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Treatment of Childhood and Adolescent Anorexia Nervosa – A Comparison of a Day treatment and an Inpatient Treatment Setting Ein Wirksamkeitsvergleich eines teil- und eines vollstationären Behandlungsansatzes von Anorexia Nervosa im Kindes- und Jugendalter: Multizentrische, randomisierte, kontrollierte Nicht-Unterlegensheitsstudie Version 4.0 vom 16.01.2008 Die Informationen in diesem Protokoll sind vertraulich zu behandeln. Sie dienen zur Information des Prüfers, seiner Mitarbeiter, der Ethikkommission und der Patienten im Rahmen der Aufklärung. Autoren des Prüfplans: Prof. Dr. B. Herpertz-Dahlmann PD Dr. K. Holtkamp Dipl.-Psych. R. Schwarte Dipl.-Psych. A. Scherag

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Verantwortliche Personen Leiter der klinischen Prüfung und Mitglied der Studienleitung Prof. Dr. med. Beate Herpertz-Dahlmann Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie Klinikum der RWTH Aachen Neuenhofer Weg 21, 52074 Aachen Tel.: 0241-80 88737 / Fax: 0241-80 82544 e-Mail: [email protected] weitere Mitglieder der Studienleitung (Principal investigators) Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinik Köln Robert-Koch-Str. 10; 50931 Köln Tel: 0201-7227 465 / Fax: 0201-7227 302 Prof. Dr. Christoph Wewetzer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Krankenhaus Holweide Neufelder Str. 32; 51067 Köln Tel.: 0221-8907 0 / Fax: 0221-8907 2525 Dr. Bodo Müller Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie St. Marien-Hospital gem. GmbH Hospitalstraße 44; 52353 Düren Tel.: 02421-805 6711 / Fax: 02421-805 6725 Prof. Dr. Eberhard Schulz Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter Universitätsklinikum Freiburg; Albert Ludwigs-Universität Freiburg Hauptstr. 8; 79104 Freiburg i. Br. Tel.: 0761-270 6555 / Fax: 07 61-270 6949 Prof. Dr. Andreas Warnke Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Julius-Maximilians-Universität Würzburg Füchsleinstr. 15; 97080 Würzburg Telefon: 0931 - 201 78000 / Fax: 0931 - 201 78040 Im Rahmen dieses Protokoll werden die Begriffe „Prüfarzt/Prüfärztin“, „verantwortlicher Arzt/Ärztin“, „verantwortlicher Therapeut/Therapeutin“ sowie „verantwortlicher Psychologe/Psychologin“ synonym verwendet!

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Verantwortliche Biometrie Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie der Universität Marburg (Leitung Prof. Dr. Schäfer) Philipps-Universität Marburg Bunsenstr. 3 35037 Marburg Verantwortlich: André Scherag, Tel: 06421 / 28-65066; Fax: 06421 / 28-68921 e-Mail: [email protected] Datenmanagement und Randomisation Koordinierungszentrum für Klinische Studien (KKS) (Leitung Frau Carmen Schade-Brittinger) Robert Koch Strasse 5 35037 Marburg Tel: 06421 - 286 6509; Fax: 06421 - 286 6517 Meldung schwerwiegender und unerwarteter unerwünschter Ereignisse an: Dr. med. K. Holtkamp oder Dipl.-Psych. R. Schwarte Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie Klinikum der RWTH Aachen Neuenhofer Weg 21, 52074 Aachen Tel.: 0241-80 89964 oder 0241-8089254 / Fax: 0241-80 82544 und 0241-80 33 89964 e-Mail: [email protected] oder [email protected] Bei Fragen zum Studienablauf kontaktieren Sie bitte: Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie in Aachen (montags bis freitags 8:00 bis 16:45 h) Tel: 0241-80 89964 oder 0241-8089254 / 0241-8035052 Fax: 0241-80 82544 oder 0241-80 33 89964

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1. Inhaltsverzeichnis

1. INHALTSVERZEICHNIS 4 2. ZUSAMMENFASSUNG 6 3. ABKÜRZUNGEN; ABBILDUNGEN UND TABELLEN 10 4. ZIELSETZUNG DER STUDIE 11

4.1. AUSGANGSSITUATION UND ALLGEMEINES ZUR ZIELSETZUNG 11

4.2. HAUPTZIEL DER STUDIE 12

4.3. NEBENZIEL DER STUDIE 12 5. ZU DOKUMENTIERENDE VARIABLEN 14

5.1. ZIELGRÖSSEN 14

5.2. DESKRIPTIVE VARIABLEN 21

5.3. ERHEBUNGSPROZEDUREN 22 6. STUDIENDESIGN 25

6.1. STUDIENDESIGN 25

6.2. ORGANISATIONSSTRUKTUR 25

6.3. AUSWAHL DER PRÜFZENTREN 25

6.4. BEHANDLUNGSARTEN 25

6.5. VERBLINDUNG UND RANDOMISIERUNG 26 7. PATIENTENPOPULATION 28

7.1. FALLZAHL 28

7.2. EINSCHLUSSKRITERIEN 28

7.3. AUSSCHLUSSKRITERIEN 28

7.4. INDIVIDUELLE ABBRUCHKRITERIEN 29

7.5. KRITERIEN FÜR DEN ABBRUCH DER TAGESKLINISCHEN BEHANDLUNG 29

8. BEHANDLUNGSBAUSTEINE 31

8.1. GEWICHTSMANAGEMENT 31

8.2. KALORIENZUFUHR UND –VERBRAUCH 32

8.3. ERNÄHRUNGSTHERAPIE 33

8.4. PSYCHOTHERAPEUTISCHE ARBEIT MIT DEN PATIENTINNEN 35

8.5. ELTERNARBEIT 36

8.6. SONSTIGE THERAPEUTISCHE GRUPPEN 37

8.7. VORBEREITUNG AUF DIE ENTLASSUNG 38

8.8. AMBULANTE ANSCHLUSS-BEHANDLUNG 38

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9. STUDIENABLAUF FÜR EINE PATIENTIN 40

9.1. ABLAUF FÜR EINE PATIENTIN IM ÜBERBLICK 40

9.2. ÜBERBLICK ÜBER DIE ZU ERHEBENDEN DATEN 42 10. BEURTEILUNG DER PATIENTIENSICHERHEIT 50

10.1. UNERWÜNSCHTE EREIGNISSE (UE und SUE) 50

10.2. ERHEBUNG UND BERICHTSPROZEDUREN 51

11. STUDIENDAUER UND –ABLAUF 52

12. STATISTISCHE FORMULIERUNG DER FRAGESTELLUNG, STATISTISCHE AUSWERTUNG UND FALLZAHLPLANUNG 53

12.1. STATISTISCHE HYPOTHESE 53

12.2. STATISTISCHE AUSWERTUNG 53

12.3. FALLZAHLPLANUNG 54

12.4. ABBRUCH DER STUDIE 54

12.5. DEFINITION UND UMGANG MIT DROP-OUTS 55

12.6. MONITORING 55 13. ETHISCHE UND RECHTLICHE ASPEKTE 56

13.1. PATIENTENAUFKLÄRUNG UND EINVERSTÄNDNISERKLÄRUNG 56

13.2. STUDIENPROTOKOLL AMENDMENTS 56

13.3. VOTEN DER IECS ZUM STUDIENPROTOKOLL 56

13.4. FORTLAUFENDE INFORMATIONEN FÜR DIE ETHIK-KOMMISSION (IEC) 56

13.5. VERSICHERUNGEN 57

13.6. DATENSICHERHEIT 57 14. DOKUMENTATION UND DATAMANAGEMENT 58 15. UNTERSCHRIFTEN 59 16. LITERATUR 62 17. ANHANG 66

17.1. DEKLARATION DES WELTÄRZTEBUNDES VON HELSINKI 66

17.2. PATIENTENAUFKLÄRUNG, PATIENTENEINVERSTÄNDNIS- UND DATENSCHUTZERKLÄRUNG 70

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2. ZUSAMMENFASSUNG

2.1. Zielsetzung der Studie Ziel der Studie „Treatment of childhood and adolescent Anorexia Nervosa – Day treatment vs. Inpatient treatment (ANDI)“ ist der Vergleich zweier Behandlungssettings zur Behandlung der Anorexia Nervosa im Kindes- und Jugendalter. Überprüft wird die langfristige Wirksamkeit eines teilstationären Behandlungssettings mit ambulanter Nachsorge im Vergleich zu einem vollstationären Behandlungssetting mit ambulanter Nachsorge, wobei der Nachweis von Nicht-Unterlegenheit das Ziel ist. In beiden Settings erfolgt vor der differentiellen Behandlung in gleicher Weise eine vollstationäre Stabilisierungsphase von 3 Wochen. Die Studie wird finanziert vom BMBF.

2.2. Zielkriterien Als primäre abhängige Variable fungiert die Differenz der BMI-Werte zwischen den beiden Gruppen zu 2 Messzeitpunkten: bei Aufnahme sowie ein Jahr nach Aufnahme. Als zusätzliches Kriterium (siehe Punkt 12) wurde eine Begrenzung für Wechsler von teil- zu vollstationärem Setting eingeführt. Wenn diese Grenze überschritten wird, muss über einen vorzeitigen Abbruch der Studie mit Annahme der Nullhypothese entschieden werden. Als sekundäre, deskriptive, abhängige Variablen werden die Häufigkeit von stationären Aufenthalten über den gesamten Beobachtungszeitraum von 52 Wochen ab Aufnahme erhoben. Ferner dienen zur Beschreibung des Verlaufs der Psychopathologie der Patientinnen Fragebögen- sowie strukturierte Interview-Daten zur Essstörung sowie Komorbidität. Zusätzlich werden als Moderator- bzw. Mediatorvariablen mit Hilfe von Fragebögen das Belastungsniveau der Eltern sowie das Ausmaß der Expressed Emotions in der Familie erhoben. Der Verlauf der somatischen Symptome der Anorexia Nervosa wird anhand des Gewichtsverlaufes, des Morgan-Russel-Kriteriums sowie anhand der Hormonwerte (Blutentnahmen) bestimmt.

2.3. Studiendesign Multizentrische, randomisierte, kontrollierte, zweiarmige Nicht-Unterlegensheitsstudie im Parallel-Gruppen-Design zum Vergleich von zwei Therapiesettings. Studiendauer: 02/2007 bis 01/2010.

2.4. Ein- und Ausschlusskriterien Einschlusskriterien

weibliche Patientinnen

11 ≤ Alter ≤ 18 Jahren

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Vorliegen einer AN nach den Kriterien der DSM-IV (zum Zeitpunkt des Einschlusses)

erstmalige stationäre Aufnahme für länger als 2 Wochen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie zur Behandlung einer Essstörungssymptomatik

Vorliegen der schriftlichen Einverständniserklärung der Patientin und der Eltern

Fahrzeit von der Klinik zum Wohnort zumutbar/ Anreise möglich

Ausschlusskriterien

Kinder und Jugendliche, die zum Untersuchungszeitpunkt komorbid an einem psychotischen Störungsbild leiden

die Kriterien einer Persönlichkeitsstörung erfüllen

schweren Alkohol- oder Substanzabusus betreiben oder schwerwiegende selbstverletzende Verhaltensweisen zeigen

stationärer Aufenthalt aufgrund einer Anorexia vor aktueller Aufnahme, d.h. Ausschluss von Patientinnen, bei denen ein chronischer Verlauf vorliegt

nicht ausreichende Deutschkenntnisse bei Patientinnen oder Eltern

2.5. Fallzahl

Benötigt werden wenigstens 85 Patienten pro Behandlungsarm, rekrutiert in 6 über das Bundesgebiet verteilten Kliniken.

2.6. Behandlung Die Behandlung erfolgt in beiden Behandlungsarmen nach einem bewährten Behandlungskonzept. Zu diesem gehören jeweils folgende Behandlungsbausteine:

1. Gewichtsmanagement mit regelmäßigen Wiegeterminen und Gewichtsstufenplänen. 2. Regelung von Kalorienzufuhr und Kalorienverbrauch mit Planessen, gegebenenfalls

hochkalorischen Trinkpäckchen und Sondennahrung sowie festgelegten Ruhezeiten und Bewegungsausmaß.

3. Ernährungstherapie mit Ernährungsberatung, gegebenenfalls Modellessen, geregeltem Training des Auswärtsessens, Kochgruppe, selber Portionieren üben sowie freie Mahlzeiten.

4. Psychotherapeutische Arbeit mit den Patientinnen mit Einzeltherapie sowie essstörungsspezifischen Gruppen, d.h. Psychoedukation, Ernährungsgruppe und Psychotherapiegruppe.

5. Elternarbeit mit Eltern bzw. Familiengesprächen, der Eltern-Psychoedukationsgruppe sowie Familienessen.

6. Weitere therapeutische Gruppen, d.h. Ergotherapie, Entspannung, soziale Kompetenzgruppe.

7. Vorbereitende Maßnahmen auf die Entlassung in Form von Belastungserprobungen, gegebenenfalls der Organisation ambulanter Jugendhilfemaßnahmen sowie einem Wiederaufnahmevertrag.

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Diese Behandlungsbausteine werden in beiden Behandlungsarmen gleichermaßen angewandt. Die therapeutische Behandlung unterscheiden sich jedoch im Setting: Während die vollstationäre Therapie 24 Stunden täglich umfasst, ist die tagesklinische Behandlung auf 8 bis 9 Stunden an Werktagen beschränkt.

2.7. Behandlungsdauer und Zeitablauf Die Dauer der Behandlung setzt sich zusammen aus einer dreiwöchigen Phase körperlicher Stabilisierung, einer Behandlungsphase bis zum Erreichen des Zielgewichts (20. bis 25. Altersperzentile) sowie ambulanter Weiterbehandlung bis ein Jahr nach Aufnahme. Insgesamt umfasst die beobachtete Behandlungsphase insgesamt 52 Wochen für jede einzelne Patientin. Das Verhältnis stationärer, bzw. teilstationärer Behandlung zu ambulanter Behandlung ist dabei abhängig vom Zeitpunkt des Erreichens des Zielgewichts. Bei Rückfällen im ambulanten Setting erfolgt eine erneute Aufnahme in vollstationäres Setting.

2.8. Sicherheit Zur Sicherung des Behandlungserfolges der Patientinnen im teilstationären Behandlungsarm wurden Kriterien für den Abbruch der tagesklinischen Behandlung festgelegt. Bei Über- bzw. Unterschreiten eines gesetzten Grenzwertes für verschiedene medizinische Parameter sowie Gewichtsverlauf entscheidet der verantwortliche Therapeut/Arzt über einen möglichen Wechsel zur vollstationären Behandlung. Wird die tagesklinische Behandlung einer Patientin abgebrochen, so wird die Behandlung konventionell vollstationär weitergeführt. Dieser Wechsel sowie seine Begründung sind der Studienleitung und dem KKS Marburg mitzuteilen und zu dokumentieren. Zudem sind selbstverständlich sowohl die Patientin als auch die Angehörigen zu informieren.

2.9. Studiendauer und –ablauf Die geplante Studiendauer beträgt insgesamt drei Jahre (voraussichtlich Februar 2007 bis Januar 2010). Bereits vorab werden in einer Vorphase Details zu Datenerhebung und Therapiebausteinen geklärt und mit den teilnehmenden Teams in den jeweiligen Kliniken koordiniert.

2.10. Statistische Methoden Die statistische Analyse der primären abhängigen Variable, der Differenzen der BMI (Aufnahme und 52 Wochen nach Aufnahme) zwischen den beiden Gruppen, erfolgt mittels einseitigem t-test auf einem Signifikanzniveau von 2.5%. Weiter werden die o. g. weiteren deskriptiven Variablen mittels explorativer, multivariater Analysen bezüglich möglicher konfundierender Variablen und Risikofaktoren ausgewertet. Details sind im SAP sowie unter Punkt 12 beschrieben.

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Das Data-Management erfolgt durch das Koordinierungszentrum für Klinische Studien (KKS) Marburg, die statistische Planung und Analyse durch das Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie (IMBE) der Universität Marburg.

2.11. Ethische und rechtliche Aspekte Die Konzeption und der Ablauf der Studie richten sich nach den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes, der Deklaration von Helsinki einschließlich der Revisionen von Tokio, 1975, Hong Kong, 1989 und Somerset West, 1996.

2.12. Dokumentation und Datenmanagement Die Weitergabe von Ergebnissen erfolgt ausschließlich mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten der Probandinnen. Hierüber werden alle Erziehungsberechtigten und die Probandinnen in der Probandenaufklärung und Einwilligungserklärung (s. Anhang) informiert. Die während dieser Studie erhoben Daten werden in anonymisierter Form gespeichert und niedergeschrieben. In den Unterlagen taucht der Name der Probanden nicht auf, lediglich eine verschlüsselte Codierung. Eine Identifizierung ist einem Außenstehenden nicht möglich. Die ärztliche und psychologische Schweigepflicht bleiben in jedem Fall gewahrt. Nach Abschluss der Auswertung werden die Unterlagen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend archiviert.

