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TENZIN WANGYAL RINPOCHE

Die heilende Kraft des Buddhismus

Buch

Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum besitzen im Buddhismus heilende Kräfte,die nur der erschließen kann, der sich diesen Elementen mit Respekt und Wis-sen nähert. Der tibetische Schamane Tenzin Wangyal Rinpoche verbindet alteTraditionen zu einem auch für westliche Menschen gangbaren Weg der Hei-lung. Er erläutert die Kraft und Bedeutung der fünf Elemente, führt in denUmgang mit ihnen ein und leitet zu Meditationsübungen an. Eine faszinieren-de Reise zu den Wurzeln des tibetischen Buddhismus und zu Naturerlebnissen

der besonderen Art.

Autor

Tenzin Wangyal Rinpoche ist ein Tulku, ein bewusst wiedergeborener Lama. Erwurde 1961 in Tibet geboren und floh mit seinen Eltern nach Indien, wo er spä-ter zum Meditationsmeister ausgebildet wurde und den Titel eines Geshe er-hielt, den höchsten akademischen Titel in der tibetischen Tradition. 1991 ginger in die USA und gründete dort das Ligmincha-Institut. Er war einer der erstenLamas, die die Lehren der Bön-Schule im Westen bekannt machten und wurde1986 vom Dalai Lama zum offiziellen Repräsentanten der Bön-Tradition in derAbgeordneten-versammlung der Exiltibeter ernannt. Tenzin Wangyal Rinpoche

lehrt seit Jahren auch regelmäßig im deutschsprachigen Raum.

Von Tenzin Wangyal Rinpoche sind bei Goldmann außerdem verfügbar:

Übung der Nacht (21806)Den feinstofflichen Körper aktivieren (33899)

Tenzin Wangyal Rinpoche

Die heilende Kraft des Buddhismus

Leben im Einklang mit den fünf Elementen

Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Elisabeth Liebl

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Healing with Form, Energy and Light« bei Snow Lion Publications, USA.Die deutsche Erstausgabe erschien 2004 bei Heinrich Hugendubel Verlag,

Kreuzlingen/München,

Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das fur dieses Buch verwendete FSC®-zertifizierte Papier

Munchen Super liefert Arctic Paper Mochenwangen GmbH.

1. AuflageVollständige Taschenbuchausgabe Februar 2012

Wilhelm Goldmann Verlag, Münchenin der Verlagsgruppe Random House GmbH

© 2004 der deutschsprachigen Ausgabe Heinrich Hugendubel Verlag, Kreuzlingen /München

© 2002 by Tenzin Wangyal RinpocheUmschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: FinePic®, MünchenRedaktion: Susanne Schneider

SB × Herstellung: cbSatz: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, Germering

Druck: GGP Media GmbH, PößneckPrinted in Germany

ISBN: 978-3-442-21975-9

www.goldmann-verlag.de

Die ses Buch ist ge wid met:

Sei ner Hei lig keit dem Da lai La maSei ner Hei lig keit Lung tok Ten pa’i Ny i ma Rin po che

Yong zin Ten zin Nam dak Rin po cheund al len Leh rern, von de nen ich ge lernt ha be.

Sei ne Hei lig keit der Da lai La ma im Me ri-Bön po-Klos ter in In di en

IN HALT

Das Ge bet im Zwi schen zu stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Ein füh rung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

Die Bön-Tra di ti on . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Die Ele men te . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Die drei Ebe nen spi ri tu el ler Pra xis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28Die äußere Ebene 28 · Die innere Ebene 29 · Die geheime Ebene 30

Die Ver bin dung zum Hei li gen su chen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31Die Fünf Rei nen Lich ter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36Die Auf lö sung der Ele men te . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41Er kennt nis durch die Ele men te . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42Ei ne Be zie hung zu den Ele men ten auf bau en . . . . . . . . . . . . 44

Erde 45 · Wasser 49 · Feuer 51 · Luft 53 · Raum 56

Die Ele men te und ihr Ein fluss auf un ser Wohl be fin den . . . 58Wie die Ele men te aus dem Gleich ge wicht ge ra ten . . . . . . . . 61Wie Prob le me ent ste hen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65Ne ga ti ve und po si ti ve As pek te . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68Das rich ti ge Ele ment fin den . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69Die Ar beit mit den Ele men ten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72Die rich ti ge Ebe ne aus wäh len . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

Die fünf Ele men te im Scha ma nis mus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

La, Yi und Sem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83La, Sok und Tse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86Übun gen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87Ar bei ten mit den Na tur ele men ten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Die neun Atemzüge der Reinigung 91 · Erde 94 · Wasser 95 · Feuer 96 · Luft 98 · Raum 99 · Widmung 100

Die Ele men tar geis ter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100Ei ne Be zie hung zu nicht-ma te ri el len We sen auf bau en . . . . 107Die Dar brin gung von Op fer ga ben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110See len ver lust und die Rück ho lung von Ele men tar ener gi en 118Tür kis, Pfeil und See len tier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121Rück ho lung der Ele men tar ener gi en – die Pra xis . . . . . . . . . 123

