eos finanzpanel: mittelstandsfinanzierung unter der lupe

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PRAXIS › Artikel 388 ZfCM | Controlling & Management | 49. Jg. 2005, H.6 B asel II wirft lange Schatten voraus: Obwohl die neuen Richtlinien zur Eigenkapitalhinterlegung für Ban- ken erst zu Beginn des Jahres 2007 in Kraft treten, sind sie insbesondere für den deutschen Mittelstand mit seiner durch- schnittlich geringeren Eigenkapitalquote schon jetzt zu spüren. Der Zugang zu klassischen Finanzmitteln ist für die Un- ternehmen schwieriger geworden, da Kre- ditinstitute nach den neuen Richtlinien zukünftig mehr Eigenkapital für risikobe- haftete Kredite hinterlegen müssen 1 und ihre Kreditvergabe damit weniger großzü- gig als in den vergangenen Jahren ausfällt. Hinzu kommen die anhaltend hohen Insolvenzzahlen mit Forderungsausfällen als Konsequenz und die allgemein schlech- te Zahlungsmoral. So beklagten in der Frühjahrsumfrage des Bundesverbandes der Deutschen Inkasso-Unternehmen (BDIU) 44 Prozent der Unternehmen eine Verschlechterung der Zahlungsmoral ihrer Schuldner in den vergangenen sechs Mo- naten. Vor diesem Hintergrund suchen viele Unternehmen nach neuen Finanzie- rungsalternativen. 2 Doch welche Finanzierungswege gehen deutsche Mittelständler heute? Nutzen sie alternative Finanzierungsmöglichkeiten wie das Factoring oder hat nach wie vor der klassische Bankkredit erste Priorität? Nach welchen Einflussfaktoren richten sich die unternehmerischen Finanzierungs- entscheidungen? Und lassen sich insgesamt Trends erkennen? Um diese Fragen zu beantworten, haben die EOS Gruppe und der Lehrstuhl für Fi- nanzdienstleistungen der Heinrich-Heine- Universität Düsseldorf eine langfristig angelegte Studie – das EOS Finanzpanel – ins Leben gerufen. Die regelmäßige Un- tersuchung hat das Ziel, aussichtsreiche Finanzierungstrends und -alternativen frühzeitig zu erkennen und auf dieser Basis Unternehmen fundierte Entschei- dungen bei Finanzierungsfragen zu er- möglichen. Das EOS Finanzpanel umfasst aktuell über 140 Teilnehmer, vorrangig aus den Branchengruppen Baugewerbe, Produ- zierendes Gewerbe und Dienstleistungen. Bei der zweiten Erhebung im März 2005 haben insgesamt 65 mittelständische Un- ternehmen geantwortet. Mit 33,8 Prozent ist die Branche „Handel, Gastgewerbe und Verkehr“ am häufigsten vertreten. Es folgen „Produ- zierendes Gewerbe“ (32,3 Prozent), „Bau- gewerbe“ und „Öffentliche und private Dienstleister“ mit jeweils 12,3 Prozent, sowie „Finanzierung, Vermietung und Un- ternehmensdienstleister“ mit 6,1 Prozent. Für die Auswertungen wurden die Segmen- te „Handel, Gastgewerbe und Verkehr“, „Öffentliche und private Dienstleister“ so- wie „Finanzierung, Vermietung und Unter- nehmensdienstleistungen“ zu einem Sek- tor „Dienstleistungen“ zusammengefasst. Die Unternehmensgröße wurde mit Hilfe fünf wählbarer Umsatzkategorien bestimmt: „unter fünf Millionen Euro“ EOS Finanzpanel: Mittelstands- finanzierung unter der Lupe Hans-Werner Scherer Hans-Werner Scherer, 51, ist Vorsitzender der Geschäfts- führung der Hamburger EOS Gruppe. Der Unternehmensverbund ist einer der führenden europäischen Financial-Services-Anbieter. (15,4 %), „fünf bis 25 Millionen Euro“ (46,1 %), „26 bis 50 Millionen Euro“ (15,4 %), „51 bis 150 Millionen Euro“ (16,9 %) sowie „151 Millionen Euro und mehr“ (3,1 %). Die meisten der befragten Unter- nehmen (24,6 %) verfügen über eine Eigenkapitalquote zwischen 11 und 20 Prozent. 23,1 Prozent der Mittelständler liegen im Bereich von unter zehn Prozent. Damit ist das Panel im Vergleich zu den mittelständischen Unternehmen in Deutschland bezüglich der Eigenkapital- ausstattung repräsentativ. Die Ergebnisse der Befragung im Überblick Auch in der zweiten Befragung des EOS Finanzpanels wird deutlich: Traditionel- le Finanzierungswege liegen bei den Mit- telständlern weiterhin vorn. 47,7 Prozent der Befragten nutzen kurzfristige Bank- kredite besonders intensiv. Gewinnthe- saurierung mit 44,6 Prozent und langfris- tige Bankkredite mit 33,8 Prozent folgen auf den Plätzen zwei und drei (siehe Ab- bildung 1). Während sich im Vergleich zum No- vember 2004 die stärkere beziehungsweise starke Nutzung von Lieferantenkrediten kaum verändert hat, halbierte sich die intensivere Nutzung des Leasings. Ver- mutlich flossen bilanzpolitische Motive in die erste Erhebung 2004 ein und er- klären die deutliche Reduzierung. KG EOS Holding GmbH & Co Steindamm 71, 20099 Hamburg Telefon: +49(0)40/25 32 86 57 Fax: +49(0)40/25 32 86 58 E-Mail: [email protected]

