i. einfluß der menge des peptisationsmittels auf die eigenschaften der hydrosole. hydrosol der...

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210 R. Zsiymmdy. Bi~zflub des Peptisation,smittels usw. Mitteilungen aus dem lnstitut fur anorganische Chemie der Universitat Gottingen. 1. EintluO der Menge des Peptisationsmittels auf die Eigen- schaften der Hydrosole. Hydrosol der Zinnsaure. Von R. ZSIGMONDY.~ Eine wichtige Frage von allgemeinerer Bedeutung betrifft die Anderung der Eigenschaften eines Hydrosols mit zunehmendem Ge- halt an Peptisationsmittel, wissen wir doch, daB viele Hydrogele sich durch Sauren, andere durch Alkalien peptisieren lassen, und daB der UberschuW dieser Reagenzien in vielen Fallen zur Bildung eines wold charakterisierten Salzes fiihren kann. So geben die Qele von Eisenoxyd, Tonerde, Thoriumoxyd etc. bei Einwirkung von wenig Salzsaure nach ARTHUR MULLER Hydrosole, bei Einwirkung von viel Salzs?iure aber bekanntlich die Chloride der betreffenden Metalle. Das Zinnsauregel andererseits wird durch wenig Alkali in Sole, durch viel Sllrali in Stannate uberfuhrt. Unterwirft man die so gewonnenen Hydrosole der Dialyse, so hinterbleibt das in der Regel unbestiindige QRAHAMsche kolloide Oxyd , das als Endglied einer Kolloidreihe aufgefaBt werden kann, die aus ihrn durch Vermehrung des Peptisationsmittels erhalten werden lrann und zu gewohnlichen Elektrolytltisungen hinubergefuhrt. Das eingehende Studium dieser Ubergange verdient umsomehr Be- achtung, als in ihnen eine Brucke gefunden ist, die von echten elektrisch geladenen Kolloiden zu eigentlichen Elektrolytliisungen hiniiberfuhrt, ohne daB eine sprungweise Bnderung der Eigenschaften vorliige. Eine mustergiiltige Arbeit in dieser Richtung ist von DUCLAUX am kolloiclalen Eisenoxyd ausgefuhrt worden, der u. a. gezeigt hat, daB das kolloide Eisenoxyd um so hoheren osmotischen Druck, um so grtiBere Leitfaliigkeit und um so mehr Bestkndigkeit aufweist, je groBer der Gehalt an Peptisationsmittel ist. Von anderen Ge- - Journ. Chimie et Phys. 7 (1909), 405.

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210 R. Zsiymmdy. Bi~zflub des Peptisation,smittels usw.

Mitteilungen aus dem lnstitut fur anorganische Chemie der Universitat Gottingen.

1. EintluO der Menge des Peptisationsmittels auf die Eigen- schaften der Hydrosole. Hydrosol der Zinnsaure.

Von

R. ZSIGMONDY.~

Eine wichtige Frage von allgemeinerer Bedeutung betrifft die Anderung der Eigenschaften eines Hydrosols mit zunehmendem Ge- halt an Peptisationsmittel, wissen wir doch, daB viele Hydrogele sich durch Sauren, andere durch Alkalien peptisieren lassen, und daB der UberschuW dieser Reagenzien in vielen Fallen zur Bildung eines wold charakterisierten Salzes fiihren kann. So geben die Qele von Eisenoxyd, Tonerde, Thoriumoxyd etc. bei Einwirkung von wenig Salzsaure nach ARTHUR MULLER Hydrosole, bei Einwirkung von viel Salzs?iure aber bekanntlich die Chloride der betreffenden Metalle. Das Zinnsauregel andererseits wird durch wenig Alkali in Sole, durch viel Sllrali in Stannate uberfuhrt.

Unterwirft man die so gewonnenen Hydrosole der Dialyse, so hinterbleibt das in der Regel unbestiindige QRAHAMsche kolloide Oxyd , das als Endglied einer Kolloidreihe aufgefaBt werden kann, die aus ihrn durch Vermehrung des Peptisationsmittels erhalten werden lrann und zu gewohnlichen Elektrolytltisungen hinubergefuhrt. Das eingehende Studium dieser Ubergange verdient umsomehr Be- achtung, als in ihnen eine Brucke gefunden ist, die von echten elektrisch geladenen Kolloiden zu eigentlichen Elektrolytliisungen hiniiberfuhrt, ohne daB eine sprungweise Bnderung der Eigenschaften vorliige.

Eine mustergiiltige Arbeit in dieser Richtung ist von DUCLAUX am kolloiclalen Eisenoxyd ausgefuhrt worden, der u. a. gezeigt hat, daB das kolloide Eisenoxyd um so hoheren osmotischen Druck, um so grtiBere Leitfaliigkeit und um so mehr Bestkndigkeit aufweist, je groBer der Gehalt an Peptisationsmittel ist. Von anderen Ge- -

Journ. Chimie e t Phys. 7 (1909), 405.

EirLflup des Peptisationsmiftels auf die Eigenschaflen der Hydrosole. 2 I 1

sichtspunkten ausgehend , hat B. KWRILOFF derartige Ubergiinge zwischen Hydrosol und kristalloider Losung untersucht.

Auf meine Veranlassung hat Herr E. HEINZ verschiedene kolloide Zinnsauren hergestellt, die sich voneinander durch wechseln- den Gehalt an Alkali unterscheiden, und das Verhalten der so ge- wonnenen Systeme eingehender untersucht. Uber diese Arbeit sei in folgendem kurz berichtet.