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3. ABKÜRZUNGEN ; ABBILDUNGEN UND TABELLEN

3.1. Abkürzungen

AN Anorexia Nervosa BDI Becks Depressions Inventar BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung BSI Brief Symptom Inventory CRF Case Report Form CRO Clinical Research Organisation / Monitoringzentrum CY-BOCS Children`s-Yale-Brown-Obsessive-Compulsive-Scale EDI-II Eating Disorder Inventory-II EE Expressed Emotions FFB Familienfragebogen GCP Good Clinical Practice GPA Global Patient Assessment IEC Independent Ethics Committee / Ethik-Komitee ILK Inventar zur Erfassung der Lebensqualität bei Kindern und Jugendlichen IMBE Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie ISAB Independent scientific advisory board KKS Koordinierungszentrum für Klinische Studien SAP Statistischer Analyse Plan SB stationärer Behandlungsarm SCAS-D Spencer`s-Children-Anxiety-Scale SCL90-R Symptome-Checklist SIAB strukturiertes klinisches Interview für anorektische und bulimische

Patienten SOP Standard Operating Procedures SUE schwerwiegende unerwünschte Ereignisse TB teilstationärer Behandlungsarm UE unerwünschte Ereignisse WOMAC Western Ontario and McMaster University Osteoarthritis Index

3.2. Abbildungen und Tabellen Abb. 1: Ablauf der Studie für eine Patientin S. 40 Tab. 1: Variablen mit Erhebungszeitpunkt S. 15 Tab. 2: zeitnah an das KKS zu kommunizierenden Variablen

während der stationären Erhebungsphase S. 24 Tab. 3: zeitnah an das KKS zu kommunizierenden Variablen

während der ambulanten Erhebungsphase S. 24 Tab 4: Meilensteine der geplanten Studie S. 52

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4. ZIELSETZUNG DER STUDIE

4.1. Ausgangssituation und allgemeines zur Zielsetzung Die geplante Studie ist die erste klinische Multizenter-Studie zum Vergleich von Langzeiteffekten zweier unterschiedlicher Behandlungssettings für die nicht-chronische Anorexia Nervosa (AN) im Kindes- und Jugendalter. Verglichen wird die Wirksamkeit eines tagesklinischen Behandlungsprogramms im Vergleich zur üblichen vollstationären Behandlung wenn in beiden Armen eine 3-wöchige, vollstationäre Stabilisierung vor der differentiellen Behandlung zunächst erfolgt und wenn sich an beide Arme eine ambulante Nachbetreuung anschließt. Finanziert wird die Studie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Die Essstörung Anorexia nervosa (AN) ist eine typische Erkrankung des Jugend- und frühen Erwachsenenalters. Bei der AN liegt der Erkrankungsgipfel zwischen 14 und 16 Jahren. Bis zu einem Viertel aller stationären Patienten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie leidet an AN. Etwa 50% von ihnen erleiden im Verlauf der Erkrankung Rückfälle und benötigen damit wiederholt stationäre Behandlungen. Aufgrund des hohen individuellen Leidensdruckes und der hohen Kosten der oft langwierigen stationären Behandlung der Pubertätsmagersucht, ist die empirische Überprüfung von alternativen und eventuell kostengünstigeren Behandlungsstrategien dringend erforderlich. In einer Pilot-Studie aus England (Gowers, 2000) ergaben sich Hinweise darauf, dass eine tagesklinische Behandlung bei der jugendlichen AN zu einer verringerten Rückfallrate führen könnte. Es wird vermutet, dass durch den teilweisen Verbleib der Patientinnen in den alltäglichen Beziehungsgefügen von Familie und Freundeskreis das Wiedererlernen einer geregelten und ausreichenden Nahrungsaufnahme im Alltag schneller und besser gelingt als im Rahmen einer vollstationären Behandlung. Zudem werden hierdurch möglicherweise soziale Kompetenz und Selbstwertgefühl der Patientinnen stabilisiert und somit wichtige Faktoren für einen Rückfall verringert. In der vorliegenden Studie soll die Nicht-Unterlegenheit eines tagesklinischen Behandlungssettings mit anschließender ambulanter Nachsorge im Vergleich zum derzeit üblichen Setting stationärer Behandlung mit ambulanter Nachsorge bezogen auf die Wirksamkeit überprüft werden. Es handelt sich somit um eine „Non-inferiority“-Studie gemäß EMEA(2005). Das Hauptzielkriterium ist die BMI-Differenz der Patientin bei Aufnahme sowie 52 Wochen danach. Zusätzlich wurde die Anzahl der möglichen Wechsel vom teil- in den vollstationären Studienarm limitiert, da andernfalls beide Studienarme im wesentlich als vollstationäres Setting anzusehen sind. Sollten zu viele Wechsel vom teil- in den vollstationären Arm beobachtet werden so erfolgt der Schluss, dass auch weiterhin ein vollstationäres Behandlungssetting für die nicht-chronische Anorexia Nervosa (AN) im Kindes- und Jugendalter angemessen erscheint. Zusätzlich werden anhand zahlreicher psychometrischer Verfahren das psychopathologische Zustandsbild sowie dessen Veränderung erhoben. Die Behandlung der AN in beiden Armen findet im Rahmen der Studie nach einem bewährten Behandlungskonzept statt, dessen Wirksamkeit in zahlreichen Vorstudien

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belegt wurde. Die Antragsteller beschäftigen sich seit Jahren mit der Erforschung und der Behandlung der Anorexia Nervosa im Kindes- und Jugendalter. Eine katamnestische 10-Jahres-follow-up-Studie zum Verlauf und zu Behandlungsergebnissen der AN und komorbiden Störungen konnte die Wirksamkeit des Behandlungskonzeptes nachweisen (Herpertz-Dahlmann et al., 2001). Zwei kleinere, offene, unkontrollierte Untersuchungen eines 6-Monats- und eines 1-Jahres-follow-ups waren im Einklang mit diesen Resultaten (Holtkamp et al. 2005b, Holtkamp et al. 2004).

4.2. Hauptziel der Studie Hauptziel der Studie ist die Beurteilung der Wirksamkeit eines teilstationären verglichen mit der eines vollstationären Behandlungssettings bei nicht-chronisch verlaufender adoleszenter Anorexia nervosa. In beiden Armen erfolgt vor der differentiellen Behandlung eine 3-wöchige vollstationäre Stabilisierung sowie im Anschluss an die differentielle Behandlung eine ambulante Nachsorge. In der Studie soll die non-inferiority-Hypothese, d.h. die Nicht-Unterlegenheit des tagesklinischen gegenüber dem vollstationären Behandlungssetting in der Langzeitwirkung auf die mittlere BMI Veränderung überprüft werden. Unter Punkt 5 sind die im Verlauf der Studie erhobenen abhängigen Variablen näher erläutert.

4.3. Nebenziel der Studie

Eine explorative Nebenfragestellung, die mit Hilfe der zusätzlich erhobenen Studienvariablen beantwortet werden soll, ist, ob sich die Wirkung der beiden Behandlungssettings in Abhängigkeit unterschiedlicher Eingangsbedingungen unterscheidet. Ziel ist Hinweise für eine differenzielle Indikationsstellung für das jeweilige Behandlungssetting zu sammeln. Um die Ausgangssituation der jeweiligen Patientin möglichst umfassend beschreiben zu können, werden zu Behandlungsbeginn potentiell relevante Variablen bei den einzelnen Studienpatientinnen erhoben. So könnte sich im Verlauf die Gruppe der Patientinnen, für die eine tagesklinische Behandlung möglich oder indiziert ist, von der potentiell auftretenden Gruppe derer, für die eine solche Behandlung contraindiziert ist, unterscheiden. In Studie 7 des EDNET-Verbundes (Principal Investigator Fr. Dr. C. Jacobi) sollen Mediator- und Moderatorvariablen weiterführend im Hinblick auf diese Fragestellungen analysiert werden. Hier sollen in die Auswertung eingehen:

Alter

Schweregrad der Erkrankung (BMI bei Aufnahme)

Ausmaß an bestehender und vorangegangener Angststörung, insb. sozialer Phobie (SCAS-D, SPAIK und Kiddie-SADS)

Ausmaß an komorbid bestehender und vorangegangener Zwangssymptomatik (CY-BOCS und Kiddie-SADS)

Ausmaß an komorbid bestehender und vorangegangener Depressionssymptomatik (BDI-II und Kiddie-SADS)

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Vorliegen von sonstige Komorbiditäten in der Krankenanamnese (Kiddie-SADS)

Dauer und bisheriger Verlauf der Essstörung

Expressed Emotions (FFB)

Psychopathologie und Belastung der Eltern (psychiatrische Erkrankungen in der Vorgeschichte, BDI-II, BSI)

Auch diese Variablen sind unter Punkt 5 näher erläutert.

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5. ZU DOKUMENTIERENDE VARIABLEN

5.1. Zielgrößen

Tabelle 1 stellt die zu erhebenden Variablen mit Erhebungszeitpunkten dar. Im Folgenden werden sie näher erläutert. Bezugspunkt (0-Punkt) ist für alle folgenden Angaben und Tabellen der Zeitpunkt der Aufnahme. Der Zeitpunkt des eigentlichen Einschlusses der Patientin in die Studie erfolgt jedoch erst in Woche 2 nach Aufnahme, also mit der Anmeldung der Patientin zur Randomisation. Mit der Randomisation in Woche 2 erfolgt auch die Zuweisung zu einem Behandlungsarm. Die differenzielle Behandlung in den beiden zu vergleichenden Settings startet eine Woche nach Randomisation, d.h. 3 Wochen nach Aufnahme. Bei einem Rückfall im ambulanten Setting (beispielsweise bei einem erneuten Gewichtsabfall bis unterhalb der 10. Altersperzentile) erfolgen eine stationäre Wiederaufnahme und damit die Erhebung aller Variablen des Aufnahmesettings. Ab da wird lediglich der Gewichtsverlauf der Studienpatientin weiterverfolgt. Alle Fragebogen und Interviewverfahren sind in der Forschung gängige, ausreichend valide und reliable Instrumente. Um die Diagnostik unabhängig vom Behandler zu erheben, sind die Interviews NICHT vom jeweiligen Bezugstherapeuten zu erheben. Die jeweiligen Variablen sind möglichst innerhalb der jeweiligen Messzeitpunkts-Woche durchzuführen. Dies gilt insbesondere für die Fragebögen und die essstörungsbezogenen Interviews. Alle erhobenen Daten gehen als Summenwerte in die vom KKS Marburg geführte Datenbank ein. Aus diesem Grund sind die wöchentlichen Protokollbögen als Original nach Marburg zu senden (der Durchschlag verbleibt in der jeweiligen kooperierenden Klinik). Zusätzlich werden die essstörungsspezifischen Instrumente auf Einzel-Item-Ebene in einer von der Studienleitung in Aachen geführten Datenbank aufbereitet. Hierfür sind die Fragebögen in Kopie nach Aachen zu senden (das Original verbleibt in der kooperierenden Klinik) oder aber die Daten werden in einer in Absprache erstellten Excel-Tabelle direkt elektronisch nach Aachen transferiert.

5.1.1. Gewicht/ BMI/ Altersperzentile Das Hauptzielkriterium der Studie ist die Differenz in den BMI-Werten bei Aufnahme auf Station und 1Jahr danach. Ein Anstieg des BMI ist nach den deutschen und britischen Leitlinien ein Hauptziel der Behandlung bei AN und stellt so ein geläufiges, leicht objektivierbares Kriterium dar. Des Weiteren stellt das Gewichtskriterium einen obligatorischen Bestandteil der Diagnosestellung einer AN dar. Das Gewichtskriterium ist gemäß beider Klassifikationsschemata (IDC-10 und DSM-IV) erfüllt, wenn ein Gewicht von 85% oder weniger des zu erwartenden mittleren Gewichtes der Altersgruppe vorliegt. Für beide Geschlechter entspricht dieses Kriterium BMI-Werten zwischen der fünften und zehnten Altersperzentile (Hebebrand et al., 1996). In der ICD-10, aber auch im DSM IV, wird zusätzlich auf einen BMI-Schwellenwert von 17,5 kg/m² verwiesen. Dieser BMI entspricht bei Mädchen und Jungen im Altersbereich von 10-12 Jahren in etwa der 50. Perzentile, im Altersbereich von 18-20 der fünften Perzentile bei Frauen und einem

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Gewicht deutlich unterhalb der dritten Altersperzentile bei Männern. Das ICD-10 Kriterium ist somit starr und lässt sich nicht auf verschiedene Altersstufen und beide Geschlechter übertragen, ohne dass es zu systematischen Fehlern kommt. Als Alternative zu den genannten Gewichtskriterien erfolgt die Anwendung der 10. BMI-Altersperzentile, so dass der BMI als allgemein üblicher Index zur Beurteilung des für die Körperhöhe adjustierten Gewichts und die Entwicklungsabhängigkeit dieses Indices berücksichtigt werden kann. Über BMI-Perzentilen ist zudem die epidemiologische Einordnung des Schweregrads einer Kachexie bei einer individuellen Patientin evident; gelegentlich erfolgt auch eine Differenzierung des Scheregrades mittels „standard deviation scores“ für den BMI (BMI-SDS). Im Rahmen der Studie erfolgt die Berechnung des BMI sowie der Altersperzentilen über die Website http://www.mybmi.de. Der BMI und die Altersperzentile werden jeweils aktuell berechnet. Die Körpergröße wird jeweils zur Aufnahme, Entlassung sowie in der 15., 34. und 52. Woche gemessen. Da im Jugendalter die Körpergröße nicht sinkt, gilt zur Berechnung des aktuellen BMIs jeweils die größte bis dato gemessene Körpergröße auf cm gerundet. Tabelle 1: Variablen mit Erhebungszeitpunkt Variable in

Woche Auf-

nahme 1 2 =

Randomisation

Einschluss

3 4 5 ... 14 15 Ende diff. Behandlung =Entlassung

34 52

Gewicht; BMI; Perzentile X X X X X X X X X X X X

Blutwerte (Hormone) X X X X X

Patientinnen- EDI-II X X X X X

Fragebögen BDI-II X X X X

SCAS-D X X X X

SPAIK X X X X

BSI für Patienten X X X X

ILK für Patienten X X X

Patientinnen- SIAB X X X X

Interviews SIAB-Diagn. X

CY-BOCS X X X X

Av. Morgan-Russell

X X X X X

Interview K + E Kiddie- SADS X

Eltern BSI für Eltern X X jeweils whd. in 7. und 11.

Woche

X X X X

BDI-II für Eltern X X X X X X

FFB für Eltern X X X X X X

ILK für Eltern X X X

Rückfälle: Klinikaufenthalte X

Kliniktage bis Zielgewicht X

5.1.2. Blutwerte (Hormone)

Der Hormonstatus stellt ein weiteres geläufiges Kriterium zur Beurteilung des Schweregrades und des Verlaufes der AN dar. Dies gilt nicht zuletzt, da das Ausbleiben

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der Menstruation (Amenorrhoe) ein Leitsymptome und Kriterium zur Diagnosestellung ist. Im Rahmen der Studie werden bei Aufnahme, beim 15-Wochen-follow-up, bei Entlassung oder im Falle eines Studienabbruchs, nach 34 Wochen sowie beim 1-Jahres-follow-up jeweils ausreichend Blutproben abgenommen und aufbereitet werden, dass im weiteren Verlauf folgende 8 Hormonwerte ausgewertet werden können:

Leptin löslicher Leptinrezeptor IGF-1 LH FSH Östradiol TSH T3 T4

Um eine möglichst große Reliabilität bei der Analyse der Blutproben zu gewährleisten, sollen alle Blutanalysen zentral im Labor der Studienzentrale in Aachen erfolgen. Die Blutproben sollen in Form von Serum (Zentrifugation bei 3500 Umdrehungen für 15 Minuten) in insgesamt 12 Eppendorf-Hütchen von 500 Mikrolitern gelagert werden. Die Lagerung soll je nach gegebener Kühlmöglichkeit bei -20 Grad Celsius, möglichst jedoch bei – 80 Grad Celsius erfolgen. Der Transport erfolgt vierteljährlich über eine Transportfirma nach Essen und Aachen.

5.1.3. Genetik/ Epigenetik Im Rahmen der BMBF-finanzierten Forschungskooperation (EDNET-Verbund) gibt es für die Probanden die Möglichkeit, an Studien zur Genetik und der Epigenetik der Anorexie teilzunehmen. In den Einverständniserklärungen muss dies durch Ankreuzen bestätigt werden. Auch für Patientinnen, die für die Teilnahme an der ANDI-Studie zu weit von der jeweiligen Klinik entfernt wohnen, gibt es die Möglichkeit, an diesen Studien teilzunehmen (s. gesonderte Einverständniserklärung). Für die Teilnahme an diesen Studien werden pro Blutabnahme-Messzeitpunkt (s. 5.1.2.) 2x 10ml-EDTA-Röhrchen Blut zusätzlich abgenommen und bei -80 Grad Celsius tiefgekühlt gelagert. Der Transport erfolgt vierteljährlich tiefgekühlt nach Essen.

5.1.4. Variablen zum Verlauf der Essstörung Zur Erfassung des Verlaufs der Symptomatik der AN wird zum einen zu den unterschiedlichen Messzeitpunkten das Vorliegen der Diagnosekriterien geprüft. Dies erfolgt bei Aufnahme, beim 15-Wochen-follow-up, bei Entlassung oder im Falle eines Studienabbruchs, bei den 34-Wochen sowie beim 52-Wochen-follow-ups. Die Diagnosestellung erfolgt zum einen über die Diagnosekriterien des SIAB, zum anderen über die mittels Average Morgan-Russell-Kriterium erhobenen Aspekte. Zusätzlich wird der Schweregrad der vorliegenden Psychopathologie erhoben. Dies erfolgt sowohl über den SIAB als auch über den EDI II als Selbstauskunft.

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5.1.4.1. Average Morgan-Russell-Kriterium Das Average Morgan-Russell-Kriterium ist ein seit 1988 gängiges Kriterium zur Beurteilung der Psychopathologie bei AN (Morgan und Hayward, 1988). Es besteht aus einer Skala mit insgesamt 14 Fragen, die sich auf fünf Unterskalen beziehen. Hierbei wird gesundes Verhalten auf einer Skala von null bis zu zwölf Punkten bewertet. Im Gegensatz zum General Outcome-Score (s.u.) berücksichtigen der Average-Outcome-Score damit folgende Aspekte:

Essverhalten

Menstruation

psychischer Status

Sexualität

soziale und ökonomische Situation Die Kombination von SIAB-EX und "Morgan-Russell Outcome Assessment Schedule" erlaubt die Berechnung sowohl von General Outcome als auch Average Outcome, auch in der modifizierten Form nach Ratnasuriya (1991).

5.1.4.2. EDI-II Der EDI II (Eating Disorder Inventory II; Garner et al, 1991) ist ein Selbstauskunftsinstrumentarium einsetzbar ab 12 Jahre bestehend aus 91 Items. Anhand dieser Items werden elf Skalen-Scores berechnet. Diese beschreiben folgende für die Anorexia und Bulimia nervosa relevanten Einstellungen und Verhaltensweisen.

Drang nach Schlanksein

bulimische Verhaltensweisen

Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper

Ineffektivität

Perfektionismus

zwischenmenschliches Misstrauen

interozeptives Bewusstsein

Reifungsängste

Askese

Impulsregulation

soziale Unsicherheit.

5.1.4.3. SIAB Das SIAB (Strukturiertes Inventar für anorektische und bulimische Essstörungen, Fichter & Quadflieg, 1999) ist ein strukturiertes klinisches Interview. Es erlaubt zum einen die psychiatrische Diagnose von Essstörungen gemäß DSM-IV und ICD-10. Zusätzlich erfasst es einen großen Bereich essstörungsbezogener Psychopathologie sowie Informationen über Entstehung und Verlauf der Erkrankung. In seiner Gesamtform besteht es aus 87 Fragestellungen, wobei sich 55 direkt auf die Symptome einer Essstörung oder das Essverhalten beziehen. Der Rest bezieht sich auf mögliche Komorbidität. Im Rahmen der Studie soll bei Aufnahme, bei Entlassung bzw. bei Studienabbruch, beim 15-Wochen-follow-up sowie beim 1-Jahres-follow-Up der vollständige Fragebogen durchgeführt werden. Genutzt werden soll hierbei jeweils die

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im Manual des SIAB im Anhang ausgearbeitete Jugendversion. Da es sich bei der untersuchten Population um Ersterkrankungen handelt, wird bei Aufnahme bis auf wenige Items nur der aktuelle Zustand erhoben. Im Verlauf wird jeweils die Veränderung seit dem letzten Messzeitpunkt erfasst. Entsprechend modifizierte Interviewleitfäden liegen den Diagnostikern in den kooperierenden Kliniken vor. Beim 34-Wochen-follow-up soll sich auf die Items zur Diagnosestellung beschränkt werden. Dies sind insgesamt 26 Items (Items 1, 2, 7, 8, 9, 10, 12, 16, 17, 19, 21a, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 60 und 75). Als strukturiertes Interview ist das SIAB von Experten durchzuführen. Um eine möglichst hohe Interrater-Raliabilität zu gewährleisten, findet vor Beginn der Studie eine zentrale Schulung der Interviewer statt.

