einfluß der trocknung auf viskosität und ergiebigkeit der stärke

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Nr. 3/2. Jahrg. DIE STARKE 69 Fragen nach der Struktur und den Eigenschaften ma- kromolekularer Stoffe uberhaupt, Fragen nach dem Mechanismus, nach welchem die Natur derartige Stoffe aufbaut oder schliefllich Probleme des Kohlenhydrat- stoffwechsels und der Glykolyse oder die der Assimi- lation der Kohlensaure in der griinen Pflanze. Gerade diese Betrachtungsweise, die die Starke von verschie- denen Seiten her erfahren hat, war fur die Entwick- lung des jetzigen Standes unserer Kenntnisse sehr niitzlich, so dai3 es sich sicher rechtfertigt, hier einen tiberblick in grofleren Linien gegeben zu haben. Und noch eines ist aus den hier erorterten mannig- faltigen Zusammenhhgen grsichtlich: Warend es der Chemie auf verschiedenen Gebieten gelungen ist, die Natur in der Herstellung und Gewinnung wertvoller Naturstoffe weitgehend nachzuahmen oder sogar rnit speziellen Methoden zu ubertreffen - es sei unter vie- len Beispielen nur an die Synthese kiinstlicher Kaut- schuke sowie an die synthetischen seidenartigen Fasern von iiberragender Bedeutung wie Nylon oder Perlon erinnert - so brauchen fur die Starkeindustrie fur die zunachst abzusehenden Zeiten keinerlei Befiirchtungen zu beskhen, dai3 die Chemie die Starke demnachst aus Kohlensaure find Wasser synthetisieren oder gar Pro- dukte aufbauen wird, die die natiirliche Starke in ihren Eigenschaften noch ubertreffen. D d eine Moglichkeit hierzu grundsatzlich eines Tages gegeben sein wird, darf aber doch wohl nicht angezweifelt werden, selbst wenn noch viele Jahrzehnte vergehen konnen, bevor ein solches Ziel erreicht ist. Die naturlich gewachsene Starke wird aber auch in einem solchen FaIle ihren Platz behaupten konnen, so daf3 die Stiirkefabriken sich nicht eriibrigen werden, solange uberhaupt Men- schen am Werke sind. Einflui3 der Trocknung auf Viskositzt und Ergiebigkeit der Starke Yon Dr. Hans RJggeberg Reichsanstalt fur Getreideverarbeitung, Detmold Mit 7 Textabbildungen und 1 Tnbelle Der Techniker oder Betriebschemiker, der rnit dem industriellen Produkt Starke umgeht, vergil3t sehr leicht, daf3 es sich bei diesem Rohstoff eigentlich um ein biologisches Material handelt, das wie alles Leben- dige durch eine hochgradige Labilitat gekennzeichnet ist. Das Leben ist an einen eigentumlichen physikalisch- chemischen Zustand, den Kolloidzustand, gekniipft, der stets infolge seines hoheren Energieniveaus bestrebt ist, in den stabileren kristallinen Zustand iibenugehen. Seine Aufrechterhaltung ist an die stiindige Zufuhr von Energie gebunden, und der Tod hat den Zusammen- bruch des kolloiden Systems zur Folge. Genau so ist auch die Starke, so lange sie sich im lebendigen Organismus befindet, in einer Art Kolloid- zustand, der durch die Abtrennang von der Zelle zer- stort wird. Die Art diese,s Obergangs in die nicht- kolbide Form aber ist von wesentlichem Einfluf3 auf die Eigenschaften des resultierenden Stoffes, der sich van der urspriinglichen nativen Starke erheblich un- terscheidet. Diese absichtlich in etwas schroffer Form gemachte Vorbemerkung soll ganz deutlich machen, dai3 auch kleinste Variationen des Verarbeitungsganges von der starkehaltigen Zelle bis zum Rohstoff Starke wesentliche Eigenschaftsverschiebungen zur Folge ha- ben konnen und d& es kaum moglich sein wird, zwei Chargen Starke henustellen, die chemisch und physi- kalisch-chemisch absolut identisch sind. Die wesentlichste Substanz in der KoLloidchemie des Lebens ist das Wasser. Auch die Starke liegt in der Pflanze in einer stark hydratisierten Form vor, und man wiirde die Dinge zu sehr vereinfachen, wenn man dieses Wasser als adsorbierte Feuchtigkeit abtun wiirde. Dieses Wasser hat vielmehr entscheidenden Anted an der biologischen Funktion, also den Eigenschaften der Starke, und seine Entziehung bildet wohl den entschei- denden Eingriff in das Starkekorn. 1. Problemstellung Aus diesen Grunden habm wir uns die Aufgabe ge- stellt, die Eigenschaften der Starke zu untersuchen in Abhiingigkeit von der Geschichte ihrer Entwasserung, und haben als die wohl empfindlichste und technisch auch wichtigste Eigenschaft das viskosimetrische Ver- halten verfolgt. Es soll im Zusammenhang gerade mit diesen Untersuchungen noch nicht allzu stark auf die technische Bedeutung dieses Problems eingegangen werden, denn es ist urn bisher noch nicht moglich ge. wesen, die in der Technik ublichen Trocknungsmetho- den einigermaf3en zu imitieren. Aber man kann trotz- dem erkennen, dafl die Trocknungsmethode und der Trocknungsgrad von wesentlichem Einfluf3 auf die Eigenschaften des resultierenden Produktes sein konnen. 2. Versuchsrnethodik Wir gingen bei unseren Versuchen aus von Feucht- starken, die uns von verschiedenen Firmen in zuvor- kommender Weise uberlassen wurden. Diese Feucht- starke wurde vor BGginn der Versuche auf ihren Saure- grad gepruft, um aus dessen Veranderungen, die sich eventuell im Verlauf der Versuche ergaben, auf mikro- bielle Zersetzung schlieflen zu konnen. Ich darf gleich bemerken, dai3 sich der Sauregrad bei Feuchtstarken bei Aufbewahrung im Eisschrank im Verlauf von zehn Tagen nicht wesentlich anderte. Die S\arken wurden nun auf folgende Weisen getrocknet: 1. Bei 50- 600 im Vakuum, 2. bei 90--1000 im Vakuum, 3. bei 90-1000 ohne Vakuum, 4. in einigen Fallen durch mehrfaches Waschen mit Von den einzelnen Proben wurden verschiedene Ver- diinnungsstufen hergestellt, die dann unter gleichen Bedingungen verkleistert und wieder abgekuhlt wur- den. Die Viskositatsmessungen wurden rnit dem Ost- waldschen Kapillarviskosimeter ausgefiihrt. Die Ermittlung der Ergiebigkeit nach dem Pudding- effekt wurde inhlehnung an die Methode von We$ (1) so durchgefiihrt, dafl die eingewogene Probe in einer bestimmten rvlenge Wasser zum Sieden gebracht und trockenem Azeton.

