das Managementberichtswesen (börsenno-tierte Unternehmen 86 % bzw. nicht bör-sennotierte Unternehmen 77 %) sowie auf die Abstimmung mit den unterjährigen Prognoseprozessen (57 % bzw. 70 %) (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 31). Aus Sicht von Tilch/Hauser/Bürger ist darüber hinaus besonders auffällig, dass der Ver-zahnung der Investitionsberichterstattung mit der internen Chancen-und-Risiken-Berichterstattung eine überraschend gerin-ge Bedeutung beigemessen wird (nicht börsennotiert 19 %, börsennotiert 24 %). Dieses Ergebnis überrascht besonders im Falle der börsennotierten Unternehmen (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 31). Diese sind im Rahmen des KonTraG (Ge-setz zur Kontrolle und Transparenz im Un-ternehmensbereich) z. B. über ihr internes Risikomanagement/Risikofrüherkennungs-system verpflichtet, über Risiken, die aus Investitionen resultieren, frühzeitig zu be-richten und gegebenenfalls entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten (vgl. § 91 Abs. 2 des AktG).

Abb. 13 | Existenz von Kriterien für einen vorzeitigen Abbruch von Investitionen und Überwachung der Übergabe von Verantwortung

Quelle: Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 32

Existenz von Vorgaben/Kriterien für einen vorzeitigen Abbruch

der Investition

Überwachung der Übergabe der Verantwortung nach Abschluss

Existenz von Vorgaben/Kriterien für einen vorzeitigen Abbruch

der Investition

Überwachung der Übergabe der Verantwortung nach Abschluss

0 % 100 %80 %60 %40 %20 %

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83 % 17 %

93 % 7 %

90 % 10 %

86 % 14 %

Abb. 14 | Komponenten des Investitionscontrollings mit dem größten Risikopotenzial

Quelle: Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 34

börsennotierteUnternehmen

nicht börsennotierteUnternehmen

0 % 100 %80 %60 %40 %20 %

Verantwortlichkeiten, Vorgaben und RegelungenVerzahnung mit Unternehmensplanung und strategischer KapitalallokationSteuerung des InvestitionsportfoliosInvestionsplanung

Monitoring und BerichterstattungSystemunterstützungsonstige

8 % 26 % 22 % 22 % 7 % 4 %11 %

23 % 25 % 22 % 11 % 9 % 3 %7 %

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PRAXIS | ARTIKEL

Im Fokus des Investitionsmonitorings steht bei 88 % der Unternehmen der Ab-gleich der Budgetverwendung zur ur-sprünglichen Investitionsplanung. Bei Überschreitung des Budgets erfolgt in 89 % der Fälle ein Nachgenehmigungsprozess. Festzustellen ist jedoch, dass in knapp 90 % der Fälle keine Abbruchkriterien für Inves-titionen festgelegt sind. Investitionsprojek-te werden offensichtlich, unabhängig von ihrer Aussicht auf Erfolg, bis zum Ende durchgeführt nachdem sie einmal geneh-migt worden sind (vgl. Abbildung 13).

Post-Completion-Audits zur Optimie-rung von Systemen, Prozessen und Metho-den sowie Verbesserungen zukünftiger In-vestitionsprojekte werden nur von ca. der Hälfte aller Unternehmen durchgeführt (börsennotierte Unternehmen 59 % bzw. nicht börsennotierte Unternehmen 42 %). Dies verwundert vor allem in Anbetracht der herausgestellten Wichtigkeit von Inves-titionen für Unternehmen und deren Fort-bestand und der Möglichkeit, aus in der Vergangenheit durchgeführten Investitio-nen für die Zukunft zu lernen (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S. 33). Aus Sicht von Hauser/Panzau liegt dies zum einen daran, dass viele Unternehmen über keine eige-nen Revisionsabteilungen mit entspre-chender Expertise verfügen. Zum anderen gibt es nur in wenigen Unternehmen in-nerhalb des Controllings eine eigene Fachabteilung für das Thema Investitio-

nen, um die entsprechende Expertise auf-zubauen bzw. zu bündeln. Von den befrag-ten Unternehmen verfügen nur 14 % über eigene Fachabteilungen für Investitionen und 4 % über eigene Fachabteilungen, um das Thema Projekte zu betreuen (vgl. Tilch/Hauser/Bürger, 2010, S.15).