Als Ausgangsmaterial wurde Gel der Zinnsaure , das durch Hydrolyse von Zinntetrachlorid gewonnen worden war, gewahlt. Be- stimmte Mengen desaelben wurden mit wechselnden Mengen karbonat- freiem Kaliumhydrat versetzt 3 und zwar in folgenden Verhaltnissen :

1. 200 Mol. SnO, : 1 Mol. K,O 2. 100 ,, SnO, : 1 ,, K,O 3. 50 ,, Sno, : 1 ,, K,O 4. 25 ,, SnO, : 1 ,, K,O 5. 10 ,, SuO, : 1 ,, K,O 6. 2 ,, Sn0, : 1 ,, K,O

Alle Hydrosole wurden auf 0,5 Der Einfachheit halber werden in folgendem die erhaltenen

Hydrosole a19 Sol 200 (d. h. 200 Mol. SnO, auf 1 3101. H,O), Sol 100, 50, 25, 10 und 2 bezeichnet.

Sol 200 war durch fiinfstiindiges Erhitzen erhalten worden, Sol 100 durch ein ungefahr einstiindiges; die anderen Hydrosole waren bereits in der Kalte herstellbar. I m Aussehen unterschieden sich die kolloiden Zinnsauren durch abnehmende Opaleszenz : Sol 200 war am starksten opalisierend, Sol 100 weniger; Sol 10 und 2 waren ungetriibt. Im Ultramikroskop waren noch deutlichere Unter- schiede zu erkennen. Sol 200 enthielt zahlreiche Submikronen und zeigte einen hellen Lichtkegel, der beim Verdiinnen allmahlich ver- schwand. Die Sole 100 und 50 hatten entsprechend kleinere Sub- mikronen und schwacher leuchtenden Lichtkegel. Sol 10 endlich zeigte noch einen augerst schwachen Lichtkegel und sehr wenig Submikronen; Sol 2 lieB einen Lichtkegel kaum mehr erkennen.

Bei der Ultrafiltration durch dunne Kollodiummembranen zeigten sich betrachtliche Unterschiede. Die Hydrosole 200 und 100 gaben pin Ultmfiltrat, das weder Zinnsiiure noch Alkali in meBbarer Menge

SnO, verdunnt.

Zeitschr. f. Elektrochem. 12, 209 u. 2. anorg. Chem. 79 (1912) 88. Inaugural-Dissertation, Gottingen 1914. Vergleichende Versuche mit Natriumhydroxyd als Peptisationmittel

zeigten, daB dieses vie1 weniger gut zur Peptisation der Zinnsiiure geeigoet ist als Kaliumhydrat.

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212 R. Zsagmondy.

enthielt, das ganze Kolloid war als gallertige Masse auf dem Filter geblieben; ahnlich verhielt sich auch Sol 50, dessen Filtrat nur einen ganz geringen Ruckstand hinterlie& Bei den Hydrosolen 25, 10 und 2 waren hingegen Zinnsaure wie auch Alkali im Ultrafiltrat vorhanden, und zwar in wachsender Menge mit steigendem Alkali- gehalt des Hydrosols (vgl. Tabelle 1).

200 100 50 25

0.5 o/o I 0.033 0.032 I - - 0.5 ,, 0.066 0.064 - - 0.5 ,, 0.13 0.13 0.5 ,, 0.26 0.26 0.0012 O l i o 0.05

- -

Stannate und alkalihaltige kolloide Zinnsaure lassen sich mit Salzsaure und Methylorange als Indikator ebenso titrieren mie Karbonate oder Silikate. Die verhrauchten ccm n. HCl entsprechen der Menge des zur Zinnsiiure hin- zugefugten KHO , selbst wenn Hydroxylionen des letzteren sich mit Lackmue nicht mehr nachweisen laesen.

10 0.5 ,, 0.66 2 1 0.5 ,, 3.31

0.65 0.453 ,, 0.65 3.40 0.500 ,, 3.4

212 R. Zsagmondy.

enthielt, das ganze Kolloid war als gallertige Masse auf dem Filter geblieben; ahnlich verhielt sich auch Sol 50, dessen Filtrat nur einen ganz geringen Ruckstand hinterlie& Bei den Hydrosolen 25, 10 und 2 waren hingegen Zinnsaure wie auch Alkali im Ultrafiltrat vorhanden, und zwar in wachsender Menge mit steigendem Alkali- gehalt des Hydrosols (vgl. Tabelle 1).

Sol 10 hinterlie6 nur einen geringen Ruckstand auf dem Filter; Sol 2 lief ganz glatt durch dasselbe.

Wie zu erwarten war, losten sich die auf dem Filter hinter- bleibenden Ruckstande, da sie das gesamte Kalium des' Peptisations- mittels enthielten, im nassen Zustande vollkommen in Wasser, so daB man aus dem Hydrosol 200 oder 100 wieder das ursprungliche Sol zuruckgewinnen konnte; anders verhielten sich jedoch die Trockenruckstande. Beim Eintrocknen erleiden alle diese gallertigen Massen irreversible Zustandsanderungen, so dab sich das zuruck- bleibende Glas in Wasser nicht mehr auflost, wohl aber zerfallen diese glasartigen Ruckstande unter Aufbrausen in Wasser in ein feines Pdver.

