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Einf ¨ uhrung in die Zahlentheorie

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Einfuhrung in dieZahlentheorie

Vorlesungen gehalten an der Universit�at W�urzburg

im Sommersemester 2013

Oliver Roth

Lehrstuhl f�ur Funktionentheorie

Institut f�ur Mathematik

Universit�at W�urzburg

97074 W�urzburg

I had the great good fortune to have a high school teacher who had studied number

theory.

Andrew Wiles (hat 1995 die Fermatsche Vermutung bewiesen)

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Inhaltsverzeichnis

0 Prolog 1

1 Primzahlen 3

2 Primzahlverteilung I 9

3 Primzahlverteilung II 15

4 Modulare Arithmetik 19

5 Lineare Konguenzen und die Eulersche Phifunktion 25

6 Primitive Restklassen 31

7 Quadratische Reste 39

8 Primzahltests 47

9 Quadratsummen 51

10 Approximation irrationaler Zahlen 57

11 Die Pellsche Gleichung 63

12 Fermat fur n = 4 67

i

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Vorwort

Das vorliegende Manuskript gibt die wesentlichen Inhalte der Vorlesungen mit dem Titel

Einf�uhrung in die Zahlentheorie (W�urzburg, Sommersemester 2013) in knapper Form wie-

der. Es ist nicht korrekturgelesen und ohne den vorausgegangenen Besuch der Vorlesungen

m�oglicherweise schwer verst�andlich. Die Herausgabe des Manuskripts erfolgt daher etwas

widerstrebend und ohne Anspruch auf Vollst�andigkeit.

Zuverl�assiger und kompetenter als dieses Skriptum sind sicherlich die vielen ausgezeichneten

Lehrb�ucher zur Zahlentheorie. Soweit ich mich erinnern kann, wurden beim Erstellen des

vorliegenden Textes u.a. die folgenden Quellen herangezogen.

� Martin Aigner: Zahlentheorie. 1. Au age, Vieweg + Teubner Verlag, Wiesbaden 2012,

ISBN 978-3-9348-1805-8.

� Peter Bundschuh: Einf�uhrung in die Zahlentheorie. 6. Au age. Springer Verlag, Heidel-

berg 2008, ISBN 978-3-540-76491-5.

� Harold Davenport: The Higher Arithmetic: An Introduction to the Theory of Numbers.

8. Au age. Cambridge University Press, 2011, ISBN 978-0-521-72236-0.

� Harald Scheid: Zahlentheorie. 3. Au age. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

(u. a.) 2003, ISBN 3-8274-1365-6.

An dieser Stelle m�ochte ich mich sehr herzlich bei Sebastian Schlei�inger f�ur das Aufsp�uren

etlicher Ungenauigkeiten bedanken. Vielen Dank an Johannes Stowasser, der mich zu Recht

darauf hingewiesen hat, dass der in der Vorlesung vorgestellte Beweis von Satz 3.6 nicht

�uberzeugend war. Im vorliegenden Skript �ndet sich daher ein modi�zierter Beweis des be-

tre�enden Satzes. Schlie�lich besten Dank an Simon Schn�urch, der mich darauf aufmerksam

machte, dass der in der Vorlesung gegebene Beweis von Satz 11.3 unvollst�andig war, da nicht

gezeigt wurde, dass die Pellsche Gleichung x2� dy2 = 1 f�ur Nichtquadrate d 2 N tats�achlich

unendlich viele L�osung besitzt. Das fehlende Argument �nden Sie in Schritt (iii) im Beweis

von Satz 11.3 auf Seite 65. Damit sollten fast alle Ungenauigkeiten behoben sein : : :.

Dieses Buch wird vielleicht nur der verstehen, der die Gedanken, die darin

ausgedr�uckt sind { oder doch �ahnliche Gedanken { schon selbst einmal gedacht

hat. { Es ist also kein Lehrbuch. { Sein Zweck w�are erreicht, wenn es einem,

der es mit Verst�andnis liest, Vergn�ugen bereitete.

L. Wittgenstein, Tractatus Logico Philosophicus

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x 0

Prolog

Diese Vorlesungen behandeln Aspekte der sog. elementaren Zahlentheorie. Die elementare

Zahlentheorie zeichnet sich dadurch aus, dass sie direkte oder eben elementare Methoden

benutzt. Hierbei bedeutet elementar nicht notwendigerweise einfach, sondern lediglich, dass

auf analytische Methoden (insbesondere der Funktionentheorie) oder tieferliegende algebrai-

sche Methoden verzichtet wird. Das Hauptaugenmerk liegt auf den Primzahlen, insbesondere

deren Verteilung, die wir leider nicht wirklich gut verstehen. Anwendungen der Zahlentheorie

gibt es mittlerweile einige. Diese werden in der Vorlesung nur am Rande behandelt.

Die Vorlesungen sind prinzipiell bereits f�ur Studierende des 2. Fachsemesters geeignet. Sie

sollten neben der Hochschulreife allerdings Interesse und Spa� an und hinreichend Ausdauer

f�ur die Besch�aftigung mit Mathematik mitbringen. Ferner sollten Sie aus der Linearen Algebra

Grundkentnisse �uber Gruppen, Ringe und K�orper, sowie aus der Schule einige Kentnisse

der Analysis z.B. der Logarithmusfunktion, der Berechnung einfacher Grenzwerte sowie der

Integralrechnung besitzen.

Zu Beginn wollen wir kurz das"Schlachtfeld\ eingrenzen:

Definition (Mathematik).

Die Mathematik besch�aftigt sich u.a. mit Figuren und Zahlen. Untersucht man Figuren,

so betreibt man Geometrie; studiert man Zahlen, so betreibt man Zahlentheorie.

Diese Vorlesung besch�aftigt sich nicht mit Figuren. Wir stellen uns auf den Standpunkt:

\Die ganzen Zahlen hat der liebe Gott gemacht"

Leopold Kronecker (1823{1891)

Die Menge der ganzen Zahlen wird mit Z bezeichnet, die der nat�urlichen Zahlen mit N,

d.h. N = f1; 2; 3; : : :g.Man kann (wir tun dies nicht) die Menge der nat�urlichen Zahlen auch mithilfe der Mengen-

lehre konstruieren. Damit lie�e sich das folgende wichtige Wohlordnungsprinzip, welches wir

h�au�g verwenden werden, beweisen.

Prinzip (Wohlordnung der naturlichen Zahlen).

Jede nichtleere Teilmenge A � N hat ein kleinstes Element.

Daneben benutzen wir noch bisweilen, das einfache (deshalb?) n�utzliche:

Prinzip (Schubfachprinzip).

Be�nden sich in n Hosentaschen n + 1 Gegenst�ande, so be�nden sich in mindestens

einer Hosentasche mindestens zwei dieser Gegenst�ande.

1

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x 1

Primzahlen

Definition (Teiler).

Es seien a; b 2 Z mit b 6= 0. Man sagt b teilt a (oder b ist Teiler von a), falls es ein

c 2 Z gibt, derart, dass a = bc. In diesem Fall schreibt man b j a; anderenfalls b - a.

Definition (Primzahl).

Ein nat�urliche Zahl p > 1 hei�t Primzahl, falls 1 und p die einzigen positiven Teiler

von p sind. Die Menge aller Primzahlen wird mit P bezeichnet.

Beispiele.

2; 3; 5; 7; 11; 13; 257885161 � 11 2 P.

Anwendung (”Wer wird Millionar“).

Am 16.11.2012 wurde an die 53{j�ahrige Landwirtin Anke Becker aus Dornum (Ost-

friesland) die folgende 32.000 Euro Frage gerichtet: Wo �ndet man nur eine Primzahl?

(A) zwischen 10 und 20; (B) zwischen 30 und 40;

(C) zwischen 60 und 70; (D) zwischen 90 und 100;

Frau Becker gab (unter Zuhilfenahme von zwei Jokern) die richtige Antwort, drang bis

zur 1.000.000 Euro Frage vor und verabschiedete sich mit den Worten"Au�er Prim-

zahlen kann ich fast alles\.

Bemerkung 1.1.

Es sei 2 � a 2 N und p > 1 sei der kleinste positive Teiler von a (Wohlordnungsprin-

zip!). Dann gilt p 2 P, denn jeder Teiler von p ist auch Teiler von a.

Satz 1.2 (Euklid).

Es gibt unendlich viele Primzahlen.

Der folgende Beweis ist entnommen aus: Euklid, Elemente, Buch IX, x20, ca. 300 v.Chr. Bis

in das 19. Jahrhundert hinein wurde dieses Buch europaweit f�ur den Unterricht an h�oheren

Schulen verwendet. Seitdem wurde es aber als zu"schwer\ hierf�ur befunden. Wenig sp�ater

erschien"Der Untergang des Abendlandes\ von Oswald Spengler.

Beweis. Es seien p1; : : : ; pr 2 P und P := p1p2 : : : pr+1 2 N. Dann ist kein pj (j = 1; : : : ; r)

Teiler von P , denn pj teilt P � 1 und w�urde daher auch P � (P � 1) = 1 teilen. Der

kleinste positive Teiler > 1 von P w�are also > pj f�ur j = 1; : : : ; r. Zu jeder endlichen Menge

von Primzahlen l�asst sich also stets eine gr�o�ere Primzahl hinzuf�ugen. Folglich ist P nicht

endlich.

1

"Entdeckt\ am 25.1.2013.

3

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4 Primzahlen

Bemerkung.

Dieser Beweis legt folgende Frage nahe. Die Folge p1; p2; : : : sei rekursiv de�niert durch

p1 := 2 und pk+1 sei der kleinste positive Teiler von p1p2 � � � pk + 1. Enth�alt dann die

Menge fpn : n 2 Ng alle Primzahlen ? Dies ist ein bisher ungel�ostes Problem.

Bemerkung.

Die ungeraden Primzahlen liegen in der Vereinigung der beiden Mengen

f3; 7; 11; 15; 19; 23; 27; : : :g = f4k � 1 : k 2 Ngf5; 9; 13; 17; 21; 25; 29; : : :g = f4k + 1 : k 2 Ng :

Mit einer kleinen Variation des Beweise von Euklid l�asst sich zeigen, dass es in der

ersten Menge unendlich viele Primzahlen gibt ( �Ubungsaufgabe 1.2). Dies gilt auch f�ur

die zweite Menge, ist jedoch etwas schwieriger zu beweisen (siehe Korollar 4.14).

Satz 1.3 (Division mit Rest).

Es seien a; b 2 Z mit b 6= 0. Dann existieren eindeutig bestimmte q; r 2 Z mit a = bq+ r

und 0 � r < jbj.

Beweis. O.E. sei b > 0.

Existenz: Es sei q die gr�o�te ganze Zahl mit bq � a. Setze r := a� bq. Dann gilt b(q+1) > a,

also 0 � r = a� bq < b.

Eindeutigkeit: Es seien q0; r0 2 Z mit a = bq0+ r0 und 0 � r0 < jbj. Durch Subtraktion ergibt

sich (q � q0)b = r0 � r. Falls q = q0, so folgt r0 = r. Falls q 6= q0, also etwa q > q0, so ist

q � q0 � 1 und r0 � r0 � r = (q � q0)b � b, im Widerspruch zu r0 < b.

Definition (ggT; teilerfremd).

Es seien a; b 2 Z mit ab 6= 0. Der gr�o�te gemeinsame Teiler von a und b ist die gr�o�te

Zahl d 2 N, die a und b teilt. Schreibweise ggT(a; b) := d. Falls ggT(a; b) = 1, so hei�en

a und b teilerfremd. Wir setzen noch

Lemma 1.4.

Sind a; b 2 Z, ab 6= 0, und a = bq+r eine Division mit Rest, so gilt ggT(a; b) = ggT(b; r).

Beweis. Sei d := ggT(a; b) und d0 := ggT(b; r). Aus r = a � bq, d j a und d j b folgt d j r,d.h. d teilt b und r, also d � d0. Andererseits ist d0 Teiler von b und r, also auch von a = bq+r,

d.h. d0 � d.

Bemerkung (Euklidischer Algorithmus; Die Elemente, Buch VII, Proposition 1 und 2).

Lemma 1.4 liefert eine schnelle Methode, den gr�o�ten gemeinsamen Teiler von a und b

zu bestimmen, ohne einen einzigen Teiler von a bzw. b bestimmen zu m�ussen. Beispiel:

ggT(7200; 3132) = 36, denn:

7200 = 2� 3132 + 936

3132 = 3� 936 + 324

936 = 2� 324 + 288

324 = 1� 288 + 36

288 = 8� 36

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Primzahlen 5

Satz 1.5 (Lemma von Bezout; Etienne Bezout (1730–1783)).

Es seien a; b 2 Z mit ab 6= 0. Dann gibt es s; t 2 Z mit ggT(a; b) = sa+ tb.

Beweis. O.E. sei a � b > 0. Die Aussage sei f�ur alle 1; : : : ; b�1 anstelle von b bereits gezeigt.

Sei a = bq+r eine Division mit Rest. Da dann r < b gibt es s0; t0 2 Z mit ggT(b; r) = s0b+t0r.Mit dem Lemma folgt ggT(a; b) = ggT(b; r) = s0b+t0r = s0b+t0(a�bq) = t0a+(s0�t0q)b.

Bemerkung.

Der Beweis des Lemmas von B�ezout beschreibt eine schnelle Methode, die Zahlen t und

s zu berechnen (siehe �Ubungen).

Korollar 1.6.

Es seien a; b 2 Z mit ab 6= 0. Ist t Teiler von a und b, so gilt t j ggT(a; b).

Satz 1.7 (Lemma von Euklid; Die Elemente, Buch VII, Postulat 30).

Es seien a; b 2 Z und p 2 P Teiler von ab. Dann teilt p einen der Faktoren a oder b.

Beweis. Es sei d := ggT(a; p). Wegen p 2 P, gilt d = 1 oder d = p. Falls d = p, so gilt p j a.Falls d = 1, so gibt es nach B�ezout s; t 2 Z mit 1 = sa+ tp, d.h. b = sab+ tbp, wobei rechts

beide Summanden durch p teilbar sind, d.h. p j b.

Satz 1.8 (Fundamentalsatz der Arithmetik).

Jede nat�urliche Zahl n � 2 l�asst sich als Produkt von Primzahlen darstellen. Diese

Darstellung ist bis auf die Reihenfolge der Primfaktoren eindeutig.

Bemerkung.

Der erste vollst�andige und korrekte Beweis des Fundamentalsatzes der Arithmetik wur-

de von Gau� in den Disquisitiones Arithmeticae (1801) gegeben. Dieses Buch hat Gau�

1798 (also im Alter von 21 Jahren) verfasst. Er begr�undete damit die Zahlentheorie als

eigenst�andige mathematische Disziplin.

Beweis. Induktion �uber n. Es sei O.E. n > 2 und die Behauptung f�ur alle nat�urlichen Zahlen

< n bereits bewiesen. Existenz: Es sei p > 1 der kleinste positive Teiler von n. Falls p = n, so

ist n 2 P. Falls p < n, so ist n = pn0 mit n0 2 N und n0 � 2. Nach Induktionsvoraussetzung

ist n0 Produkt von Primzahlen, also auch n.

Eindeutigkeit: Seien n = p1p2 : : : pk = q1q2 : : : ql zwei Zerlegungen von n in Primzahlen.

Nach dem Lemma von Euklid teilt dann pk eine der Zahlen qj , also o.E. ql. Da ql 2 P

folgt pk = ql. Schreibt man n = pkn0, so gilt entweder n0 = 1 und die Behauptung ist ge-

zeigt oder p1p2 : : : pk�1 = n0 = q1q2 : : : ql�1. Nach Induktionsannahme stimmen die Faktoren

p1; : : : ; pk�1 bis auf die Reihenfolge mit den Faktoren q1; : : : ; ql�1 �uberein.

Anwendung 1.9.

Eine reelle Zahl x0 hei�t ganzalgebraisch, wenn es ein Polynom p(x) = xk + c1xk�1 +

� � �+ ck�1x+ ck mit c1; : : : ; ck 2 Z gibt, derart, dass p(x0) = 0. Es gilt:

Jede ganzalgebraische Zahl ist entweder ganz oder irrational.

Es folgt: Ist n 2 N nicht die k{te Potenz einer nat�urlichen Zahl, so ist kpn irrational.

Beweis. Es sei x0 = AB mit A;B 2 Z und B 6= 0. Setzt man x0 in p(x0) = 0 ein und

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6 Primzahlen

multipliziert mit Bk, so ergibt sich

Ak + c1Ak�1B + � � �+ ck�1AB

k�1 + ckBk = 0 :

Folglich teilt B die Zahl Ak. Nach dem Lemma von Euklid muss daher jeder Primteiler von

B auch Primteiler von A sein. Ist A=B voll gek�urzt, so folgt B = 1, d.h. x0 = A 2 Z.

Anwendung 1.10 (Goldbach 1730).

Es sei Fn := 22n+ 1 die sog. nte Fermat{Zahl. Dann gilt (Induktion!)

n�1Yj=0

Fj = Fn � 2 :

Teilt also m 2 N sowohl Fk als auch Fn f�ur n 6= k, so muss m auch 2 teilen, d.h. m = 1

oder m = 2. Letzteres ist nicht m�oglich, da jede Fermat{Zahl ungerade ist. Die Fermat{

Zahlen sind daher paarweise teilerfremd. Aus dem Fundamentalsatz folgt somit, dass

es unendlich viele Primzahlen gibt.

Bemerkung (Fermat–Zahlen).

Es sei 2m + 1 2 P f�ur ein m 2 N. Dann muss m = 2n f�ur ein n 2 N0 gelten, denn

w�are m = pr mit 3 � p 2 P, so folgt 2m +1 = (2r +1)(2m�r � 2m�2r +2m�3r �+ : : :+1),

d.h. 2m + 1 62 P. Es giltn 0 1 2 3 4

Fn 3 5 17 257 65537

Die ersten f�unf Fermat{Zahlen sind also prim. F�ur F5 = 232 + 1 gilt dies aber nicht

mehr: F5 = 641 � 6700417. Wir werden sp�ater (Beispiel 4.3) zeigen, dass 641jF5. Bis

heute ist keine weitere prime Fermat{Zahl gefunden worden. Es ist jedoch unbekannt,

ob es nur endlich viele prime Fermat{Zahlen gibt.

Anwendung 1.11 (Euler 1737).

