internationale caux-konferenzen: bericht 2015

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Der Faktor Mensch und globaler Wandel BERICHT 2015 INTERNATIONALE CAUX-KONFERENZEN www.caux.ch

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Page 1: Internationale Caux-Konferenzen: Bericht 2015

Der Faktor Mensch und globaler Wandel

BERICHT 2015INTERNATIONALE CAUX-KONFERENZEN

www.caux.ch

Page 2: Internationale Caux-Konferenzen: Bericht 2015

VISION

Die Stiftung CAUX – Initiativen der Veränderung hat die Vision einer gerechten, friedlichen und zukunftsfähigen Welt, in der Menschen im Bewusstsein globaler wechsel-seitiger Abhängigkeiten und Verantwortungen handeln.

MISSION

Die im Jahre 1946 gegründete Stiftung CAUX – Ini-tiativen der Veränderung (CAUX – IofC) organisiert und koordiniert internationale und lokale Konferen-zen, Seminare und Fortbildungskurse in der Schweiz, insbesondere in ihrem Konferenzzentrum, dem ehe-maligen Caux-Palace, und bringt so eine Vielfalt von Menschen zusammen.

Was sind die Caux-Konferenzen? 4

Vertrauen und Integrität in der Weltwirtschaft 6

Gerechte Regierungsführung für menschliche Sicherheit 8

Caux-Dialog über Land und Sicherheit 10

Internationales Forum für Friedensschaffende 12

Damit Europa kein unvollendeter Traum bleibt 14

CATS – Kinder können die Welt verändern 16

Quellen der Inspiration 18

Impact Initiatives Challenge 20

Programme parallel zu den Konferenzen 22

Anmerkung: «Caux» steht oft als Abkürzung für das Caux-Konferenzzentrum und die Gemeinschaft der freiwilligen Mitarbeitenden, Praktikanten, Ange-stellten und Teilnehmenden.

CAUX – IofC bietet einen sicheren und privilegierten Raum der Inspiration, welcher Einzelpersonen, Grup-pen und Organisationen aus aller Welt verbindet und sie dabei unterstützt, sich effektiv und zukunftswei-send für vermehrtes Vertrauen, eine ethische Füh-rungskultur, nachhaltige Lebensweise und menschli-che Sicherheit einzusetzen.

CAUX – IofC agiert im Sinne ihres Hauptansatzes, der davon ausgeht, dass weltweite Veränderung beim Einzelnen beginnt, und der auf Grundwerten wie ab-solutem Respekt für menschliche Würde, Wahrheit, Solidarität und Sorgsamkeit in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens beruht. CAUX – IofC empfiehlt Zeiten der stillen Reflexion als Weg zur Erschliessung von Kreativität und Inspiration.

2 CAUX BERICHT 2015

INHALTSVERZEICHNIS

DIE STIFTUNG CAUX – INITIATIVEN DER VERÄNDERUNG (CAUX – IOFC)

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Jahre 1945. Der amtierende Bürger­meister von Hiroshima, Kazumi Matsui, schrieb einen Brief an Caux, in dem er die Bedeutung von «Initia­tiven der Veränderung» unterstrich und den Besuch der damaligen Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki in Caux im Jahre 1950 er­wähnte, dessen Auswirkungen bis heute noch für die japanische Ge­sellschaft relevant sind.

Meine erste Reise zu den Caux­Kon­ferenzen war eine aussergewöhnli­che und spannende Erfahrung. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Caux einen einzigartigen und privi­legierten Ort für all diejenigen bie­tet, die im Einsatz für eine bessere Zukunft mehr Verantwortung in der Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik übernehmen und neue, viel­leicht noch unbegangene Wege ge­hen möchten. Nur wenn wir uns auf persönlicher Ebene verändern kön­nen, werden wir in der Lage sein, in der Welt von morgen eine wichtige Rolle zu spielen.

Barbara HintermannGeneralsekretärinStiftung CAUX –

Initiativen der Veränderung

Kurz vor Beginn der Caux­Konfe­renzen 2015 spazierte ich um den Caux Palace, bewunderte seine Schönheit und staunte über die ein­zigartige Geschichte seines beinahe 70­jährigen Engagements für Frie­den, Versöhnung, ethische Füh­rungskultur, menschliche Sicherheit und Nachhaltigkeit. Während ich auf den Genfersee und die Schwei­zer Alpen blickte, dachte ich an die Hunderten von Menschen, die in wenigen Tagen den ganzen Sommer über nach Caux hinauffahren wür­den, um die Ruhe dieses Ortes und die von ihm ausgehende Inspiration zu geniessen, andere zu treffen und sich mit ihnen auszutauschen. Ich führte mir vor Augen, was gesche­hen würde, wenn all diese Men­schen mit neugewonnener Energie und Inspiration zurück nach Hause führen, um sie dort an andere wei­terzugeben. Sie alle setzen sich für persönlichen Wandel ein, um in ih­rer Heimat etwas zu verändern, sich an der Umgestaltung ihres Lan­des zu beteiligen und letztendlich die Welt zu verändern. Und in die­sem Jahr würde ich mit dabei sein.

Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht: In diesem Sommer be­mühten sich enthusiastische Teil­nehmende um praktikable und ein­fache Lösungen für Themen von allgemeinem Interesse und tausch­ten Beispiele bewährter Methoden aus. Wie schon in den Jahren zuvor war mangelnde Transparenz im Ge­schäftsleben und bei Behörden ein wichtiges Thema. Die jüngsten in­ternationalen Betrugsfälle (z. B. bei der FIFA und Volkswagen) haben wieder einmal aufgezeigt, dass es für Führungspersönlichkeiten drin­gend notwendig ist, sich für hohe und ethisch fundierte Massstäbe

einzusetzen, um das Vertrauen der Kunden, Aktionäre und, im weite­ren Sinne, der Gesellschaft nicht zu verspielen. Caux bot einen sicheren Rahmen, in dem solch heikle The­men unter die Lupe genommen, persönliche Erfahrungen ausge­tauscht und gemeinsame Vorge­hensweisen diskutiert wurden.

Auch wenn Migration ein Phäno­men ist, das seit Beginn der Mensch­heit existiert, hat in den letzten Monaten vor allem in europäischen Ländern die Ankunft Hunderttau­sender Einwanderer und Flüchtlinge intensive Diskussionen und Span­nungen auf politischer Ebene ausge­löst. Die Caux­Konferenz «Damit Europa kein unvollendeter Traum bleibt» geht davon aus, dass Solida­rität und Empathie in europäischen Ländern notwendig sind, um die verzweifelten und von der gefährli­chen Reise erschöpften Einwande­rer und Flüchtlinge willkommen zu heissen.

Die Teilnehmenden unterstrichen, Europa dürfe nicht vergessen, dass es selbst durch Migranten entstan­den sei. Die Stiftung CAUX – IofC hat die Notwendigkeit einer Platt­form erkannt, die Austausch und Dialog ermöglicht, und möchte sich diesbezüglich stärker engagieren. Sie möchte dabei ihre langjährige Erfahrung im Bereich der Friedens­förderung zur Verfügung stellen, um bei Dialogen zwischen verschiede­nen Interessensvertretern und Fra­gen der aktuellen Migration zu ver­mitteln.

Ein bedeutender Moment der dies­jährigen Caux­Konferenzen war die Gedenkfeier zum Abwurf der Atombombe über Hiroshima im

CAUX BERICHT 2015 3

EDITORIAL

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Was sind die Internationalen Caux-Konferenzen?Jeden Sommer organisiert und koordiniert die Stiftung CAUX-Initiativen der Veränderung eine internationale Konferenzreihe, die sich mit ausgewählten Themen des aktuellen Weltge-schehens auseinandersetzt. Schwerpunkte sind hierbei der Aufbau von Vertrauen, eine ethi-sche Führungskultur, nachhaltige Lebensweise und menschliche Sicherheit. Die Konferenzen finden im Caux Palace oberhalb von Montreux (Schweiz) in der Nähe von Genf statt.

Jede Konferenz wird von einem eige-nen Team organisiert, das hauptsäch-

lich aus engagierten, ehrenamtlichen Mitarbeitenden besteht, die das Konfe-renzprogramm entwickeln und durch-führen.

Einige Elemente finden sich in allen Konferenzen wieder: Jeder Tag beginnt mit einer Zeit der Stille, um die Erfah-rungen des Vortages zu verarbeiten und neue Perspektiven zu gewinnen. Der atemberaubende Blick vom Caux Pa-lace auf den Genfersee und seine Um-gebung bietet hierfür eine wunder-schöne Kulisse. Tagsüber sind die Teilnehmenden eingeladen, in kleinen Arbeits- und Diskussionsgruppen, den sogenannten Community-Gruppen, zu-sammenzukommen und ihre Erfahrun-gen auszutauschen. Ausserdem werden alle gebeten, sich an verschiedenen praktischen Aufgaben des Hauses zu be-

teiligen. In der Tat werden die meisten praktischen Arbeitsbereiche des Konfe-renzzentrums, vom Hauswirtschaftsbe-reich über den Speisesaal bis zur Tech-nik, von freiwilligen Mitarbeitenden und jungen Praktikantinnen und Praktikan-ten des Caux Interns Leadership Pro-grammes (mehr auf Seite 22) aus aller Welt geleitet. Diese vielfältigen Begeg-nungen mit Menschen unterschiedli-chen Alters und verschiedener Herkunft und Kultur ist ein wichtiger Aspekt der Erfahrungen, die Caux bietet.

Caux definiert sich durch die ein-zigartige Atmosphäre, die entsteht, wenn Teilnehmende, Freiwillige und Praktikanten unter-schiedlicher Herkunft und Kultur:• sich begegnen und kennenlernen,• sich Zeit nehmen, über aktuelle

Themen nachzudenken und zu handeln – auf persönlicher und globaler Ebene,

• Vordenker und Changemaker aus aller Welt treffen und mit ih-nen das Gespräch suchen.