Aus der Ultrafiltration wie auch aus der Ultramikroskopie er- gibt sich also, daJ3 die Zinnsauren um so feinere Teilchen enthalten, je mehr Alkali zu ihrer Peptisation angewendet wird. Ferner er- gibt sich, da6 die Zerteilungen nicht vollkommen gleichmaklig sind; alle Hydrosole enthielten Amikronen , daB Hydrosol 10 neben vor- wiegend sehr kleinen Teilchen auch etwas grogere enthalt, geht u. a. daraus hervor, da6 ein kleiner Teil der Zinnsaure auf dem Ultrafilter zuriickbleibt. Bei Sol 2 endlich bleibt es zweifelhaft, ob man dasselbe als Hydrosol oder als teilweise hydrolysierte Losung eines sauren Stannats ansehen will.

Stannate und alkalihaltige kolloide Zinnsaure lassen sich mit Salzsaure und Methylorange als Indikator ebenso titrieren mie Karbonate oder Silikate. Die verhrauchten ccm n. HCl entsprechen der Menge des zur Zinnsiiure hin- zugefugten KHO , selbst wenn Hydroxylionen des letzteren sich mit Lackmue nicht mehr nachweisen laesen.

Einflup des Peptisationsmittels auf die Eigenschaften der Hydrosole. 2 13

Zu naheren Charakterisierung der Hydrosole sei noch erwahnt, daB in Sol 200, 100 und 50 die Hydroxylionen bei der Peptisation praktisch verbraucht worden sind, denn Sol 200 und 100 zeigen gegenuber Lackmus eine schwach saure , nahezu neutrale Reaktion (violett-rosa) entsprechend einer Wasserstoffionenkonzentration von ca. low6 und Sol 50 reagiert neutral. Die anderen Hydrosole reagieren alkalisch und zur vorlaufigen Orientierung mochte ich anfuhren, daB der Vergleich mit Fliissigkeiten bekannter Wasser- stoffionenkonzentration nach der Indikatormethode, fur Sol 25 auf eine Wasserstoff ionenkonzentration von etwa 10-lo schlieJ3en lieB, fur Sol 10 : fur Sol 2 : 10-l2. Die Hydroxylionen des zur Peptisation der Zinnsaure zugefiigten Alkali sind also von dieser bei der Hydrosolbildung der drei ersten Sole praktisch aufgebraucht worden.

Eine Theorie der Alkalipeptisation der Zinnsaure habe ich schon an anderem Orte gegeben; 3 es sei mir gestattet, das wesent- liche daraus zu wiederholen.

Theorie der Peptisation der Zbnsaure.

Die Theorie geht von der Vorstellung aus, daB die peptisier- baren Hydrogele aus ultramikroskopischen Teilchen bestehen, die durch Wasserhullen voneinander getrennt sind. Diese Teilchen cc-'J!eilchen) sind im wesentlichen dieselben , die vorher bereits im Sol enthalten waren.4 Im Gel sind sie im isoelektrischen Punkt6

Die Indikatorversuche wurden nach langerem Kochen der Hydrosole (zwecks Entfcrnung der Kohlensaure) und nach Abkiihlen der Fliissigkeit auf Zimmertemperatur angestellt.

* FIEDENTHAL, Zeitsohr. f. Elektroohem. 10 (1904), 103. ZSIGPONDY, Kolloidohemie, S. 7 7 , 1912. Bei kolloidalem Gold habe ich die massiv erfiillten Teilchen der roten

Hydrosole a19 a-Teilchen bezeichnet, die daraus durch flockenartigen Zusammen- tritt entstehenden gr6Beren Teilchen der bleuen Hydrosole als @-Teilchen. W. MECKLENBURG gebraucht im selben Sinne bei der Zinnsaure die Ausdriicke Primar- und Sekundarteilchen. Bei Zinnsaure ist mit dem Zusammentritt der a-Teilchen zu PTeilchen naturlich kein Farbenumschlag verbunden , sondern nur Trubungsvermehrung. Auf Grund der Verstellung, daE die Primarteilchen von a- und b-Zinnsaure sich nur durch verschiedene Gr66e unterscheiden, hat W. MECKLENBURG eine sehr beachtenswerte Theorie der ZinnsHureisomerie auf- gestellt, auf die ich spater noch zuriickkommen werde; hier sei nur mitgeteilt, daB in den Hydrosolen mit groberen Teilchen (200 und 100 etc.) im wesent- lichen 8-Teilchen (also Sekundarteilchen) anzunehmen sind.

S. GLIXELLI hat (gefunden (Kolloid. Zeitschr. 13 (1913), 194), daB das

214 R. Zsigmondy.

entladen, dichter gedrangt und besitzen einen, wenn auch loseii Zu- qammenhang. Zu erklaren ist, daB bei der Peptisation dieser Zu- sammenhang gelast wird, so daB das Gel wieder in kleinere Ultra- mikronen zerfallt , die entweder die urspriinglichen a-Teilchen oder Konglomerate derselben (P-Teilchen) sein konnen , und da6 diese Ultraniikroiien elektrisch geladen sind. Es mul2 natiirlich auch das Verhalten der entstehenden Hydrosole im wesentlichen erklart werden.

Fiigt man zum Gel der Zinnsaure etwas Alkali, 80 diffun- diert dasselbe in das Innere der Gallertflocken uod bildet mit einen kleinen Teil der vorhandenen Zinnsiiure jedenfalls Kaliumstannat.

