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Höhere Technische Mechanik Grundlagen der Analytischen Mechanik Prof. Dr.-Ing. Ulrike Zwiers, M.Sc. Fachbereich Mechatronik und Maschinenbau Hochschule Bochum WS 2009/2010

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Höhere Technische Mechanik

Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prof. Dr.-Ing. Ulrike Zwiers, M.Sc.

Fachbereich Mechatronik und MaschinenbauHochschule Bochum

WS 2009/2010

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Übersicht

1. Grundlagen der Analytischen Mechanik◦ Kinematische Grundlagen

- Freiheitsgrade

- Bindungen

- Generalisierte Koordinaten

- Virtuelle Verrückungen

◦ Prinzipe der Mechanik

- Prinzip der virtuellen Arbeit

- Prinzip von d’Alembert

- Lagrangesche Gleichungen 2.Art

- Lagrangesche Gleichungen 1.Art

◦ Analyse nichtholonomer Systeme

2. Schwingungen linearer Systeme mit einem Freiheitsgrad

3. Schwingungen linearer Systeme mit mehreren Freiheitsgraden

4. Schwingungen linearer kontinuierlicher Systeme

Prof. Dr. U. Zwiers STME 2/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Kinematische Grundlagen 1/13

Begriffe & Definitionen

Synthetische Mechanik

Teilgebiet der Mechanik, das unter Anwendung des Schnittprinzipsdie Bewegung von Körpern und von Systemen von Körpern mitHilfe von Impuls- und Drehimpulsbilanzen untersucht

Analytische Mechanik

Teilgebiet der Mechanik, das ein mechanisches System als Ganzesbehandelt, d.h. ohne Einzelkörper durch Freischneiden von ihrenBindungen zu isolieren

Prof. Dr. U. Zwiers STME 3/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Kinematische Grundlagen 2/13

Begriffe & Definitionen (Forts.)

Freiheitsgrad

Bewegungsmöglichkeit eines Körpers (bzw. eines Systems), dieunabhängig von anderen Bewegungen ausgeführt und durch eineunabhängige Koordinate beschrieben werden kann

freie Objekte Freiheitsgrade

in der Ebene 2Massenpunkt

im Raum 3

in der Ebene 3Starrer Körper

im Raum 6

Prof. Dr. U. Zwiers STME 4/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Kinematische Grundlagen 3/13

Begriffe & Definitionen (Forts.)

Bindung

Einschränkung der Anzahl der Freiheitsgrade eines Systems gemäßdes Typs und der Wertigkeit einer Bindung

f = N · ffrei −

n∑

k=1

wk , f Freiheitsgrade eines Systems

N Anzahl der Körper eines Systems

ffrei Freiheitsgrade der freien Körper

n Anzahl der Bindungen eines Systems

wk Wertigkeit einer Bindung

Prof. Dr. U. Zwiers STME 5/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Kinematische Grundlagen 4/13

Begriffe & Definitionen (Forts.)

Klassifizierung von Bindungen

geometrisch kinematischBeschränkung der Lage Beschränkung der Geschwindigkeit

einseitig zweiseitigUngleichungsbedingung Gleichungsbedingung

skleronom rheonomnicht explizit zeitabhängig explizit zeitabhängig

holonom nichtholonomgeometrische oder integrierbare

kinematische Bindungeinseitige oder nicht integrierbare

kinematische Bindung

Prof. Dr. U. Zwiers STME 6/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Kinematische Grundlagen 5/13

Begriffe & Definitionen (Forts.)

Beispiele zur Klassifizierung von Bindungen

a) Φk(q1, . . . , q3N ) = 0

→ geometrisch, zweiseitig, skleronom, holonom

b) Φk(q1, . . . , q3N , t) ≤ 0

→ geometrisch, einseitig, rheonom, nichtholonom

c) Φk(q1, . . . , q3N , q1, . . . , q3N , t) = 0

→ kinematisch, zweiseitig, rheonom3N∑

i=1

akiqi + bk = 0 , aki = aki(q1, . . . , q3N , t)

bk = bk(q1, . . . , q3N , t)

→ holonom, falls∂aki

∂qj=∂akj

∂qiund

∂aki

∂t=∂bk∂qi

Prof. Dr. U. Zwiers STME 7/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Kinematische Grundlagen 6/13

Begriffe & Definitionen (Forts.)