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Page 1: Einfluß der Trocknung auf Viskosität und Ergiebigkeit der Stärke

Nr. 3/2. Jahrg. DIE S T A R K E 69

Fragen nach d e r Struktur und den Eigenschaften ma- kromolekularer Stoffe uberhaupt, Fragen nach dem Mechanismus, nach welchem die Natur derartige Stoffe aufbaut oder schliefllich Probleme des Kohlenhydrat- stoffwechsels und der Glykolyse oder die der Assimi- lation der Kohlensaure in der griinen Pflanze. Gerade diese Betrachtungsweise, die die Starke von verschie- denen Seiten her erfahren hat, war fur die Entwick- lung des jetzigen Standes unserer Kenntnisse sehr niitzlich, so dai3 es sich sicher rechtfertigt, hier einen tiberblick in grofleren Linien gegeben zu haben.

Und noch eines ist aus den hier erorterten mannig- faltigen Zusammenhhgen grsichtlich: W a r e n d es der Chemie auf verschiedenen Gebieten gelungen ist, die Natur in der Herstellung und Gewinnung wertvoller Naturstoffe weitgehend nachzuahmen oder sogar rnit speziellen Methoden zu ubertreffen - es sei unter vie-

len Beispielen nur an die Synthese kiinstlicher Kaut- schuke sowie an die synthetischen seidenartigen Fasern von iiberragender Bedeutung wie Nylon oder Perlon erinnert - so brauchen fur die Starkeindustrie fur die zunachst abzusehenden Zeiten keinerlei Befiirchtungen zu beskhen, dai3 die Chemie die Starke demnachst aus Kohlensaure find Wasser synthetisieren oder gar Pro- dukte aufbauen wird, die die natiirliche Starke in ihren Eigenschaften noch ubertreffen. D d eine Moglichkeit hierzu grundsatzlich eines Tages gegeben sein wird, darf aber doch wohl nicht angezweifelt werden, selbst wenn noch viele Jahrzehnte vergehen konnen, bevor ein solches Ziel erreicht ist. Die naturlich gewachsene Starke wird aber auch in einem solchen FaIle ihren Platz behaupten konnen, so daf3 die Stiirkefabriken sich nicht eriibrigen werden, solange uberhaupt Men- schen am Werke sind.