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PRAXIS › Artikel

388 ZfCM | Controlling & Management | 49. Jg. 2005, H.6

Basel II wirft lange Schatten voraus:Obwohl die neuen Richtlinien zurEigenkapitalhinterlegung für Ban-

ken erst zu Beginn des Jahres 2007 inKraft treten, sind sie insbesondere für dendeutschen Mittelstand mit seiner durch-schnittlich geringeren Eigenkapitalquoteschon jetzt zu spüren. Der Zugang zuklassischen Finanzmitteln ist für die Un-ternehmen schwieriger geworden, da Kre-ditinstitute nach den neuen Richtlinienzukünftig mehr Eigenkapital für risikobe-haftete Kredite hinterlegen müssen1 undihre Kreditvergabe damit weniger großzü-gig als in den vergangenen Jahren ausfällt.

Hinzu kommen die anhaltend hohenInsolvenzzahlen mit Forderungsausfällenals Konsequenz und die allgemein schlech-te Zahlungsmoral. So beklagten in derFrühjahrsumfrage des Bundesverbandesder Deutschen Inkasso-Unternehmen(BDIU) 44 Prozent der Unternehmen eineVerschlechterung der Zahlungsmoral ihrerSchuldner in den vergangenen sechs Mo-naten. Vor diesem Hintergrund suchenviele Unternehmen nach neuen Finanzie-rungsalternativen.2

Doch welche Finanzierungswege gehendeutsche Mittelständler heute? Nutzensie alternative Finanzierungsmöglichkeitenwie das Factoring oder hat nach wie vorder klassische Bankkredit erste Priorität?Nach welchen Einflussfaktoren richtensich die unternehmerischen Finanzierungs-entscheidungen? Und lassen sich insgesamtTrends erkennen?

Um diese Fragen zu beantworten, habendie EOS Gruppe und der Lehrstuhl für Fi-nanzdienstleistungen der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf eine langfristigangelegte Studie – das EOS Finanzpanel– ins Leben gerufen. Die regelmäßige Un-tersuchung hat das Ziel, aussichtsreicheFinanzierungstrends und -alternativenfrühzeitig zu erkennen und auf dieser Basis Unternehmen fundierte Entschei-dungen bei Finanzierungsfragen zu er-möglichen.

Das EOS Finanzpanel umfasst aktuellüber 140 Teilnehmer, vorrangig aus denBranchengruppen Baugewerbe, Produ-zierendes Gewerbe und Dienstleistungen.Bei der zweiten Erhebung im März 2005haben insgesamt 65 mittelständische Un-ternehmen geantwortet.

Mit 33,8 Prozent ist die Branche„Handel, Gastgewerbe und Verkehr“ amhäufigsten vertreten. Es folgen „Produ-zierendes Gewerbe“ (32,3 Prozent), „Bau-gewerbe“ und „Öffentliche und privateDienstleister“ mit jeweils 12,3 Prozent,sowie „Finanzierung, Vermietung und Un-ternehmensdienstleister“ mit 6,1 Prozent.Für die Auswertungen wurden die Segmen-te „Handel, Gastgewerbe und Verkehr“,„Öffentliche und private Dienstleister“ so-wie „Finanzierung, Vermietung und Unter-nehmensdienstleistungen“ zu einem Sek-tor „Dienstleistungen“ zusammengefasst.