Überblick über die gesamte Übung 124 · Die neun Atemzüge der Reinigung 125 · Guru Yoga 125 · Die vier Gäste 126 · Die Umwandlung des Körpers 128 · Die Umwandlung der Energie 131 · Die Elementarenergien zurückholen 132 · Die Umwandlung des Geistes 136 · Das Langlebensmantra 138 · Widmung 139 · Die Praxis der Elementargöttin mit den anderen Elementen 139

Die Pra xis im All tag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

Die fünf Ele men te im Tan tra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

Pferd, Pfad, Rei ter und Pan zer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148Das Pferd: Pra na 148 · Die Funk tio nen der fünf Pra nas 149 · Der Pfad: die Ka nä le 154 · Der Rei ter: Ti gle 157 · Der Pan zer: die Keim sil ben 157

As pek te des Tan tra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159Die Cha kren 159 · Po si tiv und ne ga tiv 160 · Po si ti ve Qua li tä ten sta bi li sie ren 163

Die Pra xis des Tsa Lung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169Haltung 169 · Atem und Prana 170 · Transformation durch Halten und Loslassen 172 · Übungsanweisungen 174 · Die fünf äußeren Tsa-Lung-Übungen 175 · Die fünf inneren Tsa-Lung-Übungen 189 · Die fünf geheimen Tsa-Lung-Übungen 192

Die Cha kren öff nen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

Die fünf Ele men te im Dzog chen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

Die Gro ße Voll kom men heit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199Sams ara er schaf fen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201Die Sechs Lam pen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203Klang, Licht und Strah len . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211Mit Prob le men le ben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214Sams ara auf lö sen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217Die Wert schät zung des Rau mes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223Eins wer den mit dem Raum und den an de ren vier Lich tern 228Das Dun kel re tre at: Vi sio nen der fünf Ele men te . . . . . . . . . . 230

Zum Ab schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239Die zwölf Tier kreis zei chen und ih re Rich tun gen . . . . . . . . . 241Li te ra tur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242Nütz li che Ad res sen für Prak ti zie ren de . . . . . . . . . . . . . . . . . 243Das Ge bet im Zwi schen zu stand in ti be ti scherSpra che und Schrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244Glos sar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248

Shen la Od kar

DAS GE BET IM ZWI SCHEN ZU STAND :DER KOST BA RE BLÜ TEN KRANZ

A OM HUNG

In dem Zwi schen zu stand, der un ser Le ben ist, im ge gen wär ti gen Au gen blick,

er ken nen wir un se ren Geist nicht und las sen uns von il lu so ri schenAk ti vi tä ten täu schen.

Wir er in nern uns nicht an Ver gäng lich keit und Tod,stre ben nur nach den Schät zen die ses Le bens und sindan das Leid von Ge burt, Al ter, Krank heit und Tod ge fes selt.Mö ge ich, wenn die ser ge gen wär ti ge, il lu so ri sche Kör per mit ei nem Mal

die letz te Krank heit er lei det, mich von der An haf tung an al le Ob jek te der Ma te rie und des Geis tes

selbst be frei en.O Meis ter, seg ne mich aus dei nem tie fen Mit ge fühl he raus.Seg ne mich, da mit ich die täu schen den Vi sio nen des Bar do durch schnei de.Seg ne mich, auf dass ich die Leer heit der Mut ter und das Ge wahr sein des

Kin des wie der ver ei nen mö ge.

Denn dann rei se ich im Zwi schen zu stand des Ster bens al lein in die an de re Di men si on,ob schon ich von Ver wand ten und lie ben Men schen um ge ben bin.Das Le ben lässt sich nicht ein mal für ei nen Au gen blick ver län gern, wenn die vier Ele men te die ses ma gi schen Kör pers sich auf lö sen.O Meis ter, seg ne mich aus dei nem tie fen Mit ge fühl he raus.Seg ne mich, da mit ich die täu schen den Vi sio nen des Bar do durch schnei de.Seg ne mich, auf dass ich die Leer heit der Mut ter und das Ge wahr sein des

Kin des wie der ei nen mö ge.

Wenn sich die Ener gie der Er de im Was ser auf löst,er le ben wir den Zu sam men bruch des Kör pers, be glei tet von Vi sio nen von Rauch und Trug bil dern.

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Wenn das gel be Licht, das un ser ist, plötz lich er scheint,mö ge ich es als den gött li chen Kör per von Sal wa Ran gyung, der aus sich

selbst ent stan de nen Klar heit, er ken nen.O Meis ter, seg ne mich aus dei nem tie fen Mit ge fühl he raus.Seg ne mich, da mit ich die täu schen den Vi sio nen des Bar do durch schnei de.Seg ne mich, auf dass ich die Leer heit der Mut ter und das Ge wahr sein des

Kin des wie der ei nen mö ge.

