einfluß von kaliumperchlorat auf schilddrüse und stoffwechsel

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172 H. KLEINSORG und H.-L. KR/JSKEMPER : eine echte Hyperthyreose spricht nicht das Verhalten der Tiere. Es finder sieh weder ein rasch einsetzender Gewichtsverlust, noch eine erh6hte Nahrungsaufnahme infolge einer Steigerung des Stoffwechsels. GREEN und Mitarbeiter berichten fiber Versuche mit radioaktivem Jod, dab durch Butazolidin die Jodaufnahme in die Schilddriise gehemmt wird. Zusammen mit diesen Beobachtungen ist anzunehmen, dal~ der Sehild- driise unter der Butazolidineinwirkung Jod nicht in ausreichendem Mal~e zur Bildung des Thyroxin zur Verffigung steht oder die Jodverarbeitung und Thyroxinsynthese gestSrt ist. Die Schilddrfise kann nieht geniigend Thyroxin produzieren. Es ]/~uft demnach derselbe Mechanismus ab, wie er yon der Wirkung des Methylthiouracil bekannt ist. Das histologische Bild der Hypophyse best~tigt diese Annahme. Es findet sich eine Degranulierung und zahlenm/~l~ige Abnahme der ~-chromophilen Zellen und eine Vermehrung der basophilen, zentral ge- legenen Zellelemente der Hypophyse. Als besonderes Charakteristikum zeigen die letzteren Zellen Zeichen der Hypersekretion, Vergr6l~erung der Kerne und des Protoplasmaleibes, Sekretvacuolen und schlieBlich vacuo- lige Entartung. Es bilden sich die sog. Thyreoidektomiezellen als Zeichen der Erseh6pfung, wie sic nach Entfernung der Schilddriise, abet auch unter der Einwirkung yon MTU auftreten. Man kann wohl an Hand dieser Unterlagen mit Recht sagen, dal3 dem Butazolidin eine ~hnliche Wirkung auf die Sehilddrfise zukommt, wie dem MTU. Diese Auffassung und Befunde wurden inzwischen vonKLEI~- SORG u. KR~SKEMPER mit Stoffwechseluntersuchungen an Ratten weit- gehend untermauert. Literatur. GREEN, TH. W., W. E. WHITE, E. P. E~OELMANNand M. A. KRUPP: Proc. Soc. Exper. Biol. a. Med. 82, 155 (1953). - - KLEI~SORG, H., et H. L. KRUSKEMPER: Arch. internat. Pharmacodynamie (im Erscheinen). Diskussion. KLEINSORG (G6ttingen): An Ratten erzeugt die Verabfolgung von Butazolidin nach gemeinsam mit KRUSKE1KPER durchgefiihrten Untersuchungen eine Hypothyreose. Inzwischen sind auch klinische Beobachtungen eines Myx- 6dems nach Butazolidintherapie bekannt geworden. Schlu[3wort. EGER: Die Frage der praktischen Bedeutung dieser Butazolidin- wirkung wird dadurch unterstrichen, dab in der HEILMEYEI~schen Klinik in Frei- burg Nebenerscheinungen des Butazolidins dutch Gaben von Thyroxin gebessert werden konnten. H. KLEINSORG und H.-L. KR13SKEMPr~R (Gfittingen): Einflul~ yon Kaliumperchlorat auf Schilddriise und Stof~wechsel. Die bisherigen experimentellen Untersuchungen fiber das Perchlorat. ion haben sich in der fiberwiegenden Mehrzahl mit seinen toxikologischen Wirkungen besch~ftigt. Erst Untersuchungen von STANB~¥ U. WY~¢-

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Page 1: Einfluß von Kaliumperchlorat auf Schilddrüse und Stoffwechsel

172 H. KLEINSORG und H.-L. KR/JSKEMPER :

eine echte Hyperthyreose spricht nicht das Verhalten der Tiere. Es finder sieh weder ein rasch einsetzender Gewichtsverlust, noch eine erh6hte Nahrungsaufnahme infolge einer Steigerung des Stoffwechsels. GREEN und Mitarbeiter berichten fiber Versuche mit radioaktivem Jod, dab durch Butazolidin die Jodaufnahme in die Schilddriise gehemmt wird. Zusammen mit diesen Beobachtungen ist anzunehmen, dal~ der Sehild- driise unter der Butazolidineinwirkung Jod nicht in ausreichendem Mal~e zur Bildung des Thyroxin zur Verffigung steht oder die Jodverarbeitung und Thyroxinsynthese gestSrt ist. Die Schilddrfise kann nieht geniigend Thyroxin produzieren. Es ]/~uft demnach derselbe Mechanismus ab, wie er yon der Wirkung des Methylthiouracil bekannt ist. Das histologische Bild der Hypophyse best~tigt diese Annahme.

Es findet sich eine Degranulierung und zahlenm/~l~ige Abnahme der ~-chromophilen Zellen und eine Vermehrung der basophilen, zentral ge- legenen Zellelemente der Hypophyse. Als besonderes Charakteristikum zeigen die letzteren Zellen Zeichen der Hypersekretion, Vergr6l~erung der Kerne und des Protoplasmaleibes, Sekretvacuolen und schlieBlich vacuo- lige Entartung. Es bilden sich die sog. Thyreoidektomiezellen als Zeichen der Erseh6pfung, wie sic nach Entfernung der Schilddriise, abet auch unter der Einwirkung yon MTU auftreten.

Man kann wohl an Hand dieser Unterlagen mit Recht sagen, dal3 dem Butazolidin eine ~hnliche Wirkung auf die Sehilddrfise zukommt, w i e dem MTU. Diese Auffassung und Befunde wurden inzwischen vonKLEI~- SORG u. KR~SKEMPER mit Stoffwechseluntersuchungen an Rat ten weit- gehend untermauert .

Literatur. GREEN, TH. W., W. E. WHITE, E. P. E~OELMANN and M. A. KRUPP: Proc.

Soc. Exper. Biol. a. Med. 82, 155 (1953). - - KLEI~SORG, H., et H. L. KRUSKEMPER: Arch. internat. Pharmacodynamie (im Erscheinen).

Diskussion. KLEINSORG (G6ttingen): An Ratten erzeugt die Verabfolgung von Butazolidin nach gemeinsam mit KRUSKE1KPER durchgefiihrten Untersuchungen eine Hypothyreose. Inzwischen sind auch klinische Beobachtungen eines Myx- 6dems nach Butazolidintherapie bekannt geworden.

Schlu[3wort. EGER: Die Frage der praktischen Bedeutung dieser Butazolidin- wirkung wird dadurch unterstrichen, dab in der HEILMEYEI~schen Klinik in Frei- burg Nebenerscheinungen des Butazolidins dutch Gaben von Thyroxin gebessert werden konnten.

H. KLEINSORG und H.-L. KR13SKEMPr~R (Gfittingen): Einflul~ yon Kaliumperchlorat auf Schilddriise und Stof~wechsel.

Die bisherigen experimentellen Untersuchungen fiber das Perchlorat. ion haben sich in der fiberwiegenden Mehrzahl mit seinen toxikologischen Wirkungen besch~ftigt. Erst Untersuchungen von STANB~¥ U. WY~¢-

Page 2: Einfluß von Kaliumperchlorat auf Schilddrüse und Stoffwechsel

EinfluB yon Kaliumperchlorat auf Schilddrtise und Stoffwechsel. 173

GAARDEN, die die Radiojodspeicherung in der Schilddrfise bei Anwendung verschiedener Anionen besonders durch das Perchloration hemmen konn- ten, haben die Aufmerksamkeit auf die Beziehungen zwischen Sehfld- drfise und Perchloration gelenkt. Die vorliegenden Untersuchungen haben sich um eine n/ihere Aufkl/~rung dieser Beziehungen bemiiht.

Der Gewebsstoffwechsel (Qo~) der Leber yon Albinoratten wird bei langer dauernder peroraler Zufuhr yon Kaliumperchlorat gesenkt; das Ausmal3 der Senkung betr&gt nach 14t/igiger Gabe yon 100 mg/kg/Tag etwa 11%, naeh 28 Tagen etwa 20~o. 250 mg/kg/Tag KC10 a bewirkten nach 14 Tagen eine Abnahme des Sauerstoffverbrauchs der Leber um etwa 27O/o . W~hrend der Dauer der Verabfolgung yon Kaliumperchlorat liel~ die Spontaneit~t der Versuchstiere geringgradig nach. Kaliumper- chlorat ffihrte bei Anwendung der eben genannten Dosierungen zu keiner- lei toxischen Nebenerscheinungen; auch die yon anderen antithyreoidalen Mitteln her bekannten Wirkungen auf das weiBe Blutbild blieben aus, wie auch das rote Blutbild nicht ver/~ndert wurde. Der Gewiehtszuwachs yon Versuchs- und Kontrolltieren war w~hrend der Versuchszeit yon gleichem Ausmal3. Der beschriebene Effekt auf den Gewebsstoffwechsel ist nach Beendigung einer 28t/~gigen Applikation yon Kaliumperchlorat rever- sibel.

Wie Untersuchungen in vitro ergeben haben, ist die Senkung des Sauerstoffverbrauchs der Leber nicht an eine direkte Wirkung des Kalium- perchlorats gebunden: Kaliumperchlorat beeinfluBte in vitro in Konzen- trationen zwischen 5 • 10 ~ m u n d 5 • 10 -a m die Gewebsatmung der Leber nicht. Auch ein peripherer Antagonismus zwischen Thyroxin und Kalium- perchlorat besteht nicht, da parenterale Gaben yon Thyroxin in hoher Dosierung yon einer Stoffwechselsteigerung etwa gleicher St&rke gefolgt wax, gleichgiiltig, ob gleichzeitig Kaliumperchlorat verabfolgt wurde oder nicht. Auch die durch Thyroxin hervorgerufene Abnahme des KSrper- gewichts wurde durch Kaliumperchlorat nicht beeinflul3t.

Die Ergebnisse hinsichtlich der Stoffwechselwirkung des KC104 und die Befunde von STANBURY U. WYNGAJLRDEN hinsichtlich der Verminde- rung der Speicherung von jzal in der Schilddrfise durch das Perchloration werden durch Untersuchungen an hypophysektomierten Rat ten einer Erkltirung n~her gebracht. Wt~hrend an hypophysenlosen Tieren die parenterale Applikation yon thyreotropem t tormon zu der bekannten Steigerung des Stoffwechsels ffihrte, blieb dieser Effekt aus, wenn gleich- zeitig Kaliumperchlorat gegeben wurde. Dieser und die eben erwtihnten Befunde berechtigen zu der Annahme, dab die Zufuhr yon Kaliumper- chlorat die Thyroxinsynthese fiber eine Hemmung der Jodspeieherung in der Schilddrfise senkt.

Damit werden auch Ver/~nderungen verst/~ndlieh, die Schilddrfisen- gewieht und -morphologie betreffen. Nach der Zufuhr yon Kaliumper-

Page 3: Einfluß von Kaliumperchlorat auf Schilddrüse und Stoffwechsel

174 H. GI~.RTZ: Noradrenalin-und Adrenalinhyperglyki~mie.

chlorat nahm das Gewicht der Schilddrfise normaler Rat ten mehr oder weniger stark zu, w~hrend gleichzeitig histologisch das Bild einer hoch- aktiven Schilddrfise mit EpithelerhShung und Kolloidschwund in den Follikeln bestand. Ebenfalls kommt es in der Hypophyse zu morpholo- gischen Ver~nderungen, die denen nach einer Thyreoidektomie ent- sprechen. Eine weitere Stfitze des soeben diskutierten Wirkungsmecha- nismus l~l]t sich aus den Versuchen ableiten, in denen parenteral Thyroxin gegeben wurde. Das Gewicht der Schilddrfise und die Histologie dieses Organs werden durch Thyroxin in bekannter Weise beeinflul~t, unabh/~ngig davon, ob gleichzeitig Kaliumperchlorat verabfo]gt wurde oder nicht.

Am hypophysektomierten Tier blieb nach der alleinigen Gabe yon Kalinmperchlorat ein Anstieg des Schilddrfisengewichts aus. Es erscheint jedoch bemerkenswert, dab KCIO a auch hier noch eine gewisse histolo- gische Aktivierung der Schilddrfise - - erkennbar an einer ErhShung des Epithels und einer VergrSBerung der Kerne - - bewirkte.

Es lag nahe, die therapeutische Anwendung des Kaliumperchlorats als antithyreoidale Substanz klinisch bei Hyperthyreosen zu versuchen. Unsere bisher vorliegenden Erfahrungen haben die MSglichkeit einer solchen Therapie best/itigen kSnnen. In bisher 15 F/illen, in denen Kalinm- perchlorat bei Hyperthyreosen mit einer GrundumsatzerhShung yon fiber 50~o gegeben wurde, wurde in l~bereinstimmung mit den Beobachtungen y o n GODLEY u. STANBURY sowie von MORGA~S u . T R O T T E R ein guter Effekt erzielt. Unvertri~glichkeitserscheinungen oder toxische Neben- wirkungen - - besonders auf das weiBe Blutbild - - wurden dabei nicht beobachtet.

H. GIERTZ (Diisseldorf) : Zur Aktivierung der Noradrenalin- und Adrena- linhyperglykiimie durch Methyldonatoren.

Die Blutzuckerwirkung des Nor-Adrenalins am Kaninchen und seine mydriatische Wirkung an der denervierten M~usepupille lassen sieh dureh Methyldonatoren erheblieh steigern. Es lag nahe, diesen Effekt als Aus- druck einer Neubfldung yon Adrenalin anzusehen, das den Blutzucker des Kaninchens und die denervierte M/~usepupille erheblich st/~rker als Nor-Adrenalin beeinflul~t. Diese Annahme sehien dureh den Befund ge- stfitzt, da$ das methylierungsf6rdernde Adenosintriphosphat die Wirkung der Kombinat ion Nor-Adrenalin--Methyldonator weiterhin verst~rkt.

Der schwerstwiegende Einwand, der yon HOLTZ und Mitarbeitern gegen diese Auffassung vorgebracht wurde, bestand darin, dal~ aueh die Adrenalinhyperglyk~mie und -mydriasis durch Methyldonatoren ver- st~rkt wird. Auch in unseren eigenen Versuchen, in denen wir ~qui-