Einflui3 der Trocknung auf Viskositzt und Ergiebigkeit der Starke Yon Dr. H a n s R J g g e b e r g

Reichsanstalt fur Getreideverarbeitung, Detmold

Mit 7 Textabbildungen und 1 Tnbelle

Der Techniker oder Betriebschemiker, der rnit dem industriellen Produkt Starke umgeht, vergil3t sehr leicht, daf3 es sich bei diesem Rohstoff eigentlich um ein biologisches Material handelt, das wie alles Leben- dige durch eine hochgradige Labilitat gekennzeichnet ist. Das Leben ist an einen eigentumlichen physikalisch- chemischen Zustand, den Kolloidzustand, gekniipft, der stets infolge seines hoheren Energieniveaus bestrebt ist, in den stabileren kristallinen Zustand iibenugehen. Seine Aufrechterhaltung ist an die stiindige Zufuhr von Energie gebunden, und der Tod hat den Zusammen- bruch des kolloiden Systems zur Folge.

Genau so ist auch die Starke, so lange sie sich im lebendigen Organismus befindet, in einer Art Kolloid- zustand, der durch die Abtrennang von der Zelle zer- stort wird. Die Art diese,s Obergangs in die nicht- kolbide Form aber ist von wesentlichem Einfluf3 auf die Eigenschaften des resultierenden Stoffes, der sich van der urspriinglichen nativen Starke erheblich un- terscheidet. Diese absichtlich in etwas schroffer Form gemachte Vorbemerkung soll ganz deutlich machen, dai3 auch kleinste Variationen des Verarbeitungsganges von der starkehaltigen Zelle bis zum Rohstoff Starke wesentliche Eigenschaftsverschiebungen zur Folge ha- ben konnen und d& es kaum moglich sein wird, zwei Chargen Starke henustellen, die chemisch und physi- kalisch-chemisch absolut identisch sind.

Die wesentlichste Substanz in der KoLloidchemie des Lebens ist das Wasser. Auch die Starke liegt in der Pflanze in einer stark hydratisierten Form vor, und man wiirde die Dinge zu sehr vereinfachen, wenn man dieses Wasser als adsorbierte Feuchtigkeit abtun wiirde. Dieses Wasser hat vielmehr entscheidenden Anted an der biologischen Funktion, also den Eigenschaften der Starke, und seine Entziehung bildet wohl den entschei- denden Eingriff in das Starkekorn. 1. Problemstellung

Aus diesen Grunden habm wir uns die Aufgabe ge- stellt, die Eigenschaften der Starke zu untersuchen in

Abhiingigkeit von der Geschichte ihrer Entwasserung, und haben als die wohl empfindlichste und technisch auch wichtigste Eigenschaft das viskosimetrische Ver- halten verfolgt. Es soll im Zusammenhang gerade mit diesen Untersuchungen noch nicht allzu stark auf die technische Bedeutung dieses Problems eingegangen werden, denn es ist urn bisher noch nicht moglich ge. wesen, die in der Technik ublichen Trocknungsmetho- den einigermaf3en zu imitieren. Aber man kann trotz- dem erkennen, dafl die Trocknungsmethode und der Trocknungsgrad von wesentlichem Einfluf3 auf die Eigenschaften des resultierenden Produktes sein konnen. 2. Versuchsrnethodik

Wir gingen bei unseren Versuchen aus von Feucht- starken, die uns von verschiedenen Firmen in zuvor- kommender Weise uberlassen wurden. Diese Feucht- starke wurde vor BGginn der Versuche auf ihren Saure- grad gepruft, um aus dessen Veranderungen, die sich eventuell im Verlauf der Versuche ergaben, auf mikro- bielle Zersetzung schlieflen zu konnen. Ich darf gleich bemerken, dai3 sich der Sauregrad bei Feuchtstarken bei Aufbewahrung im Eisschrank im Verlauf von zehn Tagen nicht wesentlich anderte. Die S\arken wurden nun auf folgende Weisen getrocknet:

1. Bei 50- 600 im Vakuum, 2. bei 90--1000 im Vakuum, 3. bei 90-1000 ohne Vakuum, 4. in einigen Fallen durch mehrfaches Waschen mit

Von den einzelnen Proben wurden verschiedene Ver- diinnungsstufen hergestellt, die dann unter gleichen Bedingungen verkleistert und wieder abgekuhlt wur- den. Die Viskositatsmessungen wurden rnit dem Ost- waldschen Kapillarviskosimeter ausgefiihrt.

