hilfsmittelversorgungen zwischen therapie und...
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Hilfsmittelversorgungen
zwischen Therapie und Alltag
Dr. Thorsten Böing
Duderstadt
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
Disclosures
Interessenkonflikt Fachleiter NeuroRehabilition
Otto Bock HealthCare Deutschland
Fachgesellschaften,
Gremien und
Arbeitsgruppen
Deutsche Gesellschaft für Neurotraumatologie und
klinische Neurorehabilitation (DGNKN)
Deutsche Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften
(DGRW)
Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF)
Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (DNEBM)
Honorare Keine
Firmenbeteiligungen,
Anteile
Keine
Mit diesem Vortrag
verknüpfte Institutionen
Keine
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
Inhalt
1. Einführung
2. Beispielhafte Versorgungsoptionen, Studienlage, Evidenz
3. Zusammenfassung
1. Einführung
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
Fallzahlen nach Fachbereichen bis 2030 in %
5,4%
10,3%
12,2%
13,8%
14,1%
14,5%
18,9%
19,1%
22,4%
24,6%
0,0% 5,0% 10,0% 15,0% 20,0% 25,0%
Nuklearmedizin/Strahlentherapie
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Psychiatrie/Psychotherapie
Chirurgie
Urologie
Dermatologie
Orthopädie
Innere Medizin
Augenheilkunde
Neurologie
Prozentualer Anteil der Fallzahlen Deloitte HealthCare Indicator 2016
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Ausgaben für Hilfsmittel in €
GKV-Spitzenverband 2016
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Ausgaben der Leistungsbereiche in %
GKV-Spitzenverband 2016
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
Teasell R et al. Evidence-Based Review of Stroke Rehabilitation. Clinician Handbook Motor Rehabilitation, 2018
Hilfsmittel im Behandlungspfad
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
Veerbeek JM, van Wegen E, van Peppen R, van der Wees PJ, Hendriks E,
et al. (2014) What Is the Evidence for Physical Therapy Poststroke? A
Systematic Review and Meta-Analysis. PLOS ONE 9(2): e87987.
Howlett OA et al. Functional Electrical Stimulation Improves Activity After Stroke: A
Systematic Review With Meta-Analysis. Arch phys med rehabil, 2015; 96(5):934-
943
Wann Orthese, wann FES?
Market Management Orthotics | Duderstadt, Jan 13th 2017
2. Versorgungs-optionen UEX
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
Beispiel: Fußheberschwäche
• Silikonorthese, im häuslichen Bereich Anwendung ohne Schuhe möglich
• Außerhalb: freie Wahl des Schuhwerkes
• Einsatz im Nassbereich oder beim Schwimmen
• Propriozeption dank dünner Fußsohle und freier Ferse
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
Beispiel: Fußheberschwäche
• Dynamische Carbonorthese zur aktiven Energierückgabe beim Gehen
• Unterstützung der Kniefunktion während der Standphase
• Vermindert Kompensationsbewegungen, verhindert unkontrolliertes
Aufsetzen oder Absenken des Fußes
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Foot Drop
-High support of Gait cycle
-Plantar flexors weakness 0-4
-Mild weakness knee extensors (fatigue) 3-5
-Knee instability valgus/varus
-High energy restoring
-Support of Gait cycle
-Plantar flexors weakness 3-5
-Normal knee extensors
-Energy restoring
-Low Knee instability valgus/varus
-Low support of the Gait cycle
-Normal plantar flexors
-Normal knee extensors
-Low energy restoring
-Stable knee joint
Normal Ankle stability Low Ankle Stability
-Mild weakness knee extensors 2-4
–Higher knee extension moment
-Higher forefoot energy restoring
-Rehabilitation use with flexible supination
correction
-Normal plantar flexors
-Normal knee extensors
-No energy restoring
-Stable knee joint
-Short term use
-Normal plantar flexors
-Normal knee extensors
-No energy restoring
-Stable knee joint
-Weakness dorsiflexors
-No energy restoring
-Without shoe useable
-Nearly full Propriozeption
Functional
Electrical
Stimulation
Patientenspezifische Lösungen
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
Fußheberschwäche: Orthese vs. FES
Mit freundlicher Genehmigung:
Sanitätshaus Klinz, Bernburg
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0,00
0,20
0,40
0,60
0,80
1,00
1,20
Baseline One Month Two Months One Year
Sp
ee
d (m
/se
c.)
Verbesserung der Gehgeschwindigkeit
Laufer Y et al.: Gait in Individuals with Chronic Hemiparesis: One-Year Follow-up of the Effects of a
Neuroprosthesis That Ameliorates Foot Drop. J Neurol Phys Ther, 2009. 33(2): p. 104-110.
