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LOLA UND DAS BLAUE VOM HIMMEL Georg Kreisler Eine Erinnerung I ch erinnere mich an eine Sil- vesterparty 1941 in Holly- wood bei Friedrich Hollaender. Eigentlich war sie illegal, denn für feindliche Ausländer, als die wir damals in Amerika galten, gab es ein Ausgehverbot nach 20 Uhr. Lilian Harvey, vor kur- zem noch in Deutschland der »blonde Traum« genannt, sah aus wie ein Skelett, dem jeder- zeit die Zähne aus dem Toten- schädel purzeln konnten. Sie war so verzweifelt, daß sie nichts mehr aß. Auch Fritzi Massary war unglaublich alt und häß- lich, nur Marlene Dietrich schwebte wie eine sanfte deut- sche Köchin durch den Raum. Es fehlte an nichts, nur an der Wirklichkeit. Erinnerungen LOLA UND DAS BLAUE VOM HIMMEL LOLA UND DAS BLAUE VOM HIMMEL Georg Kreisler Eine Erinnerung Das 2001 im Verlag Edition Memoria erschienene Kreisler- Lesebuch »Wenn ihr lachen wollt …« mit den wunderschönen teils melancholischen, teils bissigen Texten über Politik, Liebe und Vergänglichkeit wurde von Publikum und Presse sehr positiv aufgenommen: »Die Melodien Kreislers sind auf unzähligen Platten festgehal- ten, den Liedern und der Musik ist der Nachruhm sicher. Erst in der stummen Buchform aber beweisen sich die Texte als das, was sie auch sind: ein bedeutendes lyrisches Werk.« Sebastian Domsch, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15. 2. 2001 »Noch stärker als die Gedichte beeindrucken die 11 Prosa- stücke – Fragmente einer teils realen, teils sprunghaft phanta- stischen Autobiographie, die in einigen Zügen an Elias Canettis berühmte Aufzeichnungen erinnert, doch einen ganz eigenen Ton besitzt – einen vorwiegend makabren … Dies Buch ist ein Lese-Hochgenuß …« Wolfgang Hädecke, Sächsische Zeitung, Dresden, 24/25. 2. 2001 »Gerade in dunklen Zeiten benötigt man so großartige Texte wie die (Kreislers), und daß zahlreche davon Thomas B. Schumann unter dem Titel ›Wenn ihr lachen wollt …‹ heraus- gebracht hat, ist Trost und Freude in Zeiten schwachen Kaba- retts.« Die Presse, Wien, 5./6. 5. 2001 »Bis heute hat der Kabarettist, Komponist, Romancier und Re- gisseur Georg Kreisler seine Memoiren verweigert. Einen Trost bietet dieses sorgsam zusammengestellte Lesebuch. Neben be- kannten Liedern und Prosastücken steht Unveröffentlichtes.« Focus, Nr. 29, 16. 7. 2001 »›Die Fragen stellt der Lehrer, die Antworten sind schwer.‹ Wer neben Chansonzeilen wie dieser und den bekannt poetischen Pointen einen anderen Kreisler kennen lernen will, kann eine 160 Seiten starke Begegnung mit ihm haben. Machen Sie, geneigte Leser, das Buch ›Wenn ihr lachen wollt …‹ zwischen Hera Lind und Stephen King zum Bestseller des Jahres!« Ilja Richter, Badische Zeitung, Freiburg, 8. 11. 2001 G eorg Kreisler ist mißtrauisch gegenüber Memoiren. In sei- nem letzten Buch »Wenn ihr lachen wollt …« (Edition Memoria, 2001) sagt er: »Beim Schreiben meiner Memoiren entdeckte ich, wie schlecht ich mich kannte« – und kommt dann vom Hundertsten ins Tausendste. Vom vorliegenden Buch erklärt er, es beträfe nur eine seiner vielen Erinne- rungen. Das stimmt auch, aber es ist eine gewaltige Erinnerung, ein Ereignis, das in seiner Jugend stattfand und sein Leben bis ins hohe Alter beeinflußte, nämlich der Nazieinmarsch in Österreich im Jahre 1938. Dieser zwang ihn zur Flucht nach Amerika und bewog ihn Jahre später dazu, das Theaterstück »Heute Abend: Lola Blau« zu schreiben. Mit den autobiographischen Geschehnissen in diesem Stück, das hier auch zur Gänze abgedruckt wird, begibt sich Georg Kreisler von seinem kabarettistischen Unterboden auf ein Gebiet, das man politisch-grotesk nennen könnte. Er mischt die Ereignisse des Jahres 1938 in Wien mit denen der 80er Jahre, als man versuchte, ihm seine Urheberschaft an dem Stück streitig zu machen. Halb belustigt, halb zutiefst verletzt, schildert er den Kampf um das Recht auf seine Vergangenheit. Seine Memoiren schreibt er zwar wieder nicht, aber er will sie schreiben dürfen, nicht als Autobiographie, sondern als Kunst- werk, verfremdet und emotional, wie die Lieder der Lola Blau. Im Theaterstück kehrt diese nach ihrer Flucht aus Nazi- österreich zurück, um zu finden, daß sich in bezug auf den verbohrten Antisemitismus nichts geändert hat. Und so ähn- lich ergeht es auch dem Autor des Stücks. Wie so oft, holt die Wirklichkeit die Fiktion ein. Georg Kreisler, Jahrgang 1922, legt hier eine Art von musikali- schem Kriminalroman vor, der gleichzeitig ein Teil seiner Autobiographie ist. Er bekräftigt seine Meinung, daß seine Gesamtautobiographie nicht zu bewerkstelligen ist, da die 30er Jahre zu einem Roman geworden sind, aus dem wir für unsere Gegenwart zu wenig gelernt haben. In Kreislers Welt ist daher auch die Gegenwart nichts als eine Fiktion. Wie immer, regt er zum Nachdenken an. Dies langerwartete Buch erscheint zum 80. Geburtstag des junggebliebenen Klassikers geistreichen Kabaretts voller Witz, Ironie und Sprachartistik am 18. Juli 2002. Georg Kreisler macht sich und uns ein Geschenk damit! Georg Kreisler