Beispiel: Geometrische Bindung

~v

ϕ

m

x2 + y2 = ℓ2

zweiseitig

m ~v

x2 + y2 ≤ ℓ2

einseitig

Prof. Dr. U. Zwiers STME 8/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Kinematische Grundlagen 7/13

Begriffe & Definitionen (Forts.)

Beispiel: Kinematische Bindung

Koordinaten

x, y, θ, ψ, φ

Bindungsgleichungen

x = rφ sin θ

y = rφ cos θ

nichtholonomes System

ψ

θ

~v

φ

rx

y

z

Prof. Dr. U. Zwiers STME 9/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Kinematische Grundlagen 8/13

Begriffe & Definitionen (Forts.)

Generalisierte Koordinaten

Die Konfiguration eines holonomen Systems mit f Freiheitsgradenkann durch f voneinander unabhängigen (generalisierten)Koordinaten qi, i = 1, . . . , f eindeutig beschrieben werden, soferndie folgenden Bedingungen erfüllt sind:

◮ Die Ortsvektoren sind durch die generalsierten Koordinaten qibestimmt: ri = ri(q1, . . . , qf , t).

◮ Die p Bindungen Φk(r1, . . . , rN , t) = 0, k = 1, . . . , p sind fürjede beliebige Wahl der generalisierten Koordinaten qi erfüllt.

◮ Die generalisierten Koordinaten qi sind voneinander unab-hängig, d.h. es besteht kein funktionaler Zusammenhang derForm g(q1, . . . , qf , t) = 0.

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Kinematische Grundlagen 9/13

Begriffe & Definitionen (Forts.)

Ergänzende Anmerkungen

◮ Der f -dimensionale Raum, der durch die generalisierten Koordinaten

qi aufgespannt wird, bildet den Konfigurationsraum, in dem jeder

Punkt q = [q1, q2, . . . , qf ] einem möglichen Zustand des Systems

entspricht.

◮ Die zeitlichen Ableitungen der generalisierten Koordinaten,

q1, q2, . . . , qf , werden als generalisierte Geschwindigkeiten

bezeichnet.

◮ Die Wahl der generalisierten Koordinaten qi ist nicht eindeutig.

◮ Bei bekannten Anfangsbedingungen q(t0) = q0

und q(t0) = q0

ist

der Zustand des Systems im Konfigurationsraum für alle Zeiten über

noch festzulegende Bewegungsgleichungen berechenbar.

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Kinematische Grundlagen 10/13

Begriffe & Definitionen (Forts.)

Beispiel: Doppelpendel mit masselosen Stäben und Punktmassen

Ortsvektoren

r1 =

[x1

y1

]

=

[ℓ1 sinϕ1

−ℓ1 cosϕ1

]

r2 =

[x2

y2

]

=

[ℓ1 sinϕ1 + ℓ2 sinϕ2

−ℓ1 cosϕ1 − ℓ2 cosϕ2

]

BindungenΦ1 = x2

1+ y2

1− ℓ2

1= 0

Φ2 = (x2 − x1)2 + (y2 − y1)

2 − ℓ22

= 0

Freiheitsgrade f = 2

Wahl der generalisierten Koordinatenq1 = ϕ1, q2 = ϕ2

ϕ1

ϕ2

ℓ1

ℓ2

m1

m2

x

y

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Kinematische Grundlagen 11/13

Begriffe & Definitionen (Forts.)

Beispiel: Doppelpendel mit homogenen Stäben ohne Punktmassen

Ortsvektoren

r1 =

[x1

y1

]

=

[(ℓ1/2) sinϕ1

−(ℓ1/2) cosϕ1

]

r2 =

[x2

y2

]

=

[ℓ1 sinϕ1 + (ℓ2/2) sinϕ2

−ℓ1 cosϕ1 − (ℓ2/2) cosϕ2

]

BindungenΦ1 = x2

1+ y2

1− ℓ2

1/4 = 0

Φ2 = (x2 − 2x1)2 + (y2 − 2y1)

2 − ℓ22/4 = 0

Φ3 = tanϕ1 + x1/y1 = 0

Φ4 = tanϕ2 + (2x1 − x2)/(2y1 − y2) = 0

Freiheitsgrade f = 2 ⇒ q1 = ϕ1, q2 = ϕ2

ℓ1, m1

ℓ2, m2

x

y

ϕ1

ϕ2

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Kinematische Grundlagen 12/13

Begriffe & Definitionen (Forts.)