Im Laufe der Jahre hat sich Caux den Ruf einer Plattform für interkulturelle und religionsübergreifendene Dialoge

Offizielle Eröffnung der Internationalen Caux-Konferenzen 2015

Am 28. Juni eröffneten Antoine Jaul-mes, Präsident der Stiftung CAUX – Initiativen der Veränderung, Anne Lu-gon-Moulin, Chefin der Abteilung Subsahara-Afrika des Eidgenössischen Departments für Auswärtige Angele-genheiten (EDA) und Laurent Wehrli,

Stadtpräsident von Montreux, die Caux-Konferenzen 2015. Die Teilneh-menden hatten nach der Zeremonie Gelegenheit, den Caux Palace zu be-sichtigen und mehr über die weltwei-ten Aktivitäten von Initiativen der Ver-änderung zu erfahren.

erarbeitet. Es bietet einen sicheren Ort für alle, um Gedanken, Erfahrungen und bewährte Methoden auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und diese auszu-bauen. Der Ansatz von CAUX-IofC ist ganzheitlich und stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Dadurch werden alle gleichgestellt und verhärtete Strukturen aufgebrochen. Kurz gesagt: Caux schafft einen Rahmen, um Einzelpersonen, Gruppen und Organisationen zu inspi-rieren, auszurüsten und zu verbinden, um eine gerechte, nachhaltige und fried-volle Welt zu schaffen.

Botschafterin Anne Lugon-Moulin, Leiterin der Subsahara-Abteilung des Eidgenössischen Departements für Auswärtige Angelegenheiten

Antoine Jaulmes, Präsident der Stiftung CAUX – Initiativen der Veränderung

4 CAUX BERICHT 2015

INTERNATIONALE CAUX-KONFERENZEN

Page 5: Internationale Caux-Konferenzen: Bericht 2015

Caux-Konferenzen – Sommer 2015

1421 Anwesende

100 Nationalitäten

Europa 65 % Asien 12 % Afrika 13 % Nord- und Südamerika 8 % Australien und Neuseeland 2 %

Teilnehmende 1008 Freiwillige 217 Praktikanten 66 «Caux-Scholars» 20 Künstler 9 Angestellte 38 Konferenzteams 144

Altersgruppen

0

50

100

150

200

250

300

350

0–5 6–17 18–25 26–35 36–45 46–55 56–65 66–80 80+

25 127 262 299 175 195 167 141 21

Anzahl

638

783

1008

65 %

2 %

8 %

12 %13 %

217 6620

938

144

 Männer 638

Frauen 783

CAUX BERICHT 2015 5

FAKTEN UND ZAHLEN

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Sunil Mathur, Vorstandsvorsitzender der Siemens Corporation in Indien und Südasien

Emmanuel Mutisya, Projektassistenz-professor des Graduiertenprogramms für Nachhaltigkeit der Universität Tokio

Wendy Addison, Gründerin von Speak Out, Speak Up, und die Unternehmerin Alia Benomar

Gleich zu Beginn wurde deutlich, dass das Thema Korruption einen

Schwerpunkt darstellte. Sunil Mathur, Vorstandsvorsitzender der Siemens Cor-poration in Indien und Südasien, berich-tete davon, wie das Unternehmen im Zuge eines grossen Korruptionsskandals seine Firmenkultur gründlich unter die Lupe nahm. Der gesamte Vorstand war zurückgetreten. Dank der intensiven Fehlersuche und der darauf folgenden Wandlung des Unternehmens entwi-ckelte sich Siemens laut des «Dow Jones Sustainability Index» zum weltweiten Spitzenreiter in Sachen Corporate Com-pliance.

unternehmen auf, bei dem sie für die Buchhaltung verantwortlich war. Alia Benomar legte mit der Unterstützung ih-res Grossvaters die Korruption in ihrem Familienunternehmen, dem grössten Mehlhersteller Marokkos, offen.

Parallel traf sich der Caux Round Ta-ble, ein internationales Netzwerk erfah-rener Führungskräfte aus der Wirtschaft, die zur Stärkung von Privatunterneh-men und staatlichen Führungsstrukturen und dadurch im weiteren Sinne auch der Weltgemeinschaft beitragen. Thema des Caux Round Table war die Verant-wortung der Wirtschaft beim Aufbau ei-ner nachhaltigen Weltwirtschaft. Die Bu-siness School Lausanne und Leadership for Transformation boten ein aktions-orientiertes Training für Führungskräfte an (Impact Leadership). Unter der Lei-tung von Pedro Langre, Direktor des Oxford Leadership in Mexiko, fanden Workshops zu interner Führung und wert- und zweckorientierter Unterneh-mungsführung statt.

Michael Smith, Mitglied des TIGE-Kern-teams, stellte sein Buch Great Company

vor. Darin erzählt er, wie Menschen seit der Finanzkrise 2008 u. a. bei den TIGE-Konferenzen auf ihr Gewissen hörten und entsprechend handelten.

Nationale TIGE-Gruppen befinden sich in der Entstehungsphase. So wurde die Gründung von Gruppen in Australien, Dänemark, Mexiko, Holland, Schott-land, Schweden, der Schweiz, dem Ver-einigten Königreich und den USA be-sprochen.

Vorbildliches Durchhaltevermögen

Wendy Addison, Gründerin von Speak Out, Speak Up, war die In-formantin in der vermeintlich grössten Unternehmenskatastrophe in der Ge-schichte Südafrikas. Die Entscheidung, ihre Informationen öffentlich zu machen, war ihr schwergefallen. Sie sagte: «Ich hatte Angst, mir war sehr unwohl. Ich steckte in einem Dilemma. Auf der einen Seite wollte ich meinen Kollegen

Die Geschichte des kenianischen Unter-nehmers Emmanuel Mutisya war eben-falls ein inspirierendes Beispiel. Seine Weigerung, der korrupten Polizei Beste-chungsgelder zu zahlen, war ein Bei-spiel, das seine Landsleute dazu ermu-tigte, ebenfalls korrupten Regeln zu entsagen. Die Südafrikanerin Wendy Addison deckte mutig die Veruntreu-ung durch zwei Führungsangestellte in einem grossen Gesundheits- und Fitness-

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VERTRAUEN UND INTEGRITÄT IN DER WELTWIRTSCHAFT (TIGE)

Führungsqualitäten stärken für wirtschaftlichen Wandel26. Juni – 1. Juli. Ziel der neunten TIGE-Konferenz war es, Führungskräfte dazu zu ermu-tigen, sich für das Gemeinwohl einzusetzen und Vorbilder persönlichen und wirtschaftlichen Wandels zu sein. Im Rahmen des ganzheitlichen Ansatzes der Konferenz erhielten die Teilnehmenden Zeit und Anleitung zur Besinnung und zum Aufbau von Kapazitäten und Synergien, um gemeinsam auf die angestrebten Ziele hinarbeiten zu können.

Page 7: Internationale Caux-Konferenzen: Bericht 2015

Jane Royston, Gründerin von NatSoft SA

TIGE-Teilnehmende besuchen das Schweizer Sozialunternehmen Tergon, das ergonomische Bürostühle herstellt

Emmanuel Jeger, Führungscoach und Moderator beim Workshop «Veränderung in sich wandelnden Teams anleiten»

gegenüber loyal sein und meinen Ar-beitsvertrag erfüllen. Auf der anderen Seite war da meine Verpflichtung gegen-über der Gesellschaft. Ich versuchte, mir vorzustellen, welche Auswirkungen mein Schweigen auf die Gesellschaft hätte – und das ermutigte mich dazu, an die Öffentlichkeit zu gehen.»

Sie bezahlte ihren Mut mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes und ihrer Karriere. Als sie Morddrohungen erhielt, floh sie mit ihrem 12-jährigen Sohn nach Gross-britannien. Die korrupten Führungs-kräfte erhielten schliesslich Gefängnis-strafen. Wendy Addison jedoch stand alleine da, ohne Einkommen, ohne Er-sparnisse, ohne Vorsorge. «Ich stand im wahrsten Sinne des Wortes auf der Stras se. Es war zutiefst demütigend. Ich schloss mich einer Bettlergruppe an und ver-handelte mit ihnen – ich schrieb ihnen

Briefe oder Lebensläufe und sie über-liessen mir dafür einen guten Platz zum Betteln. Aber auch wenn ich vom Spiel-platz des Lebens verbannt worden war, setzte ich mich jeden Tag auf meinen kleinen Pappkarton an die Tore der Hoffnung.»

Seit 2012 befindet sie sich in einer Phase des persönlichen Wiederaufbaus. «Ich gründete Speak Out, Speak Up (eine Hilfsorganisation für Whistleblower) und begann, anderen zu helfen.»

Im Rückblick auf diese harte Zeit sagt sie: «In den schwierigsten Phasen unse-res Lebens entdecken wir oftmals die Bestimmung und den wahren Sinn un-seres Lebens. Wir sind nie am Ziel, wir entwickeln uns ständig weiter.»

Langfristige Visionen besser als kurzfristiges Denken

In der Plenarsitzung zu Wirtschaft für Frieden befassten sich die Teilnehmen-den hauptsächlich damit, dass Regierun-gen und Unternehmen immer mehr Möglichkeiten haben, die Prinzipien und Methoden unternehmerischer Sozi-alverantwortung umzusetzen. Eine Viel-zahl an Organisationen, wie auch der Caux Round Table, haben bereits Richtlinien zu Wirtschaft und Men-schenrechten definiert. Wenn der Schutz der Menschenrechte Aufgabe des Staa-tes ist, so wird davon ausgegangen, dass auch Unternehmen zu diesem Schutz

beitragen müssen. Jane Royston, Geschäftsfrau und Schweizer Unterneh-merin des Jahres, erzählte ihre Ge-schichte und erläuterte ihre Auffassung ethischer Geschäftspraktiken: «Man kann es in zwei Worten zusammenfas-sen – Vertrauen und Integrität.» Schein-bar am Höhepunkt ihrer beruflichen Karriere verliess Royston ein erfolgrei-ches IT-Unternehmen wegen der Un-gleichbehandlung von Mitarbeitenden. Sie gründete ein erfolgreiches IT-Unter-nehmen, NatSoft, in das sie ihre eigenen Vorstellungen und Werte einbrachte. Für sie sind Teamwork und Engage-ment das Wichtigste, Profit rückte an die zweite Stelle. Ihrer Meinung nach müsse ein Unternehmen, das Erfolg ha-ben möchte, auf eine langfristige Zu-kunft setzen.

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Ethische und integrative Regierungsführung fördern 3.–8. Juli. Michael Møller, Generaldirektor des Büros der Vereinten Nationen in Genf, gab die Richtung für die Konferenz «Gerechte Regierungsführung für menschliche Sicherheit» vor: «Es gibt da draussen eine ganze Welt struktureller Probleme, die angesprochen werden müssen. Dies kann jedoch nicht mehr nur den Regierungen überlassen werden. Es muss eine Gemeinschaftsleistung sein, und jeder von uns trägt die Verantwortung, etwas dazu beizutragen.»