Fazit und Ausblick

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Grundlagen des Investitionscontrollings in Deutschland weitgehend geschaffen sind. Börsennotierte Unternehmen wenden im Vergleich zu nicht börsennotierten Unter-nehmen im Durchschnitt mehr betreffen-de Instrumente an und integrieren das In-vestitionscontrolling nach eigenen Anga-ben besser in die Unternehmenssteuerung. Dennoch wurde in den letzten zwei Jahren von vielen der an der Umfrage beteiligten Unternehmen das Investitionscontrolling weiter optimiert. Die Anpassungen fanden zumeist in Bezug auf die Governance und Compliance, die Investitionsbeurteilung sowie die Investitionsprozesse statt. Im De-tail wurden Investitionsrichtlinien einge-führt, Stellen und Gremien geschaffen, neue Kennzahlen und Bewertungsmetho-den implementiert sowie der Workflow des Investitionsprozesses optimiert.

Die derzeit größten Risikopotenziale se-hen die befragten Unternehmen in der Ver-

zahnung des Investitionscontrollings mit der Unternehmensplanung, der strategi-schen Kapitalallokation und der Steuerung des Investitionsportfolios. Dies zeigt, dass die Unternehmen die Notwendigkeit er-kannt haben, das Investitionscontrolling als ganzheitlichen Steuerungsansatz zu be-trachten.

Auch wenn mehr als 80 % der Unterneh-men den eigenen Entwicklungsstand als gut bis sehr gut bezeichnen, fällt auf, dass besonders kapitalmarktorientierte Unter-nehmen die Effizienz und Integration ihres Investitionscontrollings in ihre Unterneh-menssteuerung als weniger gut ansehen und dadurch Handlungsbedarf offen gelegt wird (vgl. Abbildung 14).

Hauser/Panzau erachten weitere be-deutende Handlungsaspekte innerhalb der identifizierten Handlungsfelder Gover-nance und Compliance, Unternehmens-planung und strategische Kapitalalloka-tion, Investitionsprojektportfolio sowie Investitionsmonitoring und Berichterstat-tung für Unternehmen in Bezug auf ihr In-vestitionscontrolling für relevant. Im Be-reich Governance und Compliance gilt es z. B. Vorgaben für Desinvestitionen zu eta-blieren und Ansätze für einen vorzeitigen Abbruch von Investitionen zu entwickeln. Im Zusammenhang zwischen Unterneh­mensplanung und strategischer Kapitalal­lokation stehen Unternehmen vor der Herausforderung, Investitionen in die stra-

Abb. 15 | Handlungsaspekte innerhalb der vier identifizierten Themenfelder

1 2 3 4Governance undCompliance

Unternehmensplanungund strategischeKapitalallokation

Investitions-projektportfolio

Investitionsmonitoringund Berichterstattung

• Definition von Vorgaben zu Desinvestionen

• Festlegung von Kriterien für einen vorzeitigen Abbruch von genehmigten Investitionen

• Festlelgung wesentlicher Investitionsantragskriterien (Chancen und Risiken, investi- tionsspezifische Key Perfor- mance Indikatoren, etc.)

• Berücksichtigung von Inves- titionen im Rahmen der strategi- schen Planung

• Strategische und finanzielle Bewertung von Geschäftsbe- reichen als Grundlage für die strategische Kapitalallokation

• Berücksichtigung von Chancen und Risiken aus Investitions- projekten für die Unternehmens- steuerung

• Vergleichbarkeit von Investi- tionsprojekten und Beurteilung aller im Unternehmen laufender und anstehender Investitons- projekte

• IT-Unterstützung des Investitionscontrollings

• Erfassung von Mittel-zu- und -abflüssen auf Investitions- projektebene

• Verzahnung der Investitions- bericherstattung mit dem internen Chancen- und Risiko- berichtswesen