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LOLA UND DASBLAUE VOM HIMMEL

Georg Kreisler

Eine Erinnerung

Ich erinnere mich an eine Sil -vesterparty 1941 in Holly -wood bei Friedrich Hollaender.Eigentlich war sie illegal, dennfür feindliche Ausländer, als diewir damals in Amerika galten,gab es ein Ausgehverbot nach20 Uhr. Lilian Harvey, vor kur -zem noch in Deutschland der»blonde Traum« genannt, sahaus wie ein Skelett, dem jeder-zeit die Zähne aus dem Toten -schädel purzeln konnten. Siewar so verzweifelt, daß sie nichtsmehr aß. Auch Fritzi Massarywar unglaublich alt und häß -lich, nur Marlene Dietrichschwebte wie eine sanfte deut-sche Köchin durch den Raum.Es fehlte an nichts, nur an derWirklichkeit.

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LOLA UND DASBLAUE VOM HIMMEL

Georg Kreisler

Eine Erinnerung

Das 2001 im Verlag Edition Memoria erschienene Kreisler-Lese buch »Wenn ihr lachen wollt …« mit den wunderschönenteils melancholischen, teils bissigen Texten über Politik, Liebeund Vergänglichkeit wurde von Publikum und Presse sehrpositiv aufgenommen:

»Die Melodien Kreislers sind auf unzähligen Platten festgehal-ten, den Liedern und der Musik ist der Nachruhm sicher. Erstin der stummen Buchform aber beweisen sich die Texte alsdas, was sie auch sind: ein bedeutendes lyrisches Werk.«Sebastian Domsch, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15. 2. 2001

»Noch stärker als die Gedichte beeindrucken die 11 Prosa -stücke – Fragmente einer teils realen, teils sprunghaft phanta-stischen Auto biographie, die in einigen Zügen an EliasCanettis berühmte Aufzeichnungen erinnert, doch einen ganzeigenen Ton besitzt – einen vorwiegend makabren … DiesBuch ist ein Lese-Hochge nuß …«Wolfgang Hädecke, Sächsische Zeitung, Dresden, 24/25. 2. 2001