200 Teilnehmende aus 44 Ländern waren angereist, um herauszufinden,

wie sich genau dies besser bewerkstelli-gen lässt. Sie berichteten von Initiativen zur Bereitstellung sauberen Wassers für indische Dörfer, von Vertrauensbildung zwischen griechischen und türkischen Zyprern und davon, wie sich Frauen in Mali am nationalen Tagesgeschehen be-teiligen können. Møller twitterte in sei-

nem Netzwerk, die Konferenz zeige «das enorme Potenzial der Zivilgesell-schaft» auf.

Das schweizerische Eidgenössische De-partement für auswärtige Angelegenhei-ten unterstützte finanziell die Konferenz-teilnahme von 25 Führungskräften aus Mali, dem Tschad und dem Niger. Viele von ihnen arbeiten in ihren Län-dern im Bereich der Konfliktlösung. Ein von UN-Mediationsexperten veranstalte-ter Workshop stiess auf grosses Inter-esse. Ausserdem besuchten sie Work-shops zum Umgang mit gewaltbereitem Extremismus. Hieran beteiligten sich auch Mitglieder des somalischen Parla-ments, ein leitender Beamter aus Nige-ria und NGO-Führungskräfte aus Afrika und dem Nahen Osten.

Teilnehmende aus Armenien und der Türkei kamen mit dem Ziel, herauszu-finden, wie sie die aus ihrer brutalen Geschichte resultierenden Feindseligkei-ten überwinden können. Ukrainische Teilnehmende zeigten einen Film über den Krieg in der Ostukraine, der den angesehenen russischen Historiker An-drei Zubov zu einer bewegenden Ent-schuldigung veranlasste. Zusammen mit

dem stellvertretenden Leiter des ukrai-nischen Instituts für Nationalgedenken nahm er an einem Workshop zum Thema Vergangenheitsbewältigung teil, in dem die tragischen Ereignisse in der Geschichte der beiden Länder und mögliche Heilungsprozesse im Mittel-punkt standen.

Co-Willing

Während der Konferenz traf sich ein Netzwerk aus afrikanischen Führungs-kräften, das sich Commitment of the Willing, kurz Co-Willing, nennt. Die Mitglieder des Netzwerks, die in den Be-reichen Bildung, nachhaltige Entwick-lung und Korruptionsbekämpfung tätig sind, setzen sich gemeinsam für Integri-tät in Führungsbereichen ein. Durch Er-fahrungsaustausch lernten sie, wie sie ihre eigenen Initiativen und die der an-deren Teilnehmenden ausbauen und unterstützen können. Unter den Teil-nehmenden befanden sich auch Hans Herren, Gewinner des Welternährungs-preises, der südafrikanische Jurist Paul Hoffmann von Accountability Now und Ekuru Aukot, Leiter des Expertengremi-ums, das die kenianische Verfassung von 2010 ausgearbeitet hatte.

Michael Møller, Generaldirektor des UN-Büros in Genf

8 CAUX BERICHT 2015

GERECHTE REGIERUNGSFÜHRUNG FÜR MENSCHLICHE SICHERHEIT

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Teilnehmer des Musa Dagh- Geschichtsprojekts

Bedan Mbugua, Geschäftsführer und Chefredakteur von Foundain Media Group Ltd

Daphrose Barampama, Präsidentin von Creators of Peace schauer dazu inspirieren, Korruption zu

bekämpfen, die Umwelt zu schützen oder Konflikte zu lösen? Dieser Heraus-forderung stellt sich das kenianische Un-ternehmen Fountain Media Group Ltd.

Plattformen wie Buzzfeed, die sich be-wusst auf positive Schlagzeilen konzent-rieren, werden immer beliebter. Überall auf der Welt wünschen sich Adressaten positivere Nachrichten. Der Geschäfts-führer von Fountain Media Groups, Be-dan Mbugua, und der Chefredakteur und kenianische Fernsehstar Johnson Mwakazi sprachen über die Bedeutung einer Alternative zu den heutigen gro-ssen Rundfunkanstalten. Sie stellten ihr Konzept in dem Workshop «The media challenge: journalism, integrity and hope» (Herausforderung für die Me-dien: Journalismus, Integrität und Hoff-nung) vor.

Die beiden Männer beharrten darauf, es gäbe überall auf der Welt gute Ge-schichten, die es wert seien, erzählt zu werden. «Wir brauchen Medien, die ei-nen Unterschied machen können. Me-dien, die das Gute feiern.» Natürlich müsse man über die Probleme in der Welt berichten, aber nicht ohne mögli-che Lösungsansätze aufzuzeigen: «Sogar eine schlechte Lösung ist besser als gar keine Lösung», sagte Mwakazi. So ent-stand Fountain Media, mit dem Ziel, die Bevölkerung durch kreative Gemein-schaftsinitiativen zu verändern.

Ein besorgniserregendes Thema war die Anzahl der kenianischen Männer, die durch den Konsum gepanschten Alko-hols sterben. In Kiambu hatten einige Frauen eine Organisation zur Bekämp-fung dieses Problems gegründet: Mo-thers Against Drug Abuse (Mütter ge-gen Drogenmissbrauch). Fountain

Media nahm sich ihrer Geschichte an. Bald demonstrierten Tausende von Frauen und ermutigten viele andere Frauen weit über Kiambu hinaus, sich der Bewegung anzuschliessen.

Die Fountain Media Group befasste sich auch mit Korruptionsbekämpfung. Wie haben sie es geschafft, die in der kenia-nischen Wirtschaftswelt weitverbreiteten Bestechungspraktiken zu beeinflussen? Fountain Media bot Unternehmen, die sich weigerten, Bestechungsgelder zu zahlen, öffentlichkeitswirksame Unter-stützung an. Einige Unternehmen gin-gen darauf ein – Fountain TV hatte po-sitive Geschichten zu berichten und die Unternehmen profitierten von der Wer-bung. Bisher haben sich über 500 Un-ternehmen an der Initiative beteiligt.

Vergangenheit und Gegenwart bewältigen

Zum Gedenken an den Völkermord an den Armeniern vor 100 Jahren trafen sich Jugendliche aus Armenien und junge Armenier, die in der Türkei oder anderen Ländern leben, um über ihre gemeinsame Vergangenheit und deren Auswirkungen zu sprechen. Die Gesprä-che fanden grösstenteils unter Aus-schluss der Öffentlichkeit im Rahmen des Musa-Dagh-History-Hike-Projektes statt, das von Eugene Sensenig-Dabbous von der Notre Dame-Universität im Li-banon geleitet wird. Ausserdem gab es weitere Workshops, in denen die Öf-fentlichkeit durch Dokumentarfilme, Lieder und weitere Vorführungen über diese Thematik informiert wurde. In er-giebigen Gesprächen wurden Themen wie Wahrheit, Vergebung und Akzep-tanz besprochen, aber auch, wie Hass überwunden werden kann, um die Ver-gangenheit zu bewältigen.

«Wir brauchen Medien, die einen Unterschied machen. Medien, die das Gute feiern.»

Ist es möglich, dass Medien nicht nur Nachrichten verbreiten, sondern sie so-gar verändern können? Kann die Art der Berichterstattung Leser und Zu-

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Page 10: Internationale Caux-Konferenzen: Bericht 2015

Konteradmiral Neil Morisetti (a. D.), britischer Gesandter für Klima und Energiesicherheit 2009–2013

Michael Schluter, Vorsitzender und Geschäftsführer der Denkfabrik Relational Research

Grundsteine nachhaltiger Entwicklung10.–14. Juli. Der diesjährige Dialog untersuchte Zusammenhänge zwischen Landwieder-herstellung, Ernährungssicherung, Armutsbekämpfung und Konfliktlösung. Er beschäftigte sich dabei vor allem mit Lösungsansätzen zum Aufbau von Strategien, die Vertrauensaufbau mit nachhaltigem Landmanagement verbinden, um Menschen zu helfen, den Teufelskreis aus Bodendegradation und Konflikten zu durchbrechen und stattdessen gesicherte, fried-liche Existenzmöglichkeiten zu schaffen. Fünf Tage lang wurden ernsthafte Diskussionen und lebhafte Gespräche geführt und intelligente Lösungsansätze, persönliche Berichte und neue Einsichten ausgetauscht.

Mehr als 100 Fachleute aus den Be-reichen Vertrauensbildung und

Landwiederherstellung, darunter Land-wirte, Aktivisten, politische Entschei-dungsträger, Wissenschaftler und Ver-treter der Wirtschaft, nahmen an dem Dialog teil, der in Kooperation mit Ini-tiativen für Land, Leben und Frieden (ILLP), der UN-Konvention zur Be-kämpfung der Wüstenbildung (UN-CCD) und der Weltnaturschutzorganisa-tion (IUCN) organisiert worden war.

Der Dialog orientierte sich an einem tra-ditionellen, aber komplexen Triple-Bot-tom-Line-Ansatz. Dabei wurden im Laufe der Konferenz jeweils umweltpo-

litische, wirtschaftliche und gesellschaft-liche Aspekte untersucht, was einen pro-duktiven Austausch sowohl auf horizontaler als auch vertikaler Ebene zwischen Spezialisten, politischen Ent-scheidungsträgern und der Zivilgesell-schaft ermöglichte. Am zweiten Tag dis-kutierten die Teilnehmenden Verbesserungsmöglichkeiten bei Lö-sungsansätzen für nachhaltiges Landma-nagement. Der dritte Tag drehte sich um Handel im globalisierten Marktge-füge mit einem besonderen Augenmerk auf der Nutzung von Wasser. Am vier-ten Tag wurden verschiedene Aspekte für den Aufbau von Vertrauen bespro-chen und das Fazit des fünften Tages war ein Aufruf zum Handeln.

Der britische Hauptredner Konteradmi-ral Neil Morisetti (a. D.) gab in seiner Ansprache einen Überblick über die durch den Klimawandel bedingten ak-tuellen Bedrohungen der globalen Si-cherheit. Dr. Michael Schluter, Vorsit-zender und Geschäftsführer der Denkfabrik Relational Research, stellte das Modell eines beziehungsorientierten Denkens vor.