Die Ermittlung der Ergiebigkeit nach dem Pudding- effekt wurde inh lehnung an die Methode von We$ (1) so durchgefiihrt, dafl die eingewogene Probe in einer bestimmten rvlenge Wasser zum Sieden gebracht und

trockenem Azeton.

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nach zweimaligem Aufwallen je 100 ccm des Kleisters in Becherglaser eingefullt wurden. Nun wurde mit steigenden Mengen Wasser verdunnt und der Inhalt der Becherglaser nach einstiindigem Stehen im Trok- kenschrank bei 1000 in vorher ausgespulte Porzellan- schalen gefullt. Nach 4 Stunden wurde die Grenze der Sturzfahigkeit ermitklt.

Zur Kritik der benutzten Methoden mochte ich ZU- nachst einige Bemerkungen rnachen. Jeder, der einmal viskosimetrische Messungen an Kolloiden gemacht hat, weit3, wie empfindlich diese Systerne gegen oft nur ge- ringfiigige Variationen der au5eren Bedingungen sind. Bei Starkesolen komrnt hinzu, dai3 auch die voraus- gehende Verkleisterung von dem Grad, der Geschwh- digkeit und der Dauer der Erhitzung sowie von zahl- reichen anderen Faktoren hochgradig abhangig ist, deren wirklich absolute Konstanthaltung, wenn uber- haupt, nur mit kompliziertesten Versuchsanordnungen zu erreichen ist. Aus diesem Grunde haben wir auch verschiedene Bestimmungen nach Kaltverkleisterung mittels Natronlauge ausgefuhrt, die zwar auch mit erheblichen Ungenauigkeiten belastet ist, aber doch imrnerhin eher hinreichend konstant durchfuhrbar schien. In klarer Erkenntnis der Unmoglichkeit, eine derart

exakte Versuchsmethodik, wie sie z. B. Wo. Ostzvdd und Frenkel (2) erarbeitet haben, wenigstens zunachst anzuwenden, versuchten wir, die zu erwartenden Feh- ler dadurch moglichst zu umgehen, da5 wir uns bei der Auswertung nicht auf einen Punkt verlieflen, son- dern die Viskositatskurven bei verschiedenen Konzen- trationen aufnahmen. Die Kurven zeigten zum groflen Teil einen derart gleichma5igen Verlauf, daO es wohl erlaubt ist, daraufhin verschiedene Aussagen zu machen.

Noch arger ist die Lage bei dem Puddingeffekt. Die erforderlichen hoheren Konzentrationen verstar-

ken die Fehler, die schon bei der Verkleisterung auf- treten. Die Bestimmung der Sturzbarkeit ist zudem keine objektiv exakte Methode, sondern von einer sub- jektiven Beurteilung abhangig. Die Zahl der einzelnen Verdunnungsstufen mui3 aus experimentellen Griinden eingeschrankt werden, wodurch von Stufe zu Stufe

4 C

I

/

- Feuchtstarke ----- Trocknung bei 50-600 i. V. .._-_._-_. Trocknung bei 90-1000 i. V. - - Trocknung bei 90-1000 0. V. Abb. 1. Abhangigkeit der Viskositiit der Reisstlrke

yon der Trocknung

schon relativ groi3e Konzentrationsspriinge entstehen. Bei einem Versuch, durch eine zweite Kochung nun den wahren Grenzwert weiter einzuengen, ist die man- gelhafte Reproduzierbarkeit besonders auffiillig und storend. Man wird den Puddingversuch nur .dam mit Erfolg heranziehen konnen, wenn die Unterschiede ver- haltnismiiJ3ig erheblich sind. Das Obengesagte gilt fur ausgesprochene Forschungszwecke j die Brauchbarkeit des Puddingeffektes fur die Praxis, besonders bei der Beurteilung yon Nshrmitteln, sol1 darnit in keiner Weise herabgesetzt werden, zumal eine bessere Methode zur Zeit noch nicht besteht. Aus den vorgenannten GriiKq den haben wir auch nur .wenig Puddingversuche durch- gefuhrt und sind bei der Auswertung sehr kritisch gewesen.

3. ~'erstichsergeb?iisse

In Abb. 1 ist das viskosimetrische Verhalten der Maisstarke dargestellt. Wie in den folgenden Abbil- dungen (2-7) ist die Viskositatskurve der Feuchtstarke denen von getrockneten Starken gegenubergestellt. Aufgetragen ist jeweils auf der Ordinate die relative Viskositat als Quotient der Durchlaufszeit des Starke- sols und der von reinem Wasser. Die Konzentrationen auf der Abzisse sind in Gramm absolut trockner Starke in 100 ccm Losung angegeben, um vergleichbare Zah- len zu erhalten. Fur die Kurven wurden jeweils Star- ken benutzt, deren Wassergehalt um 10-12 O/O betrug, ausgenommen naturlich die Feuchtstarken. Man er- kennt, dai3 die Mais f e u c h t starke bei allen Konzen- trationen die hochste Viskositat hat und da5 die Vis- kositat um so mehr abnimmt, je scharfer die Trock- nungsbedingungen sind. Dieses Absinken der Viskositat ist nach einer Trocknung von 500 im Vakuum noch nicht merklich, erreicht jedoch bei 900 im Vakuum oder gar bei 900 ohne Vakuum betrachtliche Werte.

Feuchtstarke - - . . . -- . _ - ----- . lrocknung be1 50-600 1. V . .- ...._... Trocknung bei 90-1000 i. V. - - -. Trocknung bei 90-1000 0. V.

Abb. 2. Abhangigkeit der Viskositat der Kartoffelstarke yon der Trocknung

Ganz ahnlich liegen die Verhaltnisse bei der Kar- toffelstarke, bei der jedoch infoIge der absolut hoheren Viskositat auch schon die Verminderung nach einer Trocknung bei 500 irn Vakuum in den Kurven zum Ausdruck komrnt. Es war auch fur uns uberraschend, wie gut die Kurven zusammen passen, obwohl doch die

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Kartoffelstarke infolge ihrer Thixotropie bei viskosi- metrischen blessungen stets besondere Schwierigkeiten macht.

- c Feuchtstsrke

-----. Trocknung bei 50-600 i. V. .-.-...... Trocknung bei 90-1000 i. V. ---. Troc!ccung kei 90-1000 0 . V.

-

i\bb. 3. F. bliiizgigkeit dcr Viskositlt der Milostirkc von der Trocknung

Wahrend die Weizenstarke sich ahnlich wie die vori- gen verhalt, tanzt die Milostarke etwas aus der Reihe. Hier liegt die Kurve der bei 900 im Vakuum getrock- neten Starke sogar uber der der Feuchtstarke, WO-

gegen die bei 900 ohne Va!;::um getrocknete Starke ganz erheblich an Viskositzt ehgebiiflt hat. Dieses Ver- halten wurde in mehreren i'ersuchen bestatigt.

91 Q2 q3 94 95 96 -C

Feuchtstarke Troc!cnung bei 50-60° i. V. Trocknung bei 90-1000 i. V. Trocknung bei 90-100° o.V.

Abb. 4. Die Viskositat der Kartoffelstiirke nach Ka!tverkleisterung mit Natronlauge

------ ....-- _- . _.--

Abb. 4 gibt einen Versuch mit Kartoffelstarke wie- der, die nun aber auf kaltem Wege verkleistert wurde, indem zu jeweils 50 ccm der Suspension je 10 ccm 20 %iger Natronlauge zugefugt wurden. to bedeutet

nun selbstverstandlich die Durchlaufszeit einer ent- sprechend konzentrierten Natronlauge. Absolut ent- sprechen die Viskositatswerte etwa denen bei der Hitze- verkleisterung, aber die typischen Unterschiede, wie wir sie vorher fanden, sind hier nicht mehr erkennbar. Im Gegenteil wurde nun die Viskositat durch don. Trocknungsprozefl gesteigert.

Schliefllich seien noch die Ergebnisse angefuhrt, die wir erhielten, als wir die Feuchtstarken durch mehr- faches Waschen mit Azeton trockneten. Es mag viel- leicht interessant sein, wie sich das Gleichgewicht da- bei einstellt. Bekanntlich wurde ja bereits versucht, die Einstellung eines Gleichgewichtes zwischen dem Wassergehalt von Starke und Alkohol zu einer Schnell- bestimmung der Feuchtigkeit von Starke zu benutzen. Offenbar aber hat sich diese Methode doch nicht be- wahrt.

In der Tabelle 1 sind die Wassergehalte des Azetons nach der Waschung der Starke aufgefiihrt, und man erkennt, dafl nach funfmaligem Waschen die Wasser- aufnahme des Azetons nur noch sehr gering ist, so dafl ein weiteres Waschen nicht lohnte.

Tabelle 1

Azetontrocknung von Kartoffelfeuchtstarke Zahl der Wassergehalt Dichte des Wassergehalt

\Vaschungen der Starkc Aretons des Aretons

0 36,8 0,7915 0

2 0,8025 325 3 11,2 0,7965 1,s 4 0,7964 1,s 5 10,s 0,7946 1 ,o

1 19,9 0,8307 13,O

Ich betone diese Tatsache aus einem besonderea Grunde. Man nimmt ja vielfach an - und wohl mit Recht -, dafl das Wasser in der Starke in zwei ver- schiedenen Zustanden vorliegt; einmal als adsorbierte Feuchtigkeit, zum andern aber als Baustein des Starke- kornes, dessen Entziehung schwenviegende Verande- rungen desselben nach sich zieht. Die 10 O/O Wasser, die durch die Azetontrocknung nicht entfernt werden, konnen vielleicht einen Hinweis auf den Prozentsatz dieses ,,Kristallwassers" geben.

Dieser Hinweis erscheint gerade bei der Azeton- trocknung berechtigt, wahrend die Alkoholtrocknung einen solchen Schlufl nicht zulaflt. Denn hierbei findet auch infolge der Wasserahnlichkeit des Alkohols eine teilweise Verdrangung des Kristallwassers statt.

Die Azetontrocknung fiihrt weder bei der Kartoffel- noch bei der Mais- oder Milostarke zu wesentlichen Viskositatseinbuflen, so dai3 man sie als eine b,esonders schonende Methode bezeichnen darf.

Die Untersuchung des Puddingeffektes ergab dagegen keine ins Auge springenden Unterschiede; es bleibt eine zunachst offene Frage, ob das an der eingangs erwahnten Unempfindlichkeit der Methode liegt, oder aber, ob hier wirklich keine Unterschiede auftreten. Nur in 2 Fallen erhielten wir Abweichungen. E k e bei 60° im Vakuum getrocknete Kartoffelstarke gab sturzbare Puddings bis zur Verdiinnung von 1: 16, wahrend die Feuchtstarke nur bis I: 13,s stiirzbar war; umgekehrt war eine Milofeuchtstarke bis zu 1 : 20,2 stiirzbar, die bei 600 im Vakuum getrocknete jed,och nur bis 1 : 18.

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4 II 4-

-/-

I' /

-/- - Feuchtstarke ---- nach Azetontrocknung

Abb. 5. Die Viskositat der Kartoffelstiieke nach Trocknung durch Azetonwaschung

-C - Feuchtstarke - - -. nach Azetontrocknung

Abb. 6. Die Viskositat der Maisst3rke nach Trocknung durch Azetonwaschung

-C Feuchts tarke - -__ nach Azetontrocknung

Abb. 7 . Die Viskositat der Milostiirke nach Trocknun,g durch Azetonwaschung

4. Diskussion der Ergebnisse Es ware verfriiht, auf Grund dieser wenigen Ergeb-

nisse nach einer theoretischen Deutung zu suchen. Hier- zu bedurfte es weiterer Untersuchungen, die sich auch auf andere Eigenschaften ausdehnen m a t e n . Sie lag auch nicht in der Absicht dieser Versuche. Vielmehr sollte gepriift werden, ob die Eigenschaften der Starke bei den technischen Trocknungsmethoden moglicher- weise beeinfluat werden. Wir glauben, man mui3 diese

Frage bejahen - und nun ware auch eine vertiefte Be- arbeitung dieses Problems von Bedeutung. Es wurde schon gesagt, dai3 wir die technische Trocknung nicht nachmachen kotmten. Welche von den benutzten Me- thoden ist nun der Trocknung etwa irn Biittner-Teller- trockner am ahnlichsten ? Hierbei lie@ die Anfangs- temperatur bei etwa 90-1000, die Starke aber durfte infolge der starken Wasserverdunstung erheblich kuh- ler bleiben. Dieser Fall ist bei uns am besten realisiert bei der Trocknung im Vakuum bei 90-1000. DieVeran- derungen, die hierbei auftreten, mu13 man auch bei der Trocknung im Btittner-Trockner erwarten - und das ware immerhin schon recht erheblich. Zweifellos geht ein Teil des Viskositatsverlustes auf Konto Verkleiste- rung. So sehr erheblich aber kann dieser Anteil nicht sein, die Bestimmung der kaltloslichen Anteile bei der- ar t getrockneten Starken zeigte nsmlich keine beson- ders hohen Werte. In diesem Zusammenhang sollen einige grundsatz-

liche theoretische Ausfuhrungen angeschlossen werden zur Frage, ob und wieweit sich die Besthmung der Ergiebigkeit viskosimetrisch und nach dem Pudding- effekt aufeinander beziehen lassen. Die Viskositat wird in einem Konzentrationsbereich gemessen, bei dem man in grober Annaherung annehmen kann, dail die einzel- nen Molekule noch unabhangig voneinander sind. Die selbstverstiindlich auch hier auftretende sogenannte ,,Strukturviskositat'' ist fur die folgenden Oberlegun- gen ohne Belang. Fur die Viskositat spielt daher die Groae u n d Form der Teilchen eine entscheidende Rolle. So geben - um ein Beispiel anzufuhren - die so- genannten Skleroproteine, wie etwa das Seidenfibroin, erheblich viskosere Losungen als Spharoproteine, zu denen z. B. das Albumin gehort. Der Grund liegt darin, dai3 erstere ein langgestrecktes, stark asymmetrisches, letetere aber ein fast kugelformiges Molekul besitzen.

Ganz analog liegen die Dinge bei der Starke, von der wir ja heute wissen, dai3 sie aus mindestens zwei Komponenten aufgebaut ist. Von diesen ist die Amy- lose a h langgestreckte Kette von Ghkosidresten, das Amylopektin dagegen als ein stark verzweigtes, mehr kugeliges Gebilde aufzufassen.

Die Amybse wird demnach zur Viskositat weit mehr beitragen als das Amylopektin. Ganz anders die Gel- bildung, die fiir den Puddingeffekt herangemgen wird. Hier treten nach der Vorstellung von K. H. Meyer (3) subkristalline Bereiche auf, die durchverflechtung noch nicht kristallisierter Molekulfaden zu einem Netzwerk verbunden sind. Dies ist dadurch moglich, dal3 bei den groi3en Molekulen die einzelnen Teile thermodyna- misch weitgehend selbstandig sind, das heii3t also, da13 sie nicht notwendig gemeinsam an einer chemischen oder physikalischen Umwandlung teilnehmen mussen. Es ist einleuchtend, daa fur die BiIdung des Netzwer- kes gerade das Amylopektin mit seinen zahlreichen Verzweigungen besonders geeignet ist ; entsprechend geben reine Amyloselosungen keine schnittfesten Gele. Wohl kann die Gelbindung von Amylopektin-Losungen durch Zusatz von Amylose begunstigt werden, die d a m an der Verflechtung teilnimmt.

Daraus geht hervor, dai3 die Viskositat und die Gel- bildung von Starkekleistern von verschiedenen Fakto- ren bcherrscht werden und deshalb eine Obertragung der fur eine Eigenschaft gewonnenen Erkenntnisse auf die andere nicht ohne weiteres zulassig ist.

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Nachdem schon diese ersten Versuche die Berechti- gung zeigen, dem technischen Trocknungsprozei3 eine erhohte Aufmerksamkeit zu widmen, erscheinen wei- tere Versuche in dieser Richtung lohnend. Sie mui3ten die Frage der Reversibilitat der gefundenen Effekte einschlieflen sowie die Untersuchung, ob sie auf even- tuelle Schadigungen der Starkekorner zuruckzufuhren sind. Ferner ware interessant, festzustellen, ob der Entzug des Kristallwassers besonders auffallige Effekte hervorruft.

Zirsarn~~renfns~~i~~i~

1. Feuchtstiirken verschiedenen Ursprungs wurden auf mehrere Arten getrocknet und die Veranderung der Viskositat verfolgt.

2. Bei Mais-, Kartoffel- und Weizenstarke nimmt die Viskositiit mit der Intensitat der Trocknung ab, wenn man sie nach Hitzeverkleisterung bestimmt.

3. Nach Kaltverkleisterung niit Natronlauge nimmt die Viskositat der Kartoffelstarke jedoch bei scharferer Trocknung zu.

4. Durch Waschen mit Azeton I& sich das Wasser der Starke nur bis zu einem Gehalt von etwa 10 O;O glatt entfernen. Die Viskositat nimmt dabei nicht merk- lich ab.

5. Im Puddingeffekt zeigen sich im allgemeinen keine Unterschiede. Nur in zwei Fallen wurden Ab- weichungen gefunden.

6. Es wird darauf hingewiesen, dai3 die Viskositats- messungen nicht unbedingt mit den Ergebnissen des Puddingversuches parallel gehen mussen.

Liieraturnacbweis

1. Weij3, H . : Neue Erfahrungen iiber die Bestimrnung des Dickungsverrnogens bei Nahnnitteln. Getreide, Mehl und Brot, 3, 11/12, 97 (1949).

Z.Ostwald, Wo. und G. Frenkel: Kinetische Studien iiber Starkeverkleisterung. 1. Wber Kaltverkleisterung von S t b - ken. KolloidzeitschriEt, 43, 296 (1927).