5.1.5. Variablen zu Komorbiditäten Zwei Gründe sprechen dafür, bei den Studienpatientinnen die Komorbidität zu erheben: Erstens gelten das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung, Abhängigkeitserkrankungen und psychotische Erkrankungen als Ausschlusskriterien und müssen daher ohnehin standardisiert diagnostiziert werden. Dies erfolgt mit dem Kiddie-SADS bei Aufnahme. Magersüchtige Patientinnen weisen zweitens in hohem Maße zusätzliche psychiatrische Erkrankungen auf. Hierbei muss unterschieden werden zwischen solchen, die als Begleiterscheinung des Starvationszustandes eher vorübergehend auftreten und psychischen Störungen, die vor, während und nach einer AN die Kriterien einer eigenständigen Erkrankung erfüllen. Bis zu 70% der Erkrankten erfüllen die Kriterien für eine Zwangserkrankung. Sie treten oft unabhängig von der Magersucht auf, werden aber durch den Starvationszustand verstärkt. Auch Angsterkrankungen sind bei bis zu 80% der Patientinnen zu finden. Depressive Verstimmungen mit niedrigem Selbstwertgefühl, Schuldgefühlen, Hoffnungslosigkeit sowie Schlaf- und Konzentrationsstörungen sind typische Begleitsymptome der AN im akuten Krankheitszustand. Bei bis zu 60% aller Patienten sind die Kriterien einer Major Depressive Disorder nach DSM-III-R erfüllt. Aufgrund der großen Häufung von Komorbidität bei der AN, wird diese im Rahmen der Studie auch quantitativ und im Verlauf erhoben, die depressive Komponenten anhand des BDI-II, Zwänge anhand der CY-BOCS und Ängste anhand des SCAS-D sowie des SPAIK.

5.1.5.1. BDI-II = Becks Depressionsinventar Beim BDI-II (Becks-Depressions-Inventar; Beck et al, 2006) handelt es sich um ein Selbstbeurteilungsverfahren zum Screening für depressive Symptomatik bei Jugendlichen und Erwachsenen. Zu 21 Symptomen der Depression werden jeweils vier Aussagen vorgegeben, von denen diejenige auszuwählen ist, die den Beurteiler am besten beschreibt. Das Verfahren ist anwendbar bei Jugendlichen ab 13 Jahren, sodass jüngere Studienpatientinnen bezüglich dieses Kriteriums nicht in die Auswertung mit eingehen können.

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5.1.5.2. CY-BOCS = Childrens Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale Bei der CY-BOCS (Children`s-Yale-Brown-Obsessive-Compulsive-Scale, Steinhausen, 1993) handelt es sich um ein strukturiertes Interview, bei dem Zwangsgedanken und Zwangshandlungen systematisch abgefragt und hinsichtlich ihrer Inhalte sowie fünf weiteren Aspekten. Hierdurch entsteht jeweils ein Score für Zwangshandlungen und Zwangsgedanken, der zu einem Gesamtscore addiert werden kann. Neben den Inhalten vorliegender Zwänge werden erhoben:

Zeitdauer

Beeinträchtigung durch die Zwänge

Leidensdruck

Resistenz

Grad der Kontrolle. Wie das SIAB ist die CY-BOCS als Interview von erfahrenen Interviewern durchzuführen.

5.1.5.3. SCAS-D

Die SCAS-D (Spencer`s-Children-Anxiety-Scale, Spence, 1998, Essau et al, 2002) erhebt Angstsymptomatik bezüglich Inhalten und Schweregrad. Sie erfasst über insgesamt 38 Items folgende sechs Unterskalen:

Trennungsangst

soziale Phobie

Zwänge

Panikstörung

generalisierte Ängste

spezifische Phobien.

5.1.5.4. SPAIK Das SPAIK (Sozialphobie und –angstinventar für Kinder) gibt 26 Situationen vor, die somatische, kognitive und Verhaltensaspekte der Sozialphobie im Kindes- und Jugendalter in einer großen Bandbreite repräsentieren. Bei 16 Situationen bzw. Items werden mehrere (bis zu vier) Unteraspekte (Interaktionssituationen, Leistungssituationen, kognitive und somatische Symptome, Interaktionsperonen bekannt/ unbekannt/ Erwachsene) erfasst. Die Beantwortung erfolgt auf einer dreistufigen Likert-Skala. Beim SPAIK handelt es sich um die deutschsprachige Adaptation der "Social Anxiety Inventory for Children (SPAI-C)" von Beidel et al. Die Konstruktion des Inventars erfolgte vor dem Hintergrund der internationalen Diagnosekriterien.

5.1.5.5. Kiddie-SADS Das Kiddie-SADS (Delmo et al, 2000) ist ein halbstrukturiertes diagnostisches Interview, das für die Erfassung gegenwärtiger und zurückliegender Episoden psychischer Störungen bei Kindern und Heranwachsenden nach DSM-IV entwickelt wurde. Für die Symptomerfassung werden Eltern und Patienten jeweils vorformulierte fakultative Fragen und obligatorisch zu erfassende Symptomkriterien vorgegeben. Das Kiddie-

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SADS erfasst alle in den gängigen Diagnoseklassifikationen vorgegebenen Störungsbilder. Hierbei wird jeweils unterschieden zwischen der derzeitigen Diagnose, medikamentös behandelten Störungen, zurückliegenden Krankheitsphasen sowie Verlauf. Es besteht aus einer einleitenden und strukturierten Befragung, einem diagnostischen Screening-Interview, der Checkliste diagnostischer Erweiterungsinterviews und den bei Bejahung der entsprechenden Fragen durchzuführenden Erweiterungsinterviews. Wie das SIAB ist die Kiddie-SADS als halbstrukturiertes Interview von Experten durchzuführen. Um eine möglichst hohe Interrater-Raliabilität zu gewährleisten, werden alle Anwender im Januar von Prof. M. Fichter und Mitarbeitern trainiert.

5.1.5.6. BSI Das Brief Symptom Inventory (BSI, nach Derogatis, 1993 und Franke, 2000), eine Kurzform der SCL-90-R, ist ein Instrument zur Erfassung subjektiver Beeinträchtigung durch körperliche und psychische Symptome. Ausgewertet ermöglichen die 53 Items Aussagen zur Symptombelastung, die zu neun Skalen und drei globalen Kennwerten - analog zur SCL-90-R - zusammengefasst werden. Die Items sind sprachlich einfach formuliert und vermeiden psychopathologische Fachausdrücke, soweit sie nicht Einzug in die Umgangssprache gehalten haben.

5.1.6. Parameter zum Befinden der Eltern sowie der Lebensqualität

Da die AN die intrafamiliäre Kommunikation deutlich verändert, ist die Belastung aller Beteiligten erhöht. Daher sind auch allgemeine Instrumente zur Erhebung von Befinden der Eltern und der Patientinnen zur Beurteilung des Verlaufs vonnöten. Dies gilt insbesondere, da davon ausgegangen wird, dass sich die Entwicklung der familiären Strukturen bei stationärer versus teilstationäre Behandlung voneinander unterscheiden. Des Weiteren ist es möglich, dass das vor Aufnahme bestehende Belastungsniveau ein prognostischer Faktor für einen möglichen Erfolg einer tagesklinischen Behandlung darstellt. Erhoben werden bei der geplanten Studie mit dem BSI und dem BDI-II für die Eltern einerseits Aspekte der Belastung der Eltern. Mit dem FFB wird das Ausmaß an EE und damit die intrafamiliäre Kommunikation erfasst. Schließlich soll mit dem ILK die Lebensqualität der Patientinnen in ihrem Umfeld beschreiben werden.

5.1.6.1. BSI Der BSI (Brief Symptome Inventory, Derogatis, 1993 und Franke, 2000) erfasst auf 53 Items Probleme und Beschwerden, die in Belastungssituationen auftreten können (s. 5.1.4.6.).

5.1.6.2. BDI-II

Der BDI-II (Brief Depressive Inventory, Beck, 2006) erfasst, ebenso wie bei den Patientinnen (s. o.) das Ausmaß an Depressivität bei den Eltern.

5.1.6.3. FFB

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Der FFB (Familienfragebogen, Wiedemann et al. 2002) erfasst auf insgesamt 20 Items das Ausmaß der Expressed Emotions auf den beiden Skalen

Kritik

Emotionale Überinvolviertheit. Verwendet wird die validierte deutsche Übersetzung von Wiedemann et al. (2002).

5.1.6.4. ILK Eltern- und Patientenbögen

Der ILK (Inventar zur Erfassung der Lebensqualität bei Kindern und Jugendlichen; Mattejat und Remschmidt, 1998) erfasst das Wohlbefinden, die Zufriedenheit von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 6 und 18 Jahren. Dies geschieht bezüglich folgender Bereiche:

Schule

Familie

Freunde

Alleinsein (Interessen und Freizeitgestaltung)

Gesundheit

Nerven und Laune. Zusätzlich werden beim ILK erhoben:

die Belastungen durch eine aktuell vorliegende Krankheit, im Fall der Studie die Anorexia nervosa,

die Belastung durch diagnostische und therapeutische Maßnahmen bei der Behandlung der Anorexia nervosa erhoben.

Insgesamt umfasst der Fragebogen 11 Items sowie eine zusätzliche Schätzung wie viele Stunden am Tag mit welchen Aktivitäten zugebracht werden. Im Rahmen der Studie geht der ILK sowohl als Selbstbeurteilungsbogen (Kinderbogen) als auch als Fremdbeurteilungsverfahren (Elternbogen) ein.

5.1.7. Variablen zur Inanspruchnahme des Gesundheitssystems aufgrund der Essstörung

Eine weitere Zielgröße zur Abwägung der therapeutischen Interventionen sowie des Krankheitsverlaufs ist die Menge an Inanspruchnahme des Gesundheitssystems aufgrund der vorliegenden Essstörung. Im Rahmen der Studie werden hierbei die Menge der benötigten Kliniktage bis zum Erreichen des minimalen Zielgewichtes (20. Altersperzentile) sowie bis zur Entlassung erhoben. Im weiteren Verlauf werden durch Rückfälle notwendig gemachte zusätzliche Klinikaufenthalte erhoben.

5.1.7.1. Kliniktage bis Zielgewicht Eine Variable, die bei der Entlassung erhoben wird, ist die Anzahl benötigter Kliniktage bis zum Erreichen des minimalen Zielgewichtes (20. Altersperzentile) bzw. bis zur Entlassung. Da auch bei bestehendem Zielgewicht weiterführende Belastungserprobungen erfolgen können, ist dies nicht zwangsläufig mit dem Tag der Entlassung gleichzusetzen. Der Tag der Entlassung selbst ist im Rahmen der Studie ebenfalls dokumentiert. Demnach lässt sich als zusätzliches Kriterium die Differenz zwischen Kliniktagen bis zur Entlassung und Kliniktagen bis zum Zielgewicht berechnen. Dies könnte ein Maß darstellen, das Hinweise enthält, ob etwa eine umfassende

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Belastungserprobung nach Erreichen des Zielgewichtes die Wahrscheinlichkeit, einen Rückfall zu erleiden, positiv beeinflusst.

5.1.7.2. Rückfälle: Klinikaufenthalte

Im Verlauf der ambulanten Behandlung wird regelmäßig dokumentiert, ob durch eine massive Gewichtsabnahme nach dem Entlasszeitpunkt das vertraglich abgesprochene Wiederaufnahmegewicht erreicht oder unterschritten wurde. In diesem Falle würde medizinisch von einem Rückfall gesprochen. Dieser würde einen zusätzlichen stationären Aufenthalt notwendig machen. Beim 1-Jahres-follow-up werden die Menge der bis dahin nach erster Entlassung wieder notwendig gewordenen Klinikaufenthalte einschließlich jeweils Tage pro Aufenthalt in der Klinik dokumentiert.

5.2. Deskriptive Variablen

Bei Aufnahme sind als deskriptive Variablen zur Beschreibung der Patientin, ihres Störungsbildes sowie ihrer Anamnese zusätzlich zu den o. g. erhobenen Daten zu dokumentieren:

Geburtsdatum (TT/MM/JJJJ)

Komorbidität (Diagnose-Schlüssel ICD-10)

Vorerkrankungen (Diagnose-Schlüssel ICD-10)

Geburtsjahr der Mutter (JJJJ)

Geburtsjahr des Vaters (JJJJ)

Leben zusammen/ getrennt/ verstorben (z/ g/ v)

außergewöhnliche Belastungen (Tod eines geliebten Menschen, Behinderungen/ schwere Krankheiten im familiären Umfeld o. ä.) liegt vor/ liegt nicht vor

Geschwister (jeweils Geburtsjahr und Geschwisterstatus, hier: leibliche Geschwister/ Halb-/ Adoptiv-/ Stief-Geschwister (JJJJ + l/ h/ a/ s))

Familiäre Belastung i. S. psychiatrischer Erkrankungen (Diagnose-Schlüssel ICD-10)

Anzahl der Schwangerschaften der leiblichen Mutter bis zur und einschließlich der mit der Patientin (Anzahl)

Geburtszeitpunkt (Schwangerschaftswoche)

Geburtsmodus (sp./ S/ vag. OP)

Geburtsgewicht (Gramm)

Geburtsgröße (cm)

Apgar-Index (x von 10)

Fehlbildung (ja/ Nein)

Schulischer Verlauf (regelgerecht/ vorgestuft/ zurückgestuft (r/ v/ z))

Sek. Amenorrhoe (seit MM/JJJJ)

Tanner-Status PB (X)

Erste gezielter intendierter Gewichtsverlust, der zur Anorexie geführt hat (MM/JJJJ) + Gewicht zu diesem Zeitpunkt (kg)

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Falls keine gezielte Gewichtsabnahme: Zeitpunkt, ab dem nicht mehr zugenommen wurde + Gewicht zu diesem Zeitpunkt (kg)

Ambulante Vorbehandlungen (Anzahl der vorherigen ambulanten Behandlungstermine).

Bei der Erhebung ist zur Erhöhung der Reliabilität zu beachten, dass die Daten möglichst präzise und sicher, anamnestische Daten ohne Anwesenheit der Patientin erhoben werden. Des Weiteren ist bezüglich des behandelnden Therapeuten bei Aufnahme folgendes zu erfassen:

Therapeutenausbildungsstand (Arzt/ Facharzt/ Psychologe/ Psychotherapeut)

Therapieerfahrung mit Essstörungen (in Jahren)

Zu Beginn der ambulanten Phase ist bezüglich des behandelnden Therapeuten zu dokumentieren

Therapeutenberuf (Arzt/ Facharzt/ Psychologe/ Psychotherapeut)

Therapieerfahrung mit Essstörungen (in Jahren) Außerdem ist zu Beginn der ambulanten Phase das Wiederaufnahmegewicht aus dem Wiederaufnahmevertrag festzuhalten.

5.3. Erhebungsprozeduren

Verantwortlich für die Erhebung der Wirksamkeitsparameter und der deskriptiven Variablen ist der jeweils behandelnde Therapeut (Prüfarzt). Alle erhobenen Variablen werden im CRF zeitnah dokumentiert und an das KKS geleitet. Das KKS Marburg erstellt Queries für fehlerhafte oder inkonsistente CRFs. Sollte es wiederholt zu Qualitätsmängeln kommen, informiert das KKS die Studienleitung. Das zeitnahe Erfassen von bestimmten Variablen ist in der vorliegenden Studie von besonderer Wichtigkeit, da Gewicht, Blutwerte, Fragebogendaten und das Vorliegen von SUE und UE unbedingt in der entsprechenden Erhebungswoche erhoben und kommuniziert werden müssen. Die Erhebung Rater-abhängiger Variablen, insb. der Interviews, sollte nach Möglichkeit verblindet erfolgen. Jedes einzelne Zentrum überprüft ihre jeweiligen Möglichkeiten einer verblindeten Diagnostik und spricht diese mit der Studienleitung und dem Monitor ab. Sollte eine verblindete Erhebung nicht möglich sein, so sollte die Erhebung jedoch keinesfalls vom jeweils zuständigen Therapeuten durchgeführt werden. Des Weiteren sollte der Interviewer der Studienpatientin Schweigepflicht bezüglich der Inhalte des Interviews zusichern, um so eine möglichst valide Erhebung zu ermöglichen. Tabelle 2 zeigt die unbedingt zeitnah zu kommunizierenden Variablen während der stationären Erhebungsphase, Tabelle 3 verdeutlicht dies für die ambulante Erhebungsphase. Daten, die nicht in den zugehörigen Zeitfenstern erhoben wurden, werden als fehlende Werte beurteilt. Ein Nacherheben oder Interpolieren ist nicht zulässig! Anschließend sind alle in den CRFs zu erhebenden Daten nochmals als Stichpunkte aufgelistet. Detaillierte Informationen zu den Variablen finden sich unter Punkt 5.1. und 5.1. sowie unter Punkt 9.

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Tabelle 2: Variablen, deren Ausprägung sich zeitlich verändern sollte und die daher nur in den vorgegebenen Zeitfenstern erfasst werden dürfen

Stationäre Phase MZ Variable

Einmal wöchentlich Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Kcal

Medikamente/ Psychopharmaka (jeweils Wirkstoff und Dosis)

Therapietermine (s. Punkt 9)

Unerwünschte Ereignisse (s. Punkt 10.)

Aufnahme Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Hormonwerte: Blutabnahme

Scores von Fragebögen + Interviews (Pat. und Eltern)

Anamnestische Daten

Übergang in Arme Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

+ 7 Wochen Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Scores von Fragebögen (Eltern)

+ 11 Wochen Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Scores von Fragebögen (Eltern)

+ 15 Wochen Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Hormonwerte: Blutabnahme

Scores von Fragebögen + Interviews (Pat. und Eltern)

Entlassung Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Scores von Fragebögen + Interviews (Pat. und Eltern)

Hormonwerte: Blutabnahme

Tabelle 3: Variablen, deren Ausprägung sich zeitlich verändern sollte und die daher nur in den vorgegebenen Zeitfenstern erfasst werden dürfen

Ambulante Phase AV Variable

Pro Sitzung Termin mit Dauer; wenn Termin ausgefallen dokumentieren, Grund (stationäre wegen Rückfall/ anderweitig erkrankt/ Termin aus sonstigen Gründen nicht wahrgenommen) - wenn 2x ausgefallen - ggf. Studienleitung informieren

Therapietermine (s. Punkt 9)

Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Wiederaufnahmekriterium erfüllt? (ja/ nein); Wiederaufnahme erfolgt? (ja/ nein) - ggf. Studienleitung informieren

Aktueller Menstruationsstatus (regelmäßige / unregelmäßige/ keine Menstruation)

Medikamente/ Psychopharmaka (jeweils Wirkstoff und Dosis)

Ernährungsberatung (hat stattgefunden ja/ nein)

Gruppentherapie (hat stattgefunden ja/ nein)

Eltern-/ Familiengespräche (hat stattgefunden je/ nein)

+ 34 Wochen

Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Hormonwerte: Blutabnahme

Scores von Fragebögen + Interviews (Pat. und Eltern)

+ 52 Wochen

Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Hormonwerte: Blutabnahme

Scores von Fragebögen + Interviews (Pat. und Eltern)

Menge an Krankenhausaufenthalte nach Entlassung (Rückfälle)

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6. STUDIENDESIGN

6.1. Studiendesign

Bei der geplanten Therapiestudie handelt es sich um eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte, Nicht-Unterlegensheitsstudie mit zwei parallelen Armen.