Joseph Montville, Direktor des Pro-gramms zur Heilung geschichtsbeding-ter Erinnerungen am Institut für Konflik-tanalyse und -resolution der George

Mason-Universität, sprach über den Nut-zen der politischen Psychologie in der Auseinandersetzung mit Beziehungen bei Land- und Sicherheitsfragen. Er er-klärte, dass «einer der Hauptvorteile für Bevölkerungsgruppen, die Verlust erlebt haben, in einer engen Zusammenarbeit bei Land-, Wasser- und Nahrungsprojek-ten liegt, da diese Projekte für alle, auch für ihre Kinder, von grossem materiel-len Gewinn und ein echter Anreiz dafür sind, sich für psychologischen, spirituel-len und finanziellen Erfolg einzusetzen».

10 CAUX BERICHT 2015

CAUX-DIALOG ÜBER LAND UND SICHERHEIT

Page 11: Internationale Caux-Konferenzen: Bericht 2015

Buchvorstellung

Ilan Chabay, Senior Fellow am Ins-titute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam, stellte das neue Buch «Land Restoration: Reclaim ing Landscapes for a Sus-tainable Future» vor, das er mither-ausgegeben hat. Entstanden war das Buch aus Gesprächen bei früheren Caux-Dialogen über Land und Si-cherheit und viele der Mitwirken-den waren ehemalige Konferenzteil-nehmende und Sprecher.

Louise Baker, UNCCD

Joseph Montville, Direktor des Programms zur Heilung geschichts-bedingter Erinnerungen am Institut für Konfliktanalyse und -resolution der George-Mason-Universität

Kenianische Delegation

Louise Baker von der UNCCD bestand auf einer Einhaltung der anstehenden Agenda, da das Ziel der internationalen Gemeinschaft Landverödungsneutralität sei. Wir müssten alle ehrgeiziger sein, sollten keine Angst vor neuen Techno-logien haben und wir alle «müssen Ver-antwortung übernehmen».

Im Anschluss an die Konferenz organi-sierte CAUX-Initiativen der Verände-rung gemeinsam mit World Vision International am 15. Juli eine Sonderin-formationsveranstaltung im Genfer In-ternational Environment House. Dort konnten die Ergebnisse des CDLS 2015 der breiteren Genfer Umweltgemein-schaft vorgestellt und die Gespräche und das Brainstorming rund um das Thema «Grundsteine nachhaltiger Ent-wicklung» fortgeführt werden. Während der Veranstaltung verpflichtete sich eine kenianische Delegation, 2016 einen Di-alog über Land und Sicherheit in Kenia abzuhalten.

Dialog zwischen jungen Menschen und Experten

Um die nächste Generation miteinzube-ziehen, organisierte der Caux-Dialog eine Diskussionsrunde zwischen 40 ent-husiastischen jungen Umweltschützern und den drei Umweltexperten Julia Marton-Lefèvre, ehemalige Generaldi-rektorin der IUCN, Luc Gnacadja, ehe-maliger Vorsitzender der UNCCD, und Geoffrey Lean, Umweltkorrespondent des Londoner Daily Telegraph. Es war eine einmalige Gelegenheit, sowohl Wis-sen und bewährte Methoden als auch

persönliche Wertvorstellungen und Überzeugungen unter den Generationen auszutauschen. Angesichts von Klima-wandel und Konflikten standen Fragen zu Führungsverhalten, Grundhaltungen und Entscheidungsfindung im Mittel-punkt des Gesprächs.

Weltpremiere

Zum 30. Jahrestag des Live Aid-Kon-zerts in Äthiopien stellten der preisge-krönte Filmregisseur Mark Dodd (The Man who Stopped the Desert) und Tony Rinaudo von World Vision Aus-tralien den Film «Ethiopia Rising: Red Terror to Green revolution» vor. Der Film erzählt anhand der bewegenden Geschichte eines Mannes die ausserge-wöhnlich erfolgreiche Landwiederher-stellung Äthiopiens: Aba Hawi mobili-sierte seine Gemeinde, um das Dorf vor der Vernichtung zu retten und gegen Hunger, Dürre und Krieg vorzugehen.

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Page 12: Internationale Caux-Konferenzen: Bericht 2015

Gewaltfreie Konfliktbearbeitung: Menschenwürde, Partizipation und Inklusion

«Vom Traum für Frieden zum Friedensstifter»

Zu den wichtigen Veranstaltungen des Forums zählten:

• Eine Podiumsdiskussion über Erfah-rungen bei der Umsetzung von Men-schenwürde, Partizipation und Inklu-sion mit Koenraad Van Braband von Interpeace, Ajsa Hadzibegovic von Civic Alliance, Catriona Gourlay von PeaceNexus und Daphrose Ntarataze Barampama von Creators of Peace.

• Eine Präsentation von Abbas Aroua, Leiter der Cordoba-Stiftung in Genf, über islamische und arabische Pers-pektiven zu gewaltfreier Konfliktbear-beitung.

• Vier Workshops unter der Leitung führender Experten im Bereich der Friedensförderung.

Der Workshop von Ajsa Hadzibegovic untersuchte Negativfaktoren, die Ju-gendliche daran hindern, sich an Frie-densprozessen zu beteiligen. Simon Fis-her, Experte für Konfliktbearbeitung bei der Oxford Brookes University, beschäf-tigte sich in seinem Workshop mit der Frage, wie wir uns bei Konfliktsituatio-nen in unserer Arbeit selbst wahrneh-men. Der Workshop von Jean Brown und Shoshana Fair ermutigte die Teil-nehmenden, in sich hineinzuhören, um die Geschichten zu verstehen, die wir an zukünftige Generationen weitergeben. Tanja Mirabile, Co-Leiterin von ICP, behandelte in ihrem Workshop die Rolle des Moderierenden bei effektiver Dialogarbeit für gewaltfreie Konfliktbe-wältigung.

Gegen Ende des Forums hatten die Teil-nehmenden die Möglichkeit, über die ge-machten Erfahrungen nachzudenken und zu überlegen, wie diese zukünftig bei ihrer Arbeit umgesetzt werden könnten.

als inspirierende und stärkende Me-thode und sorgte dafür, dass die Teil-nehmenden Caux mit neuer Energie und Inspiration verliessen.

Frieden fängt zu Hause an

Der besondere Ansatz von IPF bestand darin, sich um den Menschen zu küm-mern, der sich hinter dem Friedens-schaffenden versteckt. Statt theoretischer Vorträge begünstigten interaktive Ver-anstaltungen und Workshops den Aus-tausch und die Übungen in der Gruppe. Dies ermöglichte es den Teilnehmen-den, ihre eigenen Verhaltensweisen un-ter die Lupe zu nehmen. Ein Teilneh-mender sagte abschliessend: «Wie willst du Frieden stiften, wenn du selbst in Konflikte eingegebunden bist? Wie kann ich anderen helfen, ihre Wunden zu heilen, wenn ich meine eigenen nicht geheilt habe?» Dieses Forum war für die Teilnehmenden eine gute Gelegenheit, das Grundprinzip von IofC zu entde-

Koenraad van Brabant, leitender Berater für Friedensförderung, Interpeace

Einige Teilnehmende sagten, das Forum habe sie dazu ermutigt, Konflikte aus ei-ner neuen Perspektive zu betrachten und neu gewonnene Methoden bei ihrer Ar-beit anzuwenden, wie z. B. die Kraft-feldanalyse. Andere Teilnehmende, die durch die drei Grundsätze Menschen-würde, Inklusion und Partizipation inspi-riert worden waren, erklärten, sie seien nun motiviert, alle Interessengruppen in Konfliktgebieten mit einzubeziehen, auch die, die besonders schwer zu erreichen seien.

Die Unterstützung eines so starken Netz-werks Gleichgesinnter entpuppte sich

16.–19. Juli. Rund 70 Fachleute aus aller Welt, die im Bereich Friedensförderung tätig sind, nahmen am Internationalen Forum für Friedensschaffende 2015 (IFP) teil, das in Koopera-tion mit dem Institut für Konflikttransformation und Friedensförderung (ICP) organisiert worden war. Das IFP bot eine Plattform für den Austausch bewährter Methoden und Erfah-rungen in der gewaltfreien Konfliktbearbeitung.

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INTERNATIONALES FORUM FÜR FRIEDENSSCHAFFENDE

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cken und in die Praxis umzusetzen: «Veränderung fängt bei dir selbst an.»

Catriona Gourlay von PeaceNexus übertrug dieses Prinzip auf die organisa-torische Ebene, indem sie eine sehr wichtige, aber oft vernachlässigte Frage stellte: Setzen Organisationen, die in der Friedensförderung aktiv sind, die Werte, die sie aufstellen, im Alltag selbst um? Wie gehen sie mit internen Konflikten um? Dies könne eine ziemliche Heraus-

erforderlich machen und Veränderun-gen könnten Widerstand auslösen. Trotzdem müsse «man inhaltlich flexi-bel sein und den Änderungsprozess bei-behalten». IPF war eine gute Erinnerung daran, dass Frieden zu Hause anfängt.

Catriona Gourlay, Geschäftsführerin von PeaceNexus Foundation

Nina, Teilnehmerin des Friedenskreises

Abbas Aroua, Direktor der Cordoba-Stiftung in Genf

Friedenskreise

Die IofC-Initiative «Creators of Peace (CoP)» bot diesen Sommer Frie-denskreise und ein Trainingspro-gramm für Moderatorinnen in engli-scher und französischer Sprache an. Die Initiative, die im nächsten Som-mer ihr 25-Jahr-Jubiläum feiert, führt vorallem Frauen zusammen, um Frie-den zu fördern. Dabei beginnt Verän-derung bei jeder Einzelnen.