• Etablierung von projekt- begleitenden Audits sowie Post-Completion-Audits

• Einführung/Optimierung von IT-Tools für das Investitions- controlling

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tegische Planung zu integrieren und me-thodische Ansätze zur strategischen Kapi-talallokation zu erarbeiten. Zum Zeitpunkt der operativen Planung gilt es, mittels des Investitionsprojektportfolios, die Vergleich-barkeit und Beurteilung von laufenden sowie anstehenden Investitionspro jekten durch eine geeignete IT-Lösung zu un-terstützen. Im Handlungsfeld Investi­tionsmonitoring und Berichterstattung soll-te u. a. eine Erfassung von Mittelzu- und Mittelabflüssen auf Einzelprojektebene sichergestellt werden und Post- Comple-tion-Audits bzw. projektbegleitende Au-dits eingeführt werden, um möglichen Ab-weichungen frühzeitig gegenzusteuern oder aus möglichen Fehlern der Vergan-genheit für die Zukunft zu lernen (vgl. Abbildung 15).

Literatur1. Adam,D.,Investitionscontrolling,3.Aufl.,Mün-chen2000.2. Antoni,M./Riekhof,H.-C.,DiePortfolio-AnalysealsInstrumentderStrategieentwicklung,inRieck-hof,H.-C.(Hrsg.),PraxisderStrategieentwicklung,Konzepte–Erfahrungen–Fallstudien,2.Auflage,Stuttgart1994,S.109–128.3. Baum, H.-G./Coenenberg, A. G./Günther, T.,StrategischesControlling,4.Aufl.,Stuttgart2007.4. Baumbach,A./Hück,A.,GmbHG,19.Aufl.,Mün-chen2010,§43GmbHG.5. Gleißner,W./Lienhard,H.,WertorientierteKapi-talallokation–einSchlüsselzumUnternehmens-erfolg,in:Gleißner,W./Meier,G.,WertorientiertesRisikomanagement für Industrie und Handel,Wiesbaden2011,S.269–287.6. Hering,T.,Investitionstheorie,3.Aufl.München2008.7. Kern,W.,Investitionsrechnung,Stuttgart1974.8. Littkemann,J.,DasInvestitionsverhaltenvonUn-ternehmendesverarbeitendenGewerbes,in:DieBetriebswirtschaft,Jg.55(1995),Heft1,S.77–94.9. Markowitz,H.M.,PortfolioSelection,in:JournalofFinance(1952),Vol.7,S.77–91.10.Reichmann,T.,ControllingmitKennzahlen.DiesystemgestützteControlling-KonzeptionmitAna-lyse-undReportinginstrumenten,8.,überarbeite-teunderweiterteAufl.,München2011.11. Schwellnuss,A.G.,Investitions-Controlling–Er-folgspotentialeaufBasissystematischerInvestiti-onsrechnungensichtbarmachen,München1991.12.Steinmüller,P.H.,DieneueSchuledesControl-lers,Bd.3,Stuttgart2000.13. Tilch,T./Hauser,K./Bürger,B.,Investitionscon-trolling–(Nichtveröffentlichte)ErgebnisseeinerUmfrageunterVerantwortlichenkapitalmarktori-entierterundmittelständischerUnternehmeninDeutschland, PricewaterhouseCoopers AG(kurzPwC(Hrsg.)),FrankfurtamMain2010.14.Warkotsch,N.,InvestitionscontrollinginKon-zernstrukturen–LokalisierungvonTeilfunktionenaufunterschiedlichenKonzernebenen,in:Control-lerMagazin,35.Jg.(2010),H.3,S.70–75.

Andreas FrodlControlling im GesundheitsbetriebBetriebswirtschaft für das Gesundheitswesen

2012. 180 S. mit 19 Abb. Br. € (D) 34,95ISBN 978-3-8349-3362-1Das vorliegende Buch befasst sich daher zunächst mit den Grund-lagen des Controllings für den Gesundheitsbetrieb, der strate-gischen und operativen Planung, Zielfi ndung und Strategieentwick-lung, weist auf die Problematik medizinischer Entscheidungsfi ndung und besondere Entscheidungssituationen im Gesundheitsbetrieb hin und zeigt geeignete Controllinginstrumente zur Steuerung des Gesundheitsbetrieb auf.

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