0,67 0,70
0,86
1,06
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Zeit (Wochen)
Pro
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0
10
20
30
40
50
60
70
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90
0 2 4 6 8 10
84.6%
53.3%
46.2%
Yan T et al. Functional Electrical Stimulation improves motor recovery of the lower extremity and walking ability of
subjects with first acute stroke. A randomized placebo-controlled trial. Stroke 2005; 36:80-85
FES und Standard-Rehabilitation
Placebo und Standard-Rehabilitation
Kontrolle (Standard-Rehabilitation)
FES… - möglichst frühzeitige Intervention !
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Verbesserung der Gangsymmetrie
Springer S et al. The effects of dual-channel functional electrical stimulation on stance phase sagittal
kinematics in patients with hemiparesis. J Electromyogr Kinesiol. 2013; 23:476–482
T 0: Therapiebeginn
T 1: Follow-up nach 6 Wochen
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
• Multizentrische (n = 23), internationale (DACH), konsekutive
Patientenrekrutierung von FES-Respondern
• Erfassung von je 10 Items zum Gangbild (Neuroreha-Spezialisten: PT,
OT, Ärzte) und zur ICF-basierten Teilhabe (Patient!)
• Zeitraum 08/13 bis 05/15
• Kohorte:
n = 169 (bereinigt: n = 151), 67 Frauen, 84 Männer
⌀ 59,8 Jahre (R: 9 – 79)
Erkrankt seit ⌀ 7,3 Jahren (R: 1 – 33)
ZNS-relevante Diagnose (Stroke, MS, TBI, SCI)
Orthese oder FES?
Böing T. Hilfsmittelversorgungen bei Peronaeusparese im ICF-Fokus von Aktivität und Teilhabe. 3rd European
Congress of NeuroRehabilitation, 2. Dezember 2015, Wien
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
Aktivität und Teilhabe (ICF)
Böing T. Hilfsmittelversorgungen bei Peronaeusparese im ICF-Fokus von Aktivität und Teilhabe. 3rd European
Congress of NeuroRehabilitation, 2. Dezember 2015, Wien
Ohne
Hilfsmittel
Mit
Orthese
Mit
FES
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ICF-Beurteilungskriterien
0 = Keine Beeinträchtigung. Bedeutet, dass kein Problem für Sie vorliegt.
1 = Leichte Beeinträchtigung. Bedeutet, dass hier ein Problem weniger als 25% der Zeit mit
einer Intensität vorliegt, die Sie tolerieren können und das in den letzten 30 Tagen selten auftrat.
2 = Mäßige Beeinträchtigung. Bedeutet, dass hier ein Problem weniger als 50% der Zeit mit
einer Intensität vorliegt, das Sie in ihrer täglichen Lebensführung stört und das in den letzten 30
Tagen gelegentlich auftrat.
3 = Erhebliche Beeinträchtigung. Bedeutet, dass hier ein Problem mehr als 50% der Zeit mit
einer Intensität vorliegt, die Ihre tägliche Lebensführung teilweise unterbricht und das in den
letzten 30 Tagen häufig auftrat.
4 = Vollständige Beeinträchtigung. Bedeutet, dass ein Problem mehr als 95% der Zeit mit einer
Intensität vorliegt, die Ihre tägliche Lebensführung vollständig unterbricht und das täglich in den
letzten 30 Tagen auftrat.
Böing T. Hilfsmittelversorgungen bei Peronaeusparese im ICF-Fokus von Aktivität und Teilhabe. 3rd European
Congress of NeuroRehabilitation, 2. Dezember 2015, Wien
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Gesamtübersicht aller Items
Böing T. Hilfsmittelversorgungen bei Peronaeusparese im ICF-Fokus von Aktivität und Teilhabe. 3rd European
Congress of NeuroRehabilitation, 2. Dezember 2015, Wien
0
1
2
3
4
Kurze Entfernungen gehen(d4500._)
Lange Entfernungen gehen(d4501._)
Unterschiedliche Oberflächen(d4502._)
Hindernisse umgehen (d4503._)
Stufen, Treppe (d4551._)
Bewegen in eigener Wohnung(d4600._)
Bewegen in anderen Gebäuden(d4601._)
Gehen draußen (d4602._)
Einkaufen (d6200._)
Öffentlichkeit, Geselligkeit(d9205._)
Gangsicherheit
Gangsymmetrie
Gangbild allgemein
Verwendung im Freien
Treppe
Genu recurvatum
Zirkumduktion
Fußaufsatz
Armeinsatz
Bewegungsökonomie
Ohne Hilfsmittel
Mit Orthese
Mit FES
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
Kontrollierte Orthesensysteme: SCO vs. SSCO
• Standphasengesteuerte
Orthese (SCO)
Während der gesamten Standphase
sicher gesperrt.
