geschichte der araberzucht des königlichen privatgestütes weil

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Aus dem lnstitut fiir Tierzucht der Universitat Miinchen Vorstind: Bundesminister Prof. Dr. W. NIKLAS Geschichte der Araberzucht des Kiiniglichen Privatgestiites Weil Von KARL-HEINZ WEISS Mt 22 Abbrldungen Einleitung In der Wirtschaftkrise um das Jahr 1930 mui3te das damalige Privat- gestiit W e i 1 seine Anlagen auflosen und seinen Pferdebestand zersplittern. Durch seine Lage im Industriegebiet, und durch die damit verbundene Lohn- schranke, war es nicht mehr moglich, Verkaufserlos auf der einen Seite und Aufzuchtkosten auf der anderen Seite in Einklang zu bringen. Mein hochverehrter Lehrer, Prof. Dr. W. KOCH, hat mir die Auf- gabe, einen Oberblick iiber die Araberzucht des Gestutes zu verschaffen, in liebenswurdiger Weise iiberlassen. Ich komme dieser Anregung um SO lieber nach, 31s die Weiler Araberzucht auch nach ihrer Verpflanzung in das Wurttembergische Landgestut M a r b a c h noch nicht erloschen ist, und ich dazu beitragen mochte, ihre Tradition und Bedeutung zu unter- streichen. Lage und Klima L)as ehemalige Konigliche Privatgestut W e i l lag auf dem linken Neckarufer, etwa zwei Kilonieter westlich von Esslingen und zwolf Kilo- meter siidostlich, also neckaraufwarts, von Stuttgart. Nur ein kleiner Ted des Gestiitsareals lag im Tal. In einer kleinen Bucht der das Neckartal be- grenzenden Hiigelkette befanden sich die landwirtschaftlichen Gebaude. Der klcine Muhlbach flieBt hier durch, und man hat fast den Eindruck, als ob sich hier einmal der IVeckar seinen Weg geschafft hatte. Die nordliche Grenze beruhrte die LandstraBe Stuttgart-Esslingen. Der Hauptteil des Gestutsareals lag von dcn Gebauden des Neckartales aus in sudlichcr Rich- tung. Es zog sich nach Siidcn an den Hangen der nordlich und nordostlich zum Neckartal abfallenden Auskufer der Filderhochebene hinauf. Auf der Hochebene reichte es hiniiber bis zum Vorwerk Scharnhausen im Korschtal. Der Hohenunterschierl ist betrkhtlich. Das Neckartal liegt 230 m ii. M., die Filderebene erreicht 407 m u. M. (VOGEL. 18). Der Nordostabhang zum Neckartal ist teilweise und besondcrs in seinem untersten Abschnitt sehr steil. Zum Teil ist dieser Abhang mit Wald und Baunistucken besetzt. Nach Siidwesten geht der Hang in eine Hochflache iiber, die sich fast unmerklich nach Siiden neigt und mit dem, dem Weiler entgegengesetzt liegenden Bergabhang, tler ins Korschtal abfillt, endigt. Auf dieser Hochflfche nord- westlich, dd wo der Degcrlocher Wald endigt, liegt auch das vom Ramsbach

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Page 1: Geschichte der Araberzucht des Königlichen Privatgestütes Weil

Aus dem lnstitut f i ir Tierzucht der Universitat Miinchen Vorstind: Bundesminister Prof. Dr. W . NIKLAS

Geschichte der Araberzucht des Kiiniglichen Privatgestiites Weil

Von

KARL-HEINZ WEISS

M t 22 Abbrldungen

Einleitung

In der Wirtschaftkrise um das Jahr 1930 mui3te das damalige Privat- gestiit W e i 1 seine Anlagen auflosen und seinen Pferdebestand zersplittern. Durch seine Lage im Industriegebiet, und durch die damit verbundene Lohn- schranke, war es nicht mehr moglich, Verkaufserlos auf der einen Seite und Aufzuchtkosten auf der anderen Seite in Einklang zu bringen.

Mein hochverehrter Lehrer, Prof. Dr. W. KOCH, hat mir die Auf- gabe, einen Oberblick iiber die Araberzucht des Gestutes zu verschaffen, in liebenswurdiger Weise iiberlassen. Ich komme dieser Anregung um SO lieber nach, 31s die Weiler Araberzucht auch nach ihrer Verpflanzung in das Wurttembergische Landgestut M a r b a c h noch nicht erloschen ist, und ich dazu beitragen mochte, ihre Tradition und Bedeutung zu unter- streichen.

Lage und Klima L)as ehemalige Konigliche Privatgestut W e i l lag auf dem linken

Neckarufer, etwa zwei Kilonieter westlich von Esslingen und zwolf Kilo- meter siidostlich, also neckaraufwarts, von Stuttgart. N u r ein kleiner Ted des Gestiitsareals lag im Tal. In einer kleinen Bucht der das Neckartal be- grenzenden Hiigelkette befanden sich die landwirtschaftlichen Gebaude. Der klcine Muhlbach flieBt hier durch, und man hat fast den Eindruck, als ob sich hier einmal der IVeckar seinen Weg geschafft hatte. Die nordliche Grenze beruhrte die LandstraBe Stuttgart-Esslingen. Der Hauptteil des Gestutsareals lag von dcn Gebauden des Neckartales aus in sudlichcr Rich- tung. Es zog sich nach Siidcn an den Hangen der nordlich und nordostlich zum Neckartal abfallenden Auskufer der Filderhochebene hinauf. Auf der Hochebene reichte es hiniiber bis zum Vorwerk Scharnhausen im Korschtal. Der Hohenunterschierl ist betrkhtlich. Das Neckartal liegt 230 m ii. M., die Filderebene erreicht 407 m u. M. (VOGEL. 18). Der Nordostabhang zum Neckartal ist teilweise und besondcrs in seinem untersten Abschnitt sehr steil. Zum Teil ist dieser Abhang mit Wald und Baunistucken besetzt. Nach Siidwesten geht der Hang in eine Hochflache iiber, die sich fast unmerklich nach Siiden neigt und mit dem, dem Weiler entgegengesetzt liegenden Bergabhang, tler ins Korschtal abfillt, endigt. Auf dieser Hochflfche nord- westlich, dd wo der Degcrlocher Wald endigt, liegt auch das vom Ramsbach

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durchzopene Klein-Hohenhcim. Die Reichsstrai3e Ruit-Nellingen fuhrte durch das Gestutsgelande und trennte das Areal von W e i l von dem zu Scharnhausen gehorigen.

Das nach Suden durch den Abhang verschlossene Tal hat im Vergleich zur Hochebene ein kuhleres und auch nebeliges Klima. Bei Gewitterregen sind die Niederschlage im Tal etwas reichlicher. Der niirdliche Teil der HochflSche ist zum Neckar hin offen, ist aber durch die gegenuberliegenden Hugel des nordlichen Neckarufers vor Wind geschutzt. Im sudlichen Zipfel bei dem Vorwerk Scharnhausen liegen die Verhaltnisse besonders gunstig. Dieser Teil wird nach Norden und Osten durch die hoher gelegenen Teile dcs Gestutes geschutzt und weist durch seine Lage nach Suden eine fruhe Vegetation auf.

Bodenbeschaffenheit

Tm Tal besteht der Boden aus meist ziemlich tiefem, feinsandigem Lo& der sich durch hohen Kalkgehalt auszeichnet. Der Untergrund ist kiesig und bestatigt die Annahme, dai3 das Weiler Tal An- und Ober- schwemmungsgebiet des Neckars ist. Nasse Jahrgange sind dem Boden zu- trfglicher als trockene, bei denen meist Risse entstehen. Er ist ganz arm und spriide, bei guter Dungung jedoch zu allen Produkten der Gegend tauglich (WECKHERLIN 19).

An den Abhangen ist der Obergang zwischen den einzelnen Schichten nicht scharf, weil durch Rutschungen manche Teile anders zu liegen kamen, wie es ihrem geologischen Ursprung entspricht. Tonschichten (Lias Knollen- mergel, bunter Mergel) und Sandsteinschichten (Rhatsandstein, Stubensand- stein) wechseln sich ab oder sind teilweise vermischt (VOGEL 18). Aus den Tonlagern kommt vie1 Feuchtigkeit zutage, was der Kultur oft nicht von Vorteil ist. In diesen Teilen ist dcr Kalkgehalt sehr mangelhaft, und mui3 dort immer mit kunstlichem Kalk und Drainage nachgeholfen werden.

Auf der Hochebene befindct sich unter seichter Oberkrume ein zaher Ton, den VOGEL als Verwitterungslehm bezeichnet. Die am Abhang liegen- den Koppeln waren teilweise mit Obstbaumen bestanden, deren Reihen aber so grof3en Abstand hatten, dai3 noch guter Graswuchs moglich war. Auf einem Teil der Koppeln des ubrigen Gestutsgelindes boten einzelne Baume oder Baumgruppen, zusammen mit den Weidestallen den Tieren Schutz vor schlechter Witterung.

Auf der sich nach Scharnhausen neigenden Flache liegt der Tonunter- grund tiefer. Der Boden ist bei der geschutzten Lage sehr geschitzt und wirmer als der des ubrigen Gestutsgelindes (VOGEL 18).

Der Boden auf der Ebene bei Kleinhohenheim ist ebenfalls ziemlich fruchtbar. Auf einer Tonschicht, die geologisch dieselbe wie die der Scharn- hausener Hochflache ist, liegt meistens mittlerer Lehm (VOGEL 18).

Die Guter grenzten aneinander und bildeten einen freundlichen, l ind- lichen Park. Alle Gestutshofe, . sowie die Koppeln waren mit lebenden Hecken umsaumt, die zum Teil heute noch in ihren Resten zu sehen sind. Die Setzlinge, die zur Ausbesserung der Hecken notig waren, wurden im Park selbst gezogen. Die Wiesen und Weiden lieferten fur Pferde ein ZU- trigliches Futter. Als Nebenbetrieb kam hauptsachlich Milchviehwirtschaft in Betracht, der Anbau von Grunfutterpflanzen war dementsprechend ziemlich ausgedehnt.

Das gewonnene Heu deckte bei gunstiger Exnte den Bedarf. In un- gunstigen Jahren wurde zugekauft. Hafer und Stroh wurden bezogen (4).

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Gesundes Wasser war uberall in genugender Menge vorhanden. Nach WECKHERLIN war 1817 bei der Obernahme der einzelnen Gestutstcile ihre GroRe folgende:

W e i l : Hofraum und Garten . . . . . . . . 4,7 ha Acker . . . . . . . . . . . . . . 52,4 ha Wiesen . . . . . . . . . . . . . 17,6 ha Wald . . . . . . . . . . . . . . 103,4 ha Nicht urbare Platze . . . . . . . . . 1,9 ha

Insgesamt 180,O ha

Garten, kcker und Wiesen . . . . . . . 36,2 ha Wald . . . . . . . . . . . . . . 71,O ha

Insgesamt 107,2 ha

Insgesamt 113,7 ha

~

S c h a r n h a u s e n :

~ ~ ~~

K l e i n - H o h e n h e i m :

Chronologische Entwicklung des Privatgestutes Weil

Am 29. Mai 1817 erwarb Konig Wilhelm I. die Domanen W e i 1 und K 1 e i n - H o h e n h e i m , um sie zur Erweiterung des ehemaligen kron- yrinzlichen Gestutes S c h a r n h a u s e n dem Zwecke eines koniglichen Privatgestiites dienstbar zu machen. Die vorhandenen Waldbestande wur- den, soweit sie hinderlich waren, gerodet und zu Kulturland gemacht.

1 Jnter der Leitung des damaligen Gestutsdirektors Generalmajor Frei- herr Philipp von Gemmingen wurde das Gestut, bei der besonderen Vor- liebe des koniglichen Begriinders fur das arabische Pferd, eine Zuchtstatte fur das arabische Vollblut. Seiner Oberzeugung folgend wurden unter vor- wiegender Vcrwendung arabischer Hengste auch Krcuzungen zur Zucht eines edlen Wagenpferdes versucht.

W e i 1 wurde als Hauptmutterstutenhof ausgewahlt und beherbergte: Einen Teil dcr arabischen Mutterstuten. Die orientalischen Mutterstuten und Halbblutstuten. Zur Deckzeit die Beschfler.

S c h a r n h a u s e n wurde zur Aufzucht der Stutfohlen bestimmt. Seines milden Klimas wegen wurden dort auch die Nationalaraber- stuten untergebracht.

K 1 e i n - H o h e n h e i m wurde zur Aufzucht der Hengstfohlen bc- stimmt.

Aus dem Bestande des kronprinzlichen Scharnhauser Gestutes wurden die 13 besten Stuten, iimtliche orientalischer Abstammung, ausgewahlt, urn in W e i 1 aufgestellt zu werden. Unter dieser Auswahl war nur M u r a n a I von reiner arabischer Abstammung. Sie wurde zur Begriinderin der Stuten- familie, die sich bis zum heutigen Tage als die einzige in der Marbacher Araberherde zu erhalten wui3te. Die ubrigen Stuten aus Scharnhausen verschwanden bald wieder aus dem Gestutsbetrieb.

In diesen Anfangsjahren fand das Leibreitpferd Konig Wilhelm I., der kastanienbraune Hengst E m i r als Beschfler Verwendung. Dieser Hengst wurde 1814, wie Murana I 1816, von Baron Fechtig gekauft. Schon in den Befreiungskriegen diente er als Reitpferd des Konigs. Ober seine Abstam-

b

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rnung ist nicht sehr viel bekannt. E rn i r zeichnete sich rnehr durch seine Grofie, Starke und Schnelligkeit als durch seinen Adel aus. Seine Verdienste als Beschaler erwarb er sich in der Hauptsache im Halbblut und da be- sonders in Kreuzungen rnit Yorkshire-Stuten. Herr von Biel, ein starker Gegner des Arabers, sagte, dafi die Abkornrnlinge des arabischen Hengstes Emir vortreffliche Pferde und wahre Ideale von Landbeschalern waren. Seine Fohlen erreichten, wenn man ihrn etwas grofie Stuten zuteilte, bis zurn funften Jahr gewohnlich eine Hohe von 1,70-1,75 rn und vereinigten rnit einem kraftigen Baue den eleganten Tri t t und Gang des arabischen Pferdes (A rn rn o n 1).

Ein 1819 nach ihrn aus der 0. A.-Stute S a r a gefallener Hengst, der ebenfalls den Namen E m i r fuhrte. war von 1923-1 831 als Hauptbeschaler im Landgestut Marbach aufgestellt. Er gehorte dern mittleren Wagen- schlage an und rnafl 1,65 rn, hatte einen runden Widerrist, schmale Brust, schwache Rohren, lange Lenden und schrnale Sprunggelenke. Ihrn gelang es in Marbach, aus der in W e i 1 gezogenen P r e t t y englischen Blutes einen Hauptbeschaler zu erzeugen. Dieser 1824 gezogene Hengst P a n war von 1828-1831 als Hauptbeschaler aufgestellt. Mit seiner Grofie von 1,7Y rn gehorte er dem g r o h Wagenschlage an. Wie der Vater war er leicht in den Rohren, hatte aber einen kurzen Riicken, gute Rippen und Sprung- gelenke.

Urn das Jahr I834 wurdr in Marbnch irn rnittleren Wagenschlaze der Hengst C a s t o r als Hauptbeschaler verwendet. Er wurde in W e i 1 1824 von dem 0. A.-Hengst E rn i r aus einer Stute mit 3/4 englischem Blute ge- zogen und erreichte e k e Widerristhohe von 1,76 m. Ein weiterer in \V e i I gezogener Sohn des E m i r 0. A. aus einer Smte englischen Blutes narneny Slamerkin J u p i t e r fand irn Jahre 1830 im starken Reitschlage in Marbach als Hauptbeschaler Verwendung, ging aber irn qleichen Jahr noch ein. Es war eia breiter und korrekt gebauter Hengst von 1,73 m Grofle (PENTZ 13).

Wie die obigen Erfolge beweisen, bewahrte sich der Hengst E m i r ir, der Zuchtung eincs grofieren Wagenschlages sehr gut und wurde bis 1825 zu diesern Zweckc in W e i 1 als Beschaler verwendet. Erst als ihm eine zu grofle Inzucht irn Wege stand, wurde er von den Beschderdiensten dis- pensiert. Dieses Reispiel beweist, dafl das Arabergestut W e i 1 keinen ge- ringcn Einflufi aui die Landespferdezucht ausubte.

Im Jahre 1817 gelang es, wieder durch Verrnittlung des Barons von Fechtig, die Zahl der original-arabischen Pferde zu erweitern. Nach den Angnben von D~~NKELBEKG belief sich dieser Zuwachs auf sieben Stuten, deren Abstanimung und Gestutsleistung nicht rnehr zu ergrunden ist, und auf die zwei Hengste B a i r a c t a r und T a j a r. Die Hengste gehorten beide der Rasse Saklavi-Djedran an. B a i r a c t a r bewahrte sich aufier- ordentlich in der Vollblutzucht und noch heute gibt: es keinen W e i 1 e r Araber, der nicht sein Blut, meist noch mit einer Anhaufung, fuhrt. T a j a r 0. A. war ein goldbrauner Hengst von edler und schoner Form, jedoch etwas fein uiid hoch in1 Fundament, sehr lebhaft und feurig irn Ternpe- rainent und von viel Leichtigkeit und Schneilkraft. Sehr haufig vererbte er sein rnangelhnfres Fundament. Seine Nachkornrnen waren durchweg sehr edel, ihres reizbaren, heftigen Temperamentes wegen aber in der Arbeit wenig geeignet. Dieser Fehler wegen wurde er 1827 an den Herzog von Meiningen verkauft, ohne bis dahin die W e i 1 e r Araberzucht beeinflufit zu haben.

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Konig Wtlhelm I. scheute keine Mittel, weiterhin allerbeste Blutstrome fur die Grundlage seiner Reinzucht arabischen Blutes zu bekommen. Durch Vermittlung seiner Gernahlin gelang es, in Verbindung mit dem polnischen Grafen Wenzeslas Rzemusky zu kommen. Im Auftrage des Konigs weilte der Graf zwei Jahre lang im Orient in der Wiiste von Palmyra. Im Jahre 3819 brachte er einen Transport von 8 Hengsten und 12 Stuten nach Livorno und von dort aus in das Gestut W e i 1. Die Zusamniensetzung des Transportes im einzelnen 1ai3t sich heute nicht mehr feststellen. Es sind nur noch Aufzeichnungen iiber die Pferde vorhanden, die sich in der Zucht einen Namen geschaffen hatten. Aus dem Transport der Hengste ist nur noch etwas uber den Hengst G o u m o u s c h B o u r n o u 0. A. in Erfah- rung zu bringen. Dieser Hengst, im Gestut auch nur Bournou genannt, gehorte der Rasse Saklavi-Djedran an, war ein mehr starker als edler Hengst. Diese seine Eigenschaften gepaart mit dem Adel der Stuten, machten ihn fur das Ziel der in den Anfangen steckenden W e i 1 e r Araberzucht so wertvoll. Wollte man doch ein hochedles, genugsames und ausdauerndes Pferd zuchten, das aber doch etwas groRer und kraftiger als die meisten Originalaraber war, dabei aber nichts von deren Adel und Trockenheit einbui3te. Also ein Pferd, das in dieser Zeit in die Landespferdezucht ubersetzt, ein leichtverkaufliches Produkt lieferte.

Eine wertvolle Erwciterung bedeuteten fur den kleinen Stutenstamm die zwolf Stuten aus dem Transport des Grafen Rzewusky. Dieser aus 10 Stuten und 2 Stutfohlen bestehende Transport traf am 19. August 1819 ein. H a i3 - f o u r a I aus der Rasse Saklavi-Gidran, brachte E 1 k a n d a I, das Pro- dukt eines unbekannten arabischen Hengstes, als Fohlen bei Fui3 mit. Von der Rasse Koheil waren die beiden Stammutter S c h a k r a I und G e y - r a n I. K a b r o n I konnte in der Zucht nur durch einen Hengst hervor- treten. Von A b u 1 u 1 u wurde anfanglich sehr vie1 gehalten, es gelang der Stute aber nicht, sich durch ihre Nachkommen im Gestutsbetrieb dauerhaft vertreten zu lassen. Die weiteren Pferde dieses ausgedehnten Transportes lassen sich heute nicht mehr in Erfahrung bringen. Jede Gelegenheit wurde von dem Koniglichen Begrunder wahrgenommen, um sein Gestut mit den besten arabischen Blutstromen zu vervollkommnen. So gelang es im Jahre 1821 durch Baron Fechtig der Stutenherde weitere wertvolle Stutzen anzu- gliedern. Aus dem Stamme Seglavi kam H a m d a n y nach W e i 1. Im Gestiit des Barons Fechtig war sie von einem Araber namens S c h w a r z e n - b e r g aus Babolna gedeckt und hochtragend auf die Reise geschickt worden. Rei TJlrn a./D. erblickte das Stutfohlen S a a d y III das Licht der Welt und kam als Fohlen bei Fui3 mit ins Gestiit. Bei dem Transport befand sich noch C z e b e s s i e I, die sich aber in der Zucht nicht erhalten konnte. ATach Dr. JAGER belief sich der Bestand an rein arabischen Pferden 1822 in den Gestutshofen von W e i 1 auf:

18 Original-arabische Mutterstuten, 1 im Gestut gezogene Mutterstute rein arabischen Blutes,

10 rein arabische Hengstfohlen im Alter von 1-5 Jahren, 1 3 rein arabische Stutfohlen ini Alter von 1-5 Jahren. Nach den guten Erfahrungen, die mit der Akklimatisation, der in

S c h a r n h a u s e n aufgestellten Nationalaraberstuten geniacht wurden, brachte man 1824 samtliche arabische Mutterstuten nach S c h a r n h a u s e n.

Im Jahre 1826 wurde durch den englischen Konsul Baker in Aleppo ein Iiengst und eine Stute gekauft. Der Hengst S e g 1 a v i war ein Fuchs von dem im Jahre 1846 Dr. JAGER berichtet: ,,Seglavi war ein alter, tuchtiger

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Beschaler, der noch dann und wann eine Stute deckt, aui3erdem zu dem Dienst eines Probierhengstes degradiert ist." Von seiner Nachzucht ist aber schon 1864 nichts mehr im Gestutsbetrieb vorhanden. Die aus demselben Transport stammende Schimmelstute K a a b a sol1 von ansehnlicher Grofle gewesen sein (JAGER 8). Ihre Nachkommen waren nicht lange im Gestiit vcrtreten. Beide, besonders der Hengst, haben sich im Gestut gut vererbt, jedoch mehr in der Zuchtung von Gebrauchspferden (HUGEL 7).

Bei einem Aufenthalt in Frankreich kaufte Konig Wilhelm I. im Jahre 1827 von Herrn Massaik in Marseille die Stute S a f r a I. Sie war ein Schwarzschimmel von einem unbekannten arabischen Hengste aus der C z e - b e s s i e 11; die ein Jahr spater fur das Gestut angekauft wurde. Czebessie I1 war eine Rappstute und wurde von demselben Besitzer wie ihre Tochter erworben. Schon in der ersten Generation wurden alle Araberprodukte in W e i 1 groi3er und in den Knochen starker, ohne jedoch ihren hochedlen T y p zu verlieren. Baron von B i e 1 , der selbst ein tuchtiger Pferdekenner und Zuchter war, sich aber mehr in der anglomanen Richtung betatigte, auflerte sich 1828 wie folgt: ,,Alle Pferde zeichneten sich durch guten Gang, reine Sehnen und Knochen vorteilhaft aus. Die vortreffliche Haltung, die unend- liche Aufmerksamkeit und die groflen Mittel, welche dem Gestut zu Gebote stehen, lassen hoffen, dafl die notwendige Groi3e und Starke bald erlangt sein wird. Der immer groi3er und starker werdende Nachwuchs berechtigt zu dieser Hoffnung." Zur selben Zeit besuchte der beruhmte Hippologe Graf von V e 1 t h e i m , die Gestutshofe, die er schon acht Jahre vorher besuht hatte. Er aui3erte sich: ,,Die richtigen Grundsatze und die grofle Sorgfalt, womit die Gestute behandelt werden, sind genugend bekannt. Deshalb konnte ich mich uber die Fortschritte, die seit 1820, wo ich sie zuletzt sah, nicht wundern. Sie haben das Problem einer rein orientalischen Zucht im nordlichen Europa, dadurch, dafl schon in der ersten Generation, ohne in den edlen Formen im mindesten zuruckzugehen, an Groi3e und Knochenstarke so auflerordentlich gewonnen wurde, auf das erfreulichste gelost." Der Gedanke, der dem Grunder in den Anfangsjahren von W e i 1 vorgeschwebt sein mag, spiegelt sich immer wieder in der Absicht, beim Ankauf eines neuen Z u h t - tieres, moglichst schon vie1 Masse mitzubringen. So brachte 1833 der Handler G 1 i o c h 0 , der zu seiner Zeit eine beachtliche Rolle im Handel mit ara- bischen Pferden spielte, einen Transport nach W e i 1. Dieser bestand aus der braunen Stute M a b u b a , welche einer englischen Vollblutstute im Modell sehr ahnlich war (JAGER 8). Demselben Transport war C h a b a n I angeglie- dert. Es war ein sehr edler Schimmelhengst, gedrungen, untersetzt und von groi3er Schnelligkeit (RUEFF 9). Er verschwand genau wie die Stute nach einigen Jahren aus dem Gestutsbetrieb.

Das Gestut war durch die getatigten Ankiufe und die standig sich er- hohende Zahl des Nachwuchses auf eine solche Hohe angewachsen, wie es ursprunglich nicht geplant war. Durch die dabei mogliche sorg- faltige Auswahl seines vorhandenen Zuchtmaterials errang sich W e i 1 eine gesteigerte Lebensfihigkeit. Bewahrte sich ein arabisches Pferd in W e i 1 nicht, sei es in seinen Nachkommen auch bei eigener vermeintlicher Voll- kommenheit oder war seine Fruchtbarkeit nicht genugend, so wurde es rucksichtslos ausgemustert. Edle und in ihrer Nachzucht erfolgreiche Pferde wurden dagegen, durch die Langlebigkeit der Araber begunstigt, solange wie irgend nur nioglich zur Zucht verwendet. Die Hengste waren in der Nachzucht nun schon so geraten, dai3 sie die Eltern an Grofle, Starke und

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K nochenreinheit, ganz abgesehen von dem Vorteil der Akklimatisation, iibertrafen und aus ihren Reihen gute Beschaler gewahlt werden konnten.

Die von der Zucht ausgemusterten Tiere fanden bei den Offizieren der Wiirttembergischen Reiterei und auch bei Privaten guten Absatz. Trug nun anfanglich die Grundung der arabischen Reinzucht in der Hauptsache dcr Leidenschaft des Konigs Rechnung, so war doch in den folgenden Jahren dadurch die Zucht des edlen Pferdes im Lande gefordert worden. Neben dem Verlangen nach einem edlen und leichten Pferde war fur die weitere Entwicklung der Araberzucht, die vom Begrunder richtig erkannte Scholle gunstig. Hier im Neckartal und besonders auf den angrenzenden Hohen nach S c h a r n h a u s e n hat der Araber nichts an Schonheit und Adel ver- loren, auch ohne Wiistenluft hat der W e i 1 e r nicht aufgehort, Araber zu sein.

Seine Leistungsfahigkeit bewies das in Wurttemberg gezogene Araber- pferd im Koniglichen Dienst. Seine Ausdauer und das Temperament als Reitpferd war ausgezeichnet. TEglich fuhr sie der Konig vor seiner soge- nannten ,,Droschke" oft auf groi3en Touren in schneller Gangart, und sie bewahrten sich dabei nicht minder. Die immer im Herbst abgehaltenen Pferderennen fuhrten durch die immer groRer werdende Beteiligung im Juni des Jahres 1934 zur Grundung des Wiirttembergischen W e t t r e n n - v e r e i n 9. Das im Rennen der arabischen Pferde zu tragende Gewicht lag zwischen 55 und 70 kg. Eine Strecke von 2815 m wurde in 3 : 50 bis 4 : 30 Min. zuruckgelegt. Spater wurde die Entfernung auf 1762 m ver- kiirzt. Diese Distanz ist aber fur ein Araberrennen viel zu kurz, werden doch dabei die Eigenarten des arabischen Pferdes, namlich Harte und Aus- dauer, uberhaupt nicht gepruft. Diese Rennen trugen deshalb auch nur ge- sellschaftlichen Charakter und konnten nicht der Zuchtauslese dienen. Die Leistungsprufung zur Zuchtauslese fand bei den W e i 1 e r Arabern im Kgl. Marstalle statt. Man kann auf diese Weise, wenn szmtliche Pfcrde unter eiiier Bedingung eehalten werden, viel sicherer urteilen, als wenn Rennen unter ganz verschiedenen Stallbedingungen gelaufen werden. Diese Methode ubrigens wird auch in Babolna bei der Auslese der arabischen Pferde geubt und wurde schon von einigen Herrn des Verbandes der Ziichter und Freunde des arabischen Pferdes zur Wiedereinfuhrung vor- geschlagen.

Wahrend A b b a s P a s c h a , einer der damaligen bedeutendsten Ara- berzuchter, die Inzucht gegenuber Stallmeister v o n H u g e 1 vollkommen ver-sarf, befaate man sich in W e i 1 schon sehr friihzeitig mit der Inzest- und Inzucht. Dieser Weg war bei der Grundung noch nicht als die mai3- gebende Grundlage vorgesehen, sondern verschaffte sich selbst durch die Gute seiner Produkte nachdruckliche Geltung. Bewiesen auch die Erfolge, dafi Inzucht unter Umgehung einer allzu hfufigen Inzestzucht in ausge- dehntem Mafle moglich ist, so waren doch laufend Neuanschaffungen an Hengsten, vereinzelt auch an Stuten ratsam, wenigstens so lange, bis ein genugend grofler und guter eigener bodenstandiger Stamm von Muttcr- stuten sich angesammelt hatte.

Der wurttembergische Veterinar und Kegimentstierarzt Dambly wurde im Jahre 1836 zusammen mit einigen Untergebenen nach dem Orient ge- schickt, um im Auftrage des Konigs arabische Pferde, wenn moglich solche des Emir Beschir, zu kaufen. Die Pferde des Emir Beschir schienen der Gcstutsverwaltung deshalb so wertvoll, weil sie ihrer Grofle und StErke m-egen bekannt waren. Nach langerem Aufenthalt im Orient kehrte Dambly

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mit vier Hengsten und einer Stute zuriick. Die Hengste A b o u A r c o u b ein Schimmel, D a h m a n ein Fuchs, 0 b e y a n und T a y a r zwei Braune, die bei dem Drusenfiirsten Emir Beschir gekauft wurden, schieden schon nach einigen nicht geniigenden Versuchen aus der Zucht aus. Die Stute des Transportes S c h a k r a IV war eine sehr edle, kr'iftiqe und gutgehende Schimmelstute. Sie mafi 1,65 m Widerristhohe, brachte gute Nachkommen und blieb lange Zeit im Gestiit. Ihr Blut blieb trotzdem nur verhaltnismaflig kurzr: Zeit erhalten.

Bei der Auflosung und dern Verkauf des Hofgestiites H a m p t o n C o u r t nach dem Tode Konig Wilhelm IV. von England, lief3 1838 Konig Wilhelm I. zwei der besten Hengste aufkaufen. S u I t a n ein Rapphengst galt als einer der edelsten arabischen Pferde, die je nach Europa kamen. Er war ein Geschenk des Jman von Muskat an den Konig \Vilhelm IV. von England. Seine Nachkommen besai3en das Feuer und den Geist des Vaters, waren aber selbst nicht so edel, zeichneten sich aber wie er durch besondere Schnelligkeit aus. Seine Produkte fanden aus diesen Griinden nur im Leib- stall eine gute Verwendung. Das zweite Pferd dieses Transportes war der hochedle Schimmelhengst P a d i s c h a h I. Er war friiher Eigentum des Hauptlings des arabischen Stammes Montefik. Er lieferte sehr edle, aber zu feine Fohlen, was seiner ausgedehnten Verwendung im Wege stand. Be- friedigendere Erfolge sol1 er im Halbblut erzielt haben.

Wahrend in diesem Zeitabschnitt die selbstgezogenen Hengste sich aufs beste bewahrten, so versagten doch alle in diesen Jahren, teilweise unter den besten Voraussetzungen, angekauften Beschaler. Trotz dieser offensicht- lichen hlif3erfolge ruhte man aber nicht, weitcres Originalmaterial nach W e i 1 zu bekommen. Im Auftrage des Konigs reiste daher 1840 Freiherr von T a u b e n h e i m nach dem Orient. In Damaskus erwarb Taubenheim den Fuchshengst C h a ni I. Es war ein kleines, kraftiqes, feuriges und sehr edles Tier voll Geist und Leben, allerdings im Fui3bau etwas 7u leicht (RUEFF). Seine Nachkommen waren im allgemcinen sehr leistunqsfihig, aber in der Arbeit etwas diffizil. Da im groflen und ganzen seine Nachkommen nicht befriedigten, wurde er 1851 nach Italien verkauft. Das zweite Tier des Transportes wurde im Libanon erworben, es war die Stute B a a 1 b e k. Sie war grofl und stark und fie1 ihrer Schnelligkeit wegen besonders auf. Zur Zeit des Kaufcs war sie hochtragcnd, fohlte noch wahrend der Reise und brachte ein Fohlen bei Fuf3 mit ins Gestut. Sie konnte sich abcr auch nicht init ihren Nachkommen im Gestiit erhalten. Frciherr von Hugcl erwarb im Jahre 1847 von dem polnischen Grafen Ro7wadowsky in Galizien den Schimmelhengst D z e 1 a b y. Der Hengst stamnite aus der Familie Koheil und gehorte fruher dem Pnscha von Medina. Uer Hengst hatte einen stzrken. groflen Korperbau, dabei edle Forrnen. Die Kruppe war mfchtig, nur in der Bewequng der Vorderglicdmnfien war cine kleine Unregel- niafligkeit (RUEFF 9). Er deckte bis zu seinem Tode 1854 Voll- und Halb- blut. Viele Nachkommcn von ihm mit solidem Geb3ude fanden in Zucht und Gebrauch Verwendung.

Nachdem seit dem Jahre dcr Griindung 1817-1 852 Freiherr Philip von Gemmingcn mit der unniittelbaren Leitung und Beaufsichtigung des ziic-hterischen Betriebs beauftragt war, trat 1852 Freiherr Julius von Hugel an seine Stelle. Es ist ein groiSer Verdienst von Gemmingen, in so trefflicher Veisc den Aufbau der Araberzucht gelost zu hnben. Unter sciner Leitung wurden die Versuche bci der Aufzucht der Araberfohlcn in Fiitterung und Haltung gemacht. Er erkannte, daiS S c h a r n h a u s e n die besscren Weiden

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hntte und klirnatisch fur die Araberstuten bescer geeignet war. Die Leitung des Gestutes blicb weiterhin in der Hand von Konig Wilhelm I.

Bei einer Reise nach Aegypten erwarb von Huge1 in Chabra bei Kairo aus cleni Gcstut Abbas Pascha zwei Stuten. K o h e i 1 - A g u s e , cin gut gebautes Tier mit hochedlem Ausdruck und grofier Schnelligkeit aus der Passe Koheil-Adjouz. Sie war von einem unbekannten Araberhengst trngend und brachte 1853 ein Fuchsstutfohlen naniens S a i d a. Ihr gelang es in \XI e i 1 eine besonders fur Babolna bedeutende Familie zu griinden. Wegcn starker Melanosenbildung wurde Koheil-Aguse 1861 verkauft.

Von derselben Quelle wie die vorige kam die Schimmelstute S a k 1 a v i a. S;e gehorte der Rasse Saklavia-Djedran an, konnte sich aber mit ihren Nach- kommen nicht durchsetzen. Als Gegengeschenk fur die von Hugel uber-

2 3 r i f , nach dcm Leben gezcichnet von E. V o 1 k e r s

gebenen Pferde aus W e i 1 an Vicekonig Abbas Pascha kam 1852 der Originalaraber- Hengst H e d b a n ins Gestut. Er gehorte dern Stamme der Aneza Saaba an und war ein regelmaflig gebautes Pferd von hellbrauner Farbe, edlen Formen und guten Gangen (RUEFF 9). Er deckte nur ein Jahr und starb wahrend der Deckzeit 1853, was um so be- dauerlicher war, weil seine Nachkommen sehr edel waren und sich gut bewahrten. Von den wenipen von ihm "

iin Gestut gezeugten Produkten konnte keines sein Erbe weiterfuhren. In dem Privatgestut Tarputschen in Ostpreuflen erwarb Stallmeister

Fischer den funfzehnjahrigen Silberschimmelhengst Z a r i f . Furst Puckler- MusLau hntte diesen Hengst als Jahrling in der Wuste gekauft. Wcnn auch einzelne Teile, wie Stellung der Sprunggelenke, nicht ohne Tadel waren, vererbtc sich Zarif recht gut. Als Hauptbeschaler in Trakehnen hinterliefl er gute Produkte und war auch in W e i l in der Voll- und Halbblutzucht tgtig. Einer seiner W e i 1 e r Sohne, Y o u n g 2 a r i f aus der Amurath 1829- 7 ochter Elkanda V, fand im Landgestiit ILfarbach als Hauptbeschiler Ver- u cndung. Es war ein fiir arabisches Vollblut sehr starker, goldbrauner Hengst n i i t guteni Fundament und vie1 Gang. Der von ihm gezeugte Hengst Vvlliersnin trat spater an seine Stelle als Iiauptbeschalcr. Durch die sich ba!d duauf geltend machende Veranderung in der Zuchtrichtung kam dieses Blut rasch fast ganzlich aufler Benutzung. N u r dem Festhalten der Alb- baucrii a n den1 edlen Blute is t es zu verdanken, dafl noch heute in den Linien Zinca-Romulus das Blut von Zarif flicflt. Am einleuchtendsten l int sich der Fortschritt des Gestiites mit den nachfolgenden Worten und Znhlen beweisen:

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434 M E I S S

Schon ]angst hatte die alljahrliche Aufzucht die Anzahl Pferde, die dem Bcdarf des Gectiites als Zuchtmaterial und des Kgl. Marstalles als Gebrauchs- pferde entsprach, iiberschritten. Deshalb fand alliahrlich in Verbindung mit dem Stuttgarter Pferdemarkt im April ein grGf3erer Vrrkauf statt. Im Sep- tember fand ein zweiter Markt in W e i 1 selbst statt, der jedoch nicht so unifangreich war.

In den ersten Jahren wurden sehr vie1 Ausmusterer zu diesen Ver- ksufen angeboten. Bei der jetzigen Qualitat und GroRe des Gestutes geriet diese Gruppe sehr in die Minderheit. Die weitaus grof3te Zahl der zum Ver- kauf komrnenden Pferde bestand nun aus qualitativ hochwertigen, aber uberzahligen Pferden.

Wie im Laufe der Jahre bei den Kaufern die im Gestut gezogenen Pferde ini Werte stiegen, m q folgende Liste beweisen, die gleichzeitig als das Giitebarometer von We i 1 bezeichnet werden kann.

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bischen Pferden meist zu wunxhen ubrig liiflt, die Lange des Halses und die tiefen schrigen Schultern, die lange Kruppe, Reinheit der Beine, Stirke der Sehnen und ganz besonders normale Stellung der Sprunggelenke und Hinter- beine, helen jedern Kenner auf (HUGEL 7). 1866 ging der Hengst jedoch schon ein, noch vie1 ZLI wenig ausgenutzt.

Die bei derselben Auktion gekauften Stuten D a c h m a , cine Schim- mclstute aus dem Stamme Dachman el ChLihouan, D o 11 e b a vom Stamme Saklavi-Djedran und M o r e g h i a vom Stamme Saklavi-Moreghi, traten durch nichts hervor.

Freiherr von Huge1 berichtet von der Zucht des arabischen Pferdes in 1. e i 1 : .,Das in W e i 1 gezogene arabische Pferd gibt dern Originalaraber an Schonheit und Adel nichts nach, es hat sogar an Griifle zugenommen und an Regelmffligkeit seiner Stellung gewonnen. Ersteres mag Folge des reich- licheren und nahrhafteren Futters und iiberhaupt der besseren Pflege sein; letzteres schreibe ich der richtigen und sorgfaltigen Auswahl der Zucht- tiere zu. So schiin auch das hier gezogene arabische Pferd sich erhalten hat, so vollkommen es auch allen unseren praktischen Anforderungen ent- spricht, so wenig es auch in den aufleren Formen sich verEndert hat, SO hat doch das arnbische Pferd der Wuste in seinem Blick, dem eigentumlichen Metallglanz des Haares, in der Derbheit seiner Muskeln, in dem Stahle seiner Sehnen und Hufe, in dem eigentumlichen Feuer seines Temperaments etwas Charakteristisches, was es vor jenem - gemeint ist dabei das W e i 1 e r - auszeichnet. Gleichwie der wahre Kunstkenner das Original des beriihmten alten Meisters von der gelungensten Kopie auf den ersten Blick unter- scheidet, ebenso wird auch der Kenner des arabischen Pferdes den Arnber der Wiiste leicht von dem hier gezogenen unterscheiden, denn stets wird die Kunst nur wenig gegen die Natur vermogen."

Diese von Konig Wilhelm I. (1817-1 864) geschaffene Grundlage muflte in der Regierungszeit Konig Karls (1 864-1 891) eine Reformation iiber sich ergehen lassen. Veranderte Geschmacks- und Gebrauchsrich- tungen, vor allem die veranderte Art der Bodenbebauung, brachte die Ver- neinung des leichteren und edlen Pferdes bei einem groflen Teil der Zuchter init sich. Diese allgemeinen Bediirfnisse der Landespferdezucht wirkten sich auch auf die Entwicklung des Koniglichen Privatgestutes aus. Aus dieseni Grunde sah man sich 1873 genotigt, das Gestut zu verkleinern und dabei fie1 die Wahl 'iuf den Hengstfohlenhof I< 1 e i n - H o h e n h e i m. Schon seit der Griindung litt Klein-Hohenheim ganz besor.ders unter den Verlucten durch die Borna'sche Krankheit (Meningoencephalomyelitis enzo- otica Simplex?. die neben der Abgelegenheit von den iibrigen beiden Ge- stiitshofm den Ausschlag fur die Wahl gaben. Der jetzt eintretende Platz- niangel in den iibrigen Gestutshofen fuhrte zur ersten Reduzierung in der 3lutterstutenherde. Freiherr von Hugel wurde 1871 in seiner Stellung von Herrn von Rantzau abgeltjst.

Nach Jahren der Inzucht, in Jcnen Leine Ncuanhaufe crfolgten, kam i S76 cine angrnehme Blutauffrischung in die Herde. Sever Pascha schenkre 'XI e i 1 aus seinem Gestut in Aegypten zwei Originalarnberhengste. Das Ge- sclienk bestand aus dem Schimmelhengst D j e r i d , der bis zu seinem Tode 1830 als Beschaler im Ckstiit Verwendung fand und dem Rappen S c h e i k. Letzterer wurde ebenfalls als Beschaler benutzt, bis e r irn Jahre 1893 ein- ging, konnte sich aber nicht so entscheidend durchsetzen wie Djerid. Im

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J.ihre ISSO wurde die Stelle des Ersten Stallmeisters an den Grafen von Gronsfeld vergeben.

Wzhrend dieser Zeit stand W e i 1 im Rufe, das bedeutendste Araber- gestut des Kontinents zu sein. Dies findet auch in den auflerdeutschen Ein- kiufen, die arabische Pferde oft schon vor ihrer Reife aus W e i 1 holten, seine Bestfftigung, Nirgendmo fand man eine ebensolche Herde edelster Araber, die in jhren 5ufiercn Formen so konsolidiert waren und oft schon bis zu neun Generationen auf der gleichen Scholle gezogen wurden. Knochen- stfrke, wie sie bei dieTer Pferderasse nur selten gefunden wird, gekoppelt mit dem Adel und der Trockenheit des Wiistenarabers, machten sie iiberall begehrenswert. Nicht weniger einheitlich wie die augeren Formen in der Herde war der Aufbau des Pedigrees. Besonders deutlich kommt dies seit der Nachzucht von G a d i r zum Ausdruck. Fur diese grofie Einheitlichkeit ist in der Hauptsache der seit Gadir fast ganz sistierende Neuankauf von Zuchttieren verantwortlich. Gadir konnte somit seine Produkte unum- schrfnkt auf einer mit grofizugigen Mitteln geschaffenen Grundlage er- zeugen. Mit diesen Produkten trieb man wieder eine Inzucht auf Bairactar iiber den selbst stark auf B a i r a c t a r 0. A. stehenden S e g 1 a v i 1864. Diese Nachzucht zeichnete sich besonders durch brauchbare Stuten aus, die in der Mutterstutenherde Aufnahme fanden. U m einer zu starken Inzucht aus dem Wege zu gehen, verwendete man in der weiteren Folge fur den groflten Teil der Mutterstuten den Hengst D j e r i d 0. A. Dieser zeugte auf der von Seglavi 1864 gezeugten Grundlage seine besten Produkte. Die Tochter, welche dieser Kreuzung entsprangen, wurden nun wieder in der Hnuptsache mit einer Anlehnung an die Inzucht auf Bairactar 0. A. rnit bestem Erfolg A m u r a t h 1881 zugewiesen. Der Hohepunkt des vom Griinder der W e i 1 e r Araber angestrebten Einflusses auf die Landespferde- zucht fallt ebenso in diese Zeitspanne und ist in qualitativer Hinsicht durch den ins Halbblut iibersetzten A m u r a t h 1881 errelcht worden.

Auf dem Hijhepunkt dieser Bliitezeit verminderten verznderte Ge- schmacks- und Cebrauchsrichtungen den Absatz in der arabischen Rein- zucht. niese Umst5nde brachten es mit sich, dafl sich das arabische Vollblut nicht mehr weiter ausdehnen konnte.

Unter diesen Voraussetzungen und mit einer besonderen Vorliebe fur das Englische Vollblut, iibernahm Konig Wilhelm 11. 1891 mit dem Thron auch die Leitung des Privatgestutes W e i 1. Bei seiner Regierungsubernahme ernannte er Geyr von Schweppenburg zum Oberstallmeister in W e i 1.

Die Aufnahme des Englischen Vollblutes und die Erweiterung der , ,Schn~-zen Zucht" gaben zu einer weiteren Reduzierung im arabischen Vollblut Anlafi.

Als Geschenk zum Regierungsantritt schickte 1893 der Sultan der Tiirkei Konig Wilhelm II. die original arabische Stute J b r e t. Sie wurde aber nach einigen Versuchen in der Zucht als untauglich ausgeschieden.

Ebenfalls als Geschenk des Sultans der Tiirkei traf 1894 der braune original-arabische Hengst P a d i s c h a ein. Er wurde von 1894-1898 als Beschaler verwendet. Seine Fohlen aber waren meist schwachlich und starben hiufig jung. N u r 52 O/o seiner lebend zur Welt gekommenen Fohlen erreichten die Zuchtreife. Seine zuchtreifen Produkte miissen aber kui3er- lich sehr versprechend gewesen sein, weil sie alle sehr stark zur Zucht ver- wendet wurden.

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A r a b e r z u c h t i m P r i v a t g e s t i i t W c i l 437

In der verkleinerten Herde wurden immer mehrere Beschaler ver- wendet. Darunter litt vor allem das einheitliche Bild der erzeugten Produkte.

Abgesehen von den Geschenken, fand im Jahre 1897 die erste Neu- crwerbung seit dem Tode Konig Wilhelms I. statt. Im Landgestiit Redefin wurde die Fuchsstute S m y r n a mit ihrem 1894 dort geborenen Sohne S o u a k i m gekauft. Sie war in der Wiiste von einem unbekannten ara- bischen Hengst, eben mit Souakim, tragend erworben worden. Beide wurden lznge Zeit als geschatzte Pferde im Gestut gehalten.

Vom Koniglichen Leibstall wurde 189s der in1 Kaiserlich Turkischen Gertiit Kiat-Hane geborene Fuchshengst D j e i 1 a n gekauft und ein Jahr spater dem Gestut zur Verfugung gestellt. Er sol1 dc-r Rasse Koheil el Adjouse angehort haben. Ohne in W e i 1 in der Zucht vie1 Erfolg zu haben wurde er 1905 an Baron Pfeiffer nach Visnjevci verkauft und war dort sehr erfolgreich, obwohl ihm dort in der Hauptsache auch nur W e i l e r Stuten zugefiihrt wurden.

Jm Jahre 1901 fanden die Mutterstuten des arabischcn Vollblutes, deren Stiickzahl auf ungefihr 10 herabgesetzt wurde, wieder in S c h a r n - h a LI s e n Platz. Diese starke Reduzierung hatte zur Folge, dai3 man ge- zwungen war, die Nachzucht schon vor der Rcife zu verkaufen. Dnbei mui3te aber die Auslese Mange1 leiden, weil die Pferde meist ohne vorherige Priifung ihres Zuchtwertes verkauft wurden.

Als nach zwdfjahriger Gcstiitstatigkeit Souakim nur noch beschrankt verwendet werden konnte, sah man sich in W e i 1 vor die Aufgabe gestellt, einen brauchbaren Beschaler zu suchen, wEhrend viele geeignete Hengste in jugendlichem Alter das Gestut verlassen hatten. Tricb man in W e i 1 einerseits auf das unbekannte Blut der Smyrna und Souakim Iiizucht, so schien man sich auf der anderen Seite vor der Inzucht mit dem altbewahrten Blut zu scheuen. Es ist dies um so betrublicher, als dadurch die mannliche Linie von Bairactar in W e i 1 zum Aussterben gebracht wurde. Im Tausch niit Souakim kam aus dem Gestiit Visnjevci des Barons Leopold Pfciffers D e m i r K a j a nach W e i 1. Er war ein Produkt von Djeilan 0. A. aus der \Yr e i 1 e r Amurath 1881-Tochter Sakuntala. Erst in spiteren Jahren fand er in der Zucht in %' e i 1 Verwendung.

1908 von Seladon 'I. d. Smyrna 0. A., kam 1913 .IUS dem Landpestut Gudwallen D a r d z i 1 i n g nach W e i 1. Der Hengst wurde voni Fursten Sangusko am 20. Oktober 1903 im Gestiit Crystowka (Slawuta) gezogen. Er war 1,54 m groi3 und kastanienbraun. In W e i l war er von 1914-1917 als BeschSler t i t ig . In diesen wenigen Jahren bewahrte er sich in \J(r e i 1 als Stutenvater sehr gut.

Nach dieser erfolgreichen Tatigkeit ging Dardziling schon im Jahre 1917 im Tausch mit dem dortigen Hauptbeschiler D j e i r a n , einem Tekeh Turkmenen, nach Trakehnen. Durch die Unkenntnis des damaligen Ersten Stallmeisters Herrn von Lippa gefordert, wurde er in W e i 1 bis 1929 in der Zucht beniitzt und erst 1932 getotet. Seine Produkte wurden des geringen Adels wegen aus der Herde heraus schon von weitem erkannt.

Vollblutaraber aus dem Gestiit W e i 1 bewiesen wahrend des Krieges jm Einsatz als Dienstpferde ihre QualitGten und erbrachten durch ihre Harte. Ausdauer und Treue den Beweis, dai3 sie in den vielen Generationen ,,ohne Wustenluf t" noch in keiner ihrer begehrenswerten Figenschaften eingebiiflt hatten. So kam S o 1 d a t e s k a 191 1 v. Souakim 1894 a. d. Sylphide 1 nach absolvierter Dienstzeit wahrend des Krieges, anschliei3end

Auf dem Tauschwege gegen den braunen Hcngst S o n n t a

2. f . Tieriuchtg u Zud~tgslirol. RtI .59 Hrft 4 29

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ins Gestiit und erwies sich dort als fruchtbare und gute Mutter. Nach Ende des Krieges zog auch D y n a m i t 1902 v. Souakim 1894 a. d. Dueba in den Beschalerstall ein. Unter dem Erbprinzen Hermann zu Wied hatte er den Weltkrieg in RuRland mitgemacht. In den ersten Jahren seines Gestuts- lebens befruchtete Dynamit schlecht, bis er sich mit seinen sechzehn Jahren akklimatisiert hatte. Nach diesem anfanglichen Mange1 war er aber bis in sein hohes Alter sehr fruchtbar, blieb bis zu seinem 28. Lebensjahr im Gestut aufgestellt und wurde erst 1935 mit 33 Jahren altershalber getotet. Seine Fohlen waren alle kraftig mit starken Knochen, hstten aber meist edler sein durfen.

D e m i r K a j a blieb bis zum Jahre 1920 verpachtet. Erst jetzt wurde er im Tausch mit Sven Hedin aus Trakehnen zuruckgenommen. Dor t war er als Hauptbeschaler einige Jahre tatig und bewahrte sich von den aus W’ e i 1 dorthin gekommenen Arabern am besten und konnte sechs Land- beschaler hinterlassen. Es war ein sehr edler Fliegenschimmel rnit Kroten- maul. Noch als Zwanzigjahriger wurde Demir Kaja iiach Polen verkauft.

In der Zwischenzeit war das lebende Inventar des Gestutes W e i l - S c h a r n h a u s e n an die Tochter des verstorbencn Konigs Wilhelm II., Furstin zu Wied. ubergegangen.

Tm Tausch mit S a i d , einem Dynamit-Sohn a. d. Sardine, kam der 2ljahrige K o h e i l a n IV aus Babolna nach W e i 1. Tro tz seines Alters wxr der hochedle Schimmelhengst immer noch trocken. Ein Araber, wie er in der Oberlieferung lebt, mit kleinem ausdrucksvollem Kopf, kraftiger, gerader Kruppe, hochangesetztem Schweif und korrekten, kraftigen Sprung- gelenken (RAU 14). In den wenigen Jahren seines Wirkens im Gestut hinter- lieR er aus der kleinen Herde eine game Reihe von wertvollen Stuten, die alle sehr edel waren und vie1 Charme hatten, aber doch von der Mutter her noch das genugende Mafl Knochen bekamen.

Es gehorte in dieser wirtschaftlichen Notiei t Mut dam, Araber in Reinzucht zu zuchten. W e i 1 brachte den Mut auf und wurde durch die Mijglichkeit der Ausfuhr seines gesuchten Materials belohnt. Die Mutter- stutenherde wurde 1925 noch einrnal auf 14 Stuten erhoht. Durch die Fjnkaufe polnischer Gestute in den Jahren 11928 und 1929 wurde W e i 1 wieder auf den alten Stand gebracht und die uberzahligen Stuten mit noch einigen Jungstuten und Hengsten verkauft.

Der Initiative und Liebe der Furstin zu Wied zu ihren Arabern gelang es 1930 durch Vermittlung von C. R. Raswan, einen Originalaraberhengst aus Aegypten zu bekommen. Es war dies der funfjahrige Hengst J a s i r aus der Rasse Koheilan-Jellabi. Der Schimmel stellte das robuste Model1 des Koheilan-Typs dar. Sein duffallend kurzer, kleiner Kopf zeigte eine stark gewolbte, breite, lanqe Stirn. Die Nasenlinie war stark konkav, die Nustern und Augen groi3, die Ganaschen diskusformig. Der Hals war etwas kurz, was seiner Rassenzugehorigkeit entsprach und sehr muskulos. Die Schulter war mfchtig und geniigend schrag, die Brust breit und stark bemuskelt. Sein Rucken war geniigend lang, die Rippen tonnenformig ausladend. Nach gutern Schlui3 der Lenden fiel die lange Kruppe mit dem hohen Schweif- ansatz auf. Im ganzen machte der Hengst einen kleinen, gedrungenen Ein- druck. In der Box zeigte er ein gutmiitiges Temperament, das sich im Freien, besonders unter dem Sattel, anderte. Dabei fiel sein schlechter pony- artiger Trab auf, der ihm aber nicht schwer anzukreiden ist, weil seine ge- samten Produkte ihn hierin ubertreffen. Die Schimmelfarbe besai3 e r homozygot.

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J a s i r , von dem man sich ein Wiederaufbluhen der W e i 1 e r Araber- zucht erhoffte, traf in W e i 1 ein, als das 1929 begonnene Verfohlen dort seinen Mohepunkt erreicht hatte. Tro tz den langsam sich einstellenden zuchterischen Erfolgen war es kaum mehr moglich, die niedrigen Verkaufs- preise mit den steigenden Futtermittelpreisen und hohen Lohnen in der Industriegegend in Einklang zu bringen. Aus diesen Grunden mui3te W e i 1 - S c h a r n h a u s e n 1932 aufgelost werden. Cin testanientarischer Beschluf3 Konig Wilhelm I. verbot, daf3 die Zucht aufgelost wurde und damit dem Wurttembergischen Staat verlorenginge. So entschloa sich die Gestuts- herrin schweren Herzens, die gesamte Araberzucht an das Wurttembergische Landgestiit Marbach a. d. Lauter abzugeben. Es war das Verdienst des da- maligen Ordinarius fur Tierheilkunde und Tierzucht an der LandwirtschAft- lichen Hochschule in Hohenheim, Prof. Dr. h. c. Sohnle, des Oberregierungs- rates Hoffrmnn und des Landoberstallmeisters Stortz, der historischen Araberzucht im Wurttbg. Staatsgestiit eine neue Heimat zu schaffen. 1932, kurz vor Beendigung der Araberzucht auf der Scholle des Gestiites W e i 1, stellte SEYDEL (17) fest: Es fallt sofort auf, dai3 die Tiere relativ hoch sind. Nach Seydels Messungen betrug die mittlere Widerristhohe 1,57 m, w3hrend doch die Hohe des Vollblutarabers 1,50 m in der Regel nicht iiberschreitet. Auch die Maaverhaltnisse des Schadels haben sich verschoben. Insbesondere ist nicht mehr so ausgepragt das Verhaltnis von Lange zu Breite, sowie des- jenigen vom oberen zum unteren Kopfumfang. Letzteres betragt z. B. bei einer Widerristhohe von 152,5 cm und einer Kopflange von 64 cm 87,5 : 45 cm. Auch die Augen besitzen nicht die Groi3e wie beim Vollblut- araber. Nachgelassen haben ferner die Merkmale von Nustern, Lippe und Kinn. Geblieben sind folgende Eigenschaften: Die Kiirze der Schweifrube t erglichen mit der Kruppenlange, sowie der Langenunterschied zwischen Vorarm und Rohrbein, besonders auch Lange des Halses und Kurze des R uckens. Aufier diesen Proportionen haben sich folgende morphologische Nerkmale behauptet: Kleinheit von Sporn und Kastanie, Wolbung von Naqenbein und Stirn, Schweifansatz bisweilen nicht mehr so ausgepragt, Fehlen der Kotenbehaarung, Sichtbarkeit von Habichtsknorpel und Lanzen- stich, Wolbung der Lende, Lfnge und tiefe Lage des Brustbeins, Kiirze des Schlusses und die ,,Trockenheit". Wenn letztere auch nicht entfernt so ausgepragt ist, wie bei einem Wustenaraber, so ist es doch aufallend, in wie weitgehendem Mai3e die Tiere die ,,Trockenheit" bewahrt haben.

SEYDEL ist der Oberzeugung, dai3 die morphologischen Kennzeichen des Kopfes und Schweifes in ihrer Gesamtheit als Indikator gelten konnen. Aus diesem Grunde darf man deshalb die Araber in W e i 1 noch als Vollblut- araber bezeichnen, die sich in ihrer Konstitution unserem Klima angepaflt hnben, aber die morphologischen Merkmale in ihrer Mehrzahl so weit- gehend erhalten hahen, um den TYp des Arabers nicht zu verlieren.

Folgende Pferde verliei3en W e i 1 , um in Marbach die Tradition des arabischen Vollblutes fortzusetzen: J a s i r Sch. gez. 1925 i. Gest. Mania1 Koheilan Jellabi S c h a s e m a n Br. gez. 1927 i. W. v. Koheilan IV - Sardoina K u r d e Sch. gez. 1929 i. W. v. Dynamit - Carmen C a s a n o v a Sch. gez. 1931 i. W. v. Jasir O.A. - Kassandra, arab. Rasse S o 1 d a t e s k a Sch. gez. 1911 i. W. v. Souakim 0. A. - Sylphide I S u b e i d a Sch. gez. 1928 i. W. v. Demir Kaja - Soldateska C a r m e n Br. gez. 1915 i. W. v. Dardziling - Sardine K h a s a Sch. gez. 1930 i. W. v. Dynamit - Carmen

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G 1 a u k o p i s C a e s a r e a C e s k a D o r i s Sch. gez. 1916 i. W. v. Dardziling - Sardine D o n g o 1 a D i n a r s a d S a r d o i n a S e e r o s 1 e K a s s a n d r a

Sch. gez. 1931 i. W. v. Jasir 0. A. - Carmen Br. gez. 1927 i. W. v. Koheilan IV - Carmen Sch. gez. 1932 i. W. v. Jasir 0. A. - Caesarea

Sch. gez. 1931 i. W. v. Jasir 0. A. - Doris Sch. gez. 1928 i. W. v. Dynamit - Doris Br. gez. 1923 i. W. v. Demir Kaja - Sardine Sch. gez. 1927 i. W. v. Koheilan IV - Sardine Br. gez. 1926 i. W. v. Koheilan IV- Carmine, arab. Rasse

Import und Export von arabischen Pferden des Kgl. Privatgestutes W e i 1 In den Grundungsjahren der arabischen Reinzucht in M e i 1 wurden

von Konig Wilhelm I. groi3e Summen fur den Ankauf von besten Original- tieren ausgegeben. In der Hauptsache wurden diese ersten Tiere durch die bedeutenden Importeure Baron Fechtig und Graf Rzewusky beschafft. Sie gehorten meist der Rasse Saklavi-Djedran an und mussen wirklich von reinem Blute gewesen sein, weil sie sich bei den spateren Inzuchten, die auf sie getrieben wurden, in ihrer alten Gute erhalten haben. Spatere An- ksufe stammten oft von zweifelhaften Handlern und konnten sich auch in der Zucht gegen das schon vorhandene gute Material nicht durchsetzen. Kiinig Wilhelm I. ruhte nie, erstklassige Tiere zu erwerben und schickte auch noch spater Abgesandte und ganze Expeditionen in den Orient und den ganzen Araberzucht treibenden Kontinent, um originalarabische Pferde zu erwerben. Der Erfolg seines Unternehmens spiegelt sich dann auch in den Fxportationen, die in der Hauptsache in der Zeit seiner Nachfolger statt hatten und in fast samtliche Lander der Welt gelangten. Ein be- sonders fruchtbarer Austausch von arabischem Zuchtmaterial fand mit den Usterreich-Ungarischen Landern - Babolna, Radautz, Visnjevci - und den polnisch-galizischen Gestuten s ta t t . In den Jahren um 1850 und spater fand noch ein reger Kauf und Tausch mit orientalischen Zuchtern und Ge- stuten - Abbas Pascha, El Hami Pascha, Jman von Muskat, Sultan der Tiirkei - statt. Ein letztes Zufuhren von reinem arabischem Blute war 1930 der Ankauf von Jasir im Gestut Mania1 des Prinzen Muhnmed Ali.

Fiitterung und Haltung

In den Grundungsjahren erhiclteii die originalarabischen Stuten, welche nur zur Bewegung auf die Weide kamen, taglich an Futter:

3 kg Hafer, 1,5 kg Gerste, 2,5 kg Heu und einiges Stroh.

Die ubrigen Stuten erhielten:

Winterfutterung : Weidebeifutterung : I Fohlenstuten 3 kg Hafer Guste Stuten 1,5 kg Hafer

5 kg Heu und Stroh 4,5 kg Hafer

Szugende Stuten erhielten nach Bedurfnis Gerstenmehl. Hafer und Cerste wurden gequetscht gefuttert.

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A r a b e r z u c h t i m P r i v a t g e s t t i t W e i l 44 1

Sommermonate:

Diese Futtersiitze waren bei weitem ausreichend, wobei die Eiweifl- zufuhr noch wesentlich mehr hatte gedrosselt werden konnen. Der Starke- wert des gegebenen Futters hatte sich den Bediirfnissen angepafit.

In derselben Zeit versuchte man die Fohlen nach Art der Wildpferde- zuchten so hart wie moglich zu erziehen. Man hielt sie den Sommer wie den Winter uber Tag und Nacht unter freiem Himmel und gab ihnen als einzigen Schutz offene Hutten. N u r Fohlen, denen die Witterun, 0 zusetzte, in der Hauptsache edle Produkte aus originalarabischen Stuten, wurden sorgfdtiger geschutzt. Dam erhielten sie folgende Futterrationen:

Wintermonate:

Winternionate des ersten Jahres: I ~~

Sommermonate:

1,25 kg Hafer 2,5 kg Heu

2 kg Hafer 1,25 kg Gerste 5 kg Heu

Die alteren Fohlen erhielten die- selben Rationen nur ohne die

Gerste.

4,5 kg Hafer 1 kg Gerste 2,5 kg Heu 1 kg Futterstroh 7,5 kg Streustroh

~

3.5 kg Hafer 1' k i Gerste 2,5 kg Heu 1 kg Futterstroh 6,5 ki Streustroh

Fur Stuten o h n e Fohlen wurde im Sommer die Ration des Winters gegeben.

Waren schon die anfiinglich im Gestut gegebenen Rationen, besonders bei den originalarabischen Stuten sehr reichlich, so konnten diese von einer arabischen Stute nicht gefressen werden, ohne sie zu masten. Ent- hielt doch dieses Futter fast das Doppelte an verdaulichem Eiweifl, was fur eine Araberstute vollkommen ausreicht. Ahnlich verhalt es sich mit dem StErkewert, der das Mai3 auch zu einem Drittel iiberschreitet. Dabei ist dem StBrkewert das auf der Kopprl aufgenommene Grunfutter noch gar nicht zugrunde gelegt. Allerdings blieb dem Gestiitsleiter volle Freiheit in bezug auf eine individuelle Futterung.

F o h l e n : 2,75 kg Hafer, 1 kg Gerstenschrot,

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442

Wahrend der Stallhaltung:

4 kg Hafer 6-7,5 kg Hafer fur Stuten mit

Saugfohlen 4 kg Heu 7,5 kg Stroh

W E I S S

Wahrend des Weidegangs:

4 kg Hafer

3-4 kg Heu nebst Grunfutter 5-7,5 kg Stroh

2,5 kg Heu, 1 kg Futterstroh, 5 kg Streustroh, geschnittene Mohrriiben.

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A r a b e r z u c h t i m P r i v a t g e s t u t W e i l 443

Jede Mutterstute hatte fur sich und ihr Fohlen einen eigenen Lauf- stall. Das ganze Jahr uber, auch bei schlechtem Wetter, diente ein Tummel- platz beim Gestutshof zum Bewegen der Stuten. WEhrend der Sommer- monate waren die Stuten Tag und Nacht auf der Koppel. Bei rauher Witte- rung kamen sie, besonders nachts, in die Stallungen oder Futterschuppen. Um den importierten Original-Araberstuten die Akklimatisation zu er- leichtern, brachte man sie nur zum Bewegen auf die Weide. Fur die Mutter- stuten wurden die hiigeligen und teilweise steilen Bergweiden bevorzugt. Man wollte aber erfahren haben, dai3 durch die Ungunst des Terrains mancher Unfall und Sturze vorgekommen seien und in deren Folge Ver- fohlungen und unrichtige Lagen des Fohlens bei der Geburt. Ich halte aber das gehauftere Auftreten von Verfohlen vie1 mehr fur die Auswirkung der Akkliniatisntion. Die Schwergeburten lassen sich aber ohne weiteres mit der zu masten Fiitterung verbunden mit mangelhafter Bewegung in Ein- klang bringen, wie 3uch die Erfahrungen von WOLFLE im Gestut des Baron Fechtig zu Kirschlag in Ungarn beweisen.

Die Araberstuten nurden auch in spaterer Zeit nicht zur Arbeit vc'r- wendet, sondern iiur gefiihrt, gerittcn oder auf den Weiden und Tummel- plEtzen sich selbst iiberlassen.

Im Alter von 5-6 Monaten wurden die Saugfohlen abgesetzt und die Stutfohlen nach Scharnhausen, die Hengstfohlen nach Kleinhohenheim, bis zu dessen Auflosung, gcschickt. Dort wurden sie in Gruppen zu 10-20 in geraumigen Laufsdllen zusammengewohnt. N u r zu den Futterzeiten wnrden sie angebunden.

Die Absatzfohlen wurden auf dem Tummelplatz bewegt und solange er die Jahreszeit erlaubte, in frischer Luft gehalten. Wahrend der Weide- zeit wurden die Fohlen nach Jahrgangen getrennt soviel als moglich ini Freien gehalten, jedoch nur bei Tag und bei moglichster Meidung von groi3er Hitze, schnellen Witterungswechseln. kalten Winden und starken Regenschauern. Dabei lehrte nach HUGEL die Erfahrung, dai3 Erkaltungen, besonders wahrend des Haarwechsels der Fohlen, ,,nervose Kopfkrank- heiten" - also Borna'sche Krankheit (Meningoencephalomyelitis enzootica Simplex) - begiinstigten.

Im Winter erhielten die Jahrlinge, Zwei- und Dreijahrige ihre tfgliche Ucwegung auf einer die Tummelplatze umgebenden Rennbahn, welche mit Dunger und Stroh belegt wurde.

Die Fohlen wurden mit weichen Reisbiirsten gereinigt. Die Hufe, auf welche man schon von Anfang an besondere Aufmerksamkeit verwendete, wurden taglich gereinigt, um die Fohlen auf das Ausschneiden vorzube- reiten. Berundet wurdeii die Hufe monatlich einmal.

Die Ilengstfohlen wurden unter Umstanden im zweiten bis dritten Jahr kastriert. Mit 3'12 Jahren wurden Hengste und Wallache angeritten und in Standestallen aufgestellt. Die Vierjihrigen wurden im Herbst in den Koniglichen Marstall nach Stuttgart abgegeben.

Die Stutfohlen wurden im vierten Jahr beschalt und zuvor nur soviel angeritten, als fur ihre spatere Bewegung notig war. Die Beschaler waren

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444 W E l S S

nur zur Zeit der Deckperiode im Gestiit aufgestellt. In der ubrigen Zeit des Jahres versahen sie ihren Dienst im Koniglichen Marstall.

Fruchtbarkeit

M u t t e r s t u t e n

Jahre zur Zucht verwendet

Triichtigkeit in Prozent

Totgeb. Verfohlen in Prozent

Hengstfohlen in

Stutfohlen in

Prozent

Prozent

hg1. Boll- blut

5,O

71,9

11.5

52,s

47.2

1890-1910 1910 ~ 1932-1950 I 1932 1 1817--1901

Halbblut

Er- M'ei- wer- ler lung. Zucht

1

6'o ~ 6'2 60,7 62,O

8,3 3,7

50,3 50,7 ,

49,7 ' 49,3

&b. ~

7,o

63.9

1 Wei- lcr

Zucht

orig.

9,5

44,9

55.1

6,7

64,4

5,7

48,O

52,o

Arabisches Vollblut

I Wei- , Wei- Wei- , Mar- ler ler ler bacher

Zucht Zucht Zucht Zucht

orig. Arab.

8,O

94,O

9,7 7,O I

77,5 71,7

- 4,7 6,5

46,O 58,O 52,O

54,O 42,O I 48,O

12,O 8,G I

78,O 1 6 9 2

I 5,2 11,O

I

56,1 383

I 43,9 1 61,2

Die Zahlen in der ersten Reihe der vorstehenden Tabelle geben im Durchschnitt die Jahre der Zuchtverwendung der Mutterstuten im Gestut W e i 1 wieder. Es fallt dabei auf, dai3 sich im Laufe der Jahre diese Zahlen steigern. Das Absinken in der Periode von 1910-1932 erklart sich aus dem Verkauf junger Mutterstuten, der in dieser Zeit statt gehabt hatte. Das unnorniale Ansteigen in der Marbacher Periode von den in W e i 1 gezogenen Mutterstuten hat seine Ursache in der geringen Zahl von ausgesuchten Produkten. Dis Absinken bei der jungen Mnrbacher Zucht liflt sich wieder auf den Verkauf junger Mutterstuten zurtickfuhren.

In der zweiten Reihe beweisen die Zihlen pin Steigen der Fruchtbarkeit von Generation zu Generation nach iiberstandener Akklimatisation. Die Zahl in der Spalte fur originalarabische Pferde aus der Periode 1890-1910 kann nicht als maBgebend angesehen werden, da sie nur aus zwei Stuten errechnet ist.

Die Durchschnittszahlen der dritten Reihe zeigen, dai3 die Akklimati- sation in W e i 1 auf Totgeburten und Aborte einen ungiinstigeren EinfluB ausubte, als auf die Fruchtbarkeit und Langlebigkelt. Aus diesem Grunde ist der Durchschnitt beim Englischen Vollblut, das sich wahrend dieser Zeit fast ausschlieBlich aus Erwerbungen zusammensetzte, zu hoch.

Die Reihen vier und funf geben das prozentuale Verhaltnis von Hengstfohlen zu Stutfohlen an. Ergeben sich hierin in den einzelnen Zeit- abschnitten eigenartige Differenzen, so bleibt das Verhiltnis im grof3en und ganzen doch annfhernd funfzig zu fiinfzig.

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A r a b e r z u c h t i m P r i v a t g e s t u t W e i l 445

Vergleich der Triichtigkeit mit dem Verfohlen bei den in den Jahren 1885-1950 aufgestellten Mutterstuten

Weil 1 Marbach I I I I I I I I I l l I I ]

788.5 7890 7895 7900 7905 7970 7975 #ZO 7925 ,830 7935 1940 7945 7950

A d der waagrechten Achse sind die Jahreszahlen im Abstand von je funf Jahren aufgetragen. Die i 0-Linie schneidet die senkrechte Achse in Hohe der fur die Trachtigkeit n i t 75 o/o und beim Verfohlen rnit 5,7 O/o er- rechneten Durchschnitte, so dai3 beide Werte auf der gleichen Ebene liegen und eine bessere Vergleichsmoglichkeit bieten. Die Unterlagen zur Er- rechnung sind dem 1894 begonnenen Stutbuch entnommen.

Das Sinken der Trachtigkeit bis 1900 verbunden rnit dem Ansteigen des Verfohlens (Lebensschwache) hangt mit dem schlechten Befruchtungs- ergebnis des zu dieser Zeit verwendeten Hengstes P a d i s c h a h 0. A. ZU- samrnen. Die Verwendung mehrerer Hengste eigener Zucht bringen das Ansteigen der Fruchtbarkeit bis zum Jahre 1910 mit sich. Das Steigen des Verfohlens in derselben Zeit hingt mit den vorgekommenen Totgeburten, die in der Zusammenstellung zum Verfohlcn gerechnet wurden, zusammen. Die Trzchtigkeit sinkt aber im Verlauf der nachsten Jahre bis 1920 auf ihren Tiefpunkt, der bei 62,3 O / o liegt. Erst D e m i r K a j a 1908, der von 1321-1927 im Gestut als Beschiler Verwendung fand, hob bis 1925 wieder dcn Trachtigkeitsdurchschnitt uber die Norm und brachte das Verfohlen zum Sinken. Mit K o h e i 1 a n IV, der im hohen Alter aus Babollia kam, beginnt erneut ein Sinken der Trachtigkeit, das mit einem enormen Anstiep des Verfohlens einhergeht. Dieses Verfohlen durfte sich auf Paratyphus- abort zuruckfiihren lassen, jedoch fehlen hierfur die Unterlagen. Es liegt iiberhaupt die Verrnutung nahe, dai3 eine solche Infektion n i t Koheilan IV eingeschleppt wurde. Diese Periode liegt leider am Ende der Z i t , in der sich die Araberherde im Gestut W e i l befand. Es laflt sich daher nicht mehr feststellen, ob die anschlieflende Besserung auf die Vcrpflanzung der Herde nach dem Wiirttembergischen Landgestut Marbfich zuruckzufuhren ist oder auf die Verwendung des neuimportierten Beschalers J a s i r 0. A., der sich auch spater als ein guter Befruchter herausstellte. Nach einer uberraschend schnellen Bcserung der Trachtigkeitsergebnisse in Marbach setzte aber schon nach wenigen Jahrcn ein Sinken der Resultate ein. Man kann dies vielleicht mit einer Oberalterung der Herde in Einklang bringen - Verkauf junger Stuten nach Trakehnen -. In den Jahren nach dem Kriege streben

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446 W E I S S

die Zacken der Trachtigkeit und des Verfohlens nach den jeweils negativen Seiten auseinander. O b diese Ursache in der Verwendung minderwertiger Hengste, von deren Ursprung man uberhaupt keine Ahnung hatte, oder im Auftreten von Paratyphus Iiegt, is t mit Sicherheit nicht festzustellen. Es steht die Moglichkeit offen, dafi es sich um einen Erreger handelt, der sich erst jetzt akklimatisiert hat. In der Regel sind namlich die jungen, in Marbach gezogenen Stuten mehr von Abortus betroffen als die W e i 1 e r Stuten.

N a m e

Sabal 1872 Saoud 1885 Saida 1884 Sylphide I 1892 Soldateska 191 1 Jatta 1933 Sardine 1906 Carmen 1915 Caesarea 1927 Isabella 1935

Sady I11 1821 Hazam IV 1831 Sady 1877 Taube 1887 Murana 1886 Sarah 1891 Sana 1898

Kereja VI 1862 Hamdany 1876 Dueba I879 Amourette 1887 Amadine 1895

Smyrna O . A .

Smetana 1903

Fruchtbarkeit der Stutenfamilien: I. Stutenfamilie M u r a n a I:

Ge-

jahre Alter stuts- Fohlen A b s t a m m u n g

24 16 15 13 8 8 vk. 6 6 25 21 16 24 16 11 16 12 11 23 20 18 18 14 12 22 17 16 13 10 9

Seglavi 1864 - Hamma I1 1866 Djerid 0. A. - Sabal 1872 Djerid 0. A. - Sabal 1872 Amurath 1881 - Saida 1884 Soualrim 1894 - Sylphide I 1892 Jasir 0. A. - Soldateska 191 1 Souakim 1894 - Savona 1896 Dardziling - Sardine 1906 Koheilan IV - Carmen 1915 Jasir 0. A. - Caesarea 1927

11. Stutenfamilie H a m d a n y : 27 18 Schwarzenberg-Hamdany 0. A. 30 15 Bournou 1821 - Sady I11 1821 20 14 12 Seglavi 1864 - Dzelaby I1 1866 vk. 4 4 Tajar 1873 - Sady 1877

7 3 3 Amurath 1881 -Sady 1877 23 19 11 Amurath 1881 - Sady 1877 12 8 8 Padischah 0. A. - Sarah 1891

III. Stutenfamilie C z e b e s s i e TI: 13 Gadir 0. A. - Kereja V 1851

26 19 19 Seglavi 1864-Kereja VI 1862 25 19 15 Djerid 0. A. - Sabine 1872 vk. 5 5 Amurath 1881 - Dueba 1879 20 16 13 Padischah 0. A.-Amourette 1887

IV. Stutenfamilie S m y r n a :

19 13 13 Ohne Abstammungsnachweis er-

vk. 8 8 Selim 1896 - Smyrna 0. A. worben

I. Stutenfamilie Murana I

Bei der Familie M u r a n a I handelt es sich um die Glteste Araber- Stutcnfamilie, die ihr Blut in Europa luckenlos nachweiscn 1Gfit.

hl u r a n a I war die erste arabische Mutterstute, die seit 1817 in W e i 1 Aufstellung fand. Sie am- ein Apfclschininicl, cdel, stark und regelmafiig

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A r a b e r z u c h t i m P r i v a t g e s t f t V e i l 441

gebaut, besal3 ein schcnes, starkes Fundament, eine ausgezeichnete Hinter- hand mit vortrefflichen Sprunggelenken (RUEFF 9).

M u r a n a 11, eine 'Tochter der Vorigen, vertrat in zweiter Generation erfolgreich deren Blut. Sie wurde von dem Originalaraber G o u m o u s c h B o u r n o u gezeugt.

Er gehorte dem Stamme der Saklavi-Djedran an. Die Proportionen aller Teile seines Korpers, das Malerische seiner Formen und vor allem der Ausdruck seines Kopfes beweisen die edle Abstammung dieses Tieres. Seine Glieder sind voller Kraft, frei von allen Fehlern und Gebrechen. Er ver- einigt Temperament rnit vie1 Gelehrigkeit (RZEWUSKY 15). Seine Nachkommen traten besonders durch Groae und Starke hervor und befriedigten durch ihr Ebenmai3. Das Kaliber seiner Produkte war dem Zuchtziel sehr forderlich. Wohl aus diesem Grunde ging man, nach seinem 1824 erfolgten Tode, mit B o u r n u 1821 seinem Sohne aus der K a - b r o n I 0. A. zu einer sehr starken Inzucht auf ihn uber. M u s a I1 nach Bournu 1821, eine Tochter der Murana 11, ist das Produkt einer solchen Inzestzucht. Sie

G o u m o u s c h - B o u r n o u , nach dem Lebcn gezeichnet von R u d . K u n t z

baut den Stutenstamm der Familie mit ihren weiblichen Nachkommen weiter auf.

M n r a 111, Tochter der Musa 11, zweigt in IV. Generation eine Linie ab, die besonders durch ihre Hengste hervortritt. Bei ihr wird die Inzucht durch den Atlasschimmel C h a b a n 0. A . durchbrochen. Nach einer weiteren Inzucht auf Bournu 1821 durch M a z u d 1838 (Stutenfamilie 11) - in der weiteren Folge wird die Bezeichnung Stutenfamilie weggelassen und nur noch die romische Zahl angegeben - unter Hinzufugung des Blutes von B a i r a c t a r 0. A. entstehen ihre beiden Tochter S a j a I11 und M a r a IV. Nach A m u r a t h 1829 (11) bringt Mara I11 ihren Sohn C h a b a n 11. Es war ein kleiner, brauner, sehr gut gebauter, besonders in den Winkeln der Gliedniaflen vortrefflich sestellter Hengst. Er war ein vortreffliches Reitpferd und lieferte sehr edle, oft etwas feine, aber im Dienst sehr angenehme Pferde (RUFFE 9). Mit seiner '/!,-Schwester M a r a IV brachte er D a r i a VI, die in 11-11 AR auf Mara I11 und in IV-IV AR auf Rournu 1821 ingezogen ist. Sie brachte nach T a j a r 1851 (VIII) den braunen T a j a r 1862, der am Aufbau der mannlichen Linie von Amurath IS81 (111) beteiligt ist.

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S a j a 111, rechte Schwester zu Mara IV, brachte nach Amurath 1829 (11) den Hengst A r c o u b 1854. Er weist in 11-111 AR eine Inzucht auf Bairactar 0. A,, in 11-IV AR auf Sady I11 und in IV-IV AR auf Bournu 1821 auf.

In viertcr Generation wird in der Hauptlinie die Inzucht auf Goumousch Bournou mit B a i r a c t a r 0. A. aufgelockert.

Ein Schimmelhengst von edlen Formen, bcsonders stark und regelmagig ge- baut, war vorzuglich im Gang und von hohem Adel, allein der Hals war nicht schlank und lang genug und die Schulter etwas steil. Er gehorte der Rasse Saklavi- Djedran an. Er war die Krone des Gestuts, ein emi- nentes Tier, dessen Nach- kommenschaft unerreicht da- steht (JAGER 8). Erst 1839 muflte er wegen Alters- schwache getotet werden, nachdem er bis in sein 24. Lebensjahr ein feuriger Be- schaler war. Alle seine Nach- kommen zeichneten sich durch grofle Ausdauer, Geh- lust, besonders gutes Tempe-

B a i r a c t a r

rament und Schonheit aus. Es gibt keinen Beschaler, dcr so haufig wie er in den Pedigrees der in Europa gezogenen Araber vorkommt. D a r i a V, eine Tochter des Vorigen aus der Musa IT, setzte in vierter Generation die Haupt- Iinie der Stutenfamilie fort. L a m a I ist eine Tochter der Daria V nach dem Originalaraber D z e l a b y aus dcr Familie Koheil. F r ruckte in ihrem Blutaufbau die vorhandencn Inzuchtcn um einc weitere Generation zuriick. Er hatte trotz seines starkcn Korperbaues cdlc Formen und eine machtige Kruppe. In der Bewcgung seiner Vordergliedmnflcn war eine kleine TJn- regelmagigkeit (RUEFF 9)

Bei H a m m a I, cincr Tochtcr dcr Vorigcn. tr i t t zum erstcn Male (nine Inzucht uber ihren Erzeuger A m u r a t h 1329 ',TI\ auf B a i r a c t a r 0. A. in 11-111 AR hervor.

I H a m m a 11, war eine Tochtcr der Hnmnia I nach Gadir 0. A. G a d i r 0. A. war ein Schimmelhengst aus dem Stamme Saklavi-Djedran und 1,60 m grofl. Er bcsai3 den hochstcn Adcl im Kopf, in scincn Umrissen, Haar und Mahne, sowic ein seltenes Ebenmafl im h u e . Dic Verbindung zwischen Kopf uncl Hals, dic Langc dcs Halscs, dic ticfen Schultern, die lange Kruppe, Reinheit der Bcinc, Stiirkc dcr Schncn und ganz bcsonders norriale Stellung der Sprunggclcnke und Hintcrbcinc ficlen jedem Kcnner auf (HUGEL 7). Seine besten Produktc br'ichtc cr mit Stutcn, die bcsonders

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A r a b c r z LL c h t i in P r i v a t g e s t ii t W e i 1 449

stark auf dem Blute seincs Stanimes furidiert waren, wie es auch bei H-Iamma IT dcr Fall ist.

S a b a 1 , das Produkt einer Inzucht, ist in achter Generation der Aus- gai7gspunkt der drei heute noch bestehenden Linien ihrer Stutenfamilie. Sie ist cine Tochtcr dcr Hamma I1 nach S e g 1 a v i 1864 (111). Ihr Vater

Schimmel

A d l i t : I!ilke

S a b a l 1,56 m

1872 i. Gest. W e i l

H a m m a I1 S e g l a v i Hamma I Gadir OA Hamdany V I Bournou 1849

r 9 3 2 E

Y s z- ca N \D

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m N \D

war eiii in W e i 1 besonders erfolgreicher Stutenvater. Er bringt in ihren Blutaufbau eine starke Inzucht. So ist Amurath 1829 (11) in 111-IV-1V-111 AR, Bairactar 0. A. in V-IV-V-VI-VI-V-1%' AR vertreten. Sie war eine sehr fruchtbare Mutterstute. Nach Scheik 0. A. brachte sie A r c o u b , der seiner Schiinheit wegen im Marstall oft bewundert wurde. An das Gestiit Visnjevci verkauft, erwies er sich als wenig fruchtbar. Es blieben nur wenige Nachkommen von ihm in Kroatien (LEHRNER 11) . Ihre Tochter S e l m a 1883, S a i d a 1884, S a o u d 1885, samtliche nach

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450 W E I S S

D j e r i d 0. A., fuhrten die weibliche Linie der Stutenfamilie M u r a n a I fort.

D j e r i d 0. A. ein Schimmel von kleinerer, kraftiqer fast grober Gestalt, bewahrte sich in der Herde besonders als Stutenvater sehr gut. Mit stark

auf Bairactar 0. A- Amurath 1829 (11) in- gezogenen Produkten erzielte er seine besten Erfolge.

S e 1 m a war eine Honigschimmelstute

mit einer Widerrist- hohe von 1,56 m. In S e 1 i m brachte sie nach A m u r a t h 1 8 8 1 (111) den einzigen Ee- schaler dieses Vaters, der in W e i 1 als sol- cher verwendet wurde. Durch seinen Erzeqe r war er sehr stark auf Bairactar 0. A.-Amu- rath 1829 (11) inge- zogen, eine Blut-

haupt die meisten er- folgreichen Produkte Amurath 8 1 aufweisen. Ihre Tochter, rechte Schwestern 7u Selim, wurden verkauft und damit ist diese Linie in W e i 1 erloschen.

S a i d a , ein Fliegenschimmel, war mit 1,59 ni Widerristhohe die grofite der drei Schwestern, und konnte durch ihre Amurath 1881-Tochter S y 1 p h i d e I ihre weibliche Linie fortsetzen. Sylphide I war sehr frucht- bar und bewahrte sich ihrer Hengste wegen besonders, konnte aber aut?er- dem durch eine Tochter ihr Erbgut erhalten. Nach Padischah 0. A. brachte sie S y r i u s , der im Gestut Visnjevci als Beschaler tatig war. Grofie Hoffnungen galten S e 1 a d o n nach Doge 1891 (111), der aber schon nach einer Decksaison einging, nachdem er als einziges Produkt im Gestut Sonntag (IV) hinterlassen hatte. Ihre weiteren Produkte brachte sie n x h S o u a k i ni (IV). S v e n H e d i n 1906 wurde als Beschaler im Gestut auf- gestellt, aber nur wenig verwendet. Im hohen Alter kam er nach Babolna und deckte dort unter dem Namen ,.Kemir" (Die Hoffnung). Wie Her r von ARFNTSCHILDT berichtet, fehlte es seinen mannlichen Nachkomrien besonders an Adel. Dies war auch bei seinem Sohn der Fall, der in Babolna als Hauptbeschaler aufgestellt war, um diese Familie in jenem Gestut weiter erhalten zu konnen. An Mutterstuten hinterliefl er in Babolna drei ausge- zeichnete Produkte. Ein Kuhaylan-Zeid aus der XXII. Kemir kam 1938 in das Gestut des Fursten Sangusko nachGumniska. Man sagte ihm n x h , dafl er der edelste Hengst in Polen gewesen sei. Er lieferte bis 1944 tlrei Derbysieger.

S o 1 d a t e s k a war die einzige ihrer Tochter, die im Gestut aufge- stellt war. Sie blieb mit ihrem Skelett der Nachwelt in der Landwirtschaft- lichen Hochschule Hohenheim erhalten. Durch ihr starkes Kaliber war sir

D j e r i d Furstl zu Wied'scbes Archir wie Gber-

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A r a b e r z u c h t i m P r i v a t g e s t u t W e i l 45 1

fur die Zucht des Angloarabers besonders geejgnet und brachte hierin auch einige gute Produkte.

J a t t a , eine Schimmelstute von J a s i r 0. A. aus der Soldateska, fuhrt heute als einzige Stute diese Linie der Familie Murana I weiter. Sie ist mit einer Widerristhohe von 1,54 m eine Stute von mittlerer Groge. Ihr Kopf zeigt gut die arabischen Merkmale, durfte aber doch noch etwas edler sein. Sie hat eine mkhtige, genugend schrage Schulter und einen gut ausgebildeten ’Widerrist. Der Rucken ist straff, die Rippen gut gewolbt, die Hinterhand konnte besser behosr sein.

S a o u d war ein Grauschimmel mit einer Widerristhohe von 1,56 m. Von ihr geht die heute noch am starksten vertretene Linie ihrer Familie aus.

S a k u n t a 1 a , nach Amurath 1881 (111) ist eine Tochter der Vorigen. Sic brachte im Gestiit die Stute S a r a z e n a von Padischah 0. A., wurde

Fuht l . zu Wied’sAcs Ardiiv D e m i r K a j a

1,54 m Fliegenschimmel 1908 i . Gest. Visnjevci

S a k u n t a l a D j e i l a n OA

Saoud Amurath 1881 Pembe Chahin

0 * L

3 W

U W * m

Page 28: Geschichte der Araberzucht des Königlichen Privatgestütes Weil

452 W E I S S

anschlieflend nach Visnjevci verkauft und bewahrte sich von den aus W e i L

gekauften Stuten am besten. Sie begrundete dort eine wertvolle Familie. T) e m i r K a j a ist nach D j e i 1 a n 0. A. ein Produkt der Vorigeri

aus deren Zeit im Gestut Visnjevci. Es war ein Fliegenschimmel rnit einer 'Widerristhohe von 1,54 m, ein groflrahmiger Hengst mit kraftigen Rohrer , aber sehr hochbeinig. Im Tausch mit Souakim 1894 kam er 1910 ins Ge- stiit und wurde nach anfsnglichen Verpachtungen selbst aufgestellt und im Vollblut verwendet. Seine Produkte zeichneten sich vor allem durch sehr vie1 Gang aus.

S a v o n a war rechte Schwester zu Sakuntala. Ein Grauschimmel mit einer Widerristhohe von 1,58 m.

S a r d i n e , eine S o u a k i m (1V)-Tochter aus der Vorigen, ma8 1,65 m Widerrist. hlit ihren Tochtern teilt sich in zwolfter Generation erneut die von S a o u d ausgehende Stutenlinie.

D a r d z i 1 i n g wurde am 20. Oktober 1903 vom Fursten Sangusko im Gestut Crystowka (Slawuta) gezogen. Er war kastanienbraun und 1,54 .n gro8. Sein Erzeuger, der braune Hengst M a z e p a 1892, ist ein Sohn des in Slawuta bewahrten Reproduktors A c h m e d E j u b 1881 von dem aus- gezeichneten Erzak-Seglavi 0. A. D e 1 i a , die Mutter von Mazepa, ist eine Tochter des Eisenschimmels R y m n i k 1876, auf den wir auch wieder Lei der Mutter von Dardziling stoilen. Die braune Stute 0 m e g a 1894, die hqutter von Dardziling, ist eine Tochter des braunen A n t a r 1891 0. .4. dessen Tiichter sich besonders durch ihren trockenen T y p auszeichneten. In '$7 e i 1 bewihrte sich Dardziling in der Hauptsache als Stutenvater. Von seinen Sohnen wurde nur S o 1 i m a n aus der S a r d i n e als Beschaler ver- wendet, nachdem er verkauft war und eine zeitlang als Probierhengst im Gcstut Waldfried tatig war.

C a r m e n 1915, ein Produkt von D a r d z i l i n g 1903 aus c.er S a r d i n e war eine kleine, sehr edle, braune Stute. Sie begrundete den Zweig der heute noch in der Marbacher Herde durch seinen Adel am meisten hervorsticht. Ihre Tochter Khasa nach Dvnamit und Glaukopis nach Jasir O .A. wurden nach Trakehnen verkauft und bewahrten sich dort als Mutterstuten auflerordentlich in der Produktion von Turnier- und Jagd- pferden.

K o h e i 1 a n IV wurde am 10. Oktober 1904 in Babolna geboren. Es war ein Grauschimmel von 1,59 m Widerrist mit einem hochedlen, aus- drucksvollen Kopf, gut modelliertem Hals, breiter Brust, geniigend schriqer Schulter, gut ausgebildetem Widerrist, etwas weichem Rucken, gerad er, kl4ftiger Kruppe, hohem Schweifansatz, kraftigen Rohren und korrekcen Sprunggelenken. Seine ganze Ahnenreihe geht sehr schnell auf Original- araber r.uruck, so dai3 in V. AR nur noch die 1853 geborene K o r e i s c h a n in Babolna gezogen ist. Durch diese Stute findet der Hengst in der W e i 1 e r Herde einen guten Anschlui3 an die Amurath 1881 (111)-Bht fuhrenden Stuten. Koreischan ist Mutter von Mehemed Ali, dem mutterlichen Groi3- vater von Amurath 1881 (111). Mahmoud-Mirza 0. A., der Vater iron Mehemed Ali, ist auch Vater von Jussuf 1869, einem vaterlichen Ahnen von Koheilan IV. Neben dem guten Anschlui3 an das W e i l e r Blut ist der Nengst auch selbst genugend konsolidiert. Seine beiden Groflvater gehcren

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A r a b e r z u c h t i m P r i v a t g e s t i i t W e i l 453

dem Stamme Anaze-el-Sbaa an. In V-V AR fuhrt er auf Aghil-Aga 0. A. eine dirckte Inzucht.

Y u n t l . L U B'ird',die* A r c h i v

K o h e i l a n 1V 1,59 ni

Graus&irnmd 1904 i. Staatsgest. Babolni

0 - B a j a n K o h e i l a n I1

Gazlan 0-Bajan O A Jussuf Koheilan-Ajouze

C a e s a r e a , war ein Produkt von Koheilan IV aus der Carmen. Es war eine braune Stute von vollendeter Harmonie, mit edlem Kopf, der etwas kurzer hatte sein kijnnen, langem Hals, kraftiger, schrager Schulter, langem, ausgepragtem W'iderrist, gutem Rucken, kraftiger etwas schrager Kruppe und einem hohen Schweifansatz. Ihr schwacher Punkt lag in den wenig ausgebildeten Sprunggelenken. In ihrem Blutaufbau weicht sie von den W e i 1 e r Arabern vor der Jahrhundertwende ab. War zu jener Zeit die ganze Herde auf die bewahrten Stiitzen dieser Zucht konsolidiert, so war ihr Blut durch das Einfugen fremder Hengste schon ziemlich aufge-

Z f Tierzirditg u Zuditgsblal Bd i Y Heft 4 30

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454 W E I S S

lockert und erst Koheilan IV brachte wieder eine Festigung auf das Blut seiner Babolnaer Vorfahren.

J a s i r 0. A. wurde am 12. Mai 1925 im Gestiit Mania1 in der Nahe von Kairo gezogen. Es war ein Schimmel mit auffallend kleinem, kurzeri

Schirnrnel

Foto: Dr. M. Fisher

J a s i r OA Kohcilan Jellabi

gez. 1925 i. Gest. Mania1

N i g r n a M a b r o u k

Bint Yarnarna Dahrnan El Azrak Tarfa Ibn El Sakalaoui

c3 a 3

2

9 $ N.

Kopf und stark gewolbter, breiter, langer Stirn. Stark konkaver Nasenlinie, grof3en h’iistern und Augen, diskusformigen Ganaschen und kurzem, sehr niuskulosem Hals. Die Schulter war machtig und geniigend schrag, ‘die Brust breit und stark bemuskelt. Sein Rucken war geniigend lang, die Rippen tonnenformig ausladend. Nach gutem Schluf3 der Lenden fie1 die larige Kruppe mit dem hohen Schweifansatz auf. Im ganzen machte der Hengst

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A r a b e r z u c h t i m P r i v a t g c s t i i t W e i l 455

einen kleinen, gedrungenen Eindruck. Er gehorte der Rasse Koheilan- Jellabi an. Auf miitterlicher Seite geht er auf eine Stute aus dem Gestut von Abbas Pascha zuruck. Durch Jamil-el-Ahmar, dem Vater von D a h m a n - e 1 - A z r a k auf den Jasir in 11-111 AR ingezogen ist, fliei3t ihm das Blut der Rasse Saklavi-Gidran zu. Durch diese Verwandtschaft seines Blutes mit dem W e i 1 e r Blutaufbau findet er guten Anschlufi. Jasir entsprach ganz den auf ihn gesetzten Erwartungen. Bei fast allen seinen Produkten setzte er sich uberzeugend durch und verbesserte hauptsachlich im Kopf den Adel, der teilweise etwas nachgelassen hatte. Dies mag am

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Foto: Dr. Fizdirr

Caesarea v. Koheilan IV a. d. Carmen Jaccaranda v. Jasir a. d. Cacsarea

deutlichsten durch die Kopfaufnahmen von Caesarea und deren Tochter Jaccaranda bewiesen sein.

I s a b e 11 a , eine Schimmelstute von Jasir 0. A. aus der Caesarea wurde 1935 im Wurttembergischen Landgestut Marbach gezogen. Sie zeigt im Kopf ein ausgepragtes Profil, nur die Nusternpartie ist etwas zu sehr abgerundet. Der Hals ist lang und zeigt einen eleganten Obergang am Kopf, wshrend am Widerrist, der lang und gut ausgebildet ist, der Ober- gang nicht so fliefiend geschieht. Die Schulter ist machtig aber etwas steil, die Brust breit, die Rippen sind gut gewolbt, die Kruppe lang aber etwas schrag, der Schweifansatz durfte etwas hoher sein. Sie ist nun in XIV. Gene- ration das letzte Glied des von der Sardine uber die Carmen ausgehenden Zweiges der Stutenfamilie M u r a n a I.

D o r i s ist ein Produkt von Dardziling 1903 aus der Sardine und damit rechte Schwester zu der oben beschriebenen Carmen. Sie war ein Fliegenschimmel mit einer Widerristhohe von 1,60 m. Ihre Produkte waren

30"

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456 W E I S S

alle sehr erfolgreich und fielen besonders durch vie1 Gang auf. 1937 wurde sie zur Skelettierung der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim iibergeben.

Schimmc

Foto: Sdiwerdlleger

I s a b e l l a

gez. 1935 i. Wiirttbg. Landgest. Iarbac

C a e s a r e a J a s i r OA

Carmen Koheilan IV Nigma Mabrouk

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D i n a r s a d fiihrt als Tochter von Dynamit (111) aus der Doris, den von dieser Stute ausgehenden Zweig weiter. Sie ist ein Honigschimmel mit rnehr kraftigen als edlen Formen, wenig ausdrucksvollem Kopf, SO wie sie eben Dynamit gern gemacht hat. Ihre Schulter ist mehr steil, der Riicken kraftig, die Kruppe gut, der Schweifansatz hoch, die Hinterhand stark ge- winkelt. Sie ist nicht so fruchtbar wie die Stuten aus dem Zweig der Carmen.

J a d i n e ist eine Tochter der Vorigen nach Jasir 0. A. und sol1 in der Mutterstutenherde das Blut ihrer Mutter weitervererben.

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458 W E I S S

ist e r in der Warmblutzucht sehr begehrt, er w-urde im Ostfriesischen Zucht- gebiet sehr stark verwendet und steht heute in Celle, wo ihm mit Amurath- Stuten gute Erfolge bevorstehen durften.

11. Stutenfamilie Hamdany

H a m d a n y wurde 1821 von Baron Fechtig gekauft. Sie war aus der Rasse Seglavi. Es war eine Grauschimmelstute mit einer W'iderristhohe vori 1,52 m, edel und schon, besafl aber eine gebundene Schulter, sowie eineri feinen Vorderfufibau.

S a d y I[I wurde im Gestiit des Baron Fechtig gezeugt von dem in Babolna gezogenen Beschaler Schwarzenberg und ist eine Tochter de r Vorigen. Es war eine groflrahmige, kraftige Stute mit wuchtiger Schulter und gutem Fundament in der Vorhand. Die Hinterhand konnte mehr Kaliber haben. Sie war uberaus fruchtbar.

S e 1 i m 1828 war ein Sohn der Vorigen von Bairactar 0. A. Es war ein Schimmel mit kraftigem Riicken und solider Kruppe, im ganzen aber nicht harmonisch vollendet. Er deckte nur kurze Zeit im Gestiit und konnte rinige Mutterstuten erzeugen.

A m u r a t h 1829 war rechter Bruder zu Vorigem. An Schonheit, regelmafligem Bau und hochedlem arabischem Ausdruck stand er seinem Vater nur wenig nach, ubertraf aber seinen Vater mit seiner Knochenstarke und seiner Grofle von 1,62 m.

RUEFF sagt von ihm: ,,Dieses Pferd ist wohl einer der vollkommen- sten Araber, nie habe ich ein besser gebautes und edleres Originaltier ge- sehen". Obwohl er den Dienst eines Beschalers haufig unwillig und saum- selig versah (JAGER 8), war er do& sehr produk- tionsfahig. Seine Nach-

A m u r a t h 1829, nach dem Leben gezeichnet von E. V o l k e r s

kommens-&aft zeichnete sich durch Adel, Regelmafligkeit im Bau und guren Gang aus. Mit vie1 Bairactar-Blut fuhrenden oder von Originalarabern ab- stammenden Stuten erlangte er seine besten Zuchterfolge.

H a z a m IV, eine Tochter der Sady I11 von Bournu 1821, brachte nach Bairactar 0. A. den Schimmelhengst M a z u d. Er war ein herrliches Tier, ein wahres Ideal von einem edlen Pferde, aber nur 1,52 m hoch. I ler strenge Hippologe wurde an diesem Hengst, von seiner Grofle abgesehen,

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A r a b e r z u c h t i m P r i v a t g e s t u t W e i l 459

gewii3 keinen Make1 entdecken, alles bei ihm steht in schonstem Ebenmai3, alles ist schon, edel und grazios, dabei dieses Feuer, diese Lebenskraft, der schone Kopf mit den klugen strahlenden Augen, die unubertreffliche Formation des Halses, des Widerristes, der Kruppe, der Schulter und Fiii3e, das schone und glfnzende seidenartige Haar, die lange, dunkle Mahne und der volle hochtragende Schweif (JAGER 8). Nachdem er sich in der W e i 1 e r Herde als Stutenvater gut bewihrt hatte, wurde er wegen eines Augen- fehlers verkauft.

A b u 1 u 1 u IV, eine Tochter der Hazam IV nach Dzelaby 0. A. fuhrte die miitterliche Linie der Familie weiter.

Die Stutenfamilie der H a m d a n y setzt sich bei weiterer Festigung des Blutes auf Rairactar 0. A. fort und verliert spzter von dem Moment an, als dieses Blut in den Hintergrund tritt, an Bedeutung. Ihre weibliche Linie erlosch in W e i 1 nach XI Generationen, jedoch ist ihr Blut durch ihre Be- schaler noch in allen lebenden Produkten W e i 1 e r Abstammung erhalten geblieben.

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111.

Stutenfamilie Czebessie I1

C z e b e s s i e I1 wurde 1828 von einem Herrn hlassaik in Marseille gekauft. Es war eine originalarabische Rappstute ohne Abzeichen rnit einer Widerristhohe von 1,65 m.

S a f r a I wurde ein Jahr fruher erworben. Sie war nach einem unbe- kannten arabischen Hengst Tochter der Vorigen. Eine Schwarzschimmel- stute mit einer Widerristhohe von 1,68 m. Sie griindete in W e i 1 eine er- folgreiche Stutenfamilie, die ihre Gipfelpunkte in bewahrten Beschflern findet.

C z e b e s s i e IV ist eine Tochter der Vorigen nach Chaban 0. A. Sie begrundete eine Stutenfamilie, die, nachdem ihr sehr vie1 Blut original- arabischer Hengste zugefuhrt worden war, in VII. Generation rnit dem In- xuchtprodukt auf Bairactar 0. A. S e g 1 a v i 1864 endigt. Seglavi 1846, ein Sohn des Inzestprodukts Bournu 1849, bewahrte sich in W e i 1 aui3er- ordentlich als Stutenvater.

W a n d a I war ein Produkt von Bairactar 0. A. aus der Safra I. Si2 ist die Begrunderin des erfolgreichsten Zweiges dieser Familie. Sie festigte sich durch Inzestzucht auf das Blut von Bairactar 0. A. und gelangte uber S a f r a I1 zu K e r e j a V, die das weibliche Erbe weitertrug, und deren Schwester B e k o w 11, die nach einer weiteren Inzestzucht mit Amurath 1829 ihre Linie mit B o u r n u 1849 beendete.

B o u r n u 1849 war ein hochedler Schimmel mit dunkler Mahne und dunklem Schweif, maf3 1,63 m und zeichnete sich besonders durch seinen schonen Kopf, Hals, guten Rucken und gut gestellte Hinterbeine aus. Er vererbte sich, richtig verwendet, sehr gut und stellte da, wo der Adel bei der Stute verschwunden war, diesen namentlich in bezug auf den Kopf in der Nachzucht wieder her (HUGEL 7).

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460 W E I S S

B o u r n u 1849

B e k o w 111 A m u r a t h 1844 1829

Safra I1 Amurath 29 Sady 111 Bairactar OA

K e r e j a V setzt mit der Gadir 0. A.-Tochter K e r e i a VI ihr Erbe fort. Letzterer gelingt es wieder, diese Familie in

Fiirstl. zu Wiecl’sd~es Armiv A m u r a t h 1881

zwei Zweige zu spalten, von denen der kurzere in Amurath 1881 endigt. Diese Linie fuhrt ubei- die Seglavi 1864-Tochter S e l m a z u K o h e i l 111, die durch ihren Er- zeuger Mehemed Ali Blut einer alten Familit aus Babolna mitbringt .

A m u r a t h 1881 ein Sohn der Koheil I11 bekommt durch seinen Erzeuger T a j a r 1873 wieder eine starke Kon- solidation auf das Blut der alten Weiler 2uch.c. Er geht in direkter mannlicher Linie auf Bairactar 0. A. zuruck. Es war ein Muskatschim- me1 mit einer Wider- risthohe von 1,67 m.

Insgesamt weist er an Inzuchten auf: G a d i r 0. A.: IV-I11 AR Goumousch Bournou 0. A.: VII-VII-VIII-VIII-VIII-VIII-VIII-VIII AR C h a b a n 0. A: VIII-VI-VI AR Eairactar 0. A.: VII-VII-VI-VII-VIII-VIII-VII-VI-V-VI-VI-VI-VI-V AIR S e 1 i m 1828: VJ-VII AR Amurath 1829: V-VI-1‘1-V-IV-V-IV AR

Czebessie I1 0. A.: VIIT-IX-IX AR M u r a n a I 0. A.: VIII-VIII AR Sady 111: VII-VI-VII-VIII-VII-VI-V-VII-VI-VII-V AR

Er bewahrte und vervollkommnete, im arabischen Vollblut aufgestelk, den einheitlichen T y p der E r e i 1 e r Araber, dic zu jener Zeit das Model! eines ziemlich groflen, starken Pferdes mit auspesprochen arabischem Cha- rakter darstellte. Seine Tochter wurden auserkoren, sein Blut in der Herde

M a z u d 1538: V-V AR

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A r a b e r z u c h t i m P r i v a t g e s t u t W e i l 46 1

meiterzufuhren. Von seinen Sohnen wurde in W e i 1 keiner entsprechend ausgenutzt, und damit starb in diesem Gestut der mannliche Stamm eines L a i r a c t a r s O . A . aus. Wie gut sich aber sein Blut in mannlichem Stamme bewahrte, zeigt der heutige Hauptbeschaler von Janow-Podlaski A m u r a t h - S a h i b , dcr sogar auf ihn ingezogen ist.

Foto. Bilke

A m u r a t h - S a h i b

Sdlimmel gez. 1932 i. Gest. Berniow

S a h i b a A m u r a t h I1

Douka Nana-Sahib Fatme OA Amurath 1881

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Nach zehnjahriger Gestutstatigkeit in W e i 1 wurde er 1895 nach Radautz verkauft. Dort wirkte er im arabischen Reinblut, arabische Rasse, Gidrans und im englischen Halbblute. Durch seine Fruchtbarkeit und die Vererbung seiner hervorragenden Eigenschaften bewahrte er sich bestens,

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462 W E I S S

wie selten ein anderer Hengst. Noch heute ist iiberall, wo in Usterreich, Ungarn oder Polen arabische Pferde geziichtet werden, in deren Blut s icbx ein Tropfen von Amurath 1881 vorhanden. Von Radautz aus kamm einige seiner Sohne von der Halbblutzucht wieder zu uns nach Deutschlarid und wirkten mit grofltem Erfolg in der Landespferdezucht.

In Celle stand der Amurath 1881-Sohn A m u r a t h I 1898 aus der Nr. 314 von Gidran XXIV ox, einer Radautzer Schimmelstute rnit nur wenig arabischem Vollblut. Er lieferte nur Schimmel. Bei seinen Nachkorn- men findet man heute nur noch Nerv und Temperament, hin und wieder auch einen Araberkopf. Hengste dieser Linie fallen insbesondere dur ih Gang und Eleganz auf. Von Celle aus ging das Blut von Amurath I 1898 auch nach dem Landgestiit Redefin und bewahrte sich dort nicht minder.

In Trakehnen wurde wohl ein Amurath 1881-Sohn aus Radautz auf- gestellt, erlangte aber keinen sehr bedeutenden Einflufl.

Bei den Holsteinern sind heute fast ausschliefllich die Amurathsohne und vor allem deren Tiichter die Trager der Halbblutaraber. Hier war cler Griinder dieser groflen Familie ein Deiviertelbruder zu Amurath 1898.

S a b i n e von Seglavi 1864 aus der Kereja VI ist eine rechte Schwes1.er zu der oben beschriebenrn Selma V. Sie bildet die Grundlage der Stutm- linie der Familie C z e b e s s i e 11, die noch iiber funf Generationen weirtx- fiihrt.

D u e b a nach Djerid 0. A., eine Tochter der Vorigen, war e>ne Honigschimmelstute mit 1,54 m Widerristhohe. Sie war sehr fruchtbar und t ra t ihrer gut gemachten Hengste wegen besonders hervor.

II y n a m i t war ein Honigschimmel von Souakim (IV) aus der Dueba. Es war ein groflrahmiger Hengst mit langen Linien, ausgepragtem ara- bischeni Profil an einem Hengstkopf, langem, elegantem Hals, gut be- muskelter schrager Schulter, breiter Brust, gut ausgepragtem Widerrisr, langer Kruppe und kraftiger Hinterhand. Er machte ;\Is Dienstpferd unter Erbprinz Hermann zu Wied den Weltkrieg 1914-1918 mit und kam in- schlieflend als Beschfler ins Gestut. Seine Produkte waren durchwegs kr i f iig, nur mangelte es ihnen haufig am Adel.

D u k a t e n war aus der Dueba ein Amurath 1881-Sohn, grog im Format, figurant, schon und edel im Ausdruck. Er deckte mit bestem Er- folg im Gestut Visnjvci unter dem &amen ,Amurath". Als Angehoriqer der Stutenfamilie Czebessie I1 war er iiber die mutterliche Linie seines Er- zeugers auf den von dieser Stammstute ausgehenden Zweig, der sehr stark auf Bairactar stand, ingezogen.

A m o u r e t t e war rechte Schwester zu dem eben beschriebelen Hengst. Sie war die einzige Tochter der Dueba, die in der Zucht verwendet wurde. Sie war sehr fruchtbar und konnte die mutterliche Linie der Czebessie I1 noch fur weitere Generationen erhalten.

Die Stutenfamilie der C z e b e s s i e I1 wurde iiber dreizehn Genera- tionen in W e i l geziichtet und ging dann durch Verkauf dem Gestutsbe- trieb verloren. Diese Familie verschaffte sich vor allem durch ihre Hengste,

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A r a b e r z u c h t i m P r i v a t g e s t i i t W e i l 463

die als Beschaler Verwendung fanden, Einflui3 auf den Blutaufbau samtlicher in W e i 1 gezogener arabischer Pferde. Nicht durch Nachlassen ihrer Lei- stungsfahigkeit ist die Familie eingegangen, sondern sie fie1 der Verkleine- rung der Herde zum Opfer. Wie leistungsfahig die Familie no& in

Fiirstl . zu Wird’adirs A r d i i v

D y n a m i r

Honigschimmel gez. 1902 i. Gest. Vc’e i 1

D u e l a S o u a k i m

Sabine Djerid OA Smyrna OA unlek. Hengst

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XI. Generation war, zeigen die vielen, gerade in dieser Generation ent- sprofiten Beschaler. Es waren dies die Hengste Dolmetscher, Araber und A m Stein, welche alle der Padischah 0. A.-Tochter aus der Amourette A m a d i n e entsprossen. Tochter der Amadine waren es auch noch, welche die Familie urn eine Generation weiter im Gestutsbetrieb vertraten. Hat te das Blut dieser Familie nicht eine solche Leistungsfahigkeit besessen, ware es sicher schon friiher der oft strengen Inzucht, die darauf getrieben wurde, zum Opfer gefallen.

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A r a b e r z u c h t i m P r i v a t g e s t u t W e i l 465

N a n a S a h i b nach Selim (I) ein brauner Hengst aus der Smyrna, fuhrte das BIut von Amurath 1881 in mannlicher Linie urn mehrere Gene- rationen weiter. Im Gestut nicht verwendet, leistete er an das Ackerbau- ministerium Wien verkauft als Beschaler sehr viel Gutes.

S m e t a n a ist rechte Schwester zu dem Vorigen. Es war eine frucht- bare Mutterstute, die das weibliche Erbe ihrer Familie in ihren Nachkonimen am kingsten erhalten konnte.

Wurde schon mit Smvrna 0. A. selbst auf ihr eigenes Blut Inzucht ge- trieben, wie dies bei ihrem Sohn Siniili von Samum (1)-Souakim-Smyrna (1-111 AR) der Fall war, so waren die Mijglichkeiten bei ihren Nachkom- nien weitaus geeigneter und wurden auch wahrgenommen.

Ihre beiden zur Zucht verwendeten T6chter Smetana von Selim (I) und Sulamith von Djeilan 0. A. brachten mit nur einzelnen Ausnahmen Pro- dukte, die eine Inzucht auf diese Famihe aufwiesen. Diese Inzucht wurde noch in einer spateren Generation fortgesetzt, und dabei entstand B e s s u s.

n e s s u s war ein Produkt von D y n a m i t (111) aus der B e t t i n a , einer Tochter von A ni S t e i n (111) aus der S m e t a n a. Es war ein typ- loser brauner Hengst, groi3rahmig mit einem grofien, groben Kopf, einem Flirschhals mit viel Aufsatz, gut ausgepragtem und langem Widerrist, ge- nugend schrsger Schulter, tonnigem Rumpf, langer, etwas abschussiger Kruppe mit einem wenig hohen Schweifansatz. Er war auf Smyrna in III-V-I11 AR ingezogen, und zwar uber ihren Sohn Souakim zweimal und einmal iiber Smetana. Es bestatigt sich damit deutlich die in letzter Zeit in Marbach gemachte Erfahrung, dai3 eine Inzucht auf Souakim bei den Pro- dukten an Adel immer zu wunschen ubrig Iaflt, jedoch aber an Kaliber gewinnt.

Die Stutenfamilie S m y r n a konnte nur iiber Souakim sich im Blut- aufbau der W e i l e r Araber erhalten. Im Laufe der Jahre wurde die Familie durch Inzucht gepruft und festgestellt, daB sie dabei an Adel verliert.

V.

Stutenfamilie Hassfoura

H a s s f o u r a 0. A. wurde 1819 von Graf Rzewusky erworben. Sie war eine Silberschimmelstute und mit 1,68 m eine der groBten, starksten und solidesten von den arabischen Stuten, dabei edel, sehr schnell, aber etwas weich gefesselt (RUEFF 9). Die Schnelligkeit und Leichtigkeit im Laufe waren ihr besonderer Schmuck im Gestut (RZEUI'USKY 15).

E 1 k a n d a I war eine Schwarzschimmelstute von einem unbekannten arabischen Hengst aus der Vorigen. Sie kam als Fohlen bei FuB rnit der Mutter ins Gestut. Sie erwies sich als sehr fruchtbar und gehorte zu den edelsten und schonsten Stuten des Gestiites.

B a n k a I war nach Bournou 0. A. eine Tochter der Elkanda I. Von ihr gehen die Linien aus, die sich von der Stutenfamilie Hassfoura am besten bewahrt haben.

Die eine Linie, welche von der Banka I ausgeht, fiihrt unter Inzestzucht auf Bournou 0. A. uber K a a b a I1 zu E 1 k a n d a IV, wobei durch Cham

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466 W K I S S

0. A. die Inzucht aufgelockert wird. In der weiteren Ahnenreihe wird be; E 1 k a n d a V das Blut von Amurath 1829 eingefugt und durch Gadir 0. A. bei 0 b e j a das Blut auf den Starnm der Saklavi-Djedran gefestigt. Aus diesem Fundament entsproflt nach starker Inzucht auf die bewahrten Stutzert der alten W e i 1 e r Zucht durch T a j a r 1862 (I) das bedeutendste Produkl: der Familie Hassfoura, T a j a r 1873, der Vater von Amurath 1881 (111). Mit diesem Hengst findet diese Linie in VIII. Generation ihr Ende.

Die andere Linie der Banka I bekommt zuerst das Blut von Bairactar 0. -4. zugefuhrt und geht uber G o a I zu G o a I1 nach Chaban 0. A. Erst

H a s s f o u r a, nach dem Leben gezeichnet von R u d . K u n t z

in V1. Generation kommt hier eine In- zucht durch Amurath 1829 bei G o a II[ vor, um bei Boa 111 schon wieder durcli Hedban O.A. aufge- lockert zu werden. Bri G o a I V kommt wieder durch dereii Erzeuger T a j a r 1851 eine Inzucht auf Bai- ractar 0. A. unti Bournou 0. A. zu- stande. Nach Djeritl 0. A. entsteht in IX.. Generation A n u s a , die als letzte Stute dieser Familie in der Zucht in W e i 1 ta.- t in war. Sie konnte n&h zwei Hengstc,

A n a r c h i s t von Amurath 1881 und A n v i l nach Padischah O.A., bringen, die beide als Beschaler ins Ausland gingen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dai3 die Stutenfamilie Hassfoura abweichend von der in W e i 1 ublichen Blutkombination gezogen war. Fur die Vollblutzucht in W e i 1 erlangte nur der Beschiler T a j a r 1873 eine Bedeutung.

VI.

Stutenfamilie Koheil-Aguse

K o h e i 1 - A g u s e wurde 1852 im Gestut Abbas Pascha in Chabra bei Kairo von einem unbekannten arabischen Hengst tragend, erworben. Es war ein gut gebautes Tier mit hochedlem Ausdruck und groi3er Schnellig- keit. Sie gehorte der Rasse Koheilan-Adjouz an. Ihre Nachkommen zahlten zu den besten im Gestut (RUEFF 9).

S a i d a I war das Produkt eines unbekannten arabischen Hengstes aus der Vorigen. Sie bewahrte sich von den Nachkommen der Koheil- Aguse am besten, konnte jedoch keine lange Stutenlinie griinden, sondern beendete den ziichterischen Einflufl der Familie mit einem Hengst.

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K o b i , ein Produkt der Vorigen nach Tajar 1851 (VII), war nach dem Bruder ihres Erzeugers Mutter von A m u r a t h - B a i r a c t a r. Er wurde als Beschaler nach Babolna verkauft und bewahrte sich dort sehr gut als Stutenvater. In seiner Nachzucht erwies er sich sehr gut und ist einer der wertvollsten Ahnen von sehr vielen noch lebenden Nachkommen (ARENT- SCHILDT).

Die Stutenfamilie der Koheil-Aguse konnte ihr zweifellos hochwertiges Blut nicht in den Wei le r Blutaufbau einmischen. Nur durch ihren Sohn A in u r a t h - B a i r a c - t a r ist es ihr gelungen, sich weiter im Blute ara- bischer Pferde zu be- haupten.

K o h e i 1 - A g u s e , nach dem Leben gezeichnet iron E. V o l k e r s

VII.

Stutenfamilie Geyran I

G e y r a n I wurde 1819 durch Graf Rzewusky gekauft. Sie gehorte der Rasse Koheil an. Es war eine kastanienbraune Stute

G e y r a n I, nach dem Leben gezeichnet von R u d . K u n t z

mit 1,60 m Wider- risthohe, erhabe- ner Vorhand, vie1 Geist, Kraft und Schnelligkeit, aber etwas gedrosselten

Schienbeinen (RUEFF 9). Die

Regelmafligkeit der Hinterhand und die gute Be- muskelung dersel- ben gaben ihrem Gang die Schnel- ligkeit eines Pfei- les, ein Kennzei- chen dieser Stute, welche zu den edelsten gehort, die man irn Ge- stut findet (RZE- WUSKY 15).

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468 W E I S S

Diese Stutenfamilie fuhrt iiber die Bairactar 0. A.-Tochter G e y r a n I[ zu dem Produkt einer Inzucht auf denselben Erzeuger, G e y r a n I11 nadi Mazud 1838 (11). Nach weiterer Inzucht auf Bairactar 0. A. durch Arnurath 1829 (11) wurde Geyran I11 Mutter der beiden Beschaler T a j a r 185 1 und

Braun

T a j a r 1,64 rn

gez. 1851 i. Gest. W e i 1

A m u r a t h 1,64 m

gez. 1855 i . Gest. W e i 1 Schwarzshirnmel

G e y r a n 111 A r n u r a t h 1829 Mazud Sady 111 Bairactar OA Geyran I1

c 00 N c.

A m u r a t h 1855, die sich beide in W e i 1 in der arabischen Vollblutzucht bewahrten. Damit beschloa diese Familie ihren zuchterischen Einflua.

Zusammenf assung Durch die damaligen wirtschaftlichen ErfolSe einer solchen Zucht I:r-

muntert, erfolgte 1817 die Griindung der arabischen Vollblutzucht auf tler

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A r a b e r z u c h t i m P r i v a t g e s t i i t W e i l 469

Scholle des Gestiites W e i l durch Konig Wilhelm I. Im Laufe der ge- schichtlichen Entwicklung verlor das arabische Pferd an seiner Bedeutung als Gebrauchspferd. Seine Daseinsberechtigung fand es aber als Regenerator in der Halbblutzucht, wozu bei der W e i 1 e r Herde noch die historische Bedeutung kam. Durch die gleichmafligere und bessere Ernahrung, wie sie das arabische Pferd in seiner Heimat nicht gewohnt ist, und durch die natiirliche Einwirkung der W e i 1 e r Scholle nahmen die Araber rasch an Grofie und Knochenstarke zu, verloren aber nichts an Adel. Das Fort- schreiten der Zunahme von Wuchs und Kaliber is t in den ersten Gene- rationen der in \V e i 1 aufgezogenen Araber starker ausgepragt und liegt sp2ter meist nur noch in naturlichen Grenzen. Die Korpergrofle nimmt haufig wieder ab; wenn ein Originalaraber von kleinem Wuchs in den Blut- aufbau der W- e i 1 e r Araber eintritt. Derselbe Vorgang wird teilweise bei starker Inzucht auf ein kleines, arabisches Pferd beobachtet.

Die Fruchtbarlreit und Langlebigkeit der arabischen Pferde litt trotz dem veranderten Klima und Fiitterung nicht unter der Aufzucht in W e i 1 . Sie nahm sogar, gerade was die Fruchtbarkeit betrifft, nach uberstandener Akkliniatisation zu.

Die W e i 1 e r Araberherde erlangte weit iiber Deutschlands Grenze hinaus ziichterische Bedeutung.

Von durchschlagender Vererbungskraft erwies sich durchwegs eine starke Konsolidation auf den Originalaraber B a i r a c t a r im besonderen und auf das Blut des Stammes Saklavi-Djedran im allgemeinen.

Das \V e i 1 e r Zuchtschema aus seiner Bliitezeit kann man direkt als Schulbeispiel fur eine Inzucht ansehen. Neben vorsichtigem Einfiigen neuen Blutes griff man immer wieder auf die alten bewahrten Blutstrome zuruck.

Die ziichterischen Erfolge, die in W e i 1 erreicht wurden, beweisen, dai3 es sehr wohl moglich ist, mit bestem Material und ziichterischem Fingerspitzengefiihl in unserem Klima Araber mit allen ihren Vorteilen zu z k h t e n .

Li tera tur 1. AMMON, KARL WILHELM, Nachrichten von der I’ferdezucht dcr Araber und der ara-

bischen Pferde. Nurnberg 1834. 2. Gestiitsverwaltung von W e i 1, Stutbuch. Wurde am 1 . Oktober 1894 begonnen. 3. Gestiitsverwaltung von W e i 1, Hengstregister. Wurde am 1 . Oktober 1894 begonncn. 4. Gestiitsverwaltung von W e i I , W e i 1. Das Privatgestiit Seiner Majestat des Konigs

Wilhelm 11. von Wiirttemberg. Verlag von Schickhardt & Ebner, Stuttgart 1902. 5. Gestiitsverwaltung von W e i 1, Stutbuch von W e i 1. Das Privatgestiit Seiner Majestat

des Konigs Wilhelm 11. von Wiirttemberg. Verlag von Schickhardt & Ebner, Stutt- gart 1908.

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Konigs Wilhelm yon Wiirttemberg. Verlag von Ebert & Seubert, Stuttgart 1846. 8. JAGER, AUGUST, Das orientalische Pferd und das Privatgestiit Seiner Majestat des Konigs

von Wiirttemberg. Verlag von Adolph Becher, Stuttgart 1846. 9. JANKE, W., KORTE, A,, SCHMIDT, C. VON, Jahrbuch der deutschen Viehzucht nebst

Stammzuchtbuch deutscher Zuchtherden. Enthalt einen Beitrag von Prof. RUEFF. Erster Jahrgang, Erster Band, Breslau 1864.

10. Kgl. Landgestiitskommission, Die Pferdezucht Wurttembergs, Abbildungen ausgezeich- neter Zuchtpferde BUS dem Privatgestut Seiner Majestit des Konigs und des Konig- lichen Landgestiites.

11. LEHRNER, KLAUS Jos., Beitrag zur Kenntnis der Zucht des arabischen Pferdes im Gebiet des ehemaligen Kroatien und Slovenien unter der besonderen Beriicksichtigung der Bedeutung der Privatgestiite Visnjevci und Innosenshof. Diss. nied. vet., Wien 1943.

3 2. f . Tierzi iktg. u. Zidi tgsbio l . Rd. 59 HPft 4 31

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17. 1s .

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LUKOMSKI, VON, Das arabische Pferd in Slawuta und anderen Gestiiten des siidwest- lichen Ruglands. Verlag Schickhardt & Ebner, Stuttgart 1906. PENTZ, E. A. VON, Wiirttembergische Warmblutzucht. Verlag Schickhardt & Ebner, Stuttgart 1925. RAU, GUSTAV, Deutsche Landespferdezucht in1 Vergleich zur Landespferdezucht in Frankreich und Ungarn. Verlag von Schickhardt & Ebner, Stuttgart 1904. RZEWUSKY, Graf WEKZESLAS, Mines de l’Orient. SCHULTZ, ALFRED, Das mecklenburgische Landgestiit Redefin mit besonderer Beruck- sichtigung seiner Geschichte und seiner Bedeutung fur die Zucht. Diss. Leipzig 1935. SEYDEL, H., Das arabische Vollblut. Diss. Breslau 1934. VOGEL, ERWIN, Untersuchungen iiber Pflanzenbestande und deren Beziehung zu Bodsrn und Pflegemahahmen auf den Wiesen- und Weideflachen des Gestiites W e i 1 bei E!:s- lingen am Neckar. Diss. Hohenheim 1927. WECKHERLIN, Landwirtschaftliche Beschreibung der Koniglichen Besitzungen. Corre- spond. Blatt d. Wurttbg. Landwirtschaftl. Vereins 7, 1825. Wow, J. J., Die Staats- und Landespferdezuchtanstalten Wiirttembergs mit einer Ein- leitung iiber ihre geschichtliche Entwicklung aus den vorrnaligen furstlichen Hcif- gestiiten. Verlag der Ebner’schen Buchhandlung, Ulrn 1876.