6.2. Organisationsstruktur Organisationseinheiten für die Studie sind:

Das Independent scientific advisory board berät die Studienleitungen z.B. im Falle eines möglichen vorzeitigen Studienabbruchs (in Anlehnung an einIndependent safety and data monitoring board gemäß ICH-GCP) wahr. Das ISAB tagt mindestens einmal im Jahr.

Die Studienleitung (steering committee) in Aachen nimmt die Aufgaben des principle investigators nach GCP wahr. Sie trifft ihre Entscheidungen in Absprache mit der/dem verantwortlichen Biometrikerin/Biometriker.

Die regionale Studienzentrale in Aachen übernimmt die Aufgaben: Studienplanung, Erstellung des Prüfarztordners mit allen studienrelevanten Dokumenten.

Die Prüfzentren (insgesamt 6 Kliniken) führen die Rekrutierung und Behandlung der Patienten sowie die für die Studie notwendige Dokumentation in den vom KKS erstellten, zertifizierten CRFs durch.

Die Randomisierung erfolgt zentral über das KKS Marburg.

6.3. Auswahl der Prüfzentren Die Auswahl der kooperierenden Kliniken (Prüfzentren) erfolgte aufgrund der großen Übereinstimmung der stationären Behandlungskonzepte für AN im Vorfeld der Studie. Alle teilnehmenden Kliniken verfügen über langjährige Erfahrung mit den unter Punkt 8 aufgeführten Behandlungsbausteinen. Vor Beginn der Studie wurde wiederholt die Kongruenz der Behandlungskonzepte überprüft und gegebene Unterschiede möglichst angenähert. Allen beteiligten Prüfzentren ist es möglich, die unten aufgeführten Bausteine ausnahmslos wie vorgegeben durchzuführen.

6.4. Behandlungsarten Verglichen werden ein vollstationäres und ein teilstationäres Behandlungskonzept (mit Behandlung an Werktagen für 8 - 9 Stunden (etwa in der Zeit von 8.00 bis 16.30). In beiden Behandlungsarmen werden die unter Punkt 8 aufgeführten Bausteine verwendet. In beiden Gruppen erfolgt vor der differentiellen Behandlung eine 3-wöchige stationäre Stabilisierung; anschließend erfolgt in beiden Armen eine ambulante Nachsorge. Die Behandlungsarme unterscheiden sich nicht in den grundsätzlichen therapeutischen

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Ansätzen oder Angeboten. Ein Unterschied zwischen beiden Settings besteht unter anderem in der Dauer der Anwesenheit der Patientinnen in der Klinik und den damit verbundenen Unterschieden. Im tagesklinischen Studienarm kann mehr Zeit mit Familie und Freunden verbracht werden kann, Essen muss zum Teil außerhalb der Klinik aufgenommen werden, es kann keine Vollsondierung stattfinden und es kann keine durchgängige Kontrolle bezüglich des Kalorienverbrauchs (Bewegungsausmaß und –dauer) erfolgen.

6.5. Verblindung, Randomisierung und Ablauf der Randomisation

Weder die behandelnden Therapeutinnen und Therapeuten noch die Patientinnen sind bezüglich der Studienarmzuteilung verblindet. Das Hauptzielkriterium gemäß 5.1.1 (Gewicht/ BMI/ Altersperzentile 52 Wochen nach Aufnahme) wird von unabhängigen Beurteilern erhoben, die bezüglich des Behandlungsarms verblindet sind. Der Ablauf der Randomisation gestaltet sich folgendermaßen: Zunächst werden die Ein- und Ausschlusskriterien während der ersten zwei Wochen des stationären Aufenthaltes vor der Randomisation überprüft. Sind die Einschlusskriterien erfüllt, so erfolgt eine ausführliche Aufklärung der Patientin und ihrer Eltern, und es wird die schriftliche Einverständniserklärung von Eltern und Patientin eingeholt. Anschließend kann die Patientin der Randomisationszentrale (KKS Marburg) gemeldet werden. Zur Randomisierung muss neben der Dokumentation der Überprüfung der Aufnahmekriterien die schriftliche Einverständniserklärung (nach vollständiger Aufklärung) dokumentiert sein. Zusätzlich muss für die zu randomisierende Patientin der BMI bei Aufnahme (für die Differenzbildung – siehe Hauptzielkriterium in 5.1.1), der aktuelle BMI sowie ihre Ausprägungen in den prognostischen Faktoren („BMI bei Aufnahme“ (< 15.5 , ≥ 15.5) und Alter (< 14 , ≥ 14) und das anfragende Zentrum dokumentiert und an das KKS Marburg übermittelt werden. Das zugehörige, ausgefüllte und unterschriebene Formblatt zur Randomisation wird von den berechtigten Prüfärzten/-ärztinnen oder Therapeuten an das KKS Marburg gefaxt. Die Randomisierung erfolgt zentral über die Randomisationszentrale im KKS Marburg, welche die Randomisationsergebnisse an die Prüfzentren per Fax sendet. Das Formblatt zur Randomisation kann in den folgenden Zeiten an das KKS Marburg gefaxt werden:

Montag - Donnerstag: 8.00 Uhr - 16.00 Uhr; Freitag: 8.00 Uhr - 14.00 Uhr Koordinierungszentrum für Klinische Studien (KKS)

Philipps-Universität Marburg Robert-Koch-Str. 5

35037 Marburg Fax: 0 6421 - 28 66517 (66516)

Die Übermittlung des Randomisationsergebnisses an das Prüfzentrum gilt als Definition des Zeitpunktes des Einschlusses der Patientin in die Studie. Der ambulant nachbetreuende Therapeut/Therapeutin der Patientin wird vom zugeordneten stationären Therapeuten über das Studienvorhaben und den Einschluss informiert. Es

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ist abzuklären, ob die/der ambulante Therapeutin/Therapeutin bereit ist, das Studienvorhaben über die gesamte Beobachtungszeit zu unterstützen; andernfalls ist ein anderer Therapeut zu benennen. Das Randomisationsergebnis wird der Patientin und ihren Eltern unmittelbar mitgeteilt. Nach einer weiteren Woche wird dann die stationäre oder teilstationäre Behandlung eingeleitet. Die Randomisierung erfolgt in Anlehnung an das „Dynamic Balanced Design“ (Signorini et al., 1993). Der Randomisationsalgorithmus ermöglicht eine Zuweisung zu den beiden Armen unter den Randbedingungen einzuhaltender Balancen für die sich aus den prognostischen Faktoren ergebenden Strata.

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7. PATIENTENPOPULATION

7.1. Fallzahl Die Studienpatientinnen werden von den Prüfzentren aus deren Klientel mit Anorexia Nervosa rekrutiert. Es ist den Prüfzentren freigestellt, zusätzliche Patienten für die Studie anzuwerben. Alle Patientinnen mit AN, die während der Rekrutierungsperiode der Studie ein Prüfzentrum aufsuchen, sollen bezüglich der Bereitschaft zur Teilnahme an der Studie befragt und - bei Interesse - auf Studieneignung überprüft werden (siehe Ein- / Ausschlusskriterien). Patientinnen, die nach diesen Kriterien studiengeeignet sind, werden über die Studie, deren Möglichkeiten und Risiken aufgeklärt. Besteht nach der Aufklärung die Bereitschaft zur Teilnahme an der Studie, ist eine Einwilligungserklärung von Patientin und Erziehungsberechtigten zu unterschreiben (siehe Anhang). Ausgehend von einer Drop-out-Rate von 30% (worst-case) werden wenigstens 85 Patienten pro Behandlungsarm benötigt. Diese werden in 6 über das Bundesgebiet verteilten Kliniken rekrutiert. An der Studie sind jedoch nur 5 Prüfzentren im engeren Sinn beteiligt, da die Klinik in Düren nur teilstationäre Behandlungen abwickeln kann und zu diesem Zweck Patientinnen aus Aachen und Köln aufnehmen kann. Somit sollen von jedem Prüfzentrum 34 Patientinnen mit AN eingebracht werden. Das bedeutet für den Zeitraum von 3 Jahren eine Zahl von 10-12 Patientinnen jährlich. Details zur Fallzahlplanung siehe 12.

7.2. Einschlusskriterien Einschlusskriterien für die Teilnahme an der Studie sind:

weibliche Patientinnen

11 ≤ Alter ≤ 18 Jahren zum Zeitpunkt des Behandlungsbeginns

Vorliegen einer AN nach den Kriterien der DSM-IV (zum Zeitpunkt des Einschlusses) gemäß SIAB

erstmalige stationäre Aufnahme für länger als 2 Wochen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie zur Behandlung einer Essstörungssymptomatik

Vorliegen der schriftlichen Einverständniserklärung der Patientin und der Eltern

Fahrzeit von der Klinik zum Wohnort zumutbar / Anreise möglich

7.3. Ausschlusskriterien Von der Untersuchung ausgeschlossen sind folgende Kinder und Jugendliche:

Komorbidität eines psychotischen Störungsbildes leiden (nach Kiddie-SADS) Komorbidität einer Persönlichkeitsstörung (nach Kiddie-SADS) Komorbidität von schwerem Alkohol- oder Substanzabusus (nach Kiddie-SADS) schwerwiegende selbstverletzende Verhaltensweisen nicht ausreichendes Deutschverständnis bei Eltern oder Patientin IQ<85, gemessen anhand eines standardisierten Testverfahrens (Erfassen

dieses Ausschlusskriteriums ist erst nach Erreichen der 10. Altersperzentile

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möglich, so dass im Einzelfall Patientinnen erst zu diesem Zeitpunkt wieder aus der Studie ausgeschlossen werden müssten. Dies ist jedoch nach klinischer Erfahrung mit dem Störungsbild als sehr seltenes Ereignis einzustufen.)

7.4. Individuelle Abbruchkriterien Patientinnen können aus folgendem Grund aus der Studie ausscheiden:

Die Patientin oder die Erziehungsberechtigten ziehen ihr Einverständnis zur Teilnahme an der Studie zurück oder wünschen die Studie abzubrechen.

Ein unerwartetes Ereignis (s. Punkt 7.5) erfordert eine stationäre Aufnahme der Patientin. Die Patientin wird stationär weiterbehandelt und es erfolgt auch weiterhin die Datenerhebung gemäss Protokoll. Wenn im Studienarm TB sehr viele solche Therapiewechsel festgestellt werden, muss die Studienleitung einen Abbruch der Studie erwägen (s. Punkt 12).

In jeden Fall sollte versucht werden, die Abschlussuntersuchung ein Jahr nach Aufnahme durchzuführen und die Zielkriterien, hierbei insbesondere den BMI als Hauptzielgröße, zu erheben.

7.5. Kriterien für den Abbruch der Tagesklinischen Behandlung Beim Auftreten von SUE wird in jedem Fall die teilstationäre Behandlung abgebrochen und die Patientin vollstationär aufgenommen. SUE sind:

akute Suizidalität

schwerwiegende medizinische Komplikationen (z.B. Krampfanfall, Pericarderguss mit hemidynamischer Beeinflussung, progrediente Pankreatitis mit klinischen Symptomen oder Elektrolytstörungen mit Infusionsbedarf).

Weiter kann es das Auftreten von UE notwendig machen, die teilstationäre Behandlung (TB) abzubrechen. In diesem Fall würde die Patientin konventionell vollstationär weiterbehandelt. Aus folgenden Gründen können Patientinnen, die sich im TB befinden, aus diesem herausfallen:

mehr als 2x tägliches Erbrechen für länger als eine Woche Unterschreitung der folgenden Mindestgewichtszunahmen (gerechnet ab

Zeitpunkt der Aufnahme), wobei diese jeweils nur bis zu Erreichen der 10. Altersperzentile gelten:

Woche 4-6 < 1 kg Woche 4-9 < 2,5 kg Woche 4-12 < 4 kg Woche 4-15 < 5 kg

medizinische Bedingungen (Grenzwerte, ab denen eine Rücksprache mit der Studienleitung erfolgen muss, bei der über Abbruch der Behandlung entschieden wird):

Bradykardie: Puls ≤ 40 /Min. EKG-Veränderungen (z. B. QTc-Zeit-Verlängerungen ≥ 0,5 s) Ödeme

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Progredienter Perikarderguss Pankreatitis: Amylase/ Lipase ≥ 200 U/l Leberwerte: AST/ ALT ≥ 150 U/l Elektrolytstörungen:

Natrium ≤ 130 NA mmol/l

Kalium ≤ 2,8 mmol/l Des Weiteren wird die teilstationäre Behandlung abgebrochen beim expliziten

Wunsch der Patientin oder deren Eltern nach vollstationärer Weiterbehandlung. Die Entscheidung und Verantwortung zur vollstationären Weiterbehandlung trifft/hat der zuständige Arzt/ Therapeut. Der Wechsel zur vollstationären Behandlung muss dokumentiert werden und umgehend an die Studienleitung und das KKS Marburg weitergeleitet werden. Dies ist von besonderer Wichtigkeit! Bei Abbruch der Studie werden zudem – falls möglich – Daten entsprechend der Entlassung (Blutwerte, Fragebögen), also der Gesundheitsstatus bei Abbruch erhoben. Die so erhobenen Daten sind gesondert kenntlich zu machen.

Des Weiteren sind alle Verhaltensweisen und Vorkommnisse, die Einfluss auf das Gewicht und den Gewichtverlauf der Patientinnen haben, z. B. binging- und purging-Verhalten, massive Verstopfung (länger als 4 Tage mit der Erfordernis eines Einlaufes), massiver Durchfall, gewichtsrelevante Erkrankungen wie fiebrige Grippe mit Appetitverlust u. ä., als UE zu werten, zu dokumentieren und der Studienzentrale mitzuteilen, die als solche nicht zu einem Abbruch des teilstationären Settings führen.

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8. BEHANDLUNGSBAUSTEINE Um zu gewährleisten, dass die Behandlungsbausteine wie festgelegt stattfinden, werden diese in den CRFs und auf einer Checkliste dokumentiert.

8.1. Gewichtsmanagement

Angestrebt wird eine Gewichtszunahme von 500 – 1000g wöchentlich bei regelmäßigen Gewichtskontrollen. Diese können ja nach Einzelfall angekündigt oder unangekündigt erfolgen. Auch kann zur Kontrolle der Flüssigkeitszufuhr das spezifische Gewicht zusätzlich bestimmt werden. Da der Gewichtsverlauf in der Studie sehr wichtig ist, muss das Gewicht auf jeden Fall mindestens einmal wöchentlich an einem Stichtag erhoben und gut dokumentiert werden. Zielgewicht für Entlassung ist standartgemäß frühestens die 20., spätestens die 25. Altersperzentile. Bei individueller Indikation (beispielsweise bei niedrigem prämorbidem Gewicht, genetisch bedingt niedrigem Gewicht, Geschlechtshormonwerten im Normbereich oder ähnlichem) kann eine Entlassung bereits vor Erreichen des Zielgewichtes ermöglicht werden. Eine solche Entscheidung darf jedoch nur in Abstimmung mit der Studienleitung in Aachen erfolgen. Das Ausmaß an Belastung, Bewegung und Beurlaubung wird abhängig von der Gewichtszunahme gesteigert und jeweils im Rahmen eines Gewichtsstufenplanes individuell festgelegt.

8.1.1. Wiegetermine

Die Patientinnen werden im Durchschnitt dreimal wöchentlich (mindestens einmal wöchentlich, höchstens täglich) gewogen und vom aktuellen Gewicht informiert. Das Wiegen erfolgt jeweils morgens nach dem Toilettengang, nüchtern vor dem Frühstück, in Unterwäsche, ohne Schmuck und wird von einer Mitarbeiterin begleitet.

8.1.2. Gewichtsstufenpläne

Alle Patientinnen erhalten Gewichtsstufenpläne. In diesen werden regelmäßig für die nächsten 500- oder 1000g-Schritte positive Verstärker festgelegt. Bei Einsatz und Auswahl der Verstärker geht nicht alleinig um die Forcierung der Gewichtszunahme, sondern auch um eine möglichst hohe Selbstbestimmung trotz straffer Pläne. Daher werden die Pläne jeweils mit den Patientinnen gemeinsam erarbeitet. Die eingesetzten Verstärker sollten in einem logischen Zusammenhang zu Gewichtszunahme stehen, also vor allem den Handlungsspielraum der Patientinnen, insbesondere Bewegungs- und Aktivitätsmöglichkeiten erweitern. Beispiele hierfür sind etwa Aktivitäten, Schulbesuch, Urlaubsregelungen oder außerplanmäßige Ausflüge, Erweiterung der Ausgangsstufen oder sportliche Aktivitäten. In Abhängigkeit vom psychopathologischen Zustandbild und Essverhalten der Patientinnen kann auch die Umsetzung therapeutischer Schritte wie z. B. die Teilnahme an Gruppen oder die Umstellung von Sondierung auf freies Essen bzw. von Essensplan auf freie Mahlzeiten oder Einnehmen der Mahlzeiten außerhalb der Klinik an die Gewichtszunahme gekoppelt werden.

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Da auch eine zu schnelle Gewichtszunahme prognostisch ungünstig sein kann, ist es im Einzelfall möglich, solche Verstärker für nicht zu schnelles Zunehmen (etwa weniger als 1000 g pro Woche) einzusetzen.

8.2. Kalorienzufuhr und -verbrauch

Kalorienaufnahme und –verbrauch sind abhängig vom Gewichtsverlauf so anzupassen, dass die angestrebte Gewichtszunahme erreicht wird. Ziel ist eine für die angestrebte Gewichtszunahme ausreichende Kalorienzufuhr mittels ausgewogener, vielseitiger Ernährung. Nach Möglichkeit erfolgt die Kalorienzufuhr über Planessen. Der Essensplan beinhaltet möglichst alltägliche, feste Nahrungsbestanteile. Nur, falls hierüber keine ausreichende Kalorienaufnahme gewährleistet werden kann, kann der Plan durch vermehrte Aufnahme von Säften, Kakao oder auch Trinkpäckchen (s. u.) ergänzt, bzw. die Patientin über eine Sonde ernährt werden.

8.2.1. Planessen

Der Essensplan wird gemeinsam mit der Patientin von einer ernährungsberaterisch geschulten Fachkraft nach ernährungswissenschaftlichen Maßgaben erstellt. Die Nahrungsaufnahme findet verteilt auf 3 Hauptmahlzeiten und 3 Zwischenmahlzeiten statt, die jeweils zeitlich begrenzt sind. Die Mahlzeiten werden gemeinsam mit den Mitpatienten der Station eingenommen. Bis zur Einführung von Übungen zum selbstständigen Portionieren bzw. von freien Mahlzeiten (s. u.) werden die Mahlzeiten von Betreuern hergerichtet und als Portion ausgehändigt. Die Einnahme der Mahlzeiten erfolgt unter Beobachtung von den Betreuern. Nach jeder Mahlzeit werden von den Betreuern Packungen und Geschirr auf Reste hin kontrolliert.