Nina, eine 18 Jahre alte Schweizerin, die sowohl an einem Friedenskreis als

auch am Training teilgenommen hat, berichtet von ihrer Erfahrung:

«Bei einem Friedenskreis kommen 10 bis 12 Frauen zusammen – und jede Frau erzählt das, was sie gerne erzählen möchte. Für einige Frauen ist es sehr schwer, darüber zu sprechen, was sie durchgemacht haben. Hier geht es um schwierige und emotionale Themen: Vertreibung, sexueller Missbrauch, Mord … An einem bestimmten Punkt weinen wir alle. Mir persönlich ist in meinem Leben noch nichts wirklich Schlimmes passiert. Verglichen mit den

anderen war das, was ich zu sagen hatte, ein wenig nutzlos. Aber ein Le-ben muss nicht tragisch sein, um dar-über zu berichten oder um etwas da-rüber zu erfahren. Niemand lebt je wirklich mit sich selbst im Frieden. Wir alle haben anderen etwas zu sa-gen. Da ich die Jüngste in der Gruppe war, habe ich hauptsächlich von den anderen gelernt. Ihre persönlichen Geschichten haben mich sehr bewegt. Ich habe zwischen all den Teilneh-merinnen eine starke gegenseitige Verbindung gespürt. Wir vertrauen uns allen und behalten das uns Anver-traute für uns. Es ist wirklich eine per-sönliche Reise.»

forderung sein, sei jedoch zugleich von grundlegender Bedeutung. «Menschen, die Hilfe empfangen, sehen dich als Vorbild. Man muss ein gutes Vorbild sein, um innerhalb einer Gemeinschaft als glaubwürdig zu gelten. Auch Geld-gebern ist dies sehr wichtig.» Sie unter-strich, es wirke sich auf den Erfolg einer Organisation aus, ob diese ihren Werten entsprechend handle. Dies könne bei der Organisation einige Veränderungen oder sogar eine komplette Umstellung

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Hintergründe verstehen – gemeinsame Werte und Interessen ausbauen 16.–19. Juli. Diese Konferenz wurde im Rahmen eines vierjährigen Projekts organisiert. Ziel des Projektes ist es, Europäer aus allen Gesellschaftsgruppen in Aktionen einzubin-den, um auf dem ganzen Kontinent einen Geist der Zusammenarbeit und Solidarität zu entwickeln.

Die Konferenz bot einer buntge-mischten Gruppe von Europäern

die Möglichkeit, über aktuelle Themen und europäische Werte nachzudenken und sich untereinander auszutauschen: Wiederkehrende Konflikte, enorme Migrationswellen, unsichere Minoritäts-rechte und die Verarbeitung der Ver-gangenheit. Verschiedene Arbeitsgrup-pen kamen zusammen, um ihre Bedenken und Hoffnungen zu bespre-chen und Vorschläge für die Zukunft zu machen.

Den Visionen und Ideen der zwei Grün-dungsväter Europas, Monnet und Schu-man, wurde im Rahmen eines Besuchs bei der Jean Monnet-Stiftung für Europa in Lausanne und bei einem Vortrag von deren Leiter Gilles Grin und von Jeff Fountain, Leiter des Schuman-Zentrums für Europäische Studien, ausreichend Zeit gewidmet.

Das Eröffnungsplenum war geprägt von den Hauptrednern Ahmet Shala, Bot-schafter der Republik Kosovo in Japan

ropäischen Geschichtserzählung und praktischen Möglichkeiten zur Umwand-lung von Spannungen durch soziale Ver-änderung beschäftigte.

Am letzten Tag legten die Teilnehmen-den fest, auf welche Weise sie sich im kommenden Jahr weiterhin mit offenen Fragen Europas auseinandersetzen wür-den. Einige sprachen von ihren Plänen, Initiativen ins Leben zu rufen, z. B. durch proaktives Engagement in der Zu-sammenführung von Minderheitengrup-pen in Europa. Ein Projekt stand dabei besonders im Mittelpunkt: eine Frie-densreise durch Europa, die 2018 statt-finden soll. Im Rahmen des Projektes sollen ehemalige oder aktuelle Konflikt-gebiete besucht werden, um praktische Beispiele für Vertrauensbildung und Konfliktlösung weiterzugeben.

und ehemaliger Wirtschafts- und Finanz-minister, Stephanie Hofmann, ausseror-dentliche Professorin am Graduate Ins-titute in Genf, der Friedensaktivistin Cathy Nobles und Leoluca Orlando, dem Bürgermeister von Palermo, der via Video-Link an der Veranstaltung teilnahm.

Christoph Spreng, IofC-Delegierter im Europarat, sprach über das 60-Jahr-Jubi-läum der Bonn-Kopenhagener Erklärun-gen und die Rolle persönlicher Verän-derung. Margaret Smith, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Fakultät für Internatio-nale Friedens- und Konfliktforschung (International Peace and Conflict Reso-lution) der American University in Was-hington DC, hielt eine sehr bewegende Vorlesung, in der sie sich mit der theo-retischen Frage einer gemeinsamen eu-

Aurora Martin, Fakultät für Politikwissenschaft, Univer-sität Bukarest und Beraterin der rumänischen Regierung, und Cathy Nobles, Gründerin und Leiterin der «Reconciliation Walk Community»

Gilles Grin, Leiter der Jean Monnet-Stiftung

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DAMIT EUROPA KEIN UNVOLLENDETER TRAUM BLEIBT

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Fotoausstellung: «Innerhalb meiner Mauern und darüber hinaus»

Die Young Ambassadors- Initiative: Europa aus der Sichtweise junger Menschen

Dieses Jahr war die Konferenz auch der Startschuss für das Young Ambassa-dors-Programm: 35 junge Botschafter zwischen 18 und 25 Jahren vertraten 24 Länder. Die Botschafter repräsentierten ihre Länder mit viel Leidenschaft.

Für Lina, Young Ambassador aus Alba-nien, war die Konferenz ein grossartiger Anlass, um Projekte anderer junger Menschen für ein besseres Europa ken-nenzulernen. Sie sagte: «Obwohl wir sehr unterschiedlich sind, haben wir ge-meinsame Werte. Es gibt ein Bedürfnis nach Zusammenarbeit zwischen europä-ischen Ländern, um einen grösseren so-zialen Zusammenhalt zu fördern.» Als Young Ambassador hat sie die «Befähi-gung, positiv und konstruktiv mit Gleich-altrigen aus traditionellen Konfliktgebie-ten zu diskutieren». Sie ging mit dem starken Wunsch nach Hause, sich auch weiterhin zu engagieren, ihre Organisa-tion «Breaking Barriers», deren Ziel die Bekämpfung ethnischer und religiöser Klischees ist, weiter auszubauen und ein Online-Forum für Beiträge und Blogs, die sich mit den Herausforderungen und Hoffnungen Europas befassen, zu entwickeln.

Für Bastian, Young Ambassador aus Deutschland, trug die Teilnahme an der

Konferenz zu einem besseren Verständ-nis der Identität Deutschlands bei. Es war ausserdem eine Möglichkeit, die Herausforderungen, denen Europa ge-genübersteht, zu diskutieren, ein Netz-werk mit Leuten unterschiedlichen Al-ters und verschiedener Herkunft aufzubauen, diese Anliegen gemeinsam anzugehen und Initiativen zu ergreifen.Er kam zum Schluss: «Wir bleiben defi-nitiv in Kontakt, um an den Ideen, die wir hatten, weiterzuarbeiten und sie um-zusetzen. Caux war eine ganzheitliche Annäherung. Die Dinge, die ich hier ge-

lernt habe, haben mich persönlich ver-ändert und ich werde diese Erfahrungen eines Tages in meinen Beruf mitneh-men.»

Mobilität als unabdingbares Recht?

Der Bürgermeister von Palermo, Leo-luca Orlando, hinterliess bei den Teil-nehmenden der Konferenz einen blei-benden Eindruck. Dieser langjährige Anti-Mafia-Politiker vertritt nun ein wei-teres Anliegen, das alle europäischen Länder direkt betrifft: Migranten.

Orlando erklärte, Mobilität sei seiner Ansicht nach ein unabdingbares Recht. Es sei unsere Pflicht, diejenigen, die um ihr Leben fliehen, willkommen zu hei-ssen, da «wir uns nicht aussuchen, wo wir geboren werden, aber wir können wählen, wo wir leben und sterben wol-len.» In dieser Hinsicht schlug er die «Alarmglocken für ein Europa, das scheinbar die Gründe, warum es über-haupt geboren wurde, verrät».

Seine eindrucksvollen und drastischen Worte verstärkten den Wunsch der Konferenz nach einem integrativeren und einfühlsameren Europa. Orlando erreichte, dass der Stadtrat der Interna-tionalen Charta von Palermo für menschliche Moblität zustimmte, und verteidigt derzeit seine Ideen für ein hu-maneres und respektvolleres Europa.

Undine Groegers Wanderausstellung «Innerhalb meiner Mauern und da-rüber hinaus» wurde während der AE-UB-Konferenz eröffnet. Sie stellt eine persönliche Reise für das Verständnis der Vergangenheit Deutschlands dar. Sie umfasst drei Generationen, die den Bau und Fall der Berliner Mauer miterlebt haben, und bietet parallel dazu Einblicke in das Leben an einem Ort, der an die ehemalige DDR erin-nert: Transnistrien, eine postsowjeti-sche festgefahrene Konfliktzone zwi-schen Moldawien und der Ukraine. Sie wird bis 16. Januar 2016 im Rahmen der Caux Expo ausgestellt und bezieht den Besucher in einen Dialog über Mauern, die weiterhin in Menschen und zwischen Bevölke-rungsgruppen bestehen, ein.

Bastian, Young Ambassador aus Deutschland

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Page 16: Internationale Caux-Konferenzen: Bericht 2015

Ein weiterer Hauptredner war Nkem Orakwue, Gründer des nigerianischen Kinderparlaments und geschäftsführen-der Direktor eines Kinderfernsehkanals.

Während der Woche hatten die Teil-nehmenden die Gelegenheit, im Rah-men eines Workshops, der von den in-ternationalen Beratern für Kinderrechte Gerison Lansdown und Darren Bird ge-leitet wurde, Rückmeldungen zur Allge-meinen Bemerkung über Jugendliche zu geben, welche vom UN-Ausschuss für Kinderrechte in Auftrag gegeben wor-den war. Unterdessen trafen sich im Laufe der Konferenz Kinder-Berichter-statter aus jedem Workshop, um eine Präsentation vor dem Europäischen Par-lament über die Haupterkenntnisse von CATS 2015 und die Wichtigkeit, Kin-derstimmen zu politischen Fragen ein Gehör zu verschaffen, vorzubereiten.

Die Konferenz wurde zu einer prakti-schen Erfahrung der Kinderbeteiligung. Ein junger Teilnehmer sagte: «Die CATS-Konferenz dient als Mahnung

Im Rahmen eines durchgehend parti-zipatorischen Programms teilten alle

Teilnehmenden Erfahrungen, diskutier-ten über Konzepte und Ideen und tauschten Wissen über das Mitwirken von Kindern in einem Umfeld aus, das sowohl unterhaltsam und interaktiv wie auch vertrauensvoll und respektvoll war.