F�ur alle x � 2 gilt XP3p�x

1

p� 1

log 4� log log x :

Beweis. Es seien p1; : : : ; pk die Primzahlen � x. F�ur n 2 N mit n � x sei n = pa1(n)1 � � � pak(n)k

die Primzahlzerlegung. Setzt man Nj := maxfaj(n) : 1 � n � xg, j = 1; : : : ; k, so gilt

mithilfe der geometrischen Summenformel

Xn�x

1

n=Xn�x

1

pa1(n)1 � pak(n)k

�kY

j=1

NjXs=0

1

psj=

kYj=1

1� 1=pNj+1j

1� 1=pj�

kYj=1

1

1� 1=pj:

Nun beachte

log x =

xZ1

du

u�Xn�x

1

n�

kYj=1

1

1� 1=pj:

Da 1=(1� t) � 4t f�ur alle t 2 [0; 1=2], ergibt sich durch Logarithmieren

log log x � log 4Xp�x

1

p:

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Primzahlen 7

Bemerkung.

Euler's Absch�atzung ist recht krude. Satz 3.5 ist besser. Sie zeigt aber wegen

X1�k�x

1

k2� 1 +

X2�k�x

1

k(k � 1)= 1 + 1� 1

[x]� 2

(Hierbei bezeichnet [x] die gr�o�te ganze Zahl � x), dass es"mehr\ Primzahlen als

Quadratzahlen k2, k 2 N, gibt. Dies legt nahe, dass es f�ur jedes k 2 N stets mindestens

eine Primzahl p mit k2 < p < (k + 1)2 geben muss. Diese sog. Legendre Vermutung ist

allerdings bisher weder bewiesen noch widerlegt worden.

Ausblick (Riemannsche Zetafunktion).

Insbesondere divergiert die unendliche Reihe

Xp2P

1

p=

1

2+

1

3+

1

5+

1

7+ : : : ;

woraus ebenfalls folgt, dass es unendlich viele Primzahlen gibt. Obige �Uberlegung zeigt, dass

f�ur s 2 R mit s > 1 gilt

�(s) :=1Xn=1

1

ns=Yp2P

1

1� 1=ps<1 :

Die Funktion � : (1;1)! R beinhaltet daher Informationen �uber die Menge der Primzahlen:

aus �(s) ! 1 f�ur s ! 1+ folgt, dass P unendlich ist. Um die Zetafunktion"jenseits\

der"Polstelle\ s = 1 zu betrachten, hat Bernhard Riemann (1826{1866) diese zun�achst

mit Hilfe funktionentheoretischer �Uberlegungen in die komplexe Ebene fortgesetzt. Riemann

konnte dann zeigen, dass die (nichttrivialen) Nullstellen der Riemannsche Zetafunktion genau

Auskunft �uber die Verteilung der Primzahlen geben. Dies gelang ihm durch eine explizite

Formel f�ur �(x) := Anzahl der Primzahlen � x, die auf den (nichttrivialen) Nullstellen der

Zetafunktion basiert.

Wir beschr�anken uns im folgenden Abschnitt darauf, die Funktion � : R ! N0 mit"elemen-

taren Hilfsmitteln\ zu untersuchen.

Aufgaben

1. Man bestimme t; s 2 Z, derart, dass 36 = t7200 + s3132.

2. * Zeigen Sie, dass es unendlich viele Primzahlen der Form 4n+ 3, n 2 N, gibt.

3. Zeigen Sie f�ur k 2 N: 2k � 1 2 P =) k 2 P.

4. * Es seien n 2 N und p 2 P mit n < p � 2n. Zeigen Sie: p teilt (2n)!n!n! . Zeigen Sie ferner:Q

n+1<p2P�2n+1p teilt

�2n+1n

�.

5. Zeigen Sie, dass die Menge flog p : p 2 Pg �uber Q linear unabh�angig ist.

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x 2

Primzahlverteilung I

Bemerkung 2.1 (Große Lucken).

Es sei N 2 N �xiert. Dann sind die N Zahlen xn := (N + 1)! + n, n = 2; : : : ; N + 1,

keine Primzahlen, da xn durch n teilbar ist. Folglich gibt es N aufeinander folgende

Nicht{Primzahlen. Die L�ucken in der Folge der Primzahlen sind also beliebig gro�.

Um die Verteilung der Primzahlen innerhalb der Menge der nat�urlichen Zahlen zu untersu-

chen, f�uhrt man folgende Funktion ein.

Definition (Primzahlfunktion).

F�ur x 2 R bezeichne �(x) die Anzahl der Primzahlen � x.

10 20 30 40 50

2

4

6

8

10

12

14

100 200 300 400 500

20

40

60

80

n �(n) n=�(n)

10 4 2:5000 �100 25 4:0000 1:50000

1000 168 5:9524 1:95238

10000 1229 8:1367 2:18432

100000 9592 10:4254 2:28866

1000000 78498 12:7392 2:31382

10000000 664579 15:0471 2:30794

100000000 5761455 17:3567 2:30961

1000000000 50847534 19:6666 2:30991

10000000000 455052511 21:9755 2:30885

100000000000 4118054813 24:2833 2:30782

1000000000000 37607912018 26:5901 2:30684

10000000000000 346065536839 28:8963 2:30611

Abbildung 2.1: Die Funktion �

9

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10 Primzahlverteilung I

O�enbar steigt n=�(n) um ungef�ahr 2:3, wenn man zur n�achsten 10er Potenz �ubergeht (rechte

Spalte), d.h. � 2:3 ist ein Naturkonstante, aber welche ? Es bezeichne im Folgenden log x den

nat�urlichen Logarithmus von x 2 R, x > 0, d.h. die eindeutig bestimmte Zahl y 2 R, derart,

dass ey = x. Beachtet man, dass log 10 � 2:30259, so k�onnte man vermuten (wie es Gau�

1792 getan hat), dass10n

�(10n)� n

�(n)+ log 10

gilt, d.h.n

�(n)� logn bzw. �(n) � n

logn:

Der folgende Satz zeigt, dass diese Heuristik zumindest nicht vollst�andig versagt.

Satz 2.2 (Tschebyscheff, 1851).

F�ur alle x 2 R, x � 2 gilt

1

4log 2 � x

log x� �(x) � 8 log 2 � x

log x:

F�ur den Beweis ben�otigen wir einige einfache Eigenschaften des Binomialkoe�zienten m

n

!:=

m!

(m� n)!n! ; n;m 2 N0 ; m � n

f�ur den Fall m = 2n.

Lemma 2.3.

F�ur jedes n 2 N gelten die folgenden Aussagen.

(a) 22n

2n � �2nn � � 22n;

(b)Q

n<p2P�2np teilt

�2nn

�und

Qn+1<p2P�2n+1

p teilt�2n+1

n

�.

(c) F�ur den Exponenten vp 2 N0 von p 2 P in der Primzahlzerlegung von n! gilt die

Legendre Identit�at

vp =

[logn= log p]Xm=1

�n

pm

�:

Hierbei bezeichnet [x] die gr�o�te ganze Zahl � x.

(d) F�ur den Exponenten wp 2 N0 von p 2 P in der Primzahlzerlegung von�2nn

�gilt

wp ��log 2n

log p

�:

Beweis. (a)�2nn

�ist der gr�o�te Summand in 22n = (1 + 1)2n =

2nPk=0

�2nk

� � �2nn �. Ferner gilt22n = (1 + 1)2n =

2nXk=0

2n

k

!= 2 +

2n�1Xk=1

2n

k

!� 2n

2n

n

!;

da jeder der 2n Summanden � �2nn � ist.

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Primzahlverteilung I 11

(b) �Ubungsaufgabe

(c) Von den n Faktoren in n! sind genau die [n=p]{vielen Faktoren 1 � p; 2 � p; : : : ; [n=p] � pdurch p teilbar. Von diesen sind genau [n=p2]{viele Faktoren durch p2 teilbar, usw.

(d) Aus der Legendre Identit�at folgt 2n

n

!=

(2n)!

n!n!=Yp2P

pwp mit wp =Xm�1

��2n

pm

�� 2

�n

pm

��;

wobei die Summanden der Summe stets den Wert 0 oder 1 haben, denn�2n

pm

�� 2

�n

pm

�<

2n

pm� 2

�n

pm� 1

�= 2 :

Da f�ur m > log(2n)= log p alle Summanden = 0 sind, ergibt sich die Behauptung.

Beweis von Satz 2.2. (i) Absch�atzung von �(x) nach unten. Es gilt f�ur alle n 2 N

22n � 22n

2n� 2n

n

!=Yp2P

pwp :

Die erste Ungleichung ist recht einfach einzusehen (z.B. Induktion); die zweite ist gerade die

Aussage von Lemma 2.3 (a). Durch Logarithmieren folgt

2n log 2 �Xp2P

wp log p �Xp2P

�log(2n)

log p

�log p �

XP3p�2n

log(2n) = �(2n) log(2n) :

Es ergibt sich

�(2n) � 2n log 2

log(2n); n 2 N ;

und hieraus

�(x) � log 2

4� x

log x; x � 2 ;

wie folgt. Fixiere x � 2 und w�ahle n 2 N mit 2n � x < 2n+ 2. Dann gilt

�(x) � �(2n) � 2n log 2

log(2n)� 2n log 2

log x� 2n+ 2

4

log 2

log x>

log 2

4

x

log x:

(ii) Absch�atzung von �(x) nach oben. Es gilt

n�(2n)��(n) �Y

n<p2P�2n

p � 2n

n

!� 22n :

Die vorletzte Ungleichung folgt aus Lemma 2.3 (b); die letzte aus Lemma 2.3 (a). Durch

Logarithmieren ergibt sich

�(2n)� �(n) � 2nlog 2

logn:

Nun sei x � 2. W�ahle k 2 N mit 2k�1 < x � 2k. Falls k = 1 oder k = 2, so ist 2 � x � 4,

d.h. �(x) � �(4) = 3 < 8(log 2)e � 8 log 2 xlog x . Falls k � 3, so ergibt sich

�(2k) � �(2k�1) +2k log 2

log(2k�1)= �(2k�1) +

2k

k � 1� : : : � �(4) +

k�1Xj=1

2j+1

j<

k�1Xj=0

2j+1

j:

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12 Primzahlverteilung I

Die Summe rechts ist � 2k+2

k (Induktion!), so dass sich ergibt

�(x) � �(2k) � 2k�1

k23 < 8x

log 2

log x:

Satz 2.2 zeigt, dass xlog x eine gute Approximation f�ur �(x) ist. Wesentlich tiefer liegt der

sogenannte Primzahlsatz.

Satz (Primzahlsatz).

Es gilt

limx!1

�(x)x

log x

= 1 :

F�ur einen Beweis verweisen wir auf die Mastervorlesung Zahlentheorie.

20 40 60 80 1000

5

10

15

20

25

100 200 300 400 500

20

40

60

80

Abbildung 2.2: Die Funktionen � sowie x 7! x= log x

Den Primzahlsatz hat bereits Gau� (1777{1855) im Jahre 1792 vermutet. Bewiesen wurde

er erstmals 1896 unabh�angig voneinander von J. Hadamard und Ch. de la Vall�ee Poussin

mithilfe funktionentheoretischer Methoden.

Ausblick.

Gau� hat vermutet, dass �(x) noch besser durch den Integrallogarithmus

Li(x) :=

xZ2

dt

log t

approximiert wird. Tats�achlich ist der Primzahlsatz �aquivalent zu

limx!1

�(x)

Li(x)= 1 ;

siehe Aufgabe 3.1.

(a) Eine bisher unbewiesene Vermutung besagt, dass es eine Konstante c > 0 gibt, derart,

dass j�(n) � Li(n)j � cpn logn f�ur alle n � 2. Dies ist �aquivalent zur Riemannschen

Vermutung (die sich ohne Kenntnisse aus der Funktionentheorie aber noch nicht einmal

formulieren l�asst).

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Primzahlverteilung I 13

(b) Gau� hat noch vermutet, dass �(x) < Li(x) f�ur alle x � 2. Dies wurde allerdings 1914

von Littlewood widerlegt, der zeigen konnte, dass �(x)� Li(x) sogar unendlich oft das

Vorzeichen wechselt. Littlewood konnte allerdings keine explizite Zahl x angeben f�ur

die �(x) > Li(x) gilt. 1933 zeigte dann Skewes, dass es ein solches x < eee79

gibt, wobei

er allerdings die Richtigkeit der Riemannschen Vermutung annehmen musste.

Satz 2.4 (Bertrandsches Postulat 1845).

Es sei n 2 N. Dann existiert ein p 2 P mit n < p � 2n.

Der folgende Beweis aus dem Jahr 1932 stammt von P. Erd�os (1913{1996).

Lemma 2.5.

F�ur alle x � 2 giltQp�x

p < 4x.

Beweis. Es sei k 2 N mit k � 3. Aus Lemma 2.3 (b) folgt

Yp�2k+1

p � 2k + 1

k

! Yp�k

p :

Nun sei x = n 2 N, n � 2, �xiert. Es sei bereitsQp�k p < 4k f�ur alle 2 � k < n gezeigt.

O.E. sei n = 2k + 1 2 N ungerade. Dann gilt

Yp�n

p � n

k

! Yp�k

p < 2n � 4k < 42k+1 = 4n :

Ist schlie�lich x � 2, so w�ahle n := [x]. Es folgtQp�x p =

Qp�n p < 4n < 4x.

Lemma 2.6.

Es sei n 2 N �xiert und wp der Exponent von p 2 P in der Primzahlzerlegung von�2nn

�.

(a) Falls p >p2n, so gilt wp � 1.

(b) Falls 23n < p � n, so gilt wp = 0.

Beweis. (a) Nach Lemma 2.3 (d) gilt wp � 1 f�ur log 2nlog p < 2, d.h. f�ur

p2n < p.

(b) Wegen 3p > 2n sind p und 2p die einzigen Vielfachen von p, die den Z�ahler (2n)! von�2nn

�teilen, w�ahrend im Nenner der Faktor p zweimal auftaucht.

Beweis von Satz 2.4. (i) Fall n � 468. Die Zahlen

2; 3; 5; 7; 13; 23; 43; 83; 163; 317; 631

sind allesamt prim und jede Zahl ist kleiner als das Doppelte der vorhergehenden Zahl. Jedes

Intervall (n; 2n], n � 468, enth�alt also eine dieser vierzehn Primzahlen.

(ii) Fall n � 468: Lemma 2.3 (a) und (d) (pwp � 2n) sowie Lemma 2.6 zeigen

4n

2n� 2n

n

!=Yp2P

pwp �Y

p�p2n

2n �Y

p2n<p� 2

3n

p �Y

n<p�2n

p :

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14 Primzahlverteilung I

Da es h�ochstensp2n Primzahlen p � p

2n gibt, folgt

4n � (2n)1+p2n �

Yp2n<p� 2

3n

p �Y

n<p�2n

p < (2n)1+p2n � 4 2

3n �

Yn<p�2n

p

mit Lemma 2.5. Gibt es nun keine Primzahl n < p � 2n, so hat man

4n3 < (2n)1+

p2n oder

log 4

3n < (1 +

p2n) log(2n) :

Dies ist f�ur n � 468 aber falsch, wie man durch Diskussion der Funktion x 7! (1+p2x) log(2x)�

log 43 x sehr einfach feststellen kann.

Aufgaben

1. Die Primzahlen p1; p2; : : : 2 P seien der Gr�o�e nach geordnet: p1 < p2 < p3 < : : :. Man

zeige, dass es �; � 2 R gibt, derart, dass

� � n logn � pn � � � n logn f�ur alle n 2 N :

2. Es sei k 2 N. Man zeige, dass�2kk

�mindestens [k log 2log 2k ] verschiedene Primfaktoren

enth�alt.

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x 3

Primzahlverteilung II

Definition.

Es seien A � R und f; g : [�;1) \ A ! R f�ur ein � 2 R mit g(x) > 0 f�ur alle

x 2 [�;1) \ A. Wir schreiben f(x) = O(g(x)), falls jf(x)j=g(x) f�ur x ! 1 beschr�ankt

bleibt, d.h. falls

9M>0 9R2R 8A3x�R jf(x)jg(x)

�M :

Im Spezialfall A = N, schreibt man f(n) = O(g(n)).

Beispiel 3.1 (Schwache Stirlingsche Formel).

Es gilt

log(n!) = n logn� n+O(logn) :

Beweis.

log(n!)�logn =n�1Xk=2

log k �n�1Xk=1

k+1Zk

log x dx =

nZ1

log x dx �n�1Xk=1

log(k+1) =nX

k=2

log k = log(n!) :

WegennZ1

log x dx = x log x� x�����x=n

x=1

= n logn� n+ 1

ergibt sich

1 � log(n!)� n logn+ n � logn+ 1

Beispiel 3.2.

Es gilt XP3p�n

log p

p(p� 1)= O(1) :

Beweis. Da x 7! log xx(x�1) auf (1;1) monoton f�allt, gilt

0 �X

P3p�n

log p

p(p� 1)� log 2

2+

n�1Xj=2

log(j + 1)

(j + 1)j� log 2

2+

n�1Z2

log x

x(x� 1)dx

� log 2

2+

n�1Z2

1px(x� 1)

dx =log 2

2+ log

px� 1px+ 1

�����x=n�1

x=2

� log 2

2+ log

p2� 1p2 + 1

:

15

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16 Primzahlverteilung II

Satz 3.3 (Mertens 1874).

Es gilt XP3p�x

log p

p= log x+O(1) :

Beweis. Es n 2 N �xiert und vp der Exponent von p 2 P in der Primzahlzerlegung von n!.

Die Legendre Identit�at impliziert

log(n!) =X

P3p�nvp log p =

XP3p�n

log p �Xj�1

[n=pj ]

= nX

P3p�n

log p

p�

XP3p�n

�n

p��n

p

��log p

| {z }=:�2(n)

+X

P3p�nlog p �

Xj�2

[n=pj ]

| {z }=:�3(n)

:

Die Summe �2(n) hat �(n) � 8 log 2 � nlogn <

8nlogn Summanden, d.h. 0 � �2(n) � 8n. F�ur die

innere Summe in �3(n) gilt

Xj�2

[n=pj ] � n

[logn= log p]Xj=2

1

pj� n

p(p� 1);

d.h.

0 � �3(n) � nX

P3p�n

log p

p(p� 1)= O(n)

nach Beispiel 3.2. Mit der schwachen Stirlingschen Formel ergibt sich

logn� 1 +O(logn=n) =Xp�n

log p

p� �2(n)

n+�3(n)

n;

d.h. Xp�n

log p

p= logn+O(1) :

Lemma 3.4 (Abelsche Summation).

Es sei �1 < �2 < : : : eine Folge reeller Zahlen mit limn!1 �n = +1, (�n) eine Folge

reeller Zahlen und f : [�1;1) ! R stetig di�erenzierbar. Setzt man A(x) :=P

�n�x �n,so gilt

X�n�x

�nf(�n) = A(x)f(x)�xZ

�1

A(u)f 0(u) du

f�ur alle R 3 x � 2.

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Primzahlverteilung II 17

Beweis. Sei x � 2 �xiert. W�ahle N 2 N mit �N � x < �N+1. Beachtet man A(u) = A(�n)

f�ur �n � u < �n+1, A(�n)� A(�n�1) = �n f�ur n � 2, sowie A(�1) = �1, so folgt

xZ�1

A(u)f 0(u) du =N�1Xn=1

�n+1Z�n

A(u)f 0(u) du+xZ

�N

A(u)f 0(u) du

=N�1Xn=1

A(�n) (f(�n+1)� f(�n)) + A(�N ) (f(x)� f(�N ))

=NXn=2

A(�n�1)f(�n)�NXn=1

A(�n)f(�n) + A(x)f(x)

= �NXn=1

�nf(�n) + A(x)f(x) :

Satz 3.5 (Mertens 1874).

Es existiert ein B 2 R, derart, dass

XP3p�x

1

p= log log x+B +O

�1

log x

�:

Bemerkung.

Es gilt B � 0:2614972128476427837554268386086958590516.

Beweis. Sei A(x) :=P

p�xlog pp . Abelsche Summation liefert

Xp�x

1

p=Xp�x

log p

p� 1

log p=A(x)

log x+

xZ2

A(u)

u (logu)2du :

Satz 3.3 zeigt A(u) = logu+ h(u) mit h(u) = O(1), d.h.

Xp�x

1

p= 1 +O

�1

log x

�+

xZ2

du

u logu| {z }=log log x

+

1Z2

h(u)

u (logu)2du�

1Zx

h(u)

u (logu)2du

| {z }=O�

1log x

�:

Satz 3.6 (Tschebyscheff, 1852).

Falls der Limes

limx!1�(x) �

log x

x

existiert, dann ist dieser = 1.

Beweis. Es sei C := limx!1 �(x) log xx , d.h. �(x) = xlog x (C + "(x)) mit limx!1 "(x) = 0.

Abelsche Summation liefert

Xp�x

1

p=Xp�x

1

p� 1 = �(x)

x+

xZ2

�(u)

u2du =

C + "(x)

log x+

xZ2

C + "(u)

u logudu

(�)= (C + �(x)) log log x ;

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18 Primzahlverteilung II

wobei limx!1 �(x) = 0. Ein Vergleich mit Satz 3.5 zeigt nun C = 1. Zum Nachweis von (�) ist

wegenxZ

2

du

u logu= log(log x)� log(log 2)

nur zu zeigen, dass

1

log(log x)

xZ2

"(u)

u logudu! 0 f�ur x!1 :

Dies sieht man wie folgt ein. Da "(x) ! 0 f�ur x ! 1, gibt es zu vorgegebenem ~" > 0 ein

R > 0 mit j"(u)j � ~" f�ur alle x � R. Daraus folgt������1

log(log x)

xZ2

"(u)

u logudu

������ �1

log(log x)

RZ2

j"(u)ju logu

du+ ~"� log(logR)

log(log x)! ~" f�ur x!1 :

Da ~" > 0 beliebig gew�ahlt werden kann, ergibt sich die erw�unschte Information.

Aufgaben

1. Zeigen SiexZ

2

dt

log t=

x

log x+O

�x

(log x)2

�:

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x 4

Modulare Arithmetik

Motivation.

Hat das Polynom p(x) = 13x27 � 13x6 � 16x� 350 eine ganzzahlige Nullstelle ?

Um diese Frage zu behandeln, beachte man, dass f�ur gerades a jeder Summand in p(a)

bis auf den letzten gerade ist, d.h. sicherlich ist p(a) ungerade. Ist a ungerade, so hat

p(a) genau 3 ungerade Summanden, d.h. p(a) ist wieder ungerade. In beiden F�allen ist

insbesondere p(a) 6= 0. Antwort: Es gibt keine ganzzahlige Nullstelle von p(x).

Hierbei war der entscheidende Gedanke, die ganzen Zahlen in gerade und ungerade

Zahlen einzuteilen, also in zwei"Restklassen\.

Definition (Kongruenz).

Es seien a; b 2 Z und n 2 N. a hei�t kongruent zu b modulo n, falls nj(a� b). In diesem

Fall schreibt man a � b (mod n).

a � b (mod n) bedeutet also a = b+ kn f�ur ein k 2 Z.

Lemma 4.1 (Rechenregeln).

Es seien n 2 N und a; a0; b; b0 2 Z. Dann gelten die folgenden Rechenregeln.

(a) Falls a � a0 (mod n) und b � b0 (mod n), so gelten

(i) (a� b) � (a0 � b0) (mod n)

(ii) ab � (a0b0) (mod n).

(b) Gilt (ab) = (ab0) (mod n) und sind n und a teilerfremd, so folgt b = b0 (mod n).

Beweis. (a) Es gilt a = a0+kn und b = b0+lnmit k; l 2 Z. Es folgt (a�b) = (a0�b0)+(k�l)nmit k � l 2 Z. Dies impliziert (i). Ferner gilt ab = a0b � (mod n), denn ab� a0b = knb 2 Z,

sowie analog a0b � a0b0 (mod n). Es folgt a0b0 � a0b (mod n) � ab (mod n).

(b) a(b� b0) ist durch n teilbar, d.h. n teilt b� b0, so dass b = b0 (mod n).

Beispiel 4.2 (Schule; Teilbarkeit durch 3).

Es sei n =PN

j=0 aj10j mit aj 2 f0; : : : ; 9g f�ur j = 0; : : : ; N . Dann gilt 10j � 1 (mod 3),

d.h. n � (a0+ : : :+aN )(mod 3). Folglich ist die Zahl n genau dann durch 3 teilbar, wenn

ihre Quersumme durch 3 teilbar ist.

Beispiel 4.3.

Wir zeigen 641jF5 = 232+1. Beachte 641 = 5�27+1, also 5�27 � �1 (mod 641). Potenziert

man mit dem Exponenten 4, so ergibt sich 54 � 228 � 1 (mod 641). Wegen 641 = 54 + 24

d.h. 54 � �24 (mod 641), folgt �232 � 1 (mod 641), d.h. 232+1 � 0 (mod 641). Wie man

19

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20 Modulare Arithmetik

auf die Zahl 641 als (potentiellen) Teiler von 232+1 kommt, wird in Beispiel 7.8 erkl�art

werden.

Beispiel (Vorsicht beim”Kurzen“).

Es gilt 42 � 12 (mod 10), aber 7 6� 2 (mod 10).

Bemerkung.

Kongruenz modulo n ist eine �Aquivalenzrelation. Die �Aquivalenzklasse [a] von a 2 Z

besteht aus allen u 2 Z, derart, dass nj(a� u), d.h. aus den Zahlen a+ kn mit k 2 Z.

Wir schreiben

[a] := a+ nZ := fa+ kn : k 2 Zg

und nennen [a] die Kongruenzklasse (oder auch Restklasse) von a modulo n.

F�ur n = 2 ist [0] die Menge der geraden und [1] die Menge der ungeraden ganzen Zahlen.

Bemerkung.

F�ur a 2 Z sei a = qn + r eine Division durch n mit Rest r, d.h. 0 � r < n. Dann gilt

a � r (mod n). �Uberdies gilt r 6� r0 (mod n), falls 0 � r; r0 < n und r 6= r0. Folglich ist

z.B. f0; 1; 2; : : : ; n� 1g ein Repr�asentantensystem der Restklassen von Z modulo n. Die

Menge der Restklassen von Z modulo n bezeichnet man mit Zn (oder mit Z=nZ).

Satz 4.4.

Es sei 2 � n 2 N. Dann ist durch [a] + [b] := [a+ b] und [a] � [b] := [ab] eine wohlde�nier-

te Addition und Multiplikation auf Zn gegeben, die Zn zu einem kommutativen Ring

macht. Hierbei ist [1] das neutrale Element bzgl. der Multiplikation.

Beweis. Die Wohlde�niertheit der Addition und der Multiplikation folgt direkt aus Lemma

4.1 (a). Die Ringaxiome �ubertragen sich nun unmittelbar von Z auf Zn.

Definition (Einheit, prime Restklasse).

Ein [a] 2 Zn hei�t (multiplikative) Einheit oder eine prime Restklasse modulo n, falls

ein [x] 2 Zn existiert, derart, dass ax � 1 (mod n). Die Menge der Einheiten in Zn wird

mit Z�n bezeichnet.

Lemma 4.5 (Lineare Kongruenzen).

Es seien n 2 N und a 2 Znf0g. Dann gilt ax � 1 (mod n) f�ur ein x 2 Z genau dann,

wenn a und n teilerfremd sind.

Beweis. ax � 1 (mod n)() ax = 1+kn f�ur ein k 2 Z () 1 = ax+kn f�ur ein k 2 Z. Nach

dem Lemma von B�ezout ist dies gleichbedeutend damit, dass a und n teilerfremd sind.

Korollar 4.6 (Charakterisierung der primen Restklassen).

Es gilt [a] 2 Z�n genau dann, wenn a und n teilerfremd sind.

Korollar 4.7 (Prime Restklassengruppe).

Es sei 2 � n 2 N. Dann ist (Z�n; �) eine abelsche Gruppe, die sog. prime Restklassen-

gruppe.

Beweis. Es seien [a]; [b] 2 Z�n. Dann sind a und b teilerfremd zu n. Nach dem Lemma von

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Modulare Arithmetik 21

Euklid ist dann auch ab teilerfremd zu n, d.h. [ab] = [a]�[b] 2 Z�n. Folglich ist Z�

n abgeschlossen

bzgl. �. Die Assoziativit�at und Kommutativit�at erbt Z�n von Zn. Ist [a] 2 Z�n, d.h. a und n

sind teilerfremd, so existieren nach B�ezout x; k 2 Z mit ax+ kn = 1, d.h.[a] � [x] = [1].

Korollar 4.8.

Es sei 2 � n 2 N. Dann sind die folgenden Aussagen �aquivalent.

(i) 1; 2; : : : ; n� 1 sind teilerfremd zu n.

(ii) Znnf0g = Z�n.

(iii) n 2 P.

Insbesondere ist Zn genau dann ein K�orper, wenn n 2 P.

Satz 4.9 (Satz von Wilson (Waring, Meditationes Algebraicae 1770)).

Es sei p 2 P. Dann gilt (p� 1)! � �1 (mod p).

Beweis (Gau�). Es sei p > 3. Zu jedem a 2M := f1; 2; : : : ; p�1g existiert genau ein a0 2Mmit aa0 � 1 (mod p). Hierbei gilt a = a0 genau dann, wenn a2 � 1 (mod p), d.h. genau dann

wenn a � �1 (mod p), also a = 1 oder a = p� 1. Folglich gilt

2 � 3 � � � (p� 2) � 1 (mod p) :

Da p � 1 � �1 (mod p), ergibt sich die Behauptung. F�ur p = 2 und p = 3 sieht man die

Behauptung unmittelbar ein.

Satz 4.10 (Kleiner Satz von Fermat (Brief von P. Fermat an F. de Bessy vom 18. Oktober 1640)).

Es sei a 2 Z nicht durch p 2 P teilbar. Dann gilt ap�1 = 1 (mod p).

Beweis (Ivory 1806). Nach Lemma 4.1 (b) bilden die p � 1 Zahlen a; 2a; : : : ; (p � 1)a ein

Repr�asentantensystem von Z�p, d.h. jede davon ist kongruent zu genau einer der Zahlen

1; 2; 3; : : : ; p� 1. Aus Lemma 4.1 (a) folgt somit

a � (2a) � � � ((p� 1)a) � 1 � 2 � � � (p� 1) (mod p) :

Lemma 4.1 (b) zeigt dann xp�1 � 1 (mod p).

Dieser Beweis l�asst sich sehr leicht auf den Fall ausdehnen, dass p keine Primzahl ist. Hierzu

ist folgende De�nition zweckm�a�ig.

Definition (Eulersche '–Funktion).

F�ur n 2 N sei '(n) die Anzahl der zu n teilerfremden Zahlen k 2 f1; : : : ; ng.

Beachte: n 2 P () '(n) = n� 1. Ferner gilt '(n) = jZ�nj.

Satz 4.11 (Euler 1760).

Es sei 2 � n 2 N und x 2 Z teilerfremd zu n. Dann gilt x'(n) � 1 (mod n).

Beweis. Die '(n){vielen zu n teilerfremden Zahlen k 2 f1; : : : ; ng seien

a1; a2; : : : ; a'(n) :

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22 Modulare Arithmetik

Jede der Zahlen

a1x; a2x; : : : ; a'(n)x

ist aufgrund von Lemma 4.1 (b) kongruent modulo n zu genau einem aj , j = 1; : : : ; '(n),

d.h. Lemma 4.1 (a) (ii) ergibt

(a1x) � (a2x) � � � (a'(n)x) � a1 � � � a'(n) (mod n) :

K�urzt man hier mithilfe von Lemma 4.1 (b) der Reihe nach a1; : : : ; a'(n), so folgt die Be-

hauptung.

Beispiel 4.12.

Es sollen die letzten drei Zi�ern der Dezimaldarstellung von 999ermittelt werden. Es

gilt '(1000) = 400, d.h. 9400 � 1 (mod 1000). Ferner gilt

99 = (80 + 1)4 � 9 � (4 � 80 + 1) � 9 � �79 � 9 � 89 (mod 400) :

Daher gilt modulo 1000 mithilfe des Binomischen Satzes

999 � 989 = (910)89 = �

89

2

!� 100 + 89 � 10� 1 � 400� 110� 1 = 289 :

Es folgt 999= : : : 289.

Satz 4.13.

Es sei 3 � p 2 P. Dann existiert ein x 2 Z mit x2 � �1 (mod p) genau dann, wenn

p � 1 (mod 4).

Beweis. Es sei p � 1 (mod 4). Modulo p gilt dann nach dem Satz von Wilson

�1 � (p� 1)! =

�p� 1

2

�!

(p�1)=2Yj=1

(p� j) ��p� 1

2

�! (�1)(p�1)=2

�p� 1

2

�! =

��p� 1

2

�!

�2:

Nun sei x 2 Z mit x2 � �1 (mod p). Der kleine Satz von Fermat impliziert dann

1 � xp�1 = (x2)(p�1)=2 � (�1)(p�1)=2 (mod p) :

Folglich ist (�1)(p�1)=2 = 1, also p � 1 (mod 4).

Eine modulare Gleichung der Form x2 � a (mod n) hei�t quadratische Kongruenz. Diese

werden sp�ater systematisch untersucht. Ihre L�osbarkeit bzw. Nichtl�osbarkeit hat wichtige

Konsequenzen u.a. f�ur Primzahlen. Wir illustrieren dies hier anhand der folgenden Aussage.

Korollar 4.14.

Es gibt unendlich viele Primzahlen der Form 4k + 1, k 2 N.

Beweis. Es seien p1 < p2 : : : die Primzahlen der Form 4k + 1, k 2 N. Die Zahl 2 < M :=

(2p1p2 � � � pn)2 + 1 � 1 (mod 4) hat nach Satz 4.13 nur Primteiler p > 2 der Form 4k + 1,

k 2 N, ist aber nicht durch 2; p1; : : : ; pn teilbar.

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Modulare Arithmetik 23

Aufgaben

1. *Es seien n 2 N und a; b 2 Z. Dann gilt ax � b (mod n) f�ur ein x 2 Z genau dann,

wenn ggT(a; n)jb. Die Anzahl der L�osungen der Gleichung ax � b (mod n) modulo n

ist ggT(a; n).

2. Es sei 2 � n 2 N und (n� 1)! � �1 (mod n). Dann gilt n 2 P.

3. Es sei 3 � p 2 P kein Teiler von a 2 Z. Dann gilt ap�12 � �1 (mod p).

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x 5

Lineare Konguenzen und die Eulersche Phifunktion

Die Ergebnisse von Kapitel 4 beruhen zum gro�en Teil auf Lemma 4.5, d.h. auf der L�osbarkeit

der linearen Kongruenz ax � 1 (mod n), falls a und n teilerfremd sind. Wir untersuchen

daher nun genauer die L�osbarkeit von endlich vielen linearen Kongruenzen und beginnen mit

dem folgenden zentralen Resultat.

Satz 5.1 (Chinesischer Restsatz).

Es seien n1; : : : ; nr 2 N paarweise teilerfremd und a1; : : : ; ar 2 Z. Dann existiert genau

eine ganze Zahl 0 � x < n1n2 � � �nr, die das Kongruenzsystem

x � a1 (mod n1)

...

x � ar (mod nr)

l�ost.

Beweis. (i) F�ur die Existenzaussage betrachten wir zun�achst den Fall r = 2. Da ggT(n1; n2) =

1 gibt es nach Lemma 4.5 A;B 2 Z mit An1 + Bn2 = 1. Multipliziert man diese Gleichung

mit a1 � a2, so ergibt sich nach einer Umformung

a1 � (a1 � a2)An1 = a2 � (a2 � a1)Bn2 : (�)

Diese Zahl, nennen wir sie y, erf�ullt also y � a1 (mod n1) und y � a2 (mod n2). Das gesuchte

x ergibt sich dann durch Division mit Rest: y = jn1n2 + x.

(ii) F�ur den Fall r = 3 seien wieder A;B 2 Z mit An1 + Bn2 = 1. Nach (i) existiert ein

x 2 Z, derart, dass

x � a1 � (a1 � a2)An1 (mod n1n2) und x � a3 (mod n3) :

Es gibt also ein j 2 Z mit

x = a1 � (a1 � a2)An1 + jn1n2(�)= a2 � (a2 � a1)Bn2 + jn1n2 :

Die Zahl x ist also eine L�osung des Kongruenzsystems f�ur r = 3. Durch Division mit Rest

�ndet man wieder eine L�osung zwischen � 0 und < n1n2n3.

(iii) Der Fall r � 4 ergibt sich nun induktiv, da man zwei Kongruenzen wie beschrieben zu

einer zusammenfassen kann.

(iv) Eindeutigkeit: Ist x0 2 Z mit x0 � aj (mod nj), j = 1; : : : ; r, so gilt nj j(x � x0), j =

1; : : : ; r, also n1 � � �nrj(x� x0), d.h. x0 � x (mod n1 � � �nr).

25

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26 Lineare Konguenzen und die Eulersche Phifunktion

Beispiel.

Betrachte x � 3 (mod 5), x � 5 (mod 9). Aus 1 = 2 � 5� 1 � 9 erh�alt man 2 = 4 � 5� 2 � 9,also t1 = 4 und t2 = 2, d.h. x = 23.

Bemerkung 5.2 (Chinesischer Restsatz und prime Restklassengruppen).

Es seien n1; n2 2 N mit ggT(n1; n2) = 1. F�ur [a] 2 Z�n1n2 gilt dann ggT(a; n1n2) = 1. Wir

setzen a1 :� a (mod n1) und a2 :� a (mod n2). Dann gilt [aj ] 2 Z�nj , denn ggT(aj ; nj) =

1. Hierdurch ist also eine Abbildung

Z�n1n2 ! Z�

n1 �Z�n2 ; [a] 7! (a1; a2)

wohlde�niert. Diese ist nach dem Chinesischen Restsatz bijektiv. Hierzu beachte man,

dass es zu jedem [a1] 2 Z�n1 und jedem [a2] 2 Z�

n2 nach Satz 5.1 ein eindeutig bestimm-

tes [a] 2 Zn1n2 gibt, derart, dass a � aj (mod nj) f�ur j = 1; 2. Wegen ggT(a1; n1) =

ggT(a2; n1) ist auch ggT(a; n1n2) = 1, d.h. [a] 2 Z�n1n2.

Die Abbildung aus Bemerkung 5.2 ist strukturerhaltend, wenn man Folgendes beachtet:

Definition (Direktes Produkt von Gruppen).

Sind G1; G2 Gruppen, so ist das direkte Produkt G1 � G2 die Gruppe mit den Paaren

(a1; a2), a1 2 G1, a2 2 G2 als Elemente und koordinatenweiser Verkn�upfung (a1; a2) �(b1; b2) = (a1b1; a2b2).

Korollar 5.3 (Gruppentheoretische Interpretation des chinesischen Restsatzes).

Es seien n1; : : : ; nr 2 N paarweise teilerfremd. Dann ist durch

: Z�n1���nr ! Z�

n1 � � � � �Z�nr ;

(a) = (a1; : : : ; ar) wobei aj � a (mod nj); j = 1; : : : ; r ;

ein Gruppenisomorphismus gegeben.

Beweis. Wir wissen bereits, dass die Abbildung wohlde�niert und bijektiv ist. Dass ein

Homomorphismus ist, folgt aus ab � ajbj (mod nj), j = 1; 2 : : : ; r.

Korollar 5.4 (Multiplikativitat der Eulerschen Phifunktion).

Es seien n;m 2 N teilerfremd. Dann gilt '(nm) = '(n)'(m).

Beweis. Beachtet man '(N) = jZ�N j, so folgt aus Bemerkung 5.2, dass gilt: '(nm) =

jZ�nmj = jZ�

n �Z�mj = '(n)'(m).

Bemerkung (RSA–Codierunsgverfahren).

Gilt n = pq f�ur zwei Primzahlen p 6= q, so folgt aus Korollar 5.4, dass '(n) = '(p)'(q) =

(p�1)(q�1), d.h. '(n) l�asst sich nur dann schnell berechnen, wenn man die Primteiler

p und q von n kennt. Ist n sehr gro�, so ist das Au�nden von p und q aber i.Allg. sehr

aufw�andig. Hierauf beruht das sog. RSA{Verfahren, welches wie folgt arbeitet.

� 1.Schritt: Vorbereitung

Es seien p 6= q (gro�e) Primzahlen und n := pq. W�ahle 1 < r < '(n) = (p�1)(q�1),derart, dass ggT(r; '(n)) = 1. Wir nennen das Paar (n; r) den offentlichen Schlussel.

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Lineare Konguenzen und die Eulersche Phifunktion 27

W�ahle nun 1 < s < '(n) mit rs � 1 (mod '(n)). Dies ist m�oglich, da [r] 2 Z�'(n)

wegen ggT(r; '(n)) = 1. Wir nennen s den geheimen Schlussel. Beachte, dass man

den geheimen Schl�ussel s aus dem �o�entlichen Schl�ussel (n; r) nur dann schnell

berechnen kann, wenn man '(n), d.h. die Primteiler p und q von n kennt.

� 2.Schritt: Verschl�usselung mit dem �o�entlichen Schl�ussel (n; r).

Es sei 1 � N < n mit ggT(N;n) = 1 die zu �ubermittelnde Nachricht. Berechne den

Rest 0 � R < n von Nr bei Division durch n, d.h.

R � Nr (mod n) :

Diese Berechnung von R ist bei Kenntnis von N und (n; r) sehr e�zient m�oglich.

Die Zahl R wird nun �ubertragen.

� 3. Schritt: Entschl�usselung von R mit dem geheimen Schl�ussel s.

Aus Satz 4.11 (Satz von Euler) folgt wegen rs = 1 + j'(n) f�ur ein j 2 Z, dass

N1+j'(n) � 1 (mod n), da ggT(N;n) = 1, d.h.

Rs � Nrs = N1+j'(n) � N (mod n) :

Auch hier ist die Berechnung von N aus R und s sehr e�ektiv durchf�uhrbar.

Lemma 5.5 (Eulersche Phifunktion fur Primzahlpotenzen).

Es sei p 2 P. Dann gilt '(pa) = pa�1(p� 1) f�ur alle a 2 N.

Beweis. Von den pa Zahlen 1; 2; : : : ; pa ist genau jede p{te durch p teilbar; die Anzahl der zu

p (d.h. zu pa) teilerfremden unter diesen Zahlen ist somit '(pa) = pa�pa�1 = pa�1(p�1).

Korollar 5.6 (Formel fur Eulersche Phifunktion).

Es sei n 2 N. Dann gilt

'(n) = n �Y

P3pjn

�1� 1

p

�:

Beweis. Es sei ap 2 N0 der Exponent von p 2 P in der kanonischen Primfakorzerlegung von

n, d.h.

n =Y

P3pjnpap :

Es folgt

'(n) = '

0@ Y

P3pjnpap

1A 5:4

=Y

�3pjn'(pap)

5:5=

Y�3pjn

pap�1� 1

p

�= n �

YP3pjn

�1� 1

p

�:

Beispiel.

Es sei n = 30 = 2 � 3 � 5. Dann gilt '(30) = '(2)'(3)'(5) = 1 � 2 � 4 = 8 mit Z�30 =

f1; 7; 11; 13; 17; 19; 23; 29g.

Satz 4.11 besagt a'(n) � 1 (mod n) f�ur [a] 2 Z�n und motiviert die folgende De�nition.

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28 Lineare Konguenzen und die Eulersche Phifunktion

Definition (Ordnung einer primen Restklasse).

Es sei n 2 N. F�ur [a] 2 Z�n hei�t die kleinste Zahl k 2 N, derart, dass [a]k = [1] die

Ordnung von a (modulo n). Man schreibt k = ordn[a].

Beispiel.

Es sei n = 5. Dann gilt ord5[1] = 1, ord5[2] = ord5[3] = 4, sowie ord5[4] = 2. Beachte

'(5) = 5� 1 = 4.

Satz 5.7.

Es sei n 2 N und [a] 2 Z�n mit k = ordn[a]. Dann gilt:

(a) [a]m = [1] () m � 0 (mod k).

Insbesondere gilt k j'(n).

(b) [a]j = [a]l () j � l (mod k).

(c) Die Restklassen [a]; [a]2; : : : ; [a]k sind paarweise verschieden.

(d) ordn�[a]h

�= k

ggT(h;k) .

(e) ordn�[a]h

�= k () ggT(h; k) = 1.

Beweis. (a) Sei zun�achstm � 0 (mod k), d.h.m = jk f�ur ein j 2 Z. Es folgt [a]m = [a]jk =

([a]k)j = [1]j = [1]. Gilt umgekehrt [a]m = [1] und ist m = qk + r mit q 2 Z und 0 � r < k,

so folgt

[1] = [a]m = [a]qk+r = ([a]k)q[a]r = [1]q[a]r = [a]r :

Da aber k die kleinste nat�urliche Zahl mit [a]k = 1 ist, folgt r = 0, d.h. kjm. Da [a]'(n) = [1]

nach Satz 4.11 ergibt sich k j'(n).(b) Wegen [a]j = [a]l () [a]j�l = [1] folgt (b) unmittelbar aus (a).

(c) Folgt aus (b).

(d) Sei d := ggT(h; k) und h = dh1, k = dk1, also ggT(h1; k1) = 1. Dann gilt

�[a]h

�k1=�[a]k

�h1= [1]h1 = [1] :

Aus (a) folgt r := ordn�[a]h

�j k1. Andererseits gilt

[a]hr =�[a]h

�r= [1] ;

d.h. kjhr nach (a), also k1jh1r. Da ggT(k1; r1) = 1, folgt k1jr. Zusammen ergibt sich k1 = r.

(e) Folgt aus (d).

Beispiel 5.8.

Wir bestimmen ord31[7]. Nach Satz 5.7 (a) kommen nur Teiler von '(31) = 30 = 2 � 3 � 5

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Lineare Konguenzen und die Eulersche Phifunktion 29

in Frage. Wir berechnen f�ur d = 2; 3; 5; 6; 10; 15 die Potenzen 7d modulo 31:

72 � 18 � �1373 � 72 � 7 � (�13) � 7 � 2

75 � 73 � 72 � 2 � (�13) � 5

76 � 73 � 73 � 2 � 2 � 4

710 � 75 � 75 � 5 � 5 � �6715 � 710 � 75 � (�6) � 5 � 1 :

Folglich gilt ord31[7] = 15.

Wir wenden Satz 5.7 auf Primzahlen an:

Beispiel 5.9.

Es sei p 2 P und q 2 P ein Teiler von 2p � 1. Dann gilt q � p+ 1.

Beweis. Da qj(2p � 1), folgt 2p � 1 (mod q). Beachte, q ist ungerade. Der Satz von Fermat

zeigt 2q�1 � 1 (mod q). Sei r := ordq[2]. Nach Satz 5.7 (a) teilt r sowohl q � 1 als auch p.

Da p 2 P, ist r = p oder r = 1. Letzteres ist nicht m�oglich, da 2 6� 1 (mod q). Es folgt r = p

und pj(q � 1), d.h. q � p+ 1.

Aufgaben

1. Man �nde die eindeutige L�osung 0 � x < 105 des Systems von linearen Kongruenzen

x � 2 (mod 3) ; x � 3 (mod 5) ; x � 2 (mod 7) :

2. Man l�ose die Kongruenz

883x � �103 (mod 2275) : (�)

3. Berechne '(360).

4. Bestimme alle n 2 N mit '(n) = 12.

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x 6

Primitive Restklassen

Die Restklassen in Z�n haben maximal Ordnung '(n). Dies motiviert die folgende De�nition.

Definition (Primitive Restklasse).

Es sei n 2 N und a 2 Z mit [a] 2 Z�n. Dann hei�t [a] primitive Restklasse, falls

ordn[a] = '(n).

Primitive Restklassen in Z�n gibt es nicht immer.

Beispiel 6.1.

F�ur n = 8 gibt es '(8) = 4 prime Restklassen und zwar [1]; [3]; [5]; [7] der Ordnung

1; 2; 2; 2. Es gibt also keine Restklasse der Ordnung '(8) = 4, d.h. keine primitiven

Restklassen in Z�8.

Dagegen gibt es stets primitive Restklassen in Z�p f�ur p 2 P. Hierzu ben�otigen wir den

folgenden Hilfssatz aus der Linearen Algebra sowie eine weitere Eigenschaft der Eulerschen

Phifunktion.

Hilfssatz (Lagrange). Es sei K ein K�orper und f(x) ein Polynom mit Koe�zienten aus

K vom Grad n 2 N. Dann besitzt f(x) h�ochstens n Nullstellen in K.

Satz 6.2 (Weitere Eigenschaften der Eulerschen Phifunktion).

Es sei n 2 N. Dann gilt XN3djn

'(d) = n :

F�ur n � 3 ist '(n) gerade.

Beweis. K�urzt man die Br�uche mn f�ur m = 1; 2 : : : ; n, so erh�alt man als Nenner genau die

Teiler d 2 N von n, und zu jedem solchen Nenner d gibt es genau '(d) m�ogliche Z�ahler. Nun

sei n � 3 und a 2 f1; : : : ; ng teilerfremd zu n. Dann ist auch n� a teilerfremd zu a. Wegen

n � 3 gilt n� a 6= a, d.h. die zu n teilerfremden Zahlen a treten paarweise auf, also ist ihre

Anzahl '(n) gerade.

Satz 6.3.

Es sei p 2 P und d 2 N ein Teiler von '(p) = p � 1. Dann gibt es in Z�p genau '(d){

viele prime Restklassen der Ordnung d. Insbesondere gibt es '(p � 1){viele primitive

Restklassen in Z�p.

Beweis. (i) F�ur jeden Teiler d von p� 1 sei (d) die Anzahl der primen Restklassen mod p

mit der Ordnung d. Da jede Restklasse in Z�p eine Ordnung d besitzt und diese '(p) = p� 1

31

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32 Primitive Restklassen

teilt (Satz 5.7 (a)), folgt Xdjp�1

(d) = p� 1 : (?)

(ii) Sei djp� 1 mit (d) > 0, d.h. es gibt mindestens eine prime Restklasse [a] der Ordnung

d. Dann sind die Restklassen [a]j , j = 1; 2; : : : ; d nach Satz 5.7 (c) paarweise verschieden und

Nullstellen des Polynoms xd � [1]:

�[a]j

�d � [1] =�[a]d

�j � [1] = [1]j � [1] = [1]� [1] = [0] :

Nach dem Hilfssatz sind die Restklassen [a]j , j = 1; 2; : : : ; d also genau Nullstellen von xd�[1]im K�orper Z�

p. Alle Elemente in Z�p der Ordnung d sind also unter diesen Restklassen zu

�nden. Nun hat [a]j nach Satz 5.7 genau dann Ordnung d, wenn ggT(j; d) = 1. Folglich ergibt

sich (d) = '(d), falls (d) > 0.

(iii) Aus (ii) folgt (d) � '(d) f�ur alle positiven Teiler d von p� 1. DaP

djp�1 '(d) = p� 1

(Satz 6.2), ergibt sich aus (?), dass (d) = '(d) > 0 f�ur jeden Teiler d von p�1. Insbesondere

existiert also eine primitive Restklasse der Ordnung d.

Bemerkung.

Es existiert eine primitive Restklasse [a] 2 Z�n genau dann, wenn

Z�n = f[a]; [a]2; : : : ; [a]'(n)g ;

wobei [a]'(n) = [1] nach Satz 4.11.

Definition (Zyklische Gruppe).

Eine endliche Gruppe G hei�t zyklisch, falls es ein a 2 G gibt, derart, dass G =

fa; a2; : : : ; akg f�ur ein k 2 N.

Bemerkung.

Es gilt also: Z�n besitzt eine primitive Restklasse () Z�

n ist zyklisch.

Es stellt sich die Frage, f�ur welche n 2 N die prime Restklassengruppe Z�n zyklisch ist.

Nach Satz 6.3 ist Z�n zyklisch f�ur jedes n 2 P.

Satz 6.4.

Z�n ist zyklisch genau in den folgenden F�allen

(a) n = pm, 3 � p 2 P, m 2 N.

(b) n = 2pm, 3 � p 2 P, m 2 N.

(c) n = 2; 4.

Beweis f�ur n = 2m. Die Gruppen Z�2 = f1g und Z�

4 = f1; 3g sind o�ensichtlich zyklisch.

Nun sei n = 2m mit 3 � m 2 N. Wir behaupten

a2m�2 � 1 (mod 2m) f�ur alle [a] 2 Z�

2m (�)

f�ur alle m � 3 und zeigen dies induktiv. F�ur m = 3 und [a] 2 Z�8 gilt a2 � 1 (mod 8),

siehe Beispiel 6.1 (Induktionsbeginn). F�ur den Induktionsschritt gelte nun (�) und es sei

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Primitive Restklassen 33

[a] 2 Z�2m+1 . Dann ist [a] 2 Z�

2m , d.h. nach Induktionsvoraussetzung gilt a2m�2

= 1+ b2m f�ur

ein b 2 Z. Es folgt a2m�1

= (1 + b2m)2 = 1+ (b+ b22m�1)2m+1, also a2m�1 � 1 (mod 2m+1).

Damit ist (�) gezeigt. Da '(2m) = 2m�1 > 2m�2 hat Z�2m keine primitven Elemente und ist

daher nicht zyklisch.

Beweis f�ur n = n1n2 mit n1; n2 � 3 und ggT(n1; n2) = 1. Sei [a] 2 Z�n, also ggT(a; n) = 1.

Da '(n) nach Satz 6.2 sicher gerade ist und ggT(a; n1) = 1 gilt, folgt mit dem Satz von Euler

a'(n)2 = a'(n1)

'(n2)

2 � 1 (mod n1)

und analog

a'(n)2 � 1 (mod n2) :

Aus n1 j a'(n)=2 � 1 und n2 j a'(n)=2 � 1 folgt n1n2 j a'(n)=2 � 1, denn n1 und n2 sind

teilerfremd, also gilt

a'(n)2 � 1 (mod n) :

Folglich ist Z�n nicht zyklisch.

Um die F�alle n 2 fpm; 2pmg, 3 � p 2 P zu behandeln, ben�otigen wir die folgende Hilfsaus-

sage.

Lemma 6.5.

Es sei 3 � p 2 P und [a] 2 Z�p primitive Restklasse. Dann existiert ein b 2 [a], derart,

dass

bpk�1(p�1) 6� 1 (mod pk+1) f�ur alle k 2 N :

Beweis. (i) Wir w�ahlen ein b 2 [a] mit bp�1 6� 1 (mod p2) wie folgt. Falls ap�1 6� 1 (mod p2),

so setzen wir b := a. Anderenfalls setzen wir b := a+ p und erhalten modulo p2 mithilfe des

Binomischen Satzes

bp�1 = (a+ p)p�1 � 1 + (p� 1)ap�2p � 1� pap�2 (mod p2) :

Da [a] 2 Z�p primitive Restklasse ist, gilt ap�1 � 1 (mod p), also p - ap�1, d.h. bp�1 6�

1 (mod p2).

(ii) F�ur das in (i) gew�ahlte b zeigen wir jetzt die Behauptung des Lemmas mithilfe vollst�andi-

ger Induktion �uber k. Der Induktionsbeginn k = 1 ist bereits gezeigt. Da '(pk) = pk�1(p�1)

und ggT(b; pk) = 1 (da [b] primitiv), ergibt sich aus Satz 4.11

bpk�1(p�1) = b'(p

k) � 1 (mod pk) ;

d.h. bpk�1(p�1) = 1 + cpk mit einem c 2 Z. Nach Induktionsvoraussetzung gilt hierbei p - c.

Potenziert man mit p, so folgt

bpk(p�1) = (1 + cpk)p � 1 + cpk+1 (mod pk+2) :

Wegen p - c, folgt bpk(p�1) 6� 1 (mod pk+2).

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34 Primitive Restklassen

Beweis von Satz 6.4 f�ur n = pm und 3 � p 2 P. Nach Satz 6.3 gibt es eine primitive Rest-

klasse [a] 2 Z�p. Wir w�ahlen b 2 [a] wie in Lemma 6.5, so dass ordp[b] = '(p) = p� 1. Es sei

d := ordpm [b], d.h. es gilt d j '(pm) = pm�1(p � 1). Andererseits ist d durch p � 1 = ordp[b]

teilbar, denn aus bd � 1 (mod pm) folgt auch bd � 1 (mod p). Daher ist d = pj(p� 1) f�ur ein

0 � j � m� 1. W�are j < m� 1, so w�are

bpm�2(p�1) = bd � 1 (mod pm) ;

im Widerspruch zu Lemma 6.5. Also ist j = m� 1, d.h. d = pm�1(p� 1) = '(pm) und [b] ist

primitive Restklasse in Z�pm .

Beweis von Satz 6.4 f�ur n = 2pm und 3 � p 2 P. Es sei [a] 2 Z�pm eine primitive Restklas-

se. Wir setzen b := a falls a ungerade bzw. b := a + pm falls a gerade. Dann ist b ungerade

und ggT(b; 2pm) = 1. F�ur d := ord2pm [b] gilt bd � 1 (mod 2pm), also bd � 1 (mod pm). Da

[b] primitive Restklasse modulo pm ist, hei�t dies '(pm)jd, also d = '(pm) = '(2pm). Somit

ist [b] primitive Restklasse in Z�2pm .

Bemerkung.

Der Beweis von Satz 6.4 zeigt, wie man eine primitive Restklasse in Z�pm bzw. in Z�

2pm

�ndet (f�ur die in Satz 6.4 genannten F�alle), wenn man eine primitive Restklasse in Z�p

kennt: Ist [a] 2 Z�p primitive Restklasse mit ap�1 6� 1 (mod p2) (wobei man ggf. a durch

a + p ersetzen muss), so ist a Vertreter einer primitiven Restklasse modulo pm. Ist a

ungerade, so ist a auch Vertreter einer primitiven Restklasse modulo 2pm. Ist dagegen

a gerade, so ist a+ pm Vertreter einer primitiven Restklasse modulo 2pm.

Beispiel.

(a) Es sei n = 5m. Dann ist [2] primitive Restklasse modulo p = 5. Beachte 24 = 16 6�1 (mod 25). Daher ist [2] primitive Restklasse modulo 5m f�ur alle m 2 N.

(b) Es sei n = 10 = 2 � 5. Die primitiven Restklassen modulo p = 5 sind [2] und [3],

wobei 24 = 16; 34 = 81 6� 1 (mod 25), d.h. [3] und [7] = [2]+[5] sind primitive Restklassen

modulo 10.

Aus einer primitiven Restklasse [a] in Z�n, lassen sich alle anderen wie folgt bestimmen.

Satz 6.6.

Es sei [a] 2 Z�n eine primitive Restklasse. Dann ist

f[a]j : 1 � j � '(n); ggT(j; '(n)) = 1gdie Menge aller primitiven Restklassen in Z�

n.

Beweis. Es gilt Z�n = f[a]j : 1 � j � '(n)g, wobei [a]j genau dann primitiv ist, wenn

ordn([a]j) = '(n). Satz 5.7 (d) zeigt, dass dies genau dann der Fall ist, wenn ggT(j; '(n)) = 1

gilt.

Wir wenden nun die Theorie der primitiven Restklassen auf die Dezimalbruchentwicklung

rationaler Zahlen an und beweisen zun�achst den folgenden Darstellungssatz.

Satz 6.7.

Es seien a; b 2 N mit ggT(a; b) = 1. Ferner seien �; � 2 N0, c 2 N mit b = 2�5�c und

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Primitive Restklassen 35

ggT(10; c) = 1, sowie v := maxf�; �g. Dann besitzt die rationale Zahl a=b die folgende

Darstellung.

(a) Falls c = 1, so ista

b=

s

10v

f�ur ein s 2 N.

(b) Falls c 6= 1, so ist

a

b=

s

10v+

r

10v

1Xk=1

10�kn

f�ur s; r 2 N mit r < 10n � 1 und n = ordc[10].

Bemerkung.

Die Zahl s10v hei�t Vorperiode von a

b und hat eine Dezimaldarstellung der Form

s

10v= a0; a1a2 : : : av mit a0 2 N0 ; a1; : : : ; av 2 f0; 1; : : : ; 9g :

Im Fall (b) hei�t die Zahl r 2 N Periode von a=b. Sie hat eine Dezimaldarstellung der

Form

r = av+1 : : : av+n mit aj 2 f0; 1; : : : ; 9g ;wobei r = 9 : : : 9 wegen r < 10n � 1 ausgeschlossen ist. Satz 6.7 besagt also, dass a

b die

folgende Dezimalbruchentwicklung besitzt:

a

b= a0; a1 : : : avav+1 : : : av+nav+1 : : : av+n : : : :

Man schreibt hierf�ura

b= a0; a1 : : : avav+1 : : : av+n ;

und nennt die Dezimalbruchentwicklung abbrechend, falls c = 1 bzw. periodisch mit

Periodenl�ange n, falls c 6= 1.

Die positive rationale Zahl ab (in teilerfremder Darstellung) hat also genau dann eine ab-

brechende Dezimalbruchentwicklung, wenn b nur die Primteiler 2 oder 5 besitzt. Ande-

renfalls hat ab eine periodische Dezimalbruchentwicklung der Periodenl�ange n = ordc[10]

(mit c als dem maximalen zu 10 teilerfremden Teiler von b).

Beispiele.

F�ur die Nenner 3 und 9 ist die Periodenl�ange also 1, f�ur den Nenner 11 ist die Peri-

odenl�ange 2 und f�ur den Nenner 7 ist die Periodenl�ange 6.

Beweis. Da 10vcab 2 N, zeigt eine Division mit Rest, dass es eindeutig bestimmte s; d 2 N0

mit 0 � d < c gibt, derart, dass

a

b10vc = sc+ d () a

b=

s

10v+

1

10vd

c:

Falls c = 1, so ist d = 0 und Fall (a) ist bereits gezeigt. Nun sei c > 1. Aus n = ordc[10] folgt

10n � 1 (mod c), also cj10n � 1, d.h. 10n � 1 = jc f�ur ein j 2 N. F�ur r := dj 2 N gilt dann

r =d

c(10n � 1) < 10n � 1

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36 Primitive Restklassen

undd

c=

r

10n � 1= r �

1Xk=1

10�kn

und Fall (b) ist ebenfalls gezeigt.

Beispiel 6.8.

Es sei ab =

17 . Wegen b = 20507 hat die Dezimalbruchentwicklung von 1

7 keine Vorperiode

und ist periodisch mit Periodenl�ange n = ord7[10]. Da n j '(7) = 6, berechnen wir

(jeweils modulo 7)

102 � 2 ; 103 � 6 ; 106 � 62 � 1 ;

d.h. n = 6. Es gilt 106 � 1 = 999999 = 7 � 142857, d.h. r = 142857, also

1

7= 0; 142857 :

Berechnet man analog

3

7= 0; 428571 ;

2

7= 0; 285714 ;

6

7= 0; 857142 ;

4

7= 0; 571428 ;

5

7= 0; 714285 ;

so stellt man fest, dass die auftretenden Perioden durch zyklische Vertauschung aus-

einander hervorgehen. Ist dies Zufall oder Notwendigkeit?

Satz 6.9.

Es sei m 2 nf1g mit ggT(10;m) = 1. Die '(m){vielen reduzierten Br�uche

a

mmit 1 � a < m und ggT(a;m) = 1

haben alle die Periodenl�ange n = ordm[10]. Falls ordm[10] = '(m), d.h. falls [10] 2 Z�m

primitiv ist, so ergeben sich alle betrachteten Br�uche durch zyklische Vertauschung der

Zi�ern in der Periode von 1=m.

Beweis. Es gilt1

m= 0; a1 : : : an

nach Satz 6.7, da ggT(10;m) = 1 und n = ordm[10]. Daraus folgt

0; a2a3 : : : ana1 = 10 � 1m� a1 = 10� a1m

m;

wobei 0 < 10�a1m < m und ggT(10�a1m;m) = ggT(10;m) = 1. Somit ist 0; a2a3 : : : ana1die Dezimalbruchentwicklung einer der betrachteten Br�uche. Es ergeben sich also durch zy-

klische Vertauschungen insgesamt n = ordm[10] der betrachteten Br�uche, d.h. alle im Fall

n = '(m).

Bemerkung.

Gau� hat vermutet, dass es unendlich viele Primzahlen p 2 P gibt mit ordp[10] = '(p) =

p�1. Wie gesehen, hat genau f�ur diese Primzahlen p die Dezimalbruchentwicklung von

1=p die gr�o�tm�ogliche Periodenl�ange und die Perioden der Dezimalbruchentwicklungen

von a=p, a = 1; 2 : : : ; p � 1, gehen durch zyklische Vertauschungen auseinander hervor.

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Primitive Restklassen 37

Artin hat sogar die Vermutung aufgestellt, dass f�ur jede Nichtquadratzahl a 2 Nnf1gunendlich viele Primzahlen p existieren, derart, dass die Restklasse [a] 2 Z�

p primitiv

ist. Die Artinsche und auch die speziellere Gau�sche Vermutung sind nach wie vor

o�en.

Aufgaben

1. Man bestimme alle p 2 P, f�ur welche die Dezimalbruchentwicklung von 1p die Peri-

odenl�ange 8 hat.

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x 7

Quadratische Reste

Motivation.

Korollar 4.14 besagt, dass es unendlich viele Primzahlen der Form 4k+1, k 2 N, gibt.

Diese Aussage beruht letzten Endes auf Satz 4.13, der die L�osbarkeit der quadratischen

Kongruenz

x2 � �1 (mod p)

f�ur den Fall 3 � p 2 P beschreibt. In diesem Kapitel behandeln wir systematisch qua-

dratische Kongruenzen der Form

x2 � a (mod p) :

Definition (Quadratischer Rest).

Es sei 3 � p 2 P und a 2 Z nicht durch p teilbar. Dann hei�t a quadratischer Rest

(oder Quadrat) modulo p, falls es ein x 2 Z gibt, derart, dass

x2 � a (mod p) :

Anderenfalls hei�t a quadratischer Nichtrest (oder Nichtquadrat) modulo p.

Beispiel.

Die quadratischen Reste modulo 13 sind 1; 22 � 4; 32 � 9; 42 � 3; 52 � 12; 62 � 10.

Satz 7.1.

Es sei 3 � p 2 P. Dann gibt es unter den Zahlen 1; 2; : : : ; p� 1 genau p�12 quadratische

Reste modulo p.

Beweis. Die Anzahl der quadratischen Reste modulo p unter den Zahlen 1; 2; : : : ; p � 1 ist

gleich der Anzahl der paarweise verschiedenen Quadrate u2, u 2 Zpnf0g. Da u2 � v2 =

(u� v)(u+ v), gilt u2 = v2 genau dann, wenn u = v oder u = �v. Wegen p > 2 und u 6= 0

kann aber nicht u = �u gelten. Es gibt also genau p�12 Quadrate 6= 0 in Zp.

Bemerkung.

Es seien p 2 Pnf2g sowie a und b aus Z teilerfremd zu p mit a � b (mod p). Dann gilt:

a ist Quadrat modulo p () b Quadrat modulo p. Man nennt in diesem Fall daher auch

[a] Quadrat in Zp.

Korollar 7.2.

Es sei p 2 Pnf2g und [a] 2 Z�p eine primitive Restklasse. Dann sind [a]2; [a]4; : : : ; [a]p�1

paarweise verschiedene Quadrate in Zp und [a]; [a]3; : : : ; [a]p�2 paarweise verschiedenene

Nichtquadrate in Zp.

Dieses Korollar motiviert (vgl. Vorlesung) die folgende De�nition.

39

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40 Quadratische Reste

Definition (Legendre–Symbol).

Es sei 3 � p 2 P und a 2 Z. Wir setzen

�a

p

�=

8>><>>:+1 a quadratischer Rest modulo p

�1 falls a quadratischer Nichtrest modulo p

0 p teilt a

und nennen�ap

�das Legendre{Symbol.

Bemerkung.

Es sei 3 � p 2 P. Dann gilt�1p

�= 1 (da 12 = 1) und

�ap

�= �1 f�ur jede primitive

Restklasse [a] 2 Z�p.

Satz 7.3 (Euler–Kriterium).

Es sei 3 � p 2 P und a 2 Z. Dann gilt�a

p

�� a

p�12 (mod p) :

Beweis. F�ur p j a ist dies klar. Sei daher p kein Teiler von a. Sei�ap

�= 1. Dann ist [a] ein

Quadrat [b]2 in Zp. Es folgt

[a]p�12 = [b]p�1 = [1]

nach dem Satz von Fermat. Folglich sind genau die p�12 Quadrate in Z�

p die Nullstellen von

xp�12 � 1 :

Ist [a] 2 Z�p ein Nichtquadrat, so folgt daher aus 1 = [a]p�1 =

�[a]

p�12

�2, dass a

p�12 = �1.

Korollar 7.4 (Multiplikativitat des Legendre–Symbols).

Es seien 3 � p 2 P und a; b 2 Z. Dann gilt�ab

p

�=

�a

p

��b

p

�:

Ferner gilt ��1p

�= (�1) p�12 =

8<:+1 falls p � 1 mod 4 ;

�1 falls p � 3 mod 4 :

Beweis. Falls p j ab, so folgt p j a oder p j b (Lemma von Euklid), und beide Seiten sind 0.

Falls p - ab, so gilt

ap�12 � b p�12 � (ab)

p�12 (mod p)

und die Behauptung folgt aus dem Euler{Kriterium.

Folglich sind"nur noch\ die Werte

�qp

�f�ur Primzahlen q und 3 � p 2 P interessant.

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Quadratische Reste 41

Lemma 7.5 (Gaußsches Lemma).

Es sei 3 � p 2 P und p - a. Bezeichnet man mit � die Anzahl der Zahlen j mit

1 � j � p�12 , derart, dass der betragsm�a�ig kleinste Rest von aj mod p negativ ist, so

gilt �a

p

�= (�1)� :

Beweis. Es bezeichne r(aj) den betragsm�a�ig kleinsten Rest von aj mod p, d.h. es gilt

�p� 1

2� r(aj) � p� 1

2:

Gilt nun jr(aj)j = jr(ak)j f�ur 1 � j 6= k � p�12 , so ist aj � ak (mod p), denn aj �

�ak (mod p) oder a(j + k) � 0 (mod p) ist wegen p - a und 0 < j + k < p nicht m�oglich. Es

folgt �jr(aj)j : 1 � j � p� 1

2

�=

�1; 2; : : : ;

p� 1

2

�:

Nun beachte man, dass r(aj) = �jr(aj)j genau dann, wenn r(aj) < 0, d.h.

p�12Y

j=1

r(aj) = (�1)��p� 1

2

�! :

Andererseits istp�12Y

j=1

r(aj) �p�12Y

j=1

aj � ap�12

�p� 1

2

�! (mod p) ;

d.h.

ap�12 � (�1)� (mod p) :

Satz 7.3 zeigt nun �a

p

�� (�1)� (mod p) ;

also die Behauptung.

Korollar 7.6.

Es sei 3 � p 2 P. Dann gilt �2

p

�= (�1) p

2�18 ;

d.h. 2 ist genau dann ein Quadrat modulo p, wenn p � 1 (mod 8) oder p � 7 (mod 8).

Beweis. F�ur die Zahlen r(2j) mit 1 � j � p�12 gilt r(2j) < 0 genau dann, wenn

p� 1

2< 2j � p = 1 () p� 1

4< j � p� 1

2:

Es folgt

� =

8>><>>:p� 1

4falls p � 1 (mod 4)

p+ 1

4falls p � 3 (mod 4) :

Folglich ist � genau dann gerade, wenn p� 1 � 0 (mod 8) oder p+ 1 � 0 (mod 8).

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42 Quadratische Reste

Anwendung 7.7 (Fermat–Zahlen).

Es sei Fn = 22n+ 1 die nte Fermatzahl, n � 2, und P 3 p j Fn. Dann gilt p �

1 (mod 2n+2).

Beweis. Nach Voraussetzung gilt 22n � �1 (mod p). Quadriert man diese Kongruenz, so

folgt ordp[2] = 2n+1. Satz 5.7 (a) zeigt, dass 2n+1 = ordp[2] j '(p) = p � 1, d.h. p �1 (mod 2n+1). Die tieferliegende Aussage p � 1 (mod 2n+2) beweisen wir jetzt mithilfe

der Theorie der quadratischen Reste. Hierzu beachten wir, dass wegen n � 2 aus p �1 (mod 2n+1) zun�achst sicher p � (mod 8) folgt. Korollar 7.6 zeigt

�2p

�= 1, d.h. es gibt ein

x 2 Z mit x2 � 2 (mod p). Potenziert man dies mit 2n+1, so ergibt sich x2n+2 � 22

n+1 �1 (mod p) nach dem kleinen Satz von Fermat, da ordp[2] = 2n+1. Damit gilt ordp[x] = 2j f�ur

ein N 3 j � n + 2 nach Satz 5.7 (a). Aus x2 � 2 (mod p) folgt durch Potenzieren mit 2j�1

jetzt 22j�1 � x2

j � 1 (mod p). Dies zeigt 2j�1 � ordp[2] = 2n+1, also j � n + 2. Zusammen

ergibt sich j = n+ 2, d.h. 2n+2 = ordp[x]j'(p) = p� 1, also p � 1 (mod 2n+2).

Beispiel 7.8.

Wir zeigen, dass F5 keine Primzahl ist. Es sei P 3 pjF5. Dann ist p � 1 (mod 27), also

p 2 f129; 257; 385; 513; 641; 769; : : :g. Hiervon sind 129, 385 und 513 keine Primzahlen

(Warum?). Es folgt p 2 f257; 641; 769; : : :g. Da F3 = 257 und ggT(F3; F5) = 1, folgt

p 2 f641; 769; : : :g. Der kleinste m�ogliche Primteiler von F5 ist also 641. Dass 641jF5,

haben wir bereits in Beispiel 4.3 gesehen.

p = 3 5 7 11 13 17 19 23 29 31 37 41 43 47

q = 3 0 �1 �1 1 1 �1 �1 1 �1 �1 1 �1 �1 1

5 �1 0 �1 1 �1 �1 1 �1 1 1 �1 1 �1 �17 1 �1 0 �1 �1 �1 1 �1 1 1 1 �1 �1 1

11 �1 1 1 0 �1 �1 1 �1 �1 �1 1 �1 1 �113 1 �1 �1 �1 0 1 �1 1 1 �1 �1 �1 1 �117 �1 �1 �1 �1 1 0 1 �1 �1 �1 �1 �1 1 1

19 1 1 �1 �1 �1 1 0 �1 �1 1 �1 �1 �1 �123 �1 �1 1 1 1 �1 1 0 1 �1 �1 1 1 �129 �1 1 1 �1 1 �1 �1 1 0 �1 �1 �1 �1 �131 1 1 �1 1 �1 �1 �1 1 �1 0 �1 1 1 �137 1 �1 1 1 �1 �1 �1 �1 �1 �1 0 1 �1 1

41 �1 1 �1 �1 �1 �1 �1 1 �1 1 1 0 1 �143 1 �1 1 �1 1 1 1 �1 �1 �1 �1 1 0 �147 �1 �1 �1 1 �1 1 1 1 �1 1 1 �1 1 0

Abbildung 7.1:�pq

�sowie die

"antisymmetrischen\ F�alle in rot.

Diese"Numerologie\ suggeriert das folgende Resultat.

Satz 7.9 (Quadratisches Reziprozitatsgesetz; Gauß 1801).

Es seien p; q 2 Pnf3g verschieden. Dann gilt:�p

q

��q

p

�= (�1) p�12 q�1

2 :

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Quadratische Reste 43

Hierzu ist �aquivalent:�pq

�= �

�qp

�falls p � q � 3 (mod 4)�

pq

�=

�qp

�falls p � 1 (mod 4) oder q � 1 (mod 4) :

Bemerkung (Methode zur Berechnung des Legendre–Symbols).

Sind p < q ungerade Primzahlen, so kann man mit Hilfe des Reziprozit�atsgesetzes die

Berechnung von�pq

�auf die Berechnung von

�qp

�zur�uckf�uhren und so den

"Nenner\

des Legendre{Symbols verkleinern. Dann ersetzt man�qp

�durch

�ap

�, wobei a 2 N mit

a < p und a � q (mod p) gew�ahlt sei.

Beispiel 7.10.

Wir untersuchen, ob 13 2 P ein quadratischer Rest modulo 3001 2 P ist. Es gibt in

Z3001 genau 1500 quadratische Reste, die wir aber nicht wirklich bestimmen m�ussen,

denn: Aus 3001 = 230 � 13 + 11 und dem Reziprozit�atsgesetz folgt�13

3001

�=

�3001

13

�=

�11

13

�=

�13

11

�=

�2

11

�= �1 :

Beispiel 7.11.

Es gilt wegen 701 � 1 (mod 4)�701

997

�=

�997

701

�=

�701 + 296

701

�=

�296

701

�=

�8

701

���37

701

�=

�2

701

���37

701

= ��37

701

�= �

�701

37

�= �

�18 � 37 + 35

37

�= �

�35

37

�= �

�5

37

���7

37

= ��37

5

���37

7

�= �

�2

5

���2

7

�= �(�1) � 1 = 1 :

Beweis von Satz 7.9. (i) Es sei

� = Anzahl derjenigen 1 � k � q�12 , f�ur die der betragsm�a�ig kleinste Rest modulo q

von pk negativ ist,

� = Anzahl derjenigen 1 � j � p�12 , f�ur die der betragsm�a�ig kleinste Rest modulo p

von qj negativ ist.

Nach dem Lemma von Gau� gilt�p

q

�= (�1)� und

�q

p

�= (�1)� :

(ii) Somit ist zu zeigen: �+ � ungerade () p � q � 3 (mod 4). Hierzu benutzen

wir eine Methode von F.G. Eisenstein. Es sei � die Menge der Gitterpunkte (x; y) 2 Z2 mit

0 < x <p+ 1

2und 0 < y <

q + 1

2;

f�ur welche

y <q

p� x+ 1

2und x <

p

q� y + 1

2:

Wir zeigen: (iii) j�j ungerade () p � q � 3 (mod 4) sowie (iv) j�j = �+ �.

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44 Quadratische Reste

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

1

2

3

4

5

6

7

Abbildung 7.2: Die Geraden y = qpx+ 1=2 und x = p

qy + 1=2, sowie � f�ur p = 19 und q = 13

(iii) F�ur (x; y) 2 � gilt auch �p+ 1

2� x; q + 1

2� y

�2 � ;

denn

p

q��q + 1

2� y

�+

1

2=

p+ 1

2� p

q��y � 1

2

�>p+ 1

2� p

q� qp� x = p+ 1

2� x ;

q

p��p+ 1

2� x

�+

1

2=

q + 1

2� q

p��x� 1

2

�>q + 1

2� q

p� pq� y = q + 1

2� y :

Die Gitterpunkte aus � treten also paarweise auf, so dass ihre Anzahl genau dann ungerade

ist, wenn der Fall

(x; y) =

�p+ 1

2� x; q + 1

2� y

eintritt, d.h. wenn (p+14 ; q+1

4 ) 2 Z2. Dies ist genau dann der Fall, wenn p � q � 3 (mod 4).

Man beachte, dass in diesem Fall (p+14 ; q+1

4 ) 2 �.

(iv) Wir zeigen, dass � genau �+ � viele Punkte enth�alt. Man beachte, dass die Punkte in

� in einem Streifen um die Gerade

g : qx� py = 0

liegen (diese ist in Abbildung 7.2 schwarz eingezeichnet). Auf dieser Geraden liegt kein Git-

terpunkt, denn sonst w�are pjq. Der Punkt (x; y) liegt genau dann oberhalb der Geraden g

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Quadratische Reste 45

und geh�ort zu �, wenn

1 � x � p� 1

2und � p� 1

2� qx� py < 0

gilt. Folglich liegen oberhalb von g genau �{viele Punkte von �. Analog zeigt man, dass

unterhalb von g genau �{viele Punkte von � liegen.

Beispiel 7.12 (Euler’s primzahlenerzeugendes Polynom).

F�ur das Polynom p(x) = x2 � x+ 41 gilt p(x) 2 P f�ur jedes x 2 f0; 1; 2; : : : ; 40g.

Beweis. s. Vorlesung!

Bemerkung.

Es gibt kein Polynom f(x) = a0 + a1x+ : : :+ anxn, n � 1, an > 0, mit f(x) 2 P f�ur alle

x 2 N0.

Beweis. s. Vorlesung!

Matijasevic hat 1971 gezeigt, dass es ein Polynom (in 26 Variablen vom Grad 25) mit ganz-

zahligen Koe�zienten gibt, dessen positive Werte allesamt Primzahlen sind. Dies h�angt mit

dem 10. Hilbertschen Problem zusammen.

Beispiel 7.13.

Es gibt unendlich viele Primzahlen der Form 6k + 1.

Beweis. s. Vorlesung!

Bemerkung.

Sind j; l 2 N, derart, dass es unendlich viele Primzahlen der Form jk + l gibt, so

m�ussen j und l teilerfremd sein. Der Satz von Dirichlet (1837) besagt: Sind j und l

teilerfremd, so gibt es unendlich viele Primzahlen der Form jk + l. Dies ist einer der

zentralen S�atze der analytischen Zahlentheorie ! Wir verweisen f�ur einen Beweis auf

die Mastervorlesung zur Zahlentheorie.

Aufgaben

1. 65537 2 P.

2.��5p

�= 1 () p � 1; 3; 7; 9 (mod 20).

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x 8

Primzahltests

Motivation (Kleiner Satz von Fermat, revisited).

Der kleine Satz von Fermat legt einen Primzahltest nahe. Um n 2 N auf Primalit�at zu

untersuchen, w�ahle man ein a 2 Znf0g. Gilt ggT(a; n) > 1, so ist n 62 P. Gilt ggT(a; n) =

1 und ist n 2 P, so folgt aus dem kleinem Satz von Fermat, dass an�1 � 1 (mod n).

Ist also ggT(a; n) = 1 und an�1 6� 1 (mod n), so gilt wieder n 62 P. Leider k�onnte es

nun aber Zahlen 3 � n 2 NnP geben, derart, dass an�1 � 1 (mod n) f�ur alle a 2 Z mit

ggT(a; n) = 1.

Definition (Carmichael–Zahlen).

Es sei 3 � n 2 NnP ungerade. Wir nennen n Carmichael{Zahl, falls an�1 � 1 (mod n)

f�ur alle 1 � a � n� 1 mit ggT(a; n) = 1.

Der folgende Satz stellt eine Charakterisierung der Carmichael{Zahlen bereit.

Satz 8.1 (Satz von Korselt 1899).

Es sei 3 � n 2 NnP ungerade. Dann ist n genau dann eine Carmichael{Zahl, wenn f�ur

jeden Primteiler p von n gilt p2 - n und p� 1 j n� 1.

Beweis. Es sei n eine Carmichael{Zahl, 3 � p 2 P und k 2 N maximal mit pkjn. Dann gilt

an�1 � 1 (mod pk) f�ur alle a 2 Z mit ggT(a; n) = 1. Da p ungerade ist, ist Z�pk zyklisch

(Satz 6.4). Es gibt daher eine primitive Restklasse [a] 2 Z�pk , d.h. ordpk [a] = pk�1(p � 1).

Wegen Z�n�= Z�

pk �Z�r (Chinesischer Restsatz), k�onnen wir a so w�ahlen, dass ggT(a; n) = 1.

Satz 5.7 zeigt pk�1(p� 1)jn� 1. Da pjn, kann p kein Teiler von n� 1 sein. Folglich gilt k = 1

und daher p� 1jn� 1.

Nun sei n das Produkt paarweiser verschiedener Primzahlen p, f�ur die p � 1jn � 1 gilt. Ist

dann a teilerfremd zu n, so gilt ap�1 � 1 (mod p) nach dem kleinen Satz von Fermat. Da

n� 1 ein Vielfaches von p� 1 ist, gilt dann auch an�1 � 1 (mod p), d.h. an�1 � 1 ist durch

alle Teiler p von n teilbar, also auch durch n selbst.

Beispiel 8.2.

Die kleinste Carmichael{Zahl ist n = 561 = 3 � 11 � 17 und wurde 1910 von R.D. Carmi-

chael (1879{1967) gefunden. Hier ist n� 1 = 560 = 24 � 5 � 7 durch 2, 10 und 16 teilbar.

Die n�achst gr�o�eren Carmichael{Zahlen lauten:

1105; 1729; 2465; 2821; 6601; 8911; 10585; 15841 :

Erst sei 1994 ist bekannt, dass es unendlich viele Carmichael{Zahlen gibt (Alford,

Granville, Pommerance). Vermutet hatte dies Erd�os bereits im Jahr 1956. Die Umkeh-

rung des kleinen Satzes von Fermat gilt also auch nicht f�ur hinreichend gro�e n 2 N.

47

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48 Primzahltests

Der kleine Satz von Fermat ist also nicht"scharf\ genug, die Primzahlen zu charakterisieren.

Eine Versch�arfung des kleinen Satzes von Fermat ist das Euler{Kriterium aus Satz 7.3:

Setzt man n�amlich f�ur n =rQ

j=1pj 2 N mit p1; : : : ; pr 2 P und a 2 Z mit ggT(a; n) = 1 durch

�a

n

�:=

rYj=1

a

pj

!

das sog. Jacobi{Symbol von a und n fest, so ist die Kongruenz

an�1 � 1 (mod n) (Fermat)

das Quadrat der Kongruenz

an�12 �

�a

n

�(mod n) : (Euler)

Satz 8.3.

Es sei 3 � n 2 N ungerade. Dann ist n genau dann eine Primzahl, falls

an�12 �

�a

n

�(mod n)

f�ur alle 1 � a � n� 1 mit ggT(a; n) = 1.

Beweis. Falls n 2 P, so ist dies gerade das Euler{Kriterium (Satz 7.3). Ist n 62 P und

an�12 �

�a

n

�(mod n) f�ur alle 1 � a � n� 1 mit ggT(a; n) = 1 ;

so gilt auch an�1 � 1 (mod n) f�ur alle 1 � a � n � 1 mit ggT(a; n) = 1, d.h. n ist eine

Carmichael{Zahl. Nach Satz 8.1 ist dann n = p1p2 � � � pr mit paarweise verschiedenen Prim-

zahlen pj . Nun sei a ein quadratischer Nichtrest modulo p1. Nach dem chinesischen Restsatz

k�onnen wir a so w�ahlen, dass a � 1 (mod pj) f�ur jedes j = 2; : : : ; r. Insbesondere gilt

�a

p1

�= �1 und

a

pj

!= 1 f�ur alle j = 2; : : : ; r :

Hieraus folgt� an

�= �1, also a

n�12 � �1 (mod n) nach Voraussetzung, d.h. inbesonde-

re an�12 � �1 (mod p2). Andererseits gilt aber a

p2�1

2 ��ap2

�� 1 (mod p2), also a

n�12 �

1 (mod p2), da p2 � 1jn� 1. Widerspruch !

Satz 8.4.

Es sei n 2 NnP ungerade. Dann gilt

an�12 �

�a

n

�(mod n)

f�ur h�ochstens die H�alfte der zu n teilfremden Zahlen a zwischen 1 und n� 1.

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Primzahltests 49

Beweis. Nach Satz 8.3 gibt es ein a 2 Z mit ggT(a; n) = 1 und an�12 6� � an� (mod n). Es sei

B die Menge aller 1 � b � n� 1 mit ggT(b; n) = 1 und bn�12 �

�bn

�(mod n). F�ur diese gilt

dann

(ab)n�12 = a

n�12 b

n�12 6�

�a

n

��b

n

�(mod n) :

Folglich bildet die Bijektion [x] 7! [ax] von Z�n, die Menge [B] in das Komplement Z�

nn[B]ab. Es gilt daher j[B]j � '(n)� j[B]j. Dies zeigt die Behauptung.

Bemerkung.

Satz 8.4 ist die Grundlage des folgenden probabilistischen Primzahltests. Man pr�ufe

die Kongruenz an�12 � � a

n

�(mod n) nacheinander f�ur k zuf�allig ausgew�ahlte zu n tei-

lerfremde Zahlen a zwischen 1 und n�1. Ist die Kongruenz hierbei einmal nicht erf�ullt,

so ist n keine Primzahl. Ist die Kongruenz aber stets erf�ullt, so ist n m�oglicherweise

eine Primzahl mit einer (heuristischen) Irrtumswahrscheinlichtkeit von maximal 1=2k.

Aufgaben

1. Jede Carmichael{Zahl hat mindestens drei verschiedene Primfaktoren. (Aigner, S. 43)

2. Es sei n 2 N mit 6n+ 1; 12n+ 1; 18n+ 1 2 P. Zeige, dass (6n+ 1)(12n+ 1)(18n+ 1)

eine Carmichael{Zahl ist. (Aigner, S. 43)

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x 9

Quadratsummen

Definition.

Eine Zahl n 2 N hei�t Summe von N Quadraten, falls x1; x2; : : : ; xN 2 Z existieren,

derart, dass

n = x21 + � � �+ x2N :

Unser Ziel ist der Vier{Quadrate Satz von Lagrange: Jede nat�urliche Zahl ist als Summe

von vier Quadraten darstellbar. Wir beginnen zun�achst mit der Summe zweier Quadrate.

Bemerkung 9.1.

Sind n;m 2 N als Summe zweier Quadrate darstellbar, dann auch ihr Produkt. Um

dies einzusehen, seien n = a2+ b2 und m = c2+d2. F�ur die komplexen Zahlen z = a+ ib

und w = c+ id gilt also jzj2 = n und jwj2 = m. Aus jzwj = jzj jwj folgt(a2 + b2)(c2 + d2) = nm = jzwj2 = j(a+ ib)(c+ id)j2 = (ac� bd)2 + (ad+ bc)2 :

Diese sog. Formel von Fibonacci l�asst sich (unmotiviert) auch direkt �uberpr�ufen.

Aufgrund dieser Bemerkung ist es naheliegend, zun�achst die Darstellbarkeit von Primzahlen

als Summe zweier Quadrate zu untersuchen. Wegen 2 = 12+12, sind nur ungerade Primzahlen

von Interesse. Nun beachte man f�ur alle u 2 Z

u2 � 0 (mod 4) und u2 � 1 (mod 4) ;

d.h.

x2 + y2 6� 3 (mod 4) f�ur alle x; y 2 Z :

Es sind also h�ochstens die Primzahlen p � 3 der Form p � 1 (mod 4) als Summe zweier

Quadrate darstellbar.

Satz 9.2 (Zwei–Quadrate Satz I, Fermat 1640, Euler 1754).

Eine Primzahl p � 3 ist genau dann als Summe zweier Quadrate darstellbar, wenn

p � 1 (mod 4).

Beweis. Gilt p � 1 (mod 4), so folgt aus Satz 4.13, dass �1 ein quadratischer Rest modulo p

ist, d.h. es existiert ein u0 2 Z mit u20 � �1 (mod p). Dann ist p kein Teiler von u0, d.h. die

Kongruenz u0x � y0 (mod p) hat f�ur jedes y0 2 N eine eindeutige L�osung x0 mod p. Es folgt

(u0x0)2 � �x20 � y20 (mod p), d.h.

x20 + y20 � 0 (mod p) :

Wir zeigen, dass x0; y0 2 Z existieren, derart, dass

u0x0 � y0 (mod p) und 0 < x20 + y20 < 2p ;

51

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52 Quadratsummen

woraus dann p = x20 + y20 folgt. Dazu beachte man, dass es�[pp] + 1

�2> p{viele Terme

u0x� y mit 0 � x; y � [pp] <

pp

gibt. Unter diesen sind also mindestens zwei kongruent modulo p:

u0x1 � y1 � u0x2 � y2 (mod p) bzw. u0(x1 � x2) � y1 � y2 (mod p)

F�ur x0 := x1 � x2 und y0 := y1 � y2 gilt dann wegen (x1; y1) 6= (x2; y2)

0 < jx0j < pp und 0 < jy0j < p

p ;

d.h. 0 < x20 + y20 < 2p.

Satz 9.3 (Zwei–Quadrate Satz II).

Eine nat�urliche Zahl n 2 N ist genau dann als Summe von zwei Quadraten darstellbar,

wenn jeder Primteiler p von n mit p � 3 (mod 4) in der kanonischen Primfaktorzerle-

gung mit einer geraden Anzahl vorkommt.

Beweis. Es sei n = a � b, wobei a aus allen Primfaktoren p von n mit p � 3 (mod 4) besteht;

b besitzt also keinen solchen Primfaktor. Nach Satz 9.2 ist jeder Faktor von b Summe zweier

Quadrate. Nach Bemerkung 9.1 ist dann auch b selbst als Summe zweier Quadrate

b = u2 + v2

darstellbar.

(a) Kommen alle Primfaktoren p von n der Form p = 3 (mod 4), also diejenigen von a in

gerader Anzahl vor, so ist a eine Quadratzahl a = c2. Es folgt

n = a � b = c2(u2 + v2) = (cu)2 + (cv)2 ;

d.h. n ist als Summe zweiter Quadrate darstellbar.

(b) Es gelte n = x2 + y2. Sei d := ggT(x; y). Dann ist d2jn und

n1 = x21 + y21 f�ur n1 =n

d2; x1 =

x

d; y2 =

y

d:

Ist nun p ein Primteiler von n1, so gilt p - x1y1. W�are y1u � 1 (mod p), so g�alte

(x1u)2 + 1 � 0 (mod p) ;

d.h. �1 w�are quadratischer Rest modulo p. F�ur p � 3 (mod 4) ist dies nach Satz 4.13 nicht

m�oglich. Foglich stecken alle Teiler von n dieser Form in der Quadratzahl d2 und kommen

daher mit einer geraden Anzahl vor.

Satz 9.3 f�uhrt auf die Frage, ob sich jede nat�urliche Zahl als Summe von � 3{vielen Quadraten

darstellen l�asst. Man sieht leicht ein (�Ubungen), dass sich jedes n 2 N mit n � 7 (mod 8)

nicht als Summe von drei Quadraten schreiben l�asst. Lagrange hat 1770 bewiesen, dass man

dagegen mit vier Quadraten auskommt.

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Quadratsummen 53

Satz 9.4 (Lagrange 1770).

Jede nat�urliche Zahl ist als Summe von vier Quadraten darstellbar.

Zum Beweis ben�otigen wir das folgende technische Analogon zu Bemerkung 9.1.

Lemma 9.5 (Euler 1748).

Sind n = x21 + x22 + x23 + x24 und n = y21 + y22 + y23 + y24 aus N jeweilsSumme von vier

Quadraten, so gilt dies auch f�ur ihr Produkt, d.h. nn0 = z21+z22+z

23+z

24. Ist ferner m 2 N

Teiler von n und n0, und gilt yj � xj (mod m) f�ur j = 1; 2; 3; 4, so ist zj � 0 (mod m)

f�ur j = 1; 2; 3; 4 erreichbar.

Beweis. Es sei n = x21 + x22 + x23 + x24 und n0 = y21 + y22 + y23 + y24 . Setzt man � = x1 + ix2,

� = x3 + ix4, = y1 + iy2 und � := y3 + iy4, so gilt n = j�j2 + j�j2 und n0 = j j2 + j�j2. Inder Matrizengleichung

� ��� �

! ���

!=

� � �� �(� + ��)

� + �� (� � ��)

!=:

% ��� %

!

ist also die Determinante links = nn0. Die Determinanten der rechten Seite ist j%j2 + j�j2,also eine Summe von vier Quadraten: z21 + z22 + z23 + z24 . Zum Zusatz: Es gilt z1 = Re % =

x1y1 + x2y2 + x3y3 + x4y4 � x21 + x22 + x23 + x24 � 0 (mod m). Analog f�ur z2; z3; z4.

Bemerkung.

Eigentlich haben wir im Beweis von Lemma 9.5 im Schiefk�orper der Quaternionen

gerechnet.

Wegen Lemma 9.5 und 2 = 12 = 12 + 02 + 02 bleibt also zu zeigen, dass sich jede ungerade

Primzahl als Summe von vier Quadratzahlen schreiben l�asst.

Lemma 9.6.

Es sei 3 � p 2 P. Dann gibt es a; b 2 Z mit 0 � a; b � p�12 , derart, dass a2 + b2 + 1 �

0 (mod p).

Beweis. F�ur a = 0; 1; 2; : : : ; p�12 sind die Zahlen a2 paarweise inkongruent modulo p. Denn

aus a2 � b2 (mod p) folgt pj(a � b)(a + b), also a = b oder ja � bj � p oder a + b � p. Die

letzten beiden Bedingungen sind aber nicht m�oglich.

Bezeichnet [x] die Restklasse von x modulo p, so besitzt die Menge

A := f[a]2 : 0 � a � p� 1

2g

daher p+12 {viele Elemente. Die Menge

B := f�1� [b]2 : 0 � b � p� 1

2g

hat dann ebenfalls p+12 {viele Elemente. Es gibt also mindestens ein Element im Schnitt der

beiden Mengen, d.h. es gibt a; b 2 Z mit a2 � �1� b2 (mod p).

Beweis des Satzes von Lagrange. Es sei 3 � p 2 P. Nach Lemma 9.6 gibt es ein m 2 N

und 0 � x; y < p=2 aus N mit

mp = x2 + y2 + 12 + 02 :

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54 Quadratsummen

Es gilt also mp < p2=2 + 1, d.h. m < p. Nun sei m das minimale m 2 N, so dass

mp = x21 + x22 + x23 + x24 (�)

mit 0 � x1; : : : ; x4 2 Z m�oglich ist. Wir m�ussen m = 1 zeigen.

Annahme: 1 < m < p.

Ist m gerade, so ist mp gerade, d.h. unter den Zahlen x1; : : : ; x4 sind genau 0, 2 oder 4

ungerade. Inbesondere k�onnen wir o.E. annehmen, dass x1 � x2 und x3 � x4 gerade sind.

Dann ist aber wegen�x1 + x2

2

�2

+

�x1 � x2

2

�2

+

�x3 + x4

2

�2

+

�x3 � x4

2

�2

=1

2

�x21 + x22 + x23 + x24

�=m

2p ;

auch m=2p Summe von vier Quadraten, im Widerspruch zur Minimalit�at von m.

Nun seim ungerade. Sind alle xj Vielfache vonm, so giltm2jmp, alsomjp, was nicht m�oglich

ist. W�ahle nun yj 2 Z mit jyj j < m=2, so dass

yj � xj (mod m) ; j = 1; 2; 3; 4 : (��)

Da nicht alle xj Vielfache von m sind, ist mindestens ein yj 6= 0, d.h.

0 < y21 + y22 + y23 + y24 < 4

�m

2

�2

= m2 :

Aus (�) und (��) folgt somit

y21 + y22 + y23 + y24 � x21 + x22 + x23 + x24 � 0 (mod m) :

Dies bedeutet

x21 + x22 + x23 + x24 = mp (1 < m < p)

y21 + y22 + y23 + y24 = mq (0 < q < m) :

Es folgt nun

m2pq = (x21 + x22 + x23 + x24)(y21 + y22 + y23 + y24) = z21 + z22 + z23 + z24 (� � �)

mit gewissen z1; z2; z3; z4 2 Z nach Lemma 9.5, z.B. mit z1 = x1y1 + x2y2 + x3y3 + x4y4 �x21+x

22+x

23+x

24 (mod m). Ebenso gilt z2 � z3 � z4 � 0 (mod m). Somit gilt zj = mtj , also

z2j = m2t2j , d.h. aus (� � �) folgt durch K�urzen

m1p = t21 + t22 + t23 + t24

mit m1 < m, im Widerspruch zur Minimalit�at von m.

Ausblick (Drei{Quadrate Satz).

Es gibt auch einen Drei{Quadrate Satz (Legendre, Gau�): n 2 N ist genau dann als Summe

dreier Quadrate darstellbar, wenn n nicht von der Form n = 4a(8b + 7) mit a; b 2 N0 ist.

Dies ist schwierig zu beweisen. Ein Grund hierf�ur liegt darin begr�undet, dass das Produkt von

zwei Summen dreier Quadrate i.Allg. nicht wieder eine Summe dreier Quadrate sein mu�: 3

und 5 sind jeweils Summen dreier Quadrate, aber 3 � 5 = 15 nicht.

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Quadratsummen 55

Ausblick (Summen k{ter Potenzen; Waringsches Problem).

Hilbert hat 1909 das Waringsche Problem (1770) gel�ost: Zu jedem k 2 N gibt es eine (mi-

nimale) Zahl %(k) 2 N, derart, dass jede nat�urliche Zahl als Summe von %(k) vielen k{ten

Potenzen von Zahlen aus N0 darstellbar ist. Der Satz von Lagrange besagt, dass %(2) = 4.

Es wird vermutet, dass

%(k) = 2k +

"�3

2

�k#� 2

f�ur alle k � 1. Dies wurde bisher f�ur alle k � 471600000 bewiesen. Au�erdem wurde gezeigt,

dass die Vermutung f�ur h�ochstens endlich viele k's falsch ist.

k 2 3 4 5 6 7 8 9 10 : : :

%(k) 4 9 19 37 73 143 279 548 1079 : : :

Satz 9.7.

F�ur alle k � 2 gilt

%(k) � 2k +

"�3

2

�k#� 2 :

Beweis. Es sei k � 2 �xiert und

n = 2k"�

3

2

�k#� 1 :

Wegen n < 3k kommen als Summanden nur 2k und 1k in Frage. Ben�otigt man a viele

Summanden 2k und b viele Summanden 1k (wobei b < 2k), so folgt n = a � 2k + b und

%(k) � a+ b = a+ (n� a � 2k) = n� a � (2k � 1) :

Da

a =n� b2k

<

"�3

2

�k#;

ergibt sich

%(k) � n� "�

3

2

�k#� 1

!(2k � 1) = 2k +

"�3

2

�k#� 2 :

Aufgaben

1. Es sei n 2 N mit n � 7 (mod 8). Zeigen Sie, dass sich n nicht als Summe dreier

Quadrate schreiben l�asst.

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x 10

Approximation irrationaler Zahlen

Motivation.

Jede irrationale Zahl x hat eine nichtabbrechende Dezimaldarstellung x = a0; a1a2 : : :.

Daher kann man x durch die Folge der rationalen Zahlen

a0; a0 +a110; a0 +

a110

+a2100

; : : :

beliebig genau ann�ahern, jedoch wachsen hierbei die Nenner 10n sehr schnell. Es stellt

sich die Frage, ob es"bessere\ Folgen gibt, deren Nenner langsamer wachsen.

Bemerkung.

Ist x 2 R und n 2 N, dann gibt es ein (p; q) 2 Z2, derart, dass����x� p

q

���� < 1

n;

etwa q := n und p := [xq], denn xq � p = xq � [xq] 2 [0; 1).

Wesentlich tiefer liegt die folgende Versch�arfung.

Satz 10.1 (Dirichletscher Approximationssatz).

Es sei x 2 R und n 2 N. Dann existieren ganze Zahlen p; q mit 1 � q � n, derart, dass����x� p

q

���� � 1

q(n+ 1):

Wir benutzen das Schubfachprinzip, welches genau zu diesem Zweck von Dirichlet erfunden

wurde.

Beweis. Wir ordnen die n + 1 reellen Zahlen kx � [kx], k = 0; 1; : : : ; n der Gr�o�e nach:

0 = a0 � a1 � : : : � an < 1.

1. Fall: an � 1� 1n+1 . Dann sind in der Summe

nXj=1

(aj � aj�1) = an � a0 = an � 1� 1

n+ 1

alle Summanden � 0. Es gibt daher ein j 2 f1; : : : ; ng, derart, dass

0 � aj � aj�1 � 1

n

�1� 1

n+ 1

�=

1

n+ 1:

Sind k 6= l aus f0; : : : ; ng mit aj = kx � [kx] und aj�1 = lx � [lx], so gilt also f�ur p :=

[kx]� [lx] 2 Z, dass

0 � (k � l)x� p � 1

n+ 1:

57

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58 Approximation irrationaler Zahlen

Dies bedeutet ����x� p

k � l���� � 1

jk � lj(n+ 1);

d.h. die Behauptung ist mit 1 � q := jk � lj � n gezeigt.

2. Fall: an > 1� 1n+1 . Sei k 2 f0; : : : ; ng mit an = kx� [kx]. Dann gilt

0 < 1� kx+ [kx] = 1� an < 1

n+ 1:

Setzt man p := �1� [kx], so folgt ����x� p

k

���� < 1

k(n+ 1):

Anwendung 10.2 (Neuer Beweis des Zwei–Quadrate–Satzes (Satz 9.2)).

Es sei p 2 P mit p � 1 (mod 4). Setze n := [pp], � = �s=p, wobei s2 � �1 (mod p) und

0 < s < p ist. Nach Satz 10.1 gibt es a=b 2 Q mit b <pp und�����sp � a

b

���� � 1

b�[pp] + 1

� < 1

bpp:

Dies bedeutet

jsb+ apj < pp :

F�ur c := sb + ap gilt dann 0 < b2 + c2 < 2p und b2 + c2 � b2 + s2b2 � 0 (mod p). Dies

impliziert p = b2 + c2.

Korollar 10.3.

F�ur x 2 RnQ gilt ����x� p

q

���� < 1

q2

f�ur unendlich viele Paare (p; q) 2 Z2. F�ur x 2 Q gilt diese Ungleichung aber nur f�ur

endlich viele Paare (p; q) 2 Z2.

Beweis. Das Paar ([x]; 1) erf�ullt die Ungleichung. Nun seien (pj ; qj), j = 1; : : : ;m endliche

viele Paare, die jeweils der Ungleichung gen�ugen. Da x 2 RnQ, gilt jx� pj=qj j 6= 0. Es gibt

daher ein n 2 N mit

n >1���x� pjqj

��� > q2j ; j = 1; : : : ;m :

Aus dem Dirichletschen Approximationssatz folgt, dass es (p; q) 2 Z2 gibt mit 1 � q � n

und ����x� p

q

���� � 1

q(n+ 1)<

1

q2:

Hierbei gilt (p; q) 6= (pj ; qj) f�ur alle j = 1; : : : ;m, denn����x� p

q

���� � 1

n+ 1<

�����x� pjqj

����� ; j = 1; : : : ;m :

Die zweite Aussage des Satzes �uberlassen wir den Leserinnen und Lesern als �Ubungsaufgabe.

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Approximation irrationaler Zahlen 59

Bemerkung.

Merkw�urdigerweise sind es also die rationalen Zahlen, die schlecht approximiert werden

k�onnen.

Definition.

Es sei 0 < t 2 R. Die Zahl � 2 R hei�t approximierbar von der Ordnung t, falls es eine

Zahl C(�) > 0 und unendlich viele p; q 2 Z gibt (mit q � 1 und ggT(p; q) = 1), derart,

dass ������ p

q

���� < C(�)

qt:

Bemerkung.

Nach Korollar 10.3 ist jede irrationale Zahl approximierbar von Ordnung 2. Es sei

� 2 Q. Dann ist � approximierbar von der Ordnung 1, aber nicht von Ordnung 1 + "

f�ur jedes " > 0 (siehe �Ubungsaufgabe 11.4).

Definition (algebraisch, transzendent).

Eine reelle Zahl � hei�t algebraisch, falls � Nullstelle eines nichtkonstanten Polynoms

f(x) 2 Z[x] ist. Der kleinste Grad eines solchen Polynoms hei�t der Grad von �. Eine

reelle Zahl hei�t transzendent, wenn sie nicht algebraisch ist.

Bemerkung.

Die algebraischen Zahlen vom Grad 1 sind genau die rationalen Zahlen. Interessant sind

also die algebraischen Zahlen vom Grad � 2. Jede transzendente Zahl ist insbesondere

irrational.

Satz 10.4 (Liouville 1844).

Es sei � 2 RnQ algebraisch vom Grad d. Dann existiert eine Konstante C(�) > 0,

derart, dass ������ p

q

���� > C(�)

qdf�ur alle p; q 2 Z; q 6= 0 :

Beispiel 10.5.

� = 1+p5

2 ist nicht approximierbar von Ordnung 3.

Beweis. Es sei f(x) = a0+ a1x+ : : :+ adxd 2 Z[x] mit f(�) = 0. Gibt es eine weitere reelle

Nullstelle, so sei � eine zu � n�achstgelegene solche Nullstelle und t := j�� �j. Anderenfallssetzen wir t := 1. Nun sei p=q 2 Q beliebig.

1. Fall:����� p

q

��� � t. Setzt man K := t2 , so gilt

����� pq

��� > Kqd.

2. Fall:����� p

q

��� < t. Dann ist f(p=q) 6= 0, sogar

����f�p

q

����� =�����a0q

d + a1pdq�1 + : : :+ adp

d

qd

����� � 1

qd:

Nach dem Mittelwertsatz (Analysis 1) gibt es ein � 2 (�� t; �+ t), derart, dass

f�pq

�� f(�)

pq � �

=f�pq

�pq � �

= f 0(�) 6= 0 ;

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60 Approximation irrationaler Zahlen

wobei � zwischen p=q und � liegt. Daraus folgt������ p

q

���� � jf 0(�)j =����f�p

q

����� � 1

qd:

W�ahlt man also M > jf 0(x)j f�ur alle x 2 (�� t; �+ t), so folgt������ p

q

���� > 1

Mqd:

F�ur C := minfK; 1=Mg gilt also jedenfalls������ p

q

���� > C

qd:

Wir erhalten als"paradoxe\ Folgerung:

Korollar 10.6.

Ist � 2 R von jeder Ordnung t > 0 (oder auch nur von jeder Ordnung t 2 N) approxi-

mierbar, so ist � transzendent.

Beispiel 10.7 (Explizites Beispiel einer transzendenten Zahl; Liouville 1844).

Die Liouville{Zahl

� :=1Xk=1

1

10k!

ist transzendent. Dazu sei f�ur n 2 N

an :=nX

k=1

1

10k!=

pn10n!

=:pnqn

mit pn; qn 2 N :

Beachte, dass mit b = 110(n+1)! gilt, dass

0 < �� pn10n!

= b+ bn+2 + b(n+2)(n+3) + � � � = b�1 + bn+1 + b(n+2)(n+3)�1 + �

�< b

�1 +

1

2+

1

4+

1

8+ : : :

�=

2

10(n+1)!=

2

qn+1n

<2

qN

falls n � N . Die Liouville{Zahl ist also approximierbar von der Ordnung N f�ur jedes

N 2 N und somit transzendent.

Korollar 10.8.

Es gibt transzendente Zahlen.

Satz 10.9 (Cantor 1874).

Die Menge der transzendenten Zahlen ist �uberabz�ahlbar.

Beweis. Die Menge A(d) der algebraischen Zahlen vom Grad d ist abz�ahlbar, da jedes Po-

lynom vom Grad d h�ochstens d Nullstellen besitzt und es abz�ahlbar viele Polynome �uber Z

vom Grad d gibt. Daher ist die Menge A aller algebraischer Zahlen als abz�ahlbare Vereinigung

abz�ahlbarer Mengen wiederum abz�ahlbar. Da R �uberabz�ahlbar ist (nach Cantor's bekanntem

Diagonalverfahren), ist RnA, d.h. die Menge aller transzendenten Zahlen, �uberabz�ahlbar.

Ausblick (Hermite 1874; Lindemann 1882).

Die Zahlen e und � sind transzendent.

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Approximation irrationaler Zahlen 61

Aufgaben

1. Vervollst�andigen Sie den Beweis von Korollar 10.3 und zeigen Sie:"Es sei � 2 Q. Dann

ist � approximierbar von der Ordnung 1, aber nicht von Ordnung 1+" f�ur jedes " > 0.\

2. Es seien l;m; u; v 2 Z, 0 < u; v � m < uv und ggT(l;m) = 1. Man zeige, dass es

x; y 2 N gibt mit x < u, y < v sowie ly � x oder ly � �y (mod m).

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x 11

Die Pellsche Gleichung

Definition (Pellsche Gleichung).

Es sei d 2 Z. Eine Gleichung der Form

x2 � dy2 = 1

hei�t Pellsche Gleichung.

Beispiel 11.1 (Rationale Approximation vonp2).

Betrachte die Pellsche Gleichung

x2 � 2y2 = 1 :

Gesucht sind alle Paare (x; y) 2 Z, die diese Gleichung erf�ullen. Eine L�osung �ndet

man sofort: x = 3; y = 2. Es folgt

(3� 2p2)(3 + 2

p2) = 1 ;

d.h.3

2�p2 =

1

2(3 + 2p2)� 0:057191 :

Der Bruch 3=2 ist also eine Approximation der irrationalen Zahlp2 mit kleinem Nen-

ner. Eine weitere L�osung der Pellschen Gleichung ist x = 17 und y = 12 und die

Ann�aherung von 1712 an

p2 ist schon auf zwei Dezimalstellen genau. Die

"n�achste\

L�osung ist x = 99, y = 70 und 99=70 approximiertp2 auf vier Dezimalstellen genau.

"Danach\ �ndet man x = 577, y = 408, wobei 577=408 = 1:414215. Diese Approximation

anp2 war schon in der Antike bekannt.

Bemerkung (d negativ oder Quadratzahl).

Ist d negativ, so hat die Gleichung x2 � dy2 = 1 nur die ganzzahligen L�osungen x =

�1; y = 0 und x = 0; y = �1 (f�ur d = �1). Ist d = m2, m 2 Z, so gilt 1 = x2 � dy2 =

(x�my)(x+my). In einer ganzzahligen L�osung sind also beide Faktoren gleich 1 oder

beide gleich �1, es gibt also nur die L�osungen (�1; 0).

Wir untersuchen im Folgenden die Pellsche Gleichung f�ur den Fall, dass d 2 N keine Qua-

dratzahl ist und beginnen mit einer Hilfsaussage.

Lemma 11.2.

Es sei d 2 N keine Quadratzahl. Dann existiert ein m 2 Znf0g, derart, dass die Glei-

chung x2 � dy2 = m unendlich viele L�osungen (x; y) 2 Z2 besitzt.

63

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64 Die Pellsche Gleichung

Beweis. Dapd irrational ist (Anwendung 1.9), existieren nach Satz 10.1 unendlich viele

Paare (x; y) mit x 2 Z, y 2 N und jx�pdyj < 1=y. Zusammen mit jx+pdyj = jx�pdy+2pdyj � 1=y + 2

pdy ergibt sich

jx2 � dy2j < 1

y

�1

y+ 2

pdy

�=

1

y2+ 2

pd � 1 + 2

pd :

F�ur die unendlich vielen Paare (x; y) ist also x2�dy2 nach unten und nach oben beschr�ankt.

Folglich tritt mindesten ein Wert m 2 Z unendlich oft auf. Da d keine Quadratzahl ist, muss

d 6= 0 sein.

Satz 11.3 (Lagrange).

Es sei d 2 N keine Quadratzahl. Dann hat die Pellsche Gleichung x2 � dy2 = 1 unend-

liche viele L�osungen (x; y) 2 Z2. �Uberdies existiert eine L�osung (x1; y1) 2 Z2, derart,

dass jede L�osung die Form (�xn;�yn) mit xn + ynpd = (x1 + y1

pd)n f�ur ein n 2 N0

hat.

Definition.

Es sei d 2 N keine Quadratzahl. Wir setzen

Z[pd] := fr + s

pd : r; s 2 Zg :

Die Zahl N(r + spd) := r2 � ds2 hei�t die Norm von r + s

pd 2 Z[

pd].

Bemerkung.

Es sei d 2 N keine Quadratzahl. Da 1 undpd linear unabh�angig �uber Q sind, hat jedes

Element aus Z[pd] eine eindeutige Darstellung r + s

pd mit r; s 2 Z. Die Menge Z[

pd]

ist ein Teilring von R. Die Konjugation

0 : Z[pd]! Z[

pd] ; r + s

pd 7! r � s

pd

ist ein bijektiver Ringhomomorphismus auf Z[pd]. Die Abbildung N ist multiplikativ:

N((r + spd) � (f 0 + s0

pd)) = N(r + s

pd) �N(r0 + s0

pd).

Beweis von Satz 11.3. (i) Nach Lemma 11.2 existiert ein m 2 Znf0g, derart, dass x2 �dy2 = m unendlich viele ganzzahlige L�osungen besitzt. Nach dem Schubfachprinzip gibt es

dann mindestens zwei verschiedene L�osungen (x1; y1); (x2; y2) 2 N2 mit x1 � x2 (mod m)

und y1 � y2 (mod m). Wir setzen � := x1 � y1pd und � := x2 � y2

pd und berechnen

��0 =�x1 � y1)

pd� �x2 + y2

pd�= (x1x2 � y1y2d)| {z }

=:A

+(x1y2 � y1x2)| {z }=:B

pd :

Nun gilt A � x21 � dy22 = m � 0 (mod m) und B � 0 (mod m). Daher teil m sowohl A als

auch B, d.h. a�0 = m(x+ ypd) mit x; y 2 Z. Wegen N(�) = N(�0) = m gilt

m2 = N(�)N(�0) = N(��0) = m2(x2 � dy2) ;

also x2�dy2 = 1. Hierbei gilt y 6= 0, denn sonst w�are x = �1, also �m = ��0. Multiplikation

mit � liefert �m� = ���0 = �N(�) = �m, also � = ��. Dann gilt aber x1 = x2 und daher

auch y1 = y2. Widerspruch ! Wir haben also eine L�osung (x; y) 2 N der Pellschen Gleichung

gefunden.

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Die Pellsche Gleichung 65

(ii) Unter allen L�osungen (x; y) 2 N2 der Pellschen Gleichung gibt es eine f�ur die x+ ypd

minimal ist. Dapd 62 Q, ist diese minimale L�osung =: (x1; y1) eindeutig bestimmt. Es sei

nun (u; v) 2 N2 eine weitere L�osung der Pellschen Gleichung. Wir setzen � := x1 + y1pd

und � := u+ vpd.

Annahme: � 6= �n f�ur alle n 2 N. Wegen � < � und � = x + ypd > 1 gibt es dann ein

n 2 N mit

�n < � < �n+1 :

Da ��0 = N(�) = 1 und �0 = 1=� > 0 folgt hieraus

1 = �n�0n < ��0n < �(��0)n = � :

Nun gilt jedoch ��0n = A+Bpd mit A;B 2 Z. Wegen N(A+B

pd) = N(�)N(�0)n = 1 ist

A2�dB2 = 1. Die obige Ungleichung zeigt 1 < A+Bpd < �. Insbesondere ist A+B

pd > 0

und damit auch A� Bpd = 1

A+Bpd> 0. Addition dieser beiden Ungleichung ergibt A > 0,

also A � 1. Wegen A + Bpd > 1 und 1 = (A + B

pd)(A � B

pd) gilt A � B

pd < 1, also

Bpd > A � 1 > 0, d.h. B � 1. Zusammen folgt 1 < A + B

pd < � mit (A;B) 2 N2 und

A2 � dB2 = 1. Ein Widerspruch zur Minimalit�at von �.

(iii) Erg�anzend zur Vorlesung: Sind x1; y1 2 N wie in (ii) gew�ahlt und xn + ynpd := (x1 +

y1pd)n f�ur ein n 2 N, so gilt mithilfe der Multiplikativit�at der Norm

x2n � dy2n = N(xn + ynpd) = N

�(x1 + y1

pd)n

�=�N(x1 + y1

pd)�n

=�x21 � dy21

�n= 1 :

Man erh�alt also die unendlich vielen(!) L�osungen (�xn;�yn), n 2 N, der Pellschen Gleichung

x2 � dy2 = 1.

Bemerkung.

Die L�osung (x1; y1) aus Satz 11.3 nennt man Fundamentall�osung der Pellschen Glei-

chung x2� dy2 = 1. Diese zu �nden, ist i.Allg. schwierig. So ist (x; y) = (9801; 1820) die

Fundamentall�osung zu x2 � 29y2 = 1.

Beispiel 11.4 (Das Rinderproblem des Archimedes).

Siehe Vorlesung !

Aufgaben

1.

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x 12

Fermat f�ur n = 4

Die Fermat Gleichung lautet

an + bn = cn :

F�ur n = 2 gibt es (unendlich) viele ganzzahlige L�osungen (Pythagoras!). Fermat hat 1637

vermutet, dass es f�ur jedes n � 3 keine ganzzahligen L�osungen 6= 0 dieser Gleichung gibt.

Diese Vermutung wurde 1995 von A. Wiles (mit Unterst�utzung durch R. Taylor) bewiesen.

Wir behandeln in diesem Kapitel den relativ einfachen Fall n = 4 = 22.

Definition (Pythagoraische Tripel).

Ein Tripel (a; b; c) 2 Z3, abc 6= 0, mit a2 + b2 = c2 f�ur ein n 2 N hei�t pythagor�aisches

Zahlentripel. Gilt zus�atzlich falls ggT(a; b; c) = 1, so hei�t (a; b; c) primitives pytha-

gor�aisches Zahlentripel.

Bemerkung.

F�ur (a; b; c) 2 Z mit abc 6= 0 und d = ggT(a; b; c) gilt: (a; b; c) ist ein pythagor�aisches

Zahlentripel () (a=d; b=d; c=d) ein primitives pythagor�aisches Zahlentripel.

Bemerkung (Geometrische Interpretation).

Es sei (a; b; c) 2 Z3 mit abc 6= 0 eine L�osung von a2+b2 = c2. Dividiert man durch c und

setzt x0 := a=c, y0 := b=c, so erh�alt man einen Punkt (x0; y0) 2 Q2 mit x20 + y20 = 1 mit

rationalen Koordinaten auf der Einheitskreislinie @D := f(x; y) 2 R2 : x2 + y2 = 1g. Istumgekehrt (x0; y0) 2 Q2 ein rationaler Punkt auf @D, so erh�alt man durch Mulitplikation

mit dem Hauptnenner von x0 und y0 ein Tripel (a; b; c) 2 Z3 mit a2 + b2 = c2.

Problem. Finde alle rationalen Punkte (x0; y0) 2 Q2 auf der Einheitskreislinie @D.

Ein rationaler Punkt auf @D ist P = (�1; 0).

Lemma 12.1.

Bezeichnet man f�ur Q 2 @D die Steigung der Geraden durch die Punkte P = (�1; 0)und Q 6= (�1; 0) mit mQ, so gilt

Q rational () mQ 2 Q :

In jedem der beiden F�alle ergibt sich f�ur Q = (x0; y0) 2 Q2 und mQ = vu :

(x0; y0) =

1�m2

Q

1 +m2Q

;2mQ

1 +m2Q

!=

u2 � v2u2 + v2

;2uv

u2 + v2

!:

Insbesondere ist die Menge aller L�osungen (a; b; c) 2 N3 von a2 + b2 = c2 gegeben durchn(u2 � v2; 2uv; u2 + v2) : u; v 2 N; u > v

o[n(2uv; u2 � v2; u2 + v2) : u; v 2 N; u > v

o:

67

Page 72: Einfuhrung in die¨ Zahlentheorie - uni-wuerzburg.deroth/zt_neu.pdf · 2013-07-11 · Einfuhrung in die¨ Zahlentheorie orlesungenV gehalten an der Universit at W urzburg im Sommersemester

68 Fermat fur n = 4

Beweis. Die Gerade durch P = (�1; 0) und Q = (x0; y0) hat die Form y = y0x0+1(x + 1).

Sind also x0; y0 2 Q, so auch mQ = y0x0+1 . Ist umgekehrt mQ = y0

x0+1 2 Q und (x0; y0) 2 @D,

d.h. x20 + y20 = 1, so folgt x20 +m2Q(x0 + 1)2 = 1. Dies ist ein quadratische Gleichung f�ur x0

mit

x0 =�m2

Q � 1

m2Q + 1

:

Damit lassen sich nun auch sehr einfach die primitiven pythagor�aischen Zahlentripel angeben.

Korollar 12.2 (Euklid, Die Elemente, Buch X, Postulate 28,29).

Es seien a; b; c 2 N mit a2 + b2 = c2 und ggT(a; b; c) = 1. Dann ist entweder a oder b

gerade. Ist a gerade, so gibt es u; v 2 N mit u > v und ggT(u; v) = 1, derart, dass

a = 2uv ; b = u2 � v2 ; c = u2 + v2 :

Beweis. Setze d := ggT(a; b). Dann gilt dnjan und dnjbn, also dnjan + bn = cn, d.h. djc.Folglich gilt dj ggT(a; b; c). Analog ergibt sich ggT(a; c)j ggT(a; b; c) und ggT(b; c)j ggT(a; b; c),d.h. a; b; c sind paarweise teilerfremd, also insbesondere nicht alle gerade. Wegen a2 + b2 =

c2 (mod 4) und k2 � 0 oder 1 (mod 4), ist c ungerade und daher entweder a oder b gerade.

Nach Lemma 12.1 ist also o.E. a = 2uv gerade, b = u2 � v2 ungerade und c = u2 + v2

ungerade mit u; v 2 N, u > v. Es gilt ggT(u; v)jggT (a; b; c) = 1, also ggT(u; v) = 1.

Bemerkung.

Ist ap+bp = cp f�ur 3 � p 2 P nicht l�osbar, so ist auch akp+bkp = ckp, k 2 N, nicht l�osbar.

Ist a4+b4 = c4 nicht l�osbar, so ist auch a2k+b2

k= c2

k, 2 � k 2 N nicht l�osbar. F�ur einen

Beweis der Fermatschen Vermutung gen�ugt es daher, diese f�ur Primzahlexponenten und

den Exponent 4 zu beweisen.

Wir beweisen jetzt die Fermatsche Vermutung f�ur den Fall n = 4.

Satz 12.3.

Die Gleichung x4 + y4 = z2 hat keine L�osung (x; y; z) in N3.

Beweis. Es sei (x; y; z) 2 N3 eine L�osung mit minimalem z 2 N. Dann gilt ggT(x; y; z) =

1, denn ist P 3 pj ggT(x; y; z), so ist p4jx4 und p4jy4, also p4jz4. Somit gilt p2jz und

(x=p; y=p; z=p2) ist eine L�osung mit einer kleineren dritten Komponente. Wegen (x2)2 +

(y2)2 = z2 ist daher (x2; y2; z) eine primitives pythagor�aisches Zahlentripel, wobei o.E. x

gerade und y ungerade sei. Nach Korollar 12.2 gibt es teilerfremde u; v 2 N mit x2 = 2uv,

y2 = u2 � v2 und z = u2 + v2. Da u2 � v2 = y2 � 1 (mod 4), ist o.E. u ungerade und v

gerade.

Aus (x=2)2 = uv=2 und ggT(u; v=2) = 1 folgt u = d2 und v = 2e2 mit d; e 2 N und

ggT(d; e) = 1. Somit gilt y2 = u2 � v2 = d4 � (2e2)2, d.h. (2e2)2 + y2 = (d2)2. Also ist

(2e2; y; d2) ein primitives pythagor�aisches Tripel. Korollar 12.2 zeigt nun

2e2 = 2lm ; d2 = l2 +m2

mit l;m 2 N und ggT(l;m) = 1. Wegen e2 = lm und ggT(l;m) = 1 gilt l = r2 und m = s2

f�ur r; s 2 N, also r4 + s4 = d2, wobei d � d2 = u � u2 < u2 + v2 = z, im Widerspruch zur

Wahl von z.