8.2.2. Hochkalorische Trinkpäckchen/ Pulver

Gelingt es nicht, durch die Ernährung nach Plan eine ausreichende Gewichtssteigerung zu erreichen, kann eine zusätzliche Kaloriensteigerung über hochkalorische Trinkpäckchen oder hochkalorische pulverisierte Nahrungsergänzungen angeboten oder verordnet werden. Der Verzehr der Trinkpäckchen kann im Rahmen der vorgegebenen Mahlzeiten am Platz unter Beobachtung und mit anschließender Kontrolle stattfinden. Im Fall von Aktivitäten mit körperlicher Mehrbelastung können Trinkpäckchen auch zur Ergänzung des Planessens verwendet werden. Hierdurch lernt die Patientin zusätzlich, bei außergewöhnlichen Belastungen einen gesteigerten Kalorienbedarf zu decken. Die Verwendung der Trinkpäckchen ist jeweils individuell zu entscheiden.

8.2.3. Sondierung

Ist es trotz gegebener Hilfestellungen (Überarbeitung des Essensplans im Hinblick auf mögliche Schwierigkeiten, Modellessen, Einsatz hochkalorischer Trinkpäckchen, Einschränkung von Bewegungsmöglichkeiten, Einsatz von Kontrollen) nicht möglich eine Gewichtssteigerung zu erreichen, wird der Einsatz einer naso-gastralen Sonde mit der Patientin besprochen.

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Den Patientinnen wird die Sonde im Sinne einer Hilfestellung/ Unterstützung angeboten. Die Überlegungen, ob eine Sonde in der jeweils aktuellen Situation hilfreich sein kann, werden mit der Patientin gemeinsam offen ausgetauscht. Ist die Patientin selber für den Einsatz der Sonde, wird der Einsatz gemeinsam mit ihr geplant. Ansonsten wird der Einsatz der Sonde entweder an eine Gewichtsgrenze (z.B. 300 g Gewichtszunahme bis zum nächsten Wiegen, 500 g Gewichtszunahme innerhalb einer Woche) oder an das Essverhalten (z.B. Mahlzeiten in der vorgegebenen Zeit schaffen) geknüpft. Generell gilt der Gewichtsverlauf als das ausschlaggebende Kriterium. Die Bedingungen für den Einsatz der Sonde werden klar angekündigt. Je nach Ausprägung der Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme kann eine vollständige oder teilweise Gabe der Nahrung als Sondenkost erfolgen. Schrittweise wird diese dann später wieder durch die Aufnahme fester Nahrung nach Essensplan ersetzt.

8.2.4. Ruhezeiten/ Bewegung Die Ruhezeiten beginnen mit Beginn der Mahlzeiten und dauern 30 -60 Minuten. Die Patientinnen befinden sich während der Ruhezeiten im Ruhezustand, d. h. es sollten keine körperlichen Aktivitäten stattfinden. Bei erhöhter körperlicher Unruhe finden die Ruhezeiten unter fortlaufender Beobachtung durch die Betreuer statt. Bei Erreichen einer individuell festgelegten Gewichtsstufe werden dann die Ruhezeiten abgesetzt. Ebenso ist das Ausmaß an Bewegung und die Ausgangsstufen vom Gewichtsverlauf abhängig: Ist zu Beginn der Behandlung Bewegungseinschränkung das Ziel, so steht gegen Ende der Behandlung die Belastungserprobung im Vordergrund. Bei besonders starkem Bewegungsdrang können kurze Einheiten leichter Bewegung (10 Minuten Dehnübungen oder Spaziergang) in Begleitung verordnet werden.

8.3. Ernährungstherapie

Eine ernährungsberaterisch geschulte Fachkraft übernimmt die Aufgabe, die Patientinnen in gesundem Essverhalten zu schulen. Neben dieser psychoedukativen Arbeit wird in unterschiedlichen therapeutischen Einheiten Essverhalten trainiert.

8.3.1. Ernährungsberatung

Die Ernährungsberatung wird von einer entsprechend geschulten Kraft aus dem interdisziplinären Team durchgeführt. Sie hat die Funktion, die Patientinnen über die Zusammensetzung gesunder Ernährung zu informieren, mit ihnen gemeinsam den Essensplan zu erstellen, Essensprotokolle auszuwerten, auswärts essen und Wochenendbeurlaubungen vorzubereiten. Ernährungsberatung sollte für jede Patientin wenigstens einmal pro Woche angeboten werden.

8.3.2. Modellessen

Modellessen ist eine spezielle Übungssituation zum Training angemessenen Essverhaltens. Die Patientin isst im Einzelkontakt gemeinsam mit einem Teammitglied, das der Patientin direkt gegenübersitzt und somit für die Patientin ein Essensmodell darstellt. Während des Essens wird unmittelbar Hilfestellung beim Essen und Feedback über das Essverhalten gegeben. Das Modellessen findet (fakultativ) nur bei gegebenen

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Verhaltensauffälligkeiten (Kleinbissigkeit, „Mümmeln“, Essensrituale, langsame Essensgeschwindigkeit o. ä.) statt, dann je nach individuellen Schwierigkeiten mindestens 3mal, bei Bedarf entsprechend öfter. Ergänzt werden kann dies durch ein Videofeedback.

8.3.3. Auswärts essen

Insgesamt mindestens 4malig findet ein von geschulten Mitarbeitern begleitetes warmes Essen auswärts (in einer Kantine oder einem Restaurant) mit den Patientinnen statt. Hierbei wird geübt, in einer fremden Umgebung zu essen, Essen auszuwählen und zu bestellen. Die Patientinnen sollen selbst bezahlen, wobei das Geld von den Eltern gegeben werden sollte. Auch ist darauf zu achten, dass die Patientinnen beim Essen ein Getränk zu sich nehmen. Anschließend erhalten die Patientinnen ein Feedback.

8.3.4. Kochgruppe

Im Rahmen einer Kochgruppe wird insgesamt mindestens 5malig, im späteren Behandlungsverlauf ca. einmal wöchentlich das eigenständige Zubereiten von Essen geübt. Die Patientinnen wählen gemeinsam mit der ernährungsberaterisch geschulten Kraft das zuzubereitende Essen aus. Es wird gemeinsam eingekauft, zubereitet und gegessen. Zusätzlich zum Umgang mit Nahrungsmitteln können die Patientinnen hierbei den Verzehr von 2 warmen Mahlzeiten am entsprechenden Tag trainieren.

8.3.5. Selber Portionieren

Sobald es den Patientinnen zugetraut wird, kann mit dem eigenständigen Portionieren der Mahlzeiten begonnen werden. Die Patientinnen nehmen sich die entsprechende Menge, die im Essensplan angegeben ist, unter Beobachtung. Im Anschluss erfolgt eine Rückmeldung (Lob oder Korrektur mit Erklärung). Das eigenständige Portionieren kann zunächst auf die Zwischenmahlzeiten begrenzt sein und dann auf die Hauptmahlzeiten ausgeweitet werden. Ziel hierbei ist es, dass die Patientinnen den Handlungsablauf des Portionierens trainieren.

8.3.6. Freies Essen

Bei Erreichen eines höheren Gewichts (Richtwert ab der 10. Altersperzentile, in Einzelfällen bei bereits vorhandenen guten Kompetenzen im Essverhalten) kann (fakultativ) die sukzessive Umstellung von Essensplan auf „freies Essen“ erfolgen. Dies bedeutet, dass die Entscheidungsfindung, was und wie viel in der jeweiligen freien Mahlzeit zu sich genommen wird, bei den Patientinnen liegt. Voraussetzung für das Einführen von freien Mahlzeiten liegen in der relativ problemlosen Bewältigung des Planessens in der vorgegebenen Zeit ohne große Anspannung, Umsetzung des Selber Portionierens mit angemessenen Portionsgrößen und in einer relativ kontinuierlichen Gewichtszunahme. Die Freigabe der Mahlzeiten erfolgt zunächst in Bezug auf die Zwischenmahlzeiten, dann auf die Hauptmahlzeiten. Für einige Patientinnen stellt die Umstellung auf freie Mahlzeiten noch lange eine Überforderung dar. Daher sollte dieser Schritt nur erfolgen, wenn das freie Essen den

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Patientinnen zugetraut wird. Ansonsten kann auch bis zur Entlassung und darüber hinaus Planessen erfolgen.

8.4. Psychotherapeutische Arbeit mit den Patientinnen

Die psychotherapeutische Arbeit mit den Patientinnen findet als kognitiv-behavioral fundierte Therapie sowohl im Einzel- als auch im Gruppensetting statt.

8.4.1. Einzeltherapie

Innerhalb der dreiwöchigen somatischen Stabilisierungsphase finden pro Woche mehrmals kurze, ca. 10 -20minütige Kontakte zwischen Patientin und Therapeut statt. Nach der Zuteilung auf die Behandlungsarme finden je nach Konzentration und Belastbarkeit im Schnitt zweimal pro Woche 30 - 60minütige Kontakte statt. Die Foki der kognitiv-behavioral ausgerichteten therapeutischen Arbeit werden jeweils gemeinsam mit der Patientin festgelegt und an deren aktuellen Zielsetzungen geknüpft. Entsprechende Ziele können beispielsweise sein: Erwerb von Kenntnissen über die Erkrankung, Erarbeitung eines individuellen Störungsbildes einschließlich auslösender und aufrechterhaltender Bedingungen, Bearbeitung der einzelnen funktionalen Aspekte, Erarbeitung funktionaler Kognitionen etwa zur Gewichtszunahme oder zu körperlichen Veränderungen, Abbau von Vermeidungsverhalten bezogen auf den eigenen Körper, Verbesserung der kommunikativen Fähigkeiten und der sozialen Kompetenzen, Ressourcenaktivierung, Erarbeitung von Übungen zum Essverhalten usw.

8.4.2. Essstörungsspezifische Gruppen

Therapie im Gruppensetting beinhaltet sowohl Psychoedukation, ernährungsbezogene Inhalte als auch im engeren Sinne psychotherapeutische Einheiten. Diese finden je nach Struktur der behandelnden Klinik im Rahmen einer, thematisch wechselnden, oder unterschiedlicher Gruppen statt. Die Gruppengröße sollte möglichst 3 bis 6 Patientinnen umfassen. Voraussetzung für die Teilnahme an den jeweiligen Gruppen ist ein entsprechend gutes psychopathologisches Zustandsbild, insbesondere ausreichende Konzentrationsfähigkeit.

8.4.2.1. Patientinnen-Psychoedukationsgruppe

In mindestens 3 Terminen a 60 Minuten werden den Patientinnen mindestens das Störungsbild mit Begleitsymptomen, auslösende und aufrechterhaltende Bedingungen, der Starvationszustand einschließlich der Rolle des Hormons Leptin sowie das Behandlungskonzept dargestellt (s. Powerpoint-Präsentation). Die Teilnahme kann auch mehrfach erfolgen.

8.4.2.2. Ernährungsgruppe An mindestens 2 Terminen a 45-60 Minuten werden den Patientinnen von einer ernährungsberaterisch geschulten Fachkraft die Kriterien einer gesunden Ernährung erläutert. Des Weiteren geht es um die Umsetzung dieses Wissens, z. B. um die Prinzipien Erstellung von Essensplänen sowie Spezialthemen wie die Folge der

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Verwendung von Light-Produkten, fettarmen Lebensmitteln oder die Wichtigkeit von Eiweißersatz bei fleischloser Ernährung.

8.4.2.3. Psychotherapiegruppe Die Psychotherapiegruppe findet insgesamt mindestens 5malig, im späteren Behandlungsverlauf ca. einmal wöchentlich 60 - 90 Minuten statt. Da in diesen Gruppenstunden im Gruppenprozess an therapeutischen Themen gearbeitet wird und die Patientinnen eigene Erfahrungen einbringen, sollten sie neben den o. g. Voraussetzungen (s. 8.4.2.) zur Gruppenteilnahme über ausreichende emotionale Stabilität, Abstraktionsfähigkeit, die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme im Hinblick auf Probleme anderer Teilnehmerinnen, ausreichende Kommunikationsfähigkeit, zumindest Ansätze von Krankheitseinsicht sowie Motivation, an den Themen zu arbeiten, verfügen. In den Gruppenstunden sollten mindestens die Themen Schlankheitsideal, Wahrnehmung und Umgang mit dem eigenen Körper, Familie, Freunde und Freizeit, Perfektionismus/ Leistung, individuelle Stärken und Schwächen sowie Gestaltung des Lebens nach der Klinik behandelt werden.

8.5. Elternarbeit

Auch die psychotherapeutische Arbeit mit den Eltern und Familien der Patientinnen findet als kognitiv-behavioral fundierte Therapie sowohl im Rahmen von Eltern- oder Familiengesprächen als auch in Form einer Psychoedukationsgruppe für Eltern im Gruppensetting statt.

8.5.1. Eltern- oder Familiengespräche

Mindestens 2wöchentlich finden Eltern- und/oder Familiengespräche statt. Je nach Thema nimmt die Patientin ganz, teilweise oder gar nicht hieran teil. Weiter informieren sich Eltern und Therapeuten regelmäßig gegenseitig über Befinden und Verhalten der Patientin (Stimmung, Essverhalten, Belastbarkeit, Bewegungsdrang, etc.). Des Weiteren werden die Eltern über alle wichtigen aktuellen Ziele und therapeutischen Schritte wie etwa das Erreichen von Gewichtsstufen, Kalorienerhöhungen, gegebenenfalls Sondierung, Medikationen etc. informiert. Günstig hierzu sind regelmäßige telefonische Kontakte (ca. 10 - 20Minuten), etwa zu Beginn jeder Woche zwecks Rückmeldung über das Wochenende sowie Besprechung der aktuellen Situation und zum Ende der Woche zur Planung des Wochenendes sowie zur Besprechung aktueller Entwicklungen. Dieser Kontakt kann aber auch schriftlich, etwa über E-Mail oder Tagesklinik-Mappen erfolgen. Ähnlich der einzeltherapeutischen Behandlung wird in den Eltern- und Familiengesprächen kognitiv-behavioral je nach aktuellem therapeutischen Foki und Zielsetzungen gearbeitet. Dies bedeutet, dass in der Stabilisierungsphase eher supportive Elemente im Vordergrund stehen, später dann Information über Schritte im therapeutischen Prozess sowie familienbezogene Ziele wie etwa die Verbesserung der intrafamiliären Kommunikation bearbeitet werden.

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8.5.2. Eltern-Psychoedukationsgruppe Für alle Eltern wird eine Psychoedukationsgruppe angeboten. Die besteht aus mindestens 4 Terminen a 90 Minuten. Die Gruppe versteht sich nicht als Therapie- oder Selbsthilfegruppe, sondern als Gruppe mit dem hauptsächlichen Ziel der Wissensvermittlung über das Störungsbild. Hauptsächliche Inhalte der Gruppe sind – ähnlich wie bei der Psychoedukationsgruppe für die Patientinnen – mindestens das Störungsbild mit Begleitsymptomen, auslösende und aufrechterhaltende Bedingungen, der Starvationszustand einschließlich der Rolle des Hormons Leptin sowie das Behandlungskonzept (s. Powerpoint-Präsentation). Zusätzlich werden typische Besonderheiten in der Interaktion mit essgestörten Patientinnen und Möglichkeiten des Umgangs mit schwierigen Situationen erläutert.

8.5.3. Familienessen Mindestens zweimalig findet ein begleitetes Familienessen statt. Bei diesem isst die gesamte Familie der Patientin gemeinsam mit geschulten Mitarbeitern. Anschließend wird ein Feedback gegeben über Auffälligkeiten und Verbesserungsvorschläge bezüglich Essverhalten, Anspannung, gegenseitige Beobachtung, und Kommunikation. Ziel des Essens ist die Verbesserung der familiären Interaktion in der Essenssituation, um diese für die Patientin zu erleichtern, familiäre Konflikte zu verhindern und Druck für die Eltern zu minimieren. Das Familienessen dient auch als Vorbereitung auf gemeinsame Essen außerhalb der Station (in Restaurants oder zu Hause) und sollte dementsprechend mindestens einmal vor der ersten längeren Beurlaubung mit Essen außerhalb der Klinik stattfinden. Anschließend können zusätzlich in Rücksprache mit der Patientin und der Familie gezielt einzelne Aspekte (Kommunikation etc.) trainiert werden. Möglich ist auch die Übungen durch den Einsatz von Videofeedback zu ergänzen.

8.6. Sonstige therapeutische Gruppen

Zusätzlich zu den Gruppen für essgestörte Patientinnen finden störungsunabhängige Gruppen statt, die das mulitmodale Behandlungsangebot ergänzen.

8.6.1. Ergo-/ Kreativtherapie

Im Rahmen der Studie findet mindestens ab Beginn der Zuteilung zu den Behandlungsarmen mindestens einmal wöchentlich eine ressourcenorientierte, kreative Therapie (Ergo-, Musik- oder Kunsttherapie) statt, je nach Kontakt- und Konzentrationsfähigkeit im Einzelkontakt oder in der Gruppe. Die Arbeit mit den Patientinnen ist in der Stabilisierung eher supportiv und ressourcenorientiert, nach der Zuteilung zu den Studienarmen je nach Zustandsbild konfrontativer. U. a. ist auch die Verarbeitung der Erkrankung und der damit verbundenen Aspekte Thema der kreativen Therapieform.

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8.6.2. Entspannungstraining Die Patientinnen werden regelmäßig in Entspannungsverfahren geschult. In der 12- wöchigen Behandlungsphase findet insgesamt mindestens 5mal eine Entspannungsgruppe (mit PMR oder einem vergleichbaren Verfahren) statt.

8.6.3. Soziales Kompetenztraining Alle Patientinnen erhalten insgesamt mindestens 5 Gruppensitzungen a 60 – 90 Minuten eines Sozialen Kompetenztrainings zum Kommunikations- und Interaktionsverhalten. Inhalte der Gruppe sind - angelehnt an das Gruppentraining sozialer Kompetenzen nach Hintsch/ Pfingsten – u. a. das Einfordern von Rechten, der Umgang in Konflikten (vor allem Ich-Botschaften), das Werben um Sympathie, das Äußern von Gefühlen und Bedürfnissen, Abgrenzung und Nein-Sagen. Hilfreich ist es, wenn das in der Gruppe Erlernte durch praktische Übungen im Alltag, die gemeinsam mit den Betreuern erarbeitet und trainiert werden, begleitet wird.

8.7. Vorbereitung auf die Entlassung

Bei der Vorbereitung der Entlassung stehen rückfallprophylaktische Inhalte im Vordergrund. Neben den entsprechenden kognitiv-behavioralen Interventionen in der Einzeltherapie sind vor allem Belastungserprobung, Wiederaufnahmevertrag und gegebenenfalls die Installation von Jugendhilfe wichtige Bestandteile.

8.7.1. Belastungserprobung

Belastungserprobungen erfolgen im Hinblick auf die Entlassung so, dass der häusliche Alltag möglichst realitätsnah simuliert wird. Hierzu gehören außerklinische Aktivitäten wie der externe Schulbesuch, das Verabreden mit Freunden von zu Hause, bzw. Schulkamerad/innen sowie längere Beurlaubungen an den Wochenenden.