Die Unternehmensgröße wurde mitHilfe fünf wählbarer Umsatzkategorienbestimmt: „unter fünf Millionen Euro“

EOS Finanzpanel: Mittelstands-finanzierung unter der LupeHans-Werner Scherer

Hans-Werner Scherer, 51,ist Vorsitzender der Geschäfts-führung der Hamburger EOS Gruppe.Der Unternehmensverbund ist einer der führenden europäischen Financial-Services-Anbieter.

(15,4 %), „fünf bis 25 Millionen Euro“(46,1 %), „26 bis 50 Millionen Euro“(15,4 %), „51 bis 150 Millionen Euro“(16,9 %) sowie „151 Millionen Euro undmehr“ (3,1 %).

Die meisten der befragten Unter-nehmen (24,6 %) verfügen über eineEigenkapitalquote zwischen 11 und 20Prozent. 23,1 Prozent der Mittelständlerliegen im Bereich von unter zehn Prozent.Damit ist das Panel im Vergleich zu den mittelständischen Unternehmen inDeutschland bezüglich der Eigenkapital-ausstattung repräsentativ.

Die Ergebnisse derBefragung im Überblick

Auch in der zweiten Befragung des EOSFinanzpanels wird deutlich: Traditionel-le Finanzierungswege liegen bei den Mit-telständlern weiterhin vorn. 47,7 Prozentder Befragten nutzen kurzfristige Bank-kredite besonders intensiv. Gewinnthe-saurierung mit 44,6 Prozent und langfris-tige Bankkredite mit 33,8 Prozent folgenauf den Plätzen zwei und drei (siehe Ab-bildung 1).

Während sich im Vergleich zum No-vember 2004 die stärkere beziehungsweisestarke Nutzung von Lieferantenkreditenkaum verändert hat, halbierte sich die intensivere Nutzung des Leasings. Ver-mutlich flossen bilanzpolitische Motivein die erste Erhebung 2004 ein und er-klären die deutliche Reduzierung.

KG EOS Holding GmbH & CoSteindamm 71, 20099 HamburgTelefon: +49(0)40/25 32 86 57Fax: +49(0)40/25 32 86 58E-Mail: [email protected]

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riablen möglichst breit gefasst. Dass dieabgefragten Einflussfaktoren tatsächlichEinfluss auf das Finanzierungsverhal-ten haben, wurde mit der Erhebung im November 2004 überprüft und nachge-wiesen. Da sich die Struktur der Antwor-ten kaum verändert hat, wird dieser Zu-sammenhang auch für die vorliegendeAnalyse angenommen.

Die Antworten entsprechen in denGrundzügen denen aus dem November

2004. Aggregiert man die Kategorien„stärkerer Einfluss“ und „starker Ein-fluss“, ergeben sich folgende Ergebnisse:Mehr als die Hälfte (52,3 %) der Mittel-ständler sieht die Liquiditätssicherungganz vorn (siehe Abbildung 2).

Auch Flexibilität (38,4 %) sowie Kre-ditvergabebereitschaft und -konditionender Hausbank (36,9 %) haben hohen Ein-fluss auf Finanzentscheidungen. In fehlen-den praktikablen Alternativen sehen hin-gegen nur 26,1 Prozent der befragten Un-ternehmen einen wichtigen Einflussfaktor.

Die Liquiditätssicherung ist somitweiterhin der dominierende Parameterbei der Finanzierungsentscheidung undhat seit November 2004 an Bedeutunggewonnen. Ausnahmen sind die Parame-ter Branchenkonjunktur und Bilanzwir-kungen. Im November 2004 bescheinig-ten 24,7 Prozent der Mittelständler derBilanzwirkung einen stärkeren bezie-hungsweise starken Einfluss, im März2005 waren es hingegen nur noch 16,9Prozent. Obwohl die Veränderung beinäherer statistischer Betrachtung nichtsignifikant ist, wird es interessant sein,diesen Parameter bei weiteren Panelaus-wertungen zu beobachten. Ein möglicherErklärungsansatz: Gegen Ende des Ka-lenderjahres sind bilanzielle Auswirkungenvon Finanzentscheidungen bedeutender,da vermutlich bei der Mehrzahl der Mit-telständler Geschäftsjahr und Kalender-jahr übereinstimmen.