Virtuelle Verrückungen

Bewegung eines mechanischen Systems mit den folgendenMerkmalen:

◮ gedachte Verschiebung oder Drehung,

◮ infinitesimal klein,

◮ mit den Bindungen des Systems verträglich.

r = r(q1, q2, . . . , qf ) ⇒ δr =∂r

∂q1δq1 +

∂r

∂q2δq2 + · · ·+

∂r

∂qfδqf

δϕ

verträglich unverträglich

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Kinematische Grundlagen 13/13

Begriffe & Definitionen (Forts.)

Beispiele zu virtuellen Verrückungen

a

b

F1

F2

δw2δw1

δϕ

δw1 = a · δϕ

δw2 = b · δϕ

ϕ

ℓϕ+δϕ

δyA

δxB

yA = ℓ cosϕ

xB = ℓ sinϕ

δyA =dyA

dϕδϕ = −ℓ sinϕ · δϕ

δxB =dxB

dϕδϕ = ℓ cosϕ · δϕ

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 1/16

Hauptproblem der Dynamik

Bewegungsgleichungen eines gebundenen Systems

miri = F i + Ri , i = 1, . . . , N (*)

N Anzahl der Massenpunkte

mi Masse

ri Ortsvektor

F i Vektor der eingeprägten Kräfte

Ri Vektor der Reaktionskräfte

Unbekannte: 6N Komponenten von ri und Ri

Gleichungen: 3N Bewegungsgleichungen (*)p holonome Bindungsgleichungen———3N−p fehlende Beziehungen (=Anzahl Freiheitsgrade)

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 2/16

Hauptproblem der Dynamik (Forts.)

Ideale Bindung

Eine Bindung ist ideal, wenn die Reaktionskräfte zu beliebigenvirtuellen Verrückungen keine virtuelle Arbeit leisten, d. h.

δW =N∑

i=1

RTi δri = 0 .

N∑

i=1

(Rx,i δxi +Ry,i δyi +Rz,i δzi) = 0

Formulierung in f generalisierten Koordinaten qi

g1(. . . ) δq1 + g2(. . . ) δq2 + · · · + gf (. . . ) δqf = 0︸ ︷︷ ︸

= 0︸ ︷︷ ︸

= 0︸ ︷︷ ︸

= 0 → f Bedingungen

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 3/16

Fundamentalgleichung der Dynamik

Fundamentalgleichung der Dynamik

Bei der Bewegung eines mechanischen Systems mit idealenBindungen ist die Summe der Arbeiten, die von den eingeprägtenKräften F i und den Trägheitskräften −miri auf beliebigenvirtuellen Verschiebungen geleistet werden, gleich null, also

N∑

i=1

(F i −miri)T δri = 0 .

Prof. Dr. U. Zwiers STME 18/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 4/16

Fundamentalgleichung der Dynamik (Forts.)

Prinzip der virtuellen Arbeit

Ein mechanisches System befindet sich im Gleichgewicht, wenn beieiner virtuellen Verschiebung aus der Gleichgewichtslage heraus diedabei von den eingeprägten Kräften geleistete virtuelle Arbeitverschwindet, also

N∑

i=1

F Ti δri = 0 .

Prinzip von d’Alembert

Jede Lage eines Systems während der Bewegung kann als eineGleichgewichtslage aufgefasst werden, wenn zu den eingeprägtenKräften die Trägheitskräfte hinzugenommen werden.

Prof. Dr. U. Zwiers STME 19/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 5/16

Fundamentalgleichung der Dynamik (Forts.)

Annahme: holonomes System

ri = ri(q1, . . . , qf , t) , i = 1, . . . , N

δri =

f∑

k=1

∂ri

∂qkδqk , i = 1, . . . , N

f∑

k=1

[N∑

i=1

(

F i −miri

)T ∂ri

∂qk

]

δqk = 0

f Bewegungsgleichungen:N∑

i=1

(

F i −miri

)T ∂ri

∂qk= 0

k = 1, . . . , f

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 6/16

Fundamentalgleichung der Dynamik (Forts.)

Beispiel: Gleichgewicht einer Hebebühne

Prinzip der virtuellen Arbeit

GTδrG + F TδrF = 0

Ortsvektoren

rF =

[2 cosα

0

]

, rG =

[a

2 sinα

]

Virtuelle Verschiebungen

δrF =∂rF

∂αδα =

[−2 sinα

0

]

δα

δrG =∂rG

∂αδα =

[0

2 cosα

]

δα

Hebekraft: F = G cotα

bc bcα

ℓℓ

ℓℓ

Ga

F

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 7/16

Fundamentalgleichung der Dynamik (Forts.)