Erfolgt die Peptisation auf Zusatz von Alkali, ohne daB nach- tragliche Verdiinnung erforderlich ware , so werden sich folgende Teilvorgiinge abspielen :

,,l. Diffusion des KOH in das Innere der Flocken unter Bil- dung von K,SnO, , dessen Anionen weitgehend absorbiert werden ; infolge dieser Vorgange: Anreichcrung von Kaliumionen im Innern der Flocken.

2. Bei geniigender Anreicherung von K und Aufladung der Ultramikronen : Aufhebung des Zusammenhangs der Flocken infolge des osmotischen Drucks, welcher im Innern der Flocken sich aus- bildet (vgl. DONNAN s Theorie der Uembrangleichgewichte).

3. Diffusion der elektrisch geladenen Ultramikronen samt den Kaliumionen in die umgebende Fliissigkeit.

dtatt der Bildung von freiem Stannat und Adsorption des Anions kann man auch ebensogut annehmen, dab Stannat auf der

Gel der Zinnsaure in reinem Wasser schwach npgativ geladen ist, iind daB der isoelektrische Punlit desselben bei eineni Gehalt von 0,000 11 hlol./Lt. HC1 liegt. - Die erwahnte negative Ladung der Flocken kann im Sinne von L. MICHAELIS und FREUNDLICH -ELISSAFOFF gedeutet werden (geringfugige Dissoziation der Zinnsaureii~olekule an der Oberflache des Gels), wohl aber auch im Sinne von COEHN (Aufladung durch Elektronen infolge Verschiedenbeiten der Dielektri- zitatskonstanten), da die Ladung verschiedener Kiirper in reinem Wasser sich gut, aus der von COEHN ausgesprochenen GesetzmaBigkeit erkl8rt.

Jedenfalls ist das Verhaltnis Ladiing/Masse der Zinnsaureflocken in H,O sehr klein im Vergleich zu dem der Ultramikronen in den Hydrosolen. Die Beweg- lichkeit dieser Flocken ist klein 124 = 12.1OV6 cm/sek. (nach GLIXELLI)] ihre Masse abcr auSerordentlich groB gegeniiber der der Ultramikronen. Die Ladung der ‘reilchen reieht nicbt aus, Zerfitll der Flocken herbeizufiibren, wohl aber kijnnte (lie sehr volumin6se Beschaffenheit mancher rein gewasrhener Gele mit diesen Ladungen in Zusammenhang stehen, die dem Gel einen an Hydrosole er- innernden Charakter erteilen.

Einflu f i des Peptisationsmittels auf die Bigensoha f h der I3ydrosole. 2 15

Oberflache der Ultramikronen gebildet wird, dessen Anionen bei der nachtraglichen Dissoziationl bei den Ultramikronen bleiben."

,,Man kann ferner Ionisierung der Oberflachenmolekiile an- nehmen, etwa so:

I SnO,H, + 20H' + 2 K = I SnO," + 2 K + 2H20 , worin 1 SnO,H, ein Zinnsauremolekiil der Oberflache eines Ultra- mikrons darstellt.

Da zwischen den einzelnen Annahmen zurzeit nicht entschieden werden kann, alle aber zu demselben Resultat fiihren: Aufladung der Ultramikronen und selbstandige Zerteilung zu einer kolloiden Losung, so erscheint es mir das einfachste, zunachst bei der Ionen- adsorption zu bleiben, um so mehr als diese Annahme die allgemeinere ist und auch die Bildung der gemischten Kolloide (Peptoide usw.) erklart."

Wird eine zur Peptisation nicht ausreichende Menge KOH xu- gesetzt, so wird diese groaenteils von dem Gel der Zinnsaure auf- genommen , ohne daB auBerlich eine wesentliche Qeranderung eiu- trete. Setzt man etwas mehr zu, erhalt man eine trube Fliissigkeit, deren Ultramikronen jedenfalls am einer Anzahl kleinerer Amikronen zusammengesetzt sind (p-Teilchen). Noch mehr Alkali bewirkt hu f - teilung in a-Teilchen. Bei Zusatz eines Uberschusses von KOEl lionnen dann die im Gel enthaltenen Amikronen eine Verkleinerung durch Stannatbildung erleiden und schlieBlich ganz in Stannat iiber- fuhrt werden. Dieser ProzeB hat mit der eigentlichen Peptisation nichts zu tun.

,,Die Verkleinerung der Ultramikronen, das ,,AnatZen" des Rydrogels, hat keineswegs die Bedeutung, die ihm von manchen Seiten zugeschrieben wird. Das ergibt sich ohne weiteres aus Be- trachtung der minimalen Mengen von Elektrolyt, welche die Peptisation herbeifuhren konnen. Diese vermogen die Lineardimension der ein- zelnen Ultramikronen, wie eine U berschlagsrechnung lehrt, nur um ein ganz Geringes zu vermindern, falls alle gleichzeitig angegriffen werden, und es ware nicht einzusehen, warum diese geringfiigige Verkleinerung eine so radikale Anderung der Eigenschaften des ganzen Systems herbeifiihren sollte. Auch laBt die ,,Atztheorie" die elektrischen Ladungen der Ultramikronen ganz auaer acht.l'

,,Ist die oben gegebene Vorstellung riclitg, so muB die kolloide Losung osmotischen Druck gegen eine fur die Sn0,-Amikronen un-

* Im Falle der erst beim Verdiinnen des Gemenges eintretenden Peptieation.