Kontrolliertes Freigeben von der
Standphase in die Schwungphase.
Keine Kontrolle, Steuerung, Sicherung
während der Schwungphase!
• Stand- und schwungphasen- gesteuerte Orthese (SSCO)
Permanent kontrollierte Steuerung,
Sicherung und Anpassung über den
gesamten Gangzyklus
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Kontrollierte Orthesensysteme: SCO vs. SSCO
Market Management Orthotics | Duderstadt, Jan 13th 2017
2. Versorgungs-optionen OEX
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• Pathologische Afferenzen bedingen
inadäquate Rekrutierung motorischer
Einheiten
• Ziel: Rezentrierung des Humerus-
kopfes und Sicherung des Armes bei
freier Beweglichkeit im
Schultergelenk
• Schmerzlinderung und Stabilisation
entgegen dem paretischen Muster
• Erleichterung der aktiven
Rehabilitation
Mit fre
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rof. D
r. med. S
tefa
n H
esse, B
erlin
Ratnasabapathy et al.: Shoulder pain in people with stroke: a populationbased study. Clin Rehabil 2003; 17: 304–311.
Beispiel: Humeruskopfsubluxation
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
Hesse S et al.: A new orthosis for subluxed, flaccid shoulder after stroke facilitates gait symmetry: A preliminary
study. J Rehabil Med 2013; 45: 623–629
Beispiel: Humeruskopfsubluxation
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
Beispiel Funktionsdefizit Hand / Arm
von Lewinski F et al. Efficacy of EMG-triggered electrical arm stimulation in chronic hemiparetic stroke patients. Rest
Neurol Neurosc 2009;(27):189-197
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Therapie mittels funktioneller Elektrostimulation
Beispiel Funktionsdefizit Hand / Arm
von Lewinski F et al. Efficacy of EMG-triggered electrical arm stimulation in chronic hemiparetic stroke patients. Rest
Neurol Neurosc 2009;(27):189-197
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
Prä- / Post-Therapie
von Lewinski F et al. Efficacy of EMG-triggered electrical arm stimulation in chronic hemiparetic stroke patients. Rest
Neurol Neurosc 2009;(27):189-197
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
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20
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30
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40
45
Baseline Week 4 Week 8 Week 12
# B
lock
s
Box & Blocks
Control
H200
P < 0.05
Alon G, Levitt AF, McCarthy PA. Functional electrical stimulation enhancement of upper extremity functional
recovery during stroke rehabilitation: a pilot study. Neurorehabil Neural Repair 2007;21(3): 207-15.
T.Böing: Hilfsmittelversorgungen zwischen Therapie und Alltag | © Otto Bock HealthCare Deutschland
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10
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40
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Baseline Week 4 Week 8 Week 12
mF-
M U
E sc
ore
s
Upper Extremity Modified Fugl-Meyer Scores
P < 0.04
Alon G, Levitt AF, McCarthy PA. Functional electrical stimulation enhancement of upper extremity functional
recovery during stroke rehabilitation: a pilot study. Neurorehabil Neural Repair 2007;21(3): 207-15.
H200
Control
3. Zusammen-
fassung
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• Aktivität fordern und fördern
• Optimale (nicht maximale!) Versorgung
• Rehabilitationserfolg durch Befähigung zur Teilhabe!
• Konstruktive Zusammenarbeit von
Arzt Sanitätshaus
Therapeut Patient
Kostenträger
Hilfsmittellösungen in Therapie und Alltag
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Hilfsmittel in den Leitlinien
• Der Prozess des Gehen-Lernens kann durch Hilfsmittel unterstützt
werden: die Fortbewegung im Rollstuhl dient nicht nur der Mobilität,
sondern erlaubt auch eine schrittweise Steigerung der kardiopulmo-
nalen Belastbarkeit und bereitet die Patienten somit auf ein
intensiveres Gehtraining vor.
• Das Gehtraining selbst kann nach dem initialen Trainingsstadium
häufig durch ein Gehen mit Gehhilfen mit oder ohne Begleitung
unterstützt werden. Einige Patienten bleiben auch längerfristig auf
(…) eine Orthese angewiesen, um selbstständig mobil zu bleiben.“
Dohle C et al. Rehabilitation der Mobilität nach Schlaganfall. S2e-Leitlinie der DGNR. Neurol Rehabil. 2015;
21(7):356
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Regionale SH-Partner als NeuroReha-Spezialisten
Patienten,
Angehörige
Ärzte, Therapeuten,
Kliniken
Hilfsmittelversorgung in der NeuroRehabilitation:
Schulung, Zertifzierung, Supervision
Versorgungsqualität durch regionale Netzwerke