Wenn die Ener gie des Was sers sich im Feu er auf löst,ver liert der Kör per sei ne Far be. Durst plagt uns, wir blei ben mit tro cke ner

Zun ge zu rück, be glei tet von Vi sio nen strö men den Was sers.Wenn die Rein heit des Was sers als blau es Licht er scheint,mö ge ich sie als den gött li chen Kör per von Ga wa Don drup, der freu di gen

Ver wirk li chung, er ken nen.O Meis ter, seg ne mich aus dei nem tie fen Mit ge fühl he raus.Seg ne mich, da mit ich die täu schen den Vi sio nen des Bar do durch schnei de.Seg ne mich, auf dass ich die Leer heit der Mut ter und das Ge wahr sein des

Kin des wie der ei nen mö ge.

Wenn die Ener gie des Feu ers sich im Wind auf löst,wird der Kör per kalt. Die Ener gie ka nä le lö sen sich auf, und wir se hen Schwär me von glüh würm chen ähn li chen Licht fle cken.Wenn das ro te Licht des Selbst er scheint,mö ge ich es als die Gott heit Che tak Ngo med, das Un ge schie de ne, Ding lo -

se, er ken nen.O Meis ter, seg ne mich aus dei nem tie fen Mit ge fühl he raus.Seg ne mich, da mit ich die täu schen den Vi sio nen des Bar do durch schnei de.Seg ne mich, auf dass ich die Leer heit der Mut ter und das Ge wahr sein des

Kin des wie der ei nen mö ge.

Wenn die Wind ener gie sich ins Be wusst sein auf löst,hört der Atem auf, die Au gen ver dre hen sich nach oben,und wir se hen But ter lam pen, die ver lö schen. Wenn das grü ne Licht des Selbst er scheint,mö ge ich es als die tu gend haf te Göt tin Gel ha Gar chug, die Viel falt des

Tan zes, er ken nen. O Meis ter, seg ne mich aus dei nem tie fen Mit ge fühl he raus.Seg ne mich, da mit ich die täu schen den Vi sio nen des Bar do durch schnei de.Seg ne mich, auf dass ich die Leer heit der Mut ter und das Ge wahr sein des

Kin des wie der ei nen mö ge.

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Wenn das Be wusst sein sich im all um fas sen den Grund auf löst,hö ren die in ne ren Or ga ne der Sin nes wahr neh mung und ih re äu ße ren

Ob jek te auf zu exis tie ren,be glei tet von der Vi si on ei nes wol ken lo sen Him mels.Wenn das kla re Licht des Bar do er scheint,mö ge ich es als Kun ang Chab pa er ken nen, das al les durch dringt. O Meis ter, seg ne mich aus dei nem tie fen Mit ge fühl he raus.Seg ne mich, da mit ich die täu schen den Vi sio nen des Bar do durch schnei de.Seg ne mich, auf dass ich die Leer heit der Mut ter und das Ge wahr sein des

Kin des wie der ei nen mö ge.

Wenn die sechs Be wusst seins ag gre ga te und ih re sechs Ob jek te sich insHerz hi nein auf lö sen,

wenn die Dun kel heit kommt und mit ihr der Blut re gen in ei nem See ausBlut,

wenn der gro ße Klang er schallt und das gro ße Licht er strahlt,mö ge ich all mei ne Vi sio nen als Il lu si on er ken nen.Mö ge ich Ver wirk li chung in der auf stei gen den, grund le gen den Be wusst -

heit er lan gen.O Meis ter, seg ne mich aus dei nem tie fen Mit ge fühl he raus.Seg ne mich, da mit ich die täu schen den Vi sio nen des Bar do durch schnei de.Seg ne mich, auf dass ich die Leer heit der Mut ter und das Ge wahr sein des

Kin des wie der ei nen mö ge.

Wenn das Be wusst sein zum Wai sen wird, weil es kei ne Stüt ze mehr hat,wenn die Vi si on des Schre cken er re gen den Herrn des To des in der an de -

ren Di men si on sicht bar wird,wenn die Il lu sio nen von Klang, Licht und Licht strah len er schei nen,seg ne mich, dass ich im Zwi schen zu stand Be frei ung fin de,in dem ich all dies als aus sich selbst ent ste hen de Selbst-Ener gie er ken ne. O Meis ter, seg ne mich aus dei nem tie fen Mit ge fühl he raus.Seg ne mich, da mit ich die täu schen den Vi sio nen des Bar do durch schnei de.Seg ne mich, auf dass ich die Leer heit der Mut ter und das Ge wahr sein des

Kin des wie der ei nen mö ge.

Seg ne mich, dass ich al le Vi sio nen als Il lu si on er ken ne.Seg ne mich, dass ich ei ner Ge burt in den nied ri gen Be rei chen ent ge he.Seg ne mich, dass ich die Ei ne Na tur der drei Zei ten se he.Seg ne mich, dass ich die Bud dha schaft der drei kay as er lan ge. Seg ne mich, dass ich die fünf Weis heits lich ter er lan ge.

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Seg ne mich, dass ich den zahl lo sen füh len den We sen nütz lich bin.O Meis ter, seg ne mich aus dei nem tie fen Mit ge fühl he raus.Seg ne mich, da mit ich die täu schen den Vi sio nen des Bar do durch schnei de.Seg ne mich, auf dass ich die Leer heit der Mut ter und das Ge wahr sein des

Kin des wie der ei nen mö ge.

