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ERNEUERBARE ENERGIEN: ARBEITSPLATZEFFEKTE Wirkungen des Ausbaus erneuerbarer Energien auf den deutschen Arbeitsmarkt Kurzfassung

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ERNEUERBARE ENERGIEN: ARBEITSPLATZEFFEKTE

Wirkungen des Ausbaus erneuerbarer Energien auf den deutschen Arbeitsmarkt

Kurzfassung

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Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)Referat Öffentlichkeitsarbeit • 11055 BerlinE-Mail: [email protected]: www.bmu.de • www.erneuerbare-energien.de

Redaktion: Dr. Wolfhart Dürrschmidt, Dr. Michael van MarkBMU, Referat: Allgemeine und Grundsätzliche Angelegenheiten der Erneuerbaren Energien

Fachliche Bearbeitung: Dr. Frithjof Staiß (Projektleitung), Dipl.-Ing. Marlene KratzatZentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW), Stuttgart

Dr. Joachim Nitsch, Dr. Ulrike LehrDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut für Technische Thermodynamik, Abt. Systemanalyse und Technikbewertung, Stuttgart

Dr. Dietmar EdlerDeutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin

Dr. Christian LutzGesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung (GWS), Osnabrück

Befragung: Bundesverband erneuerbare Energien e.V., PaderbornInstitut für Sozialforschung und Kommunikation, Bielefeld

Bearbeitungszeitraum: Dezember 2004 bis Juni 2006

Langfassung der Studie: Diese Publikation dokumentiert die Kurzfassung zum Forschungsvorhaben „Wirkungen des Ausbaus dererneuerbaren Energien auf den deutschen Arbeitsmarkt unter besonderer Berücksichtigung des Außenhandels“.Die Langfassung steht als Download im Internet unter: www.erneuerbare-energien.de zur Verfügung.

Kontakt: Dr. Frithjof Staiß, [email protected], Tel. 0711/7870-210Dipl.-Ing. Marlene Kratzat, [email protected], Tel. 0711/7870-244

Gestaltung: 3f design, Darmstadt

Druck: Frotscher Druck, Darmstadt

Abbildungen: © Unternehmensgruppe Dezentral Energie (Titel, Seite 9)© Wissenschaftsladen Bonn, Wanderausstellung Galerie Zukunftsberufe, Fotostudio Wieland Bonn

(Seiten: 2_1, 6_2, 6_3, 10_1, 13, 14_1, 14_2, 17_2)© Nordex AG (Seiten: 2_2, 7_2)© Digital Stock (Seiten: 5, 6_1)© Informationskampagne Unendlich viel Energie (Seiten: 7_1, 8_1, 8_2, 10_2, 21)© KGW Schweriner Maschinenbau GmbH (Seite 7_3)© PhotoDisc (Seiten: 8_3, 11, 12, 17_1)© ENERCON GmbH (Seite 16)© Vestas Central Europe (Seite 18)

Stand: Juni 2006

Auflage: 1.000 Stück

IMPRESSUM

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LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,

der Strukturwandel in der Energieversorgung ist eineder zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.Wir brauchen ihn aus Gründen des Umwelt- und Klima-schutzes. Wir brauchen ihn, um bei uns die Abhängig-keit von Energieimporten zu verringern und die Energie-preise stabil zu halten. Und wir brauchen ihn als eineChance und Motor für Innovationen und Wachstum unserer Wirtschaft.

Im Kern geht es dabei darum, unser Energiesystemnachhaltig umzugestalten. Konkret heißt das für mich:Weniger Energieverbrauch, höhere Energieeffizienzund mehr erneuerbare Energien. Dafür haben wir unsklare Ziele gesetzt: 2020 sollen z.B. bereits mindestens10% des gesamten Energiebedarfs in Deutschland undmindestens 20% unserer Stromversorgung aus Wind,Wasser, Biomasse, Sonnenenergie und Geothermie gedeckt werden. Aktuelle Studien zeigen, dass dies gutmöglich ist, im Strombereich kommen sie z.B. auf einen Anteil erneuerbarer Energien von etwa 25%. Gleiches gilt auch für das in der Nachhaltigkeitsstrategieder Bundesregierung festgeschriebene Langfristziel, biszur Hälfte dieses Jahrhunderts bereits die Hälfte unseresgesamten Energiebedarfs erneuerbar bereitzustellen.

In diesem Kontext hat die wirtschaftliche Bedeutungder erneuerbaren Energien in den letzten Jahren deutlich zugenommen: 2005 wurden in der Branchebereits gut 16 Mrd. Euro allein mit dem Anlagenbauund -betrieb erwirtschaftet. Etwa 170.000 Arbeitsplätzesind inzwischen den erneuerbaren Energien zuzurech-nen. Und dennoch: Trotz dieser Erfolge ist z.T. immernoch umstritten, ob der Ausbau der erneuerbaren Ener-gien auch „unter dem Strich“, d.h. unter Berücksichti-gung der hierfür noch für einige Zeit erforderlichenAnschubfinanzierung, langfristig positive Wirkungenfür Wachstum und Beschäftigung hat oder nicht.

Die hier vorgelegte Studie „Wirkungen des Ausbaus dererneuerbaren Energien auf den deutschen Arbeitsmarktunter besonderer Berücksichtigung des Außenhandels“

ist dieser Frage fundiert nachgegangen. Auf Grundlageeiner breit angelegten Befragung von mehr als 1000Unternehmen sowie aufwendiger modelltheoretischerUntersuchungen zeigt sie, dass die verstärkte Nutzungerneuerbarer Energien und die Schaffung von Arbeits-plätzen dauerhaft Hand in Hand gehen können. Dem-nach ist selbst unter eher konservativen Annahmen bis2020 etwa eine Verdopplung der aktuellen Beschäfti-gungszahlen im Bereich der erneuerbaren Energienmöglich. Und auch netto, d.h. nach Abzug aller mög-lichen negativen Beschäftigungseffekte, bleibt eindeutigein nachhaltig positiver Beschäftigungsimpuls.

Eine ganz entscheidende Voraussetzung für diese guteGesamtbilanz ist, dass Deutschland auf dem internatio-nalen Wachstumsmarkt für erneuerbare Energien auchweiterhin eine wichtige Rolle spielt. Die Studie weistdeutlich darauf hin, dass dies kein Selbstläufer ist, diedeutsche Wirtschaft hierfür aber sehr gut aufgestellt ist.In den meisten Sparten der erneuerbaren Energien istDeutschland vor allem dank der anhaltend günstigeninländischen Rahmenbedingungen inzwischen weltweittechnologisch führend. Die Bundesregierung wird die-sen Prozess weiterhin unterstützen, z.B. durch erhöhteAnstrengungen im Bereich der Forschung und Entwick-lung, durch die Stärkung der Exportinitiative Erneuer-bare Energien sowie nicht zuletzt auch durch einennachhaltigen Einsatz für erneuerbare Energien aufinternationaler Ebene.

Sigmar GabrielBundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

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INHALTSVERZEICHNIS

3 | Ziele und Untersuchungsrahmen der Studie

5 | Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick

10 | Nationale und internationale Ausbauszenarien erneuerbarer Energien

13 | Unternehmensbefragung – Informationen aus erster Hand

15 | Erneuerbare Energien im Analyserahmen der Input-Output-Rechnung

16 | Bruttobeschäftigungseffekt der Nutzung erneuerbarer Energien für das Jahr 2004

18 | Regionale Beschäftigungseffekte

19 | Bruttobeschäftigungseffekte des Ausbaus erneuerbarer Energienbis zum Jahr 2030

20 | Nettobeschäftigungseffekte des Ausbaus erneuerbarer Energienbis zum Jahr 2030

23 | Schlussfolgerungen und Ausblick

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EE

Nicht-EE

BEREICH

Ausbauerneuerbare Energien

Preisrelation

Außenhandel

Arbeitsplatz-Effekt in D

Nachfrage durchInvestitionen (+) undAnlagenbetrieb (+)

“Substitutionseffekt” (-)“Budgeteffekt” (-/+)

Exporte/Importe (+/-)

SUMME

positive Effekte (+):BRUTTO-EFFEKT

negative Effekte (-)

NETTO-EFFEKT

TENDENZ

+

+

+

-

-

+

-

=

ZIELE UND UNTERSUCHUNGSRAHMEN DER STUDIE

Aus energie- und umweltpolitischer Sicht ist der bis-herige und künftige Ausbau erneuerbarer Energienheute auf nationaler und internationaler Ebene weit-gehend unumstritten. Wegen der dafür noch auf einigeZeit erforderlichen finanziellen Unterstützung kann esjedoch zu Zielkonflikten mit anderen Politikfeldernkommen. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit inDeutschland spielen dabei die Arbeitsplatzeffekte dererneuerbaren Energien eine besondere Rolle.

Die Auswirkungen des Ausbaus der erneuerbaren Ener-gien auf den deutschen Arbeitsmarkt wurden in derVergangenheit kontrovers diskutiert. Dabei ging es weni-ger um Größenordnungen, sondern um die zentraleFrage des Vorzeichens, d.h. ob die Nutzung erneuerba-rer Energien bei einer gesamtwirtschaftlichen Betrach-tung letztlich zu einer Zunahme von Beschäftigungführt, oder ob dadurch Arbeitsplätze verloren gehen.Geschuldet ist die Debatte einerseits der Komplexitätdes Sachverhaltes, andererseits der in einigen Bereichenunzureichenden Datenlage. Und schließlich spielenAnnahmen über die künftige Entwicklung eine wesent-liche Rolle, die in Abhängigkeit vom Zeithorizont zuneh-mend Spielraum für Interpretationen in unterschiedlicheRichtungen zulassen. Abbildung 1 zeigt exemplarischdie Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichengesamtwirtschaftlichen Wirkungen des Ausbaus dererneuerbaren Energien.

Zur Charakterisierung der Beschäftigungseffekte wer-den zwei Begriffe verwendet, die sorgfältig voneinanderzu unterscheiden sind. Zunächst ergibt sich aus denInvestitionen in Anlagen und deren Betrieb die direkteBeschäftigung bei Herstellern, Betreibern und Dienst-leistungsunternehmen. Diese fragen ihrerseits Güter inanderen Wirtschaftssektoren nach und schaffen so indi-rekte Beschäftigung in den Vorleistungs- und Zuliefer-unternehmen. So entfielen beispielsweise 2004 von dender deutschen Windbranche zuzurechnenden Arbeits-plätzen „nur“ rund ein Drittel auf die Herstellung vonWindenergieanlagen, zwei Drittel jedoch auf Zulieferer.Die Bandbreite erstreckt sich hierbei von der Stahlpro-duktion bis hin zur Herstellung wichtiger Komponentenwie Getriebe oder Generatoren. Aus der Summe der direkten und der indirektenBeschäftigung resultiert die sog. Bruttobeschäftigung.Während diese immer positiv ist, müssen in einer belast-baren gesamtwirtschaftlichen Analyse auch möglichenegative Beschäftigungswirkungen berücksichtigt wer-den. Der so genannte Nettobeschäftigungseffekt stelltdie Bilanz aller Effekte dar und kann damit positiv odernegativ ausfallen. Während die Bruttobeschäftigunginnerhalb eines Szenarios bestimmt werden kann, wirdder Nettobeschäftigungseffekt als Differenz zweier rea-listischer, zukünftiger Szenarien ermittelt. Ist er positiv,stellt er somit die tatsächliche Mehrbeschäftigung einesverstärkten Ausbaus erneuerbarer Energien dar.

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Abbildung 1: Schematische Darstellung des Zusammenhangs zwischen dem Brutto- und Nettobeschäftigungseffekt der Nutzung erneuerbarer Energien.

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Die Produkte der erneuerbaren Energien – Elektrizität,Wärme und Kraftstoffe – ersetzen in aller Regel fossileEnergien. Obwohl in Deutschland etwa drei Viertel dernicht erneuerbaren Energien importiert werden, führtdie Erschließung von Biomasse, Wasserkraft, Wind-energie, Sonnenenergie und Geothermie auch hierzu-lande zu negativen Auswirkungen auf die Investitionenund somit auf die Beschäftigung in diesem Bereich.Wesentlich stärker als dieser Substitutionseffekt wirktsich jedoch die Belastung öffentlicher und privater Budgets aus. Weil erneuerbare Energien im Vergleichzu konventionellen Energien von einigen Ausnahmenabgesehen bislang noch nicht über die Preise konkur-renzfähig sind, sind die resultierenden Differenzkostenvon den Energieverbrauchern zu tragen. Der entspre-chende Betrag steht ihnen deshalb nicht zur Verfügung,um andere Güter nachzufragen. Die aus diesem sogenannten Budgeteffekt resultierenden negativenBeschäftigungswirkungen in anderen Branchen müssenebenfalls bei einer Nettobilanz berücksichtigt werden.

Von nicht im Voraus bestimmbarem Einfluss auf die Beschäftigung ist schließlich der Außenhandel. SeinEinfluss auf die inländische Beschäftigung hängt letzt-lich davon ab, ob mehr Güter exportiert oder impor-tiert werden. Gerade diesem Aspekt wird in Zukunftwachsende Bedeutung zukommen.

Die vorliegende Untersuchung, die im Zeitraum Ende2004 bis Juni 2006 durchgeführt wurde, setzt an allengenannten Stellen an. Insbesondere eine breit angelegteUnternehmensbefragung im Sommer 2005 ermöglichtees, zahlreiche Basisinformationen zur Verfügung zu stel-len, um die wichtigsten Fragestellungen der Studiezu beantworten:

– Wie lassen sich Investitionen in erneuerbare Ener-gien und der Betrieb der Anlagen belastbar in derVerflechtung mit den verschiedenen Wirtschafts-sektoren und dem Außenhandel abbilden?

– Wie hoch ist der Beschäftigungseffekt im Basis-jahr 2004?

– Welche regionalen Effekte lassen sich ableiten?

– Wie kann sich der Markt für erneuerbare Energienmittel- und langfristig im In- und Ausland entwi-ckeln?

– Wie werden sich die Differenzkosten der Energie-bereitstellung aus erneuerbaren Energien gegen-über nicht erneuerbaren Energien verändern?

– Wie hoch sind die Exportpotenziale für Produkteund Dienstleistungen „Made in Germany“?

– Wie schätzen die inländischen Unternehmen derBranche ihre Wettbewerbsfähigkeit und den Stand-ort Deutschland ein?

– Mit welchen Beschäftigungseffekten ist bis zumJahr 2030 zu rechnen?

– Welche Handlungsempfehlungen lassen sich darausfür die Politik ableiten?

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DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE AUF EINEN BLICK

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist, neben der Klä-rung der o.g. Fragen, die Verbesserung der Datenbasissowie die Weiterentwicklung der methodischen Ansät-ze. Gleichzeitig soll durch eine transparente Darstellungdie Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse gewährleistetwerden. Denn wegen der erheblichen Breite der Frage-stellungen mussten zahlreiche Annahmen getroffenwerden – z.B. in Bezug auf das internationale Marktge-schehen oder die zukünftige Entwicklung erneuerbarerEnergien. Anhand plausibler Überlegungen werdenrobuste Größenordnungen abgebildet, aus denen sichtragfähige Handlungsempfehlungen für strategischeEntscheidungen ableiten lassen. Die Studie will damiteinen konstruktiven Beitrag zur weiteren Diskussion derArbeitsmarkteffekte der Nutzung erneuerbarer Energienleisten, die sich politisch wie auch wissenschaftlich fort-setzen wird.

Die wichtigsten Ergebnisse lassen sich schlaglichtartigwie folgt zusammenfassen, wobei wegen der damitzwangsläufig verbundenen inhaltlichen Verkürzung aufdie weiteren Ausführungen in dieser Kurzfassung sowieauf die Herleitung, Einordnung und Interpretation imGesamtbericht verwiesen sei:

1. Die Branche der erneuerbaren Energien lässt sich in denAnalyserahmen der volkswirtschaftlichen Input-Output-Tabelle integrieren. Es empfiehlt sich dabei, sie mittelsder beiden Vektoren „Herstellung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien“ und „Betrieb vonAnlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien“ abzubil-den. Dies erleichtert die Untersuchung der Vorleistungs-verflechtungen und damit die Ermittlung der direktenund indirekten Beschäftigungseffekte.

2. Nettobeschäftigungseffekte lassen sich nur in einem kom-plexen gesamtwirtschaftlichen Modell mit hinreichen-der Genauigkeit bilanzieren. Hierfür ist eine Differenz-betrachtung zwischen zwei konsistenten Zukunftsent-wicklungen (Szenarien) erforderlich. Hierzu bietet sichals moderate Referenzentwicklung des Ausbaus erneu-erbarer Energien das Szenario des Energiereports IV an.Dieser wird hier ein dynamischerer Ausbau gegenüber-gestellt, der die heute gesetzten Ausbau- und Klimaschutz-ziele einhält. Die Betrachtung einer hypothetischen Vergangenheitsentwicklung, in der die erneuerbarenEnergien wegen fehlender Förderinstrumente kein rele-vantes Wachstum erzielt hätten, wäre ungleich schwie-riger mit plausiblen Annahmen zu untermauern.

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METHODISCHE ERGEBNISSE:

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3. Im Basisjahr 2004 belief sich die Bruttobeschäfti-gung auf 157.000 Arbeitsplätze. Davon entfallen64.000 Arbeitsplätze auf die Windbranche, 57.000 auf den Bereich der Bioenergien und weitere 36.000auf die Bereiche Sonnenenergie, Wasserkraft und Geothermie. Etwa die Hälfte aller Beschäftigten sindder Herstellung und dem Betrieb von Anlagen zuzu-rechnen, die andere Hälfte der Beschäftigten Zuliefer-betrieben bzw. vorgelagerten Wirtschaftssektoren, insbesondere dem Maschinenbau und der Herstellungelektrischer Geräte, aber auch der Stahl- und Glas-industrie bis hin zu unternehmensbezogenen Dienst-leistungen und der Versicherungswirtschaft1.

4. Die Branche der erneuerbaren Energien ist derzeit klarmittelständisch geprägt. Besonders in strukturschwachenGebieten bestehen Beschäftigungsperspektiven, diejedoch davon abhängen, inwieweit es gelingt, in diesenGebieten die regionale Wertschöpfung zu stärken.Besonders hoch ist der Anteil regionaler Wertschöp-fung in Norddeutschland (ca. 50%), am niedrigstenderzeit in Ostdeutschland (ca. 20%).

5. Für die Studie wurden mehr als 1.100 Unternehmenbefragt, um wichtige Basisinformationen für die Detail-analysen zu erhalten und um übergeordnete Frage-stellungen behandeln zu können: So gilt für die meistenUnternehmen Deutschland als attraktivster Unternehmens-standort, vor den anderen Ländern der EuropäischenUnion.Bis zum Jahr 2010 wollen die Unternehmen die Zahlihrer Beschäftigten gegenüber 2004 um 50% erhöhen.

6. Bis zum Jahr 2020 kann der Anteil erneuerbarer Ener-gien am Primärenergieverbrauch in Deutschland von4,6% in 2005 auf 13,9% steigen, wenn gleichzeitigdurch Energieeinsparungs- und Effizienzmaßnahmender gesamte Endenergiebedarf um 10% reduziert wird.Im Strommarkt erhöht sich ihr Anteil von 10,2% (2005)auf 25,6%, die installierte Leistung von 25.840 MW auf56.300 MW.

7. Damit verbunden sind im Zeitraum 2005-2020 kumu-lierte Investitionen in Anlagen zur Nutzung erneuer-barer Energien (Strom, Wärme) von 130 Mrd.e2000(alle Angaben in Preisen von 2000). Hinzu kommennoch – hier nicht explizit ermittelte – Investitionen inProduktionsanlagen. Der jährliche Umsatz der Brancheim Inland erhöht sich einschließlich des Anlagenbetriebesbis 2020 auf knapp 15 Mrd.e2000/a (2005: 10 Mrd.e2000/a).

8. Erneuerbare Energien tragen maßgeblich zumErreichen der Klimaschutzziele bei. Mit dem weiterenAusbau kann im Jahr 2020 eine jährliche Reduktion der CO2-Emissionen um 160 Mio. t/a erreicht werden(2005: 84 Mio. t/a). Dies ist für die Erfüllung von überdas geltende Kyoto-Protokoll hinausgehenden Zielenvon entscheidender Bedeutung.

9. Die durch die zunehmende Nutzung erneuerbarerEnergien in Deutschland verursachten Mehrkosten(sog. Differenzkosten) werden bei einer zurückhal-tenden Einschätzung des zukünftigen Energiepreis-niveaus noch für etwa zehn Jahre steigen. Bei einemEnergiepreisszenario, das im Jahr 2020 von einem Ölpreisvon 60 US $2000 pro Barrel und einen CO2-Zertifikats-preis von 15e2000/t ausgeht, beläuft sich das Maximumder Differenzkosten im Jahr 2015 auf 5 Mrd. e2000/a(2005: 3 Mrd.e2000/a). Der Anstieg ist deutlich unter-proportional zur Ausweitung des Endenergiebeitragsder erneuerbaren Energien. Die Wettbewerbsfähigkeitdes gesamten Mixes der erneuerbare Energien(Differenzkosten kleiner oder gleich Null) kann um dasJahr 2020 erreicht werden. Steigt das allgemeineEnergiepreisniveau stärker, liegt der Zeitpunkt entspre-chend früher und die Differenzkosten fallen bis dahininsgesamt deutlich niedriger aus.

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ENTWICKLUNG DER BRUTTOBESCHÄFTIGUNG bis 2020/2030

DIE AUSGANGSSITUATION: Erhebungsergebnisse für das Jahr 2004

1 Für das Jahr 2005 lässt sich auf dieser Grundlage ein Brutto-beschäftigungseffekt von etwa 170.000 Arbeitsplätzen abschätzen.

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10.Eine zentrale Rolle für weitere positive Beschäfti-gungsimpulse spielt ein erfolgreicher Außenhandel.Im globalen Maßstab ist bei einer dynamischen Entwick-lung, die korrespondierend zur Entwicklung in Deutsch-land verläuft, weltweit ein Anstieg der Energiebereit-stellung aus erneuerbaren Energien von 60.000 PJ imJahr 2004 auf 145.000 PJ im Jahr 2020 zu erwarten. Auf-grund des gleichzeitigen Energiebedarfsanstiegs erhöhtsich dadurch der Anteil am Weltenergiebedarf jedoch„nur“ von 13,5% auf 22%.

11. Für die aus deutscher Sicht relevanten Technologien – vorallem Elektrizität erzeugende Systeme, die thermischeNutzung von Sonnenenergie und Geothermie sowie ver-schiedene Technologien zur energetischen Nutzung vonBiomasse – sind die Wachstumsraten potenziell höher.Allein im Bereich der Elektrizitätserzeugung kannbei einem zügigen Ausbau die weltweit installierteLeistung von 900.000 MW in 2004 auf 2.160.000 MWim Jahr 2020 und 4.070.000 MW bis 2030 ansteigen.

12.Das weltweite Investitionsvolumen in Anlagen zurNutzung erneuerbarer Energien wird sich bei diesemAusbau bis zum Jahr 2020 auf rund 250 Mrd.e2000/agegenüber 43 Mrd.e im Jahr 2004 versechsfachenund bis 2030 auf rund 460 Mrd. e2000/a anwachsen.Selbst bei einer (moderaten) Referenzentwicklung wach-sen die jährlichen Investitionsvolumina noch beträchtlichauf 115 Mrd.e2000/a in 2020. Erneuerbare Energien stel-len also mit großer Sicherheit einen globalen Wachstums-markt dar. Daraus ergeben sich beträchtliche Export-potenziale für deutsche Unternehmen.

13. Weil der internationale Ausbau erneuerbare Energienmit einer zunehmenden Produktion in den Standort-ländern einhergeht, wird auch der Weltmarktanteildeutscher Unternehmen abnehmen, der gemittelt überalle Technologien derzeit bei 17% liegt. Dennoch sindim Bereich anspruchsvoller Techniken (z.B. Photovoltaik-module, Getriebe und Generatoren für Windenergie-und Wasserkraftanlagen, Mess- und Steuerungstechnikfür Biomasseanlagen usw.) auch im Jahr 2020 durch-aus noch hohe Anteile am Weltmarkt von 15-20%realistisch. Entscheidender sind jedoch die erreich-baren Absolutwerte. Allein die Investitionen in Stromerzeugende Anlagen aus deutscher Herkunft könnensich von rd. 6 Mrd.e im Jahr 2004 in einem „verhal-tenen“ Exportszenario auf 20 Mrd.e2000 im Jahr 2020erhöhen. Schließt man Anlagen zur Wärmebereitstel-lung ein, so steigt dieser Wert auf rund 24 Mrd.e2000/a.

14. Reduziert man diese Beträge um die Investitionen imInland, so ergibt sich für das Jahr 2020 ein Exportvolu-men von 16 Mrd.e2000, wovon 14,5 Mrd.e2000 auf Stromerzeugende und weitere 1,5 Mrd.e2000 auf Wärme erzeu-gende Anlagen entfallen. Die Exportquote (Auslands-umsatz bezogen auf den Gesamtumsatz) deutscherHersteller beträgt dabei im Mittel 69%, wobei in ein-zelnen Bereichen (z.B. Windenergie und Photovoltaik)70% und mehr erreichbar sind.

15. Vor diesem Hintergrund kann sich bis zum Jahr 2020 dieZahl der Arbeitsplätze der Branche in Deutschlandauf über 300.000 verdoppeln (Bruttobeschäftigung).Berücksichtigt ist dabei bereits eine deutliche Zunahmeder Arbeitsproduktivität, d.h. der erwirtschaftete Umsatzje Beschäftigten liegt gegenüber heute um etwa 36%höher. Unter Weiterschreibung dieser Entwicklung sindbis zum Jahr 2030 über 330.000 Arbeitsplätze gut vor-stellbar.

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16. Der Nettobeschäftigungseffekt ergibt sich aus derDifferenz zwischen zwei unterschiedlichen konsistentenAusbauszenarien. Gegenüber einer Referenzentwick-lung kann ein dynamischerer Ausbau erneuerbarerEnergien zu einem stetig steigenden positiven Netto-beschäftigungseffekt führen, der bis 2020 eineGrößenordnung von über 70.000 Arbeitsplätzenerreicht und bis 2030 auf über 80.000 wächst. Weildas Ausbauszenario die Klimaschutzziele erfüllt, lässtsich anhand dieser Ergebnisse zeigen, dass eine wirk-same Klimaschutzpolitik gleichzeitig eine gesamtwirt-schaftlich vorteilhafte Strategie im Hinblick auf Arbeits-plätze sein kann, wenn die durch eine nationale Vor-reiterpolitik hervorgerufene Wachstumsdynamik recht-zeitig und erfolgreich auf Exportmärkte übertragenwerden kann.

17. Allerdings hängt der Effekt stark von der allgemeinenEnergiepreisentwicklung und der Auslandsnachfragenach erneuerbaren Energien ab. Hierzu wurden Sensi-tivitätsrechnungen durchgeführt. Liegt das zukünftigeEnergiepreisniveau über dem angenommenen rela-tiv moderaten Energiepreisszenario (vgl. Punkt 9), so steigt die Nettobeschäftigung bis 2030 auf knapp120.000 Arbeitsplätze. Bei einer günstigeren Export-entwicklung (Exportszenario „verhalten optimistisch“)können die Werte bis 2030 sogar auf 150.000 bis180.000 steigen. Negative Nettobeschäftigungseffektelassen sich nur für den unwahrscheinlichen Fall ermit-teln, dass die Exporte von Technologien zur Nutzungerneuerbarer Energien praktisch zum Erliegen kommenund die Energiepreise wieder auf das Niveau der Jahre2000 bis 2002 (Realer Ölpreis in 2020 von 32 US $2000je Barrel) zurückgehen.

18. Der heutige Ausbauzustand erneuerbarer Energienbewirkt gegenüber einem fiktiven Zustand ohne ihreNutzung gegenwärtig einen positiven Nettoeffekt vonetwa 35.000 bis 40.000 Beschäftigten. Dieser Wert istaus methodischen Gründen nur als relativ grobe Nähe-rung zu verstehen.

19.Die erfolgreiche Entwicklung erneuerbarer Energienund damit auch die Beschäftigungswirkungen werdennoch für etwa 20 Jahre merklich von den politischenRahmenbedingungen abhängen. Um weiterhin positiveErgebnisse zu erzielen, gilt es ebenso wie in anderenBereichen der Wirtschaft, den UnternehmensstandortDeutschland attraktiv zu erhalten, die internationaletechnologische Spitzenstellung zu sichern und den Exportvon Produkten und Dienstleistungen zu unterstützen.Gleichzeitig sind die Unternehmen selbst gefordert,Produktionsstandorte in Deutschland weiter zu stärken.

20. Ein kontinuierliches Monitoring des weiteren Ausbauserneuerbarer Energien und dessen Wirkungen auf denArbeitsmarkt ist aufgrund der hohen Entwicklungs-dynamik von großer Bedeutung, damit Fehlentwick-lungen rechtzeitig korrigiert und positive Trends aktivunterstützt werden (s. unten).

Aufgrund der Komplexität des Themas hängen vorallem die zukunftsorientierten Ergebnisse von einerReihe von Annahmen ab. Um sie besser einordnen zukönnen, sind die wichtigsten Faktoren in Tabelle 1zusammengefasst. Sie werden im Folgenden nähererläutert. Weitere Details enthält der Gesamtbericht.

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NETTOBESCHÄFTIGUNG

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REFERENZ-SZENARIODeutschland: Energiereport IVWelt: IEA

2010 2020 2030

14.122 12.981 12.080

5,7 8,3 10,7

3,958 3,868 5,2663,045 2,949 3,729

3,267 3,282 4,736

80 55 50

79,83 60,88 54,25

76,27 55,81 47,14

811 768 695

95 115 130

28 32 37

3,0 3,5 4,1

5,513 3,744 2,914

52 60 65

7,50 15,00 22,50

3,4 4,5 5,6

3,123 -0,912 -3,596

4,9 6,0 7,1

1,575 -3,233 -6,875

64,700 115,800 174,400

6,772 7,688 8,6203,505 4,406 3,884

7,617 9,045 11,0204,350 5,762 6,284

161.314 169.903 179.683170.777 181.821 197.421

AUSBAU-SZENARIODeutschland: NatPlus-2005Welt: EREC-DCP

2010 2020 2030

13.369 11.767 10.325

6,9 12,7 21,5

7,170 9,573 10,3863,324 4,573 6,735

5,753 7,400 7,991

90 65 50

79,83 60,88 54,25

76,27 55,81 47,14

739 641 497

110 160 220

28 32 37

3,0 3,5 4,1

6,970 8,018 8,345

52 60 65

7,50 15,00 22,50

3,4 4,5 5,6

4,300 2,250 -1,963

4,9 6,0 7,1

2,597 -1,183 -8,159

120,100 251,700 461,700

14,348 23,639 28,7898,595 16,239 20,798

16,175 29,726 41,31010,422 22,326 33,319

244.102 306.691 332.848262.893 353.541 415.010

46.040 56.610 62.04055.230 73.600 84.410

46.330 61.140 94.54055.520 78.270 118.910

55.250 89.910 113.70065.870 112.800 147.500

55.510 94.410 146.23066.120 117.440 182.060

BASISJAHR

Einheit 2004

PJ/a 14.438

% 3,6

Mrd. e2000 7,1932,293

Mrd. e2000/a 5,379

% 100

% 100

% 100

Mio t/a 840

Mio t/a 71

$ 2000/b 35

ct 2000/kWh 2,8

Mrd. e2000 3,222

$ 2000/b 35

e2000/t 0

ct 2000/kWh 3,0

Mrd. e2000 2,714

ct 2000/kWh 4,5

Mrd. e2000 1,749

Mrd. e2000/a 43,200

Mrd. e2000/a 7,3701,991

Mrd. e2000/a 7,3701,991

157.074

DEUTSCHLAND

Primärenergieverbrauch

Anteil EE an PEV

Investitionen in Neuanlagen (ohne Nahwärmenetze)Umsatz aus dem Anlagenbetrieb

Umsatz dt. Unternehmen in Deutschland

Durchschnittliche Energiekosten des EE-Mixesbezogen auf 2004 = 1001

Durchschnittliche Arbeitsproduktivität(2004=100) ExS „verhalten“

Durchschnittliche Arbeitsproduktivität(2004=100) ExS „verhalten optimistisch“

CO2-Emissionen

Vermiedene CO2-Emissionen durch die Nutzung EE

Energiepreise Öl EPS „Energiereport IV“

Anlegbarer Wert für Strom aus erneuerbaren Energienim EPS “Energiereport IV”

Differenzkosten für das EPS „Energiereport IV“

Energiepreise ÖlEPS „DLR 2005 + CO2“ und „Aufschlag2“

CO2-AufschlägeEPS „DLR 2005 + CO2“ und „Aufschlag2“

Anlegbarer Wert für Strom aus erneuerbaren Energienim EPS „DLR 2005 + CO2“

Differenzkosten für das EPS „DLR 2005 + CO2“

Anlegbarer Wert für Strom aus erneuerbaren Energienim EPS „Aufschlag2“

Differenzkosten für das EPS „Aufschlag2“

WELT

Investitionen in Neuanlagen

Gesamtumsatz dt. Unternehmen ExS „verhalten“davon Export

Gesamtumsatz dt. Unternehmen ExS „verhalten optimistisch“davon Export

BESCHÄFTIGUNGSEFFEKTE

Bruttobeschäftigung3

ExS „verhalten“ExS „verhalten optimistisch“

Nettobeschäftigung4 ExS „verhalten“ und EPS „DLR 2005 + CO2“Erwerbstätige5

Nettobeschäftigung4 ExS „verhalten“ und EPS „Aufschlag2“Erwerbstätige5

Nettobeschäftigung4 ExS „verhalten optimistisch“ undEPS „DLR 2005 + CO2“Erwerbstätige5

Nettobeschäftigung4 ExS „verhalten optimistisch“ undEPS „Aufschlag2“Erwerbstätige5

EE = Erneuerbare EnergienPEV = PrimärenergieverbrauchExS = ExportszenarioEPS = Energiepreisszenario

1 Unterschiede zwischen den durchschnittlichen Energiekosten der Ausbauszenarien sind auf die Mobilisierung unterschiedlicher Technologien zurückzuführen2 dieses Energiepreisszenario (EPS) basiert auf dem Szenario „DLR 2005 + CO2” und ist durchgängig um 1,5 ct/kWh erhöht worden3 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte und Selbstständige4 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte5 schließen neben sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten auch Selbstständige und Beamte mit ein

9

Tabelle 1:Wesentliche Annahmen und quantitative Ergebnisse der Studie für das Basisjahr 2004 sowie die Jahre 2010, 2020 und 2030.

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NATIONALE UND INTERNATIONALE AUSBAUSZENARIEN ERNEUERBARER ENERGIEN

Deutschland nimmt bei der Markteinführung erneuer-barer Energien international einen Spitzenplatz ein, insbesondere bei der Nutzung der Windenergie undPhotovoltaik. Aufgrund der entstandenen Vorreiterrollein diesen und weiteren Technologiebereichen kanndavon ausgegangen werden, dass deutsche Herstellervom erwartbaren starken Wachstum des Weltmarkteserheblich profitieren können. Deshalb liegt ein Schwer-punkt dieser Studie auf dem Außenhandel.

Die Szenarienbetrachtung auf nationaler und interna-tionaler Ebene dient als Grundlage zur Bestimmung der Beschäftigungseffekte. Für Deutschland wird alsReferenz die energiewirtschaftliche Referenzprognose„Die Entwicklung der Energiemärkte bis zum Jahr 2030“(Energiereport IV) verwendet, die 2005 für das Bundes-wirtschaftsministerium erstellt wurde. Ein alternativerEntwicklungspfad (NatPlus-2005), der von einem rasche-ren Ausbau der erneuerbaren Energien ausgeht, stellteine aktualisierte Fortschreibung des entsprechendenSzenarios aus der Studie „Ökologisch optimierter Ausbau

der Nutzung erneuerbarer Energien in Deutschland“ für das Bundesumweltministerium aus dem Jahr 2004dar. In der Referenzentwicklung erreichen erneuerbareEnergien bis zum Jahr 2020 bei nahezu unverändertemPrimärenergieverbrauch einen Anteil von 8,3%, wodurchdas Ausbauziel der Bundesregierung (mindestens 10%im Jahr 2020) nicht erreicht wird. Im Alternativszenariowerden hingegen bei gleichzeitig durch stärkere Energie-einspar- und Effizienzmaßnahmen verringertem Primär-energieverbrauch 12,7% erreicht.

Die resultierenden Investitionen in Anlagen zur Strom-und Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energienin Deutschland steigen im Szenario „NatPlus-2005“von 7,7 Mrd.e /a im Jahr 2004 auf 10,7 Mrd.e2000/aim Jahr 2020. Bei der verhaltenen Referenzentwicklungsinken sie dagegen auf 4,1 Mrd.e2000/a (Abbildung 2).Hinzu kommen Umsätze in Verbindung mit demAnlagenbetrieb von 2,9 Mrd. e2000 („Referenz“) bzw.4,6 Mrd.e2000 („NatPlus-2005“).

10

Mrd

.E20

00/a

Inve

stit

ione

n &

Betr

iebs

kost

en

NatPlus-2005: Anteil EE an PEV 2020: 13,9%

<< Betriebskostenplus<< Investitionen

REF: Anteil EE an PEV 2020: 8,3%

<< Betriebskostenplus<< Investitionen

20

15

10

5

0

2000 2005 2010 2015 2020 2025 20302004

EE = Erneuerbare EnergienPEV = Primärenergieverbrauch

Abbildung 2:Aufteilung der Investitionen und Betriebskosten des Szenarios NatPlus-2005 im Strom- und Wärmesektor und Vergleich mit demReferenzszenario (REF).

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Die Differenzkostenentwicklung des Ausbaus erneuer-barer Energien ist in hohem Maße von der Entwicklungder Energiepreise abhängig. Dies gilt zum einen für dasallgemeine Energiepreisniveau, das im Energiereport IVsehr niedrig angenommen wird (Rohölpreis 2020:32 US $2000/b, gegenüber 60 US $2000/b im Szenario„NatPlus-2005“); zum anderen auch für den in einzel-nen Anwendungen anzusetzenden Wert der Energie-bereitstellung aus erneuerbaren Energien. Für denStrommarkt wird hier z.B. im Energiepreisszenario des Energiereport IV ein sehr konservativer Wert an-genommen, der von 2,8 ct2000/kWh im Jahr 2005 auf3,5 ct2000/kWh bis 2020 ansteigt (bzw. auf 3,9 ct2000/kWhunter Berücksichtigung einer CO2-Gutschrift von 10e2000/t).Im Szenario „NatPlus 2005 + CO2“ werden hingegen2020 aus heutiger Sicht realistischere 4,5 ct2000/kWherreicht, einschließlich einer CO2-Gutschrift von15e2000/t CO2. Um die Unsicherheiten der zukünftigenStrompreisentwicklung abzubilden, wird in einer weite-ren Variante eine zusätzliche Gutschrift von 1,5 ct2000/kWhüber den gesamten Zeitraum berücksichtigt, die letzt-lich die aktuelle Situation besser charakterisiert.

Abbildung 3 zeigt die ausgeprägte Sensitivität der Differenzkosten vom anlegbaren Wert für die Nutzungerneuerbarer Energien anhand des Mengenszenarios„NatPlus-2005“ (Strom, Wärme und Kraftstoff). Die Maximaliegen zwischen 2,7 und 9 Mrd. e2000 und werden umdas Jahr 2015 erreicht. Nur für den unrealistischen Fallmittelfristig insgesamt wieder sinkender Energiepreise(Energiereport IV) und ohne Berücksichtigung vonKlimaschutzkosten bleiben sie längerfristig auf hohemNiveau. Bei den höheren, realistischeren Energie-preisen werden die Differenzkosten des Gesamt-mixes an erneuerbaren Energien dagegen um das Jahr 2020 negativ. Das heißt, die Energiebereit-stellung aus erneuerbaren Energien ist danach kostengünstiger als diejenige aus konventionellenEnergiequellen und die bis dahin erbrachten finanziel-len Vorleistungen für die Marktdurchdringung erneuer-barer Energien werden dauerhaft zurück gewonnen.

11

Abbildung 3:Verlauf der Differenzkosten des gesamten Ausbaus erneuerbarer Energien (Strom, Wärme, Kraftstoffe) im Szenario NatPlus-2005 für dreiEnergiepreisszenarien.

Mio

. E20

00/a

Diff

eren

zkos

ten

EE-A

usba

u

„Realistisch“ DLR 2005 + CO2

10.000

5.000

0

-5.000

-10.000

-15.0002000 2010 2020 2030 2040 2050

„Niedrig“ Energiereport IV

zusätzlich Aufschlag Strom

In dem Jahr, in dem die Kurve diese Linie unterschreitet,beginnt die Energiebereitstellung aus erneuerbaren Energiengünstiger zu sein als aus konventionellen Quellen.

Energiepreispfade:

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Für den Weltmarkt erneuerbarer Energien kann inden nächsten Jahren und Jahrzehnten mit einer starkenExpansion gerechnet werden. Selbst nach der von derInternationalen Energie Agentur (IEA) im Jahr 2004 ver-öffentlichten (konservativen) Referenzentwicklung istdavon auszugehen, das sich die Investitionen in erneu-erbare Energien von gegenwärtig gut 40 Mrd.e2000bis zum Jahr 2020 auf 115 Mrd.e2000 annähernd ver-dreifachen werden. Das in Abbildung 4 ausführlicherdargestellte Szenario, das sich an einer Untersuchungdes European Renewable Energy Councils (EREC) orien-tiert und konsistent zum Szenario „NatPlus-2005“ ist, erwartet sogar eine Versechsfachung auf insgesamt252 Mrd.e2000. In beiden Fällen ergeben sich für diedeutschen Unternehmen aufgrund ihrer guten Wett-bewerbssituation erhebliche Exportpotenziale. Werdensie erschlossen, kann dem Export bereits in den näch-sten Jahren deutlich größere Bedeutung zukommen

als dem Inlandsmarkt. So können für das Jahr 2020durchaus Umsätze deutscher Unternehmen in einerGrößenordnung von 24 -30 Mrd. e2000/a erwartetwerden (ohne Umsätze aus dem Anlagenbetrieb im Inland), wenn davon ausgegangen wird, dass Export-potenziale vor allem im Bereich der anspruchsvollenTechniken wie Photovoltaikmodule, Getriebe und Gene-ratoren für Windenergie- und Wasserkraftanlagen, Mess-und Steuerungstechnik für Biomasseanlagen usw. erschlos-sen werden. Bei einem Inlandsmarkt von 10 Mrd.e2000und unter Berücksichtigung der Anlagenimporte ergibtsich damit ein inländischer Umsatz von 7,4 Mrd.e2000und eine Exportquote von 70-75%. Treten hingegen dieals konservativ anzusehenden Referenzentwicklungenauf nationaler und internationaler Ebene ein, dürftendeutsche Unternehmen der Branche im Jahr 2020 ledig-lich einen Gesamtumsatz von 8-9 Mrd.e2000/a erreichen.

12

WELTWEITE INVESTITIONEN

Solarthermie KollektorenGeothermie Wärmemoderne Biomasse, Biogas WärmeGeothermie StromSolarthermie KraftwerkePhotovoltaikBiomasse, Biogas StromWindWasser

<< Anteil der Investitionen die im EREC-Wachstumsszenarioin Deutschland getätigt werden

Mrd

. E20

00/a

400

300

200

100

02004 2010 2020 2030

16,6 % 6,o % 3,8 % 2,2 %

1 EREC – European Renewable Energy Council2 IEA – Internationale Energieagentur

konservative Wachstumsannahme: IEA2

globales Wachtumsszenario: EREC1

Abbildung 4:Zukünftige Investitionen in erneuerbare Energien in einem globalen Wachstumsszenario (in Anlehnung an European Renewable Energy Council(EREC)) im Vergleich zum Referenzsszenario (in Anlehnung an die Referenzentwicklung der Internationalen Energie Agentur (IEA)).

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UNTERNEHMENSBEFRAGUNG – INFORMATIONEN AUS ERSTER HAND

Für die Bilanzierung der Beschäftigtenzahlen sowie dieBeurteilung der Wettbewerbsfähigkeit der Branche unddamit auch für eine realistische Einschätzung der erschließ-baren Exportpotenziale sind „Informationen aus ersterHand“ unerlässlich. Im Sommer 2005 wurde deshalbin Kooperation mit dem Bundesverband ErneuerbareEnergien (BEE) und dem Institut für Sozialforschung undKommunikation bei über 1.100 Unternehmen die bis-lang umfangreichste Befragung zu diesem Themen-komplex durchgeführt. Adressaten waren Anlagen-hersteller, Zulieferer, Projektierer und Planer, Anlagen-betreiber, Finanzierer, Versicherer und Händler. Sie reprä-sentieren 26.400 Arbeitsplätze, wobei 84% der Unter-nehmen weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen. DieBranche ist also derzeit klar mittelständisch geprägt.

Die Befragungsergebnisse lassen Schlüsse über Verflech-tungen der Unternehmen mit anderen Wirtschaftssek-toren zu, die sich über die gesamte Wertschöpfungsketteerstrecken. Zusätzlich wurden Informationen zum Außen-handel mit Anlagen, Komponenten und Vorproduktengewonnen. Sie bilden damit eine wichtige Datenbasiszur Bilanzierung der direkten und indirekten Beschäf-tigungseffekte der Nutzung erneuerbarer Energien mitHilfe der Input-Output-Analyse (s. unten).

Darüber hinaus wurden zahlreiche Fragen aus weiterenThemenfeldern beantwortet, etwa zu Art und Umfangder Beschäftigung, zur Zusammensetzung der Beschäf-tigten nach Ausbildung, Geschlecht und Tätigkeits-standort, aber auch zu den Anforderungen der Unter-nehmen an den Arbeitsmarkt und die politischen Rahmenbedingungen, ihren Zukunftserwartungensowie Unternehmensstrategien. Zu den wesentlichenErgebnissen zählt, dass die weitaus überwiegende Zahlder Unternehmen optimistisch in die Zukunft blickt.Insgesamt rechnen die befragten Unternehmenbereits bis zum Jahr 2010 mit einer Zunahme ihrerBeschäftigtenzahlen um 54%, in den Sparten festeBiomasse und Photovoltaik sogar mit mehr als einerVerdoppelung (Abbildung 5).

13

Abbildung 5:Befragungsergebnisse bezüglich der erwarteten Arbeitsplatzentwicklung sowie der Standortattraktivität.

%

120

100

80

60

40

20

04% 31% 130% 41% 38% 109% 55% 30% 54%

Wind

Wasse

rkra

ft

Feste

Biom

asse

Flüss

ige Bi

omas

se

Bioga

sPh

otov

oltaik

Solar

ther

mieGe

othe

rmie

EE ge

samt

Erwartete Arbeitsplatzentwicklung bis 2010 gegenüber 2004

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Begründen lässt sich dies einerseits mit positiven Trendsim deutschen Markt, zum anderen mit dem zunehmen-den Auslandsgeschäft. Ihre internationale Wettbewerbs-fähigkeit schätzen die Unternehmen durchweg alsgut bis sehr gut ein. Ein Indiz dafür ist die Export-quote der Branche, die hier definiert ist als Export vonAnlagen und Vorprodukten (z.B. Komponenten) bezo-gen auf den Unternehmensumsatz einschließlich Dienst-leistungen, weil dadurch die gesamte Wertschöpfungs-kette berücksichtigt wird. Laut Befragung lag sie 2004bei 28%. In verschiedenen anderen Veröffentlichungenwird hingegen bei der Berechung der Exportquote derDienstleistungsbereich ausgeklammert. Die entspre-chende Exportquote 2004 betrug dann für die gesamteBranche 35%, wobei es innerhalb der einzelnen Spartendeutliche Unterschiede gibt: im Bereich der Windenergiebetrug sie knapp 50%, im Bereich der Wasserkraft – beideutlich geringeren Absolutbeträgen – sogar knapp 80%.Hingegen ist die Bedeutung des Exports im Bereich derBiomassenutzung mit weniger als 10% und der Photo-voltaik mit 20% bislang noch relativ gering.

Etwa zwei Drittel der Exporterlöse wurden 2004 inden Mitgliedsländern der Europäischen Union (EU-25)erwirtschaftet, weitere 15% in Asien und 10% inNord- und Mittelamerika. Der europäische Markt wirdvoraussichtlich auch zukünftig eine wichtige Rolle fürden Export aus Deutschland spielen. Insofern sind fürdie Branche Maßnahmen zum weiteren Ausbau dererneuerbaren Energien in Europa für die Geschäfts-entwicklung im Ausland mittelfristig am wichtigsten.

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass Deutschlandaus Sicht der Unternehmen trotz hoher Lohnkosteneinen sehr attraktiven Unternehmensstandort dar-stellt. Dies ist auf eine Reihe von politischen und struk-turellen Rahmenbedingungen zurückzuführen. Dazuzählt nicht nur der inländische Absatzmarkt, der durchInstrumente wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz oderdas Marktanreizprogramm des Bundes unterstützt wird,sondern auch die Verfügbarkeit von qualifiziertemPersonal, eine gute Infrastruktur sowie eine ausgezeich-nete Technologieerschließung, die im Zusammenhangmit der starken Forschungstätigkeit im Bereich dererneuerbaren Energien zu sehen ist (Abbildung 6).

14

Attraktive Unternehmensstandortefür die Branche der erneuerbaren Energien insgesamt

Deutschland 69%

restl. EU-25 16%China 5%

restl. Asien 2%Indien 2%

Amerika 2% anderes Europa 4%

Abbildung 6:Befragungsergebnisse bezüglich der erwarteten Arbeitsplatzentwicklung sowie der Standortattraktivität.

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ERNEUERBARE ENERGIEN IM ANALYSERAHMEN DER INPUT-OUTPUT-RECHNUNG

Input-Output-Tabellen geben einen detaillierten Einblickin die Güterströme und Produktionsverflechtungeninnerhalb der deutschen Volkswirtschaft und mit demAusland. Die amtlichen Tabellen des StatistischenBundesamtes gliedern sich in 71 Produktionsbereicheund sind eine vielseitig verwendbare Datenbasis fürwirtschaftliche Analysen, insbesondere auch für disag-gregierte Modellierungen. Die Erweiterung des beste-henden Schemas um Produktionsbereiche für dieerneuerbaren Energien hat den Vorteil, anhandzusätzlicher empirischer Informationen nicht nurAussagen zu den direkten, sondern auch den indi-rekten Beschäftigungseffekten des Ausbaus erneuer-barer Energien in anderen Wirtschaftssektoren treffen zu können.

Mit der umfangreichen Unternehmensbefragung ist dieempirische Informationslage zum Bereich der Herstellervon Anlagen erheblich verbessert worden. Unter Hinzu-nahme weiterer Daten und Informationen können dieseErgebnisse zur Abbildung der erneuerbaren Energienim Kontext der Input-Output-Analyse genutzt werden(Abbildung 7).

Die durch die Nutzung erneuerbarer Energien ausgelöstenvolkswirtschaftlichen Effekte, insbesondere die Beschäf-tigungswirkungen, beruhen sowohl auf den Investitionenin neue Anlagen als auch auf den Ausgaben für denBetrieb des vorhandenen Anlagenbestandes.

Die Investitionen lösen die so genannten Hersteller-effekte aus. Sie resultieren aus den jährlichen Investi-tionen in Deutschland, soweit hierfür im Inland gefer-tigte Produkte eingesetzt werden, sowie aus der Pro-duktion von Anlagen in Deutschland, die ins Ausland exportiert werden. Die Effekte, die auf dem Betrieb der Anlagen (also der Erzeugung von Strom und/oderWärme) basieren, sind hingegen unabhängig davon,wo die Anlagen hergestellt wurden.

Die Unterschiedlichkeit der beiden Effekte legt es nahe,sie auch im Kontext der Input-Output-Rechnung geson-dert darzustellen. Bei der konkreten Umsetzung werden– auch im Hinblick auf die weiteren Anforderungen derModellierung der Nettobeschäftigungseffekte – deshalbdie beiden Produktionsbereiche

– Herstellung von Anlagen zur Nutzung erneuer-barer Energien einschließlich der Herstellung vonKomponenten, anlagenbezogenen Dienstleistungenwie Projektierung und Planung und

– Betrieb von Anlagen zur Nutzung erneuerbarerEnergien einschließlich Wartung undInstandhaltung

getrennt betrachtet.

15

Marktbeziehungen

deutscheKomponenten-hersteller

ausländischeKomponenten-hersteller

ausländischerMarkt

deutscherMarkt

Komponenten

Projektierung

Projektierung

AnlagenProjektierung

Montage

Die Pfeile zeigen die Ergebnisse der Umfrage (genaue Zahlen siehe Langfassung)

Kostenstruktur

Vorleistungsbezüge

Vorleistungslieferungen

x1n+1

x2n+1

xin+1

xnn+1

.

.

xn+11 xn+12 xn+1j. xn+1n. xn+1n+1

LieferstrukturSumme inländischer Vorleistungen

Importierte VorleistungenBruttowertschöpfung

Summe Primäre Inputs

Bruttoproduktionswert

xn+1

p1n+1

p2n+1

pn+1

xn+1

Lieferungen an dieEndnachfrage

xn+1 xn+1yn+1c yn+1g yn+1l yn+1v yn+1e yn+1

Brutto-produktionswert

.

.

INPUT-OUTPUT-VEKTOR

ausländischeHersteller

ausländischeDienstleister

deutsche Hersteller(IO-VEKTOR)

deutscheDienstleister

Abbildung 7: Empirische Datenerhebung in der Branche der erneuerbaren Energien.

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BRUTTOBESCHÄFTIGUNGSEFFEKT DER NUTZUNG ERNEUERBARERENERGIEN FÜR DAS JAHR 2004

Mit Hilfe der Input-Output-Analyse lassen sich nicht nurdie direkt Beschäftigten in denjenigen Unternehmenermitteln, die z.B. Anlagen zur Nutzung erneuerbarerEnergien produzieren, sondern auch die indirekt Beschäf-tigten in den Unternehmen, die Vorprodukte bereitstel-len. So wird beispielsweise vom Arbeitsvolumen einesStahlarbeiters, der Stahl für eine Windenergieanlageproduziert, der entsprechende Anteil seines Arbeits-volumens dem Bereich der erneuerbaren Energien zuge-rechnet, obwohl ihm selbst dieser Zusammenhang seinerTätigkeit möglicherweise unbekannt ist. Die indirektBeschäftigten sind von großer Relevanz für den Bereichder erneuerbaren Energien, denn sie machen im Durch-schnitt über die Hälfte aller Arbeitsplätze aus. Aus derSumme der direkt und indirekt Beschäftigten errechnetsich der Bruttobeschäftigungseffekt.

Für das Jahr 2004 kann der Bruttobeschäftigungs-effekt der Branche der erneuerbaren Energien auf157.000 Arbeitsplätze abgeschätzt werden. Der Brutto-produktionswert je Beschäftigten beträgt dabei für dieHerstellung von Anlagen 167.000e und für den Anlagen-betrieb 148.000e . Die Sparte mit der größten Beschäf-tigung ist nach wie vor die Windenergie (64.000 Arbeits-plätze). Danach folgen der Bereich Biomasse (57.000Arbeitsplätze) – zu dem auch die durch die Nachfrage

nach biogenen Brennstoffen und Biokraftstoffen indu-zierten Beschäftigungseffekte zählen – und die Solar-wirtschaft (25.000 Arbeitsplätze), die beide im Hinblickauf die ausgelösten Beschäftigungsimpulse zuletztschneller wuchsen als die Windbranche.

Abbildung 8 zeigt darüber hinaus, dass in der gegen-wärtigen Wachstumsphase der erneuerbaren Energiender Herstellereffekt eindeutig den Betriebseffekt über-steigt. Dies wird voraussichtlich auch in Zukunft der Fallsein, obwohl in Bezug auf den deutschen Markt derBetriebseffekt wegen des zunehmenden Anlagenbestan-des an Bedeutung gewinnen wird. Der Herstellereffekterhöht sich jedoch durch steigende Exporte infolge desinternationalen Marktwachstums.

16

gesamt 2004: ca. 157.000 Arbeitsplätze

Biomasse 36%

Wasserkraft 6%Geothermie 1% Solarenergie 16%

Wind 41%

direkte Beschäftigung: 71.500

indirekte Beschäftigung: 85.500

Nachrichtlich: importierte Vorleistungen 1,1 Mrd. e

Betrieb und Wartung *

davon Inland 100 %* zusätzlich 1,3 Mrd. e Brenn- u. Kraftstoffe

davon Absatz im Inland 72 %, Export 28 %

Herstellung von Anlagen und Komponenten

2,3 Mrd. e

7,2 Mrd. e

davon inländische Vorleistungen

Geräte d. Elektrizitätserzeugung, verteilung u. Ä.

Maschinen

Unternehmensbezogene Dienstleistungen

Metallerzeugnisse

Nachrichtentechnik, Rundfunk u. Fernsehgeräte,elektronische Bauelemente

506 Mio. e

547 Mio. e

667 Mio. e

547 Mio. e

399 Mio. e

502 Mio. e

339 Mio. e

49 Mio. e

339 Mio. e

1 Mrd. e

0,9 Mrd. e

0,7 Mrd. e

0,6 Mrd. e

0,4 Mrd. e

Abbildung 8: Bruttobeschäftigung der Branche der erneuerbaren Energien im Jahr 2004

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Von der Herstellung und dem Betrieb von Anlagenzur Nutzung erneuerbarer Energien profitieren ganzunterschiedliche Wirtschaftssektoren. Als Indikatorsind dafür in Abbildung 8 auch die Bruttoproduktions-werte (Umsätze) angegeben, die nicht den beiden Pro-duktionsbereichen „Herstellung von Anlagen zur Nutzungerneuerbarer Energien“ und „Betrieb von Anlagen zurNutzung erneuerbarer Energien“ zuzurechnen sind und damit Vorleistungen darstellen. Entsprechend deramtlichen Gliederung der Wirtschaftsstatistik profitie-ren von der Anlagenherstellung einerseits die Sektoren „Geräte der Elektrizitätserzeugung und -verteilung“,„Maschinen“, „Metallerzeugnisse“ sowie die sog.„Unternehmensbezogenen Dienstleistungen“ (z.B. Pro-jektierer), vom Betrieb der Anlagen andererseits u.a. auchdie Versicherungswirtschaft.

Andere mit der Nutzung erneuerbarer Energien verbun-dene Beschäftigungselemente, wie zum Beispiel die mitder Verteilung oder dem Verkauf des produzierten Öko-stroms verbundene Beschäftigung, die durch einschlä-gige Energieforschungsprogramme induzierte Beschäfti-gung in Forschungsinstituten oder die in Verwaltungenund Ministerien administrativ mit dem Ausbau dererneuerbaren Energien befassten Personen, werden beider hier vorgestellten Schätzung allerdings noch nichtberücksichtigt. Außer Betracht bleiben auch die investi-ven Ausgaben der Hersteller von Anlagen zur Nutzungerneuerbarer Energien, die diese tätigen müssen, umihre eigenen Produktionskapazitäten zu erweitern oderzu modernisieren. Insofern dürfte es sich bei denErgebnissen zur Bruttobeschäftigung um eine Unter-grenze des tatsächlichen Beschäftigungseffekts dererneuerbaren Energien handeln.

17

Page 20: ERNEUERBARE ENERGIEN: … · ERNEUERBARE ENERGIEN: ARBEITSPLATZEFFEKTE Wirkungen des Ausbaus erneuerbarer Energien auf den deutschen Arbeitsmarkt Kurzfassung

24%

18%

27%

18%

28%

29%

25%

49%

20%

27%

19%

13%

32%

26%

17%

27%

22%

22%

21%

36%

30%

14%

41%

15%

% Beschäftigte in den befragten Unternehmen

% Direkt Beschäftigte in Betrieb und Wartung

% Zulieferungen zwischen den Regionen

% Zulieferungen innerhalb einer Regionen

REGIONALE BESCHÄFTIGUNGSEFFEKTE

Die regionale Zuordnung der direkten Beschäftigungnach Bundesländern ist aufgrund der immer nochschmalen Datenbasis schwierig. Es lassen sich jedochAussagen treffen über die Vorleistungs- und Zulieferungs-ströme zwischen den vier Regionen Norddeutschland(Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg, Bremen),Süddeutschland (Hessen, Baden-Württemberg, Bayern),Westdeutschland (Nordrhein-Westfalen, Saarland, Rhein-land-Pfalz) und Ostdeutschland (Mecklenburg-Vorpom-mern, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen,Thüringen). Darüber hinaus gibt die Regionalverteilungder bereits installierten Anlagen Aufschluss über diedirekt Beschäftigten im Bereich Betrieb und Wartung.

Abbildung 9 fasst die in den Regionen induzierteBeschäftigung durch den Betrieb der Anlagen vor Ortund durch die Herstellung von Anlagen grafisch zusam-men, soweit diese durch die Unternehmensbefragungermittelt werden konnte. Dabei zeigen die Vorleistungs-ströme in den jeweiligen Farben der Region Vorleistun-gen in anderen Regionen für die Produktion in derbetreffenden Region an und addieren sich mit den ausder eigenen Region bezogenen Vorleistungen zu 100%.In den vollfarbigen Kreisen sind die Anteile der Regionan der direkten Beschäftigung aus dem Anlagenbetriebangegeben. Die gestrichelt eingekreisten Zahlen imZentrum der Bundesrepublik zeigen die Aufteilung ausden Antworten der befragten Unternehmen zur direk-ten und indirekten Beschäftigung aus der Herstellungvon Anlagen.

18Abbildung 9:Beschäftigung durch den Betrieb von Anlagen vor Ort und durch die Herstellung von Anlagen.

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BRUTTOBESCHÄFTIGUNGSEFFEKTE DES AUSBAUS ERNEUERBARER ENERGIEN BIS ZUM JAHR 2030

Auf der Grundlage der Analyse der gegenwärtigen Beschäf-tigungssituation, der Ergebnisse der Unternehmensbefra-gung und der skizzierten nationalen und internationalenSzenarien des Ausbaus erneuerbarer Energien kann diezukünftige Entwicklung der Bruttobeschäftigung inDeutschland abgeschätzt werden. Wegen der abneh-menden Bedeutung der Investitionen im Inland im Ver-gleich zum Export wird das Ausland zunehmend treibendeKraft des Anstiegs der Beschäftigtenzahlen im Bereich derHerstellung von Anlagen. Die Beschäftigtenzahlen inBetrieb und Instandhaltung der Anlagen hängen hingegenpraktisch ausschließlich von der Entwicklung im Inland ab.

Nicht zuletzt wegen des relativ langen Betrachtungszeit-raums bis zum Jahr 2030 ist ein breites Spektrum mög-licher Exporterfolge der deutschen Unternehmen vorstell-bar, das in vier sehr unterschiedliche Exportszenariengefasst wird. Die Exportszenarien b) „verhalten“ undc) „verhalten optimistisch“ stellen dabei das innereBand dar. Für die skizzierte Marktentwicklung in Deutsch-land im Szenario „NatPlus-2005“ und die korrespondie-rende internationale Entwicklung verdeutlicht diesAbbildung 10. Die Weltmarktanteile von Anlagenund Komponenten aus deutscher Herkunft gehenhier aufgrund des globalen Wachstums der Märkte von 17% im Jahr 2004 bis 2020 auf 9,4% bzw. 11,8%zurück. Dennoch führt selbst das eher konservative, inAbbildung 10 ausführlich dargestellte Exportszenario b)bis 2020 noch zu einem Anstieg der Anlageninvestitio-nen deutscher Unternehmen im In- und Ausland aufrd. 24 Mrd.e2000 /a (davon Export 16 Mrd.e2000/a).Parallel dazu steigt die Bruttobeschäftigung von157.000 über 244.000 (2010) auf 307.000 Arbeitsplätze.Im Exportszenario c) steigen die Investitionen bis 2020sogar auf 30 Mrd.e2000/a (Export 22 Mrd.e2000/a), die

Arbeitsplätze im gleichen Zeitraum auf 354.000(2010: 263.000). Für 2030 kann die Bruttobeschäftigungauf 333.000 (Exportszenario b) bzw. 415.000 Beschäftigte(Exportszenario c) abgeschätzt werden.

Neben dieser aus Sicht der Autoren durchaus realistischenBandbreite sind jedoch auch andere Entwicklungen denk-bar. Im Fall des pessimistischen Exportszenarios a) wäremit einem Weltmarktanteil im Jahr 2020 von lediglich6,9% der Exportmarkt nicht größer als der in Deutsch-land selbst zu tätigende Umsatz. Der Aufbau einer sichim Weltmarkt erfolgreich etablierenden deutschenerneuerbare Energien-Branche müsste in diesem Fall alsmisslungen bezeichnet werden. Das optimistische Export-szenario d) setzt hingegen voraus, dass deutsche Unter-nehmen die bereits erreichten Weltmarktanteile bis2020 mit 14,2% annähernd aufrechterhalten können.Mit einem Umsatzvolumen von 36 Mrd.e2000 in 2020und 54 Mrd.e2000 in 2030 steigen dabei die Beschäftig-tenzahlen bis zum Ende des Betrachtungszeitraums aufetwa 0,5 Mio. Arbeitsplätze. Dies dürfte eher eine Ober-grenze darstellen, die allerdings vom BundesverbandErneuerbare Energien bereits für das Jahr 2020 alserreichbar angesehen wird.

Unterstellt man dagegen ein deutlich geringeres zukünf-tiges Marktwachstum der EE, wie es im Szenario REF zumAusdruck kommt, so käme der weitere Anstieg der Brutto-beschäftigung nahezu zum Erliegen. Im Jahr 2020 belie-fen sich die entsprechenden Werte auf 170.000 (Export-szenario b) bzw. 182.000 Beschäftigte (Exportszenario c).Der auch in diesem Szenario wachsende Export – soferner unter derart ungünstigen Rahmenbedingungen über-haupt stattfände – wäre gerade in der Lage, den schrump-fenden Inlandsmarkt zu kompensieren.

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Mrd

. E/a

50

40

30

20

10

0

2004 2010 2020 2030

Prozentangaben: Weltmarktanteile d) „optimistisch“11,7%

c) „verhalten optimistisch“

b) „verhalten“14,2%

15%

17%

12%

9,4%

6,2%

BRUTTOBESCHÄFTIGUNG/Exportszenarien b) und c):

400.000

300.000

200.000

100.000

0

2004 2010 2020 2030

354.000

415.000

263.000

333.000

307.000

244.000

a) „pessimistisch“

157.000

INVESTITIONEN AUS DEUTSCHLAND/Exportszenarien a) bis d):

c) „verhalten optimistisch“

b) „verhalten“

GeothermieWasserBiomasse WärmeBiomasse (Strom)SolarkollektorenSolarthermie KraftwerkePhotovoltaikWind

Abbildung 10:Anlageninvestitionen deutscher Unternehmen im In- und Ausland sowie korrespondierende Bruttobeschäftigungseffekte bis zum Jahr 2030für verschiedene Exportszenarien (Balken stellen die Investitionen des Exportszenarios b dar).

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NETTOBESCHÄFTIGUNGSEFFEKTE DES AUSBAUS ERNEUERBARER ENERGIEN BIS ZUM JAHR 2030

Die Ermittlung der durch den Ausbau erneuerbarerEnergien verursachten Nettobeschäftigung ist methodischanspruchsvoll und wird erheblich durch die jeweilsgetroffenen Annahmen beeinflusst. Hierbei spielen insbe-sondere die Energiepreisszenarien sowie Abschätzungenzu den Investitions- und Exportvolumina eine wichtigeRolle. Letztere lösen dabei vielfältige Mengeneffekteauch in vorgelagerten Bereichen (Vorleistungsnachfrage)aus, die durch inländische Produktion und Importe ge-deckt werden können. Geänderte Energiepreise wirkenebenfalls auf die gesamte Preisstruktur der Volkswirt-schaft, was wiederum Vorleistungs- und Endnachfrage,Produktion und Importe beeinflusst. Vermehrte Pro-duktion kann zu mehr Wertschöpfung, aber auch zumehr Importen und mehr Vorleistungseinsatz führen.Für diese Verteilung und die Frage, ob mögliche zusätz-liche Wertschöpfung auch zu mehr Beschäftigung führt,spielen Preis-, Lohn- und Produktivitätsentwicklung einewichtige Rolle. Höhere Löhne bzw. mehr Beschäftigungwirken über höhere verfügbare Einkommen auch wie-der auf die Endnachfrage, weshalb bei der Analyse derNettobeschäftigung auch dynamische Effekte einer sichverändernden Wirtschaftsstruktur und des technischenFortschritts zu berücksichtigen sind. Die Analyse desNettobeschäftigungseffektes wird deshalb durch zahl-reiche Einflussfaktoren und Interdependenzen bestimmt(Abbildung 11).

Im Unterschied zur Analyse der Bruttobeschäftigung, diesich auf den Investitions-, Betriebs-, und Außenhandels-effekt beschränkt, werden bei der Bilanzierung des Netto-beschäftigungseffektes auch der Substitutionseffekt

sowie der Budgeteffekt (s.o.) ermittelt. Letzterer ergibtsich aus den Differenzkosten der Energiebereitstellungaus erneuerbaren Energien; d.h. aus deren Mehrkostengegenüber der Energiebereitstellung aus nicht erneuer-baren Energiequellen. Diese beiden Effekte haben Aus-wirkungen auf die gesamte Wirtschaft und nicht nurauf den Bereich erneuerbarer Energien und die zuliefern-den Bereiche, wie bei der zuvor beschriebenen Brutto-beschäftigung. Dadurch können die Veränderungen inder Volkswirtschaft, die durch einen verstärkten Ausbauder erneuerbaren Energien entstehen, noch nicht direktabgeleitet werden. Um eine Quantifizierung dieser Ver-änderungen vorzunehmen, muss der gesamte Effekt desAusbaus erneuerbarer Energien mit einem Referenzfallverglichen werden. Daraus folgt, dass die Nettobetrach-tung auf dem Vergleich von zwei unterschiedlichenEntwicklungen beruhen muss. In dieser Untersuchungsind dies die sich nach dem Basisjahr 2004 einstellen-den Unterschiede zwischen den Szenarien „Referenz“und „NatPlus-2005“.

Insbesondere muss ein ausreichend langer Zeitraumbetrachtet werden, da die verschiedenen (positiven undnegativen) Beschäftigungswirkungen in einer Volks-wirtschaft zu unterschiedlichen Zeiten wirksam werdenund nur längerfristig stabile Effekte von volkswirtschaft-lichem Nutzen sind. Kurzfristig wirkende Impulse, etwadurch kräftige Investitionen, können dem längerfristigwirkenden Budgeteffekt gegenüberstehen. Deshalb sindBeschäftigungsangaben für einzelne Jahre von ehergeringer Aussagekraft.

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Endnachfrage- Konsum,- Exporte,- Investitionen

Energie-preise

Produktions-preise

Vorleistungs-nachfrage

Produktion Importe

verfügbareEinkommen

Löhne

ProduktivitätWertschöpfung&

Beschäftigung

Abbildung 11:Vereinfachte Darstellung der Wirkungszusammenhänge zur Bestimmung der Nettobeschäftigungseffekte des Ausbaus erneuerbarer Energien.

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Voraussetzung für eine belastbare Ermittlung vonBeschäftigungseffekten ist somit eine Differenzbetrach-tung zwischen unterschiedlichen in sich konsistentenZukunftsentwicklungen (Szenarien) über einen längerenZeitraum, in welchen die betreffenden Technologieneine sehr unterschiedliche Entwicklung erfahren. Gegen-übergestellt werden, ausgehend vom Bezugsjahr 2004,die Referenzentwicklung mit einem längerfristig nurnoch geringen Ausbau erneuerbarer Energien (Energie-report IV) und ein dynamischer, zielorientierter Ausbau(NatPlus-2005), der gleichzeitig die angestrebten Klima-schutzziele erfüllt. Der langfristige Betrachtungszeitraum(bis 2030) führt zu sehr großen Unterschieden in derMarkteinführung erneuerbarer Energien in der zweitenHälfte des Betrachtungszeitraums. Damit können allerelevanten Wirkungen des Ausbaus erneuerbarer Ener-gien auf den Arbeitsmarkt in ausreichender Differenzie-rung dargestellt werden.

Die nationale Ebene wird durch Exportszenariender erneuerbaren Energien überlagert. Generell giltdabei, dass die auch in Zukunft weiter steigendeArbeitsproduktivität im verarbeitenden Gewerbe imJahr 2020 und noch deutlicher im Jahr 2030 wesent-lich mehr Produktionsvolumen pro Beschäftigtemermöglichen wird als heute. Gleichzeitig wird aberauch die Energieproduktivität der deutschen Volks-wirtschaft insgesamt weiter steigen. Steigt sie relativschneller als die Energiepreise, so verlieren diese anEinfluss auf die Gesamtwirtschaft.

Als Werkzeug zur Bestimmung des Nettobeschäftigungs-effektes dient das Simulations- und PrognosemodellPANTA RHEI, das in den letzten Jahren vielfältig zurAnalyse umweltökonomischer Fragestellungen einge-setzt worden ist. Abbildung 12 zeigt die wichtigstenErgebnisse eines mit diesem Modell durchgeführten Ver-gleichs der beiden o.g. nationalen Szenarien; zunächst in

Verbindung mit dem als eher konservativ zu bezeichnen-den Exportszenario b) „verhaltene“ Exportentwicklungund der Strompreisvariante „DLR 2005 + CO2“ (sattroterBalken in Abbildung 12).

Die Zahl der Erwerbstätigen2 liegt in der Nettobilanzim Szenario „NatPlus-2005“ im Jahr 2020 um fast74.000 höher als im Referenzszenario und steigtdanach weiter an. Die Bruttoproduktion, das Brutto-inlandsprodukt und seine einzelnen Komponenten liegendurch den verstärkten Ausbau der Anlagen zur Nutzungerneuerbarer Energien ebenfalls über den gesamtenZeitraum höher als im Referenzszenario. Allerdings wirdan dieser Stelle auch deutlich, dass eine höhere Produk-tion sich nicht in gleichem Umfang in eine höhere Wert-schöpfung (Bruttoinlandsprodukt) überträgt. Zum einenwird ein Teil der zusätzlichen Produktion aus dem Aus-land eingekauft, was in höheren Importen sichtbar wird,zum anderen steigt auch der Einsatz von Vorprodukten.

Weil das Ausbauszenario gleichzeitig die Klimaschutzzieleerfüllt, lässt sich anhand dieser Ergebnisse exemplarischzeigen, dass eine wirksame Klimaschutzpolitik gleich-zeitig eine gesamtwirtschaftlich vorteilhafte Strate-gie im Hinblick auf Arbeitsplätze sein kann, wenndie durch eine nationale Vorreiterpolitik hervorgerufeneWachstumsdynamik rechtzeitig und erfolgreich auf Export-märkte übertragen wird. Damit können anfänglichdämpfende Faktoren (wie zusätzliche Differenzkosten

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Abbildung 12:Nettobeschäftigungseffekte zwischen den Szenarien „NatPlus-2005“ und „Referenz“ in Verbindung mit zwei Exportszenarien bei unterschied-lichen Energiepreisvarianten.

2 In Abbildung 12 werden außerdem die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ausgewiesen, die auf den Arbeitsmarktstatistiken derBundesagentur für Arbeit beruhen. Die Zahl der Erwerbstätigen basiert auf den Ergebnissen des Mikrozensus.

Energiepreispfad

DLR 2005 + CO2

Aufschlag

Exportszenario

verhaltenverhalten optimistisch

verhaltenverhalten optimistisch

150.000

100.000

50.000

0

2010 2020 2030

NETTOBESCHÄFTIGUNGSEFFEKT

<< jeweils heller: Anteil der Selbständigen und Beamten

<< jeweils dunkel: Anteil der sozialvers. Beschäftigten

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des Ausbaus über einen bestimmten Zeitraum) überkom-pensiert werden. Langfristig unterstützt der dann ver-nachlässigbare bzw. sich sogar ins Positive umkehrendeBudgeteffekt diese Entwicklung.

Die positive gesamtwirtschaftliche Wirkung des beschleu-nigten Ausbaus der erneuerbaren Energien im Szenario„NatPlus-2005“ wird auf der Nachfrageseite in erster Linievon den Ausrüstungsinvestitionen und den Exportengetragen. Dabei nimmt der Exporteffekt mit dem starkwachsenden Weltmarkt für die betreffenden Technolo-gien im Zeitablauf deutlich zu, während der Impuls derinländischen Investitionen nur bis 2020 leicht wächst,aber über den gesamten Betrachtungszeitraum positivbleibt.

Zusätzlich zeigt Abbildung12 eine Sensitivitätsrechnungin Bezug auf den anlegbaren Wert für Strom aus erneu-erbaren Energien. Während die Basisvariante „DLR 2005+ CO2“ von einem moderaten Anstieg von 3 ct2000/kWhim Jahr 2004 auf 3,4 ct2000/kWh in 2010, 4,5 ct2000/kWhin 2020 und 5,6 ct2000/kWh in 2030 ausgeht (zum Ver-gleich: der durchschnittliche Spotmarktpreis für Grund-laststrom an der Leipziger Strombörse EEX betrug 2005bereits 4,6 ct2000/kWh; ist seitdem allerdings wiederleicht rückläufig), wird in der Preisvariante „Aufschlag“durchgängig ein um 1,5 ct2000/kWh höherer Wert desStroms aus erneuerbaren Energien angenommen.Deutlich erkennbar ist die daraus resultierende Zunahmeder Nettobeschäftigung, speziell im Jahr 2030. Dies hängtdamit zusammen, dass in diesem Fall die Energiebereit-stellung aus dem Mix erneuerbarer Energien insgesamtwettbewerbsfähig ist, d.h. die Differenzkosten negativsind (vgl. Abbildung 3). Aufgrund des daraus resultie-renden, jetzt positiv wirkenden Budgeteffektes steigtder Nettobeschäftigungseffekt des Ausbaus erneuer-barer Energien des Szenarios „NatPlus-2005“ gegenü-ber der Referenzentwicklung deshalb sprunghaft aufinsgesamt etwa 120.000 im Jahr 2030 an.

Analog lassen sich zahlreiche weitere Sensitivitätenbetrachten, die in Abbildung 12 exemplarisch für das„verhalten optimistische“ Exportszenario c) ergänztwurden. Wichtig ist aber auch, dass sich negative Netto-beschäftigungseffekte nur für den unwahrscheinlichenFall ermitteln lassen, dass die Exporte von Technologienzur Nutzung erneuerbarer Energien praktisch zumErliegen kommen und die Energiepreise wieder auf dasNiveau der Jahre 2000 bis 2002 (Realer Ölpreis in 2020von 32 US $2000 je Barrel) zurückgehen.

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SCHLUSSFOLGERUNGEN UND AUSBLICK

Mit der vorliegenden Untersuchung konnten eine Reihevon Informations- und Wissensdefiziten hinsichtlich derArbeitsplatzwirkungen des Ausbaus erneuerbarer Ener-gien abgebaut werden. Auf der Grundlage der bisherbreitesten Unternehmensbefragung zu diesem Themakonnten die Beschäftigungswirkungen der Nutzungerneuerbarer Energien in sich konsistent und belastbaranalysiert werden. Als robustes Ergebnis lässt sich fest-stellen, dass die bisherige Erschließung der erneuer-baren Energien zu erheblichen positiven Beschäfti-gungseffekten geführt hat und sich sog. first mover-Vorteile eingestellt haben, die sich in einer interna-tional leistungsfähigen, exportstarken Branche inSchlüsselbereichen der erneuerbaren Energien aus-drücken.

Für die Zukunft ist weiter mit einer deutlichen Be-schäftigungszunahme zu rechnen, allerdings kanndies speziell in Bezug auf die Nettobeschäftigungnicht als Selbstläufer angesehen werden. Den positi-ven Impulsen aus Investitionen in Anlagen zur Nutzungerneuerbarer Energien und dem Betrieb von Anlagenwirken Substitutionseffekte, vor allem aber der Budget-effekt aus den Differenzkosten der erneuerbaren Ener-gien gegenüber konventionellen Formen der Energiebe-reitstellung entgegen. Diese kompensierende Wirkungwird so lange auftreten bis erneuerbare Energien in derBreite die Wettbewerbsfähigkeit erreichen. Dann aller-dings zahlen sich die Vorleistungen in die Anschub-finanzierung erneuerbarer Energien auch in Bezug aufBeschäftigung langfristig aus. Besonderes Augenmerkist deshalb auf die Übergangsphase zu richten, dieje nach Entwicklung der Kostenrelation zwischendem Mix der erneuerbaren Energien und den nichterneuerbaren Energien noch 15 bis 20 Jahre andau-ern dürfte. Dazu ist im Basisfall eine eher moderatePreisentwicklung fossiler Energieträger angenommenworden. Sensitivitätsrechnungen zeigen die starkeAbhängigkeit der Ergebnisse von dieser Größe. Aberauch die Ausbaudynamik der erneuerbaren Energienmuss sowohl bei marktnahen (oder bereits wirtschaft-lichen) wie bei marktferneren Technologien aufrecht-erhalten werden, um deren Kostensenkungspotenzialeweiter zu mobilisieren.

Für Deutschland kann anhand der beschriebenen Sze-narien davon ausgegangen werden, dass sich die Diffe-renzkosten für den weiteren Ausbau der erneuerbarenEnergien in allen Bereichen (Strom, Wärme, Kraftstoffe)zwar nicht in spezifischen, wohl aber in absolutenBeträgen noch für etwa 10 Jahre auf maximal5 Mrd.e2000/a erhöhen werden, danach aber trotzweiteren Mengenwachstums rasch gegen Null gehen undje nach Energiepreisszenario zwischen 2018 und 2028negativ werden. Die bis dahin noch resultierende

beschäftigungsdämpfende Wirkung kann aber durcheine erhöhte Auslandsnachfrage nach Produkten undDienstleistungen aus diesem Technologiebereichaus Deutschland kompensiert bzw. überkompensiertwerden. Ist dies der Fall, besteht z.B. auch ein arbeits-marktpolitisches Interesse, in Deutschland den Ausbaunoch relativ teurer Technologien wie der Photovoltaikvoranzutreiben. Die Entwicklung der Auslandsmärktespielt außerdem für das Geschehen in Deutschland einewichtige Rolle, denn die im Zeitablauf erreichbarenKostenreduktionen (Lernkurven) der erneuerbaren Ener-gien hängen zunehmend vom Weltmarkt ab.

Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung zeigen,dass für die mittelständisch geprägte Branche dererneuerbaren Energien der Standort Deutschland alsbesonders attraktiv gilt und für die nächsten Jahremit einem deutlichen Zubau der Beschäftigung zurechnen ist. Gleichzeitig werden sich die Unternehmenstärker im Export engagieren. Politisch sollte die günstigeAusgangslage genutzt und stabilisiert werden. Dies kanneinerseits dadurch gelingen, dass verlässliche Rahmen-bedingungen, wie sie z.B. das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für den Strommarkt bietet, auch für denKraftstoff- und im Wärmemarkt ausgestaltet werdenund bestehende Hemmnisse weiter abgebaut werden.Weil der deutsche Markt für ausländische Anbieteroffen ist, ist dies zwar notwendig aber noch nicht hin-reichend dafür, dass damit auch ein äquivalenter Auf-wuchs von Beschäftigung im Inland verbunden ist.Importe von Anlagen und Komponenten zur Nutzungerneuerbarer Energien lassen sich vor allem dadurchbegrenzen, dass die technologische Wettbewerbsfähig-keit in Deutschland erhalten bleibt. Eine wesentlicheVoraussetzung dafür ist, das gegenwärtige Niveau derprivaten und der öffentlichen Förderung von Forschungund Entwicklung in jedem Fall aufrechtzuerhalten. Diesgilt besonders für Technologiebereiche, die zukünf-tig auf internationalen Märkten von großer Bedeu-tung sein werden. Beispiele hierfür sind die Erschlie-ßung der Windpotenziale auf dem Meer, solarthermi-sche Technologien für einstrahlungsreiche Länder wiesolare Prozesswärme oder solarthermische Kraftwerkesowie komplexe und effiziente Verfahren der Biomasse-konversion wie etwa neue Verfahren zur Synthetisierungvon Kraftstoffen usw. Gleichzeitig ist aber auch ein klaresBekenntnis der Unternehmen zum Standort Deutsch-land zu fordern, da Entscheidungen über Standortverla-gerungen oder Wertschöpfungsanteile schlussendlichdort getroffen werden.

Mindestens ebenso wichtig ist es, dass auf internatio-naler Ebene die Rahmenbedingungen für die Nut-zung erneuerbarer Energien verbessert werden.Dazu zählen Initiativen wie das Internationale Aktions-

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programm, das anlässlich der Konferenz für erneuerbareEnergien „renewables2004“ in Bonn vereinbart wurdeund knapp 200 substanzielle Aktionen umfasst, sowiedas neu gegründete internationale Politiknetzwerk„Renewable Energy Network – REN 21“. Darüber hinaussind bilaterale Vereinbarungen oder Kooperationen imRahmen der Entwicklungszusammenarbeit zu nennen.Die bei der Deutschen Energie-Agentur angesiedelteExportinitiative kann und sollte auch weiterhin gerademittelständischen Unternehmen wichtige Hilfen bei derMarkterschließung im Ausland geben.

Der europäischen Dimension kommt im Bereich dererneuerbaren Energien besondere Bedeutung zu, denndie im Rahmen der Untersuchung durchgeführte Unter-nehmensbefragung zeigt, dass Europa für die deutschenHersteller derzeit insgesamt der wichtigste Absatzmarktist. Dies wird auch mittelfristig so bleiben. Seitens derEuropäischen Kommission und des Parlamentes wurdenin der Vergangenheit eine ganze Reihe von Zielen fürden Ausbau erneuerbarer Energien formuliert. Beispiel-haft ist dafür das schon 1997 gefasste Ziel, den Beitragder erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2010 auf 12%zu verdoppeln. Das Europäische Parlament fordert seitlängerem, den Anteil bis 2020 auf mindestens 20% zusteigern und erachtet in seinen jüngsten Beschlüsseninzwischen auch 25% als möglich. Mit einer ganzenReihe von Maßnahmen sind die Ziele bisher unterlegtworden. Zu nennen ist beispielsweise die EU-Richtliniezur Förderung erneuerbarer Energien im Strommarkt ausdem Jahr 2001, mit der indikative Ziele für die Mitglieds-staaten festgelegt wurden. Danach soll der Anteil erneu-erbarer Energien an der Stromversorgung von 14% imJahr 1997 auf 22% im Jahr 2010 steigen (EU-15: 22%,EU-25: 21%). Ein anderes Beispiel ist eine Richtlinie ausdem Jahr 2003, wonach regenerative Kraftstoffe bis2010 einen Anteil von 5,75% erreichen sollen. Flankiertwird dies durch eine Reihe von Maßnahmen wie demBiomasse-Aktionsplan aus dem Jahr 2005 oder der wei-teren Förderung von Forschung und Entwicklung.

All dies hat zweifellos zu Erfolgen geführt. Dennoch lässtsich absehen, dass die meisten Ziele auf europäischerEbene nicht rechtzeitig erreicht werden dürften. Als einhemmendes Element wirkt sich insbesondere aus, dassdie Entwicklung in den einzelnen Mitgliedsstaaten sehrunterschiedlich verläuft und sich die erforderliche Aus-baudynamik auf wenige Länder beschränkt. Die anste-hende EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands in derEuropäischen Union im ersten Halbjahr 2007 solltedeshalb dazu genutzt werden, zu verbindlichen undlängerfristigen europäischen Ausbauzielen zu gelan-gen, den Prozess insgesamt zu verstetigen und alleLänder in diesen Prozess einzubeziehen.

Obwohl die vorliegende Untersuchung tragfähige Ergeb-nisse als Grundlage für strategische Entscheidungen lie-fert, besteht weiterhin Forschungsbedarf. In einigenBereichen konnte lediglich ein Einstieg in eine komplexeMaterie geschaffen werden. Ansatzpunkte für weiterfüh-

rende Arbeiten bestehen sowohl methodisch als auchinhaltlich. Zwar ist die Bilanzierung der Bruttobeschäfti-gungseffekte durch die Nutzung erneuerbarer Energienmittels der amtlichen Input-Output-Tabellen möglich,sie nimmt dabei jedoch derzeit zwangsläufig Bezug aufdie gegenwärtige Verflechtung der Wirtschaftssektoren.Für längerfristige Projektionen ist es deshalb sinnvoll,diese Verflechtungen nicht statisch anzunehmen, son-dern an sich bereits abzeichnende Trends anzupassenund mögliche Strukturänderungen zu untersuchen, bei-spielsweise in Bezug auf Veränderungen auf Vorleistungs-bezüge aus dem Ausland. In die gleiche Richtung soll-ten Ansätze zur Bilanzierung der Nettobeschäftigungs-effekte gehen, indem nationale Modellsysteme stärkeran internationale Modellsysteme angebunden werden,damit die Exportchancen deutscher Unternehmen bes-ser analysiert werden können. Dazu zählt auch einegezieltere Identifizierung von besonders exportträch-tigen Komponenten und Systemen, woraus sich letzt-lich auch Anforderungen für weitere Forschungs-und Entwicklungsmaßnahmen ableiten lassen. Hin-weise darauf ließen sich auch aus Analysen der Welt-handelsanteile für erneuerbare Energien ableiten, diebereits für Güter des Umweltschutzes durchgeführt wur-den, für erneuerbare Energien aber erst in Ansätzenmöglich sind.

Neben der Verbesserung der methodischen Grundlagenbietet die Untersuchung eine Reihe von Ansatzpunktenzur weiteren Verbesserung der Datenbasis und zu vertie-fenden Analysen. Weil die Datengrundlage speziell imBereich der Bioenergieträger als relativ unsicher einzu-ordnen ist, wurden konservative Annahmen zu derenmonetärem Wert und damit zu den Beschäftigungswir-kungen getroffen. Eine Aufarbeitung dieses für die erneu-erbaren Energien in Deutschland wichtigen Bereichs istdaher sinnvoll. Dies schließt auch die Wertschöpfungs-strukturen bei Biokraftstoffen ein. Darüber hinauswurden die Beschäftigungswirkungen in einigenBereichen vernachlässigt, deren Durchdringung imRahmen der Untersuchung nicht möglich war. Dazugehören die Beschäftigten in Forschungseinrichtungenund der öffentlichen Verwaltung, in erster Linie jedochdie Beschäftigten, die dem Aufbau neuer Produktions-anlagen zur Herstellung von Systemen zur Nutzungerneuerbarer Energien zuzurechnen sind. DieserEffekt ist speziell in Phasen der Kapazitätserweiterun-gen, wie sie gegenwärtig national und internationalstattfinden, nicht unerheblich.

Aus energiepolitischem Interesse wird auch die Fragenach der bisherigen bzw. heutigen Wirkung einesInstruments (hier also vor allem des EEG) auf den Netto-beschäftigungseffekt gestellt. Zur formal korrektenBehandlung dieser Frage wäre die Betrachtung einerfiktiven „Referenzentwicklung“ z.B. ab 1990 ohne EEGund ohne andere Förderinstrumente für erneuerbareEnergien erforderlich, die dann der bis 2004 erfolgtentatsächlichen Entwicklung gegenübergestellt würde. Auch

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hier handelt es sich also um eine Differenzbetrachtungzwischen zwei unterschiedlichen Entwicklungspfaden,wobei der eine Pfad rein hypothetischen Charakter hatund zu seiner Entwicklung eine Reihe von Annahmengetroffen werden müssen. Wie hätten sich andere Förder-programme entwickelt, die bereits früher erneuerbareEnergien förderten? Wie hätte die Entwicklung im Aus-land die Exporte beeinflusst? Welche Energieträger oderEinsparungen hätten die Lücken geschlossen? Ab welchemJahr wäre die Förderung eingestellt worden? Die Klä-rung dieser Fragen wäre zur Analyse des Beschäftigungs-effekts erneuerbarer Energien „überhaupt“ geboten.

Dieser aufwändige Weg, der die Gefahr willkürlicherund nicht durch eine tatsächliche Entwicklung in derVergangenheit zu verifizierender Annahmen birgt, isthier nicht gewählt worden. Die bis heute entstandenenWirkungen des Ausbaus erneuerbarer Energien wurdenvielmehr näherungsweise indirekt aus den zukünftig sichentwickelnden Unterschieden von Investitionsvolumina,Differenzkosten und Energiemengen zwischen den beidenSzenarien und aus der für das Jahr 2004 ermitteltenBruttobeschäftigung abgeschätzt. Unschärfen entstehendurch die gegenüber der Vergangenheit abweichendenArbeitsproduktivitäten, die unterschiedlichen anlegbarenEnergiepreise und die anderen Exportrelationen. UnterBerücksichtigung dieser Einflüsse lässt sich für dasBezugsjahr 2004 mit einer Bruttobeschäftigung von157.000 eine positive Nettobeschäftigung zwischen35.000 und 40.000 Erwerbstätigen ableiten. Diese istzu gut 70% auf die Wirkung des EEG zurückzuführen,die restlichen 30% verteilen sich zu etwa gleichenTeilen auf den Wärmemarkt (Marktanreizprogramm)und den Kraftstoffsektor (Steuerbefreiung).

Empfohlen wird weiterhin die vertiefte Betrachtungregionaler Beschäftigungswirkungen, speziell in denneuen Bundesländern. Bereits jetzt zeichnet sich ab,dass die mit der Herstellung von Anlagen zur Nutzungerneuerbarer Energien befassten Unternehmen in denneuen Bundesländern nahezu 80% ihrer Vorleistungenaus anderen Regionen Deutschlands beziehen. Dies hatzum Teil seine Ursache darin, dass Werke in neuenBundesländern in enger unternehmerischer Verbindungmit „Mutterunternehmen“ im Westen stehen, wie esbeispielsweise in der Windbranche der Fall ist. Zumanderen scheint die Ursache jedoch darin zu liegen,dass Unternehmen in den westlichen Regionen auf längeretablierte Vorlieferungskontakte zurückblicken könnenoder sich in kleinräumigen Regionen Cluster herausge-bildet haben. Ob eine spezielle Förderung solcher Vernet-zungen langfristig auch dazu beiträgt, dass ein größererTeil der Wertschöpfung in der Region Ost entsteht, müssteauf der Grundlage einer breiteren Datenbasis geklärtwerden. In sofern leitet dies über in Themen der Struk-turpolitik. Damit zusammen hängt die Analyse vonStandortfaktoren für Unternehmen, die perspekti-visch auch im Zusammenhang mit der Vermeidungmöglicher Produktionsverlagerungen ins Ausland zu

sehen sind. Beides wiederum ist Teil der Frage, wiesich sog. Lead Märkte im Bereich der erneuerbarenEnergien entwickeln und gesichert werden können.

Die Entwicklungsdynamik der erneuerbaren Energienlegt es nahe, diesen Prozess im Besonderen auchunter dem Gesichtspunkt der Beschäftigungswir-kungen zu beobachten und regelmäßig Befragun-gen durchzuführen. Die positiven Erfahrungen ausder durchgeführten Unternehmensbefragung lassenerwarten, dass die Unternehmen bereit sind, die dazuerforderlichen Monitoringmaßnahmen zu unterstützen,damit im Zusammenwirken von Staat und WirtschaftFehlentwicklungen gegengesteuert wird und positiveTrends gezielt gestärkt werden.

Eine immer größer werdende Anzahl von Studien bestätigt,dass zur Lösung bzw. Milderung der Probleme der Energie-versorgung in Bezug auf den Umwelt- und Klimaschutz,die Reduzierung von Importabhängigkeiten, die Ver-meidung von Konflikten um fossile Ressourcen usw. einwesentlicher Beitrag erneuerbarer Energien unerlässlichsein wird. Insofern ist ihre Bedeutung unbestritten.Bedenken werden jedoch hinsichtlich der erforderlichenfinanziellen Aufwendungen in der Aufbauphase und derdaraus resultierenden Belastungen für einige Wirtschafts-bereiche geäußert. Dem liegt zumeist eine kurzfristigenationale oder einzelwirtschaftliche Sicht oder dieAnnahme dauerhaft niedriger Energiepreise zugrunde,die immer weniger aufrecht zu erhalten ist. So deutlichwie seit langem nicht mehr haben die jüngeren Entwick-lungen an den Weltenergiemärkten jedoch gezeigt, dasslangfristige internationale Lösungsansätze geboten sind.

Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass der mit einemkontinuierlichen Ausbau der erneuerbaren Energien ver-bundene Strukturwandel in der Energieversorgung inDeutschland auf mittlere und erst recht längere Sicht zubeachtlichen gesamtwirtschaftlichen Vorteilen führenkann: denn die Nutzung erneuerbarer Energien wirktauf Dauer preisstabilisierend, da sie überwiegend vonTechnologieentwicklungen und nicht von knapper wer-denden Rohstoffen abhängt. Ihr Ausbau ist in sofernauch ein wichtiger Bestandteil einer Zukunftsstrategie,die auf mehr Ausbildung, Forschung und Technologi-eentwicklung setzt. Gleichzeitig können erneuerbareEnergien zum Erreichen von struktur- und regionalpoli-tischen Zielen beitragen. Vor allem aber zeigt die Stu-die, dass die mit dem Ausbau erneuerbarer Energienverbundenen Beschäftigungsperspektiven günstig sind.Dies gilt insbesondere für den Außenhandel. Obwohlsich die Erfolge nicht von selbst einstellen werden undviele Fragen noch offen sind, können die Voraussetzun-gen als sehr gut angesehen werden, dass deutscheUnternehmen vom internationalen Wachstumsmarkterneuerbarer Energien in erheblichem Umfang profitie-ren und damit auch „unter dem Strich“ in beträchtli-chem Umfang Arbeitsplätze in Deutschland sichern undneu schaffen.

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Kontakt:Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)Referat Öffentlichkeitsarbeit11055 BerlinFax: (01888) 3 05 - 20 44Internet: www.bmu.deE-Mail: [email protected]

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“Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen ...”

Grundgesetz, Artikel 20 A