216 R. zsigmo~ay.

durchlLsige Membran ausiiben, muB Leitfahigkeit besitzen, bei der Elektrolyse SnO, an der Anode abscheiden, gegen Elektrolyte ahn- lich sich verhalten wie die Losung eines hochmolekularen Komplex- salzes. Tatsachlich ist das alles der Fall, wie im folgenden gezeigt werden soll."

Die elektrische Ladung der Ultramikronen 1aBt sich auch er- klaren, wenn man annimmt, da8 irgendein anderes Anion als das Stannation aufgenommen wird. Im vorliegenden Falle kijnnte auch die Adsorption von O H die Ladungen bedingen. Es scheint mir aber zweckmaBiger, die Adsorption von Stannationen oder Bildung Ton solchen auf den Oberflachen der Ultramikronen anzunehmen, und zwar mit Riicksicht auf die Reaktionen der kolloiden Zinn- saure, deren Erklarung sich einfacher und uberzeugender gestaltet, wenn man Stannationen auf der Oberflache der Ultramikronen annimm t .

Aus der Art des aufladenden Anions miissen die Reaktionen des Kolloids zu erklaren sein: wobei zu berucksichtigen ist, dab das mit dem Anion gepaarte ultramikroskopische Teilchen dessen Reaktionen modifiziert, und zwar stets im Sinne einer Begunstigung oder Erleichterung der Fallungsreaktionen.

Das Verhalten bei der Ultrafiltration wiirde in folgender Weise zu erklaren sein: je mehr Alkali in um so kleinere /?-Teilchen zer- fallt das Gel der Zinnsaure. Rei geniigendem Alkaligehalt zerfallt das Gel ganz in Primarteilchen, die dann noch weiter durch An- atzen verkleinert werden konnen. (Uberfuhrung in kristalloide Stan- natlijsung durch betrachtlichen UberschuB an KOH.) Sind die Teilchen sehr klein, wie bei Hydrosol 10 oder 2 und der osmotische Druck entsprechend groB, dann passieren sie ungehindert ein Ultra- filter bestimmter PorengrBBe; sind sie zu groB, so werden sie zu- riickgehalten. Das letztere ist bei Sol 200, 100 und 50 der Fall. Man hat also durch Variation des Alkalizusatzes ein Mittel, die TeilchengroBe bis zu einem gewissen Grade zu regulieren.

DaB bei der Ultrafiltration der Zinnsaure 200 und 100 nicht nur die geladenen Ultramikronen, sondern auch die zugehorigen Kaliumionen zuriickgehalten werden, ist gleichfalls leicht verstandlich. Die Kaliumlouen lassen sich ebensowenig in wagbaren Mengen von den Anionen trennen, wie im allgemeinen die Ionen eines Salzes bei der Diffusion', da die etwa in die Membran eindringenden durch elektrostatische Eraftwirkungen zuriickgehalten werden.

1 Vgl. NERNST, Theoretische Chemie, 5. Aufl., S. 367.

finflu/l des Peptisationsrnittels auf die Eigenschaften der Hydrosole. 2 17

Da aber die Anionen untrennbar mit den Ultramikronen ver- bunden sind, so miissen auch die Kaliumionen bei ihnen verbleiben; ihre Anwesenheit bewirkt auch, da5 der Filterruckstand in Wasser sich wieder selbstandig zerteilt.

Eigenschaften der Hydrosole. Verha l ten beim Ein t rocknen . Wie das Sol der Kieselsaure,

la5t sich auch das Sol der Zinnsiiure betrachtlich einkochen, ehe Gallertbildung eintritt. Die Gallertbildung erfolgt kurz nach heftigem Aufschaumen der Losung; je weiter sich ein Hydrosol einkochen la5t, ehe die Gallertbildung eintritt, urn so bestandiger ist es im allgemeinen. Aus Tabelle 2 geht hervor, da5 die kolloidale Zinn- saure, i - a um so weiter eingekocht werden kann, je mehr Alkali zur Peptisation verwendet wird.1

Tabelle 2.

50 25 10

2

9.7 14.8 2 1.2 29.4

finflu/l des Peptisationsrnittels auf die Eigenschaften der Hydrosole. 2 17

Da aber die Anionen untrennbar mit den Ultramikronen ver- bunden sind, so miissen auch die Kaliumionen bei ihnen verbleiben; ihre Anwesenheit bewirkt auch, da5 der Filterruckstand in Wasser sich wieder selbstandig zerteilt.

Eigenschaften der Hydrosole. Verha l ten beim Ein t rocknen . Wie das Sol der Kieselsaure,

la5t sich auch das Sol der Zinnsiiure betrachtlich einkochen, ehe Gallertbildung eintritt. Die Gallertbildung erfolgt kurz nach heftigem Aufschaumen der Losung; je weiter sich ein Hydrosol einkochen la5t, ehe die Gallertbildung eintritt, urn so bestandiger ist es im allgemeinen. Aus Tabelle 2 geht hervor, da5 die kolloidale Zinn- saure, i - a um so weiter eingekocht werden kann, je mehr Alkali zur Peptisation verwendet wird.1

Die Gallerten sind wegen der Nichtfluchtigkeit des Alkali im Gegensatz zu den Gallerten aus mit Ammoniak erhaltenen Zinn- saurehydrosolen in Wasser wieder loslich; dagegen treten beim voll- standigen Eintrocknen im Vakuumexsikkator irreversible Zustands- anderungen ein , und die erhaltenen glasartigen Rtickstande aind, abgesehen vom Riickstand aus Sol 2, in Wasser unloslich, zerfallen aber in der Regel unter heftiger Gasentwickelung zu einem auSerst fein zerreiblichen Pulver.