49. Jg. 2005, H.6 | Controlling & Management | ZfCM 389

Außer Asset-backed Securities nutztenin den vergangenen vier Monaten die befragten Unternehmen jede der abge-fragten Finanzierungsformen mindes-tens ein Mal. In der zusätzlichen Rubrik„sonstige Finanzierungsinstrumente“nannten die Mittelständler überwiegendLohnverzicht und Gesellschafter- bezie-hungsweise Familiendarlehen.

Liquiditätssicherung hat nach wie vor oberste Priorität

Neben der Nutzung von Finanzierungs-wegen wurden im Rahmen des EOS Fi-nanzpanels auch Einflussfaktoren auf Fi-nanzierungsentscheidungen abgefragt. Inder Regel können diese in drei Bereichegegliedert werden: die Eigenschaften desEntscheiders (zum Beispiel Ziele, Kontroll-bedürfnis, Risikoeinstellung), externeFaktoren und Unternehmensmerkmale.Im Panel wird nur auf die beiden letzt- genannten Bereiche Bezug genommen dadie Eigenschaften des Entscheiders ledig-lich durch eine sehr aufwendige Einzel-fallanalyse zu untersuchen wären.

Bei den verbleibenden untersuchtenEinflussfaktoren wurden unternehmens-endogene und unternehmensexogene Va-

Abbildung 1: Nutzung der Finanzierungswege

(Abfrage auf einer Skala von 0 = „keine Nutzung” bis 4 = „starke Nutzung“)

Abbildung 2: Bedeutung der Einflussfaktoren

(Abfrage auf einer Skala von 0 = „kein Einfluss” bis 4 = „starker Einfluss”)

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Interessant ist somit die Frage: Gibt eszwischen der Bedeutung des Einflussfak-tors Bilanzwirkungen und der Nutzungs-intensität des Leasings einen statistischenZusammenhang? Im Vergleich mit denErgebnissen aus dem November 2004 ergibt sich ein statistisch annähernd sig-nifikanter Zusammenhang. Eine mögli-che Schlussfolgerung: Mittelständler, diegroßen Wert auf die bilanziellen Auswir-kungen ihrer Finanzierungsentscheidun-gen legen, nutzten im November das Lea-sing besonders intensiv – die im März2005 verbliebenen Leasingnutzer folgenhingegen anderen Motiven. Es bleibt ab-zuwarten, wie sich dieser Zusammen-hang im weiteren Zeitablauf entwickelt,da zwei Befragungen hier lediglich einge-schränkte Interpretationsmöglichkeitengewähren.

Einflussfaktoren korrelieren miteinander

Insgesamt ist festzustellen, dass die Ein-flussfaktoren nicht unabhängig vonein-ander sind. Mit Hilfe statistischer Verfah-ren lassen sich die Faktoren auf drei über-geordnete Gruppen verdichten. Die ersteund gleichzeitig bedeutendste Gruppevereinigt die Variablen Unternehmens-wachstum, Unabhängigkeit von externenKapitalgebern, Flexibilität und Bilanz-wirkungen auf sich. Unternehmen betrei-ben Finanzierungsentscheidungen eherunter langfristigen Aspekten und schen-ken vor allem der Einflussnahme Drittererhöhte Aufmerksamkeit. Dieses Verhal-ten deckt sich mit der Bedeutung des sogenannten „Pecking-Order-Verhaltens“bei den Finanzierungsentscheidungen:Mittelständler richten demnach ihre Fi-nanzierungsentscheidungen danach aus,externe Finanzgeber weitestgehend vonInformationen und Mitwirkung am Un-ternehmensgeschick auszuschließen. DieseGruppe wurde daher als „Autonomie-strategie“ betitelt.

Bei der zweiten Gruppe fließen die Va-riablen Finanzierungskosten, Kreditver-gabebereitschaft und -konditionen derHausbank sowie Liquiditätssicherungein. Hier dominieren offenkundig eher

kurzfristige Einflussfaktoren, die mehroder minder mit der schnellen und günstigen Verfügbarkeit von Fremdkapi-tal verbunden sind. Man kann dieseGruppe daher als „Fremdkapitalzugang“bezeichnen.