Einflussreiche Hauptredner inspirierten alle Teilnehmenden mit ihren Geschich-ten über ihren Kampf für Kinderrechte und Kinderbeteiligung. CATS begrüsste zahlreiche Vertreter internationaler Or-ganisationen, u. a. Kirsten Sandberg, ehemalige Vorsitzende des UN-Aus-schusses zum Recht des Kindes, Judith Diers, Leiterin der Abteilung Jugendent-wicklung und Partizipation bei Unicef, Julie Ward, Abgeordnete und enga-gierte Verfechterin von Kinderrechten im Europäischen Parlament, und Di-mitri Avramopoulos, EU-Kommissar des Europäischen Rechnungshofes für Migration, innere Angelegenheiten und Staatsbürgerschaft, der per Videobot-schaft an der Konferenz teilnahm.

Kinder und Erwachsene – Partner für Wandel? 27. Juli – 2. August. Die CATS-Konferenz wurde in Zusammenarbeit mit Initiativen der Veränderung Frankreich, Eurochild, der Universal Education Foundation und Child to Child organisiert. Hauptziel der CATS-Konferenz 2015 war es, zu erforschen, wie Kinder, Jugend-liche und Erwachsene zusammenarbeiten müssen, um sicherzustellen, dass die Beteiligung von Kindern auf allen Ebenen der Gesellschaft gebührend gefördert wird.

Kesz Valdez, Gewinner des Internationalen Friedenspreises für Kinder und Mitbegründer von Championing Community Children

dafür, wie das Leben in Bezug auf Team-geist und gleichberechtige Mitarbeit zwi-schen Erwachsenen und Kindern sein sollte. Dies konnten wir in allen Berei-chen und Aktivitäten der CATS-Konfe-

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KINDER KÖNNEN DIE WELT VERÄNDERN (CATS)

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renz durch unterhaltsame Spiele, prakti-sche Arbeit, Gesprächsgruppen und gemeinsam verbrachte Zeit erleben.»

Kesz Valdez

Ein Redner berührte das Publikum mit seiner bewegenden und inspirierenden Geschichte besonders: Kesz Valdez, der Gewinner des Internationalen Kin-der-Friedenspreises 2012. Er kommt von den Philippinen, gewann den Preis mit 13 und ist Mitbegründer von Champio-ning Community Children. Er erzählte, wie er schon als sehr kleines Kind von seinem Vater gezwungen wurde, den Müll auf einer Müllhalde in Cavite City (Philippinen) zu durchwühlen. Um der Gewalt zu Hause zu entfliehen, rannte er schliesslich weg, lebte weiterhin von der Müllhalde und musste schreckliche Bedingungen ertragen.

Einige Jahre später wurde er aus Verse-hen auf einen Haufen brennender Rei-fen gestossen und von einem Sozialar-beiter gerettet, der ihn mit nach Hause nahm und schliesslich adoptierte. Kesz erlebte, was ein ordentliches und siche-res Leben mit Essen, guten Hygiene-bedingungen und, vor allem, Liebe be-deutete.

Aber er vergass nie seine Freunde, die weniger Glück hatten und immer noch auf der Strasse lebten. Überzeugt davon, dass er ihnen trotz seines jungen Alters irgendwie helfen konnte, handelte er. An seinem siebten Geburtstag verteilte er Schuhe an Strassenkinder, um ihre Füsse vor Schnittwunden und andere Verletzungen zu schützen.

Bald darauf gründete er seine eigene Organisation – C3-Championing Com-munity Children –, um Strassenkindern Grundwissen zu Hygiene, Gesundheits-

Kesz’ persönliche Geschichte und seine Entschlossenheit, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um den Strassenkin-dern zu helfen, wurde mit stehendem Applaus geehrt. Bescheiden und hand-lungsorientiert wie immer möchte Kesz wie sein Adoptivvater Sozialarbeiter werden, um weiterhin Strassenkindern helfen und sich für sie einsetzen zu kön-nen. Seine Geschichte erntete aufrich-tige Bewunderung und wird hoffentlich Menschen, egal welchen Alters, zum Handeln ermutigen.

Menschenbibliothek

Die Haupthalle verwandelte sich in eine Bibliothek. Doch anstatt von Bü-chern aus Papier warteten Menschen mit persönlichen Geschichten auf die Teilnehmenden. Die Menschenbiblio-thek funktionierte genauso wie eine herkömmliche Bibliothek. Die «Le-ser» konnten sich ein Buch ausleihen, und nachdem sie es gelesen hatten, wieder zurück in die Bibliothek brin-gen. Der einzige Unterschied lag da-rin, dass die «Bücher» Menschen wa-ren, die Geschichten über verschiedene Themen im Zusammen-hang mit Kinderrechten und Kinder-beteiligung erzählten. Jeder Leser hörte sich drei Geschichten an. Nach-dem jede Geschichte zu Ende erzählt war, kam es zu einem Dialog zwi-schen den «Büchern» und den «Le-sern». Dadurch wurde ein Raum für einen Austausch geschaffen. Diese kreative Methode erlaubte eine starke Verbindung zwischen den Teilneh-menden, die nur durch das Teilen persönlicher Geschichten möglich ist.

fragen und Kinderrechten zu vermitteln und sie zu ermutigen, sich in ihrer Ge-meinde zu engagieren. C3 versorgte sie auch mit Hygiene-Sets und, sofern vor-handen, mit Schuhen, Spielzeug und Schulmaterialien. Seit 2006 hat C3 über 10 500 Kindern in 48 verschiedenen Ge-meinden geholfen, mehr als 3000 Wun-den versorgt und über 4000 Zahnbürs-ten verteilt..

Seine Auszeichnung, die er 2012 erhielt, hat es der Organisation ermöglicht, dank internationaler Anerkennung und finanzieller Unterstützung zu wachsen.

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Inspiration teilen – Leben verändern4. – 9. August. Die Konferenz «Quellen der Inspiration 2015» lud die Teilnehmenden auf eine persönliche Reise ein, bei der sie tiefgehende Erfahrungen machen und sich von der Geschichte und dem Erbe von Caux inspirieren lassen konnten. Workshops, Theaterauffüh-rungen, Veranstaltungen und Gespräche in der Gruppe zeigten dabei neue Möglichkeiten und Perspektiven auf.

Kwame Reed, ein junger Schauspie-ler und Lyriker aus einem sozial be-

nachteiligten Teil Londons, begann, seine persönliche Sicht von dem «Mann, der ich sein will», neu zu überdenken. Die japanische Lehramtsanwärterin Hi-tomi Mitsutake, die sich selber als «sehr introvertiert» beschrieb, fand «die Freude an der Kommunikation mit an-deren». Yasmine Kamel aus London be-gann «eine Reise der Neugierde darü-ber, wer ich bin und wer ich wirklich sein will». Der britische Schauspieler Steve Stickley wurde an «die Schönheit des Islams» erinnert.

Die Workshops reichten von japani-scher Holzschnitzerei zum Lernen über Elektrizität, von Tanz zu Diskussionen über Inklusion, von der Spiritualität der Musik zu einem stillen Spaziergang. Die Abendprogramme umfassten Janet Stickleys ausgelassenes Stück «Nora›s Ark», das dramatisierte Puppenspiel über Don Quixote von Comedia Gillets,

Steve Stickleys One-Man-Show «Race» über die Olympischen Spiele 1936 in Berlin, und June Boyce-Tillmans Glanz-leistung «Lunacy or the Pursuit of the Goddess». Das Intermission Youth The-atre (IYT) begeisterte die Konferenzteil-nehmenden mit einer Reihe von Sket-chen mit dem Titel «Family Drama», die das heutige Familienleben in Gross-britanniens Städten reflektierten.

Unter den Rednern waren unter ande-rem Lillian Cingo, ehemalige Manage-rin des südafrikanischen Phelophepa Train, der Gesundheitsdienste zu länd-lichen Gemeinden bringt, und drei So-malier aus verfeindeten Stämmen. Mo-hamed Mumin war während seiner ersten 18 Jahre in Europa Somaliern aus dem Weg gegangen. Dank Initiativen der Verändern habe er sich verändert, sagte er. «Wenn du hasst, dann bist du krank. Heilen bedeutet sich selbst zu be-freien, zu lieben, zu vergeben und das Positive zu sehen.»

Intermission Youth Theatre (IYT)

Mitsuhisa Kato (IofC Japan)

Hiroshima-Tag

Das Thema des dritten Konferenztages war «Auf ungehörte Stimmen hören: Hiroshima-Tag». Zum 70. Jahrestag der Atombombenabwürfe schickte der Bür-germeister von Hiroshima einen Brief an Initiativen der Veränderung, in dem er Frieden forderte und an die Rolle er-innerte, die die Organisation beim Auf-

IYT wurde im Frühling 2008 in Eng-land gegründet, um mit gefährdeten Jugendlichen, jungen Straftätern und Menschen ohne wirklicher Perspek-tive zusammenzuarbeiten. Grundlage sind die Theaterstücke von Shakespe-are. Dabei werden seine Werke neu und zeitgenössisch interpretiert, in-dem Strassenvokabular in die Origi-nalsprache eingebaut wird. Diese Ar-beit verbessert die schauspielerischen Fähigkeiten der Jugendlichen, stärkt

ihr Selbstbewusstsein und steigert ihren Ehrgeiz.

In diesem Jahr wurde Mitgliedern des Jugendtheaters 2015 die Teilnahme an der Konferenz «Quellen der Inspira-tion» ermöglicht. Für viele der Teilneh-menden war es die erste Reise ins Aus-land. Der Caux Palace unterscheidet sich stark von der Londoner Innenstadt, wo sie nur allzu oft immer wieder aufs Neue mit Tragödien konfrontiert wer-

den, mit denen sich ihre Generation auseinandersetzen muss. Die geogra-phische Distanz gab ihnen eine neue Perspektive und ihre Intensität und Energie taten der Konferenz gut. Viele Freundschaften wurden ge-schlossen. Ein Motto von IYT besagt: «Wenn sich zwei Welten treffen, kann Grossartiges geschehen!»

Mehr dazu hier: www.intermissionyouththeatre.co.uk

QUELLEN DER INSPIRATION

Page 19: Internationale Caux-Konferenzen: Bericht 2015

Haiku

Nach der Gedenkfeier gingen alle zurück in ihre Gesprächsgruppen, um ihre eigenen Eindrücke und Ge-danken auszutauschen. Eine Gruppe entschied sich, Haiku-Ge-dichte zu schreiben. Haiku ist eine traditionelle japanische Gedicht-form und wird als kürzeste der Welt angesehen. Dies erlaubte es den Teilnehmenden, ihre Gefühle auf prägnante Weise auszudrücken. Hier sind zwei Beispiele:

Sag mir warumetwas Furchtbaresnötig ist,um uns zu lehrendie Notwendigkeit für Frieden. Bo Giss, Schweden

Tausend Papierkraniche erinnern uns an die Schmerzen,aber ein Friedenswunsch bleibt. Nik Dee Dahlstrom, Schweden

bau von Vertrauen in Japan nach dem Krieg gespielt hatte.

