einfuhrung in die laborpraxis: basiskompetenzen fur laborneulinge 2. auflage (springer-lehrbuch)

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Page 1: Einfuhrung in die Laborpraxis: Basiskompetenzen fur Laborneulinge 2. Auflage (Springer-Lehrbuch)
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Springer-Lehrbuch

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Bruno P. Kremer ⋅ Horst Bannwarth

Einführung in die Laborpraxis

Basiskompetenzen für Laborneulinge

Zweite, aktualisierte und erweiterte Auflage

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Page 4: Einfuhrung in die Laborpraxis: Basiskompetenzen fur Laborneulinge 2. Auflage (Springer-Lehrbuch)

Dr. Bruno P. Kremer Prof. Dr. Horst Bannwarth

Universität zu Köln Zentrum für Mathematische und Naturwissenschaftliche Bildung Institut für Biologie und ihre Didaktik Gronewaldstraße 2 50931 Köln

[email protected] [email protected]

ISSN 0937-7433 ISBN 978-3-642-17073-7 e-ISBN 978-3-642-17074-4 DOI 10.1007/978-3-642-17074-4 Springer Heidelberg Dordrecht London New York

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio-grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2009, 2011 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die derÜbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, derFunksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und derSpeicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung,vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch imEinzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes derBundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sieist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werkberechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher vonjedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: WMXDesign GmbH, Heidelberg Umschlagabbildungen: Bruno P. Kremer, Eleni Veliou Grafik: studio_bpk Wachtberg Satz: Druckfertige Vorlage der Autoren Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)

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Inhalt

Warum gerade dieses Buch? .....................................................................1

Basiskompetenzen

1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht ......................................3 1.1 Verantwortung im Labor ..........................................................4 1.2 Grundsätze für die Laborsicherheit ..........................................5 1.3 Der Arbeitsplatz im Labor ........................................................7 1.4 Besondere Sicherheitshinweise ................................................9 1.5 Gefahrstoffe und Gefahrgut ....................................................11 1.6 Die H-, P-, R- und S-Sätze ......................................................13 1.7 Umweltaspekte und Entsorgung .............................................15 2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen ............................17 2.1 Elemente, Gemische, Verbindungen ......................................18 2.2 Basen, Säuren und Salze .........................................................19 2.3 Alkane als Basismoleküle .......................................................24 2.4 Benennung von Kohlenwasserstoffen ....................................25 2.5 Funktionelle Gruppen schaffen Vielfalt .................................29 2.6 Reinheits- und Qualitätsbezeichnungen ..................................33 3 Werkstoffe, Geräte, Apparturen ...................................................35 3.1 Werkstoffe ..............................................................................35 3.2 Geräte ......................................................................................39 3.3 Verbindungen schaffen ...........................................................45

4 Einheiten, Maße und Zahlen ..........................................................49 4.1 Teile und Vielfache von Einheiten .........................................54 4.2 Besondere Schreibweisen .......................................................55 5 Protokollieren und Dokumentieren ...............................................59 5.1 Labordokumente .....................................................................64 5.2 Grafiken ..................................................................................64 5.3 Tabellen ..................................................................................68

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VI Inhalt

Quantifizieren

6 Stoffe wägen .....................................................................................71 7 Volumina bemessen ........................................................................75 7.1 Laborgeräte zur Volumenmessung .........................................76 7.2 Gefäßkennzeichnung ..............................................................78 7.3 Mit Pipetten kompetent umgehen ...........................................81 7.4 Spritzen sind besondere Messgefäße ......................................84 7.5 Messkolben .............................................................................86 7.6 Büretten ..................................................................................87 7.7 Reinigen von Glasgefäßen ......................................................89

8 Temperatur und Temperieren .......................................................91 8.1 Thermometer ..........................................................................93 8.2 Erwärmen und Erhitzen ..........................................................96 8.3 Kühlen ....................................................................................99

9 pH-Wert und Titrimetrie .............................................................101 9.1 Berechnung des pH-Wertes ..................................................103 9.2 Puffersysteme .......................................................................104 9.3 Bestimmung des pH-Wertes mit Indikatoren .......................105 9.4 Potentiometrie: Messung mit der Glaselektrode ...................107 9.5 Titrimetrie .............................................................................109 10 Dichte bestimmen ..........................................................................113 10.1 Dichtebestimmung mit dem Aräometer ................................114 10.2 Polarimetrie ..........................................................................115

11 Mit Gasen arbeiten .......................................................................117 11.1 Farbkennzeichnung von Gasflaschen ...................................118 11.2 Sicherheitsaspekte beim Umgang mit Gasen .......................120 11.3 Mit Gasen rechnen ................................................................124

Lösen, Mischen, Trennen

12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen ...........................125 12.1 Kolligative Eigenschaften .....................................................125 12.2 Solvatation ............................................................................126 12.3 Lösemittelklassen .................................................................127 12.4 Mengen- und Konzentrationsangaben ..................................132

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Inhalt VII

12.5 Das Avogadro’sche Gesetz ...................................................141 12.6 Errechnen von Anteilen und Konzentrationen ......................142

13 Stoffe trennen ................................................................................147 13.1 Fällung ..................................................................................149 13.2 Filtration ...............................................................................150 13.3 Destillation ............................................................................153 13.4 Schütteltrennung ...................................................................155

14 Zentrifugieren ...............................................................................157 14.1 Rotoren und Zentrifugen .......................................................158 14.2 Zentrifugationsverfahren ......................................................159 15 Chromatographie und Elektrophorese .......................................163 15.1 DC trennt niedermolekulare Substanzen ..............................164 15.2 Ionenaustauschchromatographie ...........................................167 15.3 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) ..........168 15.4 Trennung hochmolekularer Verbindungen ...........................168

Weitere Basistechniken 16 Mikroskopieren .............................................................................173 16.1 Funktionsteile eines Mikroskops ..........................................174 16.2 Arbeitsplatzausstattung .........................................................176 16.3 Vom Präparat zur Beobachtung ............................................177 16.4 Die Köhler’sche Beleuchtung ...............................................180 16.5 Frisch- vs. Dauerpräparat ......................................................181 16.6 Spezielle Beleuchtungsverfahren für spezielle Zwecke .......185 16.7 Dokumentation .....................................................................187 16.8 Instrumentenpflege ...............................................................187

17 Photometrieren ..............................................................................189 17.1 Spektroskopie und Photometrie ............................................190 17.2 Szintillationsspektrometrie ...................................................193

18 Sterilisation und steriles Arbeiten ...............................................195 18.1 Wichtige Sterilisationsverfahren ..........................................197 18.2 Sterilisation durch Erhitzen ..................................................197 18.3 Sterilisation mit chemischen Mitteln ....................................199 18.4 Sterilisation durch Strahlen ...................................................200 18.5 Sterilfiltration ........................................................................200 18.6 Steriles Arbeiten ...................................................................202

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VIII Inhalt

19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten ...............................................203 Zum Weiterlesen ....................................................................................229 Zum Nachschlagen: Register .................................................................231

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Warum gerade dieses Buch?

Die 2009 erschienene Erstauflage dieses Buches wurde von der Fachkritik und von den Buchinteressenten zu unserer Freude außerordentlich positiv aufgenommen. Unsere Motivation war es, mit einem solchen Buch die fach-liche Kompetenz bei praktisch-experimentellen Laborarbeiten mit den not-wendigen theoretischen Grundlagen und vor allem mit handlungsorien-tiertem Verantwortungsdenken zu verknüpfen. Diese Grundidee bestimmt auch die vorliegende aktualisierte und erweiterte zweite Auflage.

Wir leben in einer von Naturwissenschaft und Technik bestimmten Welt. Der Wohlstand hängt wesentlich von technischen Errungenschaften und wissenschaftlichen Erkenntnissen ab, und diese gewinnt man hauptsächlich in Labors. Hier wurden und werden die Ideen zahlreicher Wissenschaftler aus Chemie, Physik, Biologie, Genetik, Medizin, Pharmazie und verschie-denen Ingenieurdisziplinen umgesetzt, erarbeitet, in ihrer Richtigkeit bestä-tigt oder verworfen und weiter entwickelt.

In Labors gelangen grundlegende und mit dem Nobelpreis gewürdigte Entdeckungen von Otto Hahn bis Peter Grünberg oder von Fritz Haber bis Gerhard Ertl. Im Labor entdeckten Sir Alexander Fleming das Penicil-lin, Feodor Lynen die Einzelschritte der Fettsäuresynthese und Melvin Calvin die Reaktionen des photosynthetischen C-Einbaus. In Labors wird tagtäglich routinemäßig unsere Gesundheit und Umwelt getestet. Die ge-naue Beschaffenheit unserer Nahrung, unseres Wassers, unserer Luft und unserer Böden wird im Labor untersucht. Krankheitskeime werden im Labor unter dem Mikroskop nachgewiesen und mit Hilfe von Labor-methoden identifiziert.

Für Schulen und Hochschulen ist es somit von überragender Bedeutung Menschen auszubilden, die durch erfolgreiches Arbeiten im Labor unsere Zukunft sichern. Hierzu sind besondere praktische und theoretische Basis-kompetenzen erforderlich. Experimente im Labor setzen Vermutungen oder Hypothesen der Wissenschaftler um. Sie gelingen nur mit sauberer Arbeit, genauer Beobachtung, exaktester Messung und optimaler Aus-wertung.

Leider kommt in den Schulen und oft auch noch in den Hochschulen we-gen enormer Stofffülle, notorischer Zeitknappheit und fehlender finanzieller Voraussetzungen das praktische Arbeiten im Labor sehr oft erheblich zu kurz. Ein abgerundeter Überblick zumindest über die wichtigeren Standard-

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2 Warum gerade dieses Buch?

labormethoden in Verbindung mit experimentellen Übungen ist demnach nur selten möglich. Studierende der experimentell orientierten naturwissen-schaftlichen Fächer sehen sich daher in der nicht unbedingt ermunternden Ausgangslage, dass ihnen wesentliche methodische bzw. labortechnische Basiskompetenzen fehlen. Das erschwert die Bewältigung experimenteller Aufgaben somit unnötig. Es betrifft beispielsweise die korrekte Handha-bung von Pipetten und anderen Hilfsmitteln der Volumetrie ebenso wie den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen oder die standardisierte Verwendung von Maßen und Messeinheiten

Da das erfolgreiche Arbeiten im Labor eine Menge handwerklich-technischer Fertigkeiten und Kenntnisse voraussetzt, der Umfang eines ein-führenden Werkes aber nicht beliebig aufgebläht werden kann, haben wir nur Grundlegendes und Wesentliches berücksichtigt. Dieses Buch führt also nicht in neueste und bewundernswert ausgefeilte Hightech-Verfahren der Gentechnik oder Molekularbiologie ein, sondern beschränkt sich auf den für die Laborpraxis essenziellen Grundlagenbereich, der konsequenterweise ein solides Fundament für alle weiterführenden und spezialisierten Methoden-repertoires bildet.

Zur Vermittlung solcher Kompetenz versuchen wir daher, in diesem Buch das Handeln mit dem Verstehen oder – anders ausgedrückt – die Pra-xis in geeigneter Weise mit der Theorie zu verknüpfen. Nur so ist naturwis-senschaftliches Arbeiten als empirisches Verfahren der Erkenntnisgewin-nung zu verstehen und erfolgreich in Handeln umzusetzen. Auf diesem Hintergrund vertreten wir hier ebenso wie in unseren früheren Buchprojek-ten als generelle Leitlinie die spezifische Kombination von Problem-based Learning mit Learning by Doing.

An die Sicherheit im Labor und die Vermeidung von Gefährdungen von Personen und Umwelt werden heute aus sehr guten Gründen immer strenge-re Anforderungen gestellt. Dieses hohe Niveau an Verantwortungsdenken soll auch für dieses Werk zu Grunde gelegt werden, so dass jeder mit gutem Gewissen im Labor arbeiten kann. So soll das Arbeiten im Labor auf jeden Fall erfolgreich, aber auch von Verantwortung gegenüber den Mitmenschen und der Umwelt geprägt sein und dennoch auch Freude am wissenschaftli-chen Tun mit Entdecken oder Bestätigen bereiten. Natürlich gibt es in der Laborroutine – fast wie im richtigen Leben – auch immer einmal etwas öde-re Strecken. Dennoch hoffen und wünschen wir, dass der fun factor beim investigativen Sondieren der Natur ebenso stimmt wie die grundsätzlich und immer beteiligte Chemie. Köln, im Februar 2011 Bruno P. Kremer und Horst Bannwarth

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Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht

Bereits in der Schule im experimentellen Unterricht, dann vor allem in der Berufsausbildung beispielsweise von Laborantinnen und Laboranten sowie im Studium der naturwissenschaftlichen Fächer sind jeweils Arbeiten im Labor unter Aufsicht einer verantwortlichen Lehrperson vorgesehen. Ebenso erfordern Seminar- und Examensarbeiten für die verschiedenen Abschlüsse (Praxisprüfung im Laboranten-, ferner Bachelor-, Master-, Diplom-Examen sowie Promotion) bereits im Labor eigenständiges und eigenverantwort-liches Handeln sowie ein methodisch qualifiziertes Vorgehen in Team- oder Einzelarbeit.

Die Motivation für das Arbeiten im Labor darf nicht nur in der Ableis-tung eines Pflichtprogramms bestehen. Vielmehr sollen Forscherdrang, wis-senschaftliche Neugier, das Interesse an der Beantwortung von interessanten Fragestellungen oder besonderen Problemlösungen oder die Suche nach empirischen Ergebnissen bzw. neuen Erkenntnissen immer im Vordergrund stehen. Allerdings zeigt die Erfahrung oft genug, dass es allein mit Begeis-terung und Engagement durchaus nicht getan ist.

Eine auf den amerikanischen Ingenieur Edward A. Murphy jr. zu-rückgehende Lebensweisheit, die gewiss auch für das Arbeiten im Labor gilt, ist die einfache Fundamentalaussage: „Alles, was schief gehen kann, wird auch schief gehen.“ („Whatever can go wrong, will go wrong“). Dieser vielfach auch als Murphys Gesetz (Murphy’s Law) zitierte und leider auch gar zu oft bestätigte Satz zeigt eine tiefe Einsicht in menschliches Versagen bzw. menschliche Unzulänglichkeit. Er betont zudem die Tatsache, dass der Mensch in schlecht überschaubaren und unzureichend geplanten oder plan-baren Situationen eben immer wieder Fehler macht. Man könnte empirisch-boshaft ergänzen: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis tatsächlich etwas schief geht, was prinzipiell schief gehen kann.

Hieraus ergibt sich nun als wichtigste Zielsetzung für das Arbeiten im Labor, dass man den Zeitpunkt des Eintretens eines Misserfolges, Schadens oder Unfalls nach Möglichkeit so weit hinauszögert wie nur irgendwie mög-lich – und bestenfalls sogar so lange, dass er praktisch überhaupt nicht ein-tritt. So wie auch für die umsichtige Teilnahme am Straßenverkehr eine ge-zielte und vorbereitende Verkehrserziehung nötig und erfolgreich ist, so müssen einige Maximen und Erziehungsziele auch für das Arbeiten im Labor im Vordergrund stehen. Dazu gehören unabdingbar die Erziehung zu

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4 1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht

exaktem, sauberem, ordentlichem, gewissenhaftem, geduldigem, rücksichts-vollem und ehrlichem Arbeiten. Mithin müssen auch Unzulänglichkeiten und Fehler genannt, eingestanden und zugegeben werden, auch wenn es den eigenen egoistischen Interessen, dem Ansehen oder dem Vorwärtskommens widerspricht oder zu widersprechen scheint.

1.1 Verantwortung im Labor

Handlungsorientiertes Verantwortungsdenken ist gerade für das Arbeiten im Labor in allen Belangen völlig unverzichtbar. Dazu trägt bei, dass man die folgende Leitaspekte stets vor Augen hat und als Grundkonsens auch immer befolgt: • Sicherer und sachgerechter Umgang mit Chemikalien und Geräten. • Planen, Vorbereiten und Umsetzen von Schutzmaßnahmen zur Ver-

meidung von Unfällen, um sich selbst und andere vor Gefahren und Schäden zu bewahren.

• Verantwortlich, rücksichtsvoll, vorausschauend und überlegt gegenüber Mensch und Umwelt handeln.

• Erkennen von Gefahren im Labor beim Umgang mit Chemikalien und Geräten.

• Insbesondere Gefahrenhinweise ernst nehmen und berücksichtigen. Jeder muss andererseits bereit sein, selbst Verantwortung zu übernehmen und nur das zu tun, was er verstanden hat und billigen kann.

• Sich und anderen durch korrektes Protokollieren jeweils Rechenschaft über den richtigen Umgang, das eigene Verhalten, das Befolgen von Vorschriften und Regeln und das geforderte methodische Vorgehen ge-ben können.

• Neuerungen, Weiterentwicklungen, Fortbildungen aufmerksam verfol-gen und berücksichtigen.

• Ethische Richtlinien für das wissenschaftliche Arbeiten einhalten und insbesondere auf den Schutz der Umwelt achten, zum Beispiel nur sol-che Materialien in das Abwasser geben, von denen keine Gefährdungen oder Belastungen ausgehen. Bei der Versuchsplanung immer bedenken und fragen, ob es umweltfreundlichere und weniger gefährliche Alter-nativen gibt.

Bereits der Ungeschulte kann sich durch Haltung und Einstellungen so-wie durch das Berücksichtigen solcher Grundsätze gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches und unfallfreies Arbeiten schaffen. Dabei gilt es zu be-achten, dass sorgfältiges, gewissenhaftes und wohlüberlegtes Handeln und

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1.2 Grundsätze für die Laborsicherheit 5

Verhalten im Labor natürlich nicht nur der Sicherheit, sondern letztlich auch der Qualität des wissenschaftlichen Arbeitens dient. Wer pfuscht, ungenau, flüchtig, unüberlegt oder gar fahrlässig arbeitet, gefährdet nicht nur seine eigene Gesundheit und diejenige anderer Menschen, sondern bringt sich auch um den Erfolg seiner Bemühungen.

1.2 Grundsätze für die Laborsicherheit

Besondere Gefahren im Labor sind Feuer, Vergiftung, Verätzung, Ver-letzung, Explosion, Radioaktivität und elektrischer Strom. Sicheres Arbeiten im Labor ist trotz der objektiven latenten Gefahrenpotenziale nicht un-möglich und schon gar keine Frage des Zufalls. Bei der strikten Befolgung und Berücksichtigung nur weniger effektiver, aber zugegebenermaßen es-senzieller Sicherheitsgrundsätze ist das akute Gefahrenpotenzial beim Ar-beiten im Labor und beim Umgang mit kritischen Substanzen denkbar ge-ring. Zu den wichtigsten Grundsätzen für die Sicherheit im Labor, die man früher oft fälschlicherweise als selbstverständlich betrachtet hat und die ausnahmslos zu befolgen sind, gehören: • Den Anordnungen der verantwortlichen Laborleitung, den schriftlich

(Aushänge!) und mündlich gegebenen Anweisungen ist unbedingt und sofort Folge zu leisten.

• Potenzielle Gefahren bereits bei der Versuchsplanung berücksichtigen und geeignete Sicherheitsmaßnahmen treffen.

• Fremde und unbefugte Personen dürfen keinen Zugang zum Labor sowie zu den Chemikalien und Geräten haben. Das Reinigungspersonal ist an-gemessen zu unterweisen. Es muss in jedem Fall sichergestellt werden, dass bei Reinigungsmaßnahmen nicht zusätzliche Gefahren durch verse-hentlich zerbrochene Glasflaschen und auslaufende Flüssigkeiten entste-hen.

• Generell auf Sauberkeit und strikte Ordnung auf dem Arbeitsplatz ach-ten. Unübersichtliche Situationen vermeiden oder gar nicht erst entstehen lassen. Nur das tun, wozu man sich in der Lage und kompetent weiß. Bei allen Unsicherheiten lieber kein Risiko eingehen, sondern sicherheits-halber nachfragen und Erkundigungen einholen.

• Lebensmittel (inkl. Getränke) dürfen nicht mit ins Labor gebracht wer-den. Schminken oder gar rauchen sowie intensive Personenkontakte sind im Labor ebenfalls absolut tabu.

• Besondere Sicherheitsvorschriften sind vor allem beim Arbeiten mit sol-chen Stoffen zu beachten, welche die Gesundheit gefährden können (vgl. Gefahrstoffverordnung). Gefährdungen gehen in Forschungslabors aus

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6 1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht

von ionisierenden Strahlen, elektromagnetischen Feldern, optischen Strahlen (UV, IR, Laser) und bestimmten Stoffen, vor allem von ätzen-den oder reizenden, giftigen, cancerogenen, mutagenen oder teratogenen Substanzen, aber auch von Krankheitserregern und infektiösem gene-tischem Material.

• Nie unter Zeitdruck und Stress arbeiten. Nicht hasten, eilen, drängeln, stoßen – auch und gerade nicht beim Abbauen, Auf- oder Abräumen.

• Nicht unvorbereitet im Labor erscheinen. Machen Sie sich zuvor kompe-tent und befassen Sie sich rechtzeitig im zeitlichen Vorfeld mit den Be-sonderheiten, insbesondere mit den Problemen und Gefahren der geplan-ten Versuche.

• Betriebs- und Gebrauchsanweisungen sowie Versuchsanleitungen immer genau lesen und konsequent die relevanten Sicherheitsmaßnahmen ein-halten.

• Sich bewusst sein, dass Menschen nur nach vorne gerichtete Augen ha-ben und nicht alles sehen können. Rücksicht im Wortsinn nehmen! Dazu gehört auch zu bedenken, dass man selbst ebenso wie andere Fehler ma-chen kann.

• Grundsätzlich nicht allein im Labor arbeiten – es sei denn, eine gültige Betriebsanweisung lässt Ausnahmen für Arbeiten mit geringem Ge-fährdungspotenzial zu. Sollte trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ein Notfall eintreten, muss immer jemand zur Stelle sein, um zu helfen oder Hilfe herbeizurufen.

• Im Notfall immer den Arzt verständigen. Auch bei aller Vorsicht immer auf den Schadensfall eingestellt sein: Hilfsmaßnahmen vorbereiten und unbedingt Telefon- bzw. Mobilnetznummern für Hilfe von außen bereit-halten.

• Im Schadensfall nicht selbst ohne Rücksprache mit einem Verantwort-lichen versuchen, einen Schaden zu beheben. Einfaches Lüften und den Raum zu verlassen, ist meistens eher angebracht, als eine vergossene or-ganische Flüssigkeit aufnehmen zu wollen und sich den Dämpfen auszu-setzen.

• Im Labor sind Laborkleidung, Laborkittel oder zumindest solche Klei-dungsstücke zu tragen, bei denen etwaige Beschädigungen unbedeutsam sind. Die Kleidung (keine kurzen Hosen!) und vor allem die Schuhe (keine offenen Schuhe, Flipflops oder Highheels) dürfen das Arbeiten und Bewegen im Labor unter keinen Umständen behindern.

• Kleider, die man gerade nicht benötigt, immer so aufbewahren, dass sie nicht mit Chemikalien in Berührung kommen können.

• Bei allen Laborarbeiten ist das Tragen einer geeigneten Schutzbrille Pflicht. Falls das Auge dennoch mit Chemikalien in Berührung ge-

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1.3 Der Arbeitsplatz im Labor 7

kommen ist, sofort auswaschen und Augendusche anwenden. Augen-spülflasche(n) nur im Notfall einsetzen.

• Der Kontakt der Haut mit Chemikalien, insbesondere Verätzungen durch Laugen und Säuren, ist unbedingt zu vermeiden. Beim Umgang mit ag-gressiven Substanzen immer Schutzhandschuhe tragen.

• Personen, die zu Allergien neigen oder bei denen eine Schwangerschaft vermutet wird, vorher den Laborverantwortlichen melden.

• Niemals einen laufenden Versuch allein und unbeaufsichtigt lassen. Das Labor erst dann verlassen, wenn alle Versuche und Arbeiten abgeschlos-sen sind.

• Keine Fluchtwege mit Versuchsaufbauten, Behältern, Labormöbeln o.ä. verstellen.

• Vor Verlassen des Arbeitsplatzes alle Geräte abschalten und die Gashäh-ne (auch den Sicherheitshaupthahn im Labor) schließen.

1.3 Der Arbeitsplatz im Labor

Laboreinrichtungen in Schulen und Hochschulen, in der Industrie oder in sonstigen Einrichtungen, in denen mit chemischem Methodenrepertoire ge-arbeitet wird, sind den jeweiligen Aufgabenfeldern angepasst und insofern ziemlich unterschiedlich oder zumindest spezialisiert. Verständlicherweise ist nicht jedes Labor für sämtliche Untersuchungen und Verfahren einge-richtet. In den wichtigsten Grundzügen sind sich aber alle Laborarbeitsplät-ze zumindest ähnlich, unabhängig davon, ob chemische, biochemische, pharmazeutische, biologisch-physiologische oder gentechnische Fragestel-lungen bearbeitet werden.

Gewöhnlich umfasst ein Laborarbeitsplatz einen festen Arbeitstisch mit einer Arbeitsplatte aus Keramikfliesen, Mattglas oder Edelstahl. Er ist meist für stehendes Arbeiten bemessen. Die Arbeitsfläche wird rückwärts von ei-nem stabilen Regalaufbau abgeschlossen. Dieser dient zum Aufbewahren der häufig verwendeten Materialien und ist auch mit sämtlichen laborübli-chen Versorgungsleitungen ausgestattet. Meist gehört zur Arbeitsplatte noch ein kleines Spülbecken (Ausguss), das jedoch nicht für die Chemikalienent-sorgung vorgesehen ist. Unter der Arbeitsplatte befindet sich ein Schrank mit Schubladen, in denen gewöhnlich Kleingeräte, Glaswaren und sonstige Utensilien aufbewahrt werden. Die Rohrleitungsinstallationen sind mit be-sonderen Kennfarben markiert. Diese darf man jedoch nicht mit der Farb-kennzeichnung von Druckgasflaschen verwechseln (Tabelle 1-1).

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8 1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht

Tabelle 1-1. Farbkennzeichnung für laborübliche Installationen

Installation Kennfarbe Hinweis

Vakuumleitung grau bis Restdruck von ca. 120 mbar

Wasser grün Normales Brauchwasser; sonst mit Aufschrift „Trinkwasser“ oder „Ent-mineralisiertes (deionisiertes)Wasser“

Druckluft blau Druck von ca. 3 bar

Erdgas gelb Druck von ca. 2 bar; andere Gase (Stickstoff, Helium) mit entsprechender Aufschrift

Elektrischer Strom keine 230 V Wechselstrom

Auf dem Regal werden die am Arbeitsplatz häufig benötigten Chemika-

lien bevorratet – praktischerweise getrennt nach Flüssigkeiten und Pulver-substanzen in jeweils alphabetischer Sortierung. Nur solche Stoffe dürfen direkt am Arbeitsplatz gelagert werden, die keine aggressiven Dämpfe ent-wickeln. Brennbare Lösemittel (oder Lösungen) mit Flammpunkt unter 55 °C dürfen nur in fest verschließbaren Gefäßen bis 1 L Nennvolumen aufbewahrt werden. Die Anzahl der Behältnisse ist auf das notwendige Maß zu beschränken. Für größere Vorräte muss ein separater Lösemittelraum vorhanden sein. Analoges gilt für konzentrierte Säuren oder Laugen. Alle im Labor vorhandenen bzw. verwendeten Chemikalien sind grundsätzlich als gefährlich einzustufen und dürfen nur in den dafür vorgesehenen Ge-fäßen mit eindeutiger, leserlicher Beschriftung gelagert werden. Arbeiten mit flüchtigen oder stäubenden Stoffen werden nur unter dem Abzug durch-geführt.

Laborneulinge sollten sich bereits zu Beginn des Einarbeitens insbeson-dere mit den folgenden Aspekten vertraut machen: • Wo befinden sich die Rettungsmittel (Verbandkasten, Augendusche, Si-

cherheitsdusche, Feuerlöschgerät, Schutzmaske u.a.), der Gasnothahn sowie Bindemittel für verschüttete Chemikalien?

• Wo finde ich die Notfall-Rufnummer? Wo befindet sich der nächste Feuermelder? Wo ist das nächste Telefon zur Verständigung der Feuer-wehr (bundesweit 112)? Wer ist bei einem Unfall der nächsterreichbare Ansprechpartner?

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1.4 Besondere Sicherheitshinweise 9

• Wo stehen die Chemikalienvorräte, wie sind sie sortiert und wo werden sie abgewogen?

• Wo werden die wichtigsten sauberen Glaswaren gelagert? Wo verblei-ben die gebrauchten bzw. verschmutzten Glasgeräte?

• Wie werden die im Labor vorhandenen Geräte für den Allgemein-gebrauch bedient, beispielsweise Fein- und Analysenwaage, pH-Meter, Zentrifuge, Ultraschallbad, Rührer, Schüttler oder Wärmeschränke?

• Wie und wo werden die gebrauchten Chemikalien entsorgt? Benutzte Chemikalien werden nie oder nur in vorher ausdrücklich angegebenen Ausnahmefällen in die Vorratsbehälter zurückgegeben, aus denen sie entnommen wurden.

1.4 Besondere Sicherheitshinweise

Alle Arbeiten im Labor bergen grundsätzlich ein gewisses Gefahrenpoten-zial. Der Arbeitsplatz Labor gleicht insofern dem Wirkort Haushalt, wo sich statistisch die weitaus meisten Unfälle infolge Unachtsamkeit oder Un-kenntnis ereignen. Eine besondere Risikogruppe stellen jeweils die La-borneulinge dar, die das Gefahrenpotenzial noch nicht realisieren. Außer den bereits benannten Allgemeinregelungen gelten für das Arbeiten und Experimentieren in einem chemischen bzw. in einem chemische Verfahren einsetzenden Labor anderer naturwissenschaftlicher Teildisziplinen die fol-genden Sicherheitsempfehlungen, die jeweils strikt zu befolgen sind: • Elektrischen Strom und Wasser kann man nicht mischen! Beim Einsatz

elektrischer Geräte immer auf sichere Distanz von wässrigen Lösungen oder anderen Flüssigkeiten achten, die den elektrischen Strom leiten.

• Flaschen mit Lösemitteln oder anderen Chemikalien im Labor grund-sätzlich nicht an der Verschlusskappe anheben und transportieren, son-dern mit einer Hand unter dem Flaschenboden und der anderen am Fla-schenhals.

• Bei größeren Transportwegen Flaschen in einem besonderen Behälter (Eimer, Tragekorb o.ä.) bewegen.

• CLP-Gefahrstoffsymbole auf den Chemikalienbehältnissen beachten. • Grundsätzlich alle Gefäße mit angesetzten Lösungen oder abgefüllten

Feststoffen genau, gut leserlich und vollständig beschriften. Beschrif-tungselemente sind a) die exakte Benennung der betreffenden Verbin-dung, b) die enthaltene Konzentration, c) das Abfülldatum und d) die re-levanten H- und P-Hinweise (früher R- und S-Sätze; vgl. Kapitel 1.6).

• Grundsätzlich keine Laborchemikalien in Behältern aufbewahren, die zuvor für Lebensmittel vorgesehen waren.

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10 1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht

• Generell keine Flüssigkeitstropfen auf dem Labortisch dulden! Es könn-ten nämlich Reste von aggressiven Säuren, z.B. Schwefelsäure, oder Laugen wie Natriumhydroxid sein, die Kleidung, Haut oder Augen ver-letzen oder zumindest gefährden. Etwaige Spritzer auf Kleidung und Haut sofort mit reichlich Leitungswasser abspülen. Verschüttete Flüssig-keit auf dem Arbeitsplatz sofort mit dafür bereitgehaltenem Papier auf-wischen.

• Feste Substanzen sofort auffegen und richtig entsorgen. • Arbeiten mit Gasen bzw. flüchtigen organischen Lösemitteln sind immer

nur unter dem laufenden Abzug durchzuführen. • Niemals starke Säuren und Laugen oder starke Oxidationsmittel (z.B.

Sauerstoff, Chlor, Brom) mit Reduktionsmitteln reagieren lassen – es sei denn, es werden im Ausnahmefall exakte Sicherheitsvorschriften ein-gehalten.

• Bei Verdünnungen niemals Wasser zu konzentrierten Säuren, bei-spielsweise konzentrierter Salpeter- oder Schwefelsäure, geben.

• Alle Laborgeräte aus Glas vor dem Gebrauch auf Risse oder Schad-stellen (Bruchstellen bzw. so genannte Sterne) kontrollieren. Schadhaftes Glasmaterial generell nicht mehr verwenden, sondern zur Reparatur ge-ben oder zur Entsorgung in den Glasabfall aussortieren.

• Glasgeräte, die einem Unter- oder Überdruck ausgesetzt werden, nur un-ter den angegebenen Sicherheitsvorkehrungen (Vorhang, Schutzscheibe) verwenden.

• Vorsicht beim Erhitzen von Versuchansätzen im Reagenzglas: Siedever-zug beachten! Reagenzglasöffnung nie zum eigenen Gesicht oder in Richtung zum Nachbarn gerichtet halten. Reagenzglas in der Brenner-flamme grundsätzlich hin und her bewegen (vgl. Kapitel 8).

• Niemals Lösungen, auch keine schwach konzentrierten Säuren oder Laugen und schon gar nicht Lösungen toxischer Substanzen mit dem Mund pipettieren! Grundsätzlich Pipettetierhilfen wie Peleusball o.ä. verwenden (vgl. Kapitel 7).

• Beim Lösen von Stoffen in Wasser oder anderen Lösemitteln niemals das Reagenzglas oder andere Gefäße mit dem Daumen verschließen, und dann kräftig durchschütteln! Parafilm, Stopfen aus Kork oder Kunststoff verwenden und zum Durchmischen des betreffenden Gefäßes zum Durchmischen einen Labormixer (Vortex o.a.) verwenden.

• Alle Bedenken, Fehler, Misserfolge, besonderen Vorkommnisse, Scha-densfälle oder Unfälle unbedingt der Laboraufsicht melden. Kritik und Verbesserungsvorschläge sind immer erwünscht und einzubringen.

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1.5 Gefahrstoffe und Gefahrgut 11

Aus dieser sicherlich umfangreichen Auflistung wird deutlich, dass sich ein Schaden nur durch mehrere Maßnahmen vermeiden lässt. Das heißt umge-kehrt, dass im Schadensfall nicht selten mehrere Grundsätze, Regeln und Vorschriften verletzt wurden. Werden gleich mehrere Sicherheitsaspekte nicht beachtet, ist das Risiko eines Schadensereignisses groß. Wird zum Beispiel sowohl gegen das Gebot der Sauberkeit auf dem Labortisch ebenso verstoßen wie gegen die Vorschrift, im Labor nicht zu essen, ist zu erwar-ten, dass mit dem auf dem Labortisch abgelegten Brot auch Chemikalien oder Lösungen mit etwaigen gesundheitlichen Konsequenzen aufgenommen werden. Wer keine Schutzbrille aufsetzt und nicht zugleich einen möglichen Siedeverzug vermeidet, wer unbekümmert Stoffe zusammengibt, die man nicht zusammenbringen darf, muss sich nicht über Folgen wie Augenverlet-zungen wundern. Wer etwa einen Rotationsverdampfer oder einen Autokla-ven einschaltet, ohne die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen zu tref-fen, und die Arbeitsanleitungen nicht genau liest und befolgt, handelt fahrlässig. Kommen Stress, Eile, Fahrlässigkeit, Unachtsamkeit und unvor-schriftsmäßiger Umgang mit Stoffen oder Materialien – etwa mit Quecksil-berthermometern – zusammen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Schadens oder Misserfolgs erheblich.

Alle diese aus sicherlich guten Gründen geforderten strikten Vorsichts-maßregeln sollen aber andererseits die Freude am Arbeiten im Labor nicht trüben. Es geht vielmehr darum, den Lernenden zu vermitteln, dass nichts zu befürchten ist, wenn man alles richtig macht. Um dies zu demonstrieren, haben ehrgeizige Chemiker ihre Experimente auch schon in Frack und Zy-linder vorgeführt.

1.5 Gefahrstoffe und Gefahrgut

Chemikalien, umgangssprachlich mitunter nicht völlig korrekt auch als chemische Stoffe oder chemische Substanzen zitiert, können als Reinstoffe ebenso wie in Gemischen (Zubereitungen) erhebliche Gefahren für Mensch und Umwelt darstellen. Aus Gründen einer die Arbeits- und Um-weltsicherheit berücksichtigenden Prävention werden gefährliche Chemika-lien (= Gefahrstoffe) EU-einheitlich nach ihrem Gefahrenpotenzial bewer-tet. Zur Kennzeichnung von Gefahrstoffbehältern (Verpackungen mit Gefahrstoffen) dienen die in Tabelle 19-9 (im Anhang) wiedergegebenen Gefahrensymbole, die man auch Gefahrenkennzeichen nennt. Außerdem werden Gefahrstoffe durch die in Kapitel 1.6 benannten und im Anhang aufgelisteten H- und P-Sätze (früher R- und S-Sätze) charakterisiert.

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12 1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht

Gefahrstoffe müssen nach den in nationales Recht umgesetzten EU-Gefahrstoffrichtlinien besonders gekennzeichnet werden. Nach der in Deutschland gültigen Gefahrstoffverordnung besteht die unbedingte Ver-pflichtung, darauf zu achten, den Umgang mit Gefahrstoffen möglichst zu meiden oder ihren Einsatz einzuschränken, indem man weniger gefährliche Ersatzstoffe verwendet (Substitutionsprinzip).

Der Begriff Gefahrstoff wird für alle gefährlichen Substanzen verwendet, solange sie gelagert oder im Labor bzw. industriell verwendet werden. So-fern Gefahrstoffe auf Straße, Schiene oder per Schiff transportiert werden, bezeichnet man sie als Gefahrgut. Dafür sind eigene Richtlinien und Vor-schriften gültig. Transportfahrzeuge bzw. Transportbehälter müssen mit speziellen Gefahrzetteln und Gefahrentafeln gekennzeichnet sein. Einige wichtige Gefahrgutsymbole zeigt Tabelle 19-10 (im Anhang). Bei der An-lieferung gefährlicher Güter aus den USA findet sich zur Kennzeichnung üblicherweise der Gefahrendiamant (hazard diamond), der bei einem Un-fall die sofortige Gefahrenbeurteilung durch Rettungskräfte ermöglicht. Sei-ne wichtigsten Kategorien zeigt Tabelle 19-11 (im Anhang).

CMR-Stoffe sind solche Substanzen, die krebserzeugend (cancerogen), mutationsauslösend (mutagen) oder fortpflanzungsgefährdend (reprodukti-onstoxisch) wirken (können). Sie werden ebenso wie Allergene durch Ge-fahrensymbole und durch H- und P-Hinweise (Kapitel 1.6) besonders ge-kennzeichnet.

Unter der Bezeichnung REACH (Registration, Evaluation and Authori-zation of Chemicals) ist seit 1. Juli 2007 eine EU-einheitliche Neuordnung des Chemikalienrechts in Kraft, die zwar in erster Linie Hersteller, Impor-teure und Händler von Stoffen betrifft, aber auch Auswirkungen auf den Arbeitsschutz und die Sicherheitsbelange im Labor hat, obwohl dadurch die Gefahrstoffverordnung nicht berührt wird. Die neuen Vorschriften sind auf den Websites der Berufsgenossenschaft Chemie (www.bgchemie.de) oder der europäischen Chemikalienagentur (http://ec.europa.eu/echa) einzusehen.

Am 20. Januar 2009 trat die EG-Verordnung Nr. 1272/2008 in Kraft. Sie betrifft die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (Regulation on Classification, Labelling and Packaging of Sub-stances and Mixtures), wird daher kurz CLP-Verordnung genannt und er-setzt die bisherige europäische Stoffrichtlinie 67/548/EWG sowie die Zube-reitungsrichtlinie 1999/45/EG. Sie ist im Internet einzusehen unter www.reach-clp-helpdesk.de/de/CLP/CLP.html.

Die CLP-Verordnung geht auf Kapitel 19 der Agenda 21 (UN-Nachhaltigkeitskonferenz Rio de Janeiro 1992) zurück, welches ein welt-weit gültige Chemikalienkennzeichnungssystem GHS (Globally Harmoni-zed System) empfiehlt. Ab dem 1. Dezember 2010 müssen Stoffe und ab dem 1. Juni 2015 Gemische nach GHS bzw. CLP gekennzeichnet werden.

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1.6 Die H-, P-, R- und S-Sätze 13

Statt der bisher üblichen Gefahrensymbole mit schwarzen Aufdrucken auf orange-gelben Rechtecken warnen nunmehr neun Gefahrenpiktogramme mit schwarzen Symbolen auf weißem Grund in rot umrandeten Rhomben (vgl. Tabelle 19-9 im Anhang). Als neue und GHS-spezifische Kennzeich-nungselemente dienen die Signalwörter „Gefahr“ sowie „Achtung“. Ihnen weichen die bisherigen Bezeichnungen der Gefahren wie giftig oder ge-sundheitsschädlich, die den alten Gefahrensymbolen zugeordnet waren. Gleichzeitig werden die erläuternden R- und S-Sätze gegen die neuen H- und P-Hinweise (Hazard and Precautionary Statements) ausgetauscht.

Alle relevanten Daten über Gefahrstoffe sind in Sicherheitsdatenblät-tern sowie die Betriebsanweisungen für Gefahrstoffe zusammengestellt, die im Labor bereitgehalten werden müssen. Sie benennen neben den physi-kalisch-chemischen Eigenschaften wie Stabilität und Reaktivität, Handha-bung und vorschriftsmäßiger Lagerung beispielsweise auch Erste-Hilfe-Maßnahmen und geben Empfehlungen zur ökologisch unbedenklichen Ent-sorgung. Außerdem enthalten sie die relevanten H- und P-Hinweise.

Der Zugriff auf diese Datensammlungen ist möglich über www.gefahrstoffe-im-griff.de oder www.gischem.de.

1.6 Die H-, P-, R- und S-Sätze

Entsprechend den verbindlichen EU-Vorgaben benennt das in Deutschland seit 1990 gültige Chemikaliengesetz 15 verschiedene Gefährlichkeits-merkmale bei Stoffen, die für den Menschen oder die Umwelt eine Gefahr darstellen und daher als Gefahrstoffe gelten (Tabelle 1-2).

Die genauere Einstufung und Bewertung eines bestimmten Gefahrstoffes erfolgt über die in den H-Sätze (Hazard-Hinweise, früher R- bzw. Risiko-Sätze) enthaltenen Warnhinweise, welche die Gefahrenmerkmale einzelner gefährlicher Stoffe (Elemente oder chemische Verbindungen) und daraus hergestellte Zubereitungen betreffen. Zusätzlich geben die P-Sätze (Precau-tionary-Hinweise; früher S- bzw. Sicherheits-Sätze) für jeden Stoff speziel-le Sicherheitsratschläge, die verbindliche Maßnahmen für den sicheren Um-gang mit dem betreffenden Gefahrstoff benennen. Die in den Tabellen 19-3 und 19-5 (im Anhang) aufgelisteten H- und P-Hinweise sind EU-einheitlich festgelegt und rechtsverbindlich. Sie müssen im Warenverkehr auf den Ver-packungen in den jeweiligen Landessprachen angebracht werden. Sie be-schreiben allerdings nur Gefahrenmerkmale, die sich aus den chemischen (stofflichen) Eigenschaften herleiten, dagegen keine Gefahrenpotenziale durch Radioaktivität oder infektiöses Material. Diese sind im nationalen Recht Gegenstand anderer Verordnungen bzw. Technischer Regeln.

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14 1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht

Tabelle 1-2. Gefährlichkeitsmerkmale nach dem Chemikaliengesetz. Zu den bishe-rigen Gefahrensymbolen s. Tabelle 19-7 (im Anhang)

Gefahrensymbol Klassifizierung Toxische Eigenschaften T giftig T+ sehr giftig Xn gesundheitsschädlich C ätzend Xi reizend (ohne Symbol) sensibilisierend Physikalisch-chemische Eigenschaften F leichtentzündlich F+ hochentzündlich (ohne Symbol) entzündlich O brandfördernd E explosionsgefährlich Ökotoxikologische Eigenschaften N umweltgefährlich Spezielle toxische Eigenschaften (ohne Symbol) krebserzeugend (ohne Symbol) erbgutverändernd (ohne Symbol) fortpflanzungsgefährdend

H-Sätze (R-Sätze), die den Gefährlichkeitsmerkmalen „krebserzeugend“

(cancerogen), „erbgutverändernd“ (mutagen) und/oder „fortpflanzungsge-fährdend“ (reproduktionstoxisch) zugeordnet werden (CMR-Stoffe: H340 –H361), stehen meist am Anfang einer Gefahrstoffkennzeichnung. Die ande-ren H-Nummern folgen zumeist aufsteigend. Historisch bedingt benennen die niedrigen R-Nummern meist physikalische Gefahren wie Entflammbar-keit oder Explosionsgefahr, die mittleren Nummern Gesundheitsgefahren wie Giftigkeit oder Ätzwirkung und die höheren Nummern Umweltgefah-ren. Die dreistellig nummerierten H- und P-Sätze sind gleich nach Katego-rien sortiert (H200-Reihe: Physikalische Gefahren, H300-Reihe: Gesund-heitsgefahren usw.). Die H-, EUH- und P-Sätze sind neben den bisherigen R- und S-Sätzen in Kapitel 19 (Tabellen 19-1 ff) aufgelistet

Nach diesen Vorgaben stellt sich die Kennzeichnung einer Lösemittel-Vorratsflasche mit 96%igem Ethanol folgendermaßen dar (Abb. 1-1):

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1.7 Umweltaspekte und Entsorgung 15

Abb. 1-1. Beispiel für die Kennzeichnung einer Laborvorratsflasche mit dem Lö-semittel Ethanol (96%ig) nach den bisherigen (links) und nach den gültigen CLP-Regeln (rechts)

1.7 Umweltaspekte und Entsorgung

Die zunehmende Beachtung und Verbesserung des technischen Umwelt-schutzes bei der Entsorgung von Abfällen ist eine der erfreulichsten, aber auch notwendigen umweltpolitischen Errungenschaften der letzten Jahr-zehnte. Sie hat vor allem dazu geführt, dass die Luft über den Ballungsge-bieten sauberer geworden ist, Flüsse wie der Rhein weit weniger ver-schmutzt sind als früher und Ozeane nicht mehr unbedenklich der Entsorgung problematischer oder gar gefährlicher Abfälle dienen. Der Schutz der Umwelt, von Lebewesen ebenso wie von Lebensräumen, hat ei-nen hohen Stellenwert. Der Gesetzgeber hat dafür mit den zahlreichen im Umweltrecht zusammengefassten Gesetzen und Verordnungen eine umfas-sende Rechtsgrundlage geschaffen.

Unter Entsorgung versteht man alle Maßnahmen, die zur Verwertung und Beseitigung von Abfällen führen. Das Ziel ist heute eine integrierte Ent-sorgung mit den Schritten Getrenntes Sammeln der Abfälle in Sam-melsystemen / Transport und Zwischenlagerung / Sortieren der Abfallstoffe / Verwerten (Recycling) / Restabfallbehandlung sowie Deponierung. Die derzeit gültigen Entsorgungswege können jedoch nur immer unter den ge-gebenen Bedingungen und dem gegenwärtigen Stand der Technik als opti-mal gelten und haben daher nur vorläufigen Charakter. Sie sind aber den-noch verbindlich. Für Labore und deren Hauptabfallarten gelten die folgenden Entsorgungswege für Sonderabfälle: • Anorganische und anorganische Reste von Laborchemikalien werden in

Gruppen sortiert und zu Einheiten zusammengefasst. • Säuren, Basen und Salze werden getrennt gesammelt und entsorgt.

Ethanolca. 96%ig

R11S7-16

Ethanolca. 96%ig

H225P210 P222P403-404

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16 1 Bevor es los geht: Sicherheit und Umsicht

• Besonders reaktive Substanzen, darunter weißer Phosphor, Brom, Me-tallalkyle, explosive Stoffe, Königswasser (HNO3 + HCl), Chrom-schwefelsäure oder Restgase in Druckbehältern, bedürfen einer Son-derbehandlung: Sie müssen erst in entsorgungsfähige und wieder verwertbare Formen umgewandelt werden.

• Fotochemikalien werden bis zum Abtransport zwischengelagert. Ent-wickler und Fixierer werden getrennt gesammelt. Aus den Fixierbädern wird das Silber elektrolytisch zurückgewonnen. Fallweise müssen also detaillierte Arbeitsschritte folgen, die hier nicht darzustellen sind.

• Lösemittel und Lösemittel-Wasser-Gemische werden in Sammelgefäßen (Volumen 12 L) gesammelt und in Tankcontainer gepumpt. Deren Inhalt wird in einer Sonderabfallverbrennungsanlage entsorgt.

• Verunreinigte Materialien, Betriebsmittel wie Schutzhandschuhe, Ver-packungen mit Verunreinigungen durch Chemikalien, aber auch Filter- und Absaugmassen, Glas und Keramikabfälle mit schädlichen Verun-reinigungen werden in kubischen Tankcontainern (800 L) zwischen-gelagert. Auch hier erfolgt die Entsorgung, falls möglich, durch Verbrennung, nicht jedoch im Labor.

Die Gefahrstoffverordnung regelt (auch) für Schulen und Hochschulen, was zu beachten ist. Genauere Auskunft etwa zur Organisation des Arbeits-schutzes, zu Grundsätzen der Prävention, zu Unfallverhütungsvorschriften oder zum Umgang mit Gefahrstoffen geben die Unfallkassen sowie der Bundesverband der Unfallkassen. Gemeinsam mit der Berufsgenossen-schaft der chemischen Industrie wurden Merkblätter oder Broschüren zur Gefährdungsbeurteilung, zur Information für die Beschäftigten, zu Arbeits-schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, zum sicheren Umgang mit Gefahrstoffen in der pharmazeutischen Industrie und weitere wichtige Belange erarbeitet.

Ferner gibt es zahlreiche Schriften und Lernmedien, anhand derer sich sowohl die Verantwortlichen als auch die Studierenden und Auszubildenden zu den Themenfeldern Unfallverhütung, Sicherheit und Gesundheitsschutz informieren und sich ein umfassendes Know-how rund um den Arbeits-schutz im Labor aneignen können. Im Internet erhält man zudem branchen-spezifische Gefahrstoff-Informationen, beispielsweise unter www.baua.de (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin), www.bgrci.de (Be-rufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie), www.gischem.de oder www.umwelt-online.de/regelwerk/gefst.vo.

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Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen

Alle Dinge, die uns umgeben, bestehen aus Materie. Sie nehmen einen be-stimmten Raum ein, haben Masse und besitzen unter dem Einfluss des ir-dischen Gravitationsfeldes ein bestimmtes Gewicht. Die konkrete Ausdeh-nung, Form und Gestalt der Materie bezeichnet man als Körper. Diese sind, soweit es sich um ihre äußeren Zustände handelt, Gegenstand der Physik, aber auch der Chemie, die sich vor allem mit der genaueren Zu-sammensetzung der Körper und deren Veränderungen befasst und dem-nach Stoffe analysiert. Die Details des stofflichen Geschehens stehen not-wendigerweise auch bei der Analyse der Lebensvorgänge im Vordergrund. Insofern sind physiko-chemische Erkenntnisse ein integraler Bestandteil auch der Biologie sowie ihrer affinen Disziplinen Medizin, Pharmazie und Biotechnologie.

Bevor sich die Chemie im 17. Jahrhundert allmählich zur Wissenschaft entwickelte, war es generell üblich, die in der Natur vorkommenden Stoffe nach ihrer Herkunft als mineralische, pflanzliche oder tierische Substanzen zu unterscheiden. Ab dem 18. Jahrhundert grenzte man die mineralischen Stoffe als „unorganisierte Körper“ von den „organisierten Körpern“ aus Pflanzen oder Tieren ab. Erst im 19. Jahrhundert ersetzten im chemischen Kontext die Bezeichnungen „Substanz“ bzw. „Verbindung“ (= Chemi-kalien) den antiquierten Begriff Körper. Die stofflichen Komponenten orga-nismischer Herkunft nannte man fortan „organische Verbindungen“. Heute ist es in den Medien fallweise üblich, von „chemischen Substanzen“ zu sprechen, was streng genommen ein Pleonasmus ist.

Ein unverzichtbares Basisanliegen in allen Anwendungsbereichen chemi-scher Sachverhalte ist die korrekte und eindeutige Benennung der Stoffe bzw. Substanzen, die Gegenstand von Analyse oder Synthese sind. Nach-dem man zunächst jahrhundertelang lediglich Trivialbezeichnungen für die in der Natur vorkommenden Stoffe oder hergestellte Verbindungen be-nutzte, ist es angesichts der gewaltigen Anzahl heute bekannter Substanzen unumgänglich, ein auch international akzeptiertes und einheitlich prakti-ziertes Benennungsgefüge anzuwenden. Die Benennungsregeln gibt die IUPAC (International Union of Pure and Applied Chemistry) vor. Außer-dem erhält jede bekannte Verbindung als internationalen Bezeich-nungsstandard eine individuelle CAS-Nummer (CAS = Chemical Ab-

2

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18 2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen

stracts Service). Der universelle Naturstoff Wasser trägt beispielsweise die CAS-Nummer 7732-18-5.

Da Kenntnis und Verstehen von Substanzbezeichnungen für das Arbeiten im Labor als eine der basalen Voraussetzungen gilt, stellt dieses Kapitel im Überblick die wichtigsten Benennungsregeln für anorganische und organi-sche Stoffe kurz vor.

2.1 Elemente, Gemische, Verbindungen

Stoffe können aus mehreren Stoffarten oder aus nur einer Stoffart beste-hen. So ist Granit ein Gemisch aus den Stoffarten Feldspat (braun, un-durchsichtig), Quarz SiO2 (hart, glasartig) und Glimmer (metallisch glän-zend). Ein gasförmiges Gemisch aus den Reinstoffarten Stickstoff N2, Sauerstoff O2 und Kohlenstoffdioxid CO2 ist die Luft. Stickstoff N2, Sauer-stoff O2, Wasser H2O, Kochsalz NaCl oder Kalk CaCO3 sind jeweils Ver-bindungen gleicher oder verschiedener Elemente. In einer Verbindung können verschiedene Elemente vorliegen z.B. in Wasser H2O, Kohlen-stoffdioxid CO2, Glucose C6H12O6, aber auch gleiche Elemente wie in Wasserstoff H2, Stickstoff N2, Sauerstoff O2 oder Chlor Cl2. Kohlenstoff kann beispielsweise als Graphit oder Diamant in verschiedenen Modifika-tionen aus gleichen Atomen bestehen. Solche Reinstoffe haben jeweils einheitliche physikalische und chemische Eigenschaften. Schwefel als Nichtmetall und alle reinen Metalle bestehen ebenfalls aus Atomen dessel-ben Elements.

Gemische wie zum Beispiel Milch oder Kaffee können mit physi-kalischen Methoden (vgl. Kapitel 13) relativ einfach wieder in ihre einzel-nen Komponenten getrennt werden. Verschiedene Stoffe, die als Mi-schungen in Lösungen vorliegen, können zum Beispiel durch Elektropho-rese oder Chromatographie (Kapitel 15) getrennt werden. Reine Stoffe wie Wasser H2O lassen sich nur mit chemischen oder physikalischen Methoden in die Grundstoffe oder chemischen Elemente zerlegen (Analyse). So kann Wasser durch Elektrolyse in gasförmigen Wasserstoff und Sauerstoff ge-trennt werden (Hoffmann’sche Wasserzersetzung). Die weitaus meisten Elemente kommen in der Natur nur in Form von Verbindungen vor.

Elemente bestehen aus den gleichen Elementarteilchen, sofern sie nicht Isotope darstellen. Atombindungen halten die Atome des Kohlenstoffs (Graphit, Diamant), des Schwefels oder des Sauerstoffes in charakteristi-scher Weise in Molekülen oder größeren Molekülverbänden zusammen. Dagegen liegen die Edelgase Helium He, Neon Ne oder Argon Ar immer unverbunden als Einzelatome in der atomaren Form vor. Im Falle des

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2.2 Basen, Säuren und Salze 19

Stickstoffs N2 und Sauerstoffs O2 sind die Atome paarweise miteinander zu einem Molekül verbunden. Unter einem Molekül versteht man daher zwei oder mehr miteinander verbundene Atome, wobei die Atome gleich (N2, O2) oder verschieden sein können (H2O, CO2). Moleküle sind zugleich die kleinsten Teilchen einer Verbindung. Atome sind die kleinsten Teilchen in Verbindungen, Molekülen oder als Einzelatome in Edelgasen.

2.2 Basen, Säuren und Salze

Die meisten Elemente liegen in der anorganischen Natur in Form ihrer Io-nen vor. Dabei können diese weitgehend wasserunlöslich sein wie die Oxide und Sulfide der Erdkruste, z.B. Siliciumdioxid oder Quarz SiO2, Alumi-niumoxid in Ton oder Lehm Al2O3 oder Eisensulfid Fe2S3, oder aber im Wasser in Lösung gehen. Dann können diese wasserlöslichen Ionenver-bindungen Basen, Säuren oder Salze sein. Säuren, Basen und Salze be-stehen ausnahmslos aus Ionen. Das unterscheidet diese anorganischen Ionen-Verbindungen von vielen organischen Stoffen wie Zuckern, Fetten oder Alkoholen. Allerdings gibt es auch ionale organische Säuren, Basen und Salze. Eine ganze Reihe organischer Säuren kommt zum Beispiel im Stoffwechsel jeder atmenden Zelle in der Glykolyse und im Citratzyklus vor. Organische Basen sind etwa die Amine in den Proteinen und die Ba-senanteile in den Nukleinsäuren. Als organisches Salz erhält man etwa die Erbsubstanz, die DNA, wenn man sie aus einer neutralen Lösung mit ge-eigneten Mitteln ausfällt.

Ob ein Stoff eine Säure ist, hängt wesentlich davon ab, ob er Wasser-stoff-Ionen, H+-Ionen, in Wasser dissoziiert. Der schwedische Naturwissen-schaftler Svante Arrhenius (1859–1927) erkannte: Eine Säure, allgemein HR, dissoziiert in Wasser in H+-Ionen (= Protonen) und in Säurerest-Ionen R–. Das Charakteristische einer Säure sind demnach die H+-Ionen und nicht die Säurerest-Ionen. Wässrige Lösungen von Säuren liegen vor, wenn ein gelöster Stoff beim Kontakt mit Wasser Protonen abgibt. Genau genommen existieren in wässriger Lösung keine freien Protonen, sondern nur Hydro-nium-Ionen H3O

+, da die freigesetzten Protonen sofort mit den Wasser-molekülen reagieren:

H+ + H2O → H3O+ [Gl. 2-1]

HCl + H2O → H3O+ + Cl–

Chlorwasserstoff Wasser Hydronium-Ion Chlorid[Gl. 2-2]

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20 2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen

Säuren können ihre Protonen nicht nur an Wasser abgeben, sondern auch an andere Stoffe und Stoffgruppen. Jeder Stoff, der Protonen abgeben kann, ist eine Säure. Dieser Tatsache entsprechend hat der dänische Chemiker Jo-hann Nicolaus Brønstedt (1879–1947) die nach ihm benannte Definition von Säuren vorgenommen: Säuren sind Protonen-Donatoren.

Eine Base, allgemein XOH, dissoziiert nach Svante Arrhenius in Wasser in OH–-Ionen (= Hydroxid-Ionen) und in Baserest-Ionen X+. Die wässrige Lösung einer Base bezeichnet man als Lauge. Eine Lauge entsteht dann, wenn beim Kontakt eines Stoffes mit Wasser Hydroxid-Ionen freigesetzt werden. Dazu muss die Base nicht unbedingt wie im Fall des Natriumhyd-roxids OH–-Ionen mitbringen. OH–-Ionen können auch wie beim Ammoniak bei der Reaktion mit Wasser entstehen oder freigesetzt werden:

NaOH → Na+ + OH– [Gl. 2-3]

Natriumhydroxid Natrium-Ion Hydroxid-Ion

Das Charakteristikum von Basen ist somit die Freisetzung von Hydroxid-Ionen in Wasser. Die Wirkungen von Basen sind aber nicht auf wässrige Lösungen beschränkt: So reagiert die Base Ammoniak mit Chlor-wasserstoffgas auch ohne Wasser zu Ammoniumchlorid:

NH3 + HCl → NH4Cl [Gl. 2-4]

Nach der Brønstedt’schen Definition sind alle Stoffe Basen, die Protonen aufnehmen: Basen sind Protonen-Akzeptoren.

Bestimmte Stoffe können je nach den Umständen als Säuren oder Basen reagieren – sie können Protonen abgeben oder aufnehmen. Man nennt sie amphoter. Beispiele sind das Wasser H2O ebenso wie das Hydrogencar-bonat HCO3

– und das Aluminiumhydroxid Al(OH)3. Grundsätzlich existieren immer konjugierte Säure/Base-Paare. Aus einer

Säure entsteht durch die Protonenabgabe die konjugierte Base, aus der Base entsteht durch Protonenaufnahme die konjugierte Säure:

Protonenabgabe Säure H+X– →

← Base X– + Proton H+ [Gl. 2-5]

Protonenaufnahme Die eben noch als Säurerest-Ionen aufgeführten Säurereste X– sind deshalb funktionell betrachtet nicht etwa große säurewirksame Teile der Säure, son-dern im Gegenteil Basen. So ist z.B. das Sulfat-Ion eine Base, obwohl es Bestandteil der Schwefelsäure ist.

Man unterscheidet starke und schwache Säuren und Basen. Maßgeblich für die Säure/Base-Stärke ist, wie stark sie in wässriger Lösung dissoziieren. Bei einigen Säuren und Basen bleibt ein großer Anteil nicht dissoziierter

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2.2 Basen, Säuren und Salze 21

Moleküle beim Lösen in Wasser vorhanden, während sich andere Säuren und Basen fast vollständig in Ionen spalten. Starke Säuren sind Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure; als mittelstarke Säuren gelten schweflige Säure, Phosphorsäure oder Ameisensäure; schwache Säuren sind Essigsäu-re, Kohlensäure, Borsäure H3BO3 und Kieselsäure H4SiO4. Als gefährliche Gifte können die leicht in den gasförmigen Zustand übergehenden schwa-chen Säuren Schwefelwasserstoff H3S und Blausäure HCN schon in gerin-ger Konzentration wirken.

Starke Basen sind Natrium-, Kalium-, Barium- und Calciumhydroxid Eine relativ schwache Base ist Ammoniak. Bei den Metallbasen sind Ba-sencharakter und Löslichkeit weitgehend miteinander verknüpft. Sehr leicht löslich sind die Hydroxide der Alkalien, mittlere Löslichkeit besitzen die Erdalkali-Hydroxide. Die Hydroxide der Erdmetalle (z.B. Aluminium) und Schwermetalle sind oft in Wasser schwer löslich. Natürlich vorkom-mende organische Basen sind immer schwache Basen. Sie enthalten Stick-stoff, der wie Ammoniak Protonen am freien Elektronenpaar aufnehmen kann:

NH3 + HCl → NH4+

+ Cl– [Gl. 2-6]

Reagieren die im klassischen Sinne verstandenen Säuren und Basen mitein-ander, spricht man von Neutralisation. Dabei entstehen Salze. Sie bestehen aus einem positiv geladenen Baserest-Ion und einem negativ geladenen Säurerest-Ion.

Na+ + OH– + H+

+ Cl– → Na+ + Cl– + H2O [Gl. 2-7]

Die Protonen und Hydroxid-Ionen werden bei dieser Reaktion zu Wasser vereinigt. Sie verlieren dabei ihren sauren bzw. basischen Charakter (Neu-tralisation).

Für die Benennung von Basen, Säuren und Salzen bestehen einfache Re-geln (Tabellen 2-1 und 2-2). Die Metallhydroxide benennt man so, dass dem Namen des beteiligten Metall-Ions die Bezeichnung -hydroxid folgt wie im Beispiel NaOH = Natriumhydroxid. Bildet ein Metall mehrere Hydroxide, wird nach dem Metall seine Wertigkeit in römischen Ziffern gesetzt und der Zusatz -hydroxid mit Bindestrich angeschlossen wie bei Fe(OH)2 = Ei-sen(II)-hydroxid.

Nichtmetalle bilden Stammsäuren, in denen ihre oxidative Wertigkeit (meist) der alten Gruppenzugehörigkeit im PSE entspricht, beispielsweise Schwefel S mit der Wertigkeit +6 (früher Hauptgruppe VI) im Fall der Schwefelsäure H2SO4. Säuren der Halogene, die ein O-Atom mehr enthal-ten als ihre Stammsäure und bei denen jedes O-Atom an das zentrale Halo-gen-Ion gebunden ist, bezeichnet man als Persäuren wie bei HClO4 = Perchlorsäure. Weist eine Säure gegenüber ihrer Stammsäure dagegen eine

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22 2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen

-O-O–Gruppierung auf, nennt man sie Peroxosäuren wie bei H2SO5 = Per-oxoschwefelsäure. Ist ein O-Atom weniger vorhanden als in der Stamm-säure, verwendet man das Suffix -ige wie bei HNO2 = Salpetrige Säure. Sind bezogen auf die Stammsäure zwei O-Atome weniger vorhanden, er-halten die betreffenden Verbindungen zusätzlich das Präfix Hypo- wie bei HClO = Hypochlorige Säure.

Tabelle 2-1. Nomenklatur von Säuren und Basen

Basen

NaOH Natriumhydroxid Fe(OH)2 Eisen(II)-hydroxid

Ba(OH)2 Bariumhydroxid Fe(OH)3 Eisen(III)-hydroxid

Sauerstofffreie Säuren

HCl Chlorwasserstoff (wässrige Lösung: Salzsäure)

HCN Cyanwasserstoff (wässrige Lösung: Blausäure)

H2S Schwefelwasserstoff HN3 Stickstoffwasserstoffsäure

Sauerstoffhaltige Säuren (Stammsäuren)

HNO3 Salpetersäure H2SO4 Schwefelsäure

H3PO4 Phosphorsäure HClO3 Chlorsäure

H2CO3 Kohlensäure HBrO3 Bromsäure

Säuren der Halogene mit 1 O-Atom mehr als die Stammsäure

HClO4 Perchlorsäure HIO4 Periodsäure

Säuren mit -O-O–Gruppierung

H2SO5 Peroxoschwefelsäure H3PO5 Peroxophosphorsäure

Säuren mit 1 O-Atom weniger als die Stammsäure

HNO2 Salpetrige Säure H3PO3 Phosphorige Säure

HClO2 Chlorige Säure H2SO3 Schweflige Säure

Säuren mit 2 O-Atomen weniger als die Stammsäure

HClO Hypochlorige Säure H3PO2 Hypophosphorige Säure Jede der in Tabelle 2-1 benannten Säuren kann durch Neutralisation mit

Basen oder Metallhydroxiden Salze bilden, deren Namen kennzeichnende Endungen bzw. Zusätze führen. Aus Gründen der Vereinfachung führt die

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2.2 Basen, Säuren und Salze 23

folgende Tabelle 2-2 in ihren Beispielen nur die jeweiligen Natriumsalze auf, die sich aus der Reaktion mit Natriumhydroxid NaOH ableiten:

Tabelle 2-2. Nomenklatur von Salzen

Salze aus sauerstofffreien Säuren

NaCl Natriumchlorid NaCN Natriumcyanid

Na2S Natriumsulfid NaN3 Natriumazid

Salze aus Stammsäuren

NaNO3 Natriumnitrat (Salpeter) Na2SO4 Natriumsulfat

Na2CO3 Natriumcarbonat (Soda) Na3PO4 Natriumphosphat

Salze aus Persäuren

NaClO4 Natriumperchlorat NaIO4 Natriumperiodat

Salze aus Peroxosäuren

Na2SO5 Natriumperoxosulfat Na3PO5 Natriumperoxophosphat

Salze aus ...igen Säuren

NaNO2 Natriumnitrit Na2SO3 Natriumsulfit

Salze aus Hypo...igen Säuren

NaClO Natriumhypochlorit Na2HPO2 Natriumhypophosphit Aus der Base NH3 entsteht in wässriger Lösung das Ammonium-Ion NH4

+. Mit Salzsäure bildet sich daraus das Salz Ammoniumchlorid NH4Cl.

In Lösung liegen Salze je nach ihrer Wasserlöslichkeit mehr oder weni-ger dissoziiert vor. Die Ionen entstehen nicht beim Lösungsvorgang. Sie sind bereits in der festen Zustandsform des Salzes, im Ionengitter, vorhan-den. Die Ionen sind in einem solchen Gitter nicht zu Molekülen zusam-mengeschlossen, sondern sind im Ionengitter gleichmäßig mit den benach-barten Ionen verbunden. Es gibt keine Moleküle des Kochsalzes, und so ist es auch sinnlos, von einem „Kochsalzmolekül“ zu sprechen, wenn man die Formeleinheit NaCl meint.

Salze sind, wie andere Substanzen auch, in Wasser unterschiedlich stark löslich. Sie leiten in wässriger Lösung ebenso wie Säuren und Basen den elektrischen Strom. Salze entstehen z.B. bei der Auflösung von Metallen in Säuren (Redoxreaktionen). Einige Alkali- und Erdalkalimetalle reagieren bereits mit Wasser unter Bildung von gasförmigem Wasserstoff. Hierbei entstehen aber nicht Salze, sondern Basen oder Laugen.

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24 2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen

2.3 Alkane als Basismoleküle

Im Unterschied zu den übrigen Elementen des Periodischen Systems können sich Kohlenstoffatome in nahezu beliebiger Anzahl miteinander verknüpfen und somit eine große Anzahl gerader oder verzweigter Kohlenstoffketten bilden. Sofern die C-Atome ausschließlich durch Einfachbindungen verbun-den sind und nur Wasserstoff die übrigen vorhandenen Valenzen einnimmt (absättigt), erhält man als Ausgangsgruppe fast aller organischer Verbindun-gen die gesättigten Kohlenwasserstoffe oder Alkane (Paraffine). Stamm-verbindung ist das tetraedrische Methan CH4 (Tabelle 2-3).

Tabelle 2-3. Systematik der organischen Stoffklassen

Organische C-Verbindungen

Acyclische Verbindungen mit C-Ketten

Cyclische Verbindungen mit Ringen

Carbocyclen Heterocyclen

• gesättigte Kohlenwasser-stoffe: Alkane

• ungesättigte Kohlenwas-serstoffe: Alkene und Al-kine

• gesättigt: Cyclo-alkane (Alicyclen)

• ungesättigt Cyclo-alkene (Aromaten, Arene, Arine)

• gesättigt • aromatisch

Von den Alkanen lassen sich formal durch Entfernen eines Wasser-stoffatoms die entsprechenden Alkyl-Reste ableiten. Sukzessives Ersetzen eines der H-Atome durch eine CH3-Gruppe ergibt die homologe Reihe der offenkettigen Alkane (gesättigte Kohlenwasserstoffe) mit der allgemeinen Summenformel CnH2n+2. Sie unterscheiden sich jeweils nur um einen gleich bleibenden Baustein, die Methylen-Gruppe -CH2-) (Tabelle 2-4). Die Valenzen der beteiligten wenigen Elemente geben einfache Bauregeln für die organischen Moleküle vor. Daher lassen sich die vollständigen Strukturformeln teilweise abkürzen, indem man die Valenzstriche weglässt und die an jedem C-Atom gebundenen H-Atome summiert: Aus der Struk-turformel für Ethan ergibt sich so die Gruppenformel CH3-CH3 bzw. H3C-CH3. Durch einfaches Zusammenzählen aller beteiligten Atome erhält man daraus eine Summenformel wie die oben benannte allgemeine Al-kanformel CnH2n+2.

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2.4 Benennung von Kohlenwasserstoffen und ihren Derivaten 25

Tabelle 2-4. Homologe Reihe der gesättigten Kohlenwasserstoffe (Alkane)

Summenformel Gruppenformel Name Alkyl-Rest

CH4 CH4 Methan Methyl-

C2H6 CH3-CH3 Ethan Ethyl-

C3H8 CH3-CH2-CH3 Propan Propyl-

C4H10 CH3-(CH2)2-CH3 Butan Butyl-

C5H12 CH3-(CH2)3-CH3 Pentan Pentyl-

C6H14 CH3-(CH2)4-CH3 Hexan Hexyl-

C7H16 CH3-(CH2)5-CH3 Heptan Heptyl-

C8H18 CH3-(CH2)6-CH3 Octan Octyl-

C9H20 CH3-(CH2)7-CH3 Nonan Nonyl-

C10H22 CH3-(CH2)8-CH3 Decan Decyl- ...

C20H42 CH3-(CH2)18-CH3 Eicosan Eicosyl-

2.4 Benennung von Kohlenwasserstoffen und ihren Derivaten

Atome oder Atomgruppen, die einen Wasserstoff an einem Alkan ersetzen, nennt man Substituenten, während man den Vorgang selbst als Substitu-tion bezeichnet. Führt man die Substitution eines mittenständigen Wasser-stoffatoms durch, erhält man verzweigte Alkane.

Zur Kennzeichnung unverzweigter Alkane stellt man dem Substanzna-men oft ein n- (für normal) voran. Die Vorsilbe Iso- oder iso- kennzeichnet eine Verzweigungsstelle vom Typ (CH3)2CH- am Kettenende: 2-Methyl-butan könnte man danach auch als iso-Pentan bezeichnen. Die Vorsilbe Neo- oder neo- verwendet man für endständige Verzweigungen vom Typ (CH3)3C- wie im Fall von 2,2-Dimethyl-propan = neo-Propan.

Je länger die Kohlenstoffkette, um so höher ist die Anzahl von Ver-bindungen, die zwar die gleiche Summen-, aber eine unterschiedliche Struk-turformel aufweisen und folglich isomer sind. Die Isomerenzahl wächst rasch an – vom Hexan sind es 5, vom Heptan 9, vom Decan 75 und vom Pentadekan (C15H32) bereits 4347.

Um Moleküle nach den IUPAC-Vorschriften eindeutig (rationell) zu be-nennen, verfährt man folgendermaßen:

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26 2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen

1. Man sucht die längste im Molekül vorhandene unverzweigte Kohlen-stoffkette auf und bestimmt den Substanznamen (beispielsweise -pentan).

2. Nach Durchnummerieren der C-Atome fügt man in den Namen etwaige Verzweigungsstellen und die beteiligte Alkylgruppe ein (beispielsweise 2-Methyl-pentan).

3. Die Nummerierung erfolgt von einem Ende her so, dass die Verzwei-gungsstellen möglichst niedrige Nummern erhalten.

4. Enthält ein verzweigter Kohlenwasserstoff als Substituenten mehrere gleichartige Alkyl-Gruppen, gibt man dies durch Verwendung entspre-chender Vorsilben (di- für zwei, tri- für drei oder tetra- für vier), bei-spielsweise 2,2-Dimethyl-propan.

5. Bei verschiedenartigen Substituenten als Seitenketten ordnet man diese im Substanznamen alphabetisch (Ethyl- vor Methyl- usw.).

6. Sind die Seitenketten ihrerseits verzweigt, gibt man deren Substituenten in Klammern mit eigener Zählung der Verzweigungsstelle(n) an. Bei-spiel: 2-Ethyl-3-methyl-4-(2,2-dimethyl)-propyl-octan.

7. Zahlenangaben in Substanzbezeichnungen werden ohne Zwischenraum geschrieben, aber mit Bindestrich (Divis, nicht mit Gedankenstrich) an die Wortstämme angefügt. Zur besseren Erkennbarkeit wird der Name der Stammverbindung ebenfalls durch ein Divis abgetrennt: 3,4-Di-methyl-pentan.

8. Ein Großbuchstabe steht nur am Beginn des Substanznamens. Alle wei-teren Bauglieder werden in Kleinbuchstaben geschrieben: 6,7-Diethoxy-1-(3’,4’diethoxybenzyl)-isochinolin.

9. In Strich- und Gruppenformeln schreibt man die Einfachbindungen im Allgemeinen mit Trennstrichen (Divis) und nur zur besonderen Her-vorhebung mit Gedankenstrichen. Zwischen den Baugruppen wird kein Leerzeichen verwendet: H3C-(CH2)6-COOH.

Kohlenwasserstoffe mit 4 und mehr C-Atomen bilden eventuell ringförmige C-Gerüste – die Cycloalkane oder alicyclischen (= aliphatischen) Koh-lenwasserstoffe. Außer Einfachringen wie Cyclopentan oder Cyclohexan sind auch kondensierte Ringsysteme wie Decalin (2 C6-Ringe), Hydrindan (1 C6- und 1 C5-Ring) oder Steran (3 C6-Ringe und 1 C5-Ring) von Be-deutung. Alicyclische (gesättigte) Ringsysteme spielen neben den unge-sättigten Ringverbindungen in der Natur als Bausteine zahlreicher organis-mischer Stoffe (früher auch Sekundärstoffe genannt) eine bedeutende Rolle. Kohlenwasserstoffverbindungen mit Mehrfachbindungen zwischen einzel-nen C-Atomen nennt man ungesättigt. Sind Doppelbindungen vorhanden, heißen die entsprechenden Stoffe Alkene (Arene, früher Olefine), enthalten sie Dreifachbindungen, spricht man von Alkinen (Arine). Auch sie bilden

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2.4 Benennung von Kohlenwasserstoffen und ihren Derivaten 27

jeweils eine homologe Reihe mit einer oder mehreren Mehrfachbindungen. Anzahl und Lage (Ausgangsatom) der Mehrfachbindungen in der Kohlen-stoffkette bringt man im rationellen Verbindungsnamen analog zur Be-zeichnung von Verzweigungsstellen zum Ausdruck. Einige Beispiele zeigt Tabelle 2-5:

Tabelle 2-5. Ungesättigte Kohlenwasserstoffe (Alkene und Alkine)

Substanzname Formelbild

Ethen (früher: Ethylen bzw. Äthylen) H2C=CH2

2-Buten H2C–CH=CH– CH3

1,3-Butadien H2C=CH–CH=CH2

Ethin (früher: Acetylen) HC≡CH

1-Propin H3C–C≡CH

1,3-Pentadien-4-in H3C=CH–CH=CH–C≡CH

Cyklische Verbindungen können natürlich auch Doppelbindungen aufwei-sen. August Kekulé von Strahowitz (1829–1896) fand im Jahre 1865 eine passende strukturelle Lösung für das Benzol (Benzen, 1,3,5-Cyclohexen) und schlug eine ringförmige Anordnung der 6 C-Atome vor: Die nach ihm benannten Kekulé-Formeln gelten für das Benzolmolekül mit je drei Doppelbindungen, halten jedoch lediglich Grenz- bzw. Zwischensitua-tionen (Mesomerien) der Elektronen fest. Dennoch benutzt man zur ver-einfachenden Schreibweise von Benzol und seinen Derivaten meist die Kekulé-Formel statt der Dewar-Strukturen oder verwendet zur Andeu-tung der delokalisierten Elektronen ein Sechseck mit eingeschlossenem Kreis (Abb. 2-1):

Abb. 2-1. Formeldarstellung aromatischer Kohlenwasserstoffe (Arene)

↔ ↔ ↔ ≡

Kekulé-Formeln Dewar-Formeln

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28 2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen

Abb. 2-2. Beispiele für Mehrfachringsysteme (a) gesättigter und (b) ungesättigter Cycloalkane sowie für (c) isozyklische und (d) heterozyklische Aromaten (Arene)

In aromatischen Kohlenwasserstoffen, nach neuerer Empfehlung auch Are-ne bzw. Arine (im letzteren Fall 1 Dreifach- sowie 2 Doppelbindungen) genannt, können ebenso wie bei den alicyclischen auch mehrere Ringe mit-einander verbunden sein und kondensierte Ringsysteme bilden. Ähnlich wie die (aliphatischen) Cycloalkane können die aromatischen Ringe neben Kohlenstoffatomen auch andere Atome enthalten – sie bilden dann die Gruppe der aromatischen Heterozyklen (Abb. 2-2), von denen sich zahl-reiche Naturstoffe ableiten.

Decalin Hydrindan Steran Cyclohexyl-cyclohexan

a

b

c

d

CH3 CH3

CH3Benzol Toluol Styrol p-Xylol Naphthalin

(Toluen) (p-Xylen)

O S N

S

HNN N

N O

Furan Thiophen Thiazol Pyrrol Pyridin Pyrimidin Pyran

Anthracen Phenanthren Biphenyl

(linear aneliert) (angular aneliert)

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2.5 Funktionelle Gruppen schaffen Vielfalt 29

Tabelle 2-6. Wichtige funktionelle Gruppen

Funktionelle Bezeichnung Gruppe als Gruppe mit Nachsilbe Beispiele/Stoffklasse

-OH Hydroxyl- -ol Alkohole, Phenole

-NH2 Amino- -amin Amine, Aminosäuren

-SH Sulfhydryl- -thiol Mercaptane,

S-haltige Aminosäuren

-C=O Oxo- -al (Aldehyde)

-on (Ketone)

Carbonyle

=NH Imino- -imin Imine

-COOH, -COO– Carboxyl- -carbonsäure Carbonsäuren

-CN Cyano- -nitril Nitrile

-NO2 Nitro- – Nitroverbindungen

-PO42– Phospho- -phosphat Phosphatester

2.5 Funktionelle Gruppen schaffen Vielfalt

Reine Kohlenwasserstoffe zeigen zwar schon eine beachtliche Struktur-vielfalt, doch kommt der enorme Typenreichtum organischer und gerade auch biologisch bedeutsamer Verbindungen tatsächlich erst durch die Ein-fügung von funktionellen Gruppen als Substituenten zustande. Darunter versteht man Atomgruppen, in denen Fremdatome wie Sauerstoff, Stickstoff oder wenige andere mit Kohlenstoff- oder Wasserstoffatomen polare (und somit reaktionsfreudigere) Atombindungen bilden und das reaktive Verhal-ten der betreffenden Verbindungen bestimmen (Tabelle 2-6).

Die nachfolgend vorgenommene Ableitung einiger sauerstoffhaltiger Verbindungen (= Kohlenwasserstoffe mit O-haltigen funktionellen Grup-pen) ist rein formal und beschreibt nicht die experimentellen oder natürli-chen Synthesewege.

Alkohole

Die Vertreter dieser Stofffamilie sind die einfachsten organischen Stoffe mit einer sauerstoffhaltigen funktionellen Gruppe. Sie enthalten eine oder mehrere Hydroxyl-Gruppen (alkoholische OH-Gruppen). Gewöhnliche Alkohole entstehen formal durch den Austausch eines Wasserstoffatoms gegen eine OH-Gruppe. Man könnte sie daher sogar als alkylsubstituiertes

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30 2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen

Wasser auffassen. Die Benennung erfolgt jeweils durch Anhängen der Endsilbe -ol an den Namen des Grundkörpers – aus Alkanen entstehen somit Alkanole, speziell aus Methan das Methanol, aus Ethan das übliche Ethanol (früher Äthylalkohol). Sind die Kohlenstoffatome zur genaueren Bezeichnung der Stellung der funktionellen Gruppe oder einer Seitenkette zu nummerieren, beginnt man nach den IUPAC-Regeln an dem Ket-tenende, welches der Hydroxyl-Gruppe am nächsten steht.

Beispiele für Alkanole sind:

Methanol H3C–OH veraltet: Methylalkohol

Ethanol H3C–CH2OH veraltet: Ethylalkohol

1-Propanol H3C–CH2–CH2OH veraltet: Propylalkohol

2-Propanol H3C–CHOH–CH3 veraltet: Isopropylalkohol

Verbindungen, die eine oder mehrere OH-Gruppen direkt an einem Ben-zolkern (aromatischen Ring) binden, heißen Phenole (Abb. 2-3). Bei der Restbildung von Aromaten ist der Unterschied zwischen einem Phenyl- und einem Benzyl-Rest zu beachten:

Je nach Anzahl der OH-Gruppen unterscheidet man ein- oder mehrwer-tige Phenole:

Abb. 2-3. Beispiele für ein- und mehrwertige Phenole

CH2

Phenyl-Rest Benzyl-Rest

CH3

OH OH

CH3

OH

CH3

OH OH

OH

Phenol o-Kresol m-Kresol p-Kresol 1-Naphthol

OH OH

OH

OH

OH

OH

HO OH

OH

OHHO

Brenzkatechin Resorcin Hydrochinon Phloroglucin Pyrogallol

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2.5 Funktionelle Gruppen schaffen Vielfalt 31

Carbonyl-Verbindungen: Aldehyde und Ketone

Formal entstehen Carbonyl-Verbindungen aus Alkoholen durch Entzug von Wasserstoff: Die Carbonyl-Gruppen stellen somit oxidierte OH-Gruppen dar und können zweierlei Gestalt annehmen: Aus einem primären Alkohol (-CH2OH) geht die Aldehyd-Gruppe -CHO hervor, aus einem sekundären Alkohol entsteht dagegen die Keto-Gruppe >C=O. Zur Bezeichnung von Aldehyden hängt man die Endsilbe -al an den Namen der Stammverbin-dung. Beispiele sind Methanal (Formaldehyd) H-CHO, Ethanal (Acetalde-hyd) H3C-CHO und Propionaldehyd H3C-CH2-CHO.

Ketone versieht man analog mit der Endsilbe -on. Aus sekundärem Pro-panol (iso-Propanol, früher Isopropylalkohol) entsteht durch Dehydrierung Propanon (Aceton) H3C-CO-CH3. Die in der Natur vorkommenden Koh-lenhydrate sind Mehrfachalkohole (vgl. Abb. 2-4), die am C1-Atom eine Aldehyd- oder am C2-Atom eine Ketogruppe tragen:

Abb. 2-4. Kohlenhydrate als Mehrfachalkohole mit Carbonyl-Gruppe am Beispiel der α- sowie der β-Glucose

Carbonsäuren

Oxidiert man eine Aldehyd-Gruppe durch Einfügen eines zusätzlichen Sauerstoffatoms, erhält man die Carboxyl-Gruppe -COOH. Wegen der starken Elektronegativität des Sauerstoffs ist die endständige -OH-Bindung so stark polarisiert, dass ein Proton H+ dissoziiert. Die entsprechenden

HC=O I HC-OH IHO-CH I HC-OH I HC-OH I H2COH

HC-OH I HC-OH I HO-CH I HC-OH I HC I H2COH

O←→

←→

OH

OH

OH

HO

O

H2COH

HC-OH I HO-CH I HO-CH I HC-OH I HC I H2COH

O

OH

OH

OH

O

H2COH

O

OH

OH

OH

H2COH

H

α-D-Glucose offene Aldehydform β-D-Glucose

←→ ←

→HO HO HO

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32 2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen

Verbindungen heißen Carbonsäuren. Ihre Reste R-COO– nennt man Acyl-Reste, im Fall der Essigsäure also Acetyl-Rest (Tabelle 2-7). Unsub-stituiert sind sie meist nur schwache Säuren. Halogenierte Carbonsäuren wie die Trichloressigsäure Cl3C-COOH sind jedoch starken anorganischen Säuren vergleichbar.

Tabelle 2-7. Beispiele wichtiger Monocarbonsäuren (Carbonmonosäuren)

Gruppenformel Trivialname Anion Rest

HCOOH Ameisensäure -formiat Formyl-

CH3COOH Essigsäure -acetat Acetyl-

CH3CH2COOH Propionsäure -propionat Propionyl-

CH3-(CH2)2-COOH Buttersäure -butyrat Butyryl-

CH3-(CH2)3-COOH Valeriansäure -valerianat Valerianyl-

CH3-(CH2)4-COOH Capronsäure -capronat Capronyl-

CH3-(CH2)14-COOH Palmitinsäure -palmitat Palmityl- Nach der Anzahl der Carboxyl-Gruppen unterscheidet man Mono-, Di-

oder Tricarbonsäuren (auch Carbonmono-, -di- bzw. -trisäuren genannt) (vgl. Tabelle 2-8). Bis etwa C4 sind die Monocarbonsäuren mit Wasser in jedem beliebigen Verhältnis mischbar. Mit zunehmender Kettenlänge tre-ten dagegen hydrophobe (lipophile) Eigenschaften auf, die bei weiterer Kettenverlängerung schließlich überwiegen. Langkettige Carbonsäuren mit >12 C-Atomen bezeichnet man daher als Fettsäuren. Sofern ihnen Alkene zu Grunde liegen und sie (mehrfach) ungesättigt sind wie die Omega-3-Fettsäuren (ω-3-Fettsäuren) Linolensäure oder die Eikosa-pentaensäure, sind sie ernährungsphysiologisch besonders bedeutsam.

Carboxyl-Gruppen lassen sich auch in aromatische Ringe einbauen. Man erhält damit die aromatischen Carbonsäuren. Ein besonders bemer-kenswertes Beispiel dieser recht umfang- und typenreichen Stoffgruppe ist der Naturstoff Salicylsäure, deren Acetylierungsprodukt unter dem Han-delsnamen Aspirin Karriere gemacht hat (Abb. 2-5):

Abb. 2-5. Aromatische Monocarbonsäure (Aren-carbonmonosäuren)

COOH COOH

OH

COOH

O-CO-CH3

Benzoesäure Salicylsäure Aspirin

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2.6 Reinheits- und Qualitätsbezeichnungen 33

Tabelle 2-8. Beispiele wichtiger Dicarbonsäuren

Gruppenformel Trivialname Anion Rest

CH2OH-COOH Glykolsäure Hydroxy-ethansäure

-glykolat Glykyl-

CH3-CHOH-COOH Milchsäure 2-Hydroxy-propansäure

-lactat Lactyl-

CH2OH-CHOH-COOH Glycerinsäure 2,3-Dihydroxy-propansäure

-glycerat Glyceryl-

HOC-COOH Glyoxylsäure Oxo-essigsäure

-glyoxylat Glyoxyl-

H3C-CO-COOH Brenztraubensäure 2-Oxo-propansäure

-pyruvat –

HOOC-COOH Oxalsäure Ethan-di(carbon)säure

-oxalat Oxyl-

HOOC-CH2-COOH Malonsäure Propan-di(carbon)säure

-malonat Malonyl-

HOOC-CH=CH-COOH Maleinsäure -maleinat Maleinyl-

HOOC-(CH2)2-COOH Bernsteinsäure Butan-di(carbon)säure

-succinat Succinyl-

HOOC-(CH2)3-COOH Glutarsäure Pentan-di(carbon)säure

-glutarat Glutaryl-

HOOC-(CHOH)2-COOH Weinsäure 2,3-Dihydroxy-butandisäure

-tartrat Tartryl-

2.6 Reinheits- und Qualitätsbezeichnungen

Zur genaueren Substanzkennzeichnung auf Chemikalienverpackungen die-nen einige Zusatzbegriffe, mit denen man die Reinheit oder die Qualität der betreffenden Verbindung angibt. Sie entstammen meist dem Apothe-kengebrauch und sind insofern häufig aus dem Lateinischen abgeleitet. Die beiden folgenden Tabellen 2-9 und 2-10 listen die üblichen Kenn-zeichnungszusätze auf. Zusätzlich bestehen im pharmazeutischen Bereich Hinweise auf bestimmte Ausgaben des DAB (Deutsches Arzneibuch) oder EAB (Europäisches Arzneibuch) bzw. der Ph.Helv. (Pharmacopoea Hel-vetica).

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34 2 Chemikalien: Stoffe, Elemente, Verbindungen

Tabelle 2-9. Abkürzungen zur Kennzeichnung der Qualität einer Verbindung

Zusatz Bedeutung

krist. (cryst.) kristallin oder kristallisiert (engl. crystallized), enthält eventuell Kristallwasser

subl. sublimiert, aus der Gasphase zurückgewonnen

dest. destilliert; beispielsweise in der Bezeichnung aq. dest. oder aqua dest. für destilliertes Wasser

reg. regeneriert, wiedergewonnen

sicc. siccum = trocken, ohne Kristallwasser

abs. absolut = wasserfrei Verbreitete Reinheitsbezeichnungen sind die Begriffe der folgenden Tabelle 2-10:

Tabelle 2-10. Abkürzungen zur Kennzeichnung der Reinheit einer Verbindung

Zusatz Bedeutung

p.a. pro analysi = für die Analyse; Massenanteil >99%

puriss. purissimum = reinst; Massenanteil >99%

pur. purum = rein; Massenanteil >97%

pract. Praktisch; enthält eventuell größere Fremdanteile, Massenanteil >90%

techn. technisch; stärkere Abweichungen im Massenanteil sind mög-lich

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Werkstoffe, Geräte und Apparaturen

Das praktische Arbeiten im Labor hat neben der wissenschaftlich-explorativen Seite, die eine bestimmte Fragestellung an die Natur in ein konkret geplantes Experiment umsetzt, auch viele handwerklich-technische Facetten. Um Eigenschaften und Verhalten von Stoffen unter bestimmten Bedingungen zu analysieren, benötigt man außer Waage und Thermometer eine Vielzahl nützlicher Hilfsmittel und spezieller Geräte, die in gewissem Maße standardisiert und so in vielen Labors weltweit im Einsatz sind. In diesem Kapitel stehen daher einige Basisinformationen zu den wichtigsten im Labor verwendeten Werkstoffen und den am häufigsten verwendeten Gerätetypen im Vordergrund. Weitere Hinweise sind in den Kapiteln zu den Themenfeldern Masse, Volumen und Temperatur (Kapitel 6, 7 und 8) enthalten.

3.1 Werkstoffe

Die im Labor verwendeten Arbeitsgeräte bestehen aus Glas, Porzellan, Kunstoffen und Metallen. Früher sehr verbreitete Geräte aus Holz (Rea-genzglashalter, Reagenzglasgestelle) oder Kork (Stanz- oder Presskork für Stopfen sowie Standringe für Rundkolben) werden heute zunehmend durch andere Materialien ersetzt.

Glas

Glas ist neben Metall der am längsten eingesetzte Werkstoff. Schon die frühneuzeitlichen Alchemisten hantierten in ihren dämmerigen Gewölben mit Phiolen, Rektifikanten und anderen geheimnisvoll aussehenden gläser-nen Gerätschaften. Die mit der Materialausstattung eines modernen Labors zusammengesetzten Apparaturen stellen sich für Außenstehende zwar im-mer noch ein wenig mystisch dar, sind jedoch für die tatsächlichen Erfor-dernisse hochgradig optimierte Funktionsteile.

Vor allem sind sie transparent: Einer der wesentlichen Vorteile moder-ner Laborgläser ist ihre Durchsichtigkeit – man kann die in den Gefäßen ablaufenden Prozesse direkt beobachten. Materialkundlich gilt der Werk-stoff Glas übrigens als unterkühlte Flüssigkeit, deren Viskosität bis etwa 400 °C so groß ist, dass sie uns als Festkörper erscheint. Gegen Wärme

3

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36 3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen

und Chemikalien (mit Ausnahme u.a. von Fluorwasserstoffsäure HF) ist Glas bemerkenswert beständig. Es leitet die Wärme und den elektrischen Strom sehr schlecht. Nachteilig sind die geringe Bruchfestigkeit und Elas-tizität bei Stoß oder Schlag. Einen Überblick über wichtige Materialeigen-schaften und Verwendungszwecke verschiedener Gläser gibt die nachfol-gende Tabelle 3-1:

Tabelle 3-1. Laborübliche Glasarten und ihre Eigenschaften

Glasart Bestandteile Eigenschaften und Einsatz

Natronglas Quarz, Soda, Kalk

sowie ggf. Altglas

empfindlich gegenüber Temperatur-wechseln verschmelzbar ab ca. 1000 °C

gewöhnliche Flaschen, Vorratsgefäße

Apparateglas

z.B. Jenaer Glas, Duran 50 oder Pyrex

Quarz mit Kalk oder Soda sowie anteilig Aluminium- und Bor-Oxide, daher auch Bor(o)silikatglas ge-nannt; erfunden 1887 durch Otto Schott

unempfindlich gegen Temperatur-wechsel gute Beständigkeit gegen Chemikalien verschmelzbar ab ca. 1200 °C

übliche Laborgeräte

Quarzglas nur Quarz sehr beständig gegen Temperaturwech-sel und Chemikalien, lässt UV-Licht durch verschmelzbar ab 1700 °C

Tiegel, Küvetten, Spezialgeräte

Vorsicht: Zerbrochenes bzw. zersplittertes Glas stellt immer eine latente

Verletzungsgefahr dar. Glasbruch und Glassplitter werden daher sofort aus dem Arbeitsbereich durch Aufkehren entfernt. Glasgeräte mit sichtbaren und eventuell scharfkantigen Bruchstellen (so genannte Sterne) dürfen nicht weiter benutzt werden. Obwohl Glas unter stärkerer Wärmeeinwirkung rela-tiv gut zu formen ist, werkelt man an zerbrochenen teureren Glasgeräten mit Bruchstellen nicht selbst herum, sondern gibt sie zur Reparatur in eine Glasbläserei. Zerbrochenes Glas wird in eigens bereitgestellten Glasbruch-containern entsorgt.

Wegen der glatten Oberfläche sind Laborgläser meist gut zu reinigen. Fast alle größeren Labors setzen spezielle Laborspülmaschinen ein. Warmes Wasser entfernt im Allgemeinen zuverlässig Stäube und Salzreste.

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3.1 Werkstoffe 37

Tabelle 3-2. Einige Grundtypen laborüblicher Kunststoffe

Material Akro-nym

temperatur- beständig bis etwa (°C)

Verwendung

Polyethylen PE 95–120 Niederdruck-PE (z.B. Hostalen) Hochdruck-PE (z.B. Lupolen)

Schutzhandschuhe, Spritzflaschen, Stopfen, Schläuche, Beutel, Säcke

Polypropylen PP 135–150 Rohre für Wasserleitungen Arbeitstischbeläge Kleingeräte, Trichter, Verbinder

Polyvinylchlorid PVC 130 als Weich-PVC für Folien und Schläuche, als Hart-PVC für Rohre, Platten, Isolierungen

Verbrennungsgase enthalten HCl!

Polystyrol PS 70 Messbecher, Gefäße, Schalen, Ge-häuse, geschäumt als Isolator verbrennt stark rußend

Polytetrafluor-ethylen

PTFE 260 auch als Teflon bekannt, sehr be-ständig gegen Chemikalien

Dichtungen, Verbindungsstücke, Beschichtungen, Schablonen

Bei der Verbrennung entwickeln sich äußerst giftige HF-Dämpfe!

Polymethacrylat PMA 150 auch als Plexiglas bekannt, relativ schlecht beständig gegen Chemika-lien

Hinweisschilder, Spezialgeräte

Polyamid PA 150 Filter, Netze, Schrauben, weitere Kleinteile

lädt sich stark elektrostatisch aufl Fette sind gewöhnlich etwas hartnäckiger und nur mit speziellen Spülmit-teln zu entfernen. Hochviskose Haftstoffe wie Harze, Teere und Öle entfernt man mit organischen Lösemitteln. Die früher in solchen Fällen eingesetzte, aber sehr gefährliche Chromschwefelsäure wird als Reinigungsmittel gene-rell nicht mehr empfohlen (vgl. auch Angaben in Kapitel 7.7).

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38 3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen

Porzellan

Das dem Glas in vielen physikalischen Eigenschaften ähnliche keramische Erzeugnis Porzellan ist beständig gegen hohe Temperaturen, aber weniger stabil bei schroffen Temperaturwechseln. Außerdem leitet es Wärme und elektrischen Strom nur schlecht. Aus relativ dickwandigem Porzellan fertigt man üblicherweise Reibschalen (Mörser) und Pistille (Stößel). Mit glasier-ter Oberfläche ausgerüstet sind beispielsweise Tiegel, Nutschen und Rühr-blätter. Zerbrochenes Porzellan wird nicht zusammen mit Glas entsorgt, sondern zum Restmüll gegeben.

Kunststoffe

Unter Kunststoffen (die stark umgangssprachlich geprägte Bezeichnung ist begrifflich eher unakzeptabel) versteht man eine Gruppe von Werkstoffen, die überwiegend aus hochmolekularen und fallweise durch Substitution modifizierten Kohlenwasserstoffen bestehen. Thermoplaste sind solche Kunststoffe, die beim Erwärmen weich werden und dann verformbar sind. Duroplaste sind nach dem Aushärten nicht mehr verformbar. Fast alle Kunststoffe überzeugen durch eine beachtliche Beständigkeit bis zu gewis-sen Maximaltemperaturen, weitgehende Beständigkeit gegen Chemikalien, gute bis sehr gute elektrische Isolierung, Abriebfestigkeit und – als ent-scheidender Vorteil gegenüber Glas – Elastizität sowie Bruchfestigkeit. Kunststoffe sind allerdings brennbar und beispielsweise gegen organische Lösemittel nur bedingt beständig. Außerdem werden sie mit der Zeit spröde. Auch unterhalb von 0 °C verspröden sie relativ rasch. Fast alle Kunststoffe sind gegen kratzende Scheuermittel empfindlich. Zum Reinigen verwendet man daher nur warmes Wasser mit Detergenzienzusatz, bei-spielsweise eine 1- bis 5%ige RBS-Lösung.

Einen orientierenden und keineswegs erschöpfenden materialkundlichen Überblick gibt Tabelle 3-2.

Weitere Werkstoffe

Außer den benannten Materialien finden sich im Labor diverse Utensilien beispielsweise aus Naturkautschuk (Gummi), Kunstgummi oder Silicon-kautschuk (Latex), den man für Schutzhandschuhe und als Schlauchmaterial verwendet. Naturgummi wird durch Lichteinwirkung sowie Trockenheit spröde und ist gegen stärkere Säuren, organische Lösemittel und Halogene unbeständig.

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3.2 Geräte 39

3.2 Geräte

Die Vielzahl der im Labor verwendeten Geräte aus einem der oben benann-ten Werkstoffe widersetzt sich einer einfachen systematischen Gliederung. Die folgende Auflistung gibt daher lediglich einen eher typologischen Überblick, der dem Laborneuling die korrekte Benennung der benötigten Hilfsmittel erleichtern soll.

Gerät Benennung, Besonderheiten, Verwendung

Reagenzglas (Probenröhrchen) Nennvolumen 25, 50 oder 100 mL Reaktionsgefäß für analytisches Arbeiten in kleinem Maßstab

mehrere abweichende Sonderformen z.B. als Saug-glas oder besonders dickwandig

Becherglas Nennvolumen meist 10, 25, 50, 100, 150, 250, 500 und 1000 mL Normalform oder schmale (schlanke) Form Glas oder Kunststoff Ansetzen und vorübergehende Bevorratung von Lö-sungen

Erlenmeyerkolben Nennvolumen 10, 25, 50, 100, 250, 500, 1000 mL Enghals- oder Weithals-Ausführung Ansetzen und vorübergehende Bevorratung von Lö-sungen

Messkolben Nennvolumen 10, 25, 50, 100, 250, 500, 1000 mL Genauigkeitsklassen A oder B (vgl. Kapitel 7) Ansetzen und vorübergehende Bevorratung von Lö-sungen

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40 3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen

Messzylinder Nennvolumen 10, 25, 50, 100, 250, 500, 1000 mL Aus Glas oder Kunststoff Abmessen von Lösemitteln und Lösungen, nicht zur ständigen Aufbewahrung gedacht

Rundkolben Nennvolumen 50, 100, 250, 500, 1000 mL meist mit Normschliffanschluss zum Einbau in kom-plexere Apparaturen (bei der Destillation o.ä.) Sonderformen wie Zwei- oder Mehrhalskolben in Analyse- oder Syntheseapparaturen

Destillierkolben mit seitlichem Ableitungsrohr Nennvolumen 250, 500, 1000 mL für einfache Wasserdampfdestillationen

Stehkolben Nennvolumen 100, 250, 500, 1000 mL ohne Graduierung vorübergehende Aufbewahrung von Lösungen

Standzylinder Nennvolumen 250, 500, 1000 mL ohne Graduierung, eventuell mit Überwurfdeckel zum Schutz gegen eindringenden Schmutz vorübergehende Aufbewahrung von Lösungen und sonstigen Reaktionsansätzen, beispielsweise Proben zur Sedimentation

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3.2 Geräte 41

Glasflasche (Schulter- oder Steilbrustflasche) Nennvolumen 50, 100, 250, 500, 1000, 2000 mL

mit Normschliffstopfen aus Glas oder Kunststoff Enghals- oder Weithalsform Aufbewahrung von Flüssigkeiten (Enghalsform) oder pulverförmigen Chemikalien (Weithalsform), grund-sätzlich zu beschriften

Schraubflasche Nennvolumen 100, 250, 500, 1000 mL mit Schraubdeckel Enghals- oder Weithalsform

Aufbewahrung von Flüssigkeiten (Enghalsform) oder pulverförmigen Chemikalien bzw. Pasten und Granu-laten (Weithalsform)

Säurekappenschraubflasche Nennvolumen meist 250, 500, 1000 mL mit Spezialverschluss (Schliffstöpsel und Überwurf-kappe) Aufbewahrung von hochkonzentrierten Säuren und Laugen

Spritzflasche Nennvolumen meist 500 mL gewöhnlich aus PE-Kunststoff Bevorratung von demineralisiertem oder destillier-tem Wasser

Tropfflasche (Ranvier-Flasche) Nennvolumen meist 50 oder 100 mL aus Glas oder PE-Kunststoff

Bevorratung von häufig eingesetzten Fertigreagen-zien (beispielsweise Indikatoren, Nachweisreagen-zien für die Mikroskopie u.ä.)

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42 3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen

Pipette als Messpipette (links) oder Vollpipette (Mitte), je nach Hersteller unterschiedlich farbcodiert, auch mit angeschlossenem Saugkolben

Nennvolumen: Messpipette meist 0,5, 1, 2, 5, 10, 20, 25 mL Vollpipette meist 2, 5, 10, 20, 25, 50, 100 mL in verschiedenen Genauigkeitsklassen (vgl. weitere Angaben in Kapitel 7) Ungraduierte Tropfpipetten (mit Saugkappe) be-zeichnet man auch als Pasteur-Pipetten (rechts)

Mikropipette (Automatikpipette)

Nennvolumen entweder fest 10, 20, 25, 40, 50, 100, 200 und 500 μL oder variabel

mit auswechselbaren Pipettenspitzen, auch als Mehr-kanalpipette mit 6, 12 oder 16 Steckplätzen für Pipet-tenspitzen

vor allem im biochemisch-mikroanalytischen Be-reich sehr häufig eingesetzt

Waschflasche nach Drechsel Nennvolumen meist 250 oder 500 mL zum Entfernen (Auswaschen) bestimmter Gase aus Gasgemischen

Saugflasche (Erlenmeyerform)

mit seitlich fest angesetztem Glas- oder austauschba-ren Kunststoffstutzen (= Olive) Nennvolumen meist 250 oder 500 mL

zum Arbeiten unter vermindertem oder erhöhtem Druck

500

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3.2 Geräte 43

Büchner-Trichter (Nutsche) meist aus Porzellan Abfiltrieren von Feststoffen über Rundfilter

Tropf- (links) und Scheidetrichter (rechts) Glas fallweise mit Normschliffstopfen aus Glas oder Kunststoff Trennen von Flüssigkeitsgemischen unterschied-licher Mischbarkeit, auch als Komponenten in Gas-entwicklungsapparaturen

Exsikkator Nennvolumen 1, 2, 3 L oder mehr Glas oder Porzellan zum Trocknen oder Aufbewahren von Proben unter Vakuum; Vakuumanschluss oft auch seitlich

Reaktionsrohr Glas Durchführung von Reaktionen in kontrollierten Gas-räumen

Abdampfschale Porzellan Eindampfen zu schwach konzentrierter Lösungen

Brenner (Bunsen- und Teclu-Brenner) Metall Wärmequelle zur Prozessbeschleunigung

Wasserstrahlpumpe Glas, Kunststoff oder Metall Abpumpen oder Evakuieren von Reaktionsgefäßen; wird an die Brauchwasserleitung angeschlossen

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44 3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen

Bürette Glas mit Messskala und Schellbachstreifen (s. Kapitel 7) eventuell fest montiert auf einem Vorratsgefäß mit Vorrichtung zum Befüllen und zur automatischen Nullpunkteinstellung für Maßanalysen

Die in dieser Übersicht dargestellten Geräte und Hilfsmittel stellen nur

die übliche Basisausstattung für chemisch oder physiologisch arbeitende Labors dar. Nicht berücksichtigt sind das übliche Stativmaterial (Bunsen-Stative, Stativstangen, Klammern, Muffen und andere Befestigungen) sowie das fast immer benötigte Schlauchmaterial verschiedener Qualitäten und Materialien. In Speziallabors, die mikrobiologische, biochemische oder gen-technische Forschung durchführen, werden zusätzliche Sondereinrichtungen benötigt.

Nützliche oder sogar unverzichtbare Kleinteile und Hilfsmittel, die in fast allen Labors anzutreffen sind, zeigt die folgende Übersicht:

Schutzbrille

Reibschale mit Pistill

Spatel Spatellöffel

Peleusball

Tiegelzange

Porzellantiegel

Trichter

Pulvertrichter

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3.3 Verbindungen schaffen 45

Reagenzglashalter

Quetschhahn

Tropfpipette

Gasflasche

Petrischale

Uhrglas

Reduzierventil

Zweiwegehahn

Die einzelnen hier aufgeführten Laborutensilien dienen unter anderem dem sicheren Arbeiten (Schutzbrille, Tiegelzange, Reagenzglashalter, Redu-zierventil; vgl. Kapitel 1). Sie werden in ihrer Funktionalität fallweise in einzelnen Folgekapiteln näher erläutert.

3.3 Verbindungen schaffen

Beim Zusammenbau von Apparaturen stellt sich gewöhnlich das Problem, dass man mehrere Glasteile miteinander verbinden muss. Die Verbin-dungsstellen müssen gasdicht sein, aber auch ein rasches Auswechseln von Bauteilen ermöglichen. Für solche Zwecke wurden unter anderem nach DIN genormte Schliffverbindungen entwickelt (Abb. 3-1 bis 3-3). Die über sol-che Verbindungen miteinander gekoppelten Bauteile werden jeweils über besondere Klammern (Normalschliff-, Kugelschliffklammern) davor gesi-chert, sich unkontrolliert voneinander zu lösen oder aus dem Geräteverbund zu verschieben.

Auf den Normalschliffteilen bedeutet beispielsweise die Angabe 29/32, dass der größte Durchmesser am Schliffkern bzw. an der Schliffhülse 29 mm beträgt, die Länge des Schliffes 32 mm (Abb. 3-1). Verbreitete weitere Kegelschliffe sind 12/21, 14/15, 14/23, 19/26, 24/29 und 45/40. Die ent-sprechenden Hülsenabmessungen finden sich auch am Hals von Messkol-ben, Rundkolben, Schliffflaschen und Kühlern. Kunststoffstopfen weisen dagegen die NS-Abmessungen der Schliffkerne auf. Kegelschliffe lassen nur in Achsenrichtung starre Verbindungen zwischen den Bauteilen zu. Mit den konvexen bzw. konkaven Kugelschliffen (Abb. 3-1) sind dagegen auch gegen die Achse in gewissem Umfang bewegliche Verbindungen möglich. Bauteile von sehr großem Durchmesser, darunter beispielsweise

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46 3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen

Bodenteil und Deckel eines Exsikkators, werden über Planschliffe mitein-ander verbunden.

Abb. 3-1. Typen und Benennung von Normschliffteilen, im gewählten Beispiel Normalschliff (NS) mit D = 29 mm und h = 32 mm sowie Kugelschliff mit D = 35 mm und d = 20 mm. Bei Planschliffteilen gibt man die Nennweite (innerer Durch-messer) an

Abb. 3-2. Übergangsstücke zwischen verschiedenen Normschliffteilen: A KS→NS, B NS→KS, C Erweiterungsstück, D Reduzierstück

Abb. 3-3. Schliffstöpsel (links) und Hahnküken (rechts) fettet man nur an den mar-kierten Bereichen ein. Bei falsch gefetteten Hahnküken droht eventuell die Blocka-de der zentralen Öffnung

h

D D

d

Normalschliff Kugelschliff Planschliff

Kern Kugel NSK 29/32 KSK 35/20 NW 45 Hülse Pfanne NSH 29/32 KSP 35/20

A B C D

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3.3 Verbindungen schaffen 47

Schliffteile werden zum Abdichten sehr dünn mit Silicon- oder anderen Spezialfetten (Schlifffetten) bestrichen, so dass die Schliffverbindung beim Drehen klar durchsichtig erscheint. Erst dann ist die Verbindung gas- und flüssigkeitsdicht.

Ungefettete Schliffverbindungen (beispielsweise von Schliffflaschen) ha-ben gelegentlich die Unart, außerordentlich fest und unlösbar zu sein, weil sich eventuell Kristalle zwischen den Schliffteilen entwickelt haben. Zum Lösen klopft man entweder mit einem Stück Holz gegen den festsitzenden Schliffstopfen, tropft heißes Wasser auf oder erwärmt die Schliffhülse rasch mit der Brennerflamme. Ähnlich geht man auch bei verkrusteten Schliff-hähnen vor.

Mitunter lassen sich Schliffverbindungen nicht (mehr) leicht lösen, wenn sich zwischen den geschliffenen Apparaturenteilen Fremdstoffe abgesetzt haben. Das Trennen von Schliffteilen versucht man dann durch • vorsichtiges Klopfen mit einem Gegenstand aus Holz oder Kunststoff • rasches Erhitzen der Schliffhülse mit heißem Wasser oder einem Gebläse • Diffusion von Wasser oder Kriechöl zwischen die geschliffenen Kom-

ponenten. Für sichere Verbindungen zwischen Glas- bzw. Kunststoffrohren und

Schläuchen bieten sich verschiedene technische Möglichkeiten an: Die Rohrenden tragen ein nach DIN/ISO genormtes Schraubgewinde, an dem sich eine Schlauchtülle mit einer Überwurfmutter befestigen lässt. Außer-dem gibt es auch spezielle Übergangsstücke mit Normschliffanschluss (Abb. 3-4):

Abb. 3-4. Übergangsstücke zwischen Schlauch und Glasrohr (links) oder Schliff-stück und Glasrohr (rechts)

Wesentlich einfacher herzustellen ist die Verbindung zwischen zwei Glas- oder Kunststoffrohren mithilfe eines kurzen Schlauchstücks. Dabei sollten die verbundenen Teile ungefähr den gleichen Durchmesser aufwei-sen und dürfen in der Verbindungsmanschette nicht allzu weit voneinander entfernt sein (vgl. Abb. 3-5), damit die Verbindungsteile nicht durchhängen oder die Schlauchstücke das Durchflussvolumen ungünstig verengen. Rohrstücke in Versuchsapparaturen werden aus Sicherheitsgründen jeweils über Stativklammern in ihrer Position fixiert und keineswegs nur über die Elastizität der verbindenden Schlauchstücke gehalten.

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48 3 Werkstoffe, Geräte und Apparaturen

Abb. 3-5. Richtige (links) und falsche (rechts) Schlauchverbindung zwi-schen zwei Glas- oder Kunststoffrohren

Für Schlauchverbindungen zwischen Glas- oder Kunststoffrohren oder Lei-tungsverzweigungen sehr praktisch sind spezielle Verbindungsstücke (Abb. 3-6). In jedem Fall ist bei deren Einsatz die Chemikalienbeständigkeit der Verbindungsstücke zu beachten.

Abb. 3-6. Schlauchverbindungsstücke für Leitungsverzweigungen Über spezielle Schlauchverbindungen mit passenden Tüllen baut man

auch Absperrhähne (Zweiwegehähne) aus Glas, Teflon oder anderen Kunst-stoffen bzw. Edelstahl in Rohr- oder Schlauchleitungen ein. Alternative Ab-sperrmöglichkeit für Schlauchleitungen bzw. Schlauchabschnitte in Röhren-systemen sind die verschiedenen Typen gebräuchlicher Schlauchklemmen (Quetschhähne). Mit Dreiwegehähnen bestückt man komplexere Leitungs-systeme und kann damit jeweils zwei Leitungsäste wegsam schalten (vgl. Abb. 3-7). Bei Zwischenstellungen des Hahns zwischen den dargestellten Positionen sind sämtliche Zu- und Ableitungen blockiert.

Abb. 3-7. Zweiwegehähne sind einfache Sperrhähne (links in Seitenansicht). Mit-hilfe von Dreiwegehähnen (rechts im Querschnittbild) lassen sich Flüssigkeits- oder Gasströme exakt in verschiedene Richtungen kanalisieren.

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Einheiten, Maße und Zahlen

Die Vorteile eines global gültigen und unabhängig von Sprachen und Kul-turen anwendbaren Einheitensystems liegen auf der Hand: Außer Wissen-schaft und Technik profitieren davon auch Wirtschaft und Verwaltung. Nachdem über die Jahrhunderte hinweg zahlreiche nur regional oder sogar lokal gültige und nur ausnahmsweise exakt konvertierbare Maße und Ge-wichte in Gebrauch waren, zeigte sich bereits im frühen 19. Jahrhundert die Notwendigkeit einer Standardisierung. Der geniale Carl Friedrich Gauß schlug erstmals 1832 ein Absolutsystem für Masse, Länge und Zeit vor. Aber erst 20 Jahre später stellte er zusammen mit dem Physiker Wilhelm Eduard Weber, ebenfalls einer der liberal gesinnten und deswegen aufmüp-figen „Göttinger Sieben“, eine Anzahl von Einheiten zusammen, die auf Millimeter, Milligramm und Sekunde basierten.

Ein erster bedeutsamer Schritt war 1875 die Unterzeichnung der Meter-konvention durch 17 Staaten. Auf der 1. Generalkonferenz für Maß und Gewicht (CGPM) 1889 wurde das MKS-System mit den drei Basiseinhei-ten Meter, Kilogramm und Sekunde eingeführt. Dieses mehrfach erweiterte System wurde 1960 in Système International d’Unités (abgekürzt SI) um-benannt. Es gilt in allen Ländern und in allen Sprachen, in Deutschland seit 1970. Erst 1971 kam die siebte und vorerst letzte Basiseinheit Mol hinzu und wurde an sechster Position zwischen Kelvin und Candela (vgl. Tabelle 4-1) eingeordnet. In der EU ist die Verwendung des SI im amtli-chen und geschäftlichen Verkehr gesetzlich vorgeschrieben. In den USA haben sich die SI-Einheiten bisher fast nur im wissenschaftlich-technischen Bereich durchgesetzt. Seit etwa 1990 sind auch sämtliche Lehrbücher (mit Ausnahmen in einigen technischen Sondersparten wie Elektrodynamik) auf SI-Einheiten umgestellt worden.

Dem SI liegt die im Prinzip überaus erstaunliche Feststellung zu Grunde, dass man zur Quantifizierung der Natur tatsächlich nur sieben Basisgrößen benötigt. Das SI-Einheitensystem legt dafür die entsprechenden Einheiten und ihre Symbole (Einheitenzeichen) fest (Tabelle 4-1).

Eine SI-Basisgröße kann nicht durch eine andere Basisgröße ausgedrückt werden. Das Gleiche gilt für die Basiseinheiten. Die Symbole der Basisgrö-ßen schreibt man immer kursiv, die Symbole der zugehörigen Dimensionen mit einem geraden (halbfett gesetzten) Großbuchstaben.

4

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50 4 Einheiten, Maße und Zahlen

Tabelle 4-1. SI-Basisgrößen und Basiseinheiten

Basisgröße (Name der Dimension)

Symbol der Basisgröße

Symbol der Dimension

Basiseinheit Symbol der Basiseinheit (Einheiten- zeichen)

Länge l L Meter m

Masse m M Kilogramm kg

Zeit t T Sekunde s

elektrische Stromstärke

I I Ampere A

thermodynamische Temperatur

T Θ Kelvin K

Stoffmenge n N Mol mol

Lichtstärke IV J Candela cd Die sieben SI-Basiseinheiten sind folgendermaßen definiert: Der Meter

(als Längenmaß abweichend von den in Rechtschreibungs-Lexika um-gangssprachlich zugelassenen Varianten nur als Maskulinum zu gebrau-chen; in der Bezeichnung für ein Messgerät dagegen ausschließlich als Neutrum, beispielsweise das Baro- bzw. das Thermometer) ist die Länge einer Strecke, die das Licht im Vakuum während der Dauer von 1/299 792 458 Sekunden zurücklegt. Mit dieser Definition wurde gleich-zeitig die Naturkonstante Lichtgeschwindigkeit im Vakuum co auf den Wert 299 792 458 m s–1 festgelegt, obwohl die experimentelle Bestimmung von co auch geringfügig abweichende Werte im Meterbereich ergibt.

Das Kilogramm war ursprünglich die Masse eines Liters Wasser von maximaler Dichte (bei 3,98 °C). Seit 1889 ist das Kilogramm gleich der Masse des Internationalen Kilogrammprototyps. Der entsprechende Refe-renzkörper aus einer Pt/Ir-Legierung mit 90% Platin (Pt) und 20% Iridium (Ir) wird seit 1889 im Internationalen Büro für Maß und Gewicht in Sèvres bei Paris unter drei ineinander geschachtelten Glasgefäßen aufbe-wahrt. Der Prototyp ist ein Zylinder von 39 mm Höhe und Durchmesser. Die Vertragsstaaten der Meterkonvention besitzen davon eine Kopie. In Deutschland hortet die für metrologische Belange zuständige Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig drei Exemplare – das ursprünglich zugeteilte, jedoch im Zweiten Weltkrieg beschädigte Urkilo-gramm, eine neuere Ersatzkopie sowie das Exemplar der ehemaligen DDR. Das Kilogramm ist somit die einzige SI-Einheit, die bislang nicht

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4.1 Teile und Vielfache von Einheiten 51

von einer physikalischen Fundamentalkonstante abgeleitet ist. An einer zeitgemäßen Neudefinition wird gegenwärtig allerdings gearbeitet.

Die Sekunde ist definiert als Dauer von 9 192 632 770 Schwingungspe-rioden der Strahlung, die beim Übergang zwischen den beiden Hyperfein-strukturniveaus 2S1/2 des Grundzustandes des Atomkerns vom Isotop 133Caesium ausgesandt wird (Atomzeitsekunde).

Die Stromstärke Ampere ist die Stärke eines konstanten elektrischen Stromes, der durch zwei parallele, geradlinige, unendlich lange und im Vakuum im Abstand von 1 m voneinander angeordnete Leiter von vernach-lässigbar kleinem kreisförmigem Querschnitt fließt und zwischen diesen beiden Leitern pro Meter Leiterlänge die Kraft 2 × 10–7 Newton hervorruft. Die Basiseinheit Ampere schreibt man in diesem Anwendungszusammen-hang grundätzlich ohne Akzent, obwohl sie an den französischen Physiker André Marie Ampère erinnert.

Das Kelvin ist 1/273,16 der thermodynamischen Temperatur des Tripel-punktes von Wasser einer genau definierten istopischen Zusammensetzung entsprechend dem Vienna Standard Mean Ocean Water. Damit wurde gleichzeitig die Temperatur des Tripelpunktes von Wasser auf genau 273,16 K (= 0,01 °C) festgelegt. Erst seit 1968 schreibt man das Einheitenzeichen K statt des früheren °K.

Ein Mol ist die Stoffmenge eines Systems, das aus ebenso vielen Teil-chen besteht, wie Atome in 0,012 Kilogramm des Kohlenstoff-Isotops 12C in ungebundenem Zustand enthalten sind. Die molare Masse von 12C ist damit auf genau 12 × 10–3 kg mol–1 festgelegt.

Schließlich ist die Lichtstärke definiert als die monochromatische Strah-lung einer Strahlungsquelle der Frequenz 540 × 1012 Hertz. In diesen Defini-tionen sind nur die drei Basiseinheiten Kilogramm, Sekunde und Kelvin voneinander unabhängig. Die übrigen Basiseinheiten weisen Abhängigkei-ten zu anderen Basiseinheiten auf, und zwar der Meter von der Sekunde, das Mol vom Kilogramm und Ampere sowie Candela von Meter, Kilogramm und Sekunde.

Alle anderen als die sieben Basiseinheiten sind abgeleitete Einheiten. Bei-de Gruppen bilden zusammen die kohärenten SI-Einheiten. Durch Verwen-dung eines SI-Präfixes wie Mega- oder Milli- (vgl. Tabelle 4-3) werden die-se zu nichtkohärenten Einheiten. Die einzige Ausnahme ist das Kilogramm, das bereits als Basiseinheit mit einem Präfix versehen ist. Die SI-Einheiten sind die Gesamtheit aller kohärenten und nichtkohärenten Einheiten.

Von den sieben Basisgrößen bzw. -einheiten lassen sich die zahlreichen übrigen in den Naturwissenschaften verwendeten Größen und ihre Einheiten ableiten, von denen in den zahlreichen Spezialsparten des modernen Wis-senschaftsbetriebes und der Technik unterdessen mehrere hundert in Ge-

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52 4 Einheiten, Maße und Zahlen

brauch sind. Insgesamt 22 kohärenten abgeleiteten SI-Einheiten hat man ei-gene Namen und Symbole (Einheitenzeichen) gegeben, die sich ihrerseits wiederum mit allen Basis- und abgeleiteten Einheiten kombinieren lassen. So ist beispielsweise die SI-Einheit für die Kraft (= Newton; m · kg · s–2) geeignet, um die Einheit der Energie (Joule) als Newton mal Meter (N · m) auszudrücken. Einige auch für die Laborpraxis in Biologie und Chemie re-levante abgeleitete Einheiten und ihre Symbole (ohne Elektrizitätslehre) führt Tabelle 4-2 auf.

Während sich die Einheitennamen in den verschiedenen Sprachen ge-ringfügig unterscheiden können (mètre, meter, metro, Meter), sind die Symbole selbst grundsätzlich unveränderbar. Die Größensymbole setzt man üblicherweise kursiv. Alle abgeleiteten Einheiten sind als Potenzprodukte der Basisgrößen darstellbar (vgl. Tabelle 4-3). Als Einheitenzeichen wählte man sowohl Klein- als auch Großbuchstaben. Da das Alphabet für die

Tabelle 4-2. Einige abgeleitete Einheiten mit ihren Namen und Symbolen (Aus-wahl)

Größe Symbol der Größe

Name der Größe bzw. abgeleiteten Einheit

Einheiten-zeichen

Ableitung aus SI-Basiseinheiten

Frequenz f Hertz Hz s–1

Volumen V Liter L 1 L = 10–3 m3

ebener Winkel

α, β, γ... Radiant rad Grad (°) 1°= 1rad × π/180 (Winkel-)Minute (’),1’=1°/60 (Winkel-)Sekunde (”) 1” = 1’/60

Fläche A Ar Hektar

a ha

1 a = 100 m2 1 ha = 10 000 m2

Zeit t

s Jahr (a), 1 a = 365 d Tag (d), 1 d = 24 h Stunde (h), 1 h = 60 min Minute (min), 1 min = 60 s

Kraft F Newton N m · kg · s–2

Druck p Pascal Pa Bar (bar), 1 bar = 105 Pa

Radio- aktivität

A Becquerel Bq s–1

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4.1 Teile und Vielfache von Einheiten 53

Vielzahl notwendiger Einheitenzeichen nicht ausreicht, gibt es fallweise auch mehrbuchstabige Symbole, allerdings immer nur mehrere Kleinbuch-staben (lx, rad) oder eine Kombination aus nur einem Groß- mit einem Kleinbuchstaben (Bq, Hz).

Als zusätzliche Einheiten lässt das SI weiterhin einige weitere Mess-größen und Symbole (Einheitenzeichen) zu, von denen die meisten für Messungen der Dimensionen Länge und Zeit verwendet werden. Etliche davon erweisen sich als Konzessionen an lange vertraute Alltagsgrößen. Tabelle 4-2 listet einige davon ebenfalls auf.

Tabelle 4-3. Vorsätze (SI-Präfixe) zur Bezeichnung von dezimalen Vielfachen und Teilen von Einheiten

Vorsatz Zeichen Zahlenwert des Multiplikators

Exa E 1 000 000 000 000 000 000 1018

Peta P 1 000 000 000 000 000 1015

Tera T 1 000 000 000 000 1012

Giga G 1 000 000 000 109

Mega M 1 000 000 106

Kilo k 1 000 103

Hekto h 100 102

Deka da 10 101

1 100

Dezi d 0,1 10–1

Zenti c 0,01 10–2

Milli m 0,001 10–3

Mikro μ 0,000 001 10–6

Nano n 0,000 000 001 10–9

Pico p 0,000 000 000 001 10–12

Femto f 0,000 000 000 000 001 10–15

Atto a 0,000 000 000 000 000 001 10–18

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54 4 Einheiten, Maße und Zahlen

4.1 Teile und Vielfache von Einheiten

Durch besondere Vorsätze (Präfixe) zu den Einheitenzeichen lassen sich von allen Einheiten dezimale Vielfache oder Teile bilden (Tabelle 4-3). Diese Präfixe setzt man jeweils ohne Zwischenraum an das zugehörige Einheitenzeichen: 2 Ma = 2 × 106 Jahre (in der Geologie und Archäologie zunehmend übliche Bezeichnung), 1 ms = 1 Millisekunde, 5 μg = 0,005 mg = 5 Mikrogramm. Ein Einheitenzeichen darf man allerdings nie gleich-zeitig mit zwei Präfixen versehen, um besonders kleine oder große Teiler zu kennzeichnen: Die Schreibweise 1 mμm („Millimikrometer“) für 10–9 m ist demnach unzulässig. • Zwischen der Zahlenangabe (Multiplikator) und dem verwendeten Ein-

heitenzeichen steht immer ein einfacher Zwischenraum: 5 mm, 3 d, 125 Ci, 27 ha, 1,035 hPa.

• In wissenschaftlichen Manuskripten sollte man routinemäßig so genann-te geschützte Leerzeichen verwenden, damit Zahl und Einheit beim au-tomatischen Zeilenumbruch nicht getrennt werden können. Nur die für Winkelangaben üblichen Einheitenzeichen °, ’ und ” werden nach der Zahlenangabe ohne Zwischenraum gesetzt:

Position 54°13’33” N bzw. 7°14’48” O • Bei astronomischen Zeitangaben ist es üblich, die Einheiten h, m und s

als Exponenten anzugeben; der Zeitpunkt 8 Uhr, 14 Minuten und 23 Sekunden ist dann folgendermaßen zu setzen:

08h14m23s • Durch die Kombination eines dezimalen SI-Präfixes mit dem jeweiligen

Einheitenzeichen entsteht gleichsam ein neues Symbol, das man ohne Klammer zur Potenz erheben kann: km2, μL3, ns–2.

• Für die Volumenangabe in Liter hat die International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC), die gleichsam für die Genfer Konven-tionen chemischer Bezeichnungen zuständig ist, in Übereinstimmung mit dem SI ausschließlich den Gebrauch des Einheitenzeichens L (Großbuchstabe) festgelegt.

• Für zahlreiche Benennungen und Bezeichnungen (auch) im Einheiten-wesen sind Klein- oder Großbuchstaben aus dem griechischen Alphabet üblich, beispielsweise bei den Elementarteilchen (γ = Photon, ν = Neu-trino, Σ = Sigmateilchen) oder zur Angabe der Wellenlänge (λ). Für sol-che Anwendungen bieten die Tabellen 4-4 und 4-5 eine über α, β und γ hinausgehende Orientierungs- bzw. Übersetzungshilfe. Die Buchstaben Epsilon/Eta sowie Omikron/Omega haben im gesprochenen Wort unter-schiedliche Lautwerte. Für den Gebrauch im Einheitenwesen sind diese jedoch unerheblich.

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4.2 Einheiten und Zahlen erfordern besondere Schreibweisen 55

Tabelle 4-4. Griechische Buchstaben

Bezeichnung

Transliteration Symbol Großbuchstabe

Symbol Kleinbuchstabe

Alpha A, a Α α Beta B, b Β β Gamma G, g Γ γ Delta D, d Δ δ Epsilon E, e Ε ε Zeta Z. z Ζ ζ Eta E, e Η η Theta Th, th Θ ϑ Iota I, i Ι ι Kappa K ,k Κ κ Lambda L, l Λ λ My M, m Μ μ Ny N, n Ν ν Xi X, x Ξ ξ Omikron O, o Ο ο Pi P, p Π π Rho R, r Ρ ρ Sigma S, s Σ σ Tau T, t Τ τ Ypsilon Y, y Υ υ Phi Ph, ph Φ ϕ Chi Ch, ch Χ χ Psi Ps, ps Ψ ψ Omega O, o Ω ω

Tabelle 4-5. Häufig verwendete griechisch(-lateinische) Zahlwörter

1 mono 4 tetra 7 hepta 10 deka 2 di 5 penta 8 octa 11 endeka 3 tri 6 hexa 9 nona 12 dodeka

4.2 Einheiten und Zahlen erfordern besondere Schreibweisen

Für die eindeutige und korrekte Schreibweise von Einheiten sind im wis-senschaftlichen bzw. sonstigen offiziellen Kontext die folgenden typogra-phischen Hinweise zu beachten:

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56 4 Einheiten, Maße und Zahlen

• Hinter einem Einheitenzeichen steht niemals ein Punkt. Die einzige Ausnahme ist das reguläre Satzzeichen, wenn ein Symbol der letzte Buchstabe in einem Satz ist.

• Bei Einheitenprodukten setzt man zwischen den Einzelangaben jeweils einen Zwischenraum:

N m • Nur die Divisionen gibt man mit Schrägstrich oder – vorzugsweise –

negativem Exponenten an: m/s oder besser m s–1

• Bei mehr als zwei Divisionen wie Milligramm pro Kilogramm pro Stun-de verwendet man immer die Exponentialangabe: statt mg/kg/h also grundsätzlich

mg ⋅ kg–1 ⋅ h–1 oder aus Gründen der besseren Lesbarkeit mit typographischem Multi-plikationszeichen (×; in den meisten Schreibprogrammen unter Einfü-gen/Sonderzeichen/Symbol zu finden) statt des hier nicht korrekten übli-chen Kleinbuchstabens x: mg × kg–1 × h–1.

• Bei Divisionen von Einheitenprodukten setzt man die zusammen-gehörenden Ausdrücke wegen der notwendigen Eindeutigkeit gegebe-nenfalls in eine Klammer, also

W/ (m ⋅ K) oder W ⋅ (m × K)–1. • Zwischen zwei Einheitenzeichen verwendet man immer dann ein typo-

graphisches Multiplikationszeichen (×), wenn die Angabe sonst missver-ständlich sein könnte: Bedeutet nun die Angabe m s Millisekunde oder Meter × Sekunde? Die Schreibweise m × s schafft sofort Klarheit.

• Zwischen zwei Zahlenangaben und die sie verknüpfenden Rechenzei-chen der Arithmetik setzt man wegen der besseren Lesbarkeit grundsätz-lich ein Leerzeichen. Statt 3,7+5,4=9,1 schreibt man also

3,7 + 5,4 = 9,1 • Vorzeichen stehen immer ohne Leerraum direkt vor der zugehörigen

Zahl: –78 °C, +25 °C

• Als Minuszeichen verwendet man nicht den Trennstrich (Divis: -), son-dern einen Gedankenstrich (–):

55 – 75 = –25; • Die mathematischen Operatoren % (bedeutet: multipliziere mit 0,01

bzw. 10–2) und ‰ (multipliziere mit 0,001 bzw. 10–3) behandelt man wie Maßeinheiten:

Glucose-Gehalt 5,8 % Salinität der Nordsee 3,4 ‰

• Bei Ableitungen entfällt dagegen der Zwischenraum:

Page 66: Einfuhrung in die Laborpraxis: Basiskompetenzen fur Laborneulinge 2. Auflage (Springer-Lehrbuch)

4.2 Einheiten und Zahlen erfordern besondere Schreibweisen 57

25%ige HCl, 96%iges Ethanol • Kleinere Operatoren als % und ‰ sind die Angaben ppm (parts per mil-

lion für den Faktor 10–6) und ppb (parts per billion; Faktor 10–9). • Eine Messwertangabe wählt man immer so, dass der zu benennende Zah-

lenwert zwischen 0,1 und 1000 liegt und man die Einheit an Stelle ihres dezimalen Teilers oder Vielfachen verwenden kann:

0,7 L statt 70 cL oder 700 mL 5 mL statt 0,005 L

3 μL statt 0,003 mL • Zu bevorzugen ist jeweils auch die Exponentialangabe, wenn ansonsten

„unhandliche“ Zahlen drohen: 5,8 ⋅ 109 Bakterien/mL. • Bei quantitativen Angaben deutet das Zeichen ± den Schwankungs-

oder Toleranzbereich an. Bei Zahlenwerten mit einer Einheit folgt das Einheitenzeichen einer runden Klammer, die den Toleranzbereich an-gibt: (15 ± 3) mg meint den Bereich zwischen 12 und 18 mg. Die Schreibweise 15 ± 3 mg ist dagegen nicht korrekt, weil die Einheit für den Bezugswert 15 fehlt.

Zahlen lassen sich in Ziffern (3, 4, 5) oder in Buchstaben (drei, vier, fünf) schreiben. In literarischen Texten verfahren die Autoren oft nach der alten und aus heutiger Sicht nicht begründbaren Konvention, die Zahlen von eins bis zwölf in Buchstaben und ab 13 in Ziffern zu setzen. Ausnahmen sind le-diglich die Dezimalzahlen <12 wie 2,5 oder 4,8, die in der Buchsta-benversion äußerst unhandliche Wortgebilde ergäben. In naturwissen-schaftlichen Texten darf man die überkommene Regel „... elf, zwölf, 13“ generell übergehen, da dies der Kürze und Klarheit dient. Die Alltagspraxis verwendet Zahlenangaben als Kennziffern ohnehin immer nur als kurze Att-ribute wie Seite 6, Nummer 7, Folge 8, Zimmer 9, Tor 10.

Bei technischen Aufzählungen wirkt die Wortversion von Zahlenangaben umständlich. Gegenüber der Schreibweise „... fünf Reagenzgläser, sechs Pi-petten und sieben Erlenmeyerkolben“ ist die Notierung „... 5 Reagenzgläser, 6 Pipetten und 7 Erlenmeyerkolben“ ein echter Gewinn.

Die Dezimalen und Kommastellen bei Zahlen in Tabellen sind für die bessere Vergleichbarkeit möglichst so auszurichten, dass das Komma im Kolonnenbild immer an der gleichen Stelle erscheint:

528 62,876 97,4 0,04 7,345 0,314 15

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58 4 Einheiten, Maße und Zahlen

Mit Ziffern im Text sollte man keine größere Genauigkeit suggerieren, als tatsächlich vorliegt: Wenn man 25 mm meint, schreibt man daher auch 25 mm und nicht 0,025 m. Das gilt auch für einschränkende Angaben wie „ungefähr 25 mm“ oder „etwa 25 mm“.

Als Dezimalzeichen ist je nach Sprache ein Komma oder Punkt (vor al-lem im angloamerikanischen Schrifttum) zulässig. Weitere Kommata oder Punkte als Gliederungshilfen innerhalb einer Zahlenangabe sind unzulässig. Bei längeren Ziffernfolgen gliedert man vom Dezimalbereich ausgehend durch größere Abstände in Dreiergruppen:

1 234 567, 891 2 statt 1.234.567,8912 Bei Multiplikationen ist der Multiplikationspunkt (mittiger Punkt: ·) nur

zwischen den Einheiten bzw. Formelzeichen zulässig: 1,234 567 68 × 109 m · s–1 statt 1,234 567 68 · 109 m · s–1

Für Standardabweichungen wird sich künftig die folgende, erstmals im Jahre 2006 empfohlene Kurzform durchsetzen:

NA = 6,022 141 79 (30) × 1023 mol–1 anstelle der ausführlichen Langform

NA = 6,022 141 79 (30) × 1023 mol–1 ± 0,000 000 30 mol–1

In der Wissenschafts- bzw. Laborpraxis bestehen einige Einheiten, die innerhalb des SI keinen Raum haben, jedoch weit verbreitet sind und daher toleriert werden, obwohl sie nicht den Rechtsstatus der gesetzlichen Einhei-ten aufweisen. Mit diesen Einheiten darf man daher nur in speziellen An-wendungsbereichen zusammengesetzte Angaben mit SI-Einheiten bilden. Einige der vor allem in der Technik üblichen Beispiele listet die folgende Tabelle 4-6 auf.

Tabelle 4-6. Einheiten außerhalb des SI mit eingeschränktem Geltungsbereich

Größe Symbol Einheit Definition

Länge Å Ångstrøm 1 Å = 10–10 m

Blutdruck mm Hg 1 mm Hg = 133,322 Pa

atm Physikalische Atmosphäre

1 atm = 1,013 25 bar = 101,325 kPa

at Technische Atmosphäre

1 at = 0,980 656 5 bar = 98,065 5 kPa

Druck

Torr Torr 1 Torr = 0,133 322 4 kPa

Wärme-menge

cal Kalorie 1 cal = 4,186 8 J

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Protokollieren und Dokumentieren

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Der vermeintlich blanke Zufall, der in der einen oder anderen Variante auch im Labordasein eine nicht zu unter-schätzende Rolle spielt, hat Ihnen ein völlig unerwartetes Versuchsergebnis beschert – eine überaus beeindruckende Farbreaktion, eine fast punktgenau verlaufende Enzymkinetik oder die Synthese einer interessant duftenden Verbindung. Die Wiederholung des schönen Effektes, unter Fachleuten Er-gebnisreproduktion genannt, scheitert indessen kläglich, weil die ursprüng-lichen Versuchsparameter nicht vollständig und nachvollziehbar festgehal-ten wurden. Die bloße Erinnerung an diese oder jene eingesetzte Substanzmenge ist meist ein schlechter Ratgeber. So wird man das schöne, aber nicht wiederholbare Resultat eventuell ohne weitere Spuren bedauerli-cherweise der Vergessenheit anheim fallen lassen müssen.

Die Vorteile einer korrekten Dokumentation aller Einzelschritte beim ex-perimentellen Arbeiten liegen auf der Hand. Genaue und vor allem ehrliche schriftliche Angaben über Motive, Ziele, Methoden und Ergebnisse von Ex-perimenten sind völlig unverzichtbar, wenn es darum geht, die in einem La-bor geleistete Forschungs-, Entwicklungs- oder Kontrollarbeit in allen Schritten reproduzierbar festzuhalten und zu dokumentieren. Eine saubere Protokollierung ist auch durch die Dokumentation auf einem PC nicht zu er-setzen. Ausarbeitungen dieser Art sind nicht nur ein wesentlicher Teil des professionellen Arbeitens, sondern eine exakte und übersichtliche Protokoll-führung muss bereits in den verschiedenen Ausbildungsphasen von der Schule bis zum Studium die Experimentalpraxis begleiten und ergänzen. In-sofern sollten sie den in professionellen Labors üblichen Standards der so-gar gesetzlich verankerten GLP-Vorschriften (Good Laboratory Practice) entsprechen.

Die Protokollierung von Versuchsabläufen und -ergebnissen funktioniert natürlich nicht in Gestalt einer Zettelwirtschaft oder wachsenden Lo-seblattsammlung. Alle relevanten Daten trägt man in ein akribisch geführ-tes Protokollbuch ein. Dieser fallweise auch Labortagebuch oder Labor-journal genannte Informationsträger ist für jegliche kritische (Eigen-) Kontrolle der Arbeit ein gänzlich unentbehrliches Instrument. Ein Ver-suchsprotokoll bzw. Laborbericht bildet alle Teilschritte des experimentel-len Arbeitens ab. Dieses Schriftstück ist also nicht nur die Rezeptur für ei-nen Außenstehenden, der den betreffenden Versuch gedanklich oder auch

5

Page 69: Einfuhrung in die Laborpraxis: Basiskompetenzen fur Laborneulinge 2. Auflage (Springer-Lehrbuch)

60 5 Protokollieren und Dokumentieren

praktisch nachvollziehen möchte, sondern hält alle entscheiden Schritte des gesamten experimentellen Tuns fest. Als Protokollbuch verwendet man möglichst eine fest eingebundene Kladde mit durchnummerierten Seiten, je nach erwartetem Datenaufkommen im Format DIN A5 oder A4. Auf den ersten Seiten legt man sinnvollerweise ein Inhaltsverzeichnis aller Einzel-experimente oder Untersuchungen mit Titel, Datum, Versuchsnummer und Seitenzahl an. Das erleichert das gezielte Auffinden bestimmter Daten. In manchen Unternehmen, beispielsweise in Forschungslabors der Pharma-Industrie, werden betriebseigene nummerierte Laborbücher nur gegen Un-terschrift ausgegeben und bleiben auch nach etwaigem Wechsel im Eigen-tum der Firma – verständlicherweise eine notwendige Maßnahme zur punktgenauen Beweisführung bei Patentfragen oder Rechtsstreitigkeiten.

Wenn über Einzelprojekte zu berichten ist oder Zwischenberichte zu erstellen sind, legt man ein angemessen ausführliches Laborprotokoll vor. Dieses besteht optional aus den folgenden Teilen: • Der Kopfteil (bei separatem ausführlicherem Projektbericht das Titel-

blatt) benennt Aufgabenstellung, Berichterstatter bzw. Experimentie-rende, Anlass, Zeit und Ort eines Versuchs oder einer -serie, Versuchs-nummer(n) oder andere Ordnungskriterien.

• Eine genaue Themenformulierung ist für die Einordnung eines Ergeb-nisses in ein Gesamtvorhaben enorm hilfreich. Man schreibt also bei-spielsweise nicht einfach lapidar „Chromatographische Trennung“, son-dern detailliert „Trennung von Mono- und Oligosacchariden durch Dünnschichtchromatographie entsprechend Versuchsvorschrift 4.1.65 aus Bannwarth/Kremer, Vom Stoffaufbau zum Stoffwechsel“, S. 130, 2011.

• In der Einleitung gibt die/der Berichtende eine kurze Erläuterung der Fragestellung oder des Versuchshintergrundes oder Erwartungshori-zontes: Warum wurde das betreffende Experiment überhaupt durchge-führt? Welche Reaktionen liegen dem betreffenden Experiment zu Grunde?

• Die Materialliste benennt ausnahmslos alle benötigten und verwendeten Materialien (Glasware, Messgeräte) und Chemikalien (Edukte, Men-gen/Einwaagen, Reinheitsgrade bzw. Herkünfte/Produkt- oder Chargen-nummern, verwendete Stoffmengenkonzentration von eingesetzten Lö-sungen). Bei biochemischen bzw. mikrobiologischen Versuchen mit definierten Versuchsorganismen sind diese mit ihrem genauen wissen-schaftlichen Namen, mit Stamm- bzw. Zelllinien-Nummer, Herkunft und allen sonstigen relevanten Angaben zu benennen.

Page 70: Einfuhrung in die Laborpraxis: Basiskompetenzen fur Laborneulinge 2. Auflage (Springer-Lehrbuch)

5.1 Labordokumente 61

• Sofern eine besonders entworfene oder eigens für den vorliegenden Ver-such entwickelte Versuchsapparatur benutzt wird, hält man deren ge-nauere Zusammensetzung mit allen Einzelteilen in einer beschrifteten Skizze fest. Art, Größe (Volumina) der Apparaturenteile und etwaige zu-sätzlich eingesetzte technische Hilfsmittel (Heizung, Kühlvorrichtungen, Rührgeräte u.a.) bieten für den Nachvollzug wichtige Angaben. Zum ge-naueren Versuchsaufbau können auch mit einer Digitalkamera festgehal-tene Bilder eine wertvolle Informationsquelle sein.

• Die Schilderung von Versuchsdurchführung und Versuchsablauf ist das Kernstück eines Protokolls. Man hält hier wirklich alle handwerkli-chen Einzelschritte als Ablaufprotokoll fest und dokumentiert somit die zeitliche Abfolge der Versuchsdurchführung, erforderlichenfalls auch mit genauen Zeitangaben. Hier sind unter anderem Einzeldaten zur Zentrifugation, zum Pipettieren komplexer Reaktionsansätze, die Para-meter chromatographischer oder elektrophoretischer Trennungen oder verwendete photometrische Verfahren festzuhalten.

• Die Beobachtungs- und/oder Messergebnisse werden jeweils tabella-risch festgehalten. Die Dokumentation muss alle Rohdaten aufweisen, wie man sie durch Geräteablesung, maschinell erstellte Schreibstreifen, Aufzeichnung von Spektren oder sonstige Datenträger erhält, ferner eine Einzelauflistung qualitativer Befunde oder sonstiger Beobachtungen.

• Die Auswertung der Ergebnisse umfasst die Umrechnung bzw. Um-formung der Rohdaten in Standardgrößen unter Angabe der einzelnen Rechenschritte. Sie sollte möglichst auch eine tabellarische oder gra-phische Darstellung einschließen.

• In der Ergebnisdiskussion und den Schlussfolgerungen hält man kriti-sche Bewertung der Versuchsergebnisse im Vergleich zu bekannten Standards, Aussagegrenzen und Fehlerbetrachtung einer Messung, et-waige methodische Unzulänglichkeiten des eingesetzten Verfahrens so-wie vermutete bzw. tatsächliche Versuchsfehler fest.

• Sinnvoll ist ein Hinweis auf die im direkten Zusammenhang zum durch-geführten Versuch stehende Literatur, beispielsweise benutzte und im Labor bekannte Arbeitsvorschriften bzw. Versuchsanleitungen, im Fall von instituts- oder werkseigenen Bibliotheksexemplaren auch mit der jeweiligen Standort- bzw. Findnummer.

Ein solcher Laborbericht beispielsweise über eine durchgeführte Synthese könnte gegebenenfalls folgendermaßen aussehen:

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62 5 Protokollieren und Dokumentieren

1. Aufgabenstellung Kontrollierte Verkrustung eines stratifizierten organischen Fest-stoffgemisches bei vorgewählter Temperatur und Zeit

2. Versuchsnummer PF-05/2008, Einzelprojekt

3. Experimenteller Hintergrund Kritische Überprüfung einer aus der Literatur entnommenen Emp-fehlung für einen Reaktionsansatz als Basis für mögliche Modifi-kationen und Verbesserungen

4. Geräte - Feinwaage 1–300 g - Vollpipette 25 mL - Messzylinder 100 mL - Becherglas 500 mL - Becherglas 1000 mL - Petrischale 30 cm, Duran 50 oder Pyrex (Deckel oder Boden) - Brutschrank 35 °C - Rührwerk Eurostar P1 - Alu-Folie, ca. 50 × 50 cm - Brennofen 220° C - Spatel - Laborstoppuhr

5.1 Edukte A - Amyloplasten aus Fructus Tritici (Triticum aestivum), Type

405, Kaiser’s, 300 g - Saccharose, p.a., Merck Nr. 107 687, 2 g - Natriumchlorid NaCl, p.a., Merck Nr.106 404, 3 g - Saccharomyces cerevisiae, trocken, Aldi Süd, 5 g - Wasser, Volvic, Getränkemarkt, vortemperiert auf 30 °C, 100

mL

5.2 Edukte B - Trioleylglycerolester aus Olea europaea, Bertolli/Hit, 15 mL - Fructus Lycopersici (Lycopersicum esculentum), Fertigansatz

gewürfelt, Lidl, 250 g - Agaricus bisporus, Basidiokarp frisch vom örtlichen Markt, in

Scheiben, 50 g

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5.1 Labordokumente 63

- Sus scrofa domesticus, Musculus gluteus maximus, in Scheiben, Edeka, 50 g

- Herba Origani (Origanum vulgare), gepulvert, Reformhaus, ca. 2 g

- Caseus (Lac concretum) ‚Pecorino‘, grob gepulvert, Aldi Nord, 20 g

6. Einzelschritte und Ablauf 1. Edukte A in der aufgelisteten Reihenfolge mit vortemperiertem

Wasser in einem PE-Becherglas (1000 mL) vermischt (ca. 2 min)

2. Mischung im gleichen Becherglas mit Rührwerk bei geringer Drehzahl (ca. 50 Umdrehungen min–1) homogenisiert (5 min)

3. Homogenisat im Wärmeschrank bei 35 °C vorinkubiert (40 min) 4. Boden der großen Petrischale mit Alu-Folie ausgekleidet 5. Folie leicht mit ca. 1 mL Trioleylglycerolester bestrichen 6. Homogenisat aus dem Wärmeschrank entnommen und in etwa 5

mm dünner Schicht in der Petrischale ausgebreitet 7. Edukte B in großem Becherglas (500 mL) vorgemischt und an-

schließend auf das Homogenisat gleichmäßig verteilt 8. Gesamtansatz im vorgeheizten Ofen bei 220 °C 22 min lang in-

kubiert. Sichtkontrolle nach 15, 18 und 20 min. 9. Nach der Inkubationszeit entnommen und auf Raumtemperatur

(21 °C) abgekühlt. 10. Vorsichtige sensorische Prüfung vorgenommen.

8. Materialverbleib Das Syntheseprodukt wurde nach fotografischer Dokumentation un-ter der Probennummer PF-05/2008 in der Tiefkühltruhe archiviert.

9. Methodenkritik Der oben geschilderte Verfahrensablauf gelingt auch mit haushalts-üblichen Geräten und Hilfsmitteln außerhalb eines chemischen La-bors. In diesem Fall lässt sich das Syntheseprodukt zudem während der nächsten Betriebspause unter den Kollegen aufteilen.

10. Literaturhinweis Die Versuchsanleitung wurde dem Grundlagenwerk Die feine italie-nische Küche (Basisband), München 2009, S. 278ff, entnommen.

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64 5 Protokollieren und Dokumentieren

5.1 Labordokumente

Da alle analytischen Verfahren der Naturwissenschaften letztlich auf eine Visualisierung der Ergebnisse ausgerichtet sind, bietet sich auch in diesem Zusammenhang das Foto als Mittel der Dokumentation an. Die im Foto festgehaltene Bandenbildung einer vergleichenden Flachbett-Gelelektro-phorese, eines Southern- oder Western-Blots oder ein dem Foto vergleich-bares Autoradiogramm bzw. eine Röntgenaufnahme veranschaulichen und sind gleichzeitig wichtige Beweismittel.

Ob man die vorgesehenen digital aufgenommenen Fotografien als Bild-dateien mit hoher Auflösung (> 300 dpi, dpi = dots per inch = ca. 14 000 Punkte/cm2) direkt über einen leistungsstarken Drucker im Dokument aus-geben lässt oder sie als klassische farbige bzw. schwarzweiße Fotopapier-kopien mit der Oberflächenausrüstung „Hochglanz“ in die fertige Version des Laborberichtes einklebt, ist letztlich nur eine Frage der jeweils verfüg-baren Technik und kein grundsätzliches Problem.

5.2 Grafiken

Unter Grafiken sind alle Bilddarstellungen zu verstehen, die nicht auf fo-tografischem Wege entstanden sind, sondern als Strichzeichnungen oder Diagramme entweder von Hand oder mit Hilfe eines speziellen CAD-Zeichenprogramms per Computer erstellt wurden. Sie vereinfachen die Übersicht und Bewertung größerer Datenmengen auf einen Blick. Grafiken können beispielsweise Strichzeichnungen oder verschiedene Formen von Diagrammen sein, die jeweils komplexe Sachverhalte veranschaulichen.

Die zeichnerische Darstellung eines mikroskopischen Präparates kann im Unterschied zum Foto durch Kombination mehrerer Abtastebenen ähn-lich wie das Rasterelektronenmikroskop auch räumliche Tiefe ohne weiteres wiedergeben und zudem durch Verschieben des Objektes fehlende Anteile außerhalb des Sehfeldes berücksichtigen. Die Zeichnung bietet klare Kontu-ren, wo das Foto ein Liniengewirr darstellt. Jede zeichnerische Darstellung ist in gewissem Umfang eine vereinfachende, idealisierende und in hohem Maße auch interpretierende Wiedergabe des Gesehenen. Sie kann also sinn-vollerweise die bildgebende Dokumentation moderner mikroskopischer Verfahren ergänzen.

Die funktionalen Abhängigkeiten und Zusammenhänge mehrerer Kenn-größen, die verschiedene Zahlenwerte annehmen, stellt man immer dann in einem Diagramm bzw. Graphen dar, wenn mehr als vier Wertepaare direkt miteinander verglichen werden sollen. Für nur zwei oder drei Wertepaare

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5.2 Grafiken 65

genügt fast immer die verbale Beschreibung. Für die optimale Ver-deutlichung wählt man je nach gewünschter Aussageabsicht unter mehreren Diagrammtypen aus. Wie die übrigen Grafiken zeichnet man die Diagram-me entweder konventionell von Hand oder per Computerprogramm, wofür es in den verschiedenen Anwendungen (beispielsweise Winword, Power-Point u. a.) entsprechende Optionen gibt. Ihre Handhabung ist meist recht unproblematisch: Man trägt die Einzelwerte in eine Tabelle ein, wählt den gewünschten Diagrammtyp an und lässt das Programm die grafische Um-setzung ausführen. Zudem kann man nacheinander verschiedene Darstel-lungstypen ausprobieren und ihre Gesamtoptik vergleichen. Manche dieser Diagrammoptionen verführen allerdings zu einer gewissen barocken Fülle der Darstellungen, welche die beabsichtigte Klarheit der Botschaft nicht immer unterstützt.

Der zur Veranschaulichung in Naturwissenschaften und Technik am häu-figsten verwendete Diagrammtyp ist das Kartesianische Koordina-tensystem: Es weist jeweils eine y-Achse (Ordinate, senkrecht) und eine x-Achse (Abszisse, waagerecht) auf. Beide Achsen sind numerisch mit kontinuierlichen Zahlenintervallen eingerichtet. Folgen von Wertepaaren, auch Datenreihen genannt, erzeugen im Koordinatensystem eine charakte-ristische Kurve. Daher nennt man diesen Darstellungstyp auch Kurven-diagramm. Er zeigt beispielsweise konzentrationsabhängige Prozesse (Do-sis-Effekt-Kurve) oder zeitabhängige Verläufe (Kinetik) gemessener Parameter. Beim Eintragen zahlreicher Wertepaare mit größerer Schwan-kungsbreite ergeben sich fallweise „Messpunktwolken“ (Cluster) und da-mit Punkte- oder Scatterdiagramme.

Balken- oder Säulendiagramme sind meist nur in der y-Achse nume-risch skaliert, während die x-Achse mehrere Probengruppen als diskrete Pa-rameter nebeneinander stellt. Wertepaare erzeugen in diesem Diagrammtyp Balken oder Säulen und erleichtern damit den Direktvergleich. Manche Anwendungen unterscheiden zwischen Balkendiagrammen mit horizontalen und Säulendiagrammen mit senkrechten Rechtecken. Anstelle der Balken lassen sich die Funktionswerte auch als gestaffelte Wände oder Flächen dar-stellen. Verbindet man die Funktionswerte eines Balkendiagramms ohne Zwischenräume auf der x-Achse miteinander, erhält man ein Histogramm, früher auch Treppenpolygon genannt.

Bei der formalen Gestaltung eines Diagramms berücksichtigt man die folgenden technischen Hinweise und Standards (vgl. Abb. 5-1): • Im kartesianischen oder Kurvendiagramm trägt man die unabhängige

Veränderliche auf der x-Achse, die abhängige Veränderliche auf der y-Achse ein. Beide Achsen werden mit der jeweils gewählten Größe und ihrer Einheit beschriftet. Auch im Balkendiagramm stellt die y-Achse die abhängige Veränderliche dar.

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66 5 Protokollieren und Dokumentieren

• Die Skalierung der x- und y-Achse wird als Achsenteilung durch Tei-lungsstriche eingetragen, die nach außen (x-Achse: nach unten, y-Achse: nach links) oder innen (x-Achse: nach oben, y-Achse: nach rechts) weisen können. Sie stellen eigentlich die Reste von Netzlinien dar, die man zur genauen Eintragung der Messpunkte benötigt. Auf Mil-limeterpapier sind sie noch in voller Länge durchgezogen.

Abb. 5-1. Notwendige Elemente eines Kurvendiagramms im kartesianischen Ko-ordinatensystem

• Nicht alle Teilstriche erhalten eine eigene Linie – die Ausführung grö-ßerer Intervalllinien genügt vollends, beispielsweise die Kennzeichnung von 5er-, 10er- oder 20er-Schritten.

• Für die Netz-, Achsen- und Kurvenlinien wählt man eine angemessene Strichstärke (Linienbreite). Optimal ist ein Maßverhältnis von Netz zu Achse zu Kurve wie 1 : 2 : 4. Keineswegs dürfen alle Linien in der glei-chen Stärke ausgeführt werden.

• Die Achsenkreuzeinteilung nimmt man logarithmisch vor, wenn ein sehr großer Wertebereich darzustellen ist. Beim Vergleich von Daten-reihen mit sehr unterschiedlicher Skalierung (z. B. Datenreihe A in mg/mol und Datenreihe B in kg m–2) kann man auch zwei deutlich ge-kennzeichnete y-Achsen nebeneinander stellen.

Zahlenwerte

Y-Achsenbezeichnungmit Einheit

Nullpunkt x-Achsenbezeichnungmit Einheit

Zahlenwert

Rahmen Netzlinien Kurvenbezeichnung

Datenpunkt

berechneteKurve

Hilfsteilung

graphischgemittelteKurve

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5.2 Grafiken 67

• Die Achsenteilung richtet sich jeweils nach dem größten Einzelda-tenwert. Beträgt der höchste Einzelwert beispielsweise 62 °C, lässt man die betreffende Achse sinnvollerweise bei der Markierung 70 °C enden und nicht erst bei 100 °C, womit man eine Menge Leerraum spart. Wird für eine vergleichene Darstellung etwa nur das Werteintervall 35–70 °C benötigt, kann man die Achsenteilung (deutlich!) unterbrochen darstel-len und die Skalierung erst mit 30 °C beginnen lassen.

• Den Achsenschnittpunkt markiert man – auch im Fall einer Achsen-unterbrechung – immer deutlich mit Null. Sind Achsenabschnitte mit negativen Werten darzustellen, beispielsweise beim Lineweaver-Burk-Diagramm zur Bestimmung der KM-Werte von Enzymen, wird das Ko-ordinatensystem tatsächlich zum Achsenkreuz. Die Achsenteilung im negativen Bereich wird mit negativem Vorzeichen markiert.

• Die Kurvenpunkte bzw. Einzelwerte markiert man mit Symbolen, ge-gebenenfalls auch mit der Standardabweichung der jeweiligen Mess-werte, und grundsätzlich so, dass die genaue Lage des Messpunktes und der etwaigen Standardabweichungen erkennbar ist. Als Symbole bes-tens geeignet sind Kreis ( , ), Quadrat ( , ) oder Raute (◊, ), offen oder gefüllt, nach Endvergrößerung in der Größe des Kleinbuchstabens o der verwendeten Schrift. Weniger geeignet, weil nach etwaiger Ver-kleinerung nicht mehr klar unterscheidbar, sind Kreuz (× oder +), Stern ( ) oder sonstige Symbolangebote aus der Spielzeugkiste eines Schrift-fonts (beispielsweise Windings). Die Kurvenunterscheidung durch ver-schiedene Messpunktsymbole ist wesentlich besser und lesefreundlicher als durch mehrere nebeneinander verlaufende oder sich überschneiden-de Linientypen (dickere/dünnere, gestrichelte, gepunktete Linien).

• Enthält ein Kurvendiagramm mehrere Kurven, kennzeichnet man jede mit dem ihr zugewiesenen Parameter, beispielsweise mit einem Buch-staben oder einer Verweisziffer für die Bildlegende.

• Ein Diagramm sollte zur Vermeidung von Linienchaos mit „Sauer-krauteffekten“ nicht mehr als vier Einzelkurven aufweisen. Zusätzlich mitzuteilende Befunde oder Ergebnisserien sind dann Gegenstand einer eigenen Grafik.

• Die per Computer leicht durchführbare 3-D-Darstellung von Kurven-, Balken- oder Kreisdiagrammen ist möglicherweise ein grafischer oder besonderer Layout-Gag, aber meist kein informativer Zugewinn. Ein-zelwerte sind durch die perspektivischen Verschiefungen wesentlich schlechter abzulesen und zu vergleichen. Räumliche Darstellungen sind weniger rasch zu erfassen als zweidimensional flächige Graphen.

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68 5 Protokollieren und Dokumentieren

• Enthält ein Labor- oder Forschungsbericht mehrere Diagramme, behält man das einmal gewählte Basislayout einheitlich im gesamten Doku-ment bei.

5.3 Tabellen

Ebenso wie Abbildungen sind auch Tabellen besondere Hilfen zur umfangs-ökonomischen Mitteilung stark verdichteter Information. Mit einer gut ges-talteten Tabelle lassen sich lange, aufzählende und eventuell sogar wieder-holende Textpassagen vermeiden. Während Grafiken überwiegend mit bildlichen Mitteln arbeiten, bestehen Tabellen aus übersichtlichen Anord-nungen verbaler oder numerischer Teile. Unüblich ist jedoch die doppelte Dokumentation identischer Inhalte in einer Abbildung und gleichzeitig in einer Tabelle.

Vergleichbar einem kartesianischen Koordinatensystem sieht auch die übliche Tabellenlogik feste Bezugsachsen vor. Jede Eintragung in die Ta-belle ist somit durch zwei Ortskoordinaten festgelegt. Die horizontalen Mit-teilungsfelder nennt man Tabellenzeilen, die vertikalen Felder Tabellenspal-ten oder -kolonnen. Die von den einzelnen Zeilen und Spalten definierten Tabellenfächer mit ihren jeweiligen Werte- bzw. Begriffspaaren bezeichnet man auch als Zellen (Abb. 5-2).

Tabellen behandelt man schreibtechnisch wie einen normalen Textsatz. Für die Tabellenerstellung wählt man jedoch nicht die Tabellatorfunktion, sondern formatiert sie mit der Menüoption Tabelle aus dem verwendeten Textverarbeitungsprogramm, die hinsichtlich der benötigten Gestaltungs-möglichkeiten bei weitem überlegen ist.

Einer in den Text integrierten Tabelle stellt man jeweils eine eigene Ta-bellenüberschrift voran. Sie besteht aus der innerhalb des Dokuments nur einmal vergebenen Tabellennummer und der Tabellenlegende, die den Ta-belleninhalt per Titelzeile ankündigt. Der Tabellenkopf ist gleichsam die Abszisse einer Tabelle: Die oberste Zeile bezeichnet in prägnanter Form die verbalen oder numerischen Inhalte der einzelnen Spalten. Um sie optisch aus der übrigen Zeilenfolge herauszuheben, setzt man sie gewöhnlich zwi-schen zwei durchgezogene Linien (oben Kopflinie, als Grenze zum Tabel-lenfeld Halslinie) oder hebt sie durch eine auffällige Hintergrundeinfärbung hervor (vgl. die Beispiele in diesem Buch).

Die am weitesten links stehende Spalte einer Tabelle entspricht der y-Achse eines Koordinatensystems. Sie liefert demnach die Ordinaten-position für die einzelnen Tabellenfelder. Je nach Tabelleninhalt kann man auch die Leitspalte in thematisch zusammengehörende Zeilengruppen und

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5.3 Tabellen 69

übergeordnete Adressen gliedern (Verschachtelung). Ansonsten sind beide Leserichtungen, die in Spalten- und die in Zeilenrichtung, innerhalb der Tabelle gleichwertig.

Welche Größen man in die Spalten und welche in die Zeilen verpackt, lässt sich nicht grundsätzlich festlegen – schmale, hohe Tabellen sehen ebenso ungünstig aus wie kurze breite. Innerhalb des normalen Satzspiegels sollte man höchstens fünf bis sieben Spalten nebeneinander anordnen. Reicht das nicht aus, sollte man dafür entscheiden, den gesamten Tabellen-inhalt zu reorganisieren und die mitzuteilende Information auf zwei kleine-re, thematisch getrennte und damit vermutlich instruktiver erscheinende Ta-bellen zu verteilen.

Abb. 5-2. Elemente eines übersichtlichen Tabellenlayouts

Die folgenden Hinweise helfen bei der Tabellengestaltung:

• Im gleichen Dokument wählt man möglichst ein einheitliches Tabel-lenlayout.

• Jede im Dokument verwendete Tabelle erhält eine eigene Nummer und eine eigene Legende, die kurz den Tabelleninhalt ankündigt oder erläu-tert (vgl. Beispiele in diesem Buch).

• Einheiten und Einheitensymbole tauchen jeweils nur im Tabellenkopf auf, möglichst nicht in den einzelnen Zellen. Diese enthalten immer nur die mitzuteilenden Zahlenwerte.

Tabellenkopf verschachtelte Spalten einfache Spalte

Kopfleiste Halsleiste Zeile Zeilengruppe Rahmenleiste Fußleiste

Tabellenfußnote Tabellenfach (Zelle) Tabellenfeld

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70 5 Protokollieren und Dokumentieren

• Tabellenfächer (Tabellenzellen) zäunt man nicht unnötig durch Linien zwischen allen Spalten und Linien ein. Ein genügender vertikaler Ab-standsstreifen zwischen den Eintragungen lässt die einzelnen Spalten auch ohne starre Fenstervergitterung klar genug unterscheiden. Ein va-riabler Zeilenabstand ist ein weiteres Gestaltungsmittel für eine verbes-serte Lesbarkeit. Eine gut gestaltete Tabelle bildet Leseeinheiten durch die bloße Anordnung und nicht durch Linien.

• Zahlenkolonnen ordnet man in den Tabellenspalten so an, dass die je-weiligen Dezimalstellen exakt untereinanderstehen (vgl. Kapitel 4). Nur so kann man auf den ersten Blick feststellen, ob die Tabelle größere mit sehr kleinen Zahlen vergleicht.

• Während erläuternde und vom eigentlichen Textfluss unnötig ablenken-de Fußnoten gewöhnlich kein brauchbares Textelement sind, können Tabellenfußnoten fall- und eher ausnahmsweise sinnvoll sein, bei-spielsweise um etwaige einzelne (!) Leerfelder zu erklären (Daten nicht verfügbar, Aussage nicht sinnvoll, Einzelwerte geschätzt oder analoge Angaben).

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Stoffe wägen

Zum quantitativen Arbeiten im Labor gehört das genaue Abmessen von Massen – sicherlich keine der besonders schwierigen Aufgaben, aber ein Tätigkeitsbereich, den man kompetent erledigen muss. Das Abmessen oder Bestimmen der Masse einer Substanz bezeichnet man generell als Wägung, den Vorgang der Wägung auch als Abwiegen. Die verbindliche SI-Einheit der Masse ist das Kilogramm (kg; vgl. Kapitel 4). Die Schwerkraft (Gravi-tation) der Erde zieht jede Masse in Richtung zum Erdmittelpunkt an. Da-durch übt ein Körper auf seine Unterlage oder seinen Aufhängungspunkt eine Kraft aus, die man als Gewichtskraft bezeichnet. Sie wird in der Ein-heit Newton (N) abgegeben. Um eine Masse von 1 kg anzuheben, muss man eine Kraft von 9,81 N aufwenden. Die Schwer- bzw. Gewichtskraft ist wegen der Geoidgestalt der Erde allerdings breitenabhängig. Sie beträgt an den Polen 9,84 N und am Äquator 9,78 N. Der oben angegebene Wert von 9,81 N gilt demnach nur für mittlere Breiten.

Abb. 6-1. Funktionsschema einer Balken- oder Hebelwaage

Bei einer Wägung vergleicht die unbekannte Masse eines Körpers mit ei-ner genau bekannten Masse beispielsweise mithilfe einer Balken- oder He-belwaage. Die unbekannte Masse gilt als bestimmt, wenn sich nach dem Hebelgesetz der Last- und der Kraftarm im Gleichgewicht befinden und die Drehmomente auf beiden Seiten gleich groß sind (Abb. 6-1). Nach diesem Prinzip des Masse-Masse-Vergleichs arbeiten die meisten mechanischen

Lastarm Kraftarm

Last Kraft

Drehpunkt

6

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72 6 Stoffe wägen

Laborwaagen. Ein anderes Wägeprinzip ist der Masse-Kraft-Vergleich, bei dem eine unbekannte Masse zu einer bekannten Kraft in Beziehung gesetzt wird, wie sie beispielsweise die Feder einer Federwaage ausübt. Dieses Prinzip wird in den meisten elektronischen Waagen angewendet; die tech-nisch simple Federkraft wird hier allerdings durch die Kraftwirkung eines Elektromagneten ersetzt.

Je nach Anforderung an die Masse des Wägegutes und die Genauigkeit der Wägung unterscheidet man rein praktisch im Laborbetrieb die folgenden Waagetypen (Tabelle 6-1):

Tabelle 6-1. Unterscheidung laborüblicher Waagetypen

Gerätetyp Ablesbarkeit Maximaler Wägebereich (Höchstbelastbarkeit)

Präzisionswaage bis 1 mg 1000–20 000 g

Analysenwaage bis 0,01 mg 100–1000 g

Mikrowaage bis 0,001 mg 0,002–30 g Bei einer Wägung sollte die Ablesbarkeit weniger als 1% des Netto-

stoffgewichtes betragen, um innerhalb einer vertretbaren Fehlertoleranz zu bleiben. Wenn für einen Versuch 150 mg Substanz benötigt werden und die kleinste zuverlässig ablesbare Massendifferenz auf der vorhandenen Analysenwaage 0,01 mg beträgt, liegt die Fehlertoleranz bei weniger als 0,1% – die Wägung ist also hinreichend genau.

Alle im Labor verwendeten Waagetypen sind teure und sensible Instru-mente. Daher gibt man die abzuwägende Substanz niemals direkt auf die Waagschale, sondern verwendet grundsätzlich ein Wägehilfsmittel. Beim analytischen Abwiegen von Feststoffen (Pulversubstanzen) benutzt man ein glattes, an den Rändern aufgefaltetes Wägepapier oder ein spezielles Wä-geschiffchen, das aus verschiedenem Material bestehen kann. Flüssigkeiten (Lösemittel) werden dagegen direkt in Laborgefäßen (Becherglas, Erlen-meyerkolben, Messkolben) eingewogen. Für hygroskopische oder flüchtige Feststoffe verwendet man besondere Wägegläschen mit eingeschliffenem Deckel. Flüchtige oder hygroskopische Flüssigkeiten werden in Einweg-spritzen abgewogen. Bei sehr kleinen abzuwiegenden Mengen (so genann-tes analytisches Wägen) wiegt man die Substanz direkt in demjenigen Gefäß ab, in dem sie anschließend verwendet werden soll. Die abzuwiegende Sub-stanz muss beim analytischen Wägen die gleiche Temperatur wie die Waage haben. Pulverförmige Chemikalien entnimmt man aus dem Vorratsgefäß entweder durch leichtes Klopfen oder – vor allem bei kleineren Mengen

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6 Stoffe wägen 73

mithilfe eines passend dimensionierten Utensils vom Typ Wägeschaufel, Spatellöffel oder Mikrospatel.

Die etwas antiquiert erscheinenden Balkenwaagen, mitunter auch Apo-thekerwaagen genannt, stehen in ihrer Genauigkeit einer elektronischen Analysen- oder Mikrowaage kaum nach. Beim Abwiegen mit einem solchen Waagentyp werden auf der Kraftseite der Balkenwaage feine Gewichts-stücke aus einem geeichten Gewichtssatz aufgelegt. Diese bedürfen einer besonders sorgfältigen Behandlung und werden grundsätzlich nur mit einer Pinzette angefasst bzw. transferiert.

Wägungen führt man sinnvollerweise an einem zugfreien Ort aus. Bereits geringe Luftströmungen können an einer Waagschale soviel Auftrieb erzeu-gen, dass das Wägeergebnis grob verfälscht wird. Für analytisches Arbeiten sollten die vorgesehenen Analysen- bzw. Mikrowaagen in einem eigens ab-getrennten Teilraum des Labors aufgestellt werden. Bei modernen Mikro-waagen ist der Bereich der Waagschale zusätzlich durch seitliche Schiebe-fenster vor störenden Luftbewegungen gesichert.

Für eine kompetent durchgeführte Wägung wird folgendes Vorgehen empfohlen: 1. Bei der Wägung von Pulverchemikalien ist vorab zu klären, ob man ei-

nen Mundschutz tragen sollte. Vor allem feinpulverige Substanzen ver-stäuben trotz vorsichtigen Arbeitens und gelangen eventuell in die Atemwege. Kritische Vorsicht ist vor allem beim Umgang mit toxischen Substanzen gefragt.

2. Nach dem Einschalten wird die Waage mit dem Wägepapier oder dem vorgesehenen Wägegefäß tariert. Bei modernen Laborwaagen jeglicher Genauigkeitsklasse genügt dabei die Betätigung einer besonderen „Ta-ra“-Taste. Bei manchen älteren Waagemodellen ist eine automatische Tarierung nicht möglich. In diesem Fall wiegt man zunächst das leere Wägegefäß, notiert dessen Gewicht, addiert das benötigte Substanz-gewicht zum Gefäßgewicht und gibt die benötigte Menge bis zum er-rechneten Gesamtgewicht hinzu.

3. Sobald die benötigte Substanzmenge abgewogen ist, wird das Wägegut sofort in das bereitstehende Aufnahmegefäß umgefüllt – soweit dieses nicht Bestandteil der Wägeprozedur ist. Jedes mit Wägegut befüllte Ge-fäß wird sofort beschriftet – mit Filzstift, genügend haftfestem Klebe-zettel oder beschriftungsfähigem Klebeband. So lässt sich vor allem beim Abwiegen verschiedener Substanzen, die man für einen komple-xeren Reaktionsansatz benötigt, das drohende Durcheinander oder eine Substanzverwechslung wirksam vermeiden.

4. Jedes mit abgemessenem Wägegut beschickte Gefäß wird sofort mit ei-nem Stopfen oder zumindest mit Folie (Parafilm o.ä.) verschlossen.

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74 6 Stoffe wägen

5. Die Vorratspackung, aus der das Wägegut entnommen wurde, muss so-fort nach Abschluss der Wägung sorgfältig verschlossen werden, damit keine Fremdsubstanzen hineingeraten können.

6. Nach der Wägung wird die Waage abgeschaltet – sie befindet sich jetzt wieder im arretierten Zustand und kann nun erforderlichenfalls auch ge-säubert werden: Vor allem beim Abwiegen größerer Mengen Pulver-chemikalien können kleine Mengen neben der Waagschale landen und sich dort in Verbindung mit dem Feuchtegehalt der Luft eventuell zu ag-gressiven bzw. korrosiven Gemischen entwickeln. Neben der Waage sollte daher immer ein kleiner Reinigungspinsel für Waagschale oder andere Oberflächen der Waage liegen.

7. Für die weitere Verwendung werden die abgewogenen Pulverchemika-lien gewöhnlich in Wasser aufgelöst. Die unterschiedlichen Stoffmen-genkonzentrationen, die man erreichen möchte, werden in Kapitel 13 be-handelt. Zum Lösen schüttelt man die entsprechenden Laborgefäße nicht nach Barkeepermanier durch, sondern gibt einen Rührfisch (mit Teflon oder anderem beständigem Kunststoff ummantelt) in das Gefäß und stellt dieses zum Auflösen des Wägegutes auf einen Magnetrührer. Vorsicht: Manche Magnetrührer sind beheizbar! Niemals ein Laborgefäß aus Kunststoff auf einen Magnetrührer stellen, dessen Heizung versehentlich eingeschaltet wurde.

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Volumina bemessen

Eine bestimmte Flüssigkeits- oder auch Gasmenge genau abzumessen, ge-hört zu den häufigsten Aufgaben beim praktischen Arbeiten im Labor. Mal mag es sich um die definierte Menge einer Lösung von vorgegebener Stoffmengenkonzentration (vgl. Kapitel 12) handeln, die möglichst exakt bemessen sein soll, mal sind es auch genau einzuhaltende Volumina von Lösungen mit Reaktanden, die bei einem Experiment zu einem bestimmten Effekt führen sollen. Beim Umgang mit Flüssigkeiten bzw. Lösungen spie-len neben dem Aspekt der größtmöglichen Genauigkeit der einzusetzenden Volumina auch die besonderen Belange der Laborsicherheit eine Rolle (vgl. Kapitel 1).

Das heute gültige Maß für Volumina ist der Liter – 1793 entstanden aus dem vorrevolutionären französischen Raummaß le litron. Die Einheit ist im modernen SI-Einheitensystem definiert als dasjenige Volumen, welches 1 kg reines Wasser unter Normaldruck (1013,25 hPa) und bei der Tempera-tur seiner größten Dichte (3,98 °C) einnimmt. Eine Masse von 1 kg Wasser nimmt unter diesen Voraussetzungen jedoch 1,000028 Kubikdezimeter (dm3) ein, und 1 dm3 Wasser sind 0,999 975 kg. Die geringfügige Zahlen-diskrepanz zwischen Liter und Kubikdezimeter erkannte man erst 1875. Seit 1964 ist jedoch international ausdrücklich vereinbart, die Ungenauigkeit von etwa 1 : 36 000 zu vernachlässigen und die direkte Entsprechung

1 L 1 kg Wasser zuzulassen. Im SI-Einheitensystem gehört die Dimension (Größe) Volumen mit dem Dimensionssymbol (Symbol der Größe) V zu den abge-leiteten Größen, da man die Einheit Liter mit der Basiseinheit Länge aus-drücken kann: 1 L entspricht dem Volumen eines Würfels mit der Kanten-länge 1 dm (10 cm) und ist eben 1 dm3.

In der Laborpraxis gilt, dass man das Volumen in Teilen oder Vielfachen von L oder den zahlengleichen dm3 ausdrücken kann. Demnach gelten unter anderem die folgenden Bezeichnungen:

1 Mikroliter = 1 μL = 1 mm3 = 10–6 L 1 Milliliter = 1 mL = 1cm3 = 10–3 L 1 Zentiliter = 1 cL = 10 cm3 = 0,01 L 1 Deziliter = 1 dL = 100 cm3 = 0,1 L 1 Hektoliter = 1 hL = 100 dm3 = 100 L 1 Kiloliter = 1 kL =1 m3 = 1000 L

7

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76 7 Volumina bemessen

Diese Praxis betrifft auch alle übrigen Anwendungsbereiche. Die früher verbreiteten Benennungen bzw. Schreibweisen λ für μL, ccm für cm3 oder cbm für m3 gelten als veraltet und sind nicht mehr zulässig. Sie tauchen im (älteren) Schrifttum aber dennoch gelegentlich auf. Eine gewisse Diskre-panz besteht allerdings hinsichtlich des grammatischen Geschlechts der Maßeinheit Liter und in der Schreibweise des zugehörigen Einheitenzei-chens. Im wissenschaftlichen Bereich hat sich das Maskulinum der Liter durchgesetzt, obwohl Rechtschreibelexika ebenso wie DIN 1301/I das Liter festsetzen. Nach einer IUPAC-Empfehlung soll das Einheitenzeichen mit dem Großbuchstaben L geschrieben werden statt des Kleinbuchstabens l, der in manchen Typographien zu Verwechslungen mit der Ziffer 1 führen kann. Dieses Buch folgt der L-Schreibung und der maskulinen Benennung.

7.1 Laborgeräte zur Volumenmessung

Typische und generell eingesetzte Laborgeräte zur genauen Volumenmes-sung von Flüssigkeiten sind Pipetten, Büretten, Messkolben und Messzy-linder. Daneben sind noch einige Spezialgeräte wie Pyknometer, Dispenser u.a. in Gebrauch. Die Genauigkeit dieser Hilfsmittel hängt von ihrem Able-sedurchmesser ab. Darunter versteht man den Durchmesser der Flüssig-keitssäule im Bereich der außen auf dem Gefäß angebrachten Strichmarken. Je kleiner der Ablesedurchmesser ist, desto exakter lässt sich ein bestimmtes Volumen an den Skalen ablesen. Bei Pipetten bewegen sich die Skalenteile im Millimeterbereich. Dagegen liegen bei Messkolben und -zylindern die Ablesedurchmesser im Bereich von wenigen Zentimetern. Mitunter werden herstellerseitig auch Bechergläser, Erlenmeyerkolben und Tropftrichter mit volumetrischen Strichmarken versehen. Wegen der generell zu großen Ab-lesedurchmesser geben diese Skalen allenfalls ungefähre Richtwerte an und können eine exakte Volumenbestimmung nicht ersetzen.

Bei den Volumenmessgefäßen unterscheidet man grundsätzlich zwei ver-schiedene Typen: • In den auf Einlauf geeichten und mit der Kennzeichnung „In“ versehe-

nen Geräten befindet sich bei exakter Füllung bis zur Eichmarke das an-gegebene Volumen. Zu diesem Gerätetyp gehören Messkolben und Messzylinder. Weil Flüssigkeiten – und zumal Wasser oder wässrige Lö-sungen – aufgrund der Kapillarkräfte jedoch die Gefäßwände benetzen, lässt sich das angegebene Volumen nicht ganz genau entnehmen. Bei Messzylindern, die man in der Praxis häufig als Ausgussgefäß ver-wendet, obwohl sie auf „In“ geeicht sind, können dadurch Messfehler bis etwa 3% entstehen.

Page 86: Einfuhrung in die Laborpraxis: Basiskompetenzen fur Laborneulinge 2. Auflage (Springer-Lehrbuch)

7.1 Laborgeräte zur Volumenmessung 77

• Bei Messgefäßen, die auf Auslauf geeicht sind und die deswegen die Kennzeichnung „Ex“ tragen, läuft bei korrekter Handhabung das ange-gebene Volumen heraus. Zu diesem Gerätetyp gehören die verschie-denen Pipettentypen. Aus konstruktiven Gründen verbleibt nach der Ent-nahme eines bestimmten Volumens eine gewisse Restflüssgkeit in der Pipettenspitze. Diesen Rest darf man auf keinen Fall durch Ausblasen dem abgemessenen Volumen zugeben.

Eine Folge der Adhäsion des Wassers an das Glas ist seine Kapillarität, die es in engen Gefäßen aufsteigen lässt. Der seitliche Blick auf eine mit Wasser gefüllte Pipette zeigt, dass der Spiegel der Wasserfüllung randlich nach oben gebogen ist (Abb. 7-1) – er bildet einen liegenden, nach oben of-fenen Halbmond und heißt deswegen auch Meniskus (griechisch menískos = kleiner Mond). Die Wassermoleküle entwickeln hier eine Vielzahl inniger und haftungssteigernder Wasserstoffbrücken zu bestimmten Molekülgrup-pen des Werkstoffes Glas. Der Meniskus zeigt übrigens, dass die Adhäsi-onskräfte betragsmäßig viel größer sind als die der Flüssigkeit innewohnen-den Kohäsionskräfte.

Abb. 7-1. Konvention zum Ablesen eines Meniskus

Für die Ablesegenauigkeit einer Pipettenfüllung gilt die folgende Konven-tion: • Bei wasserklaren oder durchsichtigen wässrigen Lösungen nimmt man

immer nur die Basislinie des Meniskus – also die tiefste Stelle in der Mitte.

• Bei undurchsichtigen wässrigen Lösungen oder nicht benetzenden Flüs-sigkeiten (z.B. Quecksilber) wird jeweils die höchste obere Flüs-sigkeitswölbung abgelesen.

konkaver Meniskus:Ablesung unten

konvexer Meniskus:Ablesung oben

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78 7 Volumina bemessen

7.2 Gefäßkennzeichnung

Die laborüblichen Volumenmessgefäße werden von jedem Hersteller nach festgelegten DIN-/EN- bzw. ISO-Normen justiert. Die betreffenden Kenn-daten sind jeweils auf den Gefäßen vermerkt. Eine genaue Volumenmes-sung ist konsequenterweise nur möglich, wenn die angegebenen Justierbe-dingungen eingehalten werden. Folgende Angaben sind üblicherweise auf dem Gefäß aufgedruckt oder in das Glas eingeschmolzen:

• Qualitätsklassenzeichen A, AS oder B Gefäße der Qualitätsklasse A weichen im Allgemeinen um weniger als 0,2% vom angegebenen Volumen ab. In der Qualitätsklasse AS gelten die gleichen Genauigkeiten, jedoch sind die betreffenden Gefäße für schnelleren Auslauf konstruiert. Gefä-ße der Klassen A und AS werden generell beim analytischen Arbeiten eingesetzt. In der Qualitätklasse B ist der Messfehler meist größer als 0,2%. Gefä-ße der B-Klasse werden gewöhnlich nur beim präparativen Arbeiten eingesetzt.

• Einlauf- oder Auslaufgefäße Die Gefäße tragen die Angabe „In“ oder „Ex“. Diese Hinweise bedeuten In: Das Gefäß ist auf Einlauf justiert – die angegebene Menge befindet sich bei richtiger Befüllung im Gefäß. Ex: Das Gefäß ist auf Auslauf justiert. Im Gefäß befindet sich etwas mehr als die angegebene Menge, damit das gewünschte Volumen exakt zu entnehmen ist. Bei AS-Gefäßen ist meist zusätzlich die empfohlene Wartezeit vermerkt – vor dem Ablesen muss man die angegebene Auslaufzeit abwarten, bei-spielsweise Ex + 15 s. Moderne Gefäße sind auf relativ kurze Wartezei-ten von 15 s oder weniger eingerichtet.

• Nenninhalt und Skalenteilung In der Gefäßbeschriftung ist der messbare Inhalt angegeben sowie zu-sätzlich, wie die Skala unterteilt ist. Die Angabe 50/0,1 bedeutet also, dass das Nennvolumen 50 mL beträgt und die Skala in Schritte zu je 0,1 mL unterteilt ist.

• Maßeinheit und Justiertemperatur Die verwendete Maßeinheit wird gewöhnlich in Milliliter und mit dem Einheitenzeichen mL angegeben. Die Genauigkeit des Messgefäßes be-

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7.2 Gefäßkennzeichnung 79

zieht sich gewöhnlich auf 20 °C, da Volumina bekanntermaßen tempe-raturabhängig sind.

• Fehlergrenze Sicherheitshalber ist der Gefäßbeschriftung auch die Fehlertoleranz zu entnehmen.

Abb. 7-2. Kenndaten auf einer 25-mL-Vollpipette (links) und einer 10-mL-Mess-pipette (rechts)

Alle Angaben beziehen sich jeweils auf Wasser als Lösemittel. Die Tole-ranzen (Fehlergrenzen) stimmen daher nur, wenn hinsichtlich Viskosität, Dichte und Benetzungsverhalten ähnliche Lösungen abgemessen werden.

50

mL

[ABC]

DINAS

Ex-15 s20 °C

25mL

±0,03 mL

HerstellerGenauigkeitsklasse

Zeichen für Auslaufund WartezeitJustiertemperaturNennvolumenEinheitenzeichenFehlergrenze

NennvolumenFarbcode

Einheitenzeichen

Ringmarke(Eichmarke)

10

0,10

ABCDINAEx

15 s20°C±0,01 mL

0

1

2

8

9

Nennvolumen

Farbcode

Skalenteilung

HerstellerGenauigkeitsklasse

Zeichen für Auslaufund WartezeitJustiertemperaturFehlergrenzeEinheitenzeichen

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80 7 Volumina bemessen

Die benannten Kenndaten können herstellerabhängig verschieden ange-ordnet, müssen aber immer komplett vorhanden sein (vgl. Abb. 7-2).

Abb. 7-3. Aufzieh- und Ablaufunterschiede bei Messpipetten der konventionellen Typen 1 und 3 und des neuen Typs 2

Für Messpipetten der Klasse AS beschrieb die bisherige Norm DIN 12 697 zwei verschiedene Typen: Typ 1 sind Pipetten mit teilweisem Ab-lauf, Typ 3 sind solche mit völligem Ablauf. Bei beiden Typen ist eine Ab-laufzeit von 15 s einzuhalten, und der Meniskus muss beim Arbeiten zwei Mal eingestellt werden. Nach der neuen Norm DIN EN ISO 835 gibt es in der Klasse AS jetzt auch den Pipetten-Typ 2 mit völligem Ablauf, wobei das Nennvolumen jedoch oben liegt und der Nullpunkt in der Pipettenspit-ze. Bei diesen Pipetten wird der Meniskus nur noch ein Mal eingestellt, und die Ablaufzeit nach der Flüssigkeitsabgabe verkürzt sich nunmehr auf 5 s (Abb. 7-3).

0

10

Typ 1

teilweiser Ablauf

Nullpunkt oben

benötigtesVolumen Vt

Nennvolumenunten ablesbar

0

9

Typ 3

völliger Ablauf

Nullpunkt oben

benötigtesVolumen Vt

Nennvolumenin der Spitze

10

1

Typ 2

völliger Ablauf

Nennvolumenoben

benötigtesVolumen Vt

aufziehen undablaufen lassen

Nullpunktin der Spitze

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7.3 Mit Pipetten kompetent umgehen 81

7.3 Mit Pipetten kompetent umgehen

Grundsätzlich dürfen Pipetten aus Sicherheitsgründen immer nur mit einer Pipettierhilfe befüllt werden und nicht durch Ansaugen mit dem Mund, auch wenn keine toxische oder sonstwie problematische Lösung abzumessen ist. Als Aufziehhilfe stehen verschiedene Pipettierhilfsgeräte zur Verfügung, soweit an der Pipette kein gläserner Aufziehkolben angebracht ist.

Abb. 7-4. Peleus-Ball als aufsteckbare Pipettierhilfe

Außer dem in Abb. 7-4 dargestellten Peleus-Ball aus Gummi bietet der Fachhandel eine Reihe alternativer Pipettierhilfe-Typen an, darunter bei-spielsweise den Howorka-Ball oder die Brand-Saughilfe.

Die Farbcodes für die Nennvolumina von Pipetten sind nach DIN 12 621 festgelegt (vgl. Tabelle 19-15 im Anhang). Bei der Auswahl der richtigen Pipette verlässt man sich nicht ausschließlich auf den Farbcode am Pipet-tenhals, sondern überprüft immer auch das Nennvolumen. Der Farbcode dient ohnehin eher als Orientierungshilfe beim Einsortieren größerer Men-gen gespülter Pipetten.

Beim richtigen Pipettieren geht man nun folgendermaßen vor:

1. Bevor man eine Voll- oder Messpipette einsetzt, überprüft man sie auf Sauberkeit und eine intakte Spitze. Eine beschädigte Pipettenspitze führt erfahrungsgemäß zu groben Pipettierfehlern.

A-Ventil zumEntleeren desBalles

S-Ventil(Ansaugen)

E-Ventil(Entleeren)

Aufnahme fürPipettenhals

A

S

E

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82 7 Volumina bemessen

Abb. 7-5. Richtiges Halten einer Pipette beim Entleeren

2. Grundsätzlich verwendet man nur Pipetten mit einwandfrei ablesbarer Skalierung. Im Labor finden sich oft auch solche Pipetten, deren Skalen durch langen und häufigen Gebrauch verblasst oder gänzlich unleserlich sind. Diese sollte man unbedingt aussortieren.

3. Die abzumessende Flüssigkeitsmenge muss in einem vernünftigen Ver-hältnis zur Kalibrierung des verwendeten Messgefäßes stehen. Die benö-tigte Menge von 0,2 mL eines bestimmten Reagenz lässt sich nicht mit hinreichender Genauigkeit mithilfe einer 5- oder gar 10-mL-Pipette ab-messen. Das Messgefäß der Wahl wäre in diesem Fall eine 0,5-mL-Pi-pette. Die zu pipettierende Flüssigkeit wird bei Pipetten des Typs 1 und 3 etwa 1 cm über die 0-Marke aufgesogen und der Meniskus dann durch Ablaufen exakt auf den Skalenbeginn eingestellt. Bei Pipetten des neuen Typs 2 stellt man den Meniskus gleich auf das benötige Volumen Vt ein (vgl. Abb. 7-3).

4. Beim Ablesen der Flüssigkeitsmenge hält man die Pipette zur Vermei-dung von Ablesefehlern (so genannte Parallaxenfehler) immer so, dass sich der Meniskus in Augenhöhe befindet (Abb. 7-5).

5. Beim Aufsaugen darf die Pipettenspitze nicht den Boden des Vorrats-gefäßes berühren, sollte aber tief genug eintauchen, damit keine Luft-blasen in das Messgut geraten.

6. Nach der Entnahme der Füllmenge aus dem Vorrat wischt man die Pi-pette von außen gegebenenfalls mit einem saugfähigen Papier vorsichtig ab. Dabei darf keine Flüssigkeit aus der Pipette kapillar in das Reini-gungsmaterial gelangen.

ml

Augenhöhe

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7.3 Mit Pipetten kompetent umgehen 83

7. Eine gefüllte Pipette darf man nicht horizontal auf dem Labortisch able-gen oder anderswo zwischenlagern. Die enthaltene Flüssigkeitsmenge wird sofort überführt, wie unter (9) angegeben.

8. Aus der senkrecht gehaltenen Pipette lässt man die benötigte Flüssig-keitsmenge bis zur entsprechenden Marke ablaufen: Die Pipettenspitze berührt dabei die Innenwand des schräg gehaltenen Aufnahmegefäßes, an der man die Flüssigkeit ablaufen lässt (Abb. 7-5).

9. Nach Abwarten der angegebenen Ablaufzeit (Typ 1 und 3: 15 s, Typ 2 nur noch 5 s) wird die Pipettenspitze unter leichtem Drehen an der Wand des Aufnahmegefäßes abgestreift und dieses auf dem Arbeitsplatz abge-stellt.

10. In der Pipette verbliebene Restmengen werden verworfen. 11. Benutzte Pipetten mit Restmengen werden grundsätzlich senkrecht ge-

halten bzw. transportiert, damit keine Flüssigkeit in die Pipettetierhilfe gelangen kann.

12. Beim weiteren Transport ist auch unbedingt darauf achten, dass keine eventuell ätzende Flüssigkeit auf den Arbeitsplatz tropft – daher am bes-ten ein saugfähiges Papier an die Spitze halten.

13. Benutzte Pipetten werden sofort mit Leitungswasser, dann destilliertem Wasser durchgespült oder mit der Spitze nach oben in Reinigungslösung bzw. einen Pipettenspülkorb gegeben.

Vor allem in biochemisch arbeitenden Labors sind seit geraumer Zeit

Mikroliter- oder Kolbenhubpipetten (vgl. Abb. 7-6) in Gebrauch, bei-spielsweise von Finnpipette, Eppendorf oder anderen Anbietern. Diese Pipetten sind mit fest eingestelltem oder variablem Hub zwischen 1 und 5000 μL im Handel. Herstellerseitig wird der maximale Pipettierfehler mit etwa 1% beziffert. Auf den Pipettenkörper steckt man eine Pipettenspitze aus Polypropylen, die je nach Volumen weiß, blau oder gelb ist. Bei jedem Lösungswechsel wird auch die Pipettenspitze getauscht. Für Serienpipet-tierungen sind statt der üblichen Einkanal- die Mehrkanalpipetten beson-ders praktisch, die 8, 12 oder 16 Steckplätze für Wechselspitzen aufweisen, was den Arbeitsaufwand bei Serienpipettierungen bzw. hohem Probenauf-kommen erleichtert.

Zum Pipettieren taucht man die Spitze etwa 3 mm tief in die Lösung und drückt den Bedienungsknopf bis zum ersten Druckpunkt (= Messhub) herunter. Zur Aufnahme der Flüssigkeit in die Wechselspitze lässt man ihn langsam zurückgleiten und zieht die Spitze vorsichtig aus der Lösung. Das Entleeren der Spitze erfolgt zweistufig – durch langsames Drücken des Bedienungsknopfes bis zum ersten und nach etwa 3 s bis zum zweiten Druckpunkt. Im Unterschied zur konventionellen Glaspipette wird hierbei

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84 7 Volumina bemessen

die Vario-Pipettenspitze also gleichsam durch Ausblasen vollständig ent-leert.

Für die Aufnahme und Abgabe von sehr viskosen oder dichten Flüssig-keiten, aber auch für solche mit hohem Dampfdruck, empfiehlt sich das re-verse Pipettieren: Zur Probenaufnahme drückt man den Kolben bis zur Ausstoßposition nach unten und zieht das gewünschte Volumen mit einer geringen Menge überschüssige Flüssigkeit in die Pipettenspitze. Für die be-nannten problematischen Flüssigkeiten bietet der Fachhandel allerdings spezielle Pipetten an, die absolut genau arbeiten.

Auch eine Mikroliterpipette darf man keinesfalls mit gefüllter Spitze waagerecht auf dem Labortisch lagern, da sonst unweigerlich Flüssigkeit in den Pipettenkörper gelangen und dadurch der empfindliche Kolben-hubmechanismus korrodieren kann.

Abb. 7-6. Mikropipetten (ohne Pipettenwechselspitze) mit festem (links, mit Fest-volumen 500 μL) und variabel einstellbarem Nennvolumen (rechts)

7.4 Spritzen sind besondere Messgefäße

Für manche Spezialanwendungen sind konventionelle Voll- oder Messpi-petten oder auch Mikroliterpipetten wenig bis gar nicht geeignet. In sol-chen Fällen bietet sich der Einsatz von Mikrospritzen an.

Bei einer gas- oder flüssigkeitsdichten Hamilton-Spritze (Abb. 7-7), die für besonders kleine Volumina im μL-Bereich eingesetzt wird, bestehen Kolben und Nadel meist aus korrosionsbeständigem Edelstahl. Auf dem

500

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7.4 Spritzen sind besondere Messgefäße 85

Kolben befindet sich ein kleiner Aufsatz aus Teflon. Die Nadeln (Kanülen) sind entweder aufgeschraubt oder fest mit dem Spritzenkörper (Gehäuse) verbunden. Bei manchen Ausführungen wird der Kolben zum besonders ge-nauen Dosieren kleinster Volumina durch einen Schraubmechanismus vor-getrieben.

Abb. 7-7. Verbreitete Typen von Mikrospritzen: Hamilton-Spritze (links) sowie Luer-Spritze (rechts)

Bei der Luer-Spritze, dem vor allem bei medizinischen Anwendungen am meisten eingesetzten Spritzentyp mit verschiedenen Nennvolumina zwischen 1 und 100 mL, sind die ebenfalls unterschiedlich langen und ver-schieden kalibrierten Nadeln (Kanülen) austauschbar. Sie werden mit ihrem genormten Konus auf den Anschluss des aus Glas oder (bei Einwegspritzen) aus Kunststoff gefertigten Spritzenkörpers aufgesteckt. Die Anschlüsse können aus Metall, Glas oder einem anderen Werkstoff bestehen.

Für besondere Zwecke, beispielsweise für den kontrollierten Substanz-auftrag in der Dünnschicht-Chromatographie, verwendet man als genormte Volumenmessgeräte fein ausgezogene Mikrokapillaren oder spezielle Mikropipetten, die der Fachhandel in unterschiedlichen Kalibern anbietet. Sie sind am ehesten einer Vollpipette vergleichbar, da sie nur für die exakte Entnahme des festgelegten Nennvolumens vorgesehen sind. Aufziehen bis zur Strichmarke des Nennvolumens und Entleeren erfolgen mithilfe eines aufgesteckten Gummihütchens.

Abb. 7-8. 50-mL-Kolbenprober zum Gastransfer (Skalierung nur angedeutet)

In der Form einer Spritze ähnlich, aber für einen völlig anderen Einsatz konstruiert, sind die meist großkalibrigen Kolbenprober (vgl. Abb. 7-8) mit exakt eingeschliffenem und (weitgehend) gasdichtem Kolben. Ihr Nennvolumen liegt meist zwischen 20 und 500 mL. Man verwendet sie

0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 mL

Glasgehäuse mit Gewinde

Kolben mit Teflonspitze

Nadel mit Gewindeanschluss

0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 mL

Kolben

Gehäuse mit Luer-Spitze

aufsteckbare Kanüle

0 10 20 30 40 50 mL

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86 7 Volumina bemessen

zum Auffangen, zum genaueren Abmessen und zum Transfer von abge-messenen Gasmengen. Die Kolben der Kolbenprober müssen zur Gewähr-leistung einer leichten Gängigkeit und Dichtigkeit mit einem speziellen Schlifffett versehen sein. In Mess- oder Reaktionsapparaturen verwendet man Kolbenprober meist in Verbindung mit Zwei- oder Dreiwegehähnen.

7.5 Messkolben

Messkolben verwendet man in der Analytik zum genauen Einstellen von Lösungen, die als Stamm- oder Normallösungen im Labor benötigt wer-den. Messkolben gibt es für die Nennvolumina 10, 50, 100, 250, 500, 1000, 2000 und 5000 mL. In der A-Klasse reicht ihre Genauigkeit volu-menabhängig von 0,25% (10-mL-Kolben) bis 0,02% (5-L-Messkolben). Sie tragen zur Kennzeichnung die üblichen normierten Angaben (vgl. Abb. 7-9).

Beim Ansetzen einer definierten Lösung gibt man die genau abgewo-gene Menge einer Pulverchemikalie mithilfe eines glatten und spitz zulau-fend gefalteten Papiers (Wägepapier) oder eines Pulvertrichters in den Messkolben und löst sie durch vorsichtiges Umschwenken oder mit einem Rührfisch über dem Magnetrührer – die zuvor eingefüllte Lösemittelmenge sollte zunächst nur etwa der Hälfte der benötigten Gesamtmenge entspre-chen. Die Zugabe von Lösemittel auf die eingefüllte pulverförmige Ein-waage könnte gegebenenfalls zu schwer auflösbaren Verklumpungen (Okklusionen) führen.

Sofern die betreffende Substanz beim Lösen eine Wärmetönung bedingt, wartet man mit dem weiteren Auffüllen von Lösemittel, bis der Ansatz wie-der Raumtemperatur (Justiertemperatur) angenommen hat. Dann gibt man weiteres Lösemittel hinzu und stellt den Meniskus zuletzt durch tropfenwei-ses Zugeben genau auf die Ringmarke (Eichmarke) ein. Zum gründlichen Durchmischen wird der Kolben mit einem Stopfen (Normschliff oder Kunststoff) verschlossen.

Beim Mischen von Flüssigkeiten, die in unterschiedlichem Maße polar sind, beispielsweise von Wasser und Ethanol, ist das eigenartige Phänomen des Volumenschwundes (Volumenkontraktion) zu beachten: 100 mL Was-ser + 100 mL 96%iges Ethanol ergeben nicht 200 mL 48%iges Ethanol, sondern mit nur etwa 185 mL deutlich weniger. Der Hintergrund für diesen Sachverhalt wird in Kapitel 12 erläutert.

Beim Anmischen von Reaktionsansätzen, die aus mehreren Komponen-ten bestehen (beispielsweise beim Fehling-Test), ist darauf zu achten, dass alle zusammengeführten Lösungen optimal miteinander vermischt sind.

Page 96: Einfuhrung in die Laborpraxis: Basiskompetenzen fur Laborneulinge 2. Auflage (Springer-Lehrbuch)

7.6 Büretten 87

Bei Reagenzglasproben hält man das Gefäß zur Kontrolle in Augenhöhe, schüttelt leicht durch und kontrolliert, ob sich in der Flüssigkeit noch Schlieren oder Stufen zeigen. Für die optimale Durchmischung von Reak-tionsansätzen in Reagenzgläsern stehen in vielen Labors besondere Mixge-räte zur Verfügung, beispielsweise der Vortex oder vergleichbare Geräte anderer Anbieter. Größere Ansätze stellt man auf einen speziellen Proben-schüttler. Bei kleineren Ansätzen ist der Einsatz eines Magnetrührers mit Rührfisch (der Gefäßgröße angepasst) üblich.

Abb. 7-9. Kenndaten auf einem 100-mL-Messkolben

7.6 Büretten

Unter einer Bürette versteht man ein Glasrohr, das ähnlich wie eine Pipette kalibriert und mit einer Skala versehen ist. An ihrem unteren Ende befindet sich jedoch im Unterschied zur Pipette ein Schliffhahn. Büretten setzt man im analytischen Labor zur Konzentrationsbestimmung durch Titration (Maßanalyse, vgl. Kapitel 9) ein. Die Gerätebenennungen Bürette und Pi-pette stammen aus dem Französischen, da der französische Chemiker Jo-seph Louis Gay-Lussac (1778–1850) beide Volumenmessgeräte mitentwi-

100 mL ± 0,10

In 20 °C A

Nennvolumen Fehlertoleranz

Symbol für Einlauf Hersteller

Justiertemperatur Genauigkeitsklasse

Normschliff- oderKunststoffstopfen

Ringmarke fürNennvolumen

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88 7 Volumina bemessen

ckelt und in einer 1824 erschienenen Veröffentlichung zur Maßanalyse auch ausdrücklich so benannt hat.

Ursprünglich war die Bürette unten mit einem Schlauchstück versehen und wurde mit einer Mohr’schen Schlauchdruckklemme verschlossen. Mo-derne Bürettenausführungen sind eventuell auf ein Vorratsgefäß mit Maßlö-sung gesteckt und besitzen eine besondere Vorrichtung zur automatischen Nullpunkteinstellung des Meniskus (Abb. 7-10).

Abb. 7-10. Links: Gewöhnliche Bürette. Mitte: Bürette mit automatischer Null-punkteinstellung auf Vorratsgefäß. Rechts: Ablesung des Schellbach-Streifen

Obwohl Büretten im Allgemeinen einen relativ großen Durchmesser aufweisen, sind die entnommenen Volumina sehr genau abzulesen. Dies gelingt mithilfe des Schellbach-Streifens auf der Bürettenrückseite. Durch die besondere Lichtbrechung im Bereich des Meniskus erscheint der in der Flüssigkeit befindliche Teil des Schellbach-Streifens als breitere Spitze und erlaubt somit eine erstaunlich präzise Skalenablesung (vgl. Abb. 7-10).

25

26

27

28

weißer Streifen blauer Streifen

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7.7 Reinigen von Glasgefäßen 89

Falls erforderlich, hält man hinter die Bürette zum besseren Ablesen ein weißes Rundfilter oder ein anderes weißes Papier.

Beim Arbeiten mit einer Bürette ist generell folgendes Vorgehen empfoh-len:

1. Bürette auf Sauberkeit überprüfen und mit einer speziellen gummi-armierten Bürettenklemme an einem Stativ so befestigen, dass die 0-Marke sich auf Augenhöhe befindet.

2. Spitze des Auslaufhahns auf Intaktheit überprüfen. 3. Bürette mithilfe eines Bürettentrichter mit der Messlösung bis etwa 1 cm

über die oben befindliche 0-Marke befüllen; bei Automatikbüretten auf einer Vorratsflasche die Maßlösung mit dem Gummiball hochdrücken (vgl. Abb. 7-10). Dieser Arbeitsgang entfällt bei Büretten mit automati-scher Nullpunkteinstellung.

4. Etwaige Luftblasen durch vorsichtiges Klopfen mit Bleistift o.ä. entfer-nen.

5. Einfülltrichter wegnehmen und Messlösung bis zur 0-Marke ablaufen lassen – dabei die auf der Bürette angegebene vorgeschriebene Wartezeit einhalten.

6. Titration tropfenweise bis zum Erreichen eines bestimmten Umschlag-punktes (vgl. Kapitel 9) vornehmen; die Spitze des Bürettenhahns darf dabei nicht die Gefäßwand des Vorlagengefäßes berühren.

7. Volumendifferenz mithilfe des Schellbach-Streifens exakt ablesen.

7.7 Reinigen von Glasgefäßen

Obwohl Glas als unverwüstlicher Werkstoff erscheint, ändert sich durch häufiges Reinigen bei längerer Einsatzdauer tatsächlich das Volumen von Volumenmessgeräten durch Glasabtrag, beispielsweise durch die Einwir-kung starker Laugen oder konzentrierter Phosphorsäure. Volumenmess-geräte aus Glas reinigt man daher nur bei niedriger Temperatur <70 °C (Spülmaschine) und mit den vom Fachhandel besonders empfohlenen ge-ringalkalischen Reinigern.

Im Unterschied zu haushaltsüblichen Verfahren reinigt man Laborgläser niemals mit abrasiv wirkenden Scheuermitteln wie Scheuersand oder Metall-netzschwämmen. Hartnäckige Fettrückstände lassen sich mit einer Mischung aus Kaliumpermanganat c(KMnO4) = 30 g L–1 und einer NaOH-Lösung der Konzentration c(NaOH) = 1 mol L–1 entfernen. Etwaige MnO2-Rückstände entfernt man mit Thiosulfat- oder Oxalsäure-Lösung.

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90 7 Volumina bemessen

Die früher übliche Verwendung der gefährlichen Chromschwefelsäure (konzentrierte H2SO4 mit ca. 2–3% Chromat), die außerdem ein schweres Umweltgift darstellt, wird generell nicht mehr empfohlen.

Bei der manuellen Reinigung (Schutzhandschuhe tragen!) im üblichen Tauchbad-Verfahren werden die gebrauchten Laborgläser bei Raumtempe-ratur für 20–30 min in eine Reinigungslösung (beispielsweise RBS oder Extran) gelegt, dann mit Leitungswasser und zuletzt mit deionisiertem bzw. destilliertem Wasser gespült. Stärkere Verschmutzungen lassen sich im All-gemeinen durch eine längere Einwirkungszeit der verwendeten Detergen-zien und erhöhte Temperatur entfernen. Verkrustungen an Kleinteilen lösen sich am besten in Ultraschall-Reinigungsgeräten.

Ist extrem genaues Arbeiten gefordert, muss man das durch Glasabrieb eventuell veränderte Gefäßvolumen durch routinemäßiges Wägen einer ein-gefüllten Wassermenge nachbestimmen. Dabei sind eventuell Abwei-chungen des Nennvolumens im Prozentbereich festzustellen.

Pipetten werden zur Reinigung zunächst in eine Detergenzien-Lösung ge-stellt und dann in besonderen Pipettenspülgeräten mit Wasser mehrfach durchspült. In die dazu verwendeten Pipettenspülkörbe stellt man die Pipet-ten jeweils mit der Spitze nach oben.

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Temperatur und Temperieren

Der bürgerliche Sprachgebrauch unterscheidet nach meist subjektivem Be-fund zwischen Frost, Kälte, Wärme und Hitze. Physikalisch bzw. thermo-dynamisch lassen sich alle diese Eigenschaften von Festkörpern, Flüssig-keiten oder Gasen unter den Wärmebegriff fassen. Die makrophysikalisch wahrnehmbare Wärme eines Körpers ist mikrophysikalisch nichts anderes als die Bewegungsenergie seiner Atome und Moleküle. Je rascher sich diese Teilchen energetisch bedingt bewegen, umso wärmer fühlt sich der betref-fende Körper an. Den aktuell vorliegenden und messbaren Wärmezustand der Materie bezeichnet man als Temperatur. Während die Wärme demnach den Charakter einer Energieform aufweist, drückt die Temperatur jeweils deren Zustandsgröße aus. Umgangssprachlich werden diese beiden Begriffe nicht selten verwechselt. Die Einheit der Wärmemenge ist das Joule (Ein-heitenzeichen J), früher auch die Kalorie (Einheitenzeichen cal). Beide Ein-heiten lassen sich direkt ineinander umrechnen:

1 J = 0,239 cal 1 cal = 4,187 J

[Gl. 8-1]

Die Temperatur ist eine der sieben Basisgrößen des SI-Einheitensystems (vgl. Kapitel 4). Ihre Einheit ist das Kelvin mit dem Einheitenzeichen K. Ein Temperaturintervall von 1 K (immer ohne das °-Zeichen zu schreiben!) ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperaturskala, die durch den absoluten Nullpunkt (0 K) und den Tripelpunkt des Wassers (definiert als 273,16 K; hier befinden sich Eis, flüssiges Wasser und Wasserdampf im Gleichgewicht) festgelegt ist.

In der Wissenschaft werden Temperaturen meist in Kelvin angegeben. Im technischen Bereich und in den üblichen Laboranwendungen arbeitet man dagegen mit der Temperaturskala nach Celsius, die im SI-Einheiten-system ausdrücklich zugelassen ist. Ihre Fixpunkte sind der Schmelzpunkt (Schmp.: 0 °C) und der Siedepunkt (Sdp.: 100 °C) von reinem Wasser unter Normaldruck (1013,25 hPa). Mit diesen beiden Temperaturwerten, dem Schmelz- und dem Siedepunkt des Wassers als Fixpunkte, hat der schwedische Astronom Anders Celsius (1701–1744) im Jahre 1742 die heute nach ihm benannte Thermometerskala eingeteilt. Kurioserweise setzte er den Siedepunkt der Flüssigkeit Wasser ursprünglich mit 0 °C,

8

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92 8 Temperatur und Temperieren

den Schmelzpunkt von Eis mit 100 °C fest. Erst sein befreundeter Zeitge-nosse, der Botaniker Carl von Linné (1707–1778), kehrte die Skala weni-ge Jahre später in die heute übliche Form um. Die 1714 eingeführte und in den USA bis heute übliche Thermometerskala des Danziger Instrumen-tenbauers Daniel Fahrenheit (1686–1736) verwendet als Fixpunkte die Temperatur einer Eis-/Salz-Mischung (0 °F), die von schmelzendem Eis (32 °F) und die normale Körpertemperatur des Menschen (100 °F). Die Fundamentalpunkte seiner Skala (Distanz Schmelz- vs. Siedepunkt) liegen somit eher zufällig, aber genau um 180 °C auseinander. Die Umrechnung von Fahrenheit (TF) und Celsius (TC) erfolgt über die Beziehung

TF = TC ·1,8 + 32 bzw. TC = TF /1,8 – 32

[Gl. 8-2]

Außer dem Botaniker Linné war in der Temperaturbranche übrigens auch einmal ein Zoologe tätig: Der französische Privatgelehrte René-Antoine Ferchault de Réaumur (1683–1757), der sich unter anderem mit der Regene-ration von Krebsbeinen und der Perlenbildung in Muscheln beschäftigte, entwickelte 1730 ein Ethanolthermometer und teilte die Differenz zwischen dem Schmelzpunkt und dem Siedepunkt von Wasser in nur 80 Skaleninter-valle ein. Diese Skala war vor allem in Frankreich und in der Schweiz bis 1901 in Gebrauch und hat heute fast nur noch anekdotischen Wert. Die in-ternational verbindliche SI-Einheit für die Temperatur ehrt den irischen Na-turphilosophen Sir William Thomson (1824–1907), Lord Kelvin of Largs, der in der Westminster Abbey gleich neben Isaac Newton beigesetzt ist. Praktischerweise sind die Intervalle der thermodynamischen Temperatur-skala nach Kelvin und der Celsius-Skala gleich groß. Demnach gilt:

1 K = 1 °C [Gl. 8-3]

Unterschiedliche Stoffe der gleichen Masse benötigen zur Erwärmung un-terschiedliche Wärmemengen. Die Wärmemenge, die man benötigt, um 1 kg eines Stoffes um 1 °C (1 K) zu erwärmen, ist die spezifische Wärme-kapazität. Beispiele sind (in kJ kg–1 · K): Wasser (flüssig) 4,187 Eis 2,09 Ethanol 2,42 Glas 0,84

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8.1 Thermometer 93

8.1 Thermometer

Zur Temperaturbestimmung eingesetzte Messgeräte nennt man üblicherweise Thermometer. Sie verwenden als Messprinzip charakteristische stoffliche Veränderungen in Abhängigkeit von der Temperaturerhöhung oder -erniedrigung, vor allem den linearen bzw. kubischen Ausdehnungs-koeffizienten. Weit verbreitet und laborüblich sind vor allem die Flüssig-keitsthermometer (vgl. Abb. 8-2). Sie bestehen aus einem (angenähert) kugel-förmigen Reservoir, an das sich eine Kapillare anschließt. Bei Erwärmung dehnt sich die Flüssigkeit im Reservoir aus und steigt in der Kapillare hoch. Da Temperaturzunahme und räumliche Ausdehnung bei den meisten Stoffen in einem linearen Verhältnis zueinander stehen, lässt sich vergleichsweise einfach eine Skalierung festlegen. Zur besseren Ablesbarkeit weisen die Ka-pillaren solcher Flüssigkeitsthermometer einen ovalen Querschnitt auf.

Ursprünglich waren – auch im medizinischen Bereich zum Fiebermes-sen – mit Quecksilber (Hg) gefüllte Flüssigkeitsthermometer in Gebrauch. Wegen der überaus günstigen Lage der Fundamentalpunkte von Hg (Schmp. –39 °C; Sdp. 350 °C) ließen sich diese Thermometer in einem weiten und für die Laborpraxis ausreichenden Temperaturbereich einset-zen. Da Thermometer jedoch eventuell leicht zerbrechen und Laborarbeits-plätze mit toxischem Quecksilber Hg kontaminiert werden, verwendet man heute als Thermometerflüssigkeit modifizierte Siliconöle. Sie decken fast den gleichen Temperaturbereich ab wie die die früheren Hg-Thermometer. Für speziellere Temperaturmessaufgaben bietet der Fachhandel zahlreiche Thermometervarianten an (vgl. Abb. 8-1). Da Siliconöl ebenso wie Toluol oder andere organische Lösemittel farblos ist, setzt man allen einen kräfti-gen Farbstoff zu.

Abb. 8-1. Anwendungsbereiche verschiedener Thermometertypen

–200 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 °C

Quecksilber

SiliconölGallium

Toluol

Ethanol

Stabausdehnung

Bimetall

ThermoelementWiderstands-thermometer

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94 8 Temperatur und Temperieren

Je nach Konstruktion unterscheidet man bei den Flüssigkeitsthermome-tern die folgenden Typen (Abb. 8-2):

Abb. 8-2. Verbreitete Konstruktionstypen von Flüssigkeitsthermometern: Stab-thermometer (links), Einschlussthermometer (Mitte) und Stockthermometer (rechts)

• Stabthermometer bestehen aus einer dickwandigen Kapillare mit aufge-tragener oder eingeätzter Skala. Man verwendet sie immer dann, wenn vor allem eine gewisse mechanische Robustheit gefordert ist.

• Einschlussthermometer haben im Unterschied zum Stabthermometer eine von einem Mantelrohr umschlossene Kapillare, die von einer Messskala hinterlegt ist. Diese Bauart wird in Labors am häufigsten eingesetzt.

1 0

0 0

2 0

3 0

4 0

9 0

10 0

° C11 0

0 0

1 0

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3 0

9 0

10 0

° C11 0

0 0

1 0

2 0

10 0

° C11 0

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8.1 Thermometer 95

• Stockthermometer sind meist Einschlussthermometer. Der gesamte un-ten verjüngte Bereich dieses Thermometers (= Stock) muss bei der Mes-sung in das zu messende Medium eintauchen.

• Kältethermometer sind für die Temperaturbestimmung unterhalb des Gefrierpunktes von Wasser konstruiert. Meist enthalten sie Toluol oder Ethanol.

• Maximumthermometer zeichnen sich durch eine besondere Kapilla-renkonstruktion aus: Beim Abkühlen reißt der Faden der Messflüssig-keit, gewöhnlich Quecksilber Hg, zwischen Kapillare und Reservoir ab, weil eine Verengung das Zurücklaufen verhindert. Der Fadenriss muss jeweils durch Hinunterschütteln behoben werden. Dieser Thermometer-typ war früher bei Fieberthermometern üblich.

Den für ein Flüssigkeitsthermometer angegebenen Arbeitsbereich (vgl. Abb. 8-1) darf man nicht überschreiten. Bei Überhitzung eines Thermo-meters mit zu niedrigem Arbeitsbereich kann der entstehende Überdruck die Kapillarröhre sprengen .

Aus Sicherheitsgründen werden heute vor allem im schulischen Bereich fast nur noch Bimetallthermometer verwendet, in denen zwei Streifen un-terschiedlicher Metalle mit verschiedenen kubischen Ausdehnungskoef-fizienten miteinander verbunden sind. Ihr Anwendungsbereich zwischen ungefähr –30 °C und etwa 400 °C bei einer Messgenauigkeit von 1–3% ge-nügt den meisten Anforderungen.

Zur möglichst exakten Temperaturmessung muss bei Flüssigkeitsthermo-metern das Reservoir und der Kapillarfaden möglichst tief in das zu messen-de Medium eintauchen. Anderenfalls kann es zu erheblichen Messfehlern kommen, weil der aus dem Medium herausragende Fadenteil durch die käl-tere Umgebung eine geringere Ausdehnung erfährt und folglich eine falsche Temperatur anzeigt. Beim analytischen Arbeiten ist daher eine Faden-korrektur erforderlich, die man nach folgender Beziehung vornimmt:

Δf = a (t1–tf) · k [Gl. 8-4]

Darin bedeuten Δf Fadenkorrektur in °C a Anzahl der Grade, um die der Kapillarfaden aus dem Medium heraus-

ragt t1 abgelesene unkorrigierte Temperatur in °C tf mittlere Fadentemperatur, mit einem zweiten Thermometer in

mittlerer Höhe des herausragenden Fadens gemessen k Materialkonstante, bei Glas mit Quecksilber Hg 0,00016, bei Glas

mit organischer Lösung 0,0012

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96 8 Temperatur und Temperieren

Um die richtige Temperatur abzulesen, ist in jedem Fall die Anzeige-verzögerung beachten: Nach dem Eintauchen des Thermometers muss man einige Minuten warten, bis das Thermometerglas und die Anzeigeflüssigkeit mit der Temperatur des zu messenden Mediums im Gleichgewicht stehen. Bei Gasen ist die Wartezeit höher als bei Flüssigkeiten.

Abb. 8-3. Aufbau von Bunsen- und Teclu-Brenner

8.2 Erwärmen und Erhitzen

Wärme ist bei chemischen Reaktionen ein wesentlicher Prozessbeschleu-niger und wird daher in der Laborpraxis ständig benötigt. Gewöhnlich verwendet man zum Erhitzen im Labor als Energieträger Gas oder elektri-schen Strom. Als Gas steht entweder aus der öffentlichen Versorgungslei-tung Erdgas (als Gasgemisch aus Methan, Propan und Butan in wechseln-den Anteilen sowie weiteren Komponenten) oder reines Propan bzw. Butan aus einer Vorratsflasche zur Verfügung. Die im Gas gebundene Energie wird bei der Verbrennung mit Luft(sauerstoff) frei gesetzt. Zur Verbrennung verwendet man einen für Laborzwecke zugelassenen Gas-

Mischrohr(Brennerrohr)

Düse

Luftzufuhr

Gasregulierung

Bunsen-Brenner Teclu-Brenner

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8.2 Erwärmen und Erhitzen 97

brenner. Meist handelt es sich dabei um einen Bunsen- oder Teclu-Brenner, die sich in ihrer Bauart geringfügig unterscheiden (Abb. 8-3). Der Bunsen-Brenner, benannt nach dem Heidelberger Chemiker Robert Willhelm Bunsen (1811–1899) wurde von Michael Faraday erfunden, aber von Bunsens Laborassistenten Peter Desaga um 1855 in Heidelberg konstruktiv wesentlich verbessert. An der Basis des Brennerrohrs befindet sich eine durch einen Manschettenring in ihrer Weite regulierbare Öff-nung, durch die das strömende Gas die Luft ansaugt. Beim Teclu-Brenner, einer im Jahre 1900 in Wien entwickelten Brennervariante des rumänischen Chemikers Nicolae Teclu (1838–1916), wird die Luft durch eine Schraubplatte regulierbar von unten in das Brennerrohr eingeführt (Abb. 8-3). Wegen des größeren Durchmessers des konisch erweiterten Brennerrohres ist eine intensivere Durchmischung des Gases mit der Luft und folglich eine deutlich höhere Flammentemperatur als beim Bunsen-Brenner möglich. Wegen seiner größeren Praktikabilität ist der Teclu-Brenner heute in Labors am weitesten verbreitet, wird aber dennoch häu-fig einfach als Bunsen-Brenner bezeichnet.

Abb. 8-4. Temperaturen (°C) in der nicht rauschenden (links) und rauschenden (rechts) Teclu-Brennerflamme

Bei maximal geöffneter Gas- und Luftzufuhr verbrennt das Gasgemisch mit bläulicher, sehr heißer und rauschender Flamme, die man auch als Vormischflamme bezeichnet. An der Spitze des Flammenkerns kann die Temperatur 1200 °C überschreiten (vgl. Abb. 8-4). Bei gedrosselter Luftzu-fuhr vermischt sich das Brenngas erst am Ausgang des Brennerrohres mit dem Oxidator Luftsauerstoff – der Brenner entwickelt jetzt eine gelbe, leuchtende, nicht rauschende Diffusionsflamme. Ein Arbeiten mit der leuchtenden, nicht rauschenden Diffusionsflamme ist nicht zu empfehlen, weil die damit erhitzten Laborgeräte stark verrußen. Bei vorübergehendem

900

700

550

250

1000

1150

1200

450

Flammensaum

Flammenmantel

Flammenkern

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98 8 Temperatur und Temperieren

Nichtgebrauch eines Brenners stellt man jeweils von der Vormisch- auf die Diffusionsflamme um, da man diese besser sehen und somit Verbrennungen vorbeugen kann.

Beim Einsatz eines Gasbrenners geht man folgendermaßen vor: 1. Brenner mit einem nur dafür vorgesehenen Gasschlauch an die Gasver-

sorgungsleitung (Gashahnmarkierung: gelb) anschließen 2. Luftzufuhr am Brenner schließen 3. Gasventil am Brenner leicht öffnen und den gelben Gashahn am Labor-

tisch unter leichtem Druck nach unten mit Linksdrehung öffnen 4. Ausströmendes Gas an der oberen Brennerrohröffnung mit Feuerzeug

oder Gasanzünder entflammen 5. Gas- und Luftzufuhr durch Drehen der Regulationseinrichtungen am

Brenner auf die gewünschte Flamme einstellen.

Nach Abschluss des Brennereinsatzes geht man in umgekehrter Reihen-folge vor: Zuerst schließt man die Gaszufuhr am Brenner und dann am Hahn am Arbeitstisch. Aus Sicherheitsgründen wird in vielen Labors die Gasversorgung durch einen besonders gesicherten Haupthahn geregelt. Die-ser wird geschlossen, wenn die Arbeiten mit Gasbrennern abgeschlossen sind.

Drosselt man bei rauschender Flamme die Gaszufuhr zu schnell, schlägt die Brennerflamme meist zurück und brennt dann nur noch oberhalb der Düse im Brennerrohr. Dieses erhitzt sich dabei unerkannt sehr stark und kann deshalb schwere Finger- oder Handverbrennungen verursachen. Wenn man ein Zurückschlagen der Brennerflamme feststellt, unterbricht man die Gaszufuhr sofort, lässt den eventuell stark erhitzten Brenner abkühlen und entzündet dann die Flamme neu.

Beim Erhitzen einer wässrigen Lösung in einem Glasgefäß mit ebenem Boden (Becherglas, Erlenmeyerkolben) direkt mit dem Brenner wird die Wärme oft nur über eine kleine Austauschfläche zugeführt – der Erwär-mungsvorgang der Lösung dauert entsprechend lange. Vorteilhafter ist es, zwischen Glasgefäß und Brenner einen Wärmeüberträger einzuschalten. Anstelle der früher üblichen Metallnetze mit feuerfestem, aber asbest-haltigem Überzug verwendet man heute einen mit einer Ceranglasplatte ab-gedeckten Dreifuß.

Brennbare organische Lösemittel dürfen unter keinen Umständen über of-fener Flamme erhitzt werden. In solchen Fällen setzt man grundsätzlich ein elektrisches Heizgerät ein, entweder ein Wasserbad mit Temperatur-regelung, eine Heizplatte oder einen Heizkorb aus Glasfasermaterial. Der Fachhandel bietet dazu eine größere und auf Sicherheit überprüfte Gerätepa-lette an. Alle Typen von Heizgeräten lässt man aus Sicherheitsgründen nie-mals unbeaufsichtigt.

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8.3 Kühlen 99

Abb. 8-5. Richtiges Erhitzen einer Probe im Reagenzglas über der Brennerflamme: Die falsche Positionierung führt zu Verkohlungen des Reagenzglashalters (links) oder zum Siedeverzug (Mitte). Beides vermeidet man durch ständiges Bewegen der Probe in der Nähe der Flammenspitze (rechts)

Beim Erhitzen von wässrigen Lösungen im Reagenzglas sind einige wichtige Grundregeln und Techniken zu beachten. Hält man den meist aus Holz gefertigten Reagenzglashalter zu dicht an die Brennerflamme, treten schon nach kurzer Zeit Verkohlungen auf, und das Haltegerät wird unbrauchbar (Abb. 8-5, links). Eine besonders zu beachtende Gefahren-quelle ist der Siedeverzug (Abb. 8-5, Mitte): Der zu erhitzende Reakti-onsansatz entwickelt am Reagenzglasboden sehr plötzlich und heftig Dampfblasen, die den gesamten Reagenzglasinhalt explosionsartig austrei-ben – und schlimmstenfalls zu Verletzungen führen. Etwaigen Siede-verzug vermeidet man durch Verwendung von a) Siedesteinchen im Re-aktionsansatz, b) einen in das Reagenzglas gestellten dünnen Glasstab oder c) durch ständiges Bewegen des Reagenzglases in der Nähe der Flammenspitze (Abb. 8-5, rechts).

8.3 Kühlen

Aus experimentellen Gründen kann es notwendig sein, warme oder heiße Dämpfe oder Lösungen möglich rasch und effektiv zu kühlen. Im Allge-meinen gilt die Regel, dass man bis 40 °C warme Dämpfe oder Lösungen mit einer Kältemischung kühlt. Bei Temperaturen bis etwa 120 °C kühlt man eher mit fließendem Leitungswasser (Abb. 8-6), bei noch höheren Temperaturen mit Gebläseluft. Eine Auswahl bewährter Kältemischungen aus Salzen in Wasser oder Salzen mit Eisschnee, die man auch bei bio-

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100 8 Temperatur und Temperieren

chemischen Versuchen (Enzymtests u.ä.) einsetzen kann, listet Tabelle 8-1 auf.

Tabelle 8-1. Kältemischungen

Zusammensetzung Abkühlung bis (°C)

30 g NH4Cl in 100 mL H2O – 4

110 g Na2S2O3 · 5 H2O in 100 mL H2O – 4

250 g CaCl2 · 6 H2O in 100 mL H2O – 5

130 g NH4SCN in 100 mL H2O – 11

20 g NaCl mit 80 g Eisschnee – 15

30 g NaNO3 mit 60 g Eisschnee – 18

35 g NaCl mit 100 g Eisschnee – 21

150 g CaCl2 · 6 H2O mit 100 g Eisschnee – 45

festes CO2 (gemahlen) in Ethanol – 70

festes CO2 (gemahlen) in Aceton – 80

flüssiger N2 – 180

Abb. 8-6. Laborübliche Kühlvorrichtungen (für das Kühlmittel Wasser)

Dimroth- Kühler

Kugel- kühler

Intensiv- kühler

Liebig- Kühler

Schlangen- kühler

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pH-Wert und Titrimetrie

Der pH-Wert ist ein Maß für die Wasserstoffionen-Konzentration c(H+) in Wasser und in allen wässrigen Lösungen. Er ist als der negative dekadische Logarithmus der molaren Wasserstoffionen-Konzentration festgelegt (von lat. potentia hydrogenii = Macht des Wasserstoffs) und wurde 1909 von dem dänischen Chemiker Søren Peter Lauritz Sørensen (1868–1939) einge-führt. Der pH-Wert gibt also die aktuelle Azidität einer Lösung an:

pH = –lg c(H+) [Gl. 9-1]

Er spielt vor allem in Chemie, Biologie und Medizin eine große Rolle. Le-bensprozesse und insbesondere Enzymaktivitäten sind vom pH-Wert ab-hängig.

Untersucht man reines Wasser auf seine Leitfähigkeit für elektrischen Strom, so zeigt sich, dass diese zwar äußerst gering, aber doch vorhanden ist. Wasser muss folglich zu einem geringen Teil in Ionen dissoziiert sein:

H2O → H+ + OH– oder 2 H2O → H3O+ + OH– [Gl. 9-2]

Die exakte Messung ergab, dass unter Normalbedingungen in 107 L Was-ser genau 1 mol = 18 g Wasser dissoziiert ist. Entsprechend sind in 1 L nur 10–7 mol dissoziiert. Da nun jedes Wasserteilchen, das ein Proton frei-setzt, dadurch zum OH–-Ion wird, müssen insgesamt immer gleich viele OH–- und H3O

+-Ionen vorliegen, also jeweils 10–7 mol H3O+-Ionen und

10−7 mol OH–-Ionen pro Liter. Aus der Anwendung des Massenwirkungs-gesetzes auf die Dissoziationsgleichung des Wassers ergibt sich, dass das Ionenprodukt bei konstanten Temperatur- und Druckverhältnissen konstant ist (k = Konstante).

+

2

c(H ) c(OH )c(H O)

−⋅ = k oder

7 2(0,86 10 )55,6

−⋅ = 1,3 ×10–16

[Gl. 9-3]

Daraus folgt

c(H3O+) × c(OH–) = 0,74 × 10–14 mol2 L–2 [Gl. 9-4]

oder aufgerundet ungefähr 10–14 mol2 L–2. Das Ionenprodukt beider Kon-zentrationen c(H3O

+) × c(OH–) beträgt in Wasser immer 10–14 mol2 L–2. Die Tatsache, dass das Ionenprodukt des Wassers konstant ist, gilt auch für ver-

9

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102 9 pH-Wert und Titrimetrie

dünnte Lösungen. Ist in einer Lösung die Konzentration an H3O+-Ionen

gleich der Konzentration an OH–-Ionen, gilt

c(H3O+) = c(OH–) = 10–7 mol L–1 [Gl. 9-5]

Die entsprechende Lösung bezeichnet man dann als neutral. Gibt man zu einer neutralen Lösung Säure (Protonen), verschiebt sich

das Gleichgewicht. Das System weicht nach dem Prinzip von Le Chate-lier aus. Die Konzentration der OH–-Ionen wird erniedrigt (H+ reagiert mit OH– zu H2O). Gibt man stattdessen eine Base hinzu, wird das Gleichge-wicht ebenfalls gestört. In diesem Fall weicht es aus, indem es die Erhö-hung der OH–-Konzentration mit einer Erniedrigung der Protonenkonzent-ration kompensiert. Die OH–-Ionen reagieren mit H+ zu H2O.

Protonen und Hydroxid-Ionen hängen also immer voneinander ab. Um eine saure oder eine basische Lösung zu charakterisieren, genügt es, die Konzentration eines der beiden Ionen H3O

+ oder OH– zu kennen, da sich die des anderen zwangsläufig aus dem Ionenprodukt ergibt. Der Einfachheit halber hat man die Konzentration der Wasserstoff-Ionen (Protonen/Hydro-nium-Ionen) gewählt und gibt nun nicht die umständlichen Potenzzahlen an, sondern einfach den Absolutbetrag des Exponenten. Die folgende Tabel-le 9-1 verdeutlicht die Schreibweise:

Tabelle 9-1. Beispiele für Ionenschreibweise und pH-Wert

Äquivalentkonzentration [mol L–1]

c(H3O+) [mol L–1] pH pOH

1,0 (Säure) 1 ⋅ 100 0 14

0,1 (Säure) 1 ⋅ 10–1 1 13

0,01 (Säure) 1 ⋅ 10–2 2 12

0,001 (Säure) 1 ⋅ 10–3 3 11

Neutralpunkt 1 ⋅ 10–7 7 7

0,001 (Base) 1 ⋅ 10–11 11 3

0,01 (Base) 1 ⋅ 10–12 12 2

0,1 (Base) 1 ⋅ 10–13 13 1

1,0 (Base) 1 ⋅ 10–14 14 0 Hinweis für die Praxis: Man schreibt demnach einfach die Wasserstoff-ionen-Konzentration als Zehnerpotenz und nimmt die Zahl hinter dem Mi-nus-Zeichen. Dann hat man den pH-Wert.

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9.1. Berechnung des pH-Wertes 103

9.1. Berechnung des pH-Wertes

Wie groß ist – vollständige Dissoziation vorausgesetzt – der pH-Wert einer Schwefelsäure der Stoffmengenkonzentration c(H2SO4) = 0,05 mol L–1?

Lösung Da die Schwefelsäure pro Formeleinheit 2 Protonen freisetzt, ist folgender-maßen in die Äquivalentkonzentration umzurechnen:

c(H2SO4) = 0,05 mol L–1 = c(1/2 H2SO4) = 0,1 mol L–1 c(H2SO4) = 0,05 mol L–1 c(1/2 H2SO4) = 0,1 mol L–1 (Äquivalentkonzentration) c(H+) bzw. c(H3O

+) = 10–1 mol L–1 – der pH-Wert beträgt folglich = 1.

Dieses einfache Berechnungsverfahren für pH-Werte hat allerdings seine Grenzen. So ist der pH-Wert einer sehr stark verdünnten Säure, etwa einer 10–9

mol HCl nicht 9, sondern nur etwa 7, weil deren starke Verdünnung die Konzentration an H3O

+-Teilchen des Wassers nicht mehr wesentlich beein-flusst.

Bei schwachen Säuren, etwa der Essigsäure oder der Kohlensäure, ist dagegen die Dissoziation zu berücksichtigen. Wie dabei vorzugehen ist, zeigt die folgende Berechnung des pH-Wertes einer Essigsäure der Stoff-mengenkonzentration c(CH3COOH) = 0,1 mol L–1.

Wendet man wiederum das Massenwirkungsgesetz (MWG) an, ergibt sich:

+3

3

c(H ) c(CH COO )c(CH OOH)

−⋅ k = 1,76 · 10–5 mol L–1

[Gl. 9-6]

Da c(H+) = c(CH3COO–) und c(CH3COOH) = 10–1 mol L–1 ist, wird

c(H+)2 mol2 L–2/10–1 mol L–1 = 10–5 mol L–1 und c(H+)2 = 10–6 mol2 L–2, daher c(H+) = 10–3 und pH = 3. Logarithmiert man die nach dem MWG aufgestellte Gleichung, erhält man:

lg c(H+) + lg 3

3

c(CH COO )c(CH OOH)

= lg K [Gl. 9-7]

Weil –lg c(H+) = pH und –lg K = pK gilt, ergibt sich auch

pH = lg 3

3

c(CH COO )c(CH OOH)

+ pK [Gl. 9-8]

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104 9 pH-Wert und Titrimetrie

9.2 Puffer-Systeme

Die in Gleichung 9-8 wiedergegebene Form wird als Henderson-Hasselbalch’sche Gleichung bezeichnet. Sie ist wichtig zur Berechnung der pH-Werte von Salz-/Säure-Gemischen, wie sie in physiologischen Puf-fern vorliegen. Puffer sind Lösungen, die einen bestimmten pH-Wert bei Zugabe nicht allzu groß bemessener Mengen Säure oder Base ungefähr kon-stant halten. Sie bestehen gewöhnlich aus einer schwachen Säure und ihrem Alkali-Salz.

Das folgende Beispiel verdeutlicht diese Wirkung: 10 mL einer Salzsäu-re der Stoffmengenkonzentration c(HCl) = 1,0 mol L–1 enthalten 0,01 mol H3O

+-Ionen (vgl. Tabelle 9-1). Fügt man diese Menge zu 990 mL einer wässrigen Lösung von NaCl, ergibt sich ein pH-Wert 2, weil die zugesetz-ten Hydronium-Ionen nicht durch eine Base gebunden werden. Gibt man jedoch die gleiche HCl-Menge zu 990 mL eines Acetat-Puffers mit c(CH3COOH) = 0,1 mol L–1 und c(CH3COONa) = 0,1 mol L–1, stellt sich lediglich pH 4,66 ein. Die von der Salzsäure freigesetzten Hydronium-Ionen reagieren mit den als starke Brønstedt-Basen aufzufassenden Acetat-Ionen CH3COO– praktisch quantitativ zu Essigsäure. Die Konzentration der Acetat-Ionen erniedrigt sich nach Zusatz der Salzsäure also lediglich um 0,01 mol, während sich die der undissoziierten Essigsäure um den gleichen Betrag erhöht. Analog liegen die Verhältnisse bei Zugabe von 10 mL einer Natronlauge mit c(NaOH) = 1,0 mol L–1.

Viele der heute in der Biochemie eingesetzten Puffer-Systeme gehen wie der pH-Begriff ebenfalls auf Søren Peter Lauritz Sørensen (1868–1939) zu-rück und heißen danach Sørensen-Puffer. Sie bestehen aus Stammlösun-gen, die nach Mischung jeweils Ansätze bestimmter pH-Werte ergeben und geringe Säure- oder Basezugaben wirksam abpuffern. Die den Mischungs-angaben von Tabelle 9-2 zu Grunde liegenden Stammlösungen nach Søren-sen sind beispielsweise

[1] c(Glycin) = 0,1 mol L–1

[2] c(HCl) = 0,1 mol L–1 [3] c(Citrat) = 0,1 mol L–1 [4] c(Na2HPO4) = 1/15 mol L–1 [5] 3,092 g H3BO3 und 25 ml NaOH mit c(NaOH) = 1 mol L–1 mit Was- ser auf 250 mL auffüllen [6] c(Na2HPO4 · 2 H2O) = 1/15 mol L–1 [7] c(KH2PO4) = 1/15 mol L–1

[8] c(NaOH) = 0,1 mol L–1

Ablesebeispiele in Tabelle 9-2: Um einen Puffer des pH-Wertes 2,8 an-zusetzen, mischt man entweder 76 Teile der Sørensen-Stammlösung [1] mit

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9.3 Bestimmung des pH-Wert mit Indikatoren 105

24 Teilen der Stammlösung [2] oder die angegebenen Teile der Stammlö-sungen [3] und [2].

Tabelle 9-2. Puffer-Systeme nach Sørensen (Auswahl)

Stammlösung [x] in mL Stammlösung [x] in mL pH [1] [2] [3] [2

pH [5] [2] [6] [7]

1,2 15 85 11 89 7,2 72 28

1,4 29 71 19,8 80,2 7,4

80,8 19,2

1,8 46 54 28,2 71,8 7,8 53,8 46,2 91,5 8,5

2,0 52 48 30,9 69,1 8,0 55,9 44,1 94,5 5,5

2,4 64 32 34,8 65,2 8,4 62 38

2,8 76 24 38,3 61,7 8,8 75 25 [1] [8]

3,0 82 18 40,4 59,6 9,0 85 15 89 11

3,4 91,5 8,5 45,8 54,2 9,4 79,5 20,5

3,8 52 48 9,8 68 32

4,0 56 44 10,0 62,5 37,5

4,4

68 32 10,4

56 44

9.3 Bestimmung des pH-Wert mit Indikatoren

Die einfachste, allerdings nicht sehr genaue Methode, den pH-Wert zu be-stimmen, ist der Vergleich mit Indikatorfarben. Diese können als Indikator-papier oder als Indikatorlösungen eingesetzt werden. Der bekannte Lack-musfarbstoff ist in sauren Lösungen rot und in basischen Lösungen blau. Weitere Beispiele zeigt Tabelle 9-3.

Der Fachhandel bietet Universalindikatorgemische als fertige Lösungen oder Papiere an, die den pH-Wert recht gut allein nach visuellem Vergleich von Farbskalen mit der vom Universalindikator angezeigten Farbe erkennen lassen. Es stellt sich immer ein vom pH-Wert abhängiges Gleichgewicht zwischen der dissoziierten und der nicht dissoziierten Form des Indikators (In) ein, wobei beide eine andere Farbe haben:

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106 9 pH-Wert und Titrimetrie

Tabelle 9-3. Indikatoren zur pH-Bestimmung

Indikatorsubstanz Umschlagbereich Farbänderung

Kresolrot 0,2–1,8 rot – gelb (1. Umschlag) Tropaeolin 1,0–2,8 rot – gelb Metanilgelb 1,2–2,3 rotviolett – gelb Thymolblau 1,2–2,8 rot – gelb (1. Umschlag) p-Xylenolblau 1,2–2,8 rot – gelb (1. Umschlag) m-Kresolpurpur 1,2–2,8 rot – gelb Chinaldinrot 1,4–3,2 farblos – rosa 2,4-Dinitrophenol 2,9–4,7 farblos – gelb Ethylorange 3,0–4,5 rot –orange Bromphenolblau 3,0–3,6 gelb – violett Bromchlorphenolblau 3,0–4,6 gelb – purpur Tetrabromphenolblau 3,0–5,0 gelb – blau Kongorot 3,0–5,2 blau – rot Methylorange 3,1–4,4 rot – gelborange Bromkresolgrün 3,8–5,4 gelb – blau 2,5-Dinitrophenol 4,0–5,8 farblos – gelb Methylrot 4,4–6,2 rot – gelb Ethylrot 4,5–6,5 rot – gelb 4-Nitrophenol 4,7–7,9 farblos – gelb Lackmus 5,0–8,0 rot – blau Bromphenolrot 5,2–6,8 gelb – purpur Bromthymolblau 6,0–7,6 gelb – blau Phenolrot 6,4–8,2 gelb – rot Neutralrot 6,8–8,0 rot – gelb Rosolsäure 6,9–8,0 gelb – rot Kresolrot 7,0–8,8 gelb – purpur (2. Umschlag) m-Kresolpurpur 7,4–9,0 gelb – purpur (2. Umschlag) Thymolblau 8,0–9,6 gelb – blau (2. Umschlag) p-Xylenolblau 8,0–9,6 gelb – blau (2. Umschlag) Phenolphthalein 8,2–9,8 farblos – rot Thymolviolett 9,0–13,0 gelbgrün – violett Thymolphthalein 9,3–10,5 farblos – grün Alizaringelb R 10,0–12,1 hellgelb – rotbraun Tropaeolin 11,0–13,0 gelb – rot Epsilonblau 12,0–13,0 orange – violett

H-In (Farbe 1) H+ + In– (Farbe 2) [Gl. 9-9]

oder

H-In (Farbe 1) + H2O H3O+ + In– (Farbe 2) [Gl. 9-10]

→←

→←

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9.4 Potentiometrie: Messung des pH-Wertes mit der Glaselektrode 107

Wendet man auf diese Reaktion das Massenwirkungsgesetz (MWG) an, erhält man:

+c(H ) c(In )c(H-In)

−⋅ = K

[Gl. 9-11]

oder umgeformt

c(H+)/K = c(H-In)/c(In–) oder K/ c(H+) = c(In–)/c(H-In) [Gl. 9-12]

Durch Logarithmieren erhält man

lg K – lg c(H+) = c(In )lg

c(H-In)

[Gl. 9-13]

oder, weil pH = – lg c(H+) und lg K = pK ist:

pH = pK + c(In )lg

c(H-In)

[Gl. 9-14]

9.4 Potentiometrie: Messung des pH-Wertes mit der Glaselektrode

An den Grenzflächen von Lösungen und Metallen sowie von Lösungen und Gelschichten bilden sich Potenziale aus, die man als Spannung messen kann. Die Glaselektrode enthält eine solche Gelschicht, die in eine Puffer-lösung taucht (vgl. Abb. 9-1). Das Potenzial zwischen Gel und Lösung oder die Spannung ist von den Konzentrationsunterschieden der H+-Ionen in Gel und Lösung abhängig.

Nach der Nernst’schen Gleichung

E = 1

2

RT lnF

⋅ cc

[Gl. 9-15]

ergibt sich entsprechend

E = +

+

RT c(H )Lsg. lnF c(H )Gel

= 0,059 lg [Gl. 9-16]

Weil aber die H+-Ionenkonzentration im Gel wegen der Pufferwirkung des Kieselsäure-Silikat-Puffers von der H+-Ionenkonzentration der Analy-senlösung unabhängig und damit weitgehend konstant ist, ist die gemesse-ne Potenzialdifferenz nur vom dekadischen Logarithmus der molaren

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108 9 pH-Wert und Titrimetrie

H+-Ionenkonzentration der Lösung c(H+)Lsg und somit nur vom pH-Wert abhängig:

E = E0 + 0,059 lg c(H+)Lsg [Gl. 9-17]

Abb. 9-1. Schema zum Aufbau einer pH-Elektrode (Einstabmesskette)

Die zur pH-Messung eingesetzten Elektroden können statt mit einem Gel auch mit einer Elektrolyt-Lösung gefüllt sein. Früher verwendete man zwei getrennte Elektroden, eine Bezugselektrode mit konstantem Potenzial und eine dazu parallel geschaltete Messelektrode. Die neueren pH-Elektro-den sind als Einstab-Messketten kombinierte Glaselektroden, in denen die Bezugs- und die Messelektrode in der gleichen gläsernen Ummantelung untergebracht sind.

Je nach Bautyp und Hersteller müssen sie regelmäßig gewartet und bei-spielsweise mit KCl-Lösung der Konzentration c(KCl) = 3 mol L–1 aufge-füllt werden, weshalb es sich empfiehlt, die herstellerseitige Detailbe-schreibung im Labor immer griffbereit zu haben. Die Glasmembran, durch die aufgrund der vom Material vorgegebenen Porenweite nur Protonen dif-fundieren können, ist der mit Abstand sensibelste Teil der Elektrode: Wäh-rend der Messung darf sie nicht an Gefäßwände anstoßen und auch nicht auf dem Boden des verwendeten Messgefäßes aufstoßen.

Das pH-Meter, an das die Elektrode angeschlossen ist, sollte bei ständi-gem Einsatz mindestens täglich geeicht werden, spätestens jedoch nach der

Ag°/AgCl-Elektrode

(Referenzelektrode)

gesättigte KCl-Lösung

Glasmembran H+

H+

Einfüllöffnung

Messelektrode

interner Puffer

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9.5 Titrimetrie 109

pH-Wertbestimmung von etwa zwei Dutzend Lösungen. Dazu verwendet man Standardpuffer genau eingestellter pH-Werte. Diese Eichpuffer wählt man nach dem pH-Bereich aus, auf den man eine frisch angesetzte Reak-tionslösung einstellen möchte, also für pH 4,5 die beiden Referenzpuffer pH 6 und pH 4. Bevor man alle Knöpfe eines pH-Meters durchprobiert, ent-nimmt man die Einzelheiten zur Bedienung der Gebrauchsanleitung.

Wenn eine pH-Elektrode längere Zeit nicht benutzt wird, stellt man sie in eine Lagerlösung (beispielsweise Standardpuffer pH 7). Zwischen jeder pH-Messung wird die Glaselektrode mit destilliertem Wasser gründlich abgespült.

9.5 Titrimetrie

Joseph Louis Gay-Lussac (1778–1850) führte etwa um 1830 die Titrimetrie oder Maßanalyse in die analytische Chemie ein. Darunter versteht man ein quantitatives Messverfahren, bei dem man mithilfe einer Lösung bekannter Konzentrationen (Titer-Lösung, Titrier-Lösung = Maßlösung) die unbe-kannte Konzentration eines Stoffes in der Vorlage (= Probelösung) ermit-telt. Die zu ermittelnde Konzentration eines Stoffes lässt sich recht einfach aus der Konzentration der Titer-Lösung, dem zu bestimmenden Volumen der verbrauchten Titer-Lösung und dem Volumen der Lösung in der Vorla-ge durch eine Gleichung mit einer Unbekannten errechnen. Dabei können Säuren mit Basen oder umgekehrt Basen mit Säuren titriert und die Kon-zentration bestimmt werden. Ebenso können die Konzentration von Reduk-tionsmitteln mit Oxidationsmitteln und umgekehrt die Konzentration von Oxidationsmitteln mit Reduktionsmitteln durch Titration bestimmt werden. Das Verfahren lässt sich somit sowohl auf Säure/Base-Reaktionen wie auf Redox-Reaktionen anwenden.

Das Titrationsverfahren zur Ermittlung der Konzentration einer Base (Säure) in einer Lösung als unbekannte Testlösung beruht darauf, dass man so viele Milliliter Lösung einer Säure (Base) bekannter Konzentration hinzu gibt, bis die Neutralisation erfolgt. Entsprechend lässt man zur Ermittlung der unbekannten Konzentration eines Oxidationsmittels (Reduktionsmittels) solange die Lösung eines Reduktionsmittels (Oxidationsmittels) bekannter Konzentration zu der Testlösung fließen, bis dieses vollständig oxidiert (re-duziert) ist.

Die Äquivalentkonzentration (Normalität) c eines Reduktions- oder Oxi-dationsmittels bzw. einer Säure oder Base lässt sich aus den molaren Mas-sen n der Äquivalente des jeweils gelösten Stoffes und dem Volumen V der Lösung errechnen:

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110 9 pH-Wert und Titrimetrie

c = n/V [Gl. 9-18]

Dann ergeben sich

c1 = n1/V1 und n1 = c1 × V1 [Gl. 9-19]

sowie

c2 = n2/V2 bzw. n2 = c1 × V2 [Gl. 9-20]

Für den Fall n1 = n2 erhält man die für Säure/Base-Reaktionen wie für Re-dox-Reaktionen anwendbare Formel

c1 × V1 = c2 × V2 bzw. c1 = c2 × V2/V1 [Gl. 9-21]

Ist darin beispielsweise die Konzentration c1 gesucht, lässt sie sich leicht er-rechnen, sobald V1 (Volumen der Testlösung), c2 (Konzentration der Titer-Lösung) und V1 (bei der Titration verbrauchtes Volumen) bekannt sind.

Beispielaufgabe 1 Titrimetrische Konzentratationsbestimmung von Basen oder Säuren

Wie viele Gramm Natronlauge waren in 10 mL einer NaOH unbekannter Konzentration vorhanden, wenn man gerade 6 mL bereitgestellte Salzsäure HCl der Konzentration 1 mol L–1 braucht, um die Lauge zu neutralisieren?

Durchführung und Lösung Zu einem mit der Messpipette genau abgemessenem Volumen V1(10 mL) im Erlenmeyerkolben) der zu bestimmenden NaOH-Lösung gibt man zu-nächst so viele Tropfen Indikatorlösung (Methylorange, 0,1%ig in Wasser), bis die Farbe deutlich erkennbar wird. Aus der Bürette lässt man nun lang-sam soviel Salzsäure (z.B. 6 mL) in die Vorlage (Erlenmeyerkolben) trop-fen, bis der Neutralpunkt gerade erreicht ist, für den c(H3O

+) = c(OH–) gilt. Aus der verbrauchten Säuremenge (V2) wird dann der Gehalt an OH–-Ionen der zu prüfenden Lösung berechnet. Der Farbumschlag erfolgt im Idealfall mit einem einzigen Tropfen!

Mithilfe einer pH-Messelektrode und angeschlossenem Messgerät kann genau auf den pH-Wert 7 titriert und dabei so viel Säure tropfenweise zuge-geben werden, bis dieser Wert erreicht ist. Häufig wird die Titrationskurve mit Hilfe einer automatischen Registrierung gleichzeitig aufgezeichnet.

Wenn man beispielsweise gerade 6,0 mL HCl (c2 = 1 mol L–1) für die Neutralisation braucht, lässt sich die Konzentration n1 der unbekannten Lauge nach Gleichung 9-21 leicht berechnen. Setzt man die bekannten Grö-ßen ein, erhält man c1 = 1 mol L–1 × 6 mL / 10 mL = 0,6 mol L–1.

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9.5 Titrimetrie 111

Die Natronlauge unbekannter Konzentration weist also die Äquivalent-konzentration c1 = 0,6 mol L–1 auf. Bei einer molekularen Masse von M(NaOH) = 40 g mol–1 für NaOH sind also 0,6 × 40 g = 24 g in 1000 mL oder 0,24 g in den verwendeten 10 mL Lösung enthalten.

Dieses Verfahren arbeitet mit großer Genauigkeit, erfordert jedoch durchaus Fingerspitzengefühl. Nach jeder Zugabe eines Tropfens der ver-wendeten Maßlösung muss die Probelösung in der Vorlage umgeschwenkt werden. Bereits mit einem Tropfen zu viel kann der Äquivalenzpunkt überschritten werden. Für Routinetitrationen in Prüflabors werden heute Titrationsautomaten (Titratoren) verwendet, die den Titrationsverlauf elektrochemisch registrieren und in Form einer Titrationskurve visuali-sieren. Sofern starke Laugen mit starken Säuren oder umgekehrt titriert werden, entspricht der Äquivalenzpunkt dem Neutralisationspunkt (vgl. Abb. 9-2).

Abb. 9-2. Titrationskurve einer Salzsäure c(HCl) = 0,1 mol L–1 mit einer Natron-lauge c(NaOH) = 0,1 mol L–1

Werden jedoch z.B. schwache Säuren mit starken Laugen titriert, so ist der Äquivalenzpunkt, bei dem gleich viel Säure wie Lauge vorliegt, und nicht der Neutralpunkt bei pH 7 zu berücksichtigen. Man verwendet in diesem Fall einen Indikator, der im entsprechenden pH-Bereich um-schlägt. Prinzipiell kann man dieses Verfahren auch auf Redox-Reak-tionen anwenden. Dann muss man mit einer genau eingestellten Lösung eines Oxidationsmittels (bzw. Reduktionsmittels) die Konzentration des Reaktionspartners bestimmen. Hierzu ist es jedoch erforderlich, die Beg-riffe Säure/Base-Wertigkeit und Redox-Wertigkeit sowie die sich dar-aus ergebenden Konzentrationsangaben (Äquivalentkonzentrationen) zu berücksichtigen.

pH12

10

8

6

4

20 1 2 3 4 5

Verbrauch NaOH [mL]

Äquivalenzpunkt

(Neutralpunkt)

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112 9 pH-Wert und Titrimetrie

Beispielaufgabe 2 Titrimetrische Bestimmung von Reduktionsäquivalenten

Wie viele Äquivalente Reduktionsmittel waren in einer 10 mL-Probe einer zu prüfenden Zucker-, Ethanol- oder Glycerin-Lösung oder auch in einer Gewässerprobe, wenn man unter Zusatz von einigen Tropfen Salzsäure bis zur Entfärbung 6 mL Kaliumpermanganat-Lösung der Konzentration c(KMnO4) = 0,1 mol L–1 oder c(1/5 KMnO4) = 0,5 eq L–1 verbraucht?

Durchführung und Lösung Die Äquivalent-Konzentration c1 der Probe wird in eq L–1 angegeben und er-rechnet sich dann bei folgenden Angaben: – V1: Volumen der Probe in der Vorlage (10 mL) – V2: durch Titration (Ablesen an der Bürette) ermitteltes Volumen der

Permanganat-Lösung, zum Beispiel 6 mL – c2: Äquivalent-Konzentration der Permanganat-Lösung, im vorliegen-

den Fall 0,5 eq L–1 nach Gleichung 9-21 zu

c1 = c2 ×V2/V1; c1 = 0,5 eq L–1 × 6 mL / 10 mL = 0,3 eq L–1 [Gl. 9-22]

oder 0,003 eq = 3 meq in der 10 mL-Probe. In der 10 mL-Probe waren also 3 meq Reduktionsmittel enthalten. Falls es sich um eine Glucose-Lösung handelt und 180 g Glucose : 24 = 7,5 g Glu-cose die Masse eines Äquivalents in Gramm sind, entspricht das Titrations-ergebnis von 3 meq einer Menge von 22,5 mg Glucose in 10 mL Probe-Lösung.

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Dichte bestimmen

Materie mit einer Masse m nimmt immer einen gewissen Raum ein und ist insofern grundsätzlich mit einem bestimmten Volumen V verknüpft. Je nach dem eingenommenen Volumen ist die Materie unterschiedlich dicht ge-packt. Die nach dem griechischen Buchstaben ρ (rho) bezeichnete Dichte definiert man daher als

ρ = m / V [Gl. 10-1]

und gibt sie für feste und flüssige Körper in der SI-Einheit Kilogramm pro Kubikmeter (kg m–3) an, fallweise aber auch in Gramm pro Kubikzentimeter (g cm–3) oder Kilogramm pro Kubikdezimeter (kg dm–3). Bei Gasen drückt man sie in g L–1 aus. Gewöhnlich nimmt die Dichte mit steigender Tempera-tur linear ab, da sich die Körper temperaturabhängig ausdehnen. Wasser weist in dieser Hinsicht jedoch eine bemerkenswerte Anomalie auf, denn seine maximale Dichte von 1 g cm–3 erreicht es bei 3,98 °C. Es dehnt sich auch bei Abkühlung auf 0 °C aus und wird weniger dicht, weshalb Eis auf Wasser schwimmt. Die Dichte eines Körpers entscheidet generell darüber, ob er in Wasser schwimmt. Im Unterschied zu den praktisch imkompres-siblen Feststoffen und Flüssigkeiten ist die Dichte eines Gases außer von der Temperatur auch vom Druck abhängig. Die Dichte eines Stoffes unter Normalbedingungen ist eine substanztypische Kenngröße. Nicht zu ver-wechseln ist sie mit dem spezifischen Gewicht γ (= Wichte) eines Stoffes. Darunter versteht man die Gewichtskraft FG je Volumeneinheit V, die man in der Einheit N m–3 (früher kp m–3) ausdrückt:

γ = FG / V = m · g / V [Gl. 10-2]

Dichte und Wichte unterscheiden sich also um den Betrag der Fallbe-schleunigung g – das spezifische Gewicht ist somit im Unterschied zur Dichte ortsabhängig, weil der meist verwendete Wert g = 9,81 m s–2 nur ein Durchschnittswert ist.

Vor allem die Dichtebestimmungen von Flüssigkeiten haben in der La-borpraxis insofern eine besondere Bedeutung, als sie zur Identifizierung oder zur Konzentrationsbestimmung von Stoffen benötigt werden.

10

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114 10 Dichte bestimmen

10.1 Dichtebestimmung mit dem Aräometer

Die Verwendung des Aräometers, fallweise auch Senkspindel oder Senk-waage genannt, für die Dichtebestimmung von Flüssigkeiten beruht auf dem Archimedischen Prinzip, wonach ein Festkörper so tief in eine Flüssigkeit eintaucht, bis die Gewichtskraft (früher einfach Gewicht genannt) der durch sein Eintauchen verdrängten Flüssigkeit genauso groß ist wie die Gewichts-kraft des eingetauchten Körpers. Je größer die Dichte einer Flüssigkeit ist, umso weniger tief taucht ein Festkörper in diese ein (vgl. Abb. 10-1). Über die Eintauchtiefe besonderer Messgeräte lässt sich daher die Dichte einer Flüssgkeit bestimmen.

Abb. 10-1. Aufbau (links), Ablesung (Mitte) und Funktionsweise eines Aräometers (oben rechts)

Ein Aräometer besteht aus einem dicken, unten mit Gewichten beschwerten Auftriebs- bzw. Senkkörper aus Glas und einem dünneren Abschnitt, der eine (gegebenenfalls genau geeichte) Skala zum Ablesen enthält. Wegen der Temperaturabhängigkeit der Dichte muss ein Aräometer immer die gleiche Temperatur wie die Messlösung aufweisen. Bei der Dichtebestim-mung ist daher gleichzeitig eine Temperaturmessung vorzunehmen. Prakti-

Ableseskala

Thermometer

Auftriebskörper

Senkgewicht

1,250

1,300

1,350

Glycerin Wasser Ethanol

1,26 g cm–3 1,0 g cm–3 0,79 g cm–3

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10.2 Polarimetrie 115

scherweise ist daher in viele Aräometer bereits ein Thermometer eingebaut (Abb. 10-1).

Weil ein Aräometer in eine Lösung höherer Dichte weniger tief eintaucht als in eine mit geringerer (Abb. 10-1, oben rechts), nehmen die Dichtewerte auf der Ableseskala deswegen von oben nach unten zu. Bei der Ablesung berücksichtigt man nur die Höhe der Flüssigkeitsoberfläche in Bezug auf die Ableseskala, nicht den Meniskus am Aräometer. Im Ablesebeispiel von Abb. 10-1 ist der korrekt entnommene Dichtewert daher 1,330 (