Die dritte Gruppe besteht allein aus derVariablen „Branchenkonjuktur“, die ver-mutlich bei den betreffenden Unterneh-men die Finanzierungsentscheidungen do-miniert. Ein Blick auf die Branchenstruk-tur macht deutlich, dass die Bedeutungdieser Gruppe in unterschiedlichen Bran-chen unterschiedlich hoch ist: Insbesonde-re beim produzierenden Gewerbe, in derDienstleistungsbranche und im Baugewer-be kommt ihnen eine exponierte Rolle zu.

Mit Blick auf die Beziehungen zwi-schen Finanzierungsentscheidungen undangegebenen Einflussfaktoren ergebensich einige signifikante Zusammenhänge.So ist die oben identifizierte übergeordne-te Gruppe „Fremdkapitalzugang“ positivmit den Finanzierungswegen „öffentlicheMittel“, „langfristige Bankkredite“, „kurz-fristige Bankkredite“ und „Lieferanten-kredite“ korreliert. Zu der „Beteiligungs-finanzierung“ besteht hingegen ein nega-tiver Zusammenhang.

Ein weiteres Ergebnis: Unternehmen,die externes Fremdkapital in Form vonKrediten der Banken, der Lieferantenoder des Staates nutzen, messen bei ihrenFinanzierungsentscheidungen den Para-metern hohe Bedeutung zu, die sich un-mittelbar auf Merkmale dieser Finanzie-rungsformen beziehen, zum Beispiel Kre-ditvergabebereitschaft und -konditionender Hausbank. Somit liegt der Kreditauf-nahme häufig keine strategische, sonderneine operative Perspektive zugrunde. Kei-ne signifikanten Zusammenhänge zu ein-zelnen Finanzierungsinstrumenten konnteman hingegen bei den Gruppen „Auto-nomiestrategie“ und „Branchenkonjunk-tur“ erkennen.

Betrachtet man anstatt der übergeord-neten Gruppen nun die einzelnen Ein-flussfaktoren, ergeben sich folgende sig-nifikant positive Zusammenhänge:• Finanzierungskosten und öffentliche

Mittel• Finanzierungskosten und langfristige

Bankkredite

• Kreditvergabebereitschaft und -kondi-tionen der Hausbank und langfristigeBankkredite

• Kreditvergabebereitschaft und -kondi-tionen der Hausbank und kurzfristigeBankkredite

• Kreditvergabebereitschaft und -kondi-tionen der Hausbank und Lieferanten-kredite

• Fehlende praktikable Alternativen undlangfristige Bankkredite

• Fehlende praktikable Alternativen undkurzfristige Bankkredite

• Fehlende praktikable Alternativen undLieferantenkredite

• Liquiditätssicherung und kurzfristigeBankkredite

• Liquiditätssicherung und Lieferanten-kredite

• Bilanzwirkungen und Beteiligungska-pital

• Bilanzwirkungen und Gewinnthesau-rierung

Mit der Interpretation dieser Korrelatio-nen beziehungsweise Zusammenhängesollte man jedoch vorsichtig sein, da überdie Wirkungsrichtung keine Aussagemöglich ist. Obwohl somit tiefergehendeInterpretationen erst nach weiteren Er-hebungen möglich sind, scheinen der Zugang zur und die Modalitäten derFremdkapitalaufnahme in starkem Zu-sammenhang mit der konkreten Kapital-struktur zu stehen. Strategischer orien-tierte Unternehmen weisen hingegennicht automatisch eine Präferenz für be-stimmte Finanzierungsformen auf. Diesscheint plausibel, da eine strategische Kapitalstruktur gerade auf eine differen-zierte Nutzung von Finanzierungsinstru-menten zielen wird. Geht es um konkreteund operative Bilanzgestaltung, gewinntdie Stärkung des Eigenkapitals an Bedeu-tung – hier kann man erneut an den obenerläuterten Zusammenhang zwischen Bi-lanzpolitik und Leasing anknüpfen.

Detailanalyse nach Eigenkapitalquote

Das Eigenkapital selbst stellt für Unter-nehmen ein langfristiges Finanzierungs-potenzial dar. Dies zeigt die geringe Nut-

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zung von Bank- und Lieferantenkreditensowie Leasing durch eigenkapitalstarkeMittelständler (siehe Abbildung 3).

Je geringer hingegen die Eigenkapital-quote der Befragten, desto häufiger werdenBank- und Lieferantenkredite in Anspruchgenommen – ein ähnliches Bild zu den Ergebnissen aus dem November 2004.

Erneut kaum genutzt ist der Leverage-Effekt. Danach können erfolgreiche Un-ternehmen durch den Einsatz von Fremd-kapital eine positive Wirkung auf dieRentabilität des Eigenkapitals erzielen.Doch diese Möglichkeit wird von deneigenkapitalstarken Unternehmen – wieschon im November 2004 – nicht bzw.kaum genutzt.

Auch im März 2005 finden sich An-klänge der „Pecking-Order-Hypothese“ inder Befragung. Mittelständler präferierensomit die interne Finanzierung gegenüberder Außenfinanzierung. Auch innerhalbder Außenfinanzierung werden Finanzie-rungsalternativen mit erweiterten Informa-tionspflichten bzw. erhöhter Transparenzvermieden. In der aktuellen Befragung istein Pecking-Order-Verhalten vor allem beiden lang- und kurzfristigen Bankkreditenund den Lieferantenkrediten erkennbar.Diese werden vergleichsweise stärker voneigenkapitalschwächeren Unternehmengenutzt. Offenkundig wollen diese Mittel-ständler ihren Kapitalbedarf nicht durcheine Stärkung des Eigenkapitals decken,sondern sich weiterhin fremdfinanzieren.

Auch der Blick auf die Einflussfaktorenlässt Hinweise – wenn auch nicht mehr sodeutlich wie im November 2004 – auf einPecking-Order-Verhalten erkennen. Jehöher der Eigenkapitalanteil, desto höherist tendenziell auch die Bedeutung desEinflussfaktors „Unabhängigkeit von externen Kapitalgebern“. Gleichzeitigverlieren hingegen „Kreditvergabebereit-schaft und -konditionen der Hausbank“an Bedeutung (siehe Abbildung 4).

Die Schlussfolgerung: Eigenkapital-stärkere Unternehmen treten emanzi-pierter gegenüber den Banken auf als eigenkapitalschwächere Mittelständler.So werden die Finanzierungsentschei-dungen eigenkapitalschwacher Unter-nehmen systematisch durch fehlendepraktikable Alternativen geprägt. Zu-

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Diese Aussage wird durch das Ergebnisunterstützt, dass diese Mittelständler nurnachrangig kurzfristige Bankkredite nut-zen. Sie können ihren geringeren Fremd-kapitalbedarf leichter langfristig deckenund werden Kreditlinien nur in akutenLiquiditätsengpässen nutzen.

Anmerkungen1 Vgl. Grundke/Spörk: Basel II – Struktur und

Auswirkungen auf das Kreditgeschäft in Kien-baum/Börner (Hrsg.), Neue Finanzierungswe-ge für den Mittelstand, Wiesbaden 2003.

2 Vgl. Ahrweiler/Börner: Neue Finanzierungs-wege für den Mittelstand: Ausgangssituation,Notwendigkeit und Instrumente in Kien-baum/Börner (Hrsg.), Neue Finanzierungswe-ge für den Mittelstand, Wiesbaden 2003.

sätzlich wird deutlich: Der AusschlussExterner ist für eigenkapitalstarke Unter-nehmen erneut ein wesentliches Motivfür die Finanzierungsentscheidungen –auf den oben angesprochenen Leverage-Effekt wird gezielt verzichtet.

Zusätzlich ist erkennbar, dass die Li-quiditätssicherung als Einflussfaktor mitzunehmender Eigenkapitalquote tenden-ziell an Bedeutung verliert. Solche Unter-nehmen gehen somit davon aus, Liquidi-tätsengpässe leichter meistern zu können.

Abbildung 3: Finanzierungswege nach Eigenkapitalquoten

(Abfrage auf einer Skala von 0 = „keine Nutzung” bis 4 = „starke Nutzung“)

Abbildung 4: Einflussfaktoren nach Eigenkapitalquoten

(Abfrage auf einer Skala von 0 = „kein Einfluss” bis 4 = „starker Einfluss”)