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(Aus dem Psychologischen Institut der Universitat Berlin.) Analyse yon Vorgiingen im Spurenfeld. Von Wolfgang KShler und Hedwig yon Restor[f. I. t~ber die Wirkung yon Bereiehsbildungen im Spurenfeld. Von tledwig von Restorer. Mit 2 Text~bbildungen. Alle hier mitzuteilenden Untersuchungen sind zuletzt auf das Pro- blem der Reproduktion gerichtet, aber nur ihr zweiter Tell betrifft dieses Problem unmittelbar. Die Untersuchungen dieses ersten Teiles wurden nachtri~glich unternommen, am die sogenannte riickwh'kende Hemmung und verwandte Erscheinungen gegen ~ul]erlich ~hnliche Sach- verhalte abzugrenzen, yon denen der zweite Teil handelt. Der Begriff der rfickwirkenden Hemmung gehSrt zu einem bestimmten System yon s Sokommtes, dal~in denVersuchen des ersten Tefles ,,]~eihen" eingepr~gt und dann an ihnen Priifungen vorge- nommen werden muBten, wie vor 20 oder 30 Jahren. Dieses Verfahren ist aus der Mode gekommen. Jeder hat heute das Geffihl, dab da Lernen, Behalten, Vergessen, Reproduzieren, Wieder- erkennen in sehr speziellen und sonderbaren Situationen untersucht werden, und dab die Ergebnisse deshalb nur yon begrenztem Wert fiir die allgemeine Psychologie sein kSnnen. Zweifellos haben diese Methoden die Kritik Poppelreuters und anderer wirldich verdient. Die Bedeutung der Untersuchungen yon Poppelreuter 1, Kiihn2 und Lewin 3 haben wir auch keineswegs verkannt 4. Abet wenigstens so lange hat die s Methodik noch nicht alle Dienste geleistet, die sie uns leisten mii~te, als nicht voile Klarheit geschaffen ist fiber die Natur ihrer Ein- seitigkeit und die Sonderbeschaffenheit der betreffenden Situationen. 1 Z. Psychol. 61 (1912). 2 Z. Psychol. 68 (1914). 3 Psychol. Forsch. ! u. 2 (1922). 4 Soeben ist noch die Kritik Bartletts hinzugekommen (Remembering, Cambridge 1932).

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(Aus dem Psychologischen Institut der Universitat Berlin.)

Analyse yon Vorgiingen im Spurenfeld. Von

Wolfgang KShler und Hedwig yon Restor[f.

I.

t~ber die Wirkung yon Bereiehsbildungen im Spurenfeld.

Von tledwig von Restorer.

Mit 2 Text~bbildungen.

Alle hier mitzuteilenden Untersuchungen sind zuletzt auf das Pro- blem der Reproduktion gerichtet, aber nur ihr zweiter Tell betrifft dieses Problem unmittelbar. Die Untersuchungen dieses ersten Teiles wurden nachtri~glich unternommen, am die sogenannte riickwh'kende Hemmung und verwandte Erscheinungen gegen ~ul]erlich ~hnliche Sach- verhalte abzugrenzen, yon denen der zweite Teil handelt. Der Begriff der rfickwirkenden Hemmung gehSrt zu einem best immten System yon s S o k o m m t e s , dal~in denVersuchen des ersten Tefles ,,]~eihen" eingepr~gt und dann an ihnen Priifungen vorge- nommen werden muBten, wie vor 20 oder 30 Jahren.

Dieses Verfahren ist aus der Mode gekommen. Jeder hat heute das Geffihl, dab da Lernen, Behalten, Vergessen, Reproduzieren, Wieder- erkennen in sehr speziellen und sonderbaren Situationen untersucht werden, und dab die Ergebnisse deshalb nur yon begrenztem Wert fiir die allgemeine Psychologie sein kSnnen. Zweifellos haben diese Methoden die Kri t ik Poppelreuters und anderer wirldich verdient. Die Bedeutung der Untersuchungen yon Poppelreuter 1, Kiihn2 und Lewin 3 haben wir auch keineswegs verkannt 4. Abet wenigstens so lange hat die s Methodik noch nicht alle Dienste geleistet, die sie uns leisten mii~te, als nicht voile Klarheit geschaffen ist fiber die Natur ihrer Ein- seitigkeit und die Sonderbeschaffenheit der betreffenden Situationen.

1 Z. Psychol. 61 (1912). 2 Z. Psychol. 68 (1914). 3 Psychol. Forsch. ! u. 2 (1922). 4 Soeben ist noch die Kritik Bartletts hinzugekommen (Remembering,

Cambridge 1932).

300 H. yon Restorff:

Dieses Ziel ist in jener Kri t ik noch nicht ganz erreicht. - - Es genfigt auch nicht, wenn etwa tadelnd gesagt wird, das Einpr/~gen yon l~eihen indifferenter Glieder sei ~iir die Versuchspersonen sinnloses Tun. Sie unterziehen sich im allgemeinen solehen Aufgaben, solange sie iiber- zeugt sind, dag dar ius fiir die psychologische Erkenntnis irgendein Gewinn entspringen wird, ~ueh wenn sie den eben nicht selbst sehen k6nnen und d/irfen. So wird ihr Tun doch in grSBerem Zusammenh~ng etwas sinnvoIIer. Und wit wollen uns j~ nieht t/~usehen: Millionen yon Menschen stehen Tag ffir Tag in prgktisehen Arbeitssituationen, die k~um viel direkter sinnvoll ftir sie sin& Man ~ r d also der klassischen Ged/~ehtnispsychologie k~um den Vorwurf allzu grol]er Lebensferne machen k6nnen, nur weft sie ihre Vpn. ebenf~lls in sinnarme Situutionen bringt. - - Uberdies ~ber verkennt der Vorwurf in seiner allgemeinen Form einen wesentlichen Umstand: Alles psyehologische Experimen- tieren wird gelegentlich, u m Kl~rhei~ zu sch~ffen, in best immter Hin- sicht extreme Saehlagen herstellen und dadureh yon den gew6hnlichen Lebensbedingungen ~bweichende Herggnge herbeifiihren. Nur so k6nnen oft die wissenschaftliehen Entseheidungen erzielt werden.

Indessen ist es ein bedeutender Untersehied, ob man einmal extreme und sonst kaum vorkommende Bedingungen p]anm/igig ansetzt oder ob alles Experimentieren ~uf einem Gebiet unvermerkt zu einem Ope- rieren in Extremlage wird. Das letztere ist in der klassischen Geds psyehologie geschehen, und hiervon hgndelt der erste Teil dieser Unter- suehungen. In ihm wird deutlich, dal3 die klassisehe Methodik das Gewinnen und Festhalten von Lernwirkungen fortw~hrend dem Ein- flug yon intensiven Gegenkrgften aussetzt, und dag vor allem dieser Saehvertmlt den Vorgang zu einer Plage ftir die beteiligten Mensehen maehen nluB.

Wiehtiger freilieh als solehe Methodenkritik sind dann die Saeh- fragen naeh der Natur jener Gegenkr/ffte, naeh ihrem Verh/~ltnis zum Begriff der r/iekwirkenden Hemmung und naeh ihrem Zusammenhang mit dem Gestaltproblem geworden.

Weml man eine Reihe vonl Typus ties nebenstehenden Beispiels mehrmals aufmerksam durchsieht und sich die 8 Paare einzupr/tgen versueht, so scheint, dem subjektiven Eindruck naeh, diese Absicht besser erreicht zu werden fiir die Paare, deren Materialart, nur einmal vorkommt, als fiir die sinnlosen Silben, yon denen die Reihe 4 Paare enth~lt. Es fragt sieh, ob der subjektive Eindruck in objektiver Priifung best/~tigt wird, und - - wenn es der Fall ist - - ob die sinnlosen Silben ger~de wegen ihrer Hdiu/ung in einer solchen Reihe so viel sehlechter gestellt sind, oder wegen ihrer Beschaffenheit an und /iir 8ich.

Uber die Wirkung yon Bereichsbildungen im Spurenfeld. 301

Wegen der zwei ten F r a g e wird die Prf ifung zweckmi~fiig sogleich in der F o r m ausgefi ihr t , dai] m a n seinen Vpn. n ich t nur eine l%eihe, sondern naehe inander im ganzen 5 (unter verg le ichbaren Umsti~nden und in h in re iehenden Ze i tabs t / inden der Einzelreihen) zur E inp r s vorf i ihr t , yon Reihe zu 1%eihe uber die Beispiel: iY[aterialart wechsel t , d ie jeweils in 4 P a a r e n (also ge- laf - - rig h~uft) au f t r i t t . Es hande l t sich u m 5 Mate r i a l a r t en ; I deshalb is t nach 5 g e i h a n der Zyk lus vol lendet , und ~ I I nun jade Ma te r i a l a r t in 4 Re ihen je als E inze lpaa r (isoliert), auI]erdem einmal zu 4 1)aaren in einer l%eiha dok - - par (geh/tuft) vorgekommen. Pr i i f t m a n also nach dem 89 - - 46 Trefferverfahren, so s ind die re in s ta t i s t i schen Chancen [ ' ~ [griinll fiir Treffer jeder Ma te r i a l a r t bei den isol iar t ges te l l ten z~il - - dap P a a r e n (I) im ganzen ebenso groB wia bei den in H/~u- S - - B lung (H) gegebenen. - - Die erforderl iehe Gesamtzah l tSg - - fem yon Einzelergebnissen wird bei solchen Versuchen a m bes ten dadu reh erreieht , dab yon vornhere in die TrefferzaMen einer Gruppe von Vpn. b e s t i m m t und zusammengereehne t werden.

Die folgenden Zahlen s ind das Ergabnis einer e rs ten solehen Pri i - fungsserie yon 5 Versuchsreihen, an weleher 4 Vpn. zugleich t e i l nahmen (Gruppenversueh) .

Die Instruktion bereitet auf sp~tere Trefferpriifung vor. Die wie im Beispiel angeordneten Paare werden sukzessiv und je ffir 2 Sekunden den Vpn. sichtbar gemacht. Nachdem eine Reihe 3mal vorgeffihrt ist, unterh/~lt sich der Versuchs- leiter 6 Minuten ]ang mit den Vpn. und nimmt dann die Trefferpriifung vor, wobei jede Vp. selbst fiir sich protokolliert. - - 25 Minuten sp/~ter beginnt die Einpr/~gung der niichsten 1%eihe usf. So nimmt der Gesamtverlauf bis zur Priifung der 5. Reihe kaum 21/~ Stunden in Anspruch. - - Als Treffer werden auBer den vollkommen korrekten Reproduktionen fiberall gleichmaBig auch diejenigen ge- rechnet, die nur eine ganz leichte Ver/inderung gegeniiber dem Original aufweisen (wie etwa bei der Reihensilbe ,,kiip" die Angaben ,,k6p" und ,,kiib").

T a b e l l e 1.

Trefferzahlen itir I ] Silben Figuren I Zahlcn ] ]r I F.arben Zusammen in Proz.

7 9 5 10 4 14 9 14 10 63 44% 79%

Obwohl as sich um geringe Gesamtzah len hande l t - - die hSchste Trefferzahl , welche die 4 Vpn. zusammen fiir je ein Mater ia l in dar H- oder der I -Kons t e l l a t i on erreiehen konnten , is t 16 - - is t das Ergebnis berei ts deutl ich. I n der I -Kons t e l l a t i on l iegt, und zwar bei jedar Mate r i a l a r t fiir sich, die Trefferzahl hSher als in der zugehSrigan

1 Es handelte sich um kleine farbige Rechtecke.

302 H. von R.estorff:

H-Kons t e l l a t i on . t l e c h n c t m a n alle H- und alle LTref fe r zusammen, so zeigt sich, da[3 die H - P a a r e wenig fiber 40%, die I - P a a r e dagegen fas t 80 % Troffer ergeben haben. Es scheint d a m i t fes tgestel l t , dal~ in solchen Re ihen eine geh/iuft au f t r e t ende Mat.erialart sieh aul~erordent.lich viol sehleehter e inprSgen oder beha l t en 1/~gt (odor beides zugleieh) als ein Mater ia l , das isolier~ zwisehen anders beschaffenem steht..

E ine Sieherung dieses Ergebnisses is t in mehrfacher Hins ich t cr- forderl ieh{ I n n e r h a l b einer 3 ' Ia ter ia lar t kann es Unterseh iede geben, die hier zufitllig die I -F/ i l le begf ins t ig t oder (lie H-Fi t l le sehleehter ges te l l t haben. Es werden also Kon t ro l lve r suche nStig, bei denen der ent- sprechende Mate r i a l aus t auseh vorgenommen ist. - - Einflt isse yon der A r t de r Ermt idung , abe t aueh der ~Jbung sind zu ber / icksieht igen und zu e l iminieren dadureh , dab die Reihenfolge umgekeh r t wird, in der die I-I/~ufung Reihe naeh Reihe die einzelnen Mate r i a l a r t en tr iff t . - - Die nahe zei t l iche Folge m a e h t EinfluB einer Reihe auf andere denk- bar , welcher in einer wei teren Serie du tch Vcr te i lung der Versuehs- re ihen auf versehiedene Tage ausgesehaltet , wird u. dgl. m. - - Aus solehen Gr i inden wurden naeh der e rs ten Serie yon zusammengeh6r igen Ver- suehsre ihen noeh 4 wei tere solche Serien aus Reihen des gleichen Ty ims durehgef i ihr t , j ede Serie wieder m i t e iner neuen Gruppe yon Vpn., so (lag, die ers te Serie eingereehnelb, schliel31ieh 5 Ser ien m i t im g,~nzcn 22 Vpn. vorlagen. Tab. 2 zeigt das Ergebnis dieser 5 Ser ien:

T a b e l l e 2.

Anzahl Serie Vpn.

Treffcrzahlon flit

S i l ~ _ _ - - - -

9 5 10 6 20 10 14 5 8 3

61 i29

4 I 7 4 I I 8 ,5 I I I 10 5 IV 7 4 V 4

22 I - - V [ 36

I - - V in Proz.

Die Zahl

10 4 14 2 18 9 12 4 11 4

65 123

]~arben ZllSg~lnlll Crl I l l 1)roz,

14 5

18 10

8

55

II I II I II I

9 14 11 13 16 19 1 ] > 9 5 10

52 65

10 16 10 13 16 20 6 18 7 15

I49 82

35 63 37 55 61 95 33 63 23 52

is9 32s

44% 79% 46% (V)% 61% 95% 33% 63% 28% 65%

43% 75%

69%133% 74% ~G der m6gliehen F'alle je liir H- und I-Konstellation einer gcrie

ergibt sich als Produkt tier Anzahl dcr Vpn. und 20 (4 ~Iaterial~rten, 5 ICeihen). Infolgedessen ist z.B. die Anzahl der ini g~nzen m6gliehen Fs jeder Art 440; davon haben 189 H- und 328 I-F/ille Troffer ergeben.

D~nach s t i m m t das Gesamtergebnis j eder sp/ i teren Serie mi~ dem de r e rs ten der R i c h t u n g nach vo l lkommen fiberein. Un te r den 25 ein- zelnen F/illen, in denen der H- und der I - W e f t der 5 Mater iaI~r tcn im ganzen zu vergle ichen ist, haben nur einmal die H-Troffer einen e twas h6heren W e r t erreiehb als die I -Treffer des g]eichen ~a t e r i a l s .

~ber die Wirkung von Bereiehsbitdungen im Spurenfeld. 303

Das ist im Resul ta t ftir Buchs taben in der Serie IV der Fall , und es leuehtet ein, daft Buchstaben, von denen es nur eine so begrenzte Zahl gibt, ein ungeeignetes Material ffir solche Serien yon Reihen darstellen, bei welchem StSrungen sogar in grSfterer Zahl h/~tten erwarte t werden kSnnen. Selbst die Fa rben aber, ob sie n u n mehr visuell oder in der Fo rm ihrer ,Namen eingepr~gt wurden, haben in jeder Serie mehr I- als H-Treffer ergeben.

Danach muft ten sich die Vpn. der klassischen Ged/~chtnisunter- suchungen so arg mfihen, n icht nur, weil sie sich gerade sinnlose Silben einpr~tgen und sie assoziieren sollten, sondern vor allem auch, weil es sich in der Regel um Reihen aus lauter sinnlosen Silben handelte, u m eine H/~ufung also, die noch betr/ichtlich fiber die des eben verwendeten Re ihen typus hinausging.

Die erste Serie ist schon besprochen. Die zweite unterscheidet sich (abgesehen yon der Einftihrung episkopischer Projektion bei Vorfiihrung und Trefferprtifung) yon der ersten nur dadurch, dal3 in jener die bisherigen I-Paare jeder MateriMart H-Paare werden und umgekehrt. - - In der dritten Serie kommt auf einen Ver- suehstag jedesmal nur eine Versuchsreihe. Da dies zu einem merkliehen An- waehsen der Trefferzahlen sowohl fiir die I- wie fiir die H-F/ille ffihrt, ist bei den Serien mit dichterer Reihenfolge stSrende Einwirkung einer Reihe aug die anderen ~nzunehmen, die in der Serie III fortfitllt oder stark herabgesetzt ist. Es wird sieh weiterhin zeigen, daft damit kein Einwand gegen das Verfahren in Serie I, II und IV, sondern nur eine Best~tigung des gleiehen Wirkungsprinzips gegeben ist. - - Serie IV weieht yon Serie I, II und III dadurch ab, dal~ jede Reihe, in episkopischer Projektion, als ganze dargeboten wird, und die Vpn. sie nach dem Takt eines Metronoms durehgehen. - - In Serie V ist die Darbietungszeit fiir jedes Paar auf 11/~ Sekunden herabgesetzt, zugleich die Zwisehenzeit zwisehen Darbiet-ung und Priifung aug 25 Minuten erh6ht, die mit einem Scheinversueh aus der Wahr- nehmungspsychologie ausgef/illt werden. Der Abstand der Einzelreihen ist in V, wie in Serie III, stark vergrSf~ert. - - Die Zahl der Darbietungen betr/igt in einigen der Serien durchweg 2, in anderen 3. Das Material der H- und I-Paare ist in Serie I I I dasselbe wie in Serie I, in IV und V sind die LPaare H-Paare geworden und um- gekehrt, ebenso wie sehon in II. Alle diese 3'[odifikationen der Versuchsumst~nde haben, wie die Tabelle zeigt, den Gegensatz von H- und I-Konstellationen nieht wesentlieh tangieren kSnnen.

Die Zuverl/~ssigkeit des Ergebnisses und seine Unabh/ ingigkei t yon der Beschaffenheit , der sog. Einpr/ igbarkei t u. dgl. der versehiedenen Mater ialar ten, k o m m t besonders deutlieh zum Ausdruck, wenn m a n die Trefferzahlen der I- und der H-Kons te l l a t ion n icht jeweils fiir die gleiche MateriMart, also aus verschiedenen Reihen einer Serie, sondern ]e in einer Reihe, d. i. ohne Rticksieht auf die MateriMart, mi te inander vergleicht. Es ist gar nicht selbstverst~tndlich, sondern setzt eine sehr erhebliche Bedeutung des bier u n t e r s u e h t e n Faktors , verglichen mit der Rolle der Materialunterschiede, voraus, wenn auch bei dieser Ver- gleichsart in der Regel dasselbe Ergebnis gefunden wird. Eine der Reihen enthii, l t z. B. 4 Buehstaben- und 4: Einzelpaare je der anderen

Psychologische Forschung. Bd. 18. 20

304 H. yon Restorff:

Materialar~en. Es sell sich jetzt zeigen, ob innerhalb dieser l%eihe (und so in den iibrigen) die Treffer der gerade in I -Konstel la t ion ge- gebenen 4 Ma~erialarten zahlreicher sind als die des in H~ufung ge- gebenen Materials. Tab. 3 zeigt das Ergebnis :

Tabel le 3.

Anzahl Serie Vpn.

4 I 7 16 4 II 8 11 5 I I I ~10 20 5 IV 7 8 4 V 4 12

:]2 I - -V 136 67

I--V in Proz.

Trefferzahlen in Reihen mit H~ufung yon

HSilbenI [ FigurenH I ] KZahlenI BuchstabenH I

5 15 4 15 9 11 6 9 2 11 11~11

10 20 9 20 !16 18 5 11 4 13 11 13 3 8 4 14 5 9

29 63 23 73 52 62

Farben

10~ 6 10 13 16 17 6 18 7 9

49 63

Zllsammell

35 63 37 55 61 95 33 63 23 52 [89 328

in Ih'o z.

tt I

44% 79% 46% 69% 61% 95% 33% 63% 28% 65%

43% 75%

Der Gegensatz der beiden Konstel la t ionen mach t sieh also gegen die Materialverschiedenheiten so s tark geltend, dal~ unter 25 Vergleiehs- fiillen (25 Versuehsreihen) nur 2 nicht das ~bergewieht des I-Falles gegeniiber dem H-Fal l aufweisen, namlich in der Serie I die Reihe mit Farbenhitufung, die die umgekehr te Ungleichheit ergeben hat, und in Serie I I die Reihe mit Buchstabenh~tufung, we die H- und I-Treffer gleich hi~ufig sind. Wenn man bedenkt , wie klein, absolut genommen, die Zahlen und die Trefferm6glichkeiten in den Einzelreihen sind, spricht dieses Resul ta t fiir grSl3te Sicherheit der festgestellten Haufungs- wirkung.

Es sell keineswegs behauptet werden, dab die h~ateria]art ohne jeden Ein- flul3 auf die Trefferzahl ist; ein solcher Einflu~, der freilich nach der letzten Tabelle als sekund~r beurteilt werden muB, wird vie]mehr gewi8 in den Einzelergebnissen merkbar, Die Trefferzahl iiberhaup~ ist z. B. ftir die Farbpaare betr~ichtHch hSher als fiir die Figurenpaare (vgl. Tab. 2, letzte Horizontalspalte). ~brigens scheint auch der ~bergang yon der I-Konstellation zur tt-Konstellation manche Material- arten stgrker zu treffen als andere, etw~ die Zahlen noch stiirker als die Silben.

I n einer weiteren Serie VI wurde das Prinzip der Serien I - - V in verschiirfter Fo rm angewendet. Gegen die Verwendung yon Buch- staben- und Farbenpaaren lassen sich ohnehin Bedenken vorbringen. Deshalb sind in den (3) Reihen der Serie VI diese Paare fortgelassen, indem zugleieh ffir die fibrigbleibenden Materialarten (Silben, Figuren, Zahlen) der Gegensatz yon H~ufung und Isolierung gesteigert wird. Jede Reihe enthi~lt je tz t eine Materialart in 6, die beiden anderen in je einem I)aar, - - diese anderen yon Reihe zu Reihe an verschiedenen Stellen zwischen die 6 unter sich materialgleichen Paare eingeschoben.

l~ber die Wirkung von Bereiehsbildungen im Spurenfeld. 305

Die Darbietungszeit ffir jedes Paar ist 11/2 Sekunden, die Wiederholungszahl 3; die einzelnen lleihen liegen mn Tage voneinander getrennt. Jede Einzelkonstella- t.ion wird im Verlauf der Gesamtserie in 2 versehiedenen l~eihen gegeben, yon denen die eine naeh 6, die andere naeh 40 5Iinuten gepriift wird; jedoch sind die Ergebnisse fiir diese beiden Zeitinter~alte in der folgenden Tabetle nieht, gesondert (vgl. unten). 12 Vpn. nahmen ~n Serie VI teil.

Die Trefferzahlen dieses Versuehes s ind in Tab. 4~ zusammenges te l l t . Dabe i war zu berf icksiehtigen, daft, der K o n s t r u k t i o n der j e t z t ver- wendeten I~eihen wegen, d iesmal die Trefferm6gl iehkei ten ffir die H - P a a r e 3 rea l so grog sind wie fiir die I - P a a r e 1 und dag deshalb die wirkl ichen Trefferzahlen der H-Kons te l l a t i onen dureh 3 d iv id ie r t werden mfissen, d a m i t sie mi t denen der I -Kons t e l l a t i onen vergleich- bar werden.

T a b e l l e 4.

Trcfferzahlen fiir Ztlgalllnlen

Silben F igu ren Zahlen

t I I I t I I I I I [ I

13 41 8,7 43 15 41 36,7 125 27% 85% 18% 90% 31% 85% 25% 87%

W e n n die I n t e r p r e t a t i o n der Serien I b i s V zutreffend und die do r t fes tgestel l te W i r k u n g der H/ iufung gleichen Mater ia ls i i be rhaup t noeh zu steigern war, d a n n muft te in dieser Serie der Untersch ied der Er- gebnisse ffir H- und I -Kons t e l l a t i on noch m~rkan te r ausfallen. Das is% wie ein Vergleieh yon Tab. 2 und 4 zeigt, in der Ta t gesehehen, und zwar deut l ieh aueh ffir jede einzelne der 3 Mater ia la r ten , die in I - - V

w i e j e t z t in VI vorkommen . F t i r alle 3 zusammen sind die Treffer- p rozente de r H-Kons t e l l a t i on je tz t 25 und die der I -Kons t e l l a t i on 87. Die I -F~l le sind also jetzt, t iber d re imal besser gestel l t als die H-F~l le .

Es is t danaeh yon vornhere in zu erwarten, dab das lDbergewiehg der einen Kons te l l a t ion fiber die andere wiederum aueh dann bes tehen bleibt , wenn nieht die H- und die I -F~l le gleiehen Mater ia ls (und ver- sehiedener Reihen) wie eben, sondern, ohne Eer i ieks ieht igung der 3Ia ter ia luntersehiede , die H- und die I-Fi i l le derselben Reihen ver- gl iehen werden. Die Bereehnung ergibt (wieder bei R e d u k t i o n der H - W e r t e auf s ta t i s t i sehe Verg le iehbarke i t ) :

1 Im ganzen: H: In 3 Reihen jedesmal 6 Paare, naeheinander von 3 Materialarten, bei

12 Vpn., die in einer Reihe nach 6, in einer gleichartigen naeh 40 Minuten gepriifi~ werden (vgl. oben).

I : In 3 Reihen jedesmal 2 Paare, alles iibrige wie bei H. Das gibt alles in allem : 432 Einzelf~lle in H-Konstellation, 144 in I-Konstellation.

20*

306 H. yon Restorff-

Tabe l l e 5.

Trcf fc rzah len in Re ihen mig I t~u fung yon Z u s a m m e n

Si lbcn F igu ren Zahlen

1~I I H I H I H I

8,7 42 ] 15 38 ] 36,7 125 1 8 % 8 7 % 3 1 % 7 9 % 2 5 % 8 7 %

13 45 27% 94%

Einerlei also, welche der 3 Mater ia lar ten gerade in einer Reihe geh~uft auf t r i t t , ihre Trefferzahl ist jedesm~l klein, verglichen mi t der der beiden anderen nur e inmal gegebenen Materialar ten.

Es bestand die Absicht, in Serie VI aul]er der Wirkung gesteigerter H~ufung noch einen anderen Einflul~ nachzuweisen. Man mull sich j~ fragen, ob die Haufung wesentlich zur Zeit der sog. Einpragung stSrend wirkt, oder ob sie auch, und viel- leicht sogar vor ahem, nachtr~glich das Ergebnis der Einpr~tgung sch~digt. Wenn also der Lernvorgang abgeschlossen ist und nur noch die ,,Spur" einer Reihe vor- handen ist, wirken dann in ihr ahnliche, auf der Haufung beruhende Krafte st~rend welter, wie sie woh| sicherlich such schon das Lernen behindern ? Um diese Frage zu entscheiden, wurden yon allen Reihenarten der Serie VI 2 Reihen eingepr~gt und dann die eine nach 6, die andere nach 40 Minuten geprfift. Zwischen diesen beiden Konstellationen aber ergab sich keinerlei Unterschied; die grSl3ere Zwisehen- zeit senkte nicht einmal die Trefferzahlen fiberhaupt. Die Frage mul3 bei anders gews Zeitintervallen noch einmal geprfift werden 1. - - Es genfigt ffir unseren Zusammenhang, dal~ eine solehe nachtr~gliche StSrungswirkung, eine H~ufungs- wirkung also im ,,Spurenfeld", aus anders angelegten Versuchen des 2. Abschnittes gefolgert werden kann (vgl. unten S. 322). In den Tab. 4 und 5 sind die Ergeb- nisse ffir beide Zeitintervalle einfach zusammengezogen.

Der H~ufungsgrad, der in Serie VI erreicht ist, k o m m t demjenigen nahe, der in den durchaus , ,homogenen" Si lbenreihen ~lterer Unter - suehungen fiblich war. Un te r diesen Bed ingungen hat sich n u n eine so kr~ftige StSrung dureh H~ufung gleiehart igen Materials ergeben. Das ist von einiger Bedeutung ffir unsere Beur te i lung jener ~lteren Versuche und ffihrt dami t auf eine frfiher gemachte Bemerkung zurfick. Man kSnnte a n n e h m e n und ha t wirklich die Ve rmutung ausgesprochen, dal3 die Aufgabe der Vpn. in solchen Versuchen wesentlieh dar in be- stehe, gegenein~nder so indifferente t%eihenglieder wie die Silben ge- wissermal3en kfinstlich in Z u s a m m e n h a n g mi te inander zu bringen. Nach dem eben mi tgete i l ten Befund mangel t es an , ,Zusammenhang" un t e r lauter Silben (oder lauter Figuren, Zahlen usw.) gewil3 nieht, und die

t Ein weiterer Versuch ganz ~hnlicher Art, bei dem die beiden Zeitintervalle zwischen Darbietung und Prfifung 15 und 55 Minuten betrugen, hat ebenfalls zu keiner Entscheidung in dieser Frage geffihrt. Das Ubergewicht der Treffer in I-Konstellation war so deutlich wie sonst. Da aber die Reproduktionsziffern fiir beide Zeiten kuum fiberhaupt verschieden ausfie]en, konnte sich auch kein Unter- sehied zwischen dem zeitlichen Verhalten yon H-und yon I-Spuren ergeben. (Die Prfifung wurde in diesem Falle nach der Me~hode der betmltenen Glieder vorgenommen. )

~ber die Wirkung yon Bereichsbildungen im Spurenfeld. 307

Vpn. der ~lteren Versuche haben sich zweifellos zu e inem guten Teil deshalb so ans t rengen miissen, weil umgekehr t rech t wei tgre i fende Zusammenh~nge , die aus der Homogeni t / i t der Reihen entspr ingen, daue rnd die Ausbi ldung (und das For tbes tehen) k larer Le rnwi rkungen stSrten. DiG Bemi ihung der Vpn. w i ld also n ieht zum wenigs ten in einem anges t reng ten Charakterisieren, lnd iv idual i s ieren u. dgl. der Gl ieder und Gl iedergruppen solcher allzu monotoner Gesamtver l / tufe bes t anden haben. Dazu passen die Beschre ibungen dessen, was be im Lernen wirkl ich zu geschehen pflegte, denn auch rech t gut . I m ganzen di i r f te deut l ich sein, dab die Verwendung sinnloser Reihengl ieder gewiB n ich t der einzige U m s t a n d ist, der solehe Versuche zu e twas se l t samen AnfordGrungen maeht . Sie werden Versuche in sonderbare r und sehr unangenehmer Ex t r emlage ers t rech t dadurch , dab man , u m der Sta- t i s t ik willen, u m also viele gleichgestellte Assozia t ionen und Trefferf~lle zu erhal ten, als Le rnma te r i a l gerade so homogene und monotone , ,Tropfenfolgen" ws

Die Schwierigkeit des Erlernens l~ngerer Reihen dieser Art hat man wohl durch die ,,Enge des BewuBtseins" oder dgl. zu erkl/iren versucht. Der wesent- liche Tatbestand aber ist bei einer solchen Deutung nicht erfaBt. Denn die Gegen- kr~fte, welche die Vp. zu fiberwinden hat, werden so stark ja nur dann, wenn die vielen Reihenglieder yon gleicher Materialart sind.

Versuehsergebnisse, wig die eben beschriebenen, h/~tte m a n im Grunde sehon voraussagen kSnnen, se i tdem Ranschburg 1 im J a h r e 1905 du tch ffei l ich n icht le icht f ibersehbare E x p e r i m e n t e zu der These gefi ihr t wurde, dab die Einpr/~gung und das Beha l t en yon Reihen durch _~hn- l iehkei t ihrer Gl ieder beeint r / tcht ig t werde. Merkwiirdigerweise s ind diese Versuche unseres Wissens k a u m i ibe rhaup t beach t e t worden~.

Mi~ller und Schumann 3 hatten ~hnlichkeiten zwischen den einzelnen Silben ihrer Reihen zu vermeiden gesucht, da sie yon solchen Verwandtschaften je nach Umst/~nden schwer kontrollierbare Erleichterungen oder Erschwerungen des Lernens erwarteten. Wie fiir diese Autoren ist fiir Ranschburg die in Betracht gezogene _~hnlichkeit wesentlich Ahnlichkeit durch Gleichheit yon Teilen, und Ranschburg stellt fiir seine Hauptversuche ,,homogene" und ,,heterogene" Reihen yon lauter Silben nach dem Prinzip zusammen, dab sich im einen Falle die Konso- nanten der Silben nach wenigen Reihengliedern wiederholen, w/~hrend solche Wiederholungen im anderen Falle m6glichst vermieden werden. Das gibt eine objektiv wohldefinierte ~hnlichkeitsabstuIung, damit aber zugleich eine Art Triibung der Versuche; denn eine so gesetzm/~Big durchgeffihrte Teilidentit/it im homogenen Fall kann nattirlich von den Vpn. erkannt werden und so das Lernen

1 Ranschburg, Uber die Bedeutung der ~hnlichkeit beim Erlernen, Behalten und bei der Reproduktion. J. Psychol. u. Neur. 5 (1905).

2 Unabh~ngig yon unserer Untersuchung hat soeben S. Forer [Z. Kinder- ~orsch. 4~, (1933)] Versuche angestellt, in denen die Ergebnisse yon Ranschburg ebenfalls best/~tigt werden.

a Mi~ller u. Schumann, Experimentelle Beitr~ge zur Untersuchung des Ge- d/~chtnisses. Z. Psychol. 6 (1894).

308 H. yon Restorff:

gerade der homogenen Reihen erleichtern. Das hat denn aueh Ranschburg selbst gelegentlich festgestellt. - - E i n e weitere Komplikation der Ransehburgschen Ver- suche liegt darin, dab eingepr~tgtes Material, welches bereits einmM gepriift worden ist, sp~iter (nach erneuten Darbietungen oder ohne solche) yon neuem geprtift wird. So wird der Verlauf der betreffenden Versuehe schwer tibersehbar; iiberdies aber karm man im Zweifel dariiber sein, wieweit die Ergebnisse spgterer Prtifungen yon dieser speziellen Vorgesehichte abh/ingig, also nicht allgemeingiiltig sind. Denn eine Prtifung greift doch se]bst in den Zustand der betreffenden Reihen (ihrer Spuren) ein, und es ist nieht gesagt, dab diese Einwirkung bei homogenen und heterogenen Reihen die gleiehe ist.

Auf jeden Fall aber hat Ranschburg gezeigt, dab seine homogenen Reihen sieh i. a. schwerer lernen, und vor allem, dM] sie sich schleehter behalten lassen als die heterogenen z. Wenn wir seine Darstellung riehtig verstehen, so ist der Untersehied der Ergebnisse viel deutlicher, wenn zwischen Einpr/~gung und Prfifung einige Zeit verstrichen ist, als wenn die Priifung sehon etwa eine Minute naeh Ab- schluB der Einpr~gung erfolgt. Wegen der S. 306 angestellten TJberlegungen ware es besonders wichtig, wenn dieser Befund auch bei Anwendung einer ganz iibersichtliehen Methodik best~ttigt werden k6nnte.

Theoretisch diirfte wiehtig sein, dab nachtragliche Zusammenfiigung einer schon gelernten in sieh heterogenen Teilreihe mit einer zweiten ebenfalls schon gut gelernten und in sich wieder heterogenen Teilreihe dann zu schweren St6rungen fiihrte, wenn zwisehen den Gliedern beider jene *hnliehkeiten bestanden, die in Ranschb~'gs Verfahren Homogenit/it konstituieren. Der Versueh, sie in weiterem Lernen als eine Gesamtreihe zu behandeln, ftihrte vielfach zu einer Herabsetzung der Reproduktionsleistungen. Besonders bemerkenswert ist es, dab die Teil- reihen sich von dieser Sehgdigung mit der Zeit yon selbst zu erholen sehienen. Doeh bedarf dieser Befund wohl noch weiterer Sieherung.

Im n~ichsten Absehnitt wird sieh iibrigens zeigen, dab l~eihen heterogener Glieder nieht einfach als eine Anzahl yon I-Fgllen (unserer Terminologie) anzu- sehen sind. Auch unsere bisherigen I-Fal]e sind jedoeh in dieser Hinsicht nicht als rein zu bezeichnen.

Die bisher besproehenen Versuche ver langen yon der Vp. Repro- duktion im engeren Sinn des Wortes. Wesent l ich anderes und jeden- falls sehr viel weniger wird gefordert, wenn vorher dargebotene l~eihen- glieder bei der Prfifung vorgewiesen und als aus der zuvor dargebotenen Reihe b e k a n n t oder als n n b e k a n n t beur te i l t werden sollen. Es fragt sieh, ob aueh un te r diesen Umstf inden die gleichen Ersche inungen auftreten.

Wir n a h m e n solehe Versuche, also tiber das Wiedererkennen, vor mi t einem Verfahren, das in seinen Grundztigen der Versuehsanordnung f/Jr Reprodukt ionsprf i fung entsprach. Die j e t z t ve rwand ten Reihen bes tanden jedoch nicht aus Folgen yon 8 Paaren, sondern jede Reihe enthie l t 15 Glieder ohne Andeu tung einer Paarfassung, u n d zwar 3 I- und 12 H-Glieder. Es wurden nur 4 Mater ia lar ten verwendet , also auch nur 4 Reihen dargeboten und geprtift, in denen naehe inander jede Mater ia lar t e inmal in t t~ufung auftrat . Die 3 I-Glieder waren un te r

i iNicht nur die Trefferzahlen, auch die yon Ra~schb~rg ebenfalls festgestellcen Trefferzeiten sind in diesem Sinne ausgefallen.

tiber die Wirkung van Bereichsbildungen im Spurenfeld. 309

die t t -G l i ede r so ver te i l t , dab keines an den be iden ers ten oder den be iden le tz ten Stel len der Reihe s tand.

An diesen Versuchen beteiligten sich 15 Vpn., die, in 3 kMnere Gruppen verteilt, je zugleieh Darbietung und Prtifung durchmachten. Die Unterteilung in Gruppen hatte den Zweek, die Zeitordnung zu variieren, in der die Haufungs- konstellation ffir die einzelnen Materialarten an die Reihe kam. Darbietung und Prtifung Mler r Reihen erfolgte an einem Vormittag. Die Zwischenzeit zwischen Darbietung und Prilfung betrug 6 Minuten und wurde dureh Gespr~ieh ausgefiillt ; 25 Minu~en nach der Prtifung einer l%ihe wurde die nhchste gelernt. - - Jede ]~eihe wurde als ganze, alte Glieder einzeln untereinander, episkopisch projiziert dar- geboten; die Vpn. gingen die Glieder durch, wie der V]. sukzessive (nach dem Takt eines Metronoms) auf sie hinwies. Auf jedes Glied entfiel eine Zeit you 11/2 Sekunden. Jede Reihe wurde nur einmal gezeigt. -- Beim Beginn der Priifung wurde den Vpn. mitgeteilt, es w~irden jetzt einige Silben, Zah]en usf. gezeigt werden, die zum Teil aus der vorher dargebotenen Reihe stammten, zum Tei~ abet ]remd wdren. Jedesma] war (schrift]ich) zu entseheiden, ob das jetzt dar- gebotene Prfifungsobjekt vonder Darbietung her bekannt oder unbekannt oder ob ein Urteil hieriiber unm6glich sei. Nur die Bekanntheitsurteile wurden als +-F~ille gez~hlt, die Unsicherheitsurtcile ~ls ~remdheitsurteile gereehnet.

Es is t seit Mteren Uber legungen yon G. E . Mi i l ler i iblieh, bei Pr t i fung des Wiedere rkennens nur einen Tell des fr i iher wirkl ich da rgebo tenen Mater ia ls vorzulegen, daffir aber als Kontrol l fMle eine Anzah l yon neuen Ob jek ten der gleiehen Ar t beur te i len zu lassen. Die Gr~nde, die ffir dieses Verf~hren spreehen, sind gewig schwerwiegend. Trotz- dem muBten wir yon ihm ~bsehen. Denn es k6nnte bei der gerade bier zu bean twor t enden F rage eine St6rung mi t sich bringen. I s t man erst auf H~ufungs- und Nachbarseha f t swi rkungen au fmerksam ge- worden, wie sie den Gegens tand unserer Versuche bi lden, so is t die M6glichkeit n icht yon der H a n d zu weisen, dab solche W i r k u n g e n aueh zur Zei t der Pr i i fung e in t re ten k6nnten , daft Pr i i fungen mi t ein- gesehobenen neuen Gliedern also keineswegs als eine saehlich indif ferente teehnisehe Mal3nahme angesehen werden diirfen.

Bei dieser Saehlage k a m fiir die Benr te i lung unseres Verfahrens alles darauf an, wie die Versuehe ohne f remde Pr i i fob jek te in Wirkl ieh- kei t ver laufen wtirden, wenn der Vp. gesagt war, daft un te r dem Pri i - fungsmate r ia l aueh f remde Glieder v o r k o m m e n sollten. Es zeigte sieh, daft naeh nur einer Darb ie tung jeder Reihe eine gent igende Anzahl yon Gliedern (bei Pr i i fung in ganz anderer Reihenfolge) nicht wiedere rkann t wurde, und daft nur wenige Vpn. t ro tz der Gegensuggest ion den wahren Saehverha l t bei Abseh lug der Pr i i fung ahnten.

Tab. 6 enth/ i l t die Ergebnisse dieser Versuehe in Anzahlen von + - F a l l e n , und zwar sind den zutreffenden F~illen fiir die einzelnen t t - K o n s t e l l a t i o n e n un te r I (Isolierungsf/ille) die beiden Sonder rubr iken R und M gegeni ibergestel l t , wobei R die Zahl der +-F/~lle bedeu te t , die sich in der gleiehen Reihe wie die danebens tehenden H-Wer t e , also

310 H. yon Restorff:

bet anderem Material, ergeben haben, M dagegen die ~--F/~lle gleichen Materials wiedergibt, die aus den anderen Reihen stammen. Zur Re- duktion auf gleiche statistisehe Chancen sind die H-Werte durch 4 dividiert. Die Zahlen unter H (reduziert) und die unter I sind auf 45 (in der Zusammenfassung 180) m6gliche F~lle zu beziehen.

Tabelle 6.

Zutreffende F~lle ffir

Silben Buchstaben Zahlen

25 55%

R M 27 32 60%~71%

56% R ! ~[ 25 310 !29 ~

H I H

Ri [ 18,5 36 ::26 22,5 41%/80%i 59%1~0%

Figuren Zusammen

I H ! I p

28 35 91 ]122 62%1 78% 50% 68%

Man berechnet aus dieser Tabelle leieht, dal~ in keiner der 4 Reihen die Zahl der fiberhaupt zutreffenden Fs 60 % erreicht. Der Umstand, dab (entgegen der Angabe des V1.) in Wirkliehkeit bet der Priifung keine reihenfremden Glieder eingesehoben wurden, hat also die Versuche nieht entwertet.

I m ganzen stehen 50% ~--Fs ffir die H-Konstel lat ion 68% solcher l~l le fiir die 1-Konstellation gegenfiber. Das ist kein extremes, aber doeh ein hinreichend sicheres Ergebnis in der gleichen Richtung wie bet Reproduktionspriifung. Es wird noeh besser als zuverl~ssig erkennbar dadureh, dal~ die Vpn. in 3 Gruppen an den Versuchen teil- nahmen, fiir deren jede die H~ufungskonsteU&tion der einzelnen Material- arten an anderer Stelle der l~eihensukzession geboten wurde. Fiir diese 3 Gruppen sind die entspreehenden Zahlen, aus denen das Gesamtergeb- nis (der Tab. 6) berechnet ist: 43 und 68%, 54 und 68%, 55 und 67%. Das ist jedesmal ein Unterschied in der gleiehen Richtung, obwohl nun die Zahl der mSgliehen F~lle je auf ein Drittel (60) gebracht ist. - - Die sieherste Kontrolle enthalten die Prozentzahlen der letzten Hori- zontalspalte: jeder der 4 H-Werte ist kleiner als der zugeh6rige I-Wert , und zwar sowohl, wenn der I -Wer t fiir gleiehes Material (andere Reihen), wie wenn der I -Wef t ffir dieselbe Reihe (anderes Material) vergliehen wird. (Bet diesem Vergleieh sinkt die Zahl der m6glichen Fi~lle auf 45.)

Indessen seheint es bet Vergleich mit Tab. 2 - -5 kaum fraglieh, dal~ Priifung des Wiedererkennens. einen kleineren Untersehied der beiden Konstellationen ergibt als Pr/ifung der Reproduktion. Dabei ist das Zahlenverhi~ltnis yon H- und I-Gliedern einer Reihe jetzt 12 : 3, wi~hrend das der H- und I -Paare in den Reproduktionsreihen nur 4 : 4 oder 6 : 2 war. Trotzdem ergab sich in den Reproduktionsversuchen ein Untersehied yon 43 und 75% bzw. yon 25 und 87%. Gewil~ ist eta Vergleich dieser Art, bet so maneherlei Versehiedenheit sons~, nieht

tdber die Wirkung von Bereichsbildungen im Spurenfeld. 311

leicht streng durchzufiihren; aber j edenfalls muB man extremere Zahlen- verh/~ltnisse von H- und I-Gliedern ansetzen, um bei Priifung des Wiedererkennens starke H/~ufungs- (oder Isolierungs-) Wirkungen zu erhalten, als bei Priifung der Reproduktion erforderlich ist (vgl. u. S. 312).

Wegen eines theoretischen Zusammenhanges, der sp~ter sichtbar werden wird, muB jedoch hervorgehoben werden, dab Priifung des Wiedererkennens zwar aUem Anschein nach eine geringere Bevorzugung der I-F/~lle vor den H-F/~llen ergibt als Priifung der Reproduktion, dab aber auch ffir das Wiedererkennen kein Zweifel an einem Vorrang der I-F/~lle i iberhaupt bestehen kann. Denn ein zweiter Versuch, an 2 Gruppen yon Vpn. Ms Massenversuch durchgefiihrt, bestKtigte das Resultat des ersten. Die dabei verwendeten Reihen waren (eines Neben- zieles wegen) etwas anders aufgebaut als bisher. Es waren nur zwei; sie bestanden aus Silben und Zahlen, und zwar standen in der einen zwischen 15 Zahlen an 4. bis 6. Stelle 3 Silben, in der anderen um- gekehrt zwischen 15 Sflben an den gleichen Stellen 3 Zahlen. Die Anzahl der Vpn. war in jeder Gruppe (und damit ffir jede Reihe) 14. Das Ergebnis ist in Tab. 7 zusammengefaBt:

Tabelle 7. !

Zutreffende F~lle filr

I Sllben Zahlen

I H I

Zusammen

H

I 29,2 34 24,2 34 ] 53,4 68 70 % 81% 58 % 81% ] 64 % 8I %

In den I-Spalten fiir Silben und Zahlen bezieht sich das Ergebnis auf je 42 fiberhaupt m6gliche F~lle, in den zugehSrigen H-Spalten auf je 210, so dab hier Division durch 5 vorgenommen werden mu•te, um statistisch vergleichbare Werte zu erhalten.

Streng genommen kann in diesen Versuchen yon I-F~llen nicht mehr die Rede sein, da ja immerhin 3 Glieder einer Materialart un- mit te lbar aufeinanderfolgend zwischen 15 andersartigen stehen. Es handelt sich nur mehr um eine relative Isolierung oder auch: betr~cht- lich geringere H~ufung des einen Materials, fiir die der Einfachheit wegen der Name I-F~lle beibehalten wird. Nur wenn die Wirkung des hier behandelten Gegensatzes, auch bei Priifung des ~iedererkennens, sehr sicher ist, wird sie noch unter solchen Umst~nden deutlich bleiben. Das aber ist der Fall, und zwar fiir beide Materialarten, wenn schon der Unterschied der Ergebnisse ftir H- und I-Silben nur eben noch als relevant gelten kann. Vergleich der Zahlen in der 1. und 4., sowie der 3. und 2. Spalte zeigt die entsprechenden Unterschiede fiir Vergleich in derselben Reihe (fiir dieselbe Vpn.-Gruppe), aber yon verschiedenem Material.

312 tt . yon Res%orff:

In jeder Reihe folgten unmitt, elbar auf ihre 3 I-F~lle (also an 7. bis 9. Stelle) dieselben 3 Glieder des andern (des I-I-) Materials, welehe in der andern Reihe als I-Y~lle fungierten. Man kann die I-F/~lle einer Reihe, anstatt mit der Gesamt- heir der H-F~Ile gleiehen Materials auch nur mit diesen materialidentisehen H- Fallen der andern Reihe vergMehen und erhiilt dann:

fiir die Silben . . . . . 8i und 74% fiir die Zahlen . . . . . 81 und 45%

D i e W i e d e r e r k e n n e n s p r f i f u n g w u r d e sehlie131ieh noeh an R e i h e n m i t

exl~remem U n t e r s e h i e d y o n I t s u n d I so l i e rung wiede rho l t , u n d

z w a r an 2 t~e ihen y o n je 20 Gl iedern . D ie e ine e n t h i e l t u n t e r 19 S i lben

1 Zah l , die a n d e r e u n t e r 19 Z a h l e n i Si lbe. Das in I so l i e rung gegebene

R e i h e n g l i e d s t a n d be ide Male e t w a in der Mi t r e se iner Re ihe .

Die Olieder jeder Reihe wurden auf kMnen Kfirtehen naeheinander je fiir 1,5 Sekunden gezeigt. An einem Versuehstag wurde nur eine Reihe dargeboten nnd geprtift; die Priifung erfolgte i0 Minuten naeh de rnu r einmaligen Darbietung. Die Ausftillung der Zwisehenzeit stand den Vpn: frei; sie sollten nur nieht an die gelernte Reihe denken. Die Reihenfolge der beiden Reihen wurde bei versehiedenen Vpn. ausgetauseht.

Bei der Prtifung erfolgte wie immer die Darbietung der Olieder in verfinderter Folge; fremde Glieder wurden wieder nieht hinzugenommen. Es beteiligten sieh 12 Vpn.

T a b . 8 faBt das E r g e b n i s u n t e r R e d u k t i o n d e r H - W e r t e au f g le iehe s t a t i s t i s ehe Verh~ t tn i s se z u s a m m e n .

T a b e l l e 8.

Zutreffende Fiil]e ftir Zu$~nl lll~n

Si[ben Zahlen

H I K K I

4,91 11 4,75 12 9,6 23 41% 92 % 39 % 100 % 40 ?o 96 %

D e r U n t e r s c h i e d der A n z a h l z u t r e f f e n d e r F~tlle fiir H- u n d I - K o n -

s t e l l a t i on l ieg t n i c h t n u r in de r e r w a r t e t e n R i c h t u n g , sonde rn is t

a u e h b e d e u t e n d grSl3er als in d e n b i she r igen V e r s u c h e n m i t Wiede r -

e r k e n n e n s p r t i f u n g 2. ] )as e n t s p r i c h t d e m g e s t e i g e r t e n U n t e r s c h i e d v o n

1 Die Zahl 4,9 ist entstanden aus 93:19, 4,7 aus 89:19. Die Zahl der mbg- lichen Ftille ist 12 in jeder LKonstellation, 228 in jeder H-Konstellation.

,z Die Ziffern 100 und 92% fiir Zahlen und Silben als isolierte Falle geben keinen Grund zur Beanstandung dieser Versuehe. H~itte eine ganze I~eihe dureh- weg zutreffende Ftille ergeben, so wiirde das bei unserem Verfahren, das Prtifung mit fremden GHedern aussehlieBt, die Folgerung zulassen, dab die Vpn. diesen Saehverhalt erkannt haben; das Ergebnis w~ire also werttos. In Wirkliehkeit isI~ aber n.~tr das isolierte Glied der einen Reihe yon allen Vpn., das der anderen yon fast alien wiedererkannt worden; yon den iibrigen Gliedern derselben Reihen im Durehsehnitt nur 40% und yon den Reihen a[s ganzen nur wenig mehr (43%). Man kann deshalb annehmen, dag der wahre Saehverhalt gerade nieht dureh- sehaut worden ist.

Uber die Wirkung yon. Bereichsbildungen im Spurenfeld. 313

H~ufung und Isolierung in den lgeihen, der sehr erhebtieh fiber den grSl~ten Unterschied hinausgeht, welcher in den bisher besproehenen Yersuchen mi t l~eproduktionsprfifung ~ngesetzt wurde (n~mlich 6 H- gegenfiber 2 I-Paaren) 1. Es bleibt zu prfifen, wie sich H~ufung und Isolierung bei Reproduktionspriifung auswirken, wenn in diesem Fall s extrem gebaute Reihen verwendet werden.

I I . Die Begriffe ,,H~ufung" und ,,Isolierung" sind, wie sie im ersten

Absehnitt verwendet wurden, nicht hinreichend scharf gefaltt. Erst wenn man sie zu kls versucht, ergibt sich eine Formulierung der experimentellen Befunde, welehe die wahrscheinlieh entscheidenden funktionellen Momente hervortreten l~l~t. Wit prfifen den Begriff der ,,Isolierung". Nach unserer bisherigen Ausdrucksweise, der sich sieherlich auch Ranschburg anschliel~en wfirde, k6nnte man meinen, ein Reihenpaar (oder Reihenglied) sei stets dann in der bevorzugten ,,isolierten" Stellung, wenn yon der betreffenden Materialart nur das eine Paar (oder Glied} in der Reihe vorkomme. Damit sei alles Not- wendige fiber diesen Begrfff gesagt, insbesondere brauehe fiber die an- deren Paare (Glieder) der Reihe weiter niehts vorausgesetzt zu werden, als dab sie sAmtlich yon dem isolierten hinreichend versehieden ws DuB eine solche Denkweise einen wesentlichen Punkt ungekl~rt lgBt, kann man sich auf folgende Art deutlieh machen. Gegeben sei eine Reihe von 10 Paaren, die auBer einem Si lben-9 Zahlenpaare enth~lt. Das Silbenpaar mSge etwa an dritter Stelle stehen. Der Untersehied zwi- sehen der einen und der anderen Materialart ist betrgchtlich. Das Silben- paar ist deshalb als ein I-Full, die Zahlen sind als H-Fglle zu bezeiehnen. Ersetzt man nun eines der Zahlen- dureh ein Figurenpaar, so wfirden ~r naeh unserer bisherigen Ausdrueksweise yon 2 I- und 8 g-Fgl len in der Reihe spreehen; denn Silben und ]~iguren sind beide yon den Zah- len hinreiehend versehieden. Auf diese Weise kann man fortfahren und sich ein Zahlenpaar nach dem anderen, bis auf das letzte, durch ein Paar jedesmal neuer Materialart ersetzt denken, und zwar so, daft zum SchluB die Versehiedenheit aller der anderen Paare unter sich und von dem Silbenpaar ganz ungef~hr so groB und jedenfalls nicht kleiner ware als die zuerst allein vorhundene Verschiedenheit yon Silben und Zahlen. I m Schema :

A B C D E F G H I X

Die Wahl yon lauter versehiedenen Buehstal~en sell bedeuten, dab fiberall etwa gleich grol~e Verschiedenheit der Materialarten unter

1 Es ist freilieh zu bedenken, da~ das kri~ische Glied durch seinen Platz mitten in der sonst homogenen Reihe besonders akzen~uiert ist. Vgl. die ~ber- legung S. 319.

314 H. yon Restorff:

sich vorliegt, und zwar so, dag sich die Materialbesohaffenheiten irgend zweier in der Reihe nieht benaehbarter Paare ungef/thr ebenso deutlieh unterseheiden wie die yon 2 Naehbarn. Naeh unserer bisherigen Ter- minologie best/~nde eine solehe Reihe aus lauter I-F~tllen.

Wir wollen annehmen, C vertrete das Silben- und K das iibrig- gebliebene Zahlenpaar. Dann w/~re die Reihe, yon der wir ausgingen, und die wir eben umgewandelt haben, wiederzugeben dureh das Schema :

K 1 K 2 C K 3 K 4 K 5 K 6 K 7 K s K 9 ,

wo die K die verschiedenen Zahlenpaare bedeuten und C (das Silbenpaar) den einzigen I-Fall darstellt.

Nun ist nach unseren Voraussetzungen C yon s/tmtlichen Paaren jener umgewandelten Reihe (A B C D . . . K) etwa ebenso verschieden, wie es sich yon den einzelncn K in dieser Reihe unterscheidet. Wie wir den Begriff der Isolierung bisher angewandt haben, mfiftte also das Silbenpaar C in der umgewandelten Reihe genau so giinstig gestellt sein wie in der Reihe, die aul~er ibm nur eine H/~ufung yon K-Paaren (Zahlen) enth/~lt. In beiden Reihen w/~re C ganz gleicher Weise I -Paar . Aber es ist gar nicht selbstverst/tndlich, daft das zutrifft. Vielmehr wfire durchaus m6glich, dab C funktionell recht ungleich gestellt ist, je nach- d e m o b die yon ihm etwa gleich stark verschiedenen iibrigen Paare auch unter sich ebenso verschieden sind, oder ob sie alle dieselbe Ma- terialbeschaffenheit haben. Sollte experimentelle Priifung mit den beiden Reihenarten deutlieh ungleiche Ergebnisse ffir C haben, dann ware gezeigt, dab ftir das Sehieksal yon C aufter den Versehiedenheiten zwisehen ihm und den iibrigen einzelnen Reihenpaaren noeh Daten mal~gebend sind, die gar nieht C in seinem Verh/~ltnis zu den anderen Paaren, sondern den Aufbau der iibrigen Reihe abgesehen hiervon be- treffen. Das funktionelle Verhalten yon C w/ire also in einem sehr kon- kreten Sinn yon der Form der ganzen Reihe abhSmgig, es wg, re gestalt- m~Ng best immt.

Abb. 1.

Wie das gemeint ist, wird am besten durch einen AnMogiefall aus dem Wahrnehmungsgebiet verdeutlicht. In der Figurenreihe der Abb. 1 hebt sich kein Glied yon selbst eindringlich hervor, keines wird ohne weiteres als etwas ffir sich ausgesondert. Die l~eihe ist dadurch zu charakterisieren, dab zwar die einzelnen Figuren recht erheblich yon- einander verschieden sind, aber nicht zwischen irgendwelchen Reihen- gliedern auffallend andere Grade der Ahnlichkeit oder Verschiedenheit bestehen als zwischen den fibrigen. Durch Angabe einzelner Beziehungen

t~ber die Wirkung yon Bereiehsbildungen im Spurenfeld. 315

(Verschiedenheiten) zwisehen ihren Gliedern ist also (lie Reihe nieht adgqu~t zu kennzeiehnen, sondern erst d~dureh, dal~ eine best immte Beziehung zweiter Ordnung (Gleiehartigkeit) zwisehen s~.mtliehen Ver- sehiedenheiten aller ihrer Glieder, den Beziehungen erster Ordnung, vorliegt. Man kSnnte daftir aueh sagen, dab in einer solehen Reihe keine Spriinge im ,,Versehiedenheitsverlauf" vorkommenl : Unser Beispiel zeigt, dab bei gleiehm/tBigem Versehiedenheitsverlauf (tie Be- standteile einer I~eihe indifferente Glieder in ihr werden; eine Ausson- derung yon Untergruppen finder unter solehen Umst~nden nieht start . (Vorausgesetzt ist dabei, dal~ nieht hinsichtlieh anderer Beziehungen, wie etwa der Raumabst/~nde zwisehen den Gliedern, irgendwo ein Weehsel erfolgt.)

Dagegen bedingt ein Sprung im Verlauf der Versehiedenheiten (oder Ahnliehkeiten) in der Regel Zerfall der Gesamtreihe und Aus- bi ldung yon Unterbereiehen. Abb. 2 ist ein Beispiel hierfOr. Dieselbe Versehiedenheit, die hier zwisehen der sehr~gliegenden rundliehen Figur und ihren s/~mtliehen Naehbarn angesetzt ist, kommt aueh in Abb. 1 vor, n~mlieh zwisehen dem 3. und 4. Glied, dort abet neben lauter anderen Versehiedenheiten yon ganz ungefghr demselben Ansmafi.

•169177 Abb. 2.

Hier (in Abb. 2) sind alle tibrigen Glieder einander sehr ghnlieh, und erst zu dem genannten kritisehen Glied hin springt der Verwandt- sehaftsverlauf mit einem MMe. Die Folge ist, dab jetzt die gleiehartigen gl ieder einen Bereieh bilden, in dem sie reeht indifferent aufgehen, und dab das kritisehe Glied als etwas fiir sieh ausgesehieden wird. l~ber diese Reihengliederung entseheiden wieder die Verwandtsehaftsbe- ziehungen zweiter Ordnung, diesmal ein Sprung in den J~hnliehkeiten der Glieder.

Ein weiteres fast b~nales Beispiel zeigt vielleieht noeh auffallender, wie mag- gebend der Xhnliehkeitsverla~[ fiir die Bereiehsbildung in tleihen ist. In gleiehen Raumabst~nden nebeneinander, als Reihe geordnet, m6gen eine Anzahl graue Kreise yon iibereinstimmender Gr6Be auf einem weigen Bogen liegen. Sie seien alle aus demselben Graupapier geschnitten, mit Ausnahme eines einzigen, etwa des dritten, der deutlieh etwas dunkler ist. Dann zerf~illt, die I'leihe infolge des Sprunges im J~hnliehkeitsverlauf ansehaulieh in den einen Kreis dunklerer Nuance und den Gesamtbereich der iibrigen. Der dunklere Kreis hebt sieh auf den ersten

t Das Wort ,,Verlauf" ist hier ohne seine zeitliehe Bedeutungsnuanee zu ver- stehen, so wie man z. B. von dem ,,Kraftlinienverlauf" aueh in einem ruhenden Feld sprieht.,

Die Bedeutung der Beziehungen zweiter Ordnung oder des Beziehungs- verl~/es ftir alle ansehauliehe Gesta[Lung hat. lVerthei.mer sehon seit Jahren in Vorlesungen und lJbungen diskutiert.

3 1 6 It . yon Restorff:

Bliek heraus. - - Eine zweite ICeihe werde so gebildet, da~ nur der dunklere Kreis und einer seiner Naehbarn aus der ersten l%eihe i ibernommen werden, links und reehts yon diesen beiden aber Kreise yon anderen Graunuancen ansehliel~en; und zwar seien diese so gew~hlt und geordnet, da~ die Gesamtheit , die beiden f ibernommenen Kreise eingerechnet, eine Ar t Darstellung der Seliwarz-Weil3-1~eihe oder eines Teiles yon ihr bildet, in der jeder folgende Kreis etwa gleieh s tark yon seinem Vorg~nger versehieden ist. Unbeiangene ]~etraehtung dieser Reihe wird keine spontane Untergliederung in ihr entdecken; insbesondere wird der krltisehe Kreis durchaus nicht mehr als etwas ffir sich anschaulich ausgesondert sein. Dabei sind in diesem Falle die meisten Versehiedenlieiten zwisehen diesem Kreis und den fibrigen natfirlich gr6fler und keine ist geringer als in der anderen Reihe. Wenn t ro tzdem eine einheitliehe Oesam~heit zustande kommt, so liegt das wieder daran, da~ jetzt an keiner Stelle mehr ein Sprung des ~hnlichkeitsverlaufes, also in den Beziehungen zweiter Ordnung, eintri t t . Das Beispiel zeigt, dab auch g]eiehra~13ige f4"nderung der Ahnliehkeit yon einem Grenzglied an ebenso wirkt wie Gleichheit der Verwandtsehaf ten zwischen allen Gliedern ~'e.

D ie A n w e n d u n g a u f d ie V c r s u c h e des e r s t e n A b s c h n i t t e s u n s e r e r

U n t e r s u c h u n g e r g i b t s ich y o n s e l b s t : E s wi~re mSg l i ch , dM3 es a u c h ff ir

d ie d o r t n a c h g e w i e s e n e E r s c h e i n u n g g a r n ich~ u n m i t t e l b a r a u f die e in-

z e l n e n M a t e r i M v e r w a n d t s c h a f t e n z w i s c h e n d e n G l i e d e r n e i n e r R e i h e

a n k o m m t , s o n d e r n a u f d ie Bereichsbildungen i n n e r h M b d e r l%eihe, - -

dM~ Mso H-Ys f u n k t i o n e l l s c h l e c h t e r ges te l l~ s ind , we i l sie zu

1 Damit das zutrifft, mul~ freilieh die Reihen/olge der Glieder in einem solchen Falle ,,~eordnet sein.

2 Das eben auseinandergese~zte Prinzip ist vor kurzem yon Lewin und Biren- ba~t~t bereits aui~erhalb des Wahrnehnmngsgebietes experimentell angewende~ worden (Das Vergessen einer Vornahme. Psyehol. Forsch. 13 [1930]). Es zeigte sieh in dieser Untersuchung, dal3 eine Reihe yon untere inander sehr verwandten Bet~tigungen einer Vp., die aufeinander folgcn, einen einheitlichen Gesehehens- bereich bildet, innerhalb dessen eine anfangs gegebene Nebenins t rukt ion dauernd, yon Aufgabe zu Aufgabe, befo]gt wird. Wird der g le ichm~ige Aufg~benverlauf an einer Stelle unterbrochen, dadurch, dal~ plStzlieh ein Sprung zu hinreichend andersart igen Bet~itigungen erfolgt., so setzt dami~ ein neuer Geschehensbereich ein, und die Vpn. befotgen yon dieser Stelle an die )Tebeninst.ruktion vielfach nieht mehr, sie , ,denken nieht mebr an sie". Es fragt sieh nun, ob diese Erscheinung yon dem Auftret.en eines grot3en Untersehiedes an und fiir sich abh~ngt oder davon, dab dieser Unterschied griifler ist als die Unterschiede zwisehen den vorausgehenden Aufgaben, also yon dem Spr~ng im Abnlichkeitsverlauf. Diese Frage wurde durcli Versuche entsehieden, in denen von vornherein alle Einzelaufgaben etwa so ver- schieden voneinander waren, wie im letzten Falle nur die kritische neue gegen- fiber ihren s~mtliehen unter sicli gleiehartigen Vorg~ngern. Es ergab sich, daI3 jetzt, bei gleichmSl~ig gesteigerten Unterschieden, die ~ 'ebeninstrukt ion etwa ebenso yon Aufgabe zu Aufgabe fort laufend befo]gt wurde wie in einer l~eihe yon sehr verwandten Aufgaben. Die Gleich;;~ii/3igkeit des Ahnlichkeitsvertaufes ist eben in beiden F~llen ungef~ihr dieselbe, und deshalb bildet sieh beide Male eiu einheitlieher Gesehehensbereieh aus. (~u r in diesem ~'rinzip s t immen die Versuche yon Lewin und Birenb(~m mit den im folgenden zu besehreibenden fiberein. Der , , Indikator" ffir Bereiehsbildungen, die Befolgung der Nebeninstruk- Lion, ist in der i~lteren Arbei t ganz anders yon diesen Bereichsbildungen abh~ngig als die Reprodukt ionen in unseren fo|genden Versuchen.)

tiber die Wirkung yon Bereichsbildungen im Spurenfeld. 317

indifferenten Gliedern eines sie absorbierenden Bereiehes werden, und dab sog. I-Fs in dem Nag h6here Reproduktionsziffern ergeben, wie die Organisation der Reihe sie selbst/~ndig bleiben lfigt. Wie man diese Frage zu priifen hat, folgt einfaeh aus den bisherigen t]berlegungen. Wir haben die sehon skizzierten vergleiehenden Ver- suehe mit den beiden 1Reihen

A B C D E F G t I I K und

K 1 K 2 C K 3 K~ K 5 K 6 K 7 K 8 K 9

vorzunehmen. Wenn die Ausbildung einheitlieher Bereiehe bzw. die Ausscheidung yon Einzelpaaren aus solehen, das entseheidende Moment ist, dann mul3 der Verwandtsehaftsverlauf in den Reihen, der ja die Bereiehsbildung best immt, aueh fiir die funktionelle Stellung der Paare oder Glieder, ihre l~eproduzierbarkeit, maBgebend sein. C, das Silbenpaar, ist in beiden Reihen etwa gleieh stark yon allen iibrigen Paaren verschieden. Naeh ihrem :~hnlichkeits- (oder Versehiedenheits-) Verlau/ im ganzen abet weiehen die beiden Reihenformen dadureh voneinander ab, dab in der zweiten zwisehen C und seinen Naehbarn K ein Sprung gesehieht, der im analogen Wahrnehmungsfall C aus der Ge- samtheit aussondern, verselbst~ndigen wiirde, - - ws sieh das gleiehe C in der ersten t~eihe ohne Sprung und indifferent in den Gesamtverlauf eingliedert.

Hiernaeh hs wir 3 typisehe Ffille u zu unterseheiden: 1. Durehweg homogene Reihen, in denen also die Materialart nieht

weehselt. (Funktionell sehr ~hnlieh gestel!t werden ausgedehnte homo- gene Teilbereiehe yon Reihen sein.)

2. Paare (oder Glieder) yon geihen, die dureh einen Sprung im --~hnliehkeitsverlauf verselbsts gestaltm/tgig isoliert sind.

3. Durehweg heterogene Reihen, welehe, bei gr6Beren Versehieden- heiten der Glieder, mit homogenen tleihen insofern iibereinstimmen, als sie aueh gleiehm~Big verlaufen und deshalb einen einzigen Bereich bilden.

Wenn die Ausbildung eines gleiehm~tBig verlaufenden festen Be- reiehes die Reproduzierbarkeit seiner Glieder herabsetzt, dann mug der Fall 1 die niedrigsten Reproduktionsziffern ergeben 1. I m Fall 2 dagegen werden sie besonders hoeh ausfallen. Fall 3 sehlieBlieh wird,

1 Solche homogenen Bereiche werden dabei noch versehiedene Reproduktions- ziffern ergeben, je nachdem wie ausgedehnt sie sind. Z. ]3. werden in einer l~eihe des Typus A1A2A3B1BeBaB~BsB6B v ceteris paribus die A besser gestellt sein als die P,. Vgl. die Bestfitigung in dem Versueh oben S. 312, woes sich freilich um Pri~fung des Wiedererkennens handelt. Aus demselben Grunde sind offenbar �9 .:~*er so_n_st gleichen Umst~inden l~ngere tleihen viel schwerer einzupr~gen als kurze.

318 It. yon Restorff:

auch wenn seine Glieder objektlv ebenso verschieden voneinander gew/~hlt sind, wie sich ein isoliertes Glied (Fall 2) yon den Gliedern eines homogenen Reihenbereiches unterseheidet, deutlich schlechter gestellt sein a]s der I-Fall , weft die durchgehende groBe Ver- schiedenheit wieder Ausbildung eines einheitlichen Gesamtbereiches bedingt. Fall 3 ist eben wieder als eine Art ,,homogener" Fall anzu- sehen 1. Freilieh wird in Fall 1 und Fall 3 auch nicht das gleiche Er- gebnis zu erwarten sein. Denn die Festigkeit eines Bereiches dfirfte davon abhs wie gro/3 die Verschiedenheit ist, die zwischen s~tmt- lichen Gliedern eines solchen Bereiches angen~hert iibereinstimmend besteht. Die heterogene Reihe wird wie die homogene einen einheitlichen, sie wird aber immerhin einen loekereren Bereich bilden als diese und deshalb wird sie zwar niedrigere Reproduktionszahlen geben als eehte I-F~lle, aber doch hShere als eine homogene l~eihe yon durchweg gleicher Materialbeschaffenheit.

Naehdem auf diese Art der Begriff der Isolierung eine gestalt- theoretisch konkrete Prgzisierung gefunden hat, wird deutlich, dab die sog. I-Fs des ersten Abschnittes dieser Untersuchung i. a. ihren Namen nicht ganz zu Recht erhalten haben. In den ersten Ver- suchsserien z. B. standen in einer Reihe neben 4 materialgleichen 4 weitere Paare, die yon jenen und untereinander materialverschieden waren. So eine Reihe stellt einen etwas unklaren, weil untypischen Mischfall dar, so daB, wenn die letzten Uberlegungen zutreffen, zw~r die 4 materialgleichen Paare eine Art homogenen Bereich bilden, neben ihnen abet, gestalttheoretisch betrachtet, nicht eigentlich 4 isolierte F/~lle stehen, sondern eher eine Art heterogenes Gebiet. Zugleich ist durch die bunte Reihenfolge aller 8 Paare eine weitere Unklarheit der Sachlage ge- sehaffen, die auch der homogenen Gruppe etw~s von ihrer funktionellen Eigenart nehmen dtirfte. Die sp~teren Versuche (S. 304ff. u. S. 312) mit nur 3 oder gar nur 2 Materialarten freilich nghern sich mehr typischen Fs oder sind einfach solche. Dagegen fehlen bisher noch ganz Ver- suehe mit durchweg heterogenen Reihen. Deren Ausfall im Vergleich mit dem yon homogenen und yon I-F/illen kann ja erst zeigen, ob wirklich der Xhnliehkeitsverlau/ in den Reihen die Ergebnisse bestimmt, ob fiir diese also Bereichsbildungen ira Sinne der Gestalttheorie maB- gebend sind.

1 Die Ausdrficke ,,homogene ~ ,,heterogene" Reihe sind ja nur in gegen- seitiger Beziehung zu verstehen. Eine bestimmte, heterogen genannte Reihe z. B. verdient diesen Namen im VergIeich mit einer homogenen, in der zwischen den Einze]gliedern durchweg viel engere Verwandtschaften bestehen. Die gleiche heterogene igeihe abet kSnnte als homogen zu bezeichnen sein im Vergleich mit einer andern, deren Glieder s~mtlich noch viel starker verschieden waren. l~]ntsprechend wfirden sich, bei jeweils angemessenem Versuchsverfahren, die ~[~produktionsziffern der Reihen zueinander verhalten mfissen.

~ber die Wirkung yon Bereiehsbildungen im Spurenfeld. 319

Ein ers te r Versuch dieser A r t h a t t e folgende Anlage : Von jeder Vp. w u r d e n 3 Re ihen eingepr/~gt:

Reihe 1 : 1 Zah], 9 sinnlose Silben, Reihe 2 : 1 Si]be, 9 Zahlen, Reihe 3 : 1 Zahl, 1 Silbe, 1 Farbe, 1 Buehstabe,

1 sinnvolles Wort, 1 kleine Photographie, 1 Symbol (gg), 1 Knopf, 1 Interpunktionszeichen, 1 Name einer chemischen Verbindung.

Reihe 1 u n d 2 en tha l t en je ein isoliertes E l e me n t und 9 H-E lemen te . E i n m a l spielen die Silben, im ande ren Fa l le die Zahlen die Rol le yon H-Gl iede rn . Der Zweck dieser Verdoppe lung ist , d ie Kons t e l l a t i onen I u n d H a u c h fiir dieselbe M a t e r i a l a r t verg le iehbar zu maehen. Reihe 3 is t he te rogen; es sollen aber Silbe und Zahl als kr i t i sche Glieder angesehen, d. h. die Ergebnisse fiir sie mi t denen yon Reihe 1 und 2 vergl ichen werden. Jede Reihe wurde nur einmal gezeigt.

Die 10 Gileder jeder Reihe waren auf Pappk~rtchen yon gleicher GrSl~e auf- gezeiehnet bzw. befestigt. Die einzelnen Karten wurden nacheinander nach dem Takt eines Metronoms (Darbietungszeit je 1,5 Seknnden) vorgelegt. Die Vp. er- hielt die Instruktion, die Reihe sehr aufmerksam zu betrachten und die Glieder einzeln einzuprigen. Die als I-Glieder und die in der heterogenen Reihe dar- gebotenen Silben und Zahlen wurden mehrfach ausgetauscht, um das Ergebnis yon Materialzufilligkeiten unabhingig zu maehen. Zwischen dem Lernen yon 2 Reihen lag immer ein Zeitraum yon mindestens einem Tage. - -

In 1 und 2 wurden Sitbe und Zahl stets zu Anfang der Reihe dargeboten, niimlich an 2. oder 3. Stelle, wo die Vp. noeh niehts fiber den Aufbau der ganzen Reihe wissen konnte. Dadurch wurde vermieden, dafi das isoliert gestellte Glied sehon im Augenbliek seines Auftauchens auffMlig, also von vornherein als etwas Besonderes aufgefaBt wurde. Denn in diesem Fall h/~tte es schon wegen aus- gezeichneter Beschaffenheit in der Wahrnehmung auch im Spurenfeld eine Sonder- stellung einnehmen miissen, und eine Auszeichnung dieser Art sollte ausgeschlossen werden. Die Bildung des homogenen Bereiches konnte sich infolgedessen in den Reihen 1 und 2 erst nach der Darbietung des kritisehen Gliedes vollziehen, und dieses konnte erst nachtriglich aus dem Bereich ausgesehlossen werden, wenn es nicht mehr wahrgenommen wurde. Aus demselben Grunde lernten alle Vpn. als erste die durchweg heterogene Reihe 3, in weleher die kritischen Glieder keine Sonderrolle spielen, die dann zu bevorzugter Auffassung in 1 und 2 h i t te fiihren kSnnen. Ihr Reihenplatz war ungefihr derselbe wie in l~eihe 1 und 2.

W e n n die D a r b i e t u n g einer Lernre ihe abgeschlossen war , wurde die Vp. gebeten, e inen s innvol len Tex t soweit wie mSglich auswendig zu lernen. N a c h 10 Minu ten wurde diese Beschaf t igung abgebrochen und die Prf i fung der Reihe vorgenommen, und zwar d iesmal nach der ,,Methode get behaltenen Glieder". Die Vpn. b a t t e n also alles aufzu- sehreiben, was sie noeh v o n d e r fr i iher ge lern ten Reihe angeben konnten , ohne dal~ die frfihere Reihenfolge dabe i innezuha l ten war. ~ a e h 30 Se- kunden ga l t d ie Prf i fung als beende t (und die Vpn. wurden gebeten, den frfiher ge le rn ten s innvol len Tex t so genau wie mSglich aufzu-

Psychologische Forschung. Bd. 18. ~,l

320 H. von Restorff:

schreiben) 1. An diesen Versuehen be te i l ig ten sich 15 Vpn. waren die Versuchsbedingungen die gleichen.

T a b e l l e 9.

F i i r alle

Reihe 1 und 2 Reproduktionsziffern bei

Hgufung Isolierung

Silbe 34: 9 = 3,8 I~ 6 (iReihe 1) (Reihe 2)

gah] 24:9 = 2,7 9 6 (Reihe 2) (Reihe l)

Zusammen . . .

In P r o z e n t . . .

58 : 9 = 6,5 (v. 270 mSgl. F~tllen)

21 (v. 30 mSgl. Fgllen)

70%

l%eihe 3 Reproduktionsziffern in durchweg heterogener

Reihe

I n Tab. 9 s ind die Rep roduk t ionszah l en zusammenges te l l t , und zwar auf gleiche s ta t i s t i sche Chancen reduzier t , also die Ergebnisse im H - F a l l durch 9 d iv id ie r t , u m m i t denen im I - F a l l vergle iehb~r zu werden.

Der W e f t fiir die H-Fg l l e is t sehr n iedr ig (22% Reproduk t i9nen) , der fiir die I -Fg l l e aus den gleichen Re ihen 1 und 2 fiber d re ima l so hoch (70 % R e p r o d u k t i o n e n ) ; das Ergebn i s des e rs ten Abschn i t t e s wi rd also auch bei Anwendung der ganz ande ren Pr f i fungsmethode und Aufhebung der Da rb i e tung in P a a r e n noch e inmal bes tg t ig t .

Vielleicht hgtte man einen noch stgrkeren Unterschied zwischen den beiden Konstellationen erwarten k6nnen, da ja die H/iufung diesmal so welt getrieben war. Es diirfte aber kaum statthaft sein, das quantitative Ergebnis etwa yon Serie VI des 1. Abschnittes mit dem eben besprochenen zu vergleichen, dg Reihen, Darbietungs- und Priifungsart jetzt so sehr anders gewghlt waren (vgl. jedoch unten S. 324).

Die rech te Sei te de r Tab. 9 g ib t die R e p r o d u k t i o n s z a h l e n fiir die k r i t i sehen Glieder der durchweg he te rogenen Reihe 3 wieder . I m ganzen is t die Reproduk t ionsz i f fe r fiir diesen Fa l l 12 oder 40%, nur e twas mehr als die H6lfte yon dem W e r t (70%), der sieh ffir die kr i t i schen Gl ieder in eeh te r I -S te l lung ergeben ha t . D a in der he te rogenen Reihe 3 die Verseh iedenhei ten z.wisehen den kri~isehen und den fibrigen Gl iedern im ganzen sieherl ich mindes tens so grol] s ind wie zwisehen dense lben kr i t i schen Gl iedern u n d den Gl iedern der homogenen Bereiehe yon Reihe 1 und 2, u n d d a t r o t z d e m die Reproduk t ionsz i f f e rn

1 Sie konnten infolgedessen nicht bemerken, dab es sieh bei diesem Lernen nur um eine Tgtigkeit handelte, die stets etwa gleiehartige Ausfiillung der Zwisehen- zeit garantieren sollte.

(v. 30 mOgl. F/~llen) 40%

(gegen 43 % fiir den Durchschn. der iibri- gen Reihenglieder)

~Jber die Wirkung von Bereichsbildungen im Spurenfeld. 321

fiir die kritisehen Glieder in der heterogenen l~eihe niedriger ausgefallen rind, so ist ohne Zweifel wirklich tier Verschiedenheitsverlauf in der ganzen Reihe maBgebend. Kann das als Kri ter ium for die entscheidende Bedeutung yon Bereichsbfldungen im Sinne der Gestalttheorie gelten, dann ist bewiesen, dab unsere Ergebnigse auf solche Bereichsbildungen zu beziehen sind. Sobald der Sprung in den Ahnlichkeitsbeziehungen fortfi l l t , der in Reihe 1 und 2 die Zahl aus dem Silbenbereich, die Silbe aus dem Zahlenbereich ausscheidet, sobald damit Zahl und 8ilbe wieder indifferente Glieder einer Reihe yon iiberall etwa gleicher (wenn auch jetzt geringerer) Xhnlichkeit werden, absorbiert sie dieser Gesamt- zusammenh~ng, und ihre Reproduktionsziffern sinken fast auf die Hi l f te .

Man finder dasselbe Ergebnis, wenn man feststellt, zu welcher Zeit die kritischen Glieder einerseits in isolierter Stellung (Reihe 1 und 2), andererseits als indifferente Glieder der durchweg heterogenen Reihe 3 reproduzier t werden. Es war dutch ein einfaches Verfahren dafiir gesorgt, dab bei der Priifung protokolliert wurde, welche und wieviele Zahlen und Silben wihrend der ersten 5 8ekunden des Reproduktions- verlaufes niedergesehrieben wurden. Dabei ergab sich, dab die Vpn. in lgeihe 1 und 2 yon den iiberhaupt reproduzierten 21 I-Fgllen (Silben und Zahlen) 18 in den ersten 5 Sekunden niederschrieben, in der hetero- genen Reihe 3 dagegen nur 6 yon im ganzen 12 Zahlen und 8ilben. Der Unterschied ist vollkommen deutlich.

~brigens nehmen Zahl und Silbe wirklieh keine Ausnahmestellnng in der Reihe 3 ein; denn obwohl diese auch ein sinnvolles Wort, eine Photographie, einen Knopf u. dgl. enthglt, also Glieder, denen man bei der iibliehen Betrachmngsart einen viel h6heren ,,Einprggungswert" zuschreiben wiirde, ist die Reproduktions- ziffer far die iibrigen Glieder der t~eihe 3 im Durchschnitt 6,5 (43%), also prak- tiseh identiseh mit der Zahl 6 fiir je Silben und Zahlen. Man sieht, wie die Cha- raktere der einzelnen Materialarten in ihrer Bedeutnng hinter der des Reihen- bauer znrfiektreten.

SchlieBlich ist noeh das Ergebnis far Silbe und Zahl in heterogener Reihe mif dem far die gleichen Materialarten in den homogenen Be- reichen yon Reihe 1 und 2 zu vergleichen. Oben wurde die Erwartung abgeleitet, dab die Reproduktionsziffern in der heterogenen Reihe, wenn schon niedriger als im Fall eehter Isolierung, doch h6her als ffir Bereiche durchgehend gleicher Materialart ausf~llen wiirden. Diese Erwartung hat sich best i t igt . I n der heterogenen t~eihe haben die kritischen Glieder immerhin noch etwa zweimal soviel Treffer ergeben wie in den homogenen Gebieten yon l~eihe 1 und 2. Nach den letzten ~berlegungen wird man nicht ohne weiteres sagen diirfen, dab das an der geringeren Verwandtschaft der Glieder in der heterogenen Reihe an und ffir sich liegt. Es wi re vielmehr m6glich, dal~ das iunktionell unmittelbar entscheidende Moment im lockeren Zusammenhang der heterogenen Reihe gegeben ist, und die geringere ~hnlichkeit der lgeihen-

21"

322 H. yon Restorff:

gt ieder nur insofern wirksam wird, Ms sie eben zu ger ingerer Bereichs- fes t igkei t ffihrg.

I m ganzen ha t sich der frfiheren Vorausssge entsprechcnd gezeigt :

Geringste Reprodukt ionsz i f fe rn geben homogene Bereiehe, also

Re ihen durchgehend gleicher Mater ia lbeschaffenhei t .

Besser gestel l t s ind die Glieder he terogener Reihen, zwischen denen

durchgehend etw8 der gleiche, aber ein erhebl icher Verschieclenheits-

grad besteht .

]Die h6chsten Reproduk t ionszah len geben Glieder, die isoliert und

ausgesonder t neben e inem homogenen Bereich ihrer Reihe s tehen 1.

Das Versuchsprinzip der Reihe 3 dieses Paragraphen beseitigt ein Bedenken gegen den Vergleieh yon H- und I-F~llen, wie er z.B. bei der Deutung yon Reihe 1 und 2 vorgenommen wird. Man k5nnte niimlich sagen, dab viele Silben oder Zahlen, in einer Reihe vereinigt, bei der Reproduktion zu Verweohs]ungen, Kontaminationen u. dgl. AnlaB geben, fiir welche im I-Fall gar keine M6glieh- keit gegeben ist. Es gibt solche Verweehslungen and Kontaminationen nach unseren Protokol]en ohne jeden Zweifel. ~Tie immer ~ber sie zu erklaren sein mSgen, das Ergebnis yon Reihe 3 (ira Vergleieh mit den I-Fallen yon Reihe 1 und 2) schlieflt vollkommen aus, da~ unsere These von der entscheidenden Ro]le der Bereichsbildungen durch Berufung auf Verweehslungen und Kontami- nationen entwertet werden k6nnte. Denn niemand begeht Verweehslungen oder Kont~minat.ionen zwisehen Knopf, Zahl, Photogr~phie, Silbe and ~d. Und trotzdem senkt die Absorption in einen innerlieh so heterogenen, aber gleichmaftig verlaufenden Gesamtbereieh die Reproduktionsziffer betr~ehtlich gegeniiber den I-Fallen yon Reihe 1 und 2.

Silbe und Zahl, die kritisehen Glieder, konnten freilieh nur deshalb indifferente Bestandteile der heterogenen Reihe werden, well diese Reihe zuerst dargeboten und gepriift wurde. Ware Reihe 1 oder 2 (oder beide) vorausgegangen, die nur Silben und Zahlen enthielten, so waren den Vpn. wahrscheinlich Silbe und Zahl in 3 be- sonders aufgefallen. - - Oben (S. 319) wurde erwahnt, dag in l~eihe 1 und 2 das jeweils allein vorkommende kritische Glied den 2. oder 3. Reihenplatz hatte, so dab im Augenblick seines Auftretens noch keine deutliche Bereiehsbildung er- folgt sein, es selbst also nieht sogleieh als isoliert aufgefaftt werden konnte. Wieder- holung der Darbietung aber wurde vermieden. Es ist deshalb unwahrseheinlieh, dab die Bereiehswirkungen, auf denen die ungleiche ]Reproduzierbarkeit der Glieder in den versehiedenen Konstellationen beruht, nut einfaeh bei der Reihen- au[/ass~l~g zustande kommen. Man wird viehnehr anzunehmen haben, dab Ein- flilsse gleieher Art anch noch ,,ira Spurenfeld" welter wirken. Denn im eben besprochenen Falle erfolgt ja die betreffende Bereichsbildung selbst erst ~ach Wahrnehmung des Gliedes, dessen Reproduzierbarkeit sich naehher yon der erfolgten Bereichsbildung bestimmt erweist. (Vgl. zu dieser Frage auch S. 306, sowie vor al!em S. 308.)

1 Zu dem ersten dieser 3 Falle ist noch zu bemerken : Eine durchweg homogene Reihe erreieht vielleicht nicht die h6chste tiberhaupt vorkommende Bereichs- festigkeit. Es ist theore~iseh nieht unwahrschei~tieh, da/~ Einft~gung eines Paares (Gliedes) yon anderer Materialart die Festigkeit des homogenen Bereiehes, aus dem es ausgesondert wird, noch steigert. Vorlaufige Versuche in dieser Richtung lassen uns vermuten, daf3 eine solche Wirkung in der Tat eintritt, trod zwar auch dann, wenn das fremde Material an die Stetle yon homogenem 5Iaterial tritt, dessen Haufung also zugleich etwas ver~i~r{ert wird.

~ber die Wirkung yon Bereichsbildungen im Spurenfeld. 323

Da die Regeln, naeh denen die Iteproduzierbarkeit von Reihengliedern Funk- tion des Reihenbaues ist, genau flbereinstimmen mit den Gesetzen, naeh welehen Einzelgebilde im Sehfeld selbst~ndig bleiben oder aber indifferente Teile yon ansehauliehen Bereiehen werden, so liegt hier ein sehwieriges Problem vor. Ent- weder sind such ,,ira Spurenfeld" ~ihnliehe Kr/ifte wirksam wie die, welehe sich in der GestMtung der Wahrnehmung ~'mgerrr. Oder unsere Ergebnisse sind nur unmittelbare Folgen yon Gestaltwirkungen in der Wahrnehmung. Solange eine strenge experimentelle Entseheidung nicht vorliegt, wird such folgendes Argument zu beaehten sein: Die heterogene Reihe 3 besteht aus lauter recht versehiedenen sukzessiv dargebotenen Gliedern. DaB diese, z.B. Silbe und Zahl, wegen des gleiehm~gigen Reihenverlaufes sehon in der Wahrnehmung nur sehr sehleeht aufgefagt werden sollten, und zwar viel sehleehter als gleiehartige Glieder im I-FM1, das seheint uns eine etwas gewagte These. Wir wtirden die Annahme vorziehen, dab die seh~digende Wirkung des gleiehmfiBigen Reihenverlaufes erst im Spurenfeld so erheblieh wird, wie sie naeh der herabgesetzten tleproduk- tionsziffer sein muB.

W e n n die Ergebnisse in den drei mi te inander vergl ichenen Kon- s te l la t ionen aueh sehr deutl ieh vone inander versehieden ausgefallen sind, u n d zwar gerade in dem Sinne, der gestMttheoretiseh vorherzu- sagen war, so sind doch die m6gliehen F/~lle ftir die kri t isehen Glieder in Isol ierung u n d in heterogener Reihe vielleieht zu wenig zahlreieh, Ms dab dieser erste Versueh ftir endgiilt ig entseheidend gehal ten werden

k6nnte .

Die g e i h e n dieses Versuehes waren n ieht so dargeboten worden, daft Paa.rfassung ihrer Glieder nahegelegen hs Die Reihen des n~ehsten Versuehes wurden wieder in Paaren vorgefiihrt, jede dreimal, u n d 10 Minu ten sp/s nach dem Trefferverfahren gepriift. Es waren 3 Reihen analog denen des le tz ten Versuehes, u n d zwar enthie l t

Reihe 1: neben 1 Zahlenpaar 7 Silbenpaare, Reihe 2: neben 1 Si lbenpaar 7 Zahlenpaare , Reihe 3: neben 1 Silben- u n d 1 Zahlenpaar im ganzen 6 Paare,

je in sich aus zwei nahve rwand t en Gliedern gebildet, aber un te r sieh so materiMverschieden wie die Glieder der Reihe 3 im le tz ten Versueh.

Nur je eine Reihe wurde an einem Tag gelernt und gepriift. Die Zeit zwischen Einpr/igung und Priifung wurde nicht planm~Big ausgefiillt; die Vpn. sollten nur nicht an die eingeloragten Reihen denken.

tleihe 3 wurde yon allen Vpn. zuerst gelernt, danach yon einem Teil der Vpn. t~eihe 1 und dann 2, yon einem anderen Teil erst Reihe 2, dann 1. Die an kritischer Stelle stehenden individuellen Silben und Zahlen wurden mehrfaeh ausgetauseht. An den Versuehen beteiligten sieh I6 Personen (das Lehrerkollegium einer Sehule)L

1 Diesen Vpn., sowie den Direktoren und Lehrern, die so liebenswiirdig waren, uns d~s Experimentieren mit ihren Klassen zu gestatten, ganz besonders aber Fr/~ulein eand. phil. Ilse Miiller, die bei den Sehu]versuchen und such sonst unermiidlieh als Versuehsleiterin mitgewirkt hat, sprechen wir unseren aufrichtigen Dank aus.

324 H. von Restorff:

Tab. 10 en th~l t die Ergebnisse :

T a b e l l e 10.

l~eihe 1 und 2 l~eihe 3 Trefferzahlen f l i t Silbe und Zahl Trefferzahlen fi ir Silbe

in und Zahl in

I t I durchweg heterogen, t teihe

Silbe . . . . . 32:7 ~ 4,6 16 13 (Reihe 1) (Reihe 2)

Zahl . . . . . 17:7 = 2,4 16 16 (Reihe 2) (Reihe 1)

Z u s a r n I i l e n . .

In Prozenten .

49:7 ~ 7 (v. 224 m6gl. F/~llen)

22%

32 (v. 32 m6gl. F~llen)

100%

29 (v. 32 m6gl. F~llen)

91% (gegen 90% ftir den Durehsehnitt der iibri- gen Reihenglieder)

Die l inke Sei te der Tabel le besti~tigt das R e s u l t a t von A b s c h n i t t I abermals . Es geh6r t gewig zu den s ichers ten T a tbe s t~nde n des ganzen Gebietes. I n H - K o n s t e l l a t i o n h a b e n Sflben und Zahlen hier nu t noch e twa ein Ff inf te l der Reprodukt ionszf f fe r erreicht , d ie sich ffir d ie I - Kons t e l l a t i on e rgeben ha t . Das Verhi i l tnis w~re v ie l le icht noch ex- t r emer ausgefal len, wenn n ich t die Zah l der D a rb i e tunge n zu hoeh gewesen w~re und die Treffer fi ir den Iso l ie rungsfa l l schon auf das M a x i m u m gebrach t h/4tte. Soweit m a n die versch iedenar t igen Versuche t i be rhaup t vergle iehen kann , i iber t r i f f t dies Ergebnis jedenfal ls aueh das des Wiedere rkennensversuehes in A b s c h n i t t I (Tab. 8), wo - - bei noch wei ter ges te ige r tem Gegensatz yon H und I i m Re ihenbau - - die en t sp rechenden Zahlen 40 und 96% waren.

Der im Z u s a m m e n h a n g dieses Abschn i t t e s wicht igs te Vergleieh, n~m]ich der zwischen dem Ergebn i s de r I-F~ille und dem der kr i t i schen F~ille in der he te rogenen Reihe 3, fitllt wegen des schon erw~hnten technisehen MiBgriffes n ich t en t sehe idend aus. Der Trefferwert , wenig- s tens f/i t die Silben, is t e twas kle iner in der he te rogenen Reihe, abe t Ifir die Zahlen h a b e n beide Kons t e l l a t i onen das gleiehe ergeben. Sicht l ieh h a b e n die 3 Da rb i e tungen bei den Vpn. dieses Versuehes zu s t a rk ge- wi rk t , so dab die zwei tgt ins t igs te Kons t e l l a t i on die g/ ins t igs te be im i ibe rhaup t e r re iehbaren M a x i m u m einholen konnte .

tleihe 3 zeigt immerhin noch einmal, dab Silben- und Zahlenpaar sich in der ganz heterogenen Reihe genau wie der Durchsehnitt der fibrigen Paare verhalten; denn die Trefferzahl ffir diesen Durehsehnitt ist 90%, die gleiehe wie fiir Silbe und Zahl zusammen (91%). Silbe und Zahl werden also in einer solehen tleihe w~rklieh Glieder wie die anderen aueh.

Die Darb ie tungszah l wurde desha lb im n/ iehsten Versueh herabgese tz t , so dab die Trefferziffern ffir I -Kons t e l l a t i onen und kr i t i sche Glieder der ganz he te rogenen I le ihe in ein s ta t i s t i seh angemessenes Gebie t fMlen

iJber die Wirkung yon Bereichsbildungen im Spurenfeld. 325

konnten. Aui Pri ifung der krit ischen Glieder in t I -Konste l la t ion wurde t iberhaupt verzichtet , naehdern der Vergleich zwischen H~ufungs- und Isolierungsfall schon in so vielen Versuchen immer das gleiehe Ergebnis gehabt hatte. Wir gewannen so die MSgliehkeit, den Versuch auf Dar- bietung und Priifung yon nur 2 Reihen zu beschr~Lnken. Von diesen war die eine heterogen gebaut wie im vorigen Versuch (jedoch um 2 Paare verl~ngert), die andere enthielt 1 Silben- und 1 ZaMenpaar, auBerdem 10 Paare yon kleinen sehwarz-weiI3en Zeiehnungen bekannter Gegensts Wenn man ganz streng sein will, kann man also sagen, dab hier das Silben- und das Zahlenpaar nicht vol lkommen isoliert im jetzt festgelegten Sinn auftraten. Sie miissen jedoeh in der Reihe yon 10 Bilderpaaren sehr angenahert die Stellung yon I -Paa ren erhalten haben und vor allem viel mehr abgesondert geblieben sein Ms die gleichen Paare in der durehweg heterogenen Reihe.

Die Reihen wurden nur einmal gezeigt. Naeh l0 Minuten Zwischen- zeit, die durch Gespr~che mit den Vpn. ausgeffillt war, wurde nach dem Trefferverfahren gepriift.

Der Versuch wurde mit zwei Schulklassen (insgesamt 42 Primanern und Primanerinnen) durchgefiihrt. Das gab zwei Gruppen yon Vpn., fiir welche die kritischen Padre der beiden Reihen gegeneinander ausgetauseht wurden. Dar- bietung und Priifung der heterogenen Reihe erfolgte in beiden Gruppen zuerst, eine Woche friiher als der Versuch mit der anderen Reihe (vgl. dazu oben S. 322).

Tab. 11 ~al3t die Ergebnisse zusammen:

Tabelle II.

Trefferzahlen ffir Silbe und Trefferzahlen ffir Silbe und

Zahl im I-Fall Zahl in durchweg heterogener Reihe

Silbe . . . . . 29 yon 42: 69% 18 yon 42: 43% Zahl . . . . . . 38 ,, 42: 90% 29 ,, 42: 69%

Z u s a m m e n . . . 67 yon 8~: 80%

(Durchschn. Trefferzahl f. d. ,,sinnvollen" Zeich-

nungen 13%)

47 yon 84: 36% (Durchschn. Trefferzahl f. d. t~brigen Paare 65%)

Sowohl ftir die Silbe wie fiir die Zahl liegen die Trefferziffern im I-Fall, wo die krit ischen Paare je einmal in der Reihe auftreten, betr~Lehtlich hSher als in der ganz heterogenen Reihe, in der sie ebenfalls nur einmal vorkommen. Dami t ist das Ergebnis, welches zuvor in Versuchen mit Prtifung der beha]tenen Glieder gefunden wurde, auch bei Priifung nach dem Trefferverfahren best~tigt: Die untersuehte Wirkung h~ngt wesentlich von den Bereichsbildungen in den Reihen ab ; sie wird nieht einfaeh yon den ~hnl ichkei ten best immt, die zwischen den kritischen und den fibrigen Paaren der t leihen bestehen.

3 2 6 H. yon Restorff:

Bemerkungen zu dem letzten Versuch: l. Es ist durchaus m6glich, dab Vergleich von ganz reinen I-Fallen mit mate-

rialgleichen Fallen der heterogenen Konstellaflion einen noch gr6Beren Unterschied ergeben hat te . Wenn dieser Vergleich jedoch ffir 2 Mater ialar ten durchgefiihrt werden sollte, so waren dazu 3 zeitlich getrennte Versuche mi t 3 Reihen efforder- lich gewesen. Beanspruchung derselben Schulklassen in 3 zeitlich get rennten Ver- suchsreihen war aber nicht gut mSglich.

2. Das Ergebnis dieses Versuches kann nicht etwa auf den Unterschied der Verwandtschaf ten zurfickgefiihrt werden, die in den beiden Reihen zwischen den kri t ischen und den iibrigen Paaren bestanden. Die heterogene Reihe war wieder so beschaffen wie in den beiden vorausgehenden Versuchen dieses Abschnitfies. Neben Silben- und Zahlenpaar enthiel t sie ein P a a r Bilder, w i e sie auch im homogenen Bereich der anderen Reihe vorkamen, und auBerdem yon Silbe und Zahl mindestens so verschiedene Gebilde (vgl. die Aufzahlung S. 319). Wenn es in einer der beiden Reihen f iberhaupt starkere Unterschiede zwischen den kri t ischen und den iibrigen Paaren gab, dann war es sicherlich in der heterogenen Reihe der Fall. Diese aber hat , infolge ihres gleichm~fligen Verschiedenheits- verlaufes, t ro tzdem , ,quasihomogen" gewirkt, d. h. die niedrigeren Reproduktions- ziffern ergeben.

3. Man kann den Ausfall des Versuches aber auch nicht darauf zuriickffihren, dal~ die Reihe mi t den vielen sinnvollen Bildern an sich leichter einzupragen u n d zu behal ten gewesen ware als die heterogene, und deshalb der Vp. flit Silbe und Zahl gewissermaBen mehr Energie gelassen habe. Denn es ist gerade das Gegen- teil der Fall. Weft die sinnvollen Zeichnungen oder Bilder in echter t t -Kon- stellafiion auftreten, sind sie schwerer einzupragen, zu behal ten und korrekfl zu reproduzieren als die unter sich materialverschiedenen Paare, die in der heterogenen Reihe neben Silbe und Zahl stehen. Jene haben n~mlich im Durchschni t t nu r 13% Treffer ergeben, diese 65% 1. - - Die geringe Trefferzahl ffir die sinnvollen Bilder in homogenem Bereich laBt noch einmal besonders eindringlich erkennen, wie wenig die einzelne Materialar t als solche im Vergleich mi t dem Reihenbau bedeuflet. Solche Bflder wfirde man gewiB ffir leicht e inpragbar halten, und doch gibt sogar die sinnlose Silbe, in der gleichen Reihe isolierfi auftretend, fiber 5real soviel Treffer (69%). Andererseits entfielen auch auf ein Bilderpaar gleicher Art, das in die durchweg heterogene Reihe aufgenommen war (s ta t t 13 %) 60% Treffer, eflwa dem Durchschni t t ffir alle Glieder dieser Reihe entsprechend. In Isolierung ha t t e ein solches Paa r sinnvoller Bilder vermut l ich nut Treffer ge- geben, so dab das Ergebnis ffir den I-Fall 100%, ffir den heterogenen 60% und ffir den homogenen 13% Treffer gewesen ware. Das ist noch einmal die theo- ret isch zu erwartende Reihenfolge.

, 4. Auch in diesem Versuch k a n n es sich kaum um eine Wirkung der Reihen. au//assung allein handeln. Denn die heterogene Reihe, in we]cher Silben und Zahlen keine Sonderrolle spie]en, ist zuerst eingepragt und geprfift. Es folgt die andere Reihe, in der sich eine Sonderstellung yon Silbe und Zahl (wegen ihres l%eihenplatzes zu Anfang) erst ausbilden kaml, nachdem sie schon dargeboten waren; und die Reihe wird nur einmal vorgeffihrt. So dtirffe es sich bei Aussonde- rung yon Silbe und Zahl in der Hauptsache um einen Vorgang schon im Spuren- feld handeln.

5. Auch fiir Prtifung nach der Treffermethode ist es je~zt unm6glich geworden, die Ergebnisse, an s t a t t durch Wirkung der Bereichsbildung, durch Verwechslungen

1 Dieser Weft (65%) zeig~ fibrigens wieder, dab Si]be und Zahl in der heterogenen Reihe wirklich kelne Sonderstellung einnehmen; denn der Durch- schnitfswert fiir Silbe und Zahl in dieser Reihe ]iegt fast ebenso hoch (56%).

Uber die Wirkung yon Bereichsbildungen im Spurenfeld. 327

und Kontaminationen zu deuten. Denn die Wirkung gleichm/~Bigen Rcihenverlaufes macht sich auch in der heterogenen l~cihc (im Vcrgleich mit den I-F/illen) deutlich geltend, d. h. unter Umst~nden, wo Verwechslungen und Kont~minationen nicht ernstlich in Frage kommcn (vgl. oben S. 322).

Wenn es zutrifft, dab der EinfluB des l~eihenbaues auf Einpr/~gung und Behalten nicht unmittelbar yon den ~hnliehkeiten (oder Versehieden- heiten) der einzelnen Reihenglieder ausgeht, sondern auf den jeweiligen Bereiehsbildungen beruht, dann ist zu folgern, dab alle so]che Bereiehs- bildungen dieselben Wirkungen haben, ob sie nun ihrerseits auf dem :~hnlichkeitsverlauf in der Reihe oder auf anderen Faktoren beruhen. In der TaG versteht es sich fast yon selbst, dab Isolierung auger durch einen Sprung im )~hnlichkeitsverlauf z. B. auch durch geeignete raum- zeitliche Verlaufsmomente erzielt werden kann (vgl. u. S. 328). Von vornherein ist es ja auch nicht einerlei, wo die einzelnen Glieder etwa einer homogenen Reihe r/~umlich und zeitlich in dieser Reihe stehen. Die alte Erfahrung, dab Anfangs- und Endglieder yon homogene~ Reihen der tiblichen Art fiir Lernen und Behalten bessergestellt sind als ,Binnenglieder", wird leicht verst/~ndlieh dadurch, dab jene, naeh der einen Seite ganz frei, als gewissermaBen ,,etwas isolierter" betraehtet werden diirfen.

Ganz ungekl/s bleibt bisher, auf welehe Art die Glieder (oder Paare) von Reihen dureh ihre Aufnahme in gleichm/s feste Bereiche gesch/~digt werden. Aus der Psychologie der Wahrnehmung wissen wit wohl, dab dort unter vergleichbaren Umst/~nden Anderungen yon Gebilden erfolgen, wenn diese zu Teilen yon grSGeren Bereiehen werden. Aber wir sind gewohnt, diese _Anderungen, sog. ,,TKusehungen", m/~Gig zu finden, solange die Bereichsbildung die Diskretheit der Teile nieht aufhebt. Die Reihen- glieder in unseren Versuehen aber bleiben, w/~hrend sic vorgeffihr~, also wahrgenommen werden, jedenfalls diskret. Die Annahme, dab die in unseren Versuchen auftretenden betr/~ehtlichen Sch/~digungen yon der gleichen Art seien wie die erws umbildenden Bereichswirkungen in der Wahrnehmung, 1/s sieh also nur unter der Voraussetzung halten, daft solche Umbildungen nachtriiglich, im Spuren/eId (oder doch bei der Ausbildung der Spuren), viel welter gehen k6nnen aIs in Wahr- nehmungs/eldern. Wenn wir dies Problem 16sen wollen, werden wir weniger fragen mtissen: Wieviel richtige Reproduktionen sind unter best immten Bedingungen auf Grund einer Anzahl gegebener Spuren m6glich ? als vielmehr: In weleher Art sind diejenigen Spuren ver- /~ndert, die nich$ mehr richtige Reproduktionen ergeben ? 1

Ubrigens w~re es durchaus nicht zu rechtfertigen, wenn aus den mitgeteilten Versuehen geschlossen wtirde, dab unter allen Umst~nden Aufnahme eines Gebildes in einen Gesamtbereieh Sch/~digungen wie

1 Das ist die Fragcstellung yon Ko]]ha und Wul/. Psycho]. Forsch. 1, 1922.

328 H. von Restorff:

die hier festgestellten ergeben miil3te. Die Bereiehsbildungen, die in diesen Versuehen vorkommen und sehgdigend wirken, sind mit einem leieht verstgndliehen Wort sgmtlieh als ,,monoton" zu eharakterisieren. Nun kann ein Gebilde aueh fest eingefiigter und dabei doeh zugleieh h6chst sioezi/iach eingegliederter Tell einer Gesamtsituation werden. Es ist unwahrseheinlieh, dab aueh eine solehe Eingliederung zu Sehgdi- gungen der hier behandelten Art fiihrtk

Es lgge nahe genug, aueh fiir den Fall des Wiedererkennens zu zeigen, dab es nieht die einzelnen Ahnliehkeiten yon Reihengliedern, sondern die Bereiehsbildungen in den Reihen sind, yon welehen die Er- gebnisse in den versehiedenen Konstellationen bestimmt werden. Das wurde aueh versueht, mil31ang aber aus teehnisehen Griinden. Befunde, die in der erwarteten Riehtung lagen, muBten wit Ms methodiseh ungesiehert beanstanden. Mit einer I)iskussion dieser Sehwierigkeiten wgre eben wenig geleistet e. Es kommt vielmehr darauf an, fiir das Problemgebiet des sog. Wiedererkennens iiberhaupt eine sehgrfere Methodik zu entwiekeln.

I I I . Am Sehhfl3 des vorigen Absehnittes wurde daran erinnert, dab

Bereiehsbildungen auger yon Verwandtsehaftsfaktoren aueh yon raum- zeitliehen Verlaufsmomenten abhgngig sind. So bilden im Raum wie in der Zeit Bestandteile eines Feldes unter sonst gleiehen Umstgnden um so leiehter einen gesehlossenen Bereieh, und dieser wird um so fester, je ngher sie einander stehen. Wir wenden diese Regel auf unser Problem- gebiet an. Da kann sie yon zwei Seiten her betraehtet werden. Ein- real besagt sie, dab die untersuehten Wirkungen vermutlieh dureh sehnelle Aufeinanderfolge der Reihenglieder verstgrkt werden. Es wiirde abet zweitens aueh a us ihr folgen, dab eine bei unmit~elbarer Sukzession der betreffenden glieder festgestellte atara'e Wirkung bei einigem Ab- stand in der Zeit nieht einfaeh versehwinden kann, sondern, wahr- seheinlieh in abgesehwgehter Form, aueh dann noeh naehzuweisen sein mug. Daraus ergeben sieh mehrere Folgerungen:

a) Wenn auf einige tleihenglieder einer bestimmten Materialart weitere Glieder derselben Art nieht sofort, sondern erst naeh einer gewissen, nieht zu langen Zwisehenzeit folgen, so wird das im Spuren-

In der Tat haben yon Sa~Mer angeregte, yon Johannes durehgeftihrte Versuehe ergeben, (tab Figuren, welche in einem ~spezi/Lsch zusammengeh6rigen Gesamtaufbau liegen (freilieh aber diskret bleiben), deutlich leichter eingeprRgt und besser behalten werdea als ~ilmliche Figuren, die als ungeordnetes Aggregat ,dargeboten worden sind. [Arch. f. d. ges. Psychol. ,~3 (1932).it

2 Eine yon ihnen muI~ sp~tter (S. 340f.) er6rtert werden.

Uber die Wirkung yon Bereichsbildungen im Spurenfeld. 329

feld mSglieherweise ftir jene ersten Glieder eine sehs Einwirkung desselben Typus, wenn aueh wohl yon geringerem Grade, geben, als wenn die H~ufung in unmittelbarer Sukzession s~mLlieher Glieder erfolgte.

b) Wenn der schgdigende EinfluB der H/~ufung i n beiden Ze i t r i ch .

tungen , yon frfiheren zu sps Gliedern wie umgekehrt, wirksam sein sollte, dann dfirfte eine Anzahl sp~terer Glieder einer bestimmten Art auch dadurch geseh~digt werden, da6 nieht zu lange Zeit vorher

eine grSftere Anzahl yon Gliedern derselben Art dargeboten, eingeprggt oder sonst nachdrficklieh aufgenommen wird.

e) Wenn die schAdigende Wirkung der Hs sich bei Wiederer- kennenspriifung von vornherein schws geltend macht als bei Re- produktionsprfifung (vgl. o. S. 310f. u. 324), so ist zu erwarten, da$ diese Absehw~ehung noeh deutlieher werden wird, wenn die Wirkung fiber ein gewisses Zeitintervall hinweg erfolgt, der schs EinfluB also an Intensits verliert. J a es wgre m5glich, dab bei Wiedererkennens- prfifung in diesem Falle kaum mehr ein Rest der Schs fest- zustellen ist. Diese Folgerung w~re sowohl ffir den Fall zu ziehen, dab das Material gleieher Art vorausginge, wie ffir den, dab es nach- folgte.

Die erste Folgerung wiirde auf eine r i i ckwi rkende H e m m u n g hin- auskommen, die bei Reproduktionsprfifung festzustelten ws so abet, daft, entgegen der ursprfinglichen Ansieht G. E . Mi~llers 1, Ab- stufung dieser ttemmungswirkung naeh Materialverwandtschaft zwi- sehen hemmenden und gehemmten Gliedern angenommen werden miiftte. Eine solche Erscheinung wfirde den Sinn haben, daft im Spuren- feld die Ausbildung funktionell zusammenh~ngender Bereiche und ent- sprechende Seh~tdigungen auch fiber eine Zeitlficke bin erfolgen kSnnen. Versuche, die den Begriff der ,,riickwirkenden Hemmung" in der ange- gebenen Riehtung modifizieren wollen, sind in Amerika bereits mehrfach angestellt worden 2, nicht immer mit dem gleichen Erfolg, aber doch mit einer Tendenz der Ergebnisse im ganzen, die ffir die Notwendig- keit einer solchen Umbi]dung des Begriffes spricht.

Auch ffir die zwei te Fo]gerung kSnnte man sieh auf gewisse ameri- kanisehe Versuchsergebnisse berufen. Xach ihnen ist es wenigstens eini- germal~en wahrscheinlieh, daft in Reproduktionsprfifungen aueh eine , ,vorwdirtswirkende H e m m u n g " yon vorausgehenden auf spatere Ver]hufe

1 Mi~ller u. Pilzecker, Experimentelle Beitrage zur Lehre veto Ged~chtnis. Z. Psychol., Erganzungsband I (1900).

2 E. S. Robinson, Psychologic. Monogr. 2~ (1920). - - E. B. Skaggs, Psycho- logic. Monogr. 34 (1925). - - E. S. Robinson, Amer. J. Psychol. 39 (1927). - - L. M. H<~rden, J. gen. Psychol. 2 (1929). - - J. A. McGeoch, J. of exper. Psychol. 14 (1931).

330 H. von l~estorff:

festgestellt werden kann, deren Ausmal~ mit zunehmender Material- verwandtschaft anw~ichst 1.

Die dritte Folgerung s t immt gut zu dem Befund R. Heines 2, nach welchem bei Wiedererkennenspriifung tiberhaupt keine ,,rfickwirkende Hemmung" festzustellen ist. Dieser Befund wfirdc dureh den Zusammen- hang, in den er - - infolge der oben (Abschnitt I) mitgeteilten Ergeb- nisse - - anscheinend gestellt werden kann, nunmehr leicht zu begreifen sein, w/~hrend er bisher unverstgndlieh war. In dieser Hinsicht w~ren jedoch noch erg~nzende Versuche erforderlich, in denen gezeigt werden mfiftte, dag keinerlei Steigerung der Verwandtschaft zwischen den Ver- laufsgebieten ( , ,Hauptreihe" und ,,Nachreihe") eine so deutHehe ,,riick- wirkende Hemmung" entstehcn l~tgt, wie sie bei Reproduktionspriifung gefunden wird. - - 1Jber eine ,,vorwiirtswirkende Hemmung" , die bei Wiedererkennensprfifung festzustellen w/~re, ist bisher nichts bekannt.

Riickwirkende Hemmung und Reproduktion.

Wenn die rfickwirkende Hemmung auf ~hnlichc Vorg~nge zurfickgeht wie die in den beiden ersten Absehnitten festgestellten Seh/idigungen dutch H/iufung, dann k6nnen die ~lteren Untersuchungen fiber jene Hemmung methodisch leicht etwas verbessert werden. Will man die Hemmung reeht deutlich hervortreten lassen, dann wird man ver- meiden mfissen, dab eine der Art naeh gleichartigc starke Sch~digung des eingeprS~gten Materials bereits zustande kommt, bevor die als hemmend anzusctzenden Vorg~tnge fiberhaupt eingeffihrt sind. Denn wenn Reihe und Vergleichsreihe, wie sie in solchen Untersuehungen verwandt werden, beide schon ohne rfiekwirkende Hemmung stark ge- sch~digt sind, dann kann sich eine weitcre Seh~digung der einen yon ihnen (n~mlich durch rfickwirkende Hemmung) nicht mehr besonders dcutlich geltend machen. Infolgedessen empfiehlt es sich nicht, das- jenige Material, das der riickwirkenden Hemmung ausgesetzt werden soil, in langer homogener Reihe einpr/~gen zu lassen, wie das fiblich ist. Man wird vielmehr nur wenige Glieder der betreffenden Art geben, so dab ein Lernprodukt entsteht, welches zun/~ehst relativ gfinstig gestellt ist und nun von nachtr/~gliehen st6renden Einflfissen um so deutlicher geseh/idigt werden kann. Dal3 dies frfiher nicht erkannt wurde, hat wahrscheinlich in den ~lteren Versuehen die Hemmungs- wirkung zu sehwach erscheinen lassen. Wir gingen folgendermat]en vor:

Eine gr61~cre Anzahl yon Vpn. prs sich eine Hauptreihe ein, die aus 2 Silben-, 2 Figuren- und 5 Zahlenpaaren besteht. Danaeh werden

1 Paul L. Whiteley, J. of exper. Psychol. 10 (1927). Die Versuche Whiteleys gehen yon einer anderen Fragestellung aus und geben deshalb keine ganz klare Antwort auf die oben aufgeworfene Frage.

2 tt. Heine, Z. Psychol. 68 (1914~).

~ber die Wirkung von Bereichsbildungen im Spurenfeld. 331

einer Gruppe dieser Vpn. nacheinander 4 Nachreihen zur Einpragung dargeboten, welche je aus 6 Silben und 3 Zahlen zusammengesetz t sind; die iibrigen Vpn. suchen sieh 4 Nachreihen einzupragen, deren jede neben 6 Figuren 3 Zahlen enthalt . Fiir die erste Gruppe folgt also auf das Lernen der Haupt re ihe eine groBe Hgufung von Silben. I s t unsere Uberlegung richtig, so mul~ infolgedessen die Trefferzahl fiir Silben nachher herabgesetzt sein, n~mlich im Vergleich mi t den Silbentreffern der anderen Grulope, deren Nachreihe keine Silben enthglt . Umgekehr t miissen sich in dieser anderen Gruppe niedrigere Trefferzahlen fiir die Figuren der Haulotreihe ergeben, weil in ihren Nachreihen viele Figuren auftreten, die in den Naehreihen der ersten Gruppe ganz fehlen. - - Ffir die Zahlen sollte man bei beiden Gruppen yon VIOn. etwa gleiche Re- sul tate erwarten, sofern wenigstens vorausgesetzt werden kann, dab Zahlen ein gegeniiber Silben und Figuren gleieh indifferentes Material darstellen, ffir welches in den Nachreihen beider Gruppen dieselben Bedingungen angesetzt werden.

An dem Versuch beteiligten sich die Oberprima und die Unterprima eines M~dchengymnasiums. Jede Klasse stellte eine der beiden Vpn.-Gruppen d~r (15 und 13 Vpn.).

Die Paare der Hauptreihe wurden nacheinander je 2 Sekunden, und die ganze l%eihe wurde 4mal vorgeftihrt. (Zur Einfibung des Lern- und Prfifverfahrens war ein kurzer Vorversuch mit einer Reihe yon Paaren sinnvoller Worte und gleich anschlieBender Prtifung vorausgeschickt worden. )

Die 4 Nachreihen wurden, j edoch nicht in Paaren, ebenso gezeigt wie die Haupt- reihe, abet jede 1N~achreihe nur einmal. Die Vpn. hatten nach der Darbietung jeder dieser iqachreihen die davon behaltenen G]ieder aufzuschreiben und be- kamen daffir eine bestimmte Zeitspanne. Die Gesamtzeit zwischen AbschluB des Lernens der Hauptreihe und Beginn der PrSfung nach dem Trefferverfahren be- trug ftir beide Gruppen 8 Minuten.

Die Trefferprfifung der t taupt re ihe fiihrte zu dem folgenden Ergebnis :

Tabel le 12.

Gruppe I (13 Vpn.) Gruppe I I (15 Ypn.) ~achre ihen: Silben Nachre]hcn : ]Figuren

(und Zahlcn) (und Zahlcn)

Silben . . . . . U: 14 yon 26 = 54~!o G: 27 yon 30 = 9@% Figuren . . . . G: 18 ,, 26~69Yo U : 13 ,, 3 0 ~ 4 3 %

Die Buchstaben U und G in der Tabelle geben an, welche Ergeb- nisse einer relativ ungignstigen oder gi~nstigen Konstel lat ion entsprechen, d. h. welche Trefferzahlen nach der Materialart der betre~fenden Nach- reihen gerade st/irkere oder schwi~chere Senkung erfahren haben sol]ten. Vergleich innerhalb der I tor izontalspal ten betrifft gleichartiges I)rii - fungsmaterial in den beiden Konstel lat ionen; Vergleich innerhalb der Vertikalspalten geht auf verschiedenes Material in den beiden Kon- stellationen, aber ffir eine und dieselbe Gruppe yon Vpn. Beide Ver-

332 H. yon Restorff"

gleiehsarten ffihren zu dem gleichen Ergebnis: Es ist jedes Mal die Trefferzahl kleiner, die der ungfinstigen Konstellation entstammt. Am wichtigsten ffir die Entseheidung ist der Unterschied ffir beide Kon- stellationen von Gruppe zu Gruppe, aber ffir das gleiehe Material. Er i s t sehr grog ausgefMlen ffir die Silben, vollkommen deutlich auch ffir die Figuren. Im Mittel hat die als gfinstig angesetzte Konstellation 80%, die als ungfinstig angesehene 48% Treffer ergeben.

Die Zahlen der Hauptreihe waren als indifferentes Material gedacht, das in beiden Arten yon Nachreihen gleiehm~gig wenig yon Silben und Figuren und gleich stark yon weiteren Zahlen beeinflul3t werden w~irde. Die Zahlentreffer liegen ffir beide Gruppen recht niedrig, aber keineswegs auf gleichem Niveau; denn ihre Anzahl betr~gt in Gruppe I 22%, in Gruppe II 4r Es ist kaum anzu- nehmen, dM3 ein so groBer Unterschied ganz auf unausgeglichene individuelle Ver- schiedenheiten in den beiden Gruppen yon Vpn. zurfickgeffihrt werden kann 1. Wahrseheinlicher dfirfte die Deutung sein, dM~ Zahlen als Reihenglieder den Silben verwandter sind Ms den Figuren, und dal~ infolgedessen die H~ufung yon Silben in den Nachreihen (yon Gruppe I) die Zahlen der Hauptreihe starker ge- troffen hat, Ms es die H~ufung yon Figuren (in Gruppe II) tun konnte. Diese Vermutung wird in der nachsten Versuchsreihe best~tigt werden.

In den Versuchsreihen des zweiten Abschnittes hat sich eine inten- sive Wirkung der Hs gleichartiger Glieder aueh dann heraus- gestellt, wenn die Methode der behaltenen Gheder angewendet wurde. Wir prfiften das letzte Ergebnis noch einmal unter Anwendung dieser Methode nach.

Die Anordnung des neuen Versuches stimmte in wesentlichen Z~igen mit der des letzten fiberein; doeh wurde eine dritte Vergleichskonstella- tion hinzugenommen, also die Zwisehenzeit zwischen Darbietung der tIauptreihe und deren Priifung auf 3 anstatt auf 2 versehiedene Weisen ausgefiillt. Die Hauptreihe enthielt nieht 9 Paare, sondern 9 Einzelglieder (die ersten Glieder jedes Paares aus der frfiheren Anordnung), und bei der Prfifung hatten die Vpn. die Aufgabe, die erinnerten Glieder ohne die Hilfe zugeh5riger ,,reproduzierender Momente" niederzuschreiben.

Die Vpn. (48 Studierende einer Vorlesung) waren in 3 Gruppen (16, 15 und 17 Personen) geteilt. Allen 3 Gruppen wurde die gleiche Itauptreihe, bestehend aus 2 Sflben, 2 Figuren und 5 ~]ahlen, dreimal dargeboten. Danaeh lernte Gruppe I : 4 Naehreihen aus je 6 Silben und 3 Zahlen, Gruppe I I : 4 Naehreihen aus je 6 _Figuren und 3 Zahlen, Gruppe I I I ,,lernte" fiberhaupt nicht, sondern hatte in der gleichen

1 Das durchschnittliche Alter der Vpn. beider Gruppen ist fast gleich, das soziale Milieu, aus dem sie stammen, ebenfMls; und die Gruppen k6nnen als hinreichend groB gelten. Sie zeigen ja auch jede ffir sich (bei verschledenem Mate- riM) Unterschiede der gleichen Richtung zwischen G- und U-Konstellation (Tab. 12). - - Es muB jedoch betont werden, dag bei solchem Versuchsverfahren auf hin- reichende Gruppengr613e ganz besonders geachtet werden muB. Man kann sons~ irretfihrende Scheinresultate erhalten.

~Jber die Wirkung von Bereichsbildungen im Spurenfeld. 333

Zei t Denkaufgaben zu 15sen, die keineswegs ganz le icht gewah l t warenL (Jede Naehre ihe [Gruppe I und I I ] wurde zweimal gezeigt und da- nach sofort gepri if t . )

F i i r die Niederschr i f t der beha l t enen Glieder - - 10 Minu ten nach der l e tz ten Da rb i e tung der H a u p t r e i h e - - erhie l ten die 3 G ruppe n die gleiche Zei t von 2 Minuten. Tab. 13" en th~l t die Ergebnisse dieses Versuches :

T a b e l l e 13.

Gruppe I (16 Vpn.) Gruppe II (15 Vpn.) Gruppe III (17 Vpn.) I~achreihen: Si lben l~!achreihen: Figuren Zwischent~tigkeit :

und Zahlen und Zahlen Denkau]gaben

S i l b e n . . . U: 0 v. 3 2 = 0% G: ]7 v. 3 0 = 5 7 % GG:31v. 3 4 = 8 3 % Figuren G: 15 v. 3 2 = 4 7 % U: 5 v. 3 0 = 1 7 % GG:29v. 3 4 = g l %

Zu den sehon oben e rk la r t en Symbolen U u n d G i s t j e t z t das wei te re GG h inzugekommen, welches andeu te t , dal~ es sich in der be t re f fenden Kons t e l l a t i on u m e ine besonders gi inst ige Saehlage im Sinne unserer f r i iheren Uber legungen hande l t .

W i r vergle iehen zunachs t die Ergebnisse yon Gruppe I und I I . Diesmal zeigt sich die G- der U-Kons t e l l a t i on womSglich noch deu t - l lcher i iberlegen als im vor igen Versuch, ob m a n nun d i e Ver t ika l - spa l t en (gleiche Gruppe , verschiedenes Mater ia l ) oder die Hor izon ta l - spa l t en (verschiedene Gruppen , gleiches Mater ia l ) be t r ach te t .

I m Durchschn i t t s tehen 52% r icht igen R e p r o d u k t i o n e n im G-Fa l l nur 8% im U - F a l l gegenfiber. Es k a n n danach kein Zweilel mehr bes tehen, dai] die sog. , , r i ickwirkende H e m m u n g " aufs a l lers t i i rks te vom Grad der Ma te r i a lve rwand t scha f t zwisehen H a u p t r e i h e und Nach- re ihen b e s t i m m t wird. Man dar f wohl schlie!~en, da~ die , , r i ickwirkende H e m m u n g " eine Sonder form der in Abschn i t t I und I I un t e r such ten Hau fungswi rkungen ist .

Wenn die Zahlen ein Material darstellten, das sich gegeniiber Figuren und Silben gleich indifferent verh&lt, dann h~tten die Reproduktionsziffern fiir sic in Gruppe I und ] I etwa gleich ansfallen miissen. Diese Reproduktionswerte sind beide sehr niedrig, sic sind aber durchaus nicht gleich; denn in Grupl0e I, wo die l~achreihen neben weiteren Zahlen viele Silben enthalten, haben sich nur 11%, in Gruppe II, wo in den l~achreihen die Silben durch Figuren ersetzt sind, haben sich 24% richtige Zahlenreproduktionen ergeben. Das ist ftir die Zahlen genau dieselbe Asymmetrie der Reproduktionswerte wie im Resu]tat des vorigen Ver- suches. Man darf also die dort gegebene Deutung als bests ansehen, naeh welcher Silben als l~eihengIieder den zweistelligen Zahlen verwandter wirken als die Figuren denselben Zahlen, so dal~ die Silben (in den l~achreihen der Gruppe I) eine starkere rtickwirkende Hemmung auf die Zahlen ansiiben, als es die Figuren (in den N~chreihen der Gruppe II) tun. Dal3 solche Abstufungen der Verwandt-

Durch scharfe Kontrolle wurde es den Vpn. dieser Gruppe unmSghch ge- macht, die Besch~tftigung mit ihren Denkaufgaben zu wenig ernst zu nehmen. Sie haben sich ohne Zweifel intensiv urn dereu L6sung bemfiht.

334 H. yon Restorff-

sehaft iramer noch in Unterschieden der Reproduktionswerte zum Ausdruck kommen, spricht wohl fiir die vorgesehlagene Interpretation der riiekwirkenden Hemmung.

Es is t danach gewiI3 n ich t merkwi i rd ig , dab die Reproduk t ions - wer te der Gruppe I I I (GG-Kons te l l a t ion) viel hSher l iegen als die- j en igen n ich t nur der U-, sondern auch der G-Kons t e l l a t i onen yon Gruppe I und I I . Denn in der Zwischenzei t zwischen D a r b i e t u n g u n d Pr i i fung h~ben die Vpn. der Gruppe I I I / i b e rha up t n i ch t m i t Silben, F igu ren und Zahlen, j a n ich t e inmal mehr mi t Ver lgufen in der F o r m yon , ,Tropfenfolgen" zu tun , also m i t Reihen, welche dem a l lgemeins ten T y p u s nach mi t der H a u p t r e i h e i ibe re ins t immen - - sondern mi t der L6sung yon s innvol len Prob lemen , einer frei l ich auch ans t r engenden Auf- gabe. Das b e d e u t e t ein M a x i m u m yon Uni~hnlichkeit z w i se he nH a up t r e ihe und Zwischenzei tbeschs ve rmut l i eh auch die Ausb i ldung eines Sonderbere iches in der Zwischenzei t , der k a u m eine s t a rke Tendenz h~ben kann , mi t der H a u p t r e i h e einen Gesamtbere ich von einiger Fes t i gke i t zu bi lden. Infolgedessen i s t j e t z t eine e twa noeh vorhan- dene r f ickwirkende H e m m u n g jedenfal ls weir sehwgcher ausgefal len als se lbs t in den b isher b e t r a c h t e t e n G-Fg]len. U m g e k e h r t ka rm m a n aus den s t a r k anges t iegenen R e p r o d u k t i o n s w e r t e n sowoht fiir S i lben wie ffir F igu ren den sicheren Schlul~ ziehen, dab auch in den y o n uns so genann ten G-Kons t e l l a t i onen die ma te r i a lve r sch iedenen Naehre ihen aus F igu ren und Zah len noch schgdigend auf die S i lben und ebenso d ie Zghlen und Si lben noeh sehgdigend auf die F igu re n e ingewirk t habem Es i s t also eine ganze Ska la von abges tu f t en Xhnl iehke i t en in en t sp rechenden Graden der r f ickwirkenden H e m m u n g gewissermaBen wiederzuf inden 1.

Auch der Reproduktionswert ftir die Zahlen ist in der GG-Konstellation auBerordentlich erh6ht, namlich auf 66%. Wenn er nieht das iXiveau der ent- sprechenden Werte fiir Silben und Figuren erreicht, so diir4~te das kaum allein daran liegen, dab es sich gerade um die recht schwer zu behaltenden Zahlen handelt, sondern wesentlich darauf zuriickffihrbar sein, dab in der ttauptreihe mehr Zahlen als Silben oder Figuren enthatten sind, und infolgedessen die Zahlen yon vorn- herein unter starkerer Haufungswirkung in der tIauptreihe selbst stehen 2.

G. E. Miillers a Ansicht, nach welcher die riickwirkende Hemmung dutch die nachfolgende geistige Anstrengung hervorgerufen wird und nicht material- gebunden ist, wird durch Versuehe an einer Vp. gestiitzt. In diesem Fall war

1 Derse]be Versuch wurde an Sehulkindern wiederholt mit der einzigen J~n- derung, dab die Vpn. in der GG-Konstellation Traume niederschreiben sollten. Das Ergebnis war der Riehtung nach das gleiehe, insbesondere fiel die riiek- wirkende :Hemmung am geringsten aus in der Xo~stellation, we die Zwischen- zeit anstatt dutch weitere Reihen und ihre Prfifung durch eine ganz andersartige Beschgftigung ausgeftilIt wurde.

Aus demselben Grunde dtirften die Reproduktionsziffern ftir die Zahlen auch in den anderen Konstellationen so niedrig liegen.

s G. E. Mi~ller, a. a. 0 .

~ber die Wirkung yon Bereichsbildungen im Spurenfeld. 335

der objektive Inhalt der naehfolgenden T~tigkeit in der Tat dem zuvor eingeprLtgten )Iaterial wenig verwandt, und doch ergab sich eine rfickwirkende I:lemmung. [m Vergleichsexperiment war die kritische Zwischenzeit mSglichst besch/~ftigungs- frei gehalten. Offenbar werden auf diese Weise zwei Faile miteinander verglichen, in welchen beiden nur eine geringe Verwand.tsehaft zwischen eingepr~gtem Ma- terial und Inhalt der Nachperiode besteht, so dal~ man auf die Bedeutung der Verwandtschaftsgrade ffir die untersuchte Erscheinung gerade bei einem solchen Experiment nieht leieht aufmerksam wird. Es ist tibrigens wahrseheinlich, daft Vergleich zwischen der yon uns so genannten GG-Konstellation und einer an- deren, in der die Zwisehenzeit nach M6glichkeit iiberhaupt beschaftigungsfrei bleibt, noch h6here t~eproduktionsziffern in diesem letzten Falle ergeben wiirde. Aueh nach unserer ~heoretischeu Anschauung ist das zu erwarten.

Vorwiirtswirkende Hemmung und Reproduktion.

I m ersten Abschni t t (vgl. S. 301f. wurden Reihen untersucht., in denen 4 Paare gleicher Materia.lart, die anderen 4 yon diesen und unter- e inander mater ia lverschieden waren (H- und I-F~lle). Unte r den ersten 5 Versuchsserien f/~llt die Serie I I I durch die sehr merklich gesteigerte Trefferzahl sowoh] ffir die H/mfungs- wie ffir die Isolierungsf~lle auf (vgl. Tab. 2, S. 302, die Zusammenfassung in Prozenten rechts). Gerade fiir diese Serie aber ist der Zeit t tbstand der Einzelversuche (also die Zeit zwischen Prfifung einer l~eihe und Darb ie tung der nS.chsten) yon etw~ 25 Minut.en auf mindest.ens 2'4 S tunden erhSht.

Auch bei Serie V ist das der Fall, aber bier ist die Zahl der Treffer dadurch relativ vermindert, dal~ die Darbietungszeit fiir jedes Paar gegent~ber den fibrigen Serien herabgesetzt war.

Als Erkl~rung kommt eine r i ickwirkende H e m m u n g yon sp/~teren Einzelreihen auf friihere (in Serie I, I I und IV) n icht in Frage, da j~ die Pr i i fung jedes Mal bald auf die Einpr/~gung der betreffenden Einzel- reihe folgte, und die jeweils ns Reihe erst nach dieser Pri i fung eingepr/~gt wurde. Die st~rkere zeitliche T rennung der Einzelreihen in Serie I I I scheint also begiinst igend dadurch gewirkt zu haben, dab in dieser Serie vor der EinprSgung der Einzelreihen eine l'~ngere Zeit , ,reihenfrei" blieb.

Dal3 es sieh bei der Erh6hung der Trefferzahl in Serie I I I nieht um einen Zuf~]l h~ndelt, wird besonders deutlich, wenn man die Durchschnittsergebniss(. der Serien I, II und IV (fiber Serie V vgl. die Bemerkung oben) mit dem der Serie I I I / i i r die einzelnen Materialarten zusammenstellt. Fiihrt man diesc ]r nung durch, so zeigt sich, da$ jeder einzelne H- und I-Wert yon Serie I l I h6hcr liegt als der entsprechende Durchschnittswert yon Serie I, II und IV. Es ist sehr unwahrscheinlich, dab ein solches Verhalten der Zahlen auf Nebenumst/hlde zurtickzuffihren ist, wie die Simultanexposition der Reihen in Serie IV u. dg[., yon denen keine vermocht hat, irgendwelche bedeutenden Untersehiede zwischen den Resultaten der Serien I, II und IV untereinander zuwege zu bringen. - - Es bleibt freilicb die Deutung dureh Ermiidung m6glieh, die in den sp~tteren Einzelreihen der Serien I, II, und IV in der Tat merklich wirksam gewesen sein ka.nn.

Psychologische Forschung. Bd. 18. 29~

336 H. v o n Restorf f :

Auch auf andere Art kann man an diesen Serien eine solche ,,vor- wgrtswirkende Hemmung" nachzuweisen suchen. Weil die einzelnen Reihen je yon I, I I und IV recht schnell aufeinander folgen, wgren diejenigen I-Fdlle als durch vorwgrtswirkende Hemmung geschgdigt anzusehen, welche auftreten, nachdem in einer vorausgehenden Reihe bereits die zugeh6rige (materiMgleiche) H-Konstellation eingeprggt und geprfift worden ist. Zur Erlguterung sei das Schema angegeben, nach welehem die 5 Reihen einer Serie ~ufgebaut sind:

lh ' ihe 1 JRcihe 2 I l e ihe 3 l l e ihc 4 I le ihe 5

S s s s s

z Z z z z

fg fg Fg fg fg

b b b B b

fb fb fb fb Fb

In diesem Symbolquadrat bilden die H-Symbole (groge Buchstaben) eine Diagonale, zu deren beiden Seiten gleieh viele I-Symbole stehen, n/hnlich 10, die der zugeh6rigen HSufungsstelle folgen, und 10, die ihr vormlsgehen. Ein solehes Quadrat kann f/Jr jede Serie angegeben werden und siehg fiir die versehiedenen Serien versehieden aus, je naehdem, in weleher Reihenfolge die einzelnen Materiala.rten jedesmal ihre Hgu- flmgsstelle durehmaehen. FaBt man die 3 Serien I, I I und IV zu- s~mmen, so wird dadureh dem Umstand tleehnung getragen, daf3 in einem Quadrat (wie oben) die Isolierungsf/ille fiir Silben z. B. sgmt- lieh nach der entspreehenden Hgufungsreihe auftreten, die Isolierungs- f/ille fiir Farben vor der zugeh6rigen Hgufungsreihe. Tab. 14 gibt an, wieviel Treffer in I-Konstellation sieh vor und nach der Hs er- geben haben:

Tabelle 14.

Tref fe r in I -Kon~te l l a t ion

vor ~[er H~iIlfllll~ l laeh der t-iiitlfttng

S e r i e [ . . . . 4 0 2 3

Serie If . . . . 32 23 Serie IV . . . . 35 2S [m ganzen. . . 107 74 I n ] ) r o z e n t . . 8 2 % 5 7 ? 0

Danaeh haben (tie I-Ffille vor den zugeh6rigen H-Konstellationen wirklieh bedeutend mehr Treffer gebraeht als die I-F/ille ~ach den HSufungsstellen. - - Der Vergleieh yon Serie I I I mit Serie I, I I und IV kom~te nur zeigen, da[3, ganz abgesehen yon den Materialarten, ge- drSngte Stellung der Einzelreihen in der Zeit die Trefferzahlen herab- setzt. Das Ergebnis des eben angestellten Vergleichs scheint zu beweisen,

IJber die Wirkung yon-Bereiehsbildungen im Spurenfeld. 337

dab die Nghe yon mater ia lgleiehen Gliedern in der vorausgehenden Zeit zu s t6renden Wi rkungen fiihrt, welehe nach Mater iMverwandtschaf t ab-

gestuft sind.

Genau genommen ist der Beweis freilieh wieder noeh nieht ganz streng, well in der gleiehen Art wie die behauptete vorw/~rtswirkende Itemmung aueh die Ermtidung wirken miiBte. Betraehtet man nS~mlieh das Schema der Versuehe auf S. 336, in welchem die VertikMreihen die Zusammensetzung der einzelnen an einem Vor- mittag naeheinander absolvierten Reihen wiedergeben, so zeigt sieh, dab die Reihen 1 und 2 bereits 7 der 10 I-F/~lle enthalten, welehe vor den zugeh6rigen H/~ufungsstellen auftreten, w/ihrend umgekehrt erst Reihe 4 und 5 7 der 10 I-F~lle bringen, die nach den zugeh6rigen H~ufungsstellen folgen. Im ganzen liegen also die I-F/~lle der zweiten Art sieher sp~ter im ausgedehnten Versuchsverlanf als die der ersten und werden deshMb von Ermtidungswirkungen starker ge- troffen sein. Es ist jedoeh nieht anzunehmen, dab auf diese Weise wirklieh der Unterschied zwisehen den Ergebnissen der beiden vergliehenen Konstellationen erkl~rt werden kann; dazu ist er zu grol3. Eine ganz einwandfreie Naehprfifung wird mit entspreehender Methode vorzunehmen sein, wie wir sie im Fall der riiek- wirkenden Hemmung angewandt haben.

Sind unsere Erw~gungen zutreffend, so darf derselbe Vergleieh, der eben ffir Serie I, I I und IV durehgeffihrt wurde, im Fal l von Serie I I I und V - - also bei groger Zwisehenzeit zwisehen den Einzelreihen - - keinen solehen Untersehied oder doeh h6ehstens einen viel geringeren ergebenL Tab. 15 fagt die Treffer yon Serie I I I und V in der gleiehen Art zusammen, wie es eben ffir I, I I und IV gesehehen i s t

Tabe l le 15.

Treffer in I -Kons te l la t ion

vm' der t I gu fung naeh der t:I~ufung

Serie III . . . 50 45 Serie V . . . . 28 24

Im Ganzen. . .

In Prozent . .

78 87%

69 77%

Es seheint hiernaeh, Ms ob eine naeh Mater ia lverwandtschaf t ab- gestufte ,,vorw/~rtswirkende H e m m u n g " vielleieht sogar fiber Tage hin- weg zus tande kommen kann . W e n n das der Fall ist, so erweist doeh ein Vergleieh yon Tab. 14 und 15 deutlieh, dal? die St6rungswirkung fiber grSBere Zeiten hinweg vim sehw~eher ist als fiber kfirzere. Die Treffer- prozente ffir I-Ffille n a c h der Hgufung sind stark gestiegen. - - Im ganzen hat sieh das Ergebnis einer amerikanisehen Unte r suehung best~tigt, welches die Vermutung nahelegte, es k6nne eine vorw/~rtswirkende H e m m u n g gebenK Der H~ufungswirkung i n Reihen entspr ieht eine vorw/~rtswirkende H e m m u n g yon Reihe zu Reihe, die sieh in Senkung der Reprodukt ionszahlen gul~ert.

1 Ffir diesen Vergleich kann Serie V mit Serie III zusammengenemmen werden, weil es bei ihm nichts ausmacht, dab die Trefferzahlen yon Serie V i m ganzen bedeutend niedriger liegen. 2 Whi t e Iey , a. a. O.

22*

338 H. yon Restorff:

Die Hemmungswirkungen und das Wiedererkennen.

Auch die Einzelreihen des ersten Versuchs, in welchem die Wirkung yon H/~ufung und Isolierung auf das Wiedererkennen untersucht wurdc (vgl. S. 309), waren durch Zeitabst~inde von 25 Minuten voneinander getrennt. Aus der relativen Schw~che der H~ufungswirkung bei Prii- fung des Wiedererkennens haben wit (vgl. S. 329) den Schlul~ gezogen, dal~ eine nach Materialverwandtschaft abgestufte vorw~rtswirkende Hemmung bei tier gleichen Priifungsart kaum oder gar nicht auftreten sollte. Diese Frage kann in prinzipiell der gleichen Art beantwortet werden, wie es eben fiir den Fall der Reproduktionspriifung geschehen ist, zumal auch in diesem Falle mehrere Gruppen yon Vpn. die H~iu- fungskonstellationen fiir die einzelnen Materialarten in verschiedener l~eihenfolge durchmach~en (vgl. o. S. 336). Tab. 6 stellt die ~--Falle (bei I- Konstellation) vorund nach der zugehSrigen H-Konstellation zus~mmen.

T~belle 16.

Zut re f f ende F~lle in I -Xons t e l l a t i on

vor der t t~iufung nach der Hi iu fung

(~ruppe I . . . 19 22 Gruppc II . . . 21 20 Gruppe III . . 17 23

[m ganzcn . .

In Prozenten 57 63%

65 72%

Von einem (]bergewicht dcr 4--F~ille vor der Hs kann hier- nach in der Tat keine t~ede sein. Die kleine Differenz im Gegensinne ist vielleicht bedeutungslosL Eine vorw&:rt,swirlsende Hemmung aber hat sich bei Priifung des Wiedererkennens auf diese Art jedenfalls nicht nachweisen lassen.

Hiernach bleibt zu entscheiden, ob bei Priifuug des Wiedererkemmns eine m~ch Materialverwandtschaft abgest, ufte riickwirtaende Hemmung fcstgestellt werden kann. I)er Aufbau der Versuche, die diese Frage klgren sollten, war dem der entsprechenden Versuche mit Reproduk- tionsprfifung nachgebildet:

Einer gr6Beren Anzahl yon Vpn, wird einmal eine Haupfreihe vor- gefiihrt, welohe aus 2 Silben, 2 Figuren und 5 Zahlen besteht. Danaeh werden einer Gruppe dieser Vpn. nacheinander 4 Naohreihen zur Ein- prggung dargeboten, welche je aus 6 Silben und 3 Zahlen zusammen- gesetzt sind; die iibrigen Vpn. suchen sich 4 Nachreihen einzuprggen, wetche jedesmal neben 6 Figuren 3 Zahlen enthalten. Fiir die Gruppe I folgt also auf die Darbietung der Hauptreihe eine groBe Hgufung yon

1 Vgl. jedoch die Uberlogungen S. 341.

Uber die Wirkung yon Bereiehsbildungen im Spurenfeld. 339

Silben, aber keine Figuren, ffir die Gruppe I I eine H/~ufung von Figuren, ~ber keine Silben. Die Zahlen sind als mSglicherweise indifferentes Material h inzugenommen.

An dem Versuch beteiligten sich 93 Vpn. (Studenten einer Vorlesung), und zwar gehOrten 46 der einen, 47 der anderen Gruppe an. Die Glieder der Haupt- reihe wurden nacheinander je ffir 1,5 Sekunden, ebenso lange wurden die der Naehreihen gezeigt. Naeh Vorffihrung jeder Naehreihe sehrieben die Vpn. die Reihenglieder nieder, die sie behMten hatten, und bekamen daftir eine bestimmte Zei t spanne . - Die Gesamtzeit zwischen AbsehluB der Vorfiihrung der Hauptreihe und Beginn der Wiedererkennenspriifung betrug ffir beide Gruppen 8 Minuten.

Die Prfifung des Wiedererkennens von Silben und F iguren der Hauptreihe~ fiihrte zu dem folgenden Ergebnis:

Tabe l le 17.

Gruppc I (46 Vpn.) I Gruppe I I (47 Vpn.) �9 Nachreihen : t ~achreihen :

Silben und Zahlen Figu~'en und Zahlen

Silben . . . . . U: 68 v. 9 2 = ~ 4 % G: 73 v. 94=~87/,, Figuren . . . . G: 79 v. 92 86% U: 75 v. 94 = 80%

Die Buchs taben U und G der Tabelle haben dieselbe Bedeu tung wie friiher. Der Vergleich innerha lb der Horizontalspal ten, welcher gleichartiges Pr t i fungsmater ia l betrifft , g ib t fiir beide Mater ia lar ten einen Unterschied zuguns ten der G-Konstel la t ion. Dieser Unterschied ist jedoch so gering, dab auf ihn keinesfalls die Behaup tung gegri indet werden kSnnte , es gebe eine mater ia lgebundene rfickwirkende Hem- m u n g bei Pr i i fung des Wiedererkennens.

Bei R.eproduktionspriifung hatte sich herausgestellt, dab die Zahlen gegen- fiber den Siiben und Figuren kein wirklieh indifferentes Material sind, sondern yon Silben jedenfalls starker ,,gehemmt" werden als yon Figuren. Wenn die Wiedererkennensprfifung Iiir Silben und Figuren auch bei starker Materialver- wandtschaft der Nachreihen tiberhaupt keine sichere rfickwirkende Hemmung erkennen li~I~t (Tab. 17), dann ist natfirlich such nicht zu erwarten, dab untcr diesen Umst~nden die Zahlen yon naehfolgenden Silben stiirker betroffen werden als yon auf sie folgenden Figuren. Wirklich hat die Prfifung der Zahlen in Gruppe I (nachfolgende Silben) 54%, in Gruppe II (naehfolgende Figuren) 49% zutreffende F~lle ergeben ~. Es ist in der Tat kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen vorhanden.

1 In diesem Falle wurden au[]er Gliedern aus der IJauptreihe auch einige fremde (1 Zahl, 2Konsonantengruppen) geprfift. Ein EinfluB dieser Zusatz- objekte wax nieht zu konstatieren.

2 Es ist yon besonderem Interesse, dab dieses Ergebnis auger einer Be- st/~tigung des Fehlens der riiekwirkenden Hemmung bei Priifung des Wieder- erkennens zugleieh einen neuen Beweis ffir H/~ufungswirkungen in einer Reihe bei derselben Priifungsart darstellt. Diese Ziffern der zutreffenden F/~lle fiir die Zahlen, welche in der Hauptreihe so viel stgrker geh~uft waren, sind sehr viel niedriger a]s die fiir Silben und Figuren.

340 H. yon Restorff:

Da wir ghnliche Versuehe wiederholt angestellt haben und sich --- bei statistisch ausreichenden Gesamtzahlen - - niemals ein entseheiden- des Ubergewicht zutreffender Fglle in einer oder der andern Richtnng ergeben hat, so scheint wirklieh der einfache Zusammenhang vorzu- liegen, der oben (S. 329) bereits angedeutet wurde : Von H/mfungswirkun- gen wird das Wiedererkennen anscheinend weniger betroffen als Repro- duktionsleistungen im engeren Sinn (Abschnitt I). Man hat also an- zunehmen, dal~ Abschw/~chung der Hgufungswirkung durch zeitliche Trennung des betreffenden Materials beim Wiedererkennen eher als bei Reproduktionspriifung zum Verschwinden der Schgdigung ffihren wird. I s t nun riiekwirkende Hemmung nur Hgufungswirkung fiber ein Zeitintervall bin, so wird sie hiernach ffir das Wiedererkennen nicht mehr nachweisbar sein, wenn sie bei Reproduktionsprfifung noch voll- kommen deutlich b]eibt. Das bestgtigt sich im Versuch.

Es bleibt die weitere Frage, weshalb denn im HdiuJungsversueh (Ab- schnitt I) die Schgdigung bei Prfifung des Wiedererkennens schw/teher ge- funden wird als bei Reproduktionsprtifung. Diese lq'rage ist leicht zu beant- worten: Das Wiedererkennen stellt eine wenig spezifische Funktionsart dar. Die Wiederkehr eines recht ungefghren Charakters bei sehr erheblichen Abweichungen im einzelnen fiihrt oft genug dazu, dal~ der betreffende Gegenstand oder Vorgang bekannt wirkt. Deshalb kann sicherlich auch die Spur eines frfiheren Vorganges betrgchttieh geschgdigt werden, ohne daf3 bei Wiederkehr eines entspreehenden Vorganges die Be- kanntheitswirkung versagen mfi~te. Aul~erordentlich viel mehr wird bei jedem Reproduktionsvorgang im engeren Sinn des Wortes verlangt. Denken wir etwa an das Trefferverfahren: mindestens die Spur des zu repro&~zierenden Paargliedes muf~ da so welt differenziert erhalten sein, dab yon dieser Grundlage aus ein bis in die Untergliederung recht genau ,,riehtiger" Proze$ erzeugt werden kann. Andernfalls gilt ja das Ergebnis als Fehlerfall. Bei Wiedererkennenspriifung kann man es einem zutreffenden Fall gar nicht ansehen, ob nieht eine in Wirklich- keit s tark geschgdigte Spur doch gerade noch genfigend verwandt mit dem Original ist, nm diese reichlich nnspezifisehe Leistung zu ermSg- lichen. Dieselbe Spur wiirde als Grundlage ffir eine spezifische tle- produktionsleistung schon ganz mlgen~gend sein k6nnen.

Ein Tell dieses Gedankenganges findet, sich schon bei Woodworth und Po//e)~- berger [Textbook of Experimental Psychology 1920; zitier~ naeh t'~)~ Or~er, Psychol. Bull. 30, Nr 6 (1933)] als Erklfirung fiir die Ergebnisse yon Heine: Das Wieder- erkennen sei vietleicht ran' eine zu wenig empfindliehe Leistung, um tats/iehlieh bestehende Unterschiede zwisehen Haupt- und Vergleiehsreihe, um also ei>e in Wirklichkeit vorhandene riiekwirkende Hemmung erkennen zu lassen.

So plausibel diese l~berlegung aueh sein mag, und so sehr sie dureh den Zusammenhang zwisehen Hgufungswirkung und rfiekwirkender Hemmung unterstiitzt wird, der sieh aus unsern Versuchen ergibt,

l~ber die Wirkung yon Bereichsbildungen im Spurenfeld. 341

jedenfalls ist sic dureh diese Versuche noch nicht endgiiltig gesichert. Das liegt an methodischen Bedenken, die sich gegen die iibliche Priifung des Wiedererkennens allgemein und gegen ihre Anwendung auf unsern Fall ganz besonders richten. Wenn wit jemandem ein paar sinnlose Silben vorlegen und naeh einer Weile eine andre solche Silbe darbieten, so wird sie ohne Zweifel als ,,noch so eine Silbe" erkannt werden. Es fragt sieh, ob diese Art allgemeiner Bekanntheit im Lauf eines Ver- suchshergangcs sch~rf yon derjenigen unterschieden bleiben wird, auf welche es der Wiedererkennenspriifung ankommt, und die eine ganz best immte individuelle Silbc betrifft. Wenn diese strenge Sonderung nicht garantiert ist, dann kann man gegen die Wiedererkennenspriifungen unseres ersten Abschnittes den Einwand erheben: Auch hier wird es auSer dem spezifisehen Bekanntheitseffekt einen solchen allgemeinerer Art geben, der sich auf den Materialtypus bezieht. Hinsichtlich dieser Bekanntheitswirkung allgemeinerer Art aber wird gehs gebotenes Material, wegen seiner Hs besser gestellt sein als die andern Materialarten, yon denen eine Reihe nur je ein Glied enthalten hat. Das kann bei der Priifung /~ul3erlich zutreffende F/ille ftir das vorher geh~tuft gebotenc Material geben, die im wesentlichen auf die un- spezifische allgemeinere Bekanntheitswirkung zuriickgehen, w/~hrend eine ~hnliche Begiinstigung sogenannter I-F/ille h6chstens in schw~iehe- rent Ma6e zu erwarten ist. Infolgedessen wird der Unterschied der Er- gebnisse yon I- und H-Konstellation, auch wenn er noeh (wie bei I~epro- duktionspriifung) zugunsten der I-Konstellation ausfMlt, wahrseheinlieh schw/teher zum Ausdruek kommen, Ms bei ganz einwandfreier Methode der Fall w/~re. Es besteht also wenigstens die Mdglichkeit, dab die Hi~u- fungswirkung, die bei Prtifung des Wiedererkennens gefunden wurde, nur einer Schw/i, ehe der Methode wegen geringer ausgefMlen ist.

Ahnliches gilt yon der Priifung des Wiedererkennens, wenn es sich um (lie Frage der riickwirkenden Hemmung handelt. Wenn der Haupt - reihe Nachreihen folgen, die viele materialverwandte Glieder enthalten, so wird das zu einer betr/ichtliehen Bekanntheitswirkung der allgemei- neren Art ftihren. Sollte es also eine rtickwirkende Hemmung tats/ich- lich auch fiir den Fall der Wiedererkennensprtifung geben, so wird diese Wirkung wenigstens zum Teil, vielleicht aber ganz, kompensiert werden durch den entgegengesetzt gerichteten Einflul3 der Bekanntheit allgemeinerer Art.. Wenn Heine als , ,Hemmungsreihen" ihrer Ver- suche nicht solche ganz gleicher Materialart (wie die Hauptreihen) vet- wendete, so hatte sie daffir einen guten Grund, obschon diese Herab- setzung der Verwandtsehaft auch wieder st/irkste Hemmungswirkmlgen rcm vornherebt unm6glich machen mul3t.e.

Fiir die vorwiirtswirkende Hemmung gilt noch einmat das gleiehe. Auch in diesem Fall ist wenigstens formal eine Ableitung unseres Ergeb-

342 H. yon Restorff.

nisses bei Wiedererkennenspriifung aus dem angegebenen Nebeneinflug m6glieh.

Man k6nnte versuehen, diese Fehlerquelle doch durch Einfiihrung neuer (materialgleieher) Glieder bei der Priifung unsehi~dlieh zu maehen. Es ist jedoch keineswegs sieher, dag das Hilfsmittel diesen Zweek er- reieht. Ja, es muB fiberlegt werden, ob auf diese Art derselbe Fehler nieht noeh einmal gemaeht wird. Denn h6ehstwahrseheinlieh werden die neuen (materiMgleiehen) Priifobjekte ebenfalls eine Einwirkung auf den Ausfall der Priifung mit den objektiv bekannten Gliedern haben (vgl. o. S. 309). Man sieht leicht, dab dieser Einflug obendrein z. B. I-Glieder einer Reihe anders treffen wiirde als H-Glieder.

Auch dieser Weg seheint also nicht gangbar. Erst wenn sich eine ganz andere Methode finder, die der Wiedererkennenspriifung itquiva- lent ist, abet viel Spezifiseheres verlangt, wird zwisehen den beiden Deutungsm6glichkeiten eine endgiiltige Entseheidung erreieht werden. - - ~lbrigens besteht diese Unsieherheit natiirlieh nut flit den Fall yon Wiedererkennenspriifungen. Die Ergebnisse, die wir bei Reproduktions- prfifungen mir ihren spezifisehen Leistungsanforderungen gefunden haben, werden yon solehen Bedenken gar nieht getroffen.

Zusammen/assung.

In monotonen t~eihen artgleichen Materials, wie sie die klassische Ged~chtnispsychologie verwendet hat, wirken intensive Krs die die entstandene Lernwirkung aufzuheben tendieren. Reihenglieder, die nieht in so monotoner Hi~ufung gegeben werden, erreichen deshalb weir h6here Reproduktionswerte Ms Glieder in H~ufungsstellung. In- dessen beruht die untersuchte Sch/~digung nicht einfach auf der Naeh- barschaft vieler einander artgleicher Glieder, sondern auf Bereiehs- bfldung und anf Absorption der Glieder in Bereiehen, die durch gleieh- mi~gigen t~eihenverlauf begiinstigt wird. Priifung des Wiedererkennens anstat t der I~eproduktion fiihrt zu demselben Ergebnis, jedoeh an- seheinend in sehwi~eherer Form. --- Riiekwirkende und vorw/~rtswirkende Hemmung sind Nebenformen im Prinzip der gleiehen Seh~digung. Dem niederen Grade, mit welehem die Bereiehswirkung bei Priifung des Wiedererkennens wirksam zu werden seheint, diirfte Ausbteiben einer vorw~rtswirkenden und rtiekwirkenden Hemmung bei derselben Prii- fungsart entspreehen.

( Eingeqangen a~ 20. September 1933.)