Beispiel: Rollende Seiltrommel

Kinematische BeziehungenδxS = r2 δϕ

δxA = δy = (r2 − r1) δϕ

Virtuelle ArbeitenδWe = m2g δy

δWT = −(m1xS δxS +m1k2ϕ δϕ+m2y δy)

Prinzip von d’AlembertδWe + δWT = 0

Winkelbeschleunigung

ϕ =(r2 − r1)m2g

(r22

+ k2)m1 + (r2 − r1)2m2

bc

m2

r1

r2

m1, k

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 8/16

Fundamentalgleichung der Dynamik (Forts.)

„Kochrezept“ zur Anwendung des Prinzips von d’Alembert

1. Aufstellen der Bindungsgleichungen Φi = 0

2. Ermitteln der Anzahl an Freiheitsgraden und Festlegen derverallgemeinerten Koordinaten qi

3. Aufstellen der Ortsvektoren als Funktionen der verallge-meinerten Koordinaten (2)

4. Bestimmen der virtuellen Verschiebungen

5. Bestimmen der Beschleunigungskomponenten

6. Formulieren der virtuellen Arbeit δW

7. Substituieren der virtuellen Verschiebungen (4) und derBeschleunigungskomponenten (5) in die Gleichung δW = 0

8. Extrahieren der Bewegungsgleichungen aus (7) für δqi 6= 0

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 9/16

Generalisierte Kräfte

Annahme: holonomes Systemri = ri(q1, . . . , qf , t) , i = 1, . . . , N

δri =

f∑

k=1

∂ri

∂qkδqk , i = 1, . . . , N

δWe =

f∑

k=1

[N∑

i=1

F Ti

∂ri

∂qk

]

δqk

︸ ︷︷ ︸

= Qk generalisierte Kraft

◦ Im Gleichgewicht sind alle generalisierten Kräfte gleich null.

◦ Die generalisierten Kräfte besitzen nicht notwendigerweise dieDimension einer Kraft.

Prof. Dr. U. Zwiers STME 24/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 10/16

Generalisierte Kräfte (Forts.)

Zur Bestimmung der generalisierten Kraft Qk wird die generalisierteKoordinate qk variiert und die entsprechende virtuelle Arbeit δWek

bestimmt:

Qk =δWek

δqk, k = 1, . . . , f

Allgemein gilt Qk = Qk(q1, . . . , qf , q1, . . . , qf , t)

Wichtiger Sonderfall: (gewöhnliche) Potentialkräfte

Qk = −∂Π

∂qk, Π = Π(q1, . . . , qf , t)

Qk = Qk(q1, . . . , qf , t)

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 11/16

Lagrangesche Gleichungen 2. Art

Kinetische Energie: T =N∑

i=1

1

2miv

2

i

Allgemeine Form der Lagrangeschen Gleichungen 2. Art

d

dt

(∂T

∂qk

)

−∂T

∂qk= Qk , k = 1, . . . , f

Gültigkeit: beliebige holonome Systeme

Lagrange-Funktion: L = T − Π

Spezielle Form der Lagrangeschen Gleichungen 2. Art

d

dt

(∂L

∂qk

)

−∂L

∂qk= 0 , k = 1, . . . , f

Gültigkeit: holonome Systeme mit auschließlich Potentialkräften

Prof. Dr. U. Zwiers STME 26/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 12/16

Lagrangesche Gleichungen 2. Art (Forts.)

Beispiel: Massenpunkt auf Parabelbahn

Bindungsgleichung

Φ = y − cx2 = 0

Kinetische Energie

T =1

2mv2 =

1

2m(x2 + y2)

Potentielle EnergieΠ = mgy

Lagrange-Funktion

L = T − Π =1

2m(x2 + 4c2x2x2 − 2gcx2)

Bewegungsgleichung

x(1 + 4c2x2) + 4c2xx2 + 2gcx = 0

x

y

m

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 13/16

Lagrangesche Gleichungen 2. Art (Forts.)

Dissipation

Übergang einer umwandelbaren (entropiefreien) Energie in(entropiebehaftete) Wärmeenergie

Wesentliche Reibungstypen

Haftreibung FR ≤ FR,max = µ0 FN

Gleitreibung F R = −µFN

v

v

Rollreibung F R = −µR FN

v

v

Reibung in Fluiden F R = −1

2cwAρv

2v

v

Prof. Dr. U. Zwiers STME 28/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 14/16

Lagrangesche Gleichungen 2. Art (Forts.)

