hybridantriebe mit autosarkonformen steuergeräten

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Eine entscheidende Voraussetzung für innovatives Softwaredesign ist es, möglichst früh im Entwicklungsablauf realitäts- nah zu testen und zu verifizieren. Peugeot hat den Umbau der Erprobungsträger für alle Antriebsstrangprojekte gebündelt. Bei der Autosar-konformen Softwareentwicklung für das Crossover-Fahrzeug Peugeot 3008 Hybrid4 zahlten sich diese konzentrierte Kompetenz, die durchdachten Abläufe und der Einsatz der innovativen Ehooks-Technik von Etas aus. HYBRIDANTRIEBE MIT AUTOSAR- KONFORMEN STEUERGERäTEN TITELTHEMA TECHNIKTRENDS AUF DER IAA 644

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Page 1: Hybridantriebe mit Autosarkonformen Steuergeräten

Eine entscheidende Voraussetzung für innovatives Softwaredesign ist es, möglichst früh im Entwicklungsablauf realitäts-

nah zu testen und zu verifizieren. Peugeot hat den Umbau der Erprobungsträger für alle Antriebsstrangprojekte gebündelt.

Bei der Autosar-konformen Softwareentwicklung für das Crossover-Fahrzeug Peugeot 3008 Hybrid4 zahlten sich diese

konzentrierte Kompetenz, die durchdachten Abläufe und der Einsatz der innovativen Ehooks-Technik von Etas aus.

Hybridantriebe mit autosar-konformen steuergeräten

TiTelThema TECHniKTrEndS AUF dEr iAA

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WelTWeiT ersTes Vollhybrid-dieselfahrzeug

Der neue Peugeot 3008 Hybrid4 ist das weltweit erste Vollhybrid-Dieselfahrzeug in Serienproduktion. Bei der Entwicklung dieses Axle-Split-Parallelhybridantriebs, 1, stand die bestmögliche Umwelteffizi-enz im Mittelpunkt. Der 2-l-Dieselmotor HDi FAP mit 120 kW (163 PS) wirkt in dem Fahrzeug auf die Vorderachse, wäh-rend der 27-kW-Elektromotor seine Kraft auf die Hinterachse bringt. Der Vorteil im niedrigeren Kraftstoffverbrauch und das bessere Drehmoment eines Dieselmotors gegenüber einem Ottomotor mit demsel-

ben Hubraum waren ausschlaggebend für die Wahl des Selbstzünders. Der Norm-verbrauch von lediglich 3,8 l Dieselkraft-stoff auf 100 km entspricht einem CO2-Ausstoß von 99 g/km. Im reinen Elektro-betrieb per Batterie ist der 3008 Hybrid4 sogar ein Null-Emissions-Fahrzeug.

Über einen Drehschalter in der Mittel-konsole kann der Fahrer vier verschiedene Fahrmodi abrufen. Im Modus „Auto“ arbeitet das System vollkommen selbst-ständig. Wird „ZEV“ (Zero Emission Vehicle, Null-Emissions-Fahrzeug) gewählt, so geht der Wagen in den Elekt-robetrieb. „4WD“ bringt durch den per-manenten Betrieb beider Motoren die Vor-

teile eines Allradantriebs ins Spiel; und der „Sport“-Modus ist die dynamische Gangart mit verkürzten Schaltzeiten des elektronisch gesteuerten Schaltgetriebes EGS/BMP6 und – wiederum – permanen-tem Allradantrieb. Bei über 120 km/h Fahrgeschwindigkeit wird der Elektroan-trieb automatisch abgekoppelt, um elekt-romagnetische Verluste und Reibung zu vermeiden. Ein Start-Stopp-System bringt weitere Verbrauchsvorteile.

Die Energie für den Elektromotor stammt aus einer Ni-MH-Batterie, die unterhalb der Kofferraumladekante ein-gebaut ist. Das Energierückgewinnungs-system lädt die Batterie im Schubbetrieb

NaTalia lesTrée ist Managerin des Teams Embedded Function Rapid Prototyping bei PSA

Peugeot Citroën in Paris (Frankreich).

aNToiNe PouThier ist Manager für Hybridsysteme bei PSA

Peugeot Citroën in Paris (Frankreich).

gregory Nice ist Programmmanager bei Etas

in Paris (Frankreich).

dr. Nigel J. Tracey ist verantwortlich für die Embedded-

Softwareprodukte und Services bei Etas UK in York (Großbritannien).