Die El e k t r oly t f a l l u n g d e r S 01 e beansprucht besonderes lnteresse wegen der dabei zutage tretenden Analogie mit den von J. DUCLAW beobachteten Erscheinungen beim kolloidalen Eisen- oxyd. DUCLAW fand 2, daB die Wertigkeitsregel hier nicht giiltig ist, und da5 bei Ferrioxyd- und Ferricyankupferhydrosolen ganz andere und einfachere GesetzmiiBigkeiten gelten. Er fand, da5 ein gegebenes Volumen eines bestimmten Ferrioxydhydrosols zu seiner Koagulation aquivalente Mengen fallender Anionen beniitigt und da8

Bei mit Natron hergestellten Hydrosolen zeigten sich gewisse Ab- weichungen von der obigen Regel.

Journ. Chihim. phys. 6 (1907), 29.

2 1s A. Zsigmondy.

diese aquivalent sind den i m Eisenoxydsol erithaltenen Chlorionen. Eine Ausnahme bilden unter den untersuchten anionen nur die Chlor- uiitl Nitrationen rler Alkalimetalle. Granz analog sind bei

Tabelle 3.

801 1 Elrktroiyt I

2 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 25 r> j

"5 ? 5 2 5 25 2 3 25

Sa-Citrat , 3 HCL

AL(SO,), 3 AlCI, / 3

CaCI, 12 BaCl, / 2 AgN'O,

SnCl XaNO,

Na,SO, / '2 Xa-Citrat '3

HCL

50 Na-Citrat i3 50 Na,SO,/:! 5 0 , HCI 5 0 , 81C1,/3 50 A1(X03)3 / 3 50 CaCI,/2 50 RaCI, / 2 50 AgNO,

100 NaCl 100 1 NaNO, 100 Na,S0,/2 100 Na-Citrat ! 3 100 HC1 100 , SLC1, / 3 100 Al(XO,), 3 100 1 C ~ C I , / 2 100 1 BaCI,/2 1 0 0 , AgNO,

Zugeaetz te [erige in ccm

1.8 1.9 1.8 2.3 3.3 3.3 3.2 3.3 3.5

Beobachtunl 1.7 1.5 1.7 2 0.7 0.7 0.75 0.75 0.65

1.7 1.5 1.6 2 0.25 0.25 0.25 1.1 1.1 0.25 2.6 2.8 5.2 2.3 1.35 1.35 1.4 1.35 1.30 1.8 1.4 1.4 1.4

0.7 0.7 0.7 0.7 0.7 0.9

___ ____

3

,IIilliiiquivnlent Alkaligehalt von 10 ccm )ro 1Occm Ldsung Sol in c c u 'ji-n. KOH ~ ~ _ _ _

1.8 1 0.333 1.9 1.8 2.3 0.33 0.33 0.32 0.33 1 0.35 1

unmtiglith infolge Bildung von Ag,O 1.7 0.065 1.5 1.7 2 0.07 0.07

0.0i5 0.065

0.04 0 30 0.32 0.40 0.025 0.025 0.020 0.0'2'2 0.02'2 0.025 0 26 0.28 0.52 0.28 0.0135 0.0135 0.0140 0.0135 0.0130 0 0180 0.14 0.14 0.14 0.50 0.007 0.007 0.007 0.007 0.007 0.009

0.075 I

W i e b e i Sol 2 0.026

0.013

0.0064

Einflu,$’ des Peptisationsmittels auf die Eigenschaften der Hydrosole. 2 19

kolloider Zinnsaure die fallenden fiationen innerhalb der Versuchs- fehler einander aquivalent und gleichzeitig annahernd aquivalent den zur Peptisation benotigten Alkalimengen. Auch hier findet sich eine Ausnahme, und zwar bei den einwertigen Eationen der Alkali- salze, von denen vie1 mehr gebraucht wird, als dem Aquivalenz- gesetze entapricht. Die meisten Resultate der Fallungsversuche finden sich in Tabelle 3, (S. 218).

Die Ausnahmestellung der Alkalisalze, von denen die 5-10 fache Menge erforderlich ist als von den anderen fallenden Elektrolyten, entspricht durchaus der von DUCLAUX beobachteten Ausnahme- stellung der Chloride und Nitrate bei kolloidalem Eisenoxyd. Sie gewinnt besonderes Interesse durch den Umstand, daB diese Fallung im Gegensatz zu den anderen reversibel verlauft ; der Niederschlag 16st sich nach Entfernung des uberschussigen Fallungsmittels wieder in Wasser.

Alle diese Erscheinungen finden eine einfache Erklarung nach der vom Verfasser weiter oben kurz rekapitulierten Theorie der Peptisation.’