Aus: Gur zhog chun pos mdzad pa’i smon lam rin chen phreng ba

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Ten zin Wan gyal Rin po che mit Sei ner Hei lig keit dem Da lai La ma in Dha -rams ala, In di en

E IN FÜH RUNG

Ich wuchs in en ger Ver bin dung mit den Kräf ten der Na tur auf.Dies war schon durch un se re Le bens wei se be dingt. Wir kann -

ten we der Hei zung noch flie ßen des Was ser. Un ser Was ser hol tenwir in Ei mern von der na hen Quel le, un se re Häu ser heiz ten wirmit Holz und koch ten auf of fe ner Flam me. Auf un se rem klei nenGar ten grund stück bau ten wir Ge mü se an, vor al lem Zwie belnund To ma ten. Wir be rühr ten al so buch stäb lich die Er de. Som -mer re gen hieß für uns zwei er lei: Über schwem mung und Was serfür den Rest des Jah res. Die Na tur muss te nicht in Parks er hal tenwer den. Sie lag auch nicht hin ter di ckem Fens ter glas. Un ser en -ger Kon takt mit den Ele men ten ge schah ja nicht aus Ver gnü gen,auch wenn er häu fig Freu de be rei te te. Zwi schen un se rem Le benund dem Feu er, dem Holz, dem Was ser und dem Wet ter be standein di rek ter, un mit tel ba rer Zu sam men hang. Un ser Über le benhing von den Ele men tar kräf ten der Na tur ab.

Viel leicht ist es eben die se Ab hän gig keit, die uns Tibeter wiedie meis ten in di ge nen Kul tu ren be grei fen ließ, dass die Welt derNa tur hei lig ist, be völ kert mit We sen und Kräf ten, die so wohlsicht bar als auch un sicht bar sein konn ten. So tran ken wir wäh -rend des Lo sar-Fes tes, der ti be ti schen Neu jahrs fei ern, kei nenCham pag ner. Wir fei er ten, in dem wir zur na he ge le ge nen Quel -le gin gen und dort ein Dan kes ri tu al voll zo gen. Wir op fer ten denNa gas, den Was ser geis tern, die das Was ser in un se rer Ge gendbe herrsch ten. Und wir brach ten den Orts geis tern un se rer Um -ge bung Rau chop fer dar.

Die se Glau bens form und die da zu ge hö ri gen Ri tua le ha bensich über die Jahr hun der te ent wi ckelt. Im Wes ten aber wer den sie

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häu fig als pri mi tiv be trach tet. Da bei han delt es sich kei nes wegsnur um die Pro jek ti on mensch li cher Ängs te auf die Um welt, wiedies ei ni ge Anth ro po lo gen und His to ri ker deu ten. Un se re Art,mit den Ele men ten zu kom mu ni zie ren, wur zelt in der di rek tenEr fah rung der hei li gen Na tur in ne rer und äu ße rer Ele men te, wel -che die Men schen und die Wei sen un ter ih nen mach ten. Wir nen -nen die se Ele men te Er de, Was ser, Feu er, Luft und Raum (Äther).

Mit die sem Buch ver fol ge ich meh re re Zie le: Ich möch te da zu bei -tra gen, dass wir wie der mehr Ach tung vor der Um welt be kom -men, denn die se muss grö ßer wer den, wenn wir un se re Le bens -qua li tät nicht dau er haft schä di gen wol len. Des Wei te ren möch teich dem west li chen Le ser die tra di tio nel le Welt der Ti be ter na hebrin gen. Und al len spi ri tu ell In te res sier ten möch te ich zei gen,dass ein Ver ständ nis der Ele men te für je de Form der Pra xis nütz -lich ist. Die je ni gen un ter den Le sern, die ei nem spi ri tu el len Pfadfol gen, zie hen aus dem Wis sen um die Ele men te und ih rer Be zie -hun gen zu ei nan der viel fäl ti gen Nut zen: Sie wis sen, wa rum sie ei -ne be stimm te Pra xis ma chen, er fah ren, wel che Übun gen nö tigsind und wann, und ler nen, in wel chen Si tua tio nen ei ne be -stimm te Pra xis nutz los oder so gar hin der lich sein kann.

Die Leh ren in die sem Buch ent stam men der ti be ti schen Bön-Tra di ti on. Sie krei sen um drei Di men sio nen des spi ri tu el len We -ges. Die hier vor ge stell ten Me tho den sind im Bön und im Bud -dhis mus tra di tio nel le Übungs we ge. Das be deu tet, dass sie in diePra xis um ge setzt wer den müs sen. Ein rein in tel lek tu el les Ver -ständ nis ge nügt nicht. Manch mal glau ben wir, et was zu wis sen,wenn wir ein fach nur dar über in for miert sind. Wir den kendann, wir ver ste hen al les, wor über wir re den kön nen. Aberwenn wir über ei ne Pra xis nur re den, oh ne sie aus zu füh ren, istdas so, als hät ten wir zwar Me di ka men te im Arz nei schränk chen,wür den uns aber wei gern, sie zu neh men und ge heilt zu wer den.

Die meis ten Übun gen in die sem Buch ha ben psy cho lo gischge se hen ei nen un ter stüt zen den Cha rak ter. Sie stei gern un se re

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Le bens qua li tät, för dern Hei lung und bie ten ei nen ge wis senSchutz ge gen Un glück und Krank heit. Sie le gen die Fun da men teda für, dass wir un se rem Le ben mit ent spann ter Wach heit be geg -nen, statt es nur wie be täubt über uns er ge hen zu las sen bzw.uns end los dar über auf zu re gen. Auf die se Wei se schen ken sieGe sund heit, Kraft und Le bens freu de. Das ist gut und sinn voll.Doch die hier vor ge stell ten Übun gen wur den mit dem Ziel ent -wi ckelt, un ser spi ri tu el les Wachs tum vo ran zu trei ben. In die semSin ne ver än dern sie un se re Ein stel lung zur Na tur und zu un se -rer per sön li chen Er fah rung. Sie öff nen und er wei tern un se reSicht der Din ge, weil sie un se re me di ta ti ve Pra xis stär ken. Wenndie Ele men te in un se rem Le ben aus dem Gleich ge wicht ge ra tensind, ist es sehr schwie rig zu me di tie ren. In sol chen Zei ten müs -sen wir mit Krank heit, Stress, Ab len kung und Träg heit ar bei ten.Die hier vor ge stell ten Übun gen hel fen uns, äu ße re Hin der nis seeben so zu über win den wie Hin der nis se im Geist, in dem sie dieEle men tar kräf te im In di vi du um aus glei chen. Sind die Ele men teim Gleich ge wicht, ist es sehr viel ein fa cher, in der Na tur desGeis tes zu ru hen, der Bud dha-Na tur. Und dies ist letzt end lichdas höchs te Ziel je der spi ri tu el len Rei se – und gleich zei tig diehöchs te Form der Übung.

Die Übun gen wer den hier zu sam men mit ih rem theo re ti -schen Hin ter grund vor ge stellt. Dies ent spricht un se rer Tra di ti -on, die lehrt, dass die Art, wie wir die Welt se hen, sich so wohlauf un se re Pra xis als auch auf un ser Le ben aus wirkt.

Vor al lem ha be ich mich be müht, Übun gen auf zu neh men, diesich gut in den All tag in te grie ren las sen. Wir müs sen uns al sonicht von der Welt zu rück zie hen, um zu prak ti zie ren, ob wohlna tür lich auch dies mög lich ist. Aber wir brau chen nicht sämt li -che Ter mi ne in un se rem Or ga ni zer zu strei chen, weil wir unsjetzt mit den Ele men ten aus ei nan der set zen wol len. Al les, wasexis tiert, setzt sich aus den Ele men ten zu sam men. Da her kön -nen wir im mer mit den Ele men ten prak ti zie ren, je der zeit, woim mer wir auch sind und was im mer wir ge ra de tun mö gen.

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In die sem Buch ge he ich da von aus, dass der Le ser mit be -stimm ten Be grif fen ver traut ist. So be nut ze ich bei spiels wei sedie Be grif fe Dzog chen und Gro ße Voll kom men heit sy no nym.Für Rig pa be nut ze ich Wor te wie »in ne woh nen des Ge wahr -sein«, »nicht-dua les Ge wahr sein« oder »nicht-dua le Prä senz«.Die »Na tur des Geis tes« beziehungsweise der »na tür li che Zu -stand« steht hin ge gen für die Un trenn bar keit von Leer heit undKlar heit des Geis tes, al so für die Bud dha-Na tur, die un se re wah -re Na tur ist.

Im mer wie der zi tie re ich aus tra di tio nel len ti be ti schen Tex ten.Die von mir an ge fer tig ten Über set zun gen sind nicht wort wört -lich exakt. Das liegt dar an, dass ich mich be müht ha be, das Ge -mein te bes ser zu tref fen. In der Bib lio gra fie kön nen al le In te res -sier ten die An ga ben zum ti be ti schen Quel len ma te ri al le sen undsich so selbst ver ge wis sern, wenn sie dies wün schen. Vie le derhier be nutz ten Be grif fe sind in mei nem frü he ren Buch Übungder Nacht, das im sel ben Ver lag er schie nen ist, ge nau er er klärt.

Die ses Buch ent hält ei ne ge ball te La dung an In for ma ti on. Da -her mein Rat an den Le ser: Hö ren Sie auf zu le sen, wenn Sie»voll« sind. Neh men Sie sich Zeit, al les zu ver dau en und das Ge -le se ne an hand Ih rer ei ge nen Er fah rung zu über prü fen. Auf die seWei se wer den die Leh ren zu ei nem Teil Ih res Le bens.

Die Bön-Tra di ti on

Da die meis ten Men schen im Wes ten Bön nicht ken nen, möch teich an die ser Stel le ei ne kur ze Ein füh rung in die se Tra di ti on undih re Ge schich te ge ben. Doch wie so oft in der Ge schich te geis ti -ger Tra di tio nen, egal wel chen Völ kern bzw. wel chen Län dern sieent stam men mö gen, herrscht über die tat säch li che Ver gan gen -heit nicht un be dingt Ei nig keit. Die münd li che Über lie fe rungbe sagt, dass die Bön-Re li gi on über 17 000 Jah re alt ist. Mo der neWis sen schaft ler hin ge gen hal ten sie für weit jün ger. In je dem

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Fall ist Bön die ur sprüng li che Re li gi on des ti be ti schen Vol kes, inder vie le sei ner heu ti gen spi ri tu el len Tra di tio nen wur zeln.

Yung drung Bön (Ewi ges Bön) war der ers te voll stän di ge Pfadzur spi ri tu el len Be frei ung in Ti bet. Er wur de von Bud dha Ton paShen rab aus der Fa mi lie Mu shen be grün det. Sein Va ter war Gy -alb on Tho kar, sei ne Mut ter Yo che Gy als he ma. Sie leb ten in Ta zig‘Ol mo Lung Ring, das man che Ge lehr te im Nord wes ten Ti betsan sie deln, an de re je doch als Teil des my thi schen Kö nig rei chesShamb ha la be trach ten.

Die Tra di ti on be rich tet von drei »To ren« oder Ent ste hungs or -ten des Bön. Das Ers te war Ta zig ‘Ol mo Lung Ring. Das Zwei telag in Zent ra la si en, mög li cher wei se im al ten Per sien. Die His to -ri ker glau ben, dass Bön in Zent ra la si en weit ver brei tet war, be vorder Is lam sich in die ser Ge gend aus brei te te. Vie le der al ten Kult -stät ten und Ver eh rungs ge gen stän de, wel che die Aus gra bun gendort zu Ta ge för dern, sind mög li cher wei se der Bön-Tra di ti onzu zu rech nen und nicht dem we sent lich jün ge ren Bud dhis mus.Das drit te »Tor« war das Kö nig reich von Shang Shung. Es um -fass te ei nen Groß teil des west li chen Ti bet. Die Leh ren ent stan -den zu erst in Ta zig ‘Ol mo Lung Ring und brei te ten sich dann inZent ra la si en so wie spä ter in Shang Shung bzw. Ti bet aus.

Die Le gen de be rich tet, dass Ton pa Shen rab ins süd li che Ti betkam, um nach Pfer den zu su chen, wel che die Dä mo nen ihm ge -stoh len hat ten. Er be such te den Hei li gen Berg Kong-po, derheu te noch von den Bön-Pil gern ent ge gen dem Uhr zei ger sinnum schrit ten wird. Als Ton pa Shen rab im Sü den Ti bets an kam,fand er dort ein un ter ent wi ckel tes Volk vor, das die Geis ter mitTier op fern zu be sänf ti gen pfleg te. Er mach te den Tier op fern einEn de und lehr te die Men schen, statt der Tie re Gers ten mehl zuop fern, was die Ti be ter al ler Tra di tio nen heu te noch tun.

Wie al le Bud dhas lehr te auch Ton pa Shen rab so, wie es derAuf nah me fä hig keit sei ner Zu hö rer ent sprach. Da die Men schenvon Shang Shung noch nicht die Vor aus set zun gen er füll ten, dieal ler höchs ten Leh ren auf zu neh men, un ter rich te te er sie im

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nied ri ge ren Fahr zeug, das heißt in den Leh ren des Scha ma nis -mus, und be te te, dass sie sich durch Ei fer, Hin ga be und Fleiß aufdie hö he ren Leh ren des Su tra, Tan tra und Dzog chen vor be rei tenmö gen. Und letzt end lich er reich ten al le Leh ren von Bud dhaTon pa Shen rab das Kö nig reich Shang Shung.

Jahr hun der te spä ter wur den un ter der Herr schaft des zwei tenti be ti schen Kö nigs, Mu Khri Tsen po, vie le der tant ri schen undDzog chen-Be leh run gen aus der Spra che Shang Shungs ins Ti -be ti sche über setzt. Ob wohl die se Leh ren in münd li cher Über -lie fe rung schon seit Jahr hun der ten in Ti bet exis tier ten, wur densie so zum ers ten Mal schrift lich in ti be ti scher Spra che nie der -ge legt. Lan ge Zeit dach ten die west li chen Ge lehr ten, ShangShung und sei ne Spra che hät ten nur im Reich des My thos exis -tiert. Mitt ler wei le aber fin det man im mer mehr Schrift-Frag -men te aus Shang Shung, so dass mitt ler wei le das Ge gen teil be -wie sen ist.

Die ers ten sie ben ti be ti schen Kö ni ge sol len ge stor ben sein,oh ne ei nen Kör per zu hin ter las sen, was ein Zei chen für ein ho -hes Maß an spi ri tu el ler Ver wirk li chung ist. Man glaubt, sie hät -ten den so ge nann ten »Re gen bo gen kör per« (tib. ‘ja ‘lus) er -reicht, was ein Zei chen für die spe zi ell durch Dzog chen-Übun -gen er reich te Er leuch tung ist. Das wür de be deu ten, dass dieDzog chen-Leh ren zu je ner Zeit in Ti bet be reits exis tier ten. Bud -dhis ti sche Ge lehr te neh men an, dass das Dzog chen sich von In -di en her nach Ti bet aus brei te te, und tat säch lich spricht auch dieBön-Tra di ti on von ei ner Über lie fe rungs li nie, die aus In di enkam. Doch der Groß teil der ti be ti schen Dzog chen-Leh renstammt aus Shang Shung.

Die wich tigs ten Bön-Leh ren wer den in den Neun We gen,auch be kannt als die Neun Fahr zeu ge, zu sam men ge fasst. Diessind neun Ab stu fun gen der Leh ren. Je de da von hat ei ne ei ge neSicht so wie ei ge ne Me di ta ti ons prak ti ken und zielt da mit aufganz spe zi el le Er geb nis se ab. In den »nie de ren Fahr zeu gen«geht es um Me di zin, Ast ro lo gie, Zu kunfts schau und so wei ter.

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Dar über ste hen die Su tra- und Tan tra-Leh ren. Das höchs teFahr zeug sind die Dzog chen-Leh ren, die Be leh run gen über dieGro ße Voll kom men heit. Von die sen Neun We gen gibt es dreire gio na le Va ri an ten, die man als Süd li chen, Zent ra len undNörd li chen Schatz be zeich net. Die scha ma ni schen Tech ni ken,die hier vor ge stellt wer den, stam men in ers ter Li nie aus demSüd li chen Schatz. Der Zent ra le Schatz steht den bud dhis ti schenLeh ren der Ny ing ma-Schu le sehr na he, der Nörd li che Schatz istlei der ver lo ren ge gan gen. Je de die ser drei Re gio nal tra di tio nenent hält be stimm te As pek te der Su tra-, Tan tra- und Dzog chen-Leh ren. Au ßer dem gibt es als Quel le noch ei ne 15-bän di geText samm lung, wel che die Le bens ge schich te des Bud dha Ton paShen rab be in hal tet.

Chi ne si sche Sta tis ti ken zei gen, dass Bön sei ner Ver brei tungnach die zweit wich tigs te Re li gi on in Ti bet ist. Bön-Pries ter sindüber das gan ze Land ver teilt. Die al ten Leh ren wer den heu tenoch so wohl von Mön chen bzw. Non nen als auch von Lai enprak ti ziert. So gar im 20. Jahr hun dert gab es Bön-Meis ter, dieden Re gen bo gen kör per er langt ha ben. Dies ist das höchs te Zei -chen der letzt end li chen Ver wirk li chung im Dzog chen. ZumZeit punkt sei nes To des lässt der Prak ti zie ren de, der ei nen ho henGrad an Rea li sa ti on er langt hat, die fünf grö be ren Ele men te los,aus de nen der Kör per be steht. Er oder sie löst sie in ih re Es senzauf, in rei nes, ele men ta res Licht. Wäh rend die ses Vor gangs ver -liert sich die ma te ri el le Form des Kör pers in ei nem wun der ba -ren Rei gen viel far bi gen Lichts, das wir Re gen bo gen kör per nen -nen. Manch mal bleibt vom to ten Kör per über haupt nichts zu -rück, manch mal nur Haa re und Nä gel. In je dem Fall ist derRe gen bo gen kör per ein Zei chen da für, dass der Prak ti zie ren dedie höchs te Ebe ne der Ver wirk li chung er langt hat und den Dua -lis mus von Ma te rie und Geist bzw. Le ben und Tod über wun denhat.

Nach dem die Chi ne sen Ti bet be setzt hat ten, be gann ein sehrstren ges Trai nings pro gramm für Bön-Mön che im Men ri-Klos ter

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in Do lan ji, In di en, und im Trits en-Nor but se-Klos ter in Kath -man du, Ne pal. Dies war vor al lem der au ßer or dent li chen An -stren gung sol cher Per sön lich kei ten wie Sei ner Hei lig keit Lung -tok Ten pa’i Ny i ma Rin po che so wie dem Lo pön (Me di ta ti ons -meis ter) Ten zin Nam dak Rin po che und vie len äl te ren Mön chenzu ver dan ken. Die Aus bil dung schloss mit dem Grad ei nes Ges heab, ei ner Art Dok tor wür de, die lan ge Stu di en vo raus setzt. Dieers te Klas se, die au ßer halb Ti bets aus ge bil det wur de, mach te1986 ih ren Ab schluss. Ich war ei ner von ih nen.

Vie le der Bön-Tra di tio nen gin gen eben so wie die ti be tisch-bud dhis ti schen Tra di tio nen un ter der Herr schaft der Chi ne senin Ti bet ver lo ren. An de re sind vom Un ter gang be droht. An de -rer seits ha ben so wohl der ti be ti sche Bud dhis mus als auch dasBön mitt ler wei le in In di en und Ne pal Fuß ge fasst, von wo aussie sich in der gan zen Welt ver brei ten.

Wie vie le Le ser viel leicht wis sen, gibt es auch un ter den Prak -ti zie ren den des ti be ti schen Bud dhis mus vie le Miss ver ständ nis se,die die Bön-Tra di ti on be tref fen. Bön er litt das sel be Schick sal wieal le in di ge nen Re li gio nen. Ähn li ches ge schah vor Hun der tenvon Jah ren in Eu ro pa, als das sich aus brei ten de Chris ten tum diescha ma ni schen Ur kul te ver dräng te. Wenn ei ne neue Re li gi onauf den Plan tritt, ver sucht sie häu fig, An hän ger zu ge win nen,in dem sie die eta blier ten Glau bens for men als min der wer tig dar -stellt, um so die Men schen zu über zeu gen, dass die se al ten For -men über wun den wer den müss ten.

Ich ha be fest ge stellt, dass vie le Ti be ter, auch ho he La mas, wel -che die Bön-Tra di ti on nicht aus ei ge ner An schau ung ken nen,leicht fer tig ne ga ti ve Ur tei le über die se Re li gi on äu ßern. Die seHal tung kann ich nicht ver ste hen. Na tür lich trifft die se Art vonVor ur teil nicht nur die Bön-Re li gi on. Auch vie le Schu len in ner -halb des ti be ti schen Bud dhis mus wer den auf die se Wei se zumOp fer von Vor ur tei len. Die se An mer kun gen sind vor al lem fürdie jet zi gen Schü ler des Bön ge dacht. Ich möch te, dass sie überdie se Tat sa che Be scheid wis sen, be vor sie selbst mit der ar ti gen

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Vor ur tei len kon fron tiert wer den. Ich hof fe sehr, dass jetzt, wodie ti be ti sche Form der Spi ri tua li tät sich all mäh lich über diegan ze Welt ver brei tet, die Be grenzt heit sol chen Den kens ein füral le Mal ein En de fin det.

Glück li cher wei se gibt es auch vie le ti be ti sche Bud dhis ten, Lai -en, Mön che und ho he La mas, die sich dem öku me ni schen Ge -dan ken ver pflich tet füh len, der sich im Ti bet des 19. Jahr hun -derts aus brei te te. Ihr Be stre ben ist es, To le ranz und Ver ständ nisun ter den ein zel nen spi ri tu el len Schu len zu för dern. Da mit ste -hen sie un ter dem Schutz von Sei ner Hei lig keit, dem 14. Da laiLa ma, der Bön als ei ne der fünf wich tigs ten spi ri tu el len Tra di -tio nen Ti bets an er kannt hat. Er hat die Ar beit von Sei ner Hei lig -keit Lung tok Ten pa’i Ny i ma Rin po che und Lo pön Ten zin Nam -dak Rin po che im mer wärms tens un ter stützt und ge för dert. Erbat sie per sön lich dar um, das Er be des al ten Bön zu be wah ren,da mit die ser Schatz auch künf tig al len Ti be tern zur Ver fü gungste hen mö ge.

Die Men schen im Wes ten ste hen dem Bön of fen ge gen über,wenn sie erst mehr dar über wis sen. In den Tex ten und Übun genfin den sie Stu di um und Pra xis, Glau ben und kri ti sche Ver nunftglei cher ma ßen an ge spro chen. Das Bön, das sich in Zei ten ent wi -ckelt hat, in de nen es kei ne schrift li che Über lie fe rung gab, bie tetGe le gen heit zu scha ma ni scher Pra xis eben so wie zu phi lo so phi -schen Aus ei nan der set zun gen. Die klös ter li che Tra di ti on hat dar -in eben so Platz wie yo gi sche Übun gen, tant ri sche Über tra gun -gen und die höchs ten Leh ren der Gro ßen Voll kom men heit. Ob -wohl die ses Buch in ers ter Li nie für den Prak ti zie ren den ge dachtist, hof fe ich, dass ich den Le sern da mit auch ei nen Ein blick inden un ge heu ren Reich tum und die Tie fe der spi ri tu el len Tra di ti -on des Bön ge ben kann.

Die Übun gen des spi ri tu el len We ges zei ti gen, wenn sie kor rektver stan den und an ge wen det wer den, kon kre te Re sul ta te. Die sewie der um stär ken den Glau ben. Wenn der Glau be stark und aufin ne re Si cher heit ge grün det ist, er mu tigt er zur Pra xis. Glau be

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Tenzin Wangyal Rinpoche

Die heilende Kraft des BuddhismusLeben im Einklang mit den fünf Elementen

Taschenbuch, Broschur, 256 Seiten, 12,5 x 18,3 cmISBN: 978-3-442-21975-9

Goldmann

Erscheinungstermin: Januar 2012

Eine der ältesten geheimen Traditionen Tibets, leicht verständlich dargestellt Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum besitzen im Buddhismus heilende Kräfte, die nurerschließen kann, wer sich den Elementen mit Respekt und Wissen nähert. Der tibetischeSchamane Tenzin Wangyal Rinpoche verbindet alte Traditionen zu einem auch für westlicheMenschen gangbaren Weg der Heilung. Er erläutert die Kraft und Bedeutung der fünf Elemente,führt in den Umgang mit ihnen ein und leitet zu Meditationsübungen an. Eine faszinierendeReise zu den Wurzeln des tibetischen Buddhismus und zu Naturerlebnissen der besonderen Art.


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