»Gerade in dunklen Zeiten benötigt man so großartige Textewie die (Kreislers), und daß zahlreche davon Thomas B.Schumann unter dem Titel ›Wenn ihr lachen wollt …‹ heraus-gebracht hat, ist Trost und Freude in Zeiten schwachen Kaba -retts.« Die Presse, Wien, 5./6. 5. 2001

»Bis heute hat der Kabarettist, Komponist, Romancier und Re -gisseur Georg Kreisler seine Memoiren verweigert. Einen Trostbietet dieses sorgsam zusammengestellte Lesebuch. Neben be -kannten Liedern und Prosastücken steht Unveröffentlichtes.«

Focus, Nr. 29, 16. 7. 2001

»›Die Fragen stellt der Lehrer, die Antworten sind schwer.‹ Werneben Chansonzeilen wie dieser und den bekannt poetischenPointen einen anderen Kreisler kennen lernen will, kann eine 160 Seiten starke Begegnung mit ihm haben. Machen Sie,geneigte Leser, das Buch ›Wenn ihr lachen wollt …‹ zwischenHera Lind und Stephen King zum Bestseller des Jahres!«

Ilja Richter, Badische Zeitung, Freiburg, 8. 11. 2001

Georg Kreisler ist mißtrauisch gegenüber Me moiren. In sei-nem letzten Buch »Wenn ihr lachen wollt …« (Edition

Memoria, 2001) sagt er: »Beim Schreiben meiner Memoirenentdeckte ich, wie schlecht ich mich kannte« – und kommtdann vom Hundert sten ins Tausendste. Vom vorliegendenBuch erklärt er, es beträfe nur e ine seiner vielen Erinne -rungen. Das stimmt auch, aber es ist eine gewaltigeErinnerung, ein Ereignis, das in seiner Jugend stattfand undsein Leben bis ins hohe Alter beeinflußte, nämlich derNazieinmarsch in Österreich im Jahre 1938. Dieser zwang ihnzur Flucht nach Amerika und bewog ihn Jahre später dazu, dasTheaterstück »Heute Abend: Lola Blau« zu schreiben.Mit den autobiographischen Geschehnissen in diesem Stück,das hier auch zur Gänze abgedruckt wird, be gibt sich GeorgKreisler von seinem kaba rettistischen Unterboden auf einGebiet, das man politisch-grotesk nennen könnte. Er mischtdie Ereignisse des Jahres 1938 in Wien mit denen der 80erJahre, als man versuchte, ihm seine Urheber schaft an demStück streitig zu machen. Halb be lustigt, halb zutiefst verletzt,schildert er den Kampf um das Recht auf seine Ver gangenheit.Seine Memoiren schreibt er zwar wieder nicht, aber er will sieschreiben dürfen, nicht als Auto biographie, sondern als Kunst -werk, verfremdet und emotional, wie die Lieder der Lola Blau.Im Theaterstück kehrt diese nach ihrer Flucht aus Nazi -österreich zurück, um zu finden, daß sich in bezug auf denverbohrten Antisemitismus nichts geändert hat. Und so ähn-lich ergeht es auch dem Autor des Stücks. Wie so oft, holt dieWirklichkeit die Fiktion ein. Georg Kreisler, Jahrgang 1922, legt hier eine Art von musikali-schem Kriminalroman vor, der gleichzeitig ein Teil seinerAutobiographie ist. Er bekräftigt seine Meinung, daß seineGesamtautobiographie nicht zu bewerkstelligen ist, da die30er Jahre zu einem Roman geworden sind, aus dem wir fürunsere Gegen wart zu wenig gelernt haben. In Kreislers Welt istdaher auch die Gegenwart nichts als eine Fiktion. Wie immer,regt er zum Nachdenken an.Dies langerwartete Buch erscheint zum 80. Geburtstag desjunggebliebenen Klassikers geistreichen Kabaretts voller Witz,Ironie und Sprachartistik am 18. Juli 2002. Georg Kreislermacht sich und uns ein Ge schenk damit!G

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