Nach dieser beruht die Peptisation auf Ladung der Ultra- mikronen durch Ionenabsorption oder Ionisierung der Oberflache der Ultramikronen ; bei der Zinnsaure sind es Stannationen, die den Kolloidteilchen die Ladung erteilen. Die elektrisch geladenen Zinn- saureteilchen konnen durch folgende Formel dargestellt werden, worin das Rechteck ein ultramikroskopisches Teilchen von ZinnsBure beliebiger GroBe und Beschaffenheit und SnO,” das absorbierte Stannation darstellt: a

SnO,” . Dieser Komplex von ultramikroskopischen Teilchen samt den

daran absorbierten Stannationen verhalt sich wie ein hochmole- kulares Komplexion. Das Gesamtverhalten der Sn0,-Sole bei der Ultrafiltration, Elektrolytfallung, Elektrolyse usw. kann unter dieser Annahme erklart ~ e r d e n . ~

Zur Erklarung der Aquivalenz, der Fallungswerte der Elektro- lyte braucht man nur die Annahme, daB das absorbierte Stannation ~ ___

Kolloidchemie. Leipzig 1912. S. 77-85. Es konnen natiirlich auch mebrere Stannationen von einem Ultramikron

absorbiert sein; fur die Darstellung der Reaktionen geniigt es, ein einziges in Retracht zu ziehen.

a Naheres siehe ZSIBMONDY, Kolloidchemie, Leipzig 1912, S. 79 -82.

220 R. Zsigmondy.

mit dem betreffenden Kation (H, Sr", Ba" usw.) praktisch unlosliche Salze bildet.

Die Fallung wird dann eben eintreten, wenn samtliche elek- trische Ladungen der Stannationen durch Salzbildung neutrali- siert sind :

1. - SnO," + 2H' = TI - SrlO,H,. 2. - SnO," + Ba" = - SnO,Ba.

In der Tat bildet sich ein wasserunloslicher Niederschlag, und samtliche ftlllende Kationen gehen in denselben uber. Etwas anderes ist es, wenn das Kation losliche Stannate bildet, wie bei Alkali- salzen; dann ist ein erheblicher UberschuB erforderlich, und die Fallung tritt ein, wenn die Teilchen durch Zuriickdrangen der Dis- soziation oder durzh Ionenadsorption entladen sind. Der Nieder- schlag muB infolge neuerlicher Dissoziation in reinem Wasser los- lich sein, was in der Tat zutrifft.

Eine Anzahl Uberfuhrungsversuche sind zur vorlaufigen Orien- tierung angestellt worden. Es sollte zunachst gezeigt werden, ob mit einem einfachen Uberfiihrungsapparat aus 2 GlasgefaBen (mit Elektroden) und einem die beiden verbindenden Heber bestehend bei Hydrosolen reproduzierbare Resultate erhalten werden konnen. Bei Einhaltung gewisser VorsichtsmaBregeln ist dies der Fall.

Die pro Coulomb iiberfihrte Zinnsaure la& sich sowohl aus der Konzentrationszunahme im Andenraum wie aus der Konzen- trationsabnahme im Kathodenraum bestimmen. Beide Bestimmungen fuhrten nach Anbringung einer kleinen Korrektur , in welcher die mahrend der V ersuche verdampfte Fliissigkeit beriicksichtigt wird, bei den ersten 3 Hydrosolen zu iibereinstimmenden Resultaten inner- halb einer Fehlergrenze von 1-3 o/I,.l

Tabelle 4.

Hydrosol

200 200 100 100 50 50 25 25 10 10 2 2

.____ - ~

1 Vrrsuch Nr. 1 Anode ~ _ _ _ - ~. _ _ I. 24.33 1 24.27 I. 17.24

11. 16 82 14.09 14.21

I. 8.93 9.39

I. 2.14 1 11. 1.84

I. 0.31 I 11. 0.38

Gr6Bere Abweichungen zeigen sich bei den Solen 25, 10 und 2.

Einflup des Peptisationsmittels auf dia Eigenschaften dsr Hydrosole. 22 1

Auch die Wiederholung des Versuchs fiihrte bei den einzelnen Hydrosolen zu annahernd den gleichen W erten.

In der vorstehenden Tabelle 4 sind die von 895 Coulombs (ent- sprechend 1 g Silber im Voltameter) iiberfiihrten Zinnsauremengen angefuhrt.

Man erkennt aus der Tabelle, daB bei Sol 200 die meiste Zinnsaure und bei den ubrigen abnehmend kleinere Mengen uber- fiihrt werden; dieses Resultat war zu erwarten, da in den alkali- reichen Hydrosolen sich vorwiegend die Elektrolyte der intermizel- laren Fliissigkeit, bei den alkaliarmeren aber zunehmend die Mizelle am Elektrizitatstransport beteiligt. Aber auch, wenn die inter- mizellare Fliissigkeit reines Wasser ware, miiBte man das gleiche Resultat erwarten, weil im allgemeinen um so mehr Zinnsaure iiberfiihrt werden wird, je groBer das Verhaltnis SnO, zu Alkali.

Es erschien moglich, bei den Solen 200, 100 und 50 aus Leit- fahigkeitsbestimmungen an Hydrosol und Ultrafiltrat den Anteil der Mizelle am Elektrizititstransport und unter Beriicksichtigung der Wanderungsgeschwindigkeit auch die relative mittlere Zinnsaure- menge, die mit einer Elektrizitatseinheit iiberfiihrt wird, zu be- stimmen. Diese muB bei Hydrosol 200 am groBten, bei den ubrigen entsprechend kleiner sein, da der Zinnsaure bei diesen Solen die geringste Menge aufladender Anionen zur Verfiigung steht, und da die Beweglichkeit der gr6Beren Teilchen bei Hydrosolen in der Regel von derselben GroBenordnung ist, wie die der kleineren.