Teilnehmende und Organisatoren ge-dachten zusammen mit einer Delegation von IofC Japan der vielen Opfer der Atombombe. Mitsuhisa Kato von IofC Japan las einen Brief von Kazumi Mat-sui, dem amtierenden Bürgermeister von Hiroshima, vor, in welchem er eine vollständige atomare Abrüstung fordert, da er Atomwaffen als das «absolute Böse» ansieht. In dem Brief ermutigte er «Menschen aus der ganzen Welt, das hinterlassene Erbe zu beherzigen und Unterschiede in Bezug auf Nationalität, ethnische Zugehörigkeit und Religion zu überwinden.»

In seinem Brief erklärte Matsui ausser-dem, wie der Besuch 1950 in Caux und das, was sie dort gelernt hatten, die da-maligen Bürgermeister von Nagasaki und Hiroshima beim Wiederaufbau Ja-pans nach den Bombenabwürfen stark beeinflusst habe: «Wenn jede Person auf die Stimme ihres Gewissens hört, dann kann sie sich in eine positive Richtung orientieren und somit positive Verände-rungen nicht nur in der Familie, am Ar-

beitsplatz, in der Schule, in der Ge-meinde und im Staat herbeiführen, sondern auch in der Beziehung zwi-schen den Menschen und Nationen.»

Ein anderes Mitglied der japanischen Delegation, Nobuko Nakajima, bewegte das Publikum, als sie die Geschichte ih-rer ehemaligen Lehrerin erzählte, deren Leben dank eines Baumes, der die Ex-plosion an ihrer Stelle abbekam, gerettet wurde. Als sie mit Mühe versuchte, ih-rem Leben einen Sinn zu geben, ging sie eines Tages an diesem Baum vorbei und entdeckte einen winzigen Keim. «Überrascht und bewegt von der Macht des Baumes, der versuchte zu leben», fand sie in diesem Keim den Mut, noch-mal neu anzufangen. Von da an machte sie es sich zur Aufgabe, ihren Schülern diese Geschichte zu erzählen und sie so dazu zu ermuntern, die Hoffnung nie zu verlieren.

Diese sehr emotionale Veranstaltung war letztendlich auf die Zukunft ausge-richtet, erfüllt mit der Hoffnung auf ei-nen nachhaltigen Frieden und der festen Absicht, niemals denselben Fehler zu wiederholen.

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Inspiration, Befähigung und Vernetzung der nächsten Generation von Changemakern 10.–15. August. Die zweite Konferenz «Impact Initiative Challenge» (IIC) brachte eine Gruppe junger europäischer Changemaker veschiedener Herkunft und Nationalität zusammen. Ziel der Konferenz war es, die Teilnehmenden zu ermutigen, über sich und ihre Ziele nachzudenken, um sie bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Ideen zu unterstützen.

Die ersten Tage der Konferenz wa-ren der Entwicklung der eigenen

Persönlichkeit gewidmet. Themen wa-ren hierbei «Sein», «Meine Bestim-mung» und «Bestrebungen». Diese be-reiteten auf den zweiten Teil vor, der mit Themen wie «Verbindlichkeit» und «Der nächste Schritt» auf Handlung aus-gerichtet war.

Am ersten Tag wurde mit der Frage «Wer bin ich?» eine Reise nach innen begonnen. Die Redner Mami Veza, Trainerin für Persönlichkeitsentwick-lung, und Pierre-Antoine Barraillé von der Praneo-Stiftung erzählten die Ge-schichte ihres persönlichen inneren Wandels. Sie luden alle Teilnehmenden dazu ein, sich durch Reflexion, kurze Meditationen und Storytelling auf ihre eigene Reise nach innen zu machen.

An den Nachmittagen konnten die Teil-nehmenden einen praktischen Einblick erhalten und neue Fähigkeiten lernen, indem sie täglich einen der folgenden Workshops besuchten: Wachstum und Persönlichkeitsentwicklung für Unter-nehmer, Soziales Unternehmertum, Von der Idee zur Realität: Die eigene Ge-schichte visualisieren! (Visuelles Den-ken), Open Space Workshop (um auf spezifische Fragen der Teilnehmenden einzugehen).

In diesen Workshops, die alle auf unter-schiedliche Fragestellungen eingingen, konnten sich die jungen Changemaker praktisch mit Fragen auseinandersetzun-gen, wie z. B.:• Eine Idee ausarbeiten und vorstellen

oder• Aus dem eigenen Wohlfühlbereich

ausbrechen und das eigene Selbstver-trauen stärken.

Da sie gelernt hatten, dass Belastbarkeit und Mut die Schlüssel zum Erfolg sind, setzten sie dies gleich in die Tat um, in-dem sie den Berg Rochers-de-Naye

bestiegen. Einige begannen den Auf-stieg am Abend und übernachteten anschlies send auf dem Berg, andere ka-men erst am nächsten Morgen nach. Auf dem Gipfel sprach Tessa Wernink, Mitbegründerin von Fairphone, vor der wunderschönen Kulisse der Alpen über das Tagesthema: «Bestrebungen: Die Kunst, sich Ziele und Amitionen zu set-zen».

IIC kann ein erster Schritt dazu sein, sich Ziele zu stecken und sich für deren Umsetzung einzusetzen. Zwei ehemalige Teilnehmende der IIC-Konferenz 2014 bewiesen dies, indem sie ihr wachsen-des Projekt «Die grüne Moschee» vor-stellten. Dieses Jahr werden die Teilneh-menden auch nach Ende des Programms in Caux unterstützt. Mithilfe einer On-line-Community, mit Telefonkonferen-zen und persönlichen Treffen werden die Teilnehmenden in Kontakt bleiben, um sich gegenseitig bei ihren Projekten für eine nachhaltigere, friedlichere und gerechtere Welt zu unterstützen.

Gedanken visuell ausdrücken

«Visuelles Denken» ist vielleicht ein un-bekannter Ausdruck, aber es ist ein wertvolles Denk- und Organisationshilfs-mittel. Der Workshop «Die eigene Ge-schichte visualisieren: Von der Idee zur Realität» lehrte die Teilnehmenden, wie sie es verwenden können, und zeigte ih-nen, wie es ihnen in ihrem beruflichen und privaten Leben helfen kann.

Beim «Visuellen Denken» und bei Vi-sualisierungen werden Bilder und Zeich-nungen verwendet, um unsere Gedan-ken zu organisieren und Ideen zu

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IMPACT INITIATIVES CHALLENGE

Page 21: Internationale Caux-Konferenzen: Bericht 2015

entdecken und zu klären. Dabei werden genaues Zuhören, einfache Zeichnun-gen und Förderungsmethoden vereint, um komplexe Prozesse zu visualisieren und dabei zu helfen, sich in der Kom-plexität der Gedanken zurechtzufinden.

Die Moderatorin Tamar Harel erklärte, es gehe dabei nicht um die Qualität der Zeichnungen, sondern darum, dass sie helfen, «Klarheit in angespannte Situati-onen zu bringen». Zu viele Menschen würden mit den Zeichnungen aufhören, da sie denken, sie hätten dafür keine

Praktische Unterstützung für soziale Unternehmer

Um am Workshop über soziales Un-ternehmertum teilzunehmen, mussten die Teilnehmenden bereits eine unter-nehmerische Idee haben. Im Laufe der Woche half dieser Kurs den Teil-nehmenden, ihre Projekte zu definie-ren, um sie vor einem Publikum ver-teidigen zu können.

Mithilfe eines professionellen Trainers reflektierten die Teilnehmenden über ihre Projekte und untersuchten deren Stärken und Durchführbarkeit. Sie diskutierten auch über Motivation und darüber, dass Leidenschaft – und nicht Geld – der wahre Schlüssel zum Erfolg ist.

Um die Projekte aller zu verbessern, setzte der Workshop seinen Schwer-punkt auf die Verwendung eines Busi-

ness Model Canvas, eines strategischen Management- und Unternehmens-Tools, das dem Benutzer erlaubt, sein Ge-schäftsmodell zu beschreiben, zu gestal-ten, anzufechten und auf den Kopf zu stellen. Es hilft jungen Unternehmern da-bei, ihre Projekte präziser zu definieren, indem es die richtigen Fragen stellt, wie zum Beispiel: Was ist Ihr Produkt? Ent-spricht Ihr Produkt den Bedürfnissen Ih-rer Kunden?

Am Ende der Konferenz präsentierten die sozialen Jungunternehmer den ande-ren Konferenzteilnehmenden ihre Pro-jekte und verteidigten dabei ihre Ideen und stellten deren Stärken unter Beweis. Unter den Projekten gibt es zum Bei-spiel eine Blutspende-App und ein sozi-ales Smoothie-Unternehmen. Diese Pro-jekte werden dieses Jahr mit der

Begabung. Aber sogar mangelhafte Zei-chenfähigkeiten können in diesem Rah-men extrem hilfreich sein.

Nach dem ersten Tag konnten die Teil-nehmenden ihre Gedanken und Ideen mithilfe von Zeichnungen organisieren. Dank praktischer Tipps, Vorlagen, einer Symbolbibliothek und einer Analyse ih-rer Zeichnungen, konnten sie sich ver-bessern und klar sehen, was für ein hilf-reiches Mittel Visualisierungen sind, um Ideen in konkretere Projekte umzuwan-deln.

Unterstützung der Trainer starten. Während dieses Workshops wurden sich die Teilnehmenden bewusst, wie wichtig es ist, Rückmeldung zum eige-nen Projekt zu bekommen, und wie das Diskutieren von Ideen und sogar die Bitte um Hilfe viele Probleme lö-sen, neue Perspektiven eröffnen und die eigene Motivation, sich an die Ar-beit zu machen, stärken kann. Die häufigste Ursache von Versagen ist schliesslich, es nicht einmal probiert zu haben.

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Caux Scholars-Programm (CSP)20 Studierende aus 16 verschiedenen Ländern wurden für diesen vierwöchigen Kurs über Konfliktlösung und Friedensbildung ausgewählt. Dieses jährliche Programm lehrt die Studie-renden, Konflikte zu analysieren, deren Auslöser und verschärfende Faktoren zu verstehen und bietet praktisches Wissen zu Ansätzen der Konfliktresolution.

Was macht das CSP 2015 zu einer lebenslangen Erfahrung, die

über eine normale akademische Ausbil-dung hinausgeht? Die Antwort ist: die Menschen. Egal, ob Teilnehmende oder Organisatoren, ihre Gemeinsamkeit ist ihre Inspiration und ihr uneingeschränk-tes Engagement für Friedensbildung. Mit verschiedenen Schulungseinheiten und Workshops werden universelle Pro-bleme wie Friedensbildung und Kon-fliktlösung angegangen, indem traditio-nelle Muster hinterfragt werden. Das CSP stellt das Individuum in das Zent-rum des Friedensbildungsprozesses und

die Teilnehmenden aus Konfliktgebie-ten sind die perfekte Verkörperung die-ser Aussage. 2015 vereinte das Pro-gramm «Freunde» und «Feinde» am selben Tisch, deren Herkunftsländer in Konflikten miteinander verwickelten sind. Was also machte es möglich, die Lücke, entstanden durch Misstrauen, zu füllen? Wie war es möglich, Brücken der Freundschaft zwischen «Feinden» zu bauen? Die Antwort liegt in der Entde-ckung einer gemeinsamen Menschlich-keit und der persönlichen Verände-rung, die das Programm ermöglicht. 2015 hatten die Studierenden ausrei-

AIESEC – Stipendien Interns Leadership Programme

Die Stipendien decken die Teilnah-megebühren und Aufenthaltskosten für ausgewählte Konferenzen in Caux. Eine der diesjährigen Stipendiaten war Rebecca Jiménez, die in Zürich Englisch, Geographie und Ethnologie studiert und am Internationalen Frie-densstifter-Forum (IPF) teilnahm. Ihr Eindruck: «Ich habe viel über Frie-densprozesse gelernt. Ich verstehe jetzt die Problemstellungen der Frie-densarbeit besser und habe viele neue Erfahrungen gemacht. Caux ist wie eine eigene Welt. In dieser einmaligen und wunderschönen Umgebung kön-nen wir Kontakte knüpfen, Netzwerke aufbauen und einen Rahmen schaf-fen, in dem durch Austausch und ge-genseitige Unterstützung Neues ge-schaffen werden kann.»

chend Gelegenheit, voneinander zu ler-nen und mehr über globale Probleme aus erster Hand zu erfahren. Sie waren ausserdem Mitorganisatoren der Konfe-renz «Gerechte Regierungsführung für menschliche Sicherheit», die es ihnen ermöglichte, sich mit Experten der Frie-densförderung und der gerechten Re-gierungsführung auszutauschen und ihr Netzwerk zu erweitern.

Bevor das Caux Scholars-Programm im nächsten Jahr wieder nach Caux kommt, findet es vom 20. Dezember bis 10. Ja-nuar 2016 in Panchgani/Indien statt.

Jedes Jahr vergibt CAUX-IofC fünf Sti-pendien an Mitglieder von AIESEC Schweiz, der weltweit grössten Studen-tenorganisation, für die CAUX-IofC re-gelmässig Workshops anbietet.

Jane nahm am «Interns Leadership Pro-gramme» teil, einem jährlichen Pro-gramm, bei dem junge Leute zwischen 18 und 30 fünf Wochen lang ihre Füh-rungsfähigkeiten durch Workshops, Freiwilligenarbeit und Gemeinschafts-dienst entwickeln können. Das Pro-gramm ist ein starkes Standbein des Grundsatzes von CAUX-IofC, durch Er-fahrungen zu lernen. Jane über das Pro-gramm und ihre Erfahrungen:«Das Praktikum basiert auf drei Stand-beinen: Workshops, Arbeitsschichten und stille Reflexion. Dieses Jahr sind wir 30 junge Leute aus vielen verschiedenen Ländern. Am Anfang haben wir viel über das Leben in unseren Heimatlän-dern gesprochen. Ich habe zum Beispiel viel über den Libanon erfahren und

Rebecca Jiménez, AIESEC-Stipendiatin 2015

PARALLEL ZU DEN CAUX-KONFERENZEN

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Caux Artists-ProgrammFünf junge Künstler wurden ausgewählt, um am vierwöchigen Caux-Künstlerprogramm teilzunehmen, das sich dieses Jahr auf die Ge-sangsausbildung konzentrierte: Lisa Yasko (Ukraine), Shakti Pherwani (Indien), Anna Bychkova (Ukraine), Mer Ayang (Südsudan) und Alexandra Nabokina (Ukraine). Sie wurden von den Fakultätsmitgliedern Kathy Gardner (USA), Grace Carter (Grossbritannien) und dem Programmdi-rektor Bev Appleton (USA) unterstützt.

Die Künstler brachten schon Vorer-fahrung in verschiedenen Gesangs-

stilen (Oper, Musical, Jazz, Klassik oder Pop) mit und kamen nach Caux, um neue Techniken zu erlernen und ihre Fachkompetenz auszubauen. Einige von ihnen arbeiteten auch an ihren persön-lichen Kompositionen. Der Tagesplan des Programms war in Studio-Sessions (Einzelunterricht), Ensembleproben,

Vorlesungen und Abendvorführungen eingeteilt. Jeder Künstler hatte täglich festgelegte Zeiten, um entweder an den Konferenzaktivitäten teilzunehmen, sich mit anderen Konferenzteilnehmenden zu treffen, alleine an der eigenen Musik zu arbeiten, sich zu erholen oder das Montreux Jazz Festival am Fusse des Berges zu besuchen.Die Künstler traten bei sechs Aufführun-gen auf. Lisa sang beispielweise «Don’t cry for me Argentina», das sie ihrem Land, der Ukraine, widmete, und Mer führte ihre eigene Komposition auf, in der sie über die Erschöpfung der Suda-nesen angesichts der andauernden Kon-flikte sprach.Das Programm führte ausserdem an ei-nem Abend das Musical «The Apple Tree», eine lustige, moderne Parodie von Adam und Eva, auf. Das Publikum war von den Aufführungen begeistert. Das nächste Caux Artists-Programm ist für 2017 geplant.

Freiwillige Mit arbeitende

habe sogar ein bisschen Arabisch ge-lernt.In den Workshops geht es darum, sich selbst und anderen gegenüber zu öffnen. Ich fühle mich viel vorurteilsfreier und habe ein tieferes Verständnis für kultu-relle Unterschiede gewonnen. Ich glaube, es hat meine Wahrnehmung von

Menschen sehr verändert. Vorher habe ich Menschen in Schubladen gesteckt – und dieses Praktikum hat mich gelehrt, offener zu sein und jedem eine Chance zu geben. Ich werde nach meinem Prak-tikum sicher wieder nach Caux zurück-kommen, um freiwillig hier zu arbei-ten!»

In diesem Sommer kamen 217 Frei-willige nach Caux, um während der Konferenzen im Haus mitzuarbeiten. Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin ist Bukiwe Maseko aus Südafrika, die seit sechs Jahren die Hauswirtschaftsabtei-lung leitet.

«Nach Caux zu kommen ist für mich persönlich ein wichtiger Meilenstein in meinem Leben. Ich kann meiner Leidenschaft nachgehen, mich für an-dere Menschen einzusetzen und un-sere Welt, mit ihren unterschiedlichen Kulturen, Religionen und den politi-schen Systemen in anderen Ländern, besser zu begreifen. Ich bin nicht hier, um Geld zu verdienen, sondern weil Caux meinen Geist, meine Seele und mein Herz bereichert. Jedes Jahr lerne ich hier aufs Neue so viel dazu. Ich lerne von den Menschen hier, vor al-lem von den jungen Praktikanten und Praktikantinnen. Dabei schliesse ich Freundschaften, die ein Leben lang halten. Und dann gibt es da noch die-sen besonderen Gemeinschaftsgeist des Hauses. Dieser Ort ist so warm und einladend. Man hat hier Zeit, an-deren zuzuhören und wahre Teamar-beit zu erleben. Vor allem aber erlebt man hier persönliche Erfüllung durch den Einsatz für andere, denn das braucht die Welt. Wir müssen fürein-ander sorgen. Und Caux macht dies möglich.»

Ein herzliches Dankeschön an Bukiwe und alle freiwilligen Mitarbeitenden 2015!

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Internationale Caux-Konferenzen 2016Der Faktor Mensch und globaler Wandel

29. Juni – 3. Juli Caux Dialog über Land und Sicherheit

5. – 10. JuliVertrauen und Integrität in der Weltwirtschaft

12. – 17. JuliGerechte Regierungsführung für menschliche Sicherheit

19. – 23. JuliDamit Europa kein unvollendeter Traum bleibt

– und –

Internationales Forum für Friedensschaffende

26. Juli – 1. AugustKinder können die Welt verändern (CATS)

4. – 10. AugustLiving Peace: 25 Jahre Creators of Peace

12. – 17. AugustQuellen der Inspiration

Initiativen der Veränderung (IofC) ist eine inter-nationale Bewegung von Menschen unterschied-licher Herkunft und Kultur, die sich für eine Veränderung der Gesellschaft einsetzen. Diese Veränderung beginnt bei jedem Eizelnen.

CAUX – Initiativen der Veränderung:KonferenzzentrumRue du Panorama 21824 Caux, Schweiz T +41 (0)21 962 91 11 F +41 (0)21 962 93 55

Büro Genf Rue de Varembé 1 1202 Genf, Schweiz T +41 (0)22 749 16 20

Büro Luzern Luzernerstrasse 94 6010 Kriens, Schweiz T +41 (0)41 310 12 61

Herausgeber: Stiftung CAUX – Initiativen der Veränderung

Redakteurinnen: Stéphanie Buri, Elodie Malbois

Korrekturlesung: Stéphanie Buri, Ulrike Ott Chanu, Britta Wegner

Deutsche Übersetzung: Ulrike Ott Chanu, Britta Wegner, Sabrina Wagner

Texte und Fotos: Stéphanie Buri, Elodie Malbois, Céline Hinter-meister, Sabrina Lüthi, Maïlys Fourcade, Andreina Ravani, Konferenz-teams, Cecilia Segar, Mbindyo Kimanthi, Undine Groeger

Gestaltung und Druck:Brunner AG, Druck und Medien, 6010 Kriens, Switzerland, November 2015

2016 wird die Stiftung CAUX – IofC 70!

Updates und mehr Informationen über die Caux-Konferenzen 2016 finden Sie auf unserer Webseite: www.caux.ch

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