Generalisierte Reibungskraft QRk =N∑

i=1

F TRi

∂ri

∂qk= −

∂P

∂qk

mit F Ri = −hi(vi)vi

vi

Dissipationsfunktion P =N∑

i=1

vi∫

0

hi(vi) dvi

Modifizierte Form der Lagrangeschen Gleichungen 2. Art

d

dt

(∂L

∂qk

)

−∂L

∂qk+∂P

∂qk= 0 , k = 1, . . . , f

Gültigkeit: holonome Systeme mit Dissipation (Reibung)

Prof. Dr. U. Zwiers STME 29/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 15/16

Lagrangesche Gleichungen 1. Art

p Bindungen Φk(r1, r2, . . . , rN , t) = 0

N∑

i=1

(∂Φk

∂ri

)T

δri = 0 , k = 1, . . . , p

Reaktionskräfte Ri =

p∑

k=1

λk

∂Φk

∂ri

, i = 1, . . . , N

Erste Form der Lagrangeschen Gleichungen 1. Art

miri = F i +

p∑

k=1

λk

∂Φk

∂ri

, i = 1, . . . , N

Gültigkeit: holonome und nichtholonome∗ Systeme

Prof. Dr. U. Zwiers STME 30/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Prinzipe der Mechanik 16/16

Lagrangesche Gleichungen 1. Art (Forts.)

p Bindungsgleichungen Φk(q1, q2, . . . , q3N , t) = 0

3N∑

i=1

∂Φk

∂qiδqi = 0 , k = 1, . . . , p

verallg. Reaktionskräfte Qi =

p∑

k=1

λk

∂Φk

∂qi, i = 1, . . . , 3N

Zweite Form der Lagrangeschen Gleichungen 1. Art

dt

(∂L

∂qi

)

−∂L

∂qi=

p∑

k=1

λk

∂Φk

∂qi, i = 1, . . . , 3N

Gültigkeit: holonome und nichtholonome∗ Systeme

Prof. Dr. U. Zwiers STME 31/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Analyse nichtholonomer Systeme 1/4

Systemeigenschaften

Räumliches System mit N Massenpunkten

p holonome Bindungen: Φk = 0

mit Φk = Φk(q1, q2, . . . , q3N , t)

g nichtholonome Bindungen:3N∑

i=1

aki qi + bk = 0

mit aki = aki(q1, q2, . . . , q3N , t)

bk = bk(q1, q2, . . . , q3N , t)

Die Anzahl der generalisierten Koordinaten eines räumlichenSystems mit p holonomen und g nichtholonomen Bindungen beträgt

f = 3N − p

Prof. Dr. U. Zwiers STME 32/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Analyse nichtholonomer Systeme 2/4

Systemeigenschaften (Forts.)

f generalisierte Koordinaten: q1, . . . , qf

kinematische Bindungen: aTk dq = 0

ak =

ak1

...akf

bk

, dq =

dq1...

dqfdt

Bedingung für Holonomität:∂aki

∂qj=∂akj

∂qi, i, j = 1, 2, . . . , ℓ

ℓ = f + 1 rheonome Systeme

ℓ = f skleronome Systeme

Prof. Dr. U. Zwiers STME 33/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Analyse nichtholonomer Systeme 3/4

Systemeigenschaften (Forts.)

Ein skleronomes System mit f ≤ 2 generalisierten Koordinaten istimmer holonom.

Für die Anzahl der Bedingungen, die eine kinematische Bindungerfüllen muss, damit sie integrierbar und damit holonom ist, gilt

z =

(ℓ3

)

=ℓ!

3!(ℓ− 3)!

ℓ 1 2 3 4 5 6 . . .

z 0 0 1 4 10 20 . . .

Prof. Dr. U. Zwiers STME 34/35

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Grundlagen der Analytischen Mechanik

Analyse nichtholonomer Systeme 4/4

Bewegungsgleichungen mit Lagrangeschen Multiplikatoren

Die Bewegung jedes mechanischen Systems mit endlich vielenFreiheitsgraden kann durch ein System von Differentialgleichungenzweiter Ordnung beschrieben werden.

Bewegungsgleichungen für nichtholonome Systeme

d

dt

(∂T

∂qi

)

−∂T

∂qi−Qi −

g∑

k=1

µk aki = 0 , i = 1, . . . , f

f∑

i=1

aki qi + bk = 0 , k = 1, . . . , g

Prof. Dr. U. Zwiers STME 35/35