AUToREn

09i2011 113. Jahrgang 645

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und beim Bremsen. Verbaut ist die Elektro antriebs-Architektur in ein Hinter-achsmodul, das auch in anderen Fahr-zeugen eingesetzt werden kann.

herausforderuNgeN bei der eNTWickluNg

Die Entwicklung der elektronischen Regel-systeme für Hybridantriebe ist sehr anspruchsvoll. Zahlreiche Komponenten werden von vielen Zulieferern entwickelt, die alle perfekt zusammenarbeiten müs-sen, um ein optimales Ergebnis abzulie-fern. Auf vorhandene Ansätze kann bei neuen Systemen, wie dem Hybridfahr-zeug von PSA, oftmals nicht zurückge-griffen werden. Daher spielen frühzeitige Tests und die Abstimmung zwischen PSA und den verschiedenen Zulieferern eine entscheidende Rolle für den Erfolg.

Beim Aufbau der Prototypen laufen alle Fäden beim OEM zusammen. Verzögerun-gen bei einzelnen Komponenten, kleinere

Softwarebugs oder späte Anpassungen der Spezifikation können den Test und die Erprobung des Gesamtsystems stark beein-trächtigen. Der berechtigte Know-how-Schutz bei den Zulieferern und bei PSA stellte eine weitere Herausforderung dar.

arbeiTsWeise bei der sofTWareeNTWickluNg

Das Team Embedded Function Rapid Pro-totyping baut bei PSA die Prototypenfahr-zeuge für die Erprobung auf. Seine 30 Mit-arbeiter betreuen alle Antriebsstrangpro-jekte bei Peugeot. Neben den klassischen Diesel- und Ottomotoren sind dies auch die Hybridantriebe. Somit ist ein großer Erfah-rungsschatz über den Einsatz der Werk-zeuge, das System Fahrzeug und die Soft-ware für den Antriebsstrang an einer Stelle konzentriert. Dieses konzentrierte Know-how ermöglicht eine hohe Arbeitseffizienz und den schnellen Austausch von Wissen bei neuen Herausforderungen. Das hat sich

besonders beim Hybridantriebsprojekt gezeigt. Sehr schnell und effizient standen die Prototypen zur Verfügung.

Mit realen Fahrzeugen und Prototyping-Werkzeugen, wie den Prototyping-Modulen ES910 und ES1000 sowie der Steuergeräte-schnittstelle ETK von Etas, können neue Funktionen als Matlab/Simulink-Modelle [1] eingebunden und praxisnah erprobt werden. Mit Hilfe von Bypass-Freischnitten können neue Funktionen leicht in die Soft-ware integriert oder vorübergehend kleinere Bugfixes sofort implementiert werden. Jedoch dauerte es bisher lange, bis die Frei-schnitte vom Softwarezulieferer eingesetzt und die Software bei PSA abgeliefert wurde.

fuNkTioNeN des NeueN sofTWareWerkzeugs

Aufgrund der bei diesem Hybridantriebs-Projekt angewandten Autosar-Architektur war der traditionelle Ansatz, Bypass-Frei-schnitte beim Zulieferer anzufordern,

1 Aufbau des Peugeot 3008 Hybrid4

legende:① Elektromotor für Antrieb der Hinterachse② Hochvolt-Batterie-Paket③ Antriebsstrang-Management-Einheit (PTMU) und Leistungs-

elektronik (inverter und Konverter)④ Hochleistungs-Start-Stopp-System⑤ Elektronisch gesteuertes Sechsganggetriebe (BMP6)⑥ Verbrennungsmotor 2.0 l Hdi FAP für den Vorderachsantrieb⑦ Spezielle Mehrlenker-Hinterachsaufhängung⑧ Pseudo-McPherson-Frontachse

: Kraftfluss

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Fahrspaß, Komfort und ein im Vergleich zu Automatik-getrieben deutlich reduzierter Verbrauch sind keine unvereinbaren Gegensätze mehr: Mit der neuen LuK Doppelkupplung als Kernkomponente in modernen Doppelkupplungsgetrieben steht dem Fahrer die Agilität seines Fahrzeugs voll zur Verfügung.Schnelle Gangwechsel ohne Zugkraftunterbrechung stehen für Sportlichkeit wie im Rennsport. Durch den geringen Kraftstoffverbrauch gewinnt gleichzeitig die Umwelt. Die LuK Doppelkupplung – schalten in die Zukunft.

www.luk.de

und Effi zienz

DynamikDynamik

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nicht mehr möglich. Diese Architektur ermöglicht es, einzelne Funktionen als Autosar-Softwarekomponenten (SWC) bei PSA und anderen Zulieferern zu entwi-ckeln und abzuliefern, um diese dann bei einem Tier-1-Zulieferer als „Black Box“ zu integrieren. Obwohl ein Tier-1-Zulieferer diese Funktionen integrieren kann, kann er sie aber nun in keinster Weise verän-dern – inklusive dem Setzen von Bypass-Freischnitten.

Das neue Softwarewerkzeug Ehooks [2] von Etas ermöglicht nun das Einset-zen von Freischnitten an jeden beliebi-gen Softwareparameter in eine beste-hende, integrierte Software, ohne dass dafür Zugriff auf den Quellcode oder die Software-Build-Umgebung erforderlich ist. 2 und 3 zeigen den Arbeitsablauf ohne beziehungsweise mit dem Soft-warewerkzeug. Detailkenntnisse über den Aufbau der Software sind ebenfalls

nicht erforderlich. Das neue Werkzeug gestattet es dem PSA-Team, innerhalb kürzester Zeit selbst alle erforderlichen Bypass-Freischnitte für einen entspre-chenden Prototypen einzufügen, um alle Vorteile des frühzeitigen Testens auszu-schöpfen. Das Ergebnis sind sowohl Kosten- und Zeitersparnis als auch eine Verbesserung der Qualität durch umfangreiche, frühe Tests.

Zudem können durch das sofortige Set-zen der Freischnitte mit Ehooks unter-schiedliche Freischnittkonfigurationen für jeden Test aufgesetzt werden. Das bedeu-tet, dass nur die minimale Anzahl der Bypass-Freischnitte, die für den entspre-chenden Test benötigt werden, in der Soft-ware enthalten ist, was wiederum den erforderlichen Overhead im Steuergerät verringert und dafür sorgt, dass die Soft-ware näher am Seriencode ist. Die Arbeitsweise mit dem neuen Werkzeug

hat sich somit als gute, effiziente Lösung herausgestellt, um die vielen Komponen-ten zusammenzubringen.

VorTeile der NeueN arbeiTsWeise

Die erforderlichen Softwareänderungen sind bei PSA in wenigen Stunden umge-setzt. Im Vergleich damit dauerte der frü-here Ablauf über den Steuergeräteherstel-ler im besten Fall mehrere Tage. Diese Zeitersparnis erleichtert den Aufbau der Prototypen sehr. Die Integration und der Test von neuen Softwareelementen sind somit bereits vor einer formalen Abliefe-rung möglich, welche alle Prozessschritte durchläuft.

Die realitätsnahe Erprobung ist so bereits extrem früh im Entwicklungsab-lauf möglich. Gerade bei neuen Konzep-ten wie dem Hybridantrieb bringt dies entscheidende Vorteile. Die neuen Funk-tionen sind schnell auch in zahlreichen Varianten „erfahrbar“. Zusätzlich werden Fehler früh erkannt und können zeitnah und kostengünstig abgestellt werden.

Ein weiterer Vorteil ist die frühe (Vor-)Applikation der neuen Funktionen, ohne dabei vom Rhythmus der formalen Soft-wareablieferung abhängig zu sein. Das Applikationsteam konnte sehr früh im Pro-jekt geschult und Erfahrungen konnten von Anfang an gesammelt werden. Dies stellte sich als sehr hilfreich heraus und sparte gerade am Ende des Projekts viel Zeit.

Die Erfahrungen bei der Einführung des Softwarewerkzeugs Ehooks waren durch-weg positiv. Die Stabilität war von Anfang an gut, und Updates an die Erfordernisse von PSA erfolgten schnell. Das Werkzeug ist sehr anwenderfreundlich und auch von Ungeübten leicht zu bedienen. 4 zeigt die einfach aufgebaute Benutzerschnittstelle als Screenshot. Die sehr gute Zusammen-arbeit mit Etas und dem Steuergeräteher-steller Bosch [3] tat ein Übriges, um das Projekt zum Erfolg zu führen.

zusammeNfassuNg

Die Entwicklung von Software für neue Antriebskonzepte wie den Hybridantrieb für das Crossover-Fahrzeug Peugeot 3008 Hybrid4 erfordert eine frühe, realitätsnahe Erprobung der neuen Funktionen. Nur so ist die effiziente, kundennahe Entwick-lung möglich. Die Konzentration des

2 Arbeitsablauf ohne Ehooks

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Know-hows für den Prototypenaufbau im Team Embedded Function Rapid Prototy-ping bei PSA und die Möglichkeit, neue Funktionen wie Ehooks von Etas in beste-hende Software nachträglich über Frei-schnitte einzusetzen, waren entscheidend, um dieses Ziel zu erreichen.

liTeraTurhiNWeise[1] Mathworks: internetseite http://www.mathworks.de/ vom 7. Juni 2011[2] Etas GmbH: internetseite http://www.etas.com/ehooks vom 13. Juli 2011[3] duval-destin, M.; Kropf, T.; Abadie, V.; Faus-ten, M.: Auswirkungen eines Elektroantriebs auf das Bremssystem. in: ATZ 113 (2011), nr. 9

4 Screenshot – die Benutzerschnittstelle von Ehooks ist einfach zu bedienen; nur wenige Mausklicks sind notwen-dig, um die erforderlichen Bypass-Freischnitte hin-zuzufügen

3 Arbeitsablauf mit Ehooks: Vorbereitung der Steuergerätesoftware (PrEP), Setzen der Freischnitte (dEV), Zugriff auf die Freischnitte (BYP und CAL)

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