Da nun bei der Ultrafiltration von Hydrosol 200 und 100 (und auch 50) samtlicher peptisierender Elektrolyt als Bestandteil der Mizelle bei der Zinnsaure geblieben war und das Ultrafiltrat keinen Gluhriickstand hinterlieB, war zu erwarten, dab hier wenigstens der Elektrizitatstransport wesentlich von der Mizelle ubernommen wird.

Die Leitfahigkeit der Ultrafiltrate erwies sich aber als so betrachtlich, da6 die Vermutung naheliegt, daB bei der Ultra- filtration 0iichtige Verunreinigungen (Kohlensaure, saure Bestand- teile der Membran oder dergl.) in das Filtrat gelangt sind, so daB diese Resultate sich rechnerisch noch nicht verwenden lassen. Wohl aber geben sie die Richtung an, die bei exakterer Unter-

* DUCLAUX nennt die ,,Mizelle" die elektrisch geladenen ultramikrosko- pischen Teilchen samt den zugehorigen entgegengesetzt geladenen Ionen, die das Ultrafilter nicht passieren und intermizellare Fliissigkeit das davon ab- filtrierbare Dispersionsmittel.

222 R. Zsigmondy.

suchung eingeschlagen werden muD. Eine derartige Untersuchung sol1 demnachst in Angriff genommen werden.

Der Versuch, den osmotischen Druck der Hydrosole gegen die Ultrafiltrate nach der Methode von DKJCLAUX zu bestimmen, lief3 die schon oft beobachtete Eigenart negativ geladener Kolloide er- kennen, daB die Fliissigkeitssaule anfangs anstieg und dann all- mahlich abfiel. Die hochsten Steighohen waren bei

Sol1 200 15 mm ., 100 36 7 >

> > 50 60 ) 7

Wurde statt des Ultrafiltrats reines Wasser genommen, dessen Kohlensaure durch Kochen entfernt und dem eine dem Alkali des Hydrosols aquivalente Menge von KOH zugesetzt war, so erhielt Herr HEINZ die folgenden Steighohen, die sich langere Zeit hielten.

Sol1 200 15 mm 7, 100 30 ,, 11 50 63 i 7

Vorlaufige Untersuchungen mit dem OSTWALD schen Viskosi- meter mit dem TRAuBEschen Stalagmometer ergaben, daB die Vis- kositat und Oberflachenspannung der Hydrosole sich nicht wesen t- lich von der des Wassers unterscheidet.

Die zum DurchflieBen der Kapillaren des Viskosimeters er- forderliche Zeit ist in Tabelle 5 angefuhrt.

___ 200 100 50 25 10

2 Destilliertes Wasser

die und

___-__ 1 Minute 44 Sekunden 1 7 ) 44 1 ,

1 ,> 43 >> 1 7 7 34 7,

1 77 32 ?,

1 7 7 32 I 1

1 7 1 32 I )

wert, als nuweilen mangelnde Oberflachenaktivitat und Viskositats- erhohung als charakteristisches Merkmal der ,,Suspensionskolloide" hervorgehoben wird; wir sehen aber, da8 die Hydrosole 2 und 10, von denen das erste sich von Elektrolytlosungen kaum mehr unter- scheidet, dem Wasser in bezug auf diese beiden Mermale noch naher

Einflub des Peptisationsvaittels auf die E{qensclzaflen der Bydrosole. 223

stehen als die durch ihre TeilchengroBe sich den Suspensionen nahern- den Sole 100 und 200. Bhnliche Betrachtungen gelten nuch be- zuglich der Viskositkt.

I n der hier besprochenen Arbeit ist am Beispiel der Zinnsaure eingehend gezeigt worden, wie durch allmahliche Vermehrung des Peptisationsmittels die Systeme sich bezuglich einer Reihe ron Eigenschaften (Ultramikroskopie, Ultrafiltration, Fallungsreaktionen, Viskositat) allmahlich andern. Derartige Kolloide erinnern, selbst wenn sie recht groBe Ultramikronen enthalten, in sehr vielen Eigenschaften an Elektrolytlosungen, so daB man sie als eine be- sondere Gruppe von Kolloiden, vielleicht zweckmaBig als , ,Ele k t ro- lytkol loide" zusammenfassen konnte. In diese Gruppe gehoreii sehr viele Kolloide, wohl alle mit Alkali- oder Saurepeptisation von Gelen erhaltenen Sole.

Mit zunehmendem Gehalt an Peptisationsmittel nehmen s b : die TeilchengroBe , die elektrisch uberfiihrte Menge der Zinnsaure, die Goldzahl, die Viskositat;

nehmen zu: die Beetandigkeit beim Einkochen, der osmotische Druck und die Leitfahigkeit, die Menge der zur Fallung erforder- lichen Elektrolyte;

hleibt annahernd unverandert oder nimmt etwas ab: die Ober- flachenspannung.

Die Fallungsregel gilt hier ebensowenig wie in den von DUCLAUX untersuchten Fallen; die Elektrolytfallung kann nur dann auf Ad- sorption entgegengesetzt geladener Teilchen zuriickgefuhrt werden, wenn nicht die Bildung eines praktisch unlijslichen Salzes voraus- gesetzt werden kann.

Die Resultate der vorliegenden Untersuchung stehen in bester obereinstimmung mit der vom Verfasser gegebenen Theorie der Alkalipeptisation.

Qottiagen, Institut fiir anorgaw. Chemie der Unirersitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 19. August 1914.