3. Meyer, K. H . und LMitarbeiter : Stiirkelosungen und-kleister und ihre rnolekulare Deutung. The Journal of Physical and Colloid Chemistry, 53, 3, 319 (1949).

Einflui3 der trockenen Erhitzung auf Verkleisterungstemperatur, Viskositat und Puddingeff ekt der Starke

Yon Dr. H . D o r n e r , Reichsanstalt fur Getreideverarbeitung, Detrnold

Mit 8 Textabbildungen und 4 Tabellen.

Das Veredeln der Starke ist schon seit langer Zeit in den verschiedensten Abwandlungen versucht worden. Es ist eine altbekannte Tatsache, daf3 sich z. B. K a r - t o f f e 1 s t a r k e nicht als Puddingmehl eignet, da sie, irn Gegensatz t u Reis- oder Weizenstarke, beim Kochen rnit etwa der zehnfachen Menge Wasser oder Milch keinen sturzfahigen, schnittfesten Pudding liefert; viel- mehr erhalt man einen zahen Kleister, der zuweilen unangenehm nach Kartoffeln schrnecken kann. Sieht man sich einrnal die Literatur an, so findet man be- sonders in der Patentliteratur viele Vorschriften dar- uber, wie man diese Eigenschaft der Kartoffelstarke beseitigen kann. Man hat versucht, durch Siiiurebe- h a n d 1 u n g die Starke zu verbessern. Oder - envahnt sei ein Patent, das auf A. Pnrlozv (1) zuruckgeht -, e r h i t z t man die Starke in feuchtem Zustand, wobei der Wassergehalt eine Rolle spielt, so erhalt man ein Puddingmehl aus Kartof f elstarke.

In diesem Zusammenhang sol1 auch envahnt werden, dai3 man die Quellfahigkeit der Getreide durch Er- hitzung verandern kann (2).

I. P r o b l e m s t e l l u n g ' Weiterwurde schon langeerkannt, da5dieTrocknungs-

temperatur eine groi3e Bedeutung fur die Eigenschaften der Starken hat. Es galt in dieser Arbeit zu unter- suchen, wie sich verschiedene Starken verhalten, wenn sie in ihrer handelsublichen Form vorliegend - rnit 11 bis 16% Wasser - erhitzt werden. E s wurde das Dickungsvermogen und die Viskositat erhitzter Star- ken untersucht. Ferner war die Frage zu beantworten, ob die thermische Behandlung die Verkleisterungstern- perntur beeinfluat und ob bei diesem Prozei3 eine Schadigung der Starkebrner stattfindet. Es sind Pro-

bleme, die fur die starkeverarbeitende Industrie von Wichtigkeit sein konnen.

11. V e r s u c h s m e t h o d i k

1. Das Erhitzen der Starke wurde so vorgenommen, dai3 etwa je 150 g Starke dunn auf einen flachenTeller gestrichen und 15, 30, 45 und 60 Minuten lang bei 120, 140, 160 und 180OC im Trockenschrank erhitzt wurden, wobei das verdunstete Wasser abziehen konnte, damit ein Verkleistern vermieden wurde. Die einzelnen Proben kamen in den Trockenschrank, wenn die ge- wunschte Temperatur erreicht war, Bei dem Herein- setzen der Starken sank die Temperatur etwas. Die Einwirkungszeit wurde von da ab gerechnet, wenn die gewunschte Temperatur wieder erreicht war.

Bei folgenden Versuchen wurde s t e t s auf Tr o k - k e n s u b s t a n z berechnet.

2. Das Dickungsvermogen der Starken wurde mit dem ,,Puddingeffekt" nach H. We$ ( 3 ) bestimmt. Das Kochen der Puddinge wurde stets rnit frisch destillier- tem Wasser durchgefiihrt.

3. Bei den Bestimmungen der Viskositat lagen die Arbeiten von A. P. Schulz und A. Parlow (4) (5) zu Grunde. Eine Abanderung war lediglich die, dai3 hier ein Ostwald-Viskosimeter benutzt wurde. Es mui3 be- tont werden, dai3 hierzu immer frisch abgekochtes destilliertes Wasser notwendig war, urn reproduzier- bare Werte zu bekornmen. 4. Die Verkleisterungstemperaturen wurden nach

Nyman (6) durchgefuhrt. Bekanntlich zeigt Starke Er- scheinungen der Doppelbrechung. Beim Verkleistern verschwinden aber diese Polarisationserscheinungen. Die Bestimmung der Verkleisterungstemperatur aach dern jeweiligen Quellstadium ist nicht immer frei von