8.7.2. Organisation von Jugendhilfen

Verbessern ambulante oder stationäre Jugendhilfe die Prognose, werden diese in Zusammenarbeit mit den Patientinnen, deren Eltern und dem Jugendamt installiert. Indiziert sind hier häufig sozialpädagogische Familienhilfen (SPFH) oder Erziehungsbeistandschaften, bei älteren Patientinnen auch eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (INSPE). In einigen Fällen wird auch stationäre Jugendhilfe erwogen.

8.7.3. Wiederaufnahmevertrag Ein Wiederaufnahmevertrag dient der Regelung des Umgangs mit Rückfällen. Festgelegt werden die Bedingungen für eine Wiederaufnahme, insbesondere ein Wiederaufnahmegewicht. Dieses liegt jeweils bei der 10. Altersperzentile zum Zeitpunkt der Entlassung. Zusätzlich können in Ansprache mit Patientin, Eltern und auch ambulanten Weiterbehandlern weitere Kriterien für eine Wiederaufnahme formuliert werden etwa bezogen auf Stimmungslage oder Essverhalten.

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8.8. Ambulante Anschluss-Behandlung

Nach der Entlassung erfolgt die ambulante Behandlungsphase. Alle Studienpatientinnen erhalten einen ambulanten Therapieplatz. Die ambulante Behandlung besteht, wie die stationäre aus verschiedenen Behandlungsbausteinen: neben Einzeltherapeutischen Sitzungen, Eltern- oder Familiengesprächen findet Ernährungsberatung und Gruppentherapie statt.

8.8.1. Ambulante Einzeltherapie

Während der ambulanten Phase finden innerhalb der ersten 6 Monate nach Entlassung zweiwöchentlich, danach drei- bis vierwöchentlich ca. 45minütige kognitiv-behavioral orientierte einzeltherapeutische Sitzungen statt. Bei Bedarf können die Sitzungen im Einzelfall auch höherfrequent stattfinden. 5 Sitzungen können dabei ohne Absprache mit der Studienleitung in Aachen zusätzlich zu den zweiwöchentlichen Terminen stattfinden. Weitere zusätzliche Sitzungen können in Absprache mit der Studienleitung geplant werden. Hierbei geht es um die Bearbeitung der aktuellen Zielsetzungen der Patientin. Vorgegeben ist ein Ordner, in dem mögliche therapeutische Themen gesammelt sind. Hierbei geht es um Selbstwert/ Selbstkonzept, Genussfähigkeit, kognitive Umstrukturierung dysfunktionaler kognitiver Grundannahmen, Training sozialer Kompetenzen, Problemlösetraining, Verbesserung der intrafamiliären Kommunikationsstrukturen, und Rückfallprophylaxe.

8.8.2. Ambulante Eltern- oder Familiengespräche

4wöchentlich finden in der ambulanten Behandlungsphase kognitiv-behavioral orientierte Eltern- und/oder Familiengespräche statt. Weiterhin nimmt die Patientin hieran ganz, teilweise oder gar nicht hieran teil. Inhaltlich geht es um die gegenseitige Information über den Verlauf der Symptomatik, aber auch um das Bearbeiten kritischer Situationen. Wie zuvor werden familienbezogene Ziele wie etwa die Verbesserung der intrafamiliären Kommunikation bearbeitet.

8.8.3. Ambulante Ernährungsberatung

Wie während der stationären Behandlungsphase wird die Ernährungsberatung von einer entsprechend geschulten Kraft aus dem interdisziplinären Team durchgeführt. Sie sollte den Patientinnen zu Fragen zur Verfügung stehen, bei Bedarf auch weiterhin Teile eines Essensplans erstellen oder Essensprotokolle auswerten. Dies ist besonders wichtig, wenn noch große Unsicherheiten bestehen oder besondere Ernährungssituationen (wie etwa Feiern, Urlaub etc.) abzusehen sind. Wichtig ist, dass die Patientin weiß, an wen sie sich bei Fragen wenden kann.

8.8.4. Ambulante Gruppentherapie

Die Psychotherapiegruppe findet auch im ambulanten Rahmen, also nach der Entlassung insgesamt mindestens 5malig, höchstens 10malig statt. Wie zuvor wird in diesen Gruppenstunden im Gruppenprozess an therapeutischen Themen gearbeitet.

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9. STUDIENABLAUF FÜR EINE PATIENTIN

9.1. Ablauf für eine Patientin im Überblick Abbildung 1 zeigt den Ablauf für eine Patientin im Überblick. Im Anschluss wird der Ablauf erläutert:

Aufnahme, Erfassung des BMI bei Aufnahme Information über die Studie, Einholen des Einverständnisses,

Erhebung der Baseline,

2 Wochen stationäre somatische Stabilisierung

Einschluss = zentrale Randomisierung (KKS Marburg) und danach eine Woche bis zum Übergang in den jeweiligen Behandlungsarm

12 Wochen Behandlung im Behandlungsarm: vollstationär oder teilstationär

(Tagesklinik) fortlaufende Beobachtung im Hinblick auf SUE/ UE und insbesondere Erfassung von

Abbrüchen des TB in 7. und 11. Woche Fragebögen zu Moderatorvariablen

Erhebung des 15-Wochen-follow-ups

Weiterbehandlung im Behandlungsarm bis zum Zielgewicht (20.-25.Perzentile),

Entlassung

ambulante Weiterbehandlung

Erhebung des 34-Wochen-follow-ups

Erhebung des 1-Jahres-follow-ups (insbesondere Erfassung des BMI) Abbildung 1: Ablauf der Studie für eine Patientin

Nach der Aufnahme und Erfassung des BMI bei Aufnahme der Patientin erfolgt zunächst eine dreiwöchige Phase der körperlichen Stabilisierung. Diese erfolgt ausschließlich vollstationär. Zu Beginn dieser dreiwöchigen Stabilisierungsphase werden die Patientin und die Eltern über die Möglichkeit der Studienteilnahme informiert. Hierbei ist klar herauszustellen und zu hinterfragen, ob ein teilstationäres Angebot, wenn es zugeteilt würde, angenommen werden kann (z.B. wie wird die Patientin die Tagesklinik erreichen). Ist es nicht möglich, ein teilstationäres Behandlungsangebot anzunehmen, so sind die Gründe hierfür zu dokumentieren. Bei Einverständnis zur

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Studienteilname von Patientin und Erziehungsberechtigten erfolgt die Randomisierung am KKS Marburg am Ende von Woche 2 sowie im Anschluss die Mitteilung der Ergebnisse der Randomisierung. In der dann folgenden Woche haben Therapeuten, Team und Patientin sowie deren Familie die Möglichkeit, sich konkret auf ein gegebenenfalls neues Setting vorzubereiten. Nach Ablauf der dritten stationären Woche erfolgt der Übergang in das jeweilige Behandlungssetting. Bei Aufnahme erfolgt eine ausführliche Anamnese, die nach einem vorgegebenen Schema zu dokumentieren ist. Des Weiteren wird das Gewicht erhoben, Blutwerte abgenommen sowie Fragebögen. Zum Zeitpunkt des Übergangs in die beiden Behandlungsarme (Zeitpunkt Ende Woche 3) erfolgt eine erneute Bestimmung des Gewichts. Im Anschluss werden die Patientinnen bis zum Erreichen des Zielgewichtes (20.-25. Altersperzentile) in den jeweiligen Behandlungsarmen nach dem oben beschriebenen Behandlungskonzept (s. Punkt 8) behandelt. Nach 12 Wochen erfolgen eine erneute Erhebung des Gewichts, der Blutwerte und Fragebögen. Im Anschluss wird weiter behandelt, bis das Zielgewicht erreicht ist. Dann erfolgt die Entlassung. Bei Entlassung werden wiederum das Gewicht und die Hormone über das Blut bestimmt. Es ist zu erwarten, dass diese Behandlung mindestens 12 Wochen dauert, in Einzelfällen kann das Zielgewicht jedoch bereits innerhalb der 12 Wochen erreicht werden. In diesen Fällen kann die Patientin nach ausreichender Belastungserprobung bereits vor dem 15- Wochen-follow-up entlassen werden. Auch in diesen Fällen sollte jedoch die follow-up-Erhebung zum festgelegten Zeitpunkt 15 Wochen nach Aufnahme erfolgen. Die tagesklinische Behandlung wird abgebrochen, wenn entsprechende Kriterien erfüllt sind und der Behandler den Abbruch entscheidet (s. Punkt 7.5). Sollte die teilstationäre Behandlung abgebrochen werden, so findet die Weiterbehandlung im stationären Setting statt. Bei Abbruch der tagesklinischen Behandlung oder dem Ausscheiden aus der Studie aus anderen Gründen, erfolgt eine Datenerhebung wie ansonsten beim Zeitpunkt der Entlassung vorgesehen, also Gewicht, Blutwerte und Fragebogen-/Interviews; allerdings klar als solche markiert. Nach den teil- bzw. stationären Aufenthalten folgt die ambulante Behandlungsphase. Diese besteht ebenfalls aus Behandlungsbausteinen (s. Punkt 8). Ein weiterer Messzeitpunkt findet dann 34 Wochen nach Aufnahme statt. An diesem werden wiederum die Hormone durch das Blut erhoben, des Weiteren Menstruationsstatus, Gewicht, die Diagnosekriterien im SIAB sowie Fragebogendaten. Ein Jahr (52 Wochen) nach Aufnahme erfolgt eine weitere Erhebung. Hier werden ebenfalls Gewicht, Menstruationsstatus, Blutwerte, Fragebögen sowie Morgan-Russell-Kriterium erhoben. Zusätzlich werden Klinikaufenthalte, die bis zu diesem Zeitpunkt stattgefunden haben, erfasst. Sollte die Patientin im ambulanten Rahmen einen Rückfall erleiden (also beispielsweise Gewichtsabnahme unter die 10. Altersperzentile oder sonstige Symptomatik, die einen stationären Aufenthalt notwendig macht, auch Erbrechen, depressive Symptomatik etc.), so sollte bei Wiederaufnahme eine Erhebung wie bei Erstaufnahme erfolgen und im Anschluss wöchentlich der Verlauf des Gewichts und die Menge der Tage des stationären Aufenthaltes, jedoch nicht darüber hinaus, dokumentiert werden.

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9.2. Überblick über die zu erhebenden Daten

Tabelle 1 (siehe Abschnitt 5.1) ist eine Übersicht der zu erhebenden abhängigen Variablen, aufgeführt nach Behandlungswochen. Tabelle 2 und 3 (siehe Abschnitt 5.3) zeigen jeweils die wichtigsten zu übermittelnden Daten nochmals nach Zeitpunkten. Im Folgenden werden die zu erhebenden Daten als Stichpunkte gliedert nach Studienablauf dargestellt. Die Stichpunkte beinhalten alle für die vollständige Dokumentation notwendigen Aspekte und sind somit eine Gliederung für die CRFs.

9.2.1. Aufnahme (0. Woche) 9.2.1.1. Organisatorisches:

Ein- und Ausschlusskriterien (siehe Abschnitt 7.3. und 7.3.) prüfen

Patientenaufklärung durchführen, schriftliche Information an Patientin aushändigen

Einverständnis von Patientin und Erziehungsberechtigten zur Studienteilnahme einholen und dokumentieren

Therapeutenmerkmale des Therapeuten im Behandlungsarm dokumentieren o Therapeutenausbildung (Arzt/ Facharzt/ Psychologe/ Psychotherapeut) o Therapieerfahrung mit Essstörungen (in Jahren

Bereitschaft unter den gegebenen Bedingungen an der Studie teilzunehmen, also auch teilstationär behandelt zu werden (ja/ nein)

wenn nein: warum nicht (Freitext)

wenn ja: teilstationäre Behandlung praktisch umsetzbar (ja/ nein) + warum nicht praktisch umsetzbar? - Tagesklinik zu schwer zu erreichen (ja/ nein) - andere Gründe (Freitext)

9.2.1.2. Patientendaten

Allgemeines:

Geburtsdatum (TT/MM/JJJJ)

Komorbidität (Diagnose-Schlüssel ICD-10)

Vorerkrankungen (Diagnose-Schlüssel ICD-10) Familien-Anamnese:

Geburtsjahr der Mutter (JJJJ)

Geburtsjahr des Vaters (JJJJ)

Leben zusammen/ getrennt/ verstorben (z/ g/ v)

außergewöhnliche Belastungen (Tod eines geliebten Menschen, Behinderungen/ schwere Krankheiten im familiären Umfeld o. ä.) liegt vor/ liegt nicht vor

Geschwister (jeweils Geburtsjahr und Geschwisterstatus, hier: leibliche Geschwister/ Halb-/ Adoptiv-/ Stief-Geschwister (JJJJ + l/ h/ a/ s))

Familiäre Belastung i. S. psychiatrischer Erkrankungen (Diagnose-Schlüssel ICD-10)

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Eigenanamnese (nach gelbem Untersuchungsheft):

Anzahl der Schwangerschaften der leiblichen Mutter bis zur und einschließlich der mit der Patientin (Anzahl)

Geburtszeitpunkt (Schwangerschaftswoche)

Geburtsmodus (sp./ S/ vag. OP)

Geburtsgewicht (Gramm)

Geburtsgröße (cm)

Apgar-Index (x von 10)

Fehlbildung (ja/ Nein)

Schulischer Verlauf (regelgerecht/ vorgestuft/ zurückgestuft (r/ v/ z)) Krankheitsanamnese (zusätzlich zu SIAB-Items):

Sek. Amenorrhoe (seit MM/JJJJ)

Tanner-Status PB (X)

Erste gezielter intendierter Gewichtsverlust, der zur Anorexie geführt hat (MM/JJJJ) + Gewicht zu diesem Zeitpunkt (kg)

Falls keine gezielte Gewichtsabnahme: Zeitpunkt, ab dem nicht mehr zugenommen wurde + Gewicht zu diesem Zeitpunkt (kg) Ambulante Vorbehandlungen (Anzahl der vorherigen ambulanten Behandlungstermine)

9.2.1.3. Variablen als Baseline-Erhebung:

Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Blutwerte (abgenommen und aufbereitet ja/ nein)

Fragebögen: o EDI-II o SIAB o Av. Morgan Russell o BDI-II (Patientinnen) o CY-BOCS o SCAS-D o SPAIK o Kiddie-SADS o BSI (Jugendliche) o BDI-II (Eltern) o BSI (Eltern) o FFB (Eltern) o ILK (Patientinnen) o ILK (Eltern)

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9.2.2. Randomisation (2. Woche)

9.2.2.1. Organisatorisches:

Ein- und Ausschlusskriterien (siehe Abschnitt 7.3. und 7.3.) erneut prüfen

Einverständnis von Patientin und Erziehungsberechtigten zur Studienteilnahme dokumentieren

Anfrage an teilstationären Behandlungsort, ob dort ein Platz für eine mögliche teilstationär zu behandelnde AN Patientin zu Verfügung steht

Patientin als Studienpatientin mit vorgesehenem Formblatt per Fax an das KKS melden

Randomisierung wird am KKS durchgeführt und Ergebnis wird ans Zentrum per Fax übermittelt

Ergebnis der Randomisation der Patientin und den Erziehungsberechtigen mitteilen und ggf. Maßnahmen für den konkreten Wechsel in den teilstationären Arm einleiten

9.2.2.2. Variablen:

Fragebögen: o BDI-II (Eltern) o BSI (Eltern) o FFB (Eltern)

9.2.3. Nach der Aufnahme, während des gesamten stationären Aufenthaltes (Woche 0 bis zur Entlassung):

9.2.3.1. Variablen einmal wöchentlich (dienstags) zur vergangenen Woche:

Gewicht (kg, BMI, Perzentile jeweils am Stichtag: Montags oder Dienstags)

Kalorienzufuhr (Kalorienmenge: gesamt + Trinkpäckchen/ Sondierung ja/ nein)

9.2.3.2. Dokumentation der Therapiebausteine einmal wöchentlich

(dienstags), ob in der vergangenen Woche stattgefunden hat:

Ernährungstherapie: o Ernährungsberatung (ja/ nein) o Modellessen (ja/ nein) o Auswärts essen (ja/ nein) o Kochgruppe (ja/ nein) o Selber Portionieren (ja/ nein) o Freies Essen ((ja/ nein + wie viel freie MZ pro Tag)

Psychotherapeutische Arbeit mit Patientinnen: o Einzeltherapeutische Kontakte (mindestens 2: ja/ nein) o Essstörungsspezifische Gruppen:

Psychoedukationsgruppe (ja/ nein) Ernährungsgruppe (ja/ nein)

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Psychotherapiegruppe (ja/ nein)

Elternarbeit: o Eltern- oder Familiengespräch (ja/ nein) o Eltern-Psychoedukationsgruppe (ja/ nein) o Familienessen (ja/ nein)

Weitere psychotherapeutische Gruppen: o Kreativ-/ Ergotherapie (ja/ nein) o Entspannungstraining (ja/ nein) o SKT (ja/ nein)

Medikamente: o Medikamente (Psychopharmaka (Wirkstoff + Dosis))

Belastungserprobungen/ -Einschränkungen: o Ruhezeiten (ja/ nein) o Externer Schulbesuch (ja/ nein)

9.2.4. Bei Übergang in die Behandlungsarme (Woche 3): Variablen

Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Fragebögen (s. auch Tab.): o BDI-II (Eltern) o BSI (Eltern) o FFB (Eltern)

Art der Anfahrt zu einem möglichen teilstationären Behandlungsort (Nutzung

öffentlicher Verkehrsmittel/Taxi vs. Eltern bringen)

Dauer der Anfahrt zu einem möglichen teilstationären Behandlungsort 9.2.5. Nach dem Übergang in die Behandlungsarme (Woche 4 bis Woche 52)

zusätzlich: Vorliegen von UE und SUE sowie Protokollverletzungen

Bei allen Patientinnen wird jeweils festgehalten, ob die Bedingung erfüllt war (Vorliegen/ kein Vorliegen des Kriteriums). Bei teilstationären Patientinnen wird zusätzlich dokumentiert, ob ein Abbruch durchgeführt wurde (ja/ nein). Sollte es sich um ein SUE handeln, so wird ein gesonderter Protokollbogen ausgefüllt, um möglichst ausführlich zu dokumentieren. Mögliche UE sind:

Akute Suizidalität (V/ kV/ k/ D/ A)

Mehr als 2x täglich Erbrechen für mehr als eine Woche (V/ V/ D/ A)

Unterschreitung der folgenden Mindestgewichtszunahmen (gerechnet ab Zeitpunkt der Aufnahme), wobei diese jeweils nur bis zu Erreichen des Sportgewichtes gelten (keine Diskussion/ Diskussion/ Abbruch):

Woche 4-6 < 1 kg (V/ kV/ k/ D/ A) Woche 4-9 < 2,5 kg (V/ kV/ k/ D/ A) Woche 4-12 < 4 kg (V/ kV/ k/ D/ A) Woche 4-15 < 5 kg (V/ kV/ k/ D/ A)

Medizinische Bedingungen: Bradykardie: Puls ≤ 40 /Min. (V/ kV/ k/ D/ A)

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EKG-Veränderungen (z. B. QTc-Zeit-Verlängerungen ≥ 0,5 s) (V/ kV/ k/ D/ A)

Ödeme (V/ kV/ k/ D/ A) Progredienter Perikarderguss (V/ kV/ k/ D/ A) Pankreatitis: Amylase/ Lipase ≥ 200 U/l (V/ kV/ k/ D/ A) Leberwerte: AST/ ALT ≥ 150 U/l (V/ kV/ k/ D/ A) Elektrolytstörungen:

Natrium ≤ 130 NA mmol/l (V/ kV/ k/ D/ A)

Kalium ≤ 2,8 mmol/l (V/ kV/ k/ D/ A)

Des Weiteren sind alle Verhaltensweisen und Vorkommnisse, die Einfluss auf das Gewicht und den Gewichtverlauf der Patientinnen haben, z. B. binging- und purging-Verhalten, massive Verstopfung (länger als 4 Tage mit der Erfordernis eines Einlaufes), massiver Durchfall, gewichtsrelevante Erkrankungen wie fiebrige Grippe mit Appetitverlust u. ä., als UE zu werten, zu dokumentieren und der Studienzentrale mitzuteilen, die als solche nicht zu einem Abbruch des teilstationären Settings führen. Alle Protokollverletzungen sind entsprechend der mit dem Monitor festgelegten Prozedur der Studienleitung und an das KKS Marburg zu melden. Vorlagen finden sich im jeweiligen ISF-Ordner. Zu den Protokollverletzungen im Einzelnen:

Nachträgliche Verletzung der Ein- oder Ausschlusskriterien: Absprache mit der Studienleitung über das weitere Vorgehen. Steht eine andere psychische oder medizinische Erkrankung im Vordergrund wird je nach aktueller Informationslage versucht werden, die Patientin bei der Suche nach einer angemessenen weiterführenden Behandlung zu unterstützen.

Rückzug der Einwilligung zur Studienteilnahme (Therapie- oder Studienabbruch durch die Patientin oder deren Eltern, die entsprechende Dokumentation ausführen, Studienleitung informieren, möglichst Folgeerhebungseinverständnis unterzeichnen lassen (s. 9.2.9. und 9.2.10.)).

Psychische Dekompensation (z.B. akute Suizidalität, massive Selbstverletzung, schwere depressive Episode) mit Indikation für stationäre psychiatrischer Behandlung (entsprechende Dokumentation ausführen, Studienleitung informieren).

Schwangerschaft: Wird als Protokollverletzung festgehalten, allerdings erfolgt kein Therapieabbruch.

Suizid: Behandelnder Therapeut ist zur Nachexploration verpflichtet. Dies bedeutet Kontaktaufnahme mit den Angehörigen. Eine entsprechende Dokumentation (Aktennotiz "Suizid") wird in der Studienakte hinterlegt. Therapeut erhält Supervision.

Screening Failures (Patientin wird fälschlicherweise trotz Nicht-Erfüllen der Einschlusskriterien oder bei Vorliegen von Ausschlusskriterien

47

randomisiert): Für jeden Fall wird gemeinsam mit der Studienleitung das weitere Vorgehen besprochen.

9.2.6. 7. und 11. Woche: Moderatorvariablen

Fragebögen: o BDI-II (Eltern) o BSI (Eltern) o FFB (Eltern)

9.2.7. 15-Wochen-follow-up (Woche 15): Variablen

Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Blutwerte (abgenommen und aufbereitet ja/ nein)

Fragebögen: o EDI-II o SIAB o Av. Morgan Russell o BDI-II (Patientinnen) o CY-BOCS o SCAS-D o SPAIK o BSI (Jugendliche) o BDI-II (Eltern) o BSI (Eltern) o FFB (Eltern)

9.2.8. Entlassung (Woche je nach Erreichen des Zielgewichtes): Variablen:

Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Blutwerte (abgenommen und aufbereitet ja/ nein)

Anzahl der Kliniktage bis zum Zielgewicht

Anzahl der Kliniktage bis zur Entlassung

Ambulante Hilfen, ob empfohlen (ja/ nein)/ angenommen (ja/ nein)/ organisiert (ja/ nein)?

Wohngruppe, ob empfohlen (ja/ nein)/ angenommen (ja/ nein)/ organisiert (ja/ nein)?

IQ bei ≥ 10. Altersperzentile (HAWIK bzw. WIE)

Fragebögen o EDI-II o SIAB o BDI-II (Patientinnen) o CY-BOCS o SCAS-D o SPAIK o BSI (JUGENDLICHE) o BDI-II (Eltern) o BSI (Eltern)

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o FFB (Eltern) o Av. Morgan Russell

Wiederaufnahmevertrag abgeschlossen (ja/ nein)

Wiederaufnahmegewicht

Therapeutenmerkmale des ambulanten Therapeuten o Therapeutenberuf (Arzt/ Facharzt/ Psychologe/ Psychotherapeut) o Therapieerfahrung mit Essstörungen (in Jahren)

9.2.9. Abbruch des tagesklinischen Settings aufgrund von Komplikationen oder

auf eigenen Wunsch Datenerfassung wie bei Entlassung; gesondert in entsprechenden Vordrucken. Sofortige Information der Studienleitung 9.2.10. bei Studienabbruch, unabhängig vom Grund für Studienabbruch Datenerfassung wie bei Entlassung; allerdings gesondert als Abbruch markiert in entsprechenden Vordrucken. Sofortige Information der Studienleitung. Die Patientinnen und deren Eltern sollten gefragt werden, ob sie zu weiteren Datenerhebungen, insb. zu der der 52. Woche, bereit sind. Hierfür sollten dann die Einverständniserklärungen für Folgeerhebungen ausgefüllt werden (s. Anhang). 9.2.11. Während der ambulanten Phase (Entlassung bis Woche 52):

zweiwöchentlich zu dokumentieren:

Termin mit Dauer; wenn Termin ausgefallen dokumentieren, Grund (Klinikaufenthalt wegen Rückfall, anderweitig erkrankt, aus sonstigen Gründen nicht wahrgenommen) – wenn 2x ausgefallen Studienleitung informieren

Gewicht (kg, BMI, Perzentile jeweils am Stichtag: Montags)

Wiederaufnahmekriterium erfüllt (ja/ nein) Wiederaufnahme erfolgt? (ja/ nein) ggf. Studienleitung informieren

Aktueller Menstruationsstatus (regelmäßige / unregelmäßige/ keine Menstruation)

Medikamente (Psychopharmaka (jeweils Wirkstoff + Dosis))

Ernährungsberatung (hat stattgefunden ja/ nein)

Gruppentherapie (hat stattgefunden ja/ nein)

Eltern-/Familiengespräch (hat stattgefunden ja/ nein)

9.2.12. 34-Wochen-follow-up (Woche 34): Variablen

Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Blutwerte (abgenommen und aufbereitet ja/ nein)

Fragebögen: o SIAB (14 Diagnose-Items) o EDI-II (Patientinnen) o BDI-II (Eltern)

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o BSI (Eltern) o FFB (Eltern) o ILK (Patientinnen) o ILK (Eltern)

9.2.13. 1-Jahres-follow-up (Woche 52): Variablen

Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Blutwerte (abgenommen und aufbereitet ja/ nein)

Fragebögen: o EDI-II o SIAB o Av. Morgan Russell o BDI-II (Patientinnen) o CY-BOCS o SCAS-D o SPAIK o BSI (JUGENDLICHE) o BDI-II (Eltern) o BSI (Eltern) o FFB (Eltern) o ILK (Patientinnen) o ILK (Eltern)

Menge an Krankenhausaufenthalte nach Entlassung (Rückfälle)

9.2.14. Variablen bei Rückfall/ Wiederaufnahme aus dem ambulantem Setting möglichst zu erheben:

Gewicht (kg, BMI und Altersperzentile)

Blutwerte (abgenommen und aufbereitet ja/ nein)

Fragebögen: o EDI-II o SIAB o Av. Morgan Russell o BDI-II (Patientinnen) o CY-BOCS o SCAS-D o SPAIK o Kiddie-SADS o BSI (JUGENDLICHE) o BDI-II (Eltern) o BSI (Eltern) o FFB (Eltern) o ILK (Patientinnen) o ILK (Eltern)

Menge an Krankenhaustagen nach Rückfallereignis

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Sofortige Information der Studienleitung

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10. BEURTEILUNG DER PATIENTENSICHERHEIT

10.1. Unerwünschte Ereignisse (UE und SUE)

Bei der Behandlung der AN kann es grundsätzlich zu zahlreichen Komplikationen kommen. Im vorliegenden Protokoll wird zwischen schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen (SUE) und unerwünschten Ereignissen (UE) getrennt. SUE führen generell zu einem Behandlungsabbruch der teilstationären Behandlung. Zusätzlich können einige der UE bei den Patientinnen im TB zu einem Behandlungsabbruch der teilstationären Behandlung führen. Alle Patientinnen werden nach Abbruch des teilstationären Settings konventionell vollstationär weiterbehandelt. SUE, die in jedem Fall zu einem Ausscheiden aus dem TB und zu einer vollstationären Aufnahme führen, sind:

Akute Suizidalität

schwer wiegende medizinische Komplikationen (z.B. Krampfanfall, Pericarderguss mit hemidynamischer Beeinflussung, progrediente Pankreatitis mit klinischen Symptomen oder Elektrolytstörungen mit Infusionsbedarf).

Zu den UE, die zu einem Ausscheiden aus dem TB und zu einer vollstationären Aufnahme führen können, gehören:

Mehr als 2x täglich Erbrechen für mehr als eine Woche

Unterschreitung der folgenden Mindestgewichtszunahmen (gerechnet ab Zeitpunkt der Aufnahme), wobei diese jeweils nur bis zu Erreichen des Sportgewichtes gelten (keine Diskussion/ Diskussion/ Abbruch):

Woche 4-6 < 1 kg Woche 4-9 < 2,5 kg Woche 4-12 < 4 kg Woche 4-15 < 5 kg

Medizinische Komplikationen mittleren und geringeren Ausmaßes : Bradykardie: Puls ≤ 40 /Min. EKG-Veränderungen (z. B. QTc-Zeit-Verlängerungen ≥ 0,5 s) Ödeme Progredienter Perikarderguss Pankreatitis: Amylase/ Lipase ≥ 200 U/l Leberwerte: AST/ ALT ≥ 150 U/l Elektrolytstörungen:

Natrium ≤ 130 NA mmol/l

Kalium ≤ 2,8 mmol/l Die Entscheidung und Verantwortung zur vollstationären Weiterbehandlung trifft/hat der zuständige Arzt/Therapeut. Die vollstationäre Aufnahme muss dokumentiert werden und umgehend an die Studienleitung und das KKS Marburg weitergeleitet werden. Dies ist von besonderer Wichtigkeit! Des Weiteren sind alle Verhaltensweisen und Vorkommnisse, die Einfluss auf das Gewicht und den Gewichtverlauf der Patientinnen haben, z. B. binging- und purging-Verhalten, massive Verstopfung (länger als 4 Tage mit der Erfordernis eines Einlaufes),

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massiver Durchfall, gewichtsrelevante Erkrankungen wie fiebrige Grippe mit Appetitverlust u. ä., als UE zu werten, zu dokumentieren und der Studienzentrale mitzuteilen, die als solche nicht zu einem Abbruch des teilstationären Settings führen.

10.2. Erhebung und Berichtsprozeduren Während der stationären Behandlungsphase wird wöchentlich vom Therapeuten angegeben, ob das jeweilige Kriterium vorliegt. Bei den Patientinnen im TB wird zusätzlich dokumentiert, ob eine Abbruchsentscheidung getroffen wurde. Beim Auftreten eines SUE muss vom Prüfarzt an die Studienleitung gemeldet werden. Der Prüfarzt bzw. die Studienleitung informiert das KKS. Therapiewechsler sind nach wie vor in die Studie eingeschlossen und werden somit auch weiterhin nach den Vorgaben dieses Protokolls untersucht/beobachtet.

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11. STUDIENDAUER UND –ABLAUF

Es wird beabsichtigt, mit der Rekrutierung von Patientinnen Anfang 2007 zu beginnen und bis voraussichtlich Anfang 2009 Patientinnen in die Studie einzubringen. Die Nachbeobachtungszeit der letzten Patientinnen endet Ende 2009. Auswertungen und Berichterstellung sollen bis Mitte 2010 abgeschlossen sein. Die Tabelle 4 verdeutlicht den geplanten zeitlichen Ablauf der Studie. Die Studienleitung verpflichtet sich, eine wissenschaftliche Publikation zu verfassen. Die Autorenschaft der Publikationen regelt die Studienleitung; hierbei werden die Grundsätze „Gute wissenschaftliche Praxis“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft berücksichtigt (http://www.dfg.de/antragstellung/gwp/index.html). Tabelle 4: Meilensteine der geplanten Studie

Meilensteine Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3

Vorbereitung

Patienten- Rekrutierung

1-Jahres-follow-up

Datenanalyse

Evaluation der Patienten-rekrutierung

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12. STATISTISCHE FORMULIERUNG DER STUDIENFRAGE, STATISTISCHE AUSWERTUNG UND FALLZAHLPLANUNG

12.1. Statistische Hypothese

Die Studie ist als Nicht-Unterlegenheitsstudie („non-inferiority-trial“) / einseitiger Äquivalenztest konzipiert. Hierbei ist eine so genannte non-inferiority-Schranke festzulegen. Das Hauptzielkriterium der Studie ist die Gewichtsveränderung innerhalb eines Jahres nach Aufnahme (Differenz BMI 1-Jahres-follow-up minus BMI bei

Aufnahme) hier mit Δ bezeichnet. Die non-inferiority-Schranke wurde bei = 0.75 BMI-Punkten festgelegt. Das bedeutet, dass auch eine um 0.75 BMI-Punkte schlechtere mittlere BMI-Differenz nach einem Jahr für den teilstationären Behandlungsarm als vernachlässigbar angesehen wird. Diese Grenze wurde im Vorfeld mit klinischen

Experten diskutiert. Das Null-Hypothese des Testproblems lautet somit ΔTEILSTAT<ΔSTAT-

und ΔTEILSTAT≥ΔSTAT- ist die zugehörige Alternative bei deren Annahme auf Nicht-Unterlegenheit geschlossen würde. Die Überprüfung soll mittels einseitigem t-Test erfolgen für den α=2.5% festgelegt wird. Zudem wurde festgelegt, dass viele Wechsel von Patientinnen aus dem teilstationären ins vollstationäre Behandlungssetting während der 12-wöchigen differenziellen Settings als Zeichen für den Abbruch der Studie mit Annahme der Null-Hypothese zu werten ist. Eine Festlegung auf eine bestimmte Anzahl solcher Wechsler ist unter 12.3. begründet. Details zu den Nebenzielgrößen finden sich im SAP.

12.2. Statistische Auswertung

Im Rahmen dieses Protokolls sind keine Zwischenauswertungen geplant. Die Endauswertung erfolgt nach dem Schließen der Datenbank. Zur Überprüfung der Hypothese wird ein t-Test für unabhängige Stichproben mit α=2.5% (einseitig) verwendet. Die in 12.1 spezifizierte Null-Hypothese gilt als verworfen, wenn während der 12-wöchentlichen differenziellen Behandlung weniger als 23 Patientinnen vom teil- in den vollstationären Arm gewechselt haben und der einseitige p-Wert des zugehörigen t-Tests kleiner als 0.025 ist, wobei die Richtungsaussage zutreffend sein muss. Die Analyse erfolgt sowohl nach dem ITT Prinzip als auch „nach Behandlung“. Zur Absicherung der Robustheit der Ergebnisse wird überprüft, ob es bezüglich der Hauptzielgröße Hinweise auf das Vorliegen ungleicher Varianzen in den Studienarmen gibt. In diesem Fall wird auch die Welch-Variante des t-Test für ungleiche Varianzen angewendet. Zusätzlich wird ein nichtparametrischer Vergleich mittels Mann-Whitney U-Test durchgeführt. Alle Robustheitsanalysen erfolgen ebenfalls mit α=2.5% (einseitig). Aussagen zur Auswertung der Nebenzielgrößen finden sich im SAP.

55

12.3. Fallzahlplanung

Zur Schätzung der Varianz 2 für die Fallzahlbestimmung wurden Pilotdaten eines 1-Jahres-follow-ups (BMI-Differenz) von n=18 Patientinnen verwendet. Diese Patientinnen absolvierten eine vollstationäre Behandlung nach den Bausteinen (siehe Abschnitt 8), die auch für die vorliegende Studie vorgesehen sind. Das Signifikanzniveau für den Test

wurde auf =2.5 (einseitig) festgelegt. Zudem wurde eine Power von 1- = 0.8 angestrebt. Die Fallzahl pro Behandlungsarm wurde nach folgender Formel kalkuliert:

n = 22 / 2 (z0.8 – z0.025)2 60,

wobei 2 = 1.452 , = =0.75 (non-inferiorty-Schranke), z0.8 = 0.84, z0.025 = -1.96, und zx der kritische Wert der Standardnormalverteilung zum Niveau x darstellt. Unter der Annahme einer Drop-out-Rate von 30% benötigt man demnach (2x60)/0.7≈170 Patientinnen. Eine solche Drop-out-Rate stellt ein worst-case-Scenario dar, was wie folgt zu begründen ist: Non-compliance ist bei Patientinnen mit adoleszenter AN im Vergleich zu AN im Erwachsenenbereich ein geringes Problem. In Vorstudien (Holtkamp et al. 2005a) brachen nur 10 % der Patientinnen die Behandlung gegen ärztlichen Rat ab. Bezüglich der drop-outs nach einem Jahr sind die Daten ähnlich gut. In einer Vorstudie (Herpertz-Dahlmann et al. 2001), konnten Katamnese-Daten noch nach 10 Jahren von allen 39 Ursprungspatientinnen erhoben werden. Auch in anderen Studien (Heer et al. 2004, Holtkamp et al. 2005b) konnten ähnlich geringe drop-out-Quoten festgestellt werden. Dennoch wurde bei der Berechnung der rekrutierten Patientinnen eine Drop-out Quote von 30% zugrunde gelegt, die zur Fallzahl 170 Patientinnen führt. Verteilt auf die 5 teilnehmenden Prüfzentren in den 6 Kliniken bedeutet dies eine Anzahl von 34 Patientinnen pro Prüfzentrum im Zeitraum der Erhebung und somit ungefähr 10-12 Patientinnen pro Rekrutierungsjahr. Ausgehend von einer Fallzahl von n=60 pro Behandlungsarm, wird zudem vorgeschlagen, die Anzahl der Therapiewechsel vom teil- zum vollstationärer Behandlungsetting während der 12-wöchigen differentiellen Behandlung zu begrenzen. Wenn mehr als k = 23 Patientinnen einen solche Wechsel durchführen, sollte die Studie mit Annahme der Null-Hypothese gemäß 12.1 – also keiner Evidenz für Nicht-Unterlegenheit des teilstationären Behandlungssettings – beendet werden. Über den Abbruch muss die Studienleitung entscheiden. Die Anzahl k ist der kritische Wert eines einseitigen statistischen Tests für die Null-Hypothese H0: r ≥ 0.5 gegen H1: r < 0.5 auf dem Niveau α=0.05, wobei r die wahre Rate der Patientinnen mit Verbleib im teilstationären Arm ist.

12.4. Abbruch der Studie Der frühzeitige Abbruch der Studie kann aufgrund folgender Gründe erfolgen:

Häufung unerwünschter Ereignisse mit der Konsequenz eines Abbruchs der teilstationären Behandlung; ein Begrenzung (siehe Abschnitt 12.) wurde bei mehr als k = 23 Abbrüchen im teilstationären Behandlungsarm festgelegt.

die Rekrutierungszahlen liegen so niedrig, dass das Erreichen der geplante Patientenzahl im anvisierten Zeitrahmen nicht mehr möglich erscheint

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externer Erkenntnisgewinn, der eine Weiterführung der Studie unvertretbar macht.

Der Abbruch der Studie kann nur von der Studienleitung in Beratung mit der/dem verantwortlichen Biometrikerin/Biometriker beschlossen werden.

12.5. Definition und Umgang mit drop-outs Eine Patientin gilt als „Drop-out“, wenn ihr Hauptzielkriterium (erfordert BMI-Messung bei Aufnahme und nach 52 Wochen/ Studienende) nicht vorliegt. Entsprechende Regelungen für die Nebenzielgrößen sind im SAP festgelegt.

12.6. Monitoring Während der stationären bzw. teilstationären Phase wird wöchentlich nach dem Ausfüllen der CRFs der CRF-Bogen 02 („stationäre Phase“) unterschrieben an die Studienleitung nach Aachen gefaxt (spätestens dienstags). Sollte dies nicht der Fall sein oder Bedenken zur Vollständigkeit der erhobenen Daten bestehen, so wird der zuständige Therapeut oder der Prüfarzt von der Studienleitung aus kontaktiert. Während der ambulanten Phase wird nach dem gleichen Prinzip zweiwöchentlich (in der jeweils „geraden „Woche) der CRF-Bogen 04 („ambulante Phase“) unterschrieben an die Studienzentrale gefaxt und von dieser auf Vollständigkeit geprüft.

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13. ETHISCHE UND RECHTLICHE ASPEKTE

Die Studie wird konform zum Studienprotokoll und im Einklang mit moralischen, ethischen, wissenschaftlichen und rechtlichen Prinzipien durchgeführt. Dabei werden das Datenschutzgesetz, die Deklaration von Helsinki einschließlich der Revisionen von Tokio, 1975, Hong Kong, 1989, und Somerset West, 1996 eingehalten. Zudem erfolgt eine Orientierung an ICH-GCP.

13.1. Aufklärung und Einverständniserklärung für Patientinnen und Eltern Bevor eine Patientin in die Studie aufgenommen werden kann, muss sie und ihre Sorgeberechtigten über den Zweck der Studie, den Ablauf, die Chancen und mögliche Risiken aufgeklärt werden. Dies geschieht durch jeweils ein Informationsschreiben (siehe Anhang) sowie durch jeweils ein Gespräch des Prüfarztes mit der Patientin und den Eltern. Sowohl das Aufklärungsmerkblatt als auch das Gespräch müssen für die Patientin bzw. deren Eltern verständlich sein. Nachdem die Patientin die Patienteneinverständniserklärung (siehe Anhang) gelesen hat und falls sie ihre Bereitschaft zur Teilnahme erklärt hat, ist diese von der Patientin zu unterschreiben (mit Datum und Ort). Eine Kopie der Patienteneinverständniserklärung erhält die Patientin. Das Gleiche gilt für die Eltern der Patientin. Der Prüfarzt darf keine studienbedingten (also Untersuchungen, die zusätzlich zur Regelversorgung unternommen werden) Untersuchungen vornehmen, wenn nicht sowohl die Patienteneinverständniserklärung als auch die Einverständniserklärung der Sorgeberechtigten vorliegt. Für potenzielle Probanden, die am klinischen Teil der Studie aufgrund einer zu großen Entfernung zwischen Wohnort und Klinikum nicht teilnehmen können wurden Informationsblätter und Einverständniserklärung zur Teilnahme an der Genetikstudie entworfen. Für diejenigen, die sich vor oder während der Studie gegen eine Teilnahme entscheiden wurden eine Erklärung zur Aufbewahrung der bis dahin gewonnenen Daten und die Möglichkeit, an Teilen der Studie weiterhin teilzunehmen entworfen.

13.2. Studienprotokoll Amendments Veränderungen und Ergänzungen des Studienprotokolls werden mit einem Amendment schriftlich fixiert und müssen von den Unterschriftsberechtigten (die das Protokoll unterzeichnet haben) unterzeichnet werden. Wenn die Studie begonnen hat, sollen Veränderungen nur noch in Ausnahmefällen vorgenommen werden. Jedes Amendment wird Teil des Studienprotokolls (siehe auch 13.4).

13.3. Voten der Ethikkommissionen zum Studienprotokoll Von den Ethik-Kommissionen (IEC) der Medizinischen Fakultät Aachen, Freiburg, Köln sowie der Tagesklinik Düren-Birkesdorf liegen vorläufige positive Voten vor. Die

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Fakultät Würzburg sowie die Klinik Köln-Holweide haben formgerechte Anträge eingereicht. Bevor der erste Patient eines Prüfzentrums eingeschlossen werden kann, muss das positive Votum des zuständigen lokalen IEC vorliegen.

13.4. Fortlaufende Informationen für die Ethik-Kommissionen (IEC) Die IECs werden müssen von Amendments des Protokolls in Kenntnis gesetzt werden. Bedeutsame Änderungen des Protokolls bedürfen eines erneuten Ethikvotums.

13.5. Versicherungen

Ein Versicherungsschutz besteht über die Betriebshaftpflichtversicherung der jeweils teilnehmenden Zentren. Da grundsätzliche Regelungen mit den Krankenkassen zur Finanzierung der Behandlung im Rahmen der Studie vorliegen, sind die Patientinnen hierüber konventionell im Rahmen der Behandlung versichert. Zusätzliche Versicherungen, etwa eine Probandenversicherung ohne Produktbezug oder eine Wege-Unfall-Versicherung, wurden nicht abgeschlossen.

13.6. Datensicherheit

Die Datensicherheit während und nach der Studie ist in den folgenden Schritten gewährleistet: Prüfzentren

Formblatt zur Randomisierung per Fax an KKS Marburg

Übermittlung der anonymisierten CRFs an das KKS Marburg

Wöchentliche bzw. zweiwöchentliche Übermittlung der CRFs 02 bzw. 04 per Fax an die Studienzentrale in Aachen (s. 12.6.)

KKS Marburg

anonyme Übermittlung der Therapiezuweisung mit Patienten-ID (ohne persönliche Angaben) an das Prüfzentrum

Dateneingabe der CRFs in die Datenbank

Speicherung der über die CRFs erhobenen Daten zusammen mit einer Patienten-ID

Verpflichtung zur Geheimhaltung und Vernichtung dieser Daten nach Ablauf den vom Gesetzgeber vorgegebenen Fristen

Erfassung der Zielkriterien und Transfer der Daten in anonymisierter Form an das IMBE Marburg zur Auswertung

IMBE Marburg

Zusammenführen der CRF-Datenbankinformationen mit der Therapiezuweisung und Auswertung

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14. DOKUMENTATION UND DATAMANAGEMENT

Alle vom Protokoll vorgeschriebenen Informationen müssen vom Prüfarzt oder autorisiertem Stellvertreter während der Studie in den zertifizierten CRFs eingetragen werden. Der verantwortliche Therapeut erhält eine Beschreibung zum Ausfüllen der CRFs. Der Prüfarzt oder Stellvertreter sollte den CRF sobald wie möglich nach (beim) Erfragen der Informationen ausfüllen. Fehlende Angaben sollten vermieden und müssen begründet werden. Der komplette CRF muss vom verantwortlichen Therapeuten geprüft und mit Datum und Ort unterschrieben werden; der verantwortliche Therapeut ist für die Richtigkeit der Einträge verantwortlich. Nur zertifizierte CRFs dürfen an das KKS Marburg weitergeleitet werden, da nur dies anschließend in die Datenbank überführt werden können. Für zu beantwortende Quieries gilt das Prozedere entsprechend. Die Eingabe der Daten von den CRFs wird von Mitarbeitern des KKS durchgeführt. Außerdem wird durch Validierungsprogramme die Vollständigkeit, Zulässigkeit und Plausibilität der Daten überprüft, dabei werden Queries generiert. Die Prüfzentren sind verpflichtet, die Queries zu klären oder zu erläutern. Das Datamanagement wird gemäß den entsprechenden im KKS geltenden SOPs durchgeführt.

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15. LITERATUR

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16. ANHANG

16.1. Deklaration des Weltärztebundes von Helsinki

Empfehlungen für Ärzte, die in der biomedizinischen Forschung am Menschen tätig sind, verabschiedet:

von der 18. Generalversammlung des Weltärztebundes Helsinki, Finnland, Juni 1964 revidiert

von der 29. Generalversammlung des Weltärztebundes Tokio, Japan, Oktober 1975

von der 35. Generalversammlung des Weltärztebundes Venedig, Italien, Oktober 1983

von der 41. Generalversammlung des Weltärztebundes Hong Kong, September 1989 und

von der 48. Generalversammlung des Weltärztebundes Somerset West, Republik Südafrika, Oktober 1996.

Vorwort Aufgabe des Arztes ist die Erhaltung der Gesundheit des Menschen. Die Erfüllung dieser Aufgabe dient er mit seinem Wissen und Gewissen. Die Genfer Deklaration des Weltärztebundes verpflichtet den Arzt mit den Worten: "Die Gesundheit meines Patienten soll mein vornehmstes Anliegen sein", und der internationale Codex für ärztliche Ethik legt fest: "Jegliche Handlung oder Beratung, die geeignet erscheinen, die physische oder psychische Widerstandskraft des Menschen zu schwächen, dürfen nur in seinem Interesse zur Anwendung gelangen." Ziel der biomedizinischen Forschung am Menschen muss es sein, diagnostische, therapeutische und prophylaktische Verfahren sowie das Verständnis für die Aetiologie und Pathogenese der Krankheit zu verbessern. In der medizinischen Praxis sind diagnostische, therapeutische oder prophylaktische Verfahren mit Risiken verbunden; dies gilt um so mehr für die biomedizinische Forschung am Menschen. Medizinischer Fortschritt beruht auf Forschung, die sich letztlich auch auf Versuche am Menschen stützen muss. Bei der biomedizinischen Forschung am Menschen muss grundsätzlich unterschieden werden zwischen Versuchen, die im wesentlichen im Interesse des Patienten liegen und solchen, die mit rein wissenschaftlichem Ziel ohne unmittelbaren diagnostischen oder therapeutischen Wert für die Versuchsperson sind. Besondere Vorsicht muss bei der Durchführung von Versuchen walten, die die Umwelt in Mitleidenschaft ziehen können. Auf das Wohl der Versuchstiere muss Rücksicht genommen werden. Da es notwendig ist, die Ergebnisse von Laborversuchen auch auf den Menschen anzuwenden, um die wissenschaftliche Erkenntnis zu fördern und der leidenden Menschheit zu helfen, hat der Weltärztebund die folgenden Empfehlungen als eine Leitlinie für jeden Arzt erarbeitet, der in der biomedizinischen Forschung tätig ist. Sie sollte in der Zukunft überprüft werden.

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Es muss betont werden, dass diese Empfehlungen nur als Leitlinie für die Ärzte auf der ganzen Welt gedacht ist; kein Arzt ist von der straf-, zivil- und berufsrechtlichen Verantwortlichkeit nach den Gesetzen seines Landes befreit. I. Allgemeine Grundsätze

1. Biomedizinische Forschung am Menschen muss den allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen entsprechen; sie sollte auf ausreichende Laboratoriums- und Tierversuche sowie einer umfassenden Kenntnis der wissenschaftlichen Literatur aufbauen.

1. Die Planung und Durchführung eines jeden Versuches am Menschen sollte eindeutig in einem Versuchsprotokoll niedergelegt werden, welches einem besonders berufenen, vom Forschungsteam und Sponsor unabhängigen Ausschuss zur Beratung, Stellungnahme und Orientierung vorgelegt werden sollte. Dabei wird davon ausgegangen, dass dieser Ausschuss gemäß den Gesetzen oder Bestimmungen des Landes, in welchem der Versuch durchgeführt werden soll, anerkannt ist.

2. Biomedizinische Forschung am Menschen sollte nur von wissenschaftlich qualifizierten Personen und unter Aufsicht eines klinisch erfahrenen Arztes durchgeführt werden. Die Verantwortung für die Versuchsperson trägt stets ein Arzt und nie die Versuchsperson selbst, auch dann nicht, wenn sie ihr Einverständnis gegeben hat.

3. Biomedizinische Forschung am Menschen ist nur zulässig, wenn die Bedeutung des Versuchszieles in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko für die Versuchsperson steht.

4. Jedem biomedizinischen Forschungsvorhaben am Menschen sollte eine sorgfältige Abschätzung der voraussehbaren Risiken im Vergleich zu dem voraussichtlichen Nutzen für die Versuchsperson oder anderen vorausgehen. Die Sorge um die Belange der Versuchsperson muss stets ausschlaggebend sein im Vergleich zu den Interessen der Wissenschaft und der Gesellschaft.

5. Das Recht der Versuchsperson auf Wahrung ihrer Unversehrtheit muss stets geachtet werden. Es sollte alles getan werden, um die Privatsphäre der Versuchsperson zu wahren; die Wirkung auf die körperliche und geistige Unversehrtheit sowie die Persönlichkeit der Versuchsperson sollte so gering wie möglich gehalten werden.

6. Der Arzt solle es unterlassen, bei Versuchen am Menschen tätig zu werden, wenn er nicht überzeugt ist, dass das mit dem Versuch verbundene Wagnis für vorhersagbar gehalten wird. Der Arzt sollte den Versuch abbrechen, sobald sich herausstellt, dass das Wagnis den möglichen Nutzen übersteigt.

7. Der Arzt ist bei der Veröffentlichung der Versuchsergebnisse verpflichtet, die Befunde genau wiederzugeben. Berichte über Versuche, die nicht in Übereinstimmung mit den in dieser Deklaration niedergelegten Grundsätzen durchgeführt wurden, sollten nicht zur Veröffentlichung angenommen werden.

8. Bei jedem Versuch am Menschen muss jede Versuchsperson ausreichend über Absicht, Durchführung, erwarteten Nutzen und Risiken des Versuches sowie über möglicherweise damit verbundene Störungen des Wohlbefindens unterrichtet

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werden. Die Versuchsperson sollte darauf hingewiesen werden, dass es ihr freisteht, die Teilnahme am Versuch zu verweigern und dass sie jederzeit eine einmal gegebene Zustimmung widerrufen kann. Nach dieser Aufklärung sollte der Arzt die freiwillige Zustimmung der Versuchsperson einholen; die Erklärung sollte vorzugsweise schriftlich abgegeben werden.

9. Ist die Versuchsperson vom Arzt abhängig oder erfolgte die Zustimmung zu einem Versuch möglicherweise unter Druck, so soll der Arzt beim Einholen der Einwilligung nach Aufklärung besondere Vorsicht walten lassen. In einem solchen Fall sollte die Einwilligung durch einen Arzt eingeholt werden, der mit dem Versuch nicht befasst ist und der außerhalb eines etwaigen Abhängigkeitsverhältnisses steht.

10. Ist die Versuchsperson nicht voll geschäftsfähig, sollte die Einwilligung nach Aufklärung vom gesetzlichen Vertreten entsprechend dem nationalen Recht eingeholt werden. Die Einwilligung des mit der Verantwortung betrauten Verwandten (darunter ist nach deutschem Recht der "Personensorgeberechtigte" zu verstehen) ersetzt die der Versuchsperson, wenn diese infolge körperlicher oder geistiger Behinderung nicht wirksam zustimmen kann oder minderjährig ist. Wenn das minderjährige Kind fähig ist, seine Zustimmung zu erteilen, so muss neben der Zustimmung des Personensorgeberechtigten auch die Zustimmung des Minderjährigen eingeholt werden.

11. Das Versuchsprotokoll sollte stets die ethischen Überlegungen im Zusammenhang mit der Durchführung des Versuches darlegen und aufzeigen, dass die Grundsätze dieser Deklaration eingehalten werden.

II. Medizinische Forschung in Verbindung mit ärztlicher Versorgung (Klinische Versuche)

1. Bei der Behandlung eines Kranken muss der Arzt die Freiheit haben, neue diagnostische und therapeutische Maßnahmen anzuwenden, wenn sie nach seinem Urteil die Hoffnung bieten, das Leben des Patienten zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen oder seine Leiden zu lindern.

2. Die mit der Anwendung eines neuen Verfahrens verbundenen möglichen Vorteile, Risiken und Störungen des Befindens sollten gegen die Vorzüge der bisher bestehenden diagnostischen und therapeutischen Methoden abgewogen werden.

3. Bei jedem medizinischen Versuch sollten alle Patienten - einschließlich die einer eventuell vorhandenen Kontrollgruppe - die beste erprobte diagnostische und therapeutischen Behandlung erhalten. Dies schließt nicht die Verwendung von reinen Placebos bei Versuchen aus, für die es kein erprobtes diagnostisches oder therapeutisches Verfahren gibt.

4. Die Weigerung eines Patienten, an einem Versuch teilzunehmen, darf niemals die Beziehung zwischen Arzt und Patienten beeinträchtigen.

5. Wenn der Arzt es für unentbehrlich hält, auf die Einwilligung nach Aufklärung zu verzichten, sollten die besonderen Gründe für dieses Vorgehen in dem für den unabhängigen Ausschuss bestimmten Versuchsprotokoll niedergelegt werden.

6. Der Arzt kann medizinische Forschung mit dem Ziel der Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse mit der ärztlichen Betreuung nur soweit

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verbinden, als diese medizinische Forschung durch ihren möglichen diagnostischen oder therapeutischen Wert für den Patienten gerechtfertigt ist.

III. Nicht-therapeutische biomedizinische Forschung am Menschen In der rein wissenschaftlichen Anwendung der medizinischen Forschung am Menschen ist es die Pflicht des Arztes, das Leben und die Gesundheit der Person zu schützen, an der biomedizinische Forschung durchgeführt wird. Die Versuchspersonen sollten Freiwillige sein, entweder gesunde Personen oder Patienten, für die die Versuchsabsicht nicht mit ihrer Krankheit in Zusammenhang steht. Der ärztliche Forscher oder das Forschungsteam sollten den Versuch abbrechen, wenn dies nach seinem oder ihrem Urteil im Falle der Fortführung dem Menschen schaden könnte. Bei Versuchen am Menschen sollte das Interesse der Wissenschaft und der Gesellschaft niemals Vorrang vor den Erwägungen haben, die das Wohlbefinden der Versuchsperson betreffen. (Übersetzung Bundesärztekammer Auslandsdienst, von der Bayerische Landesärztekammer http://www.blaek.de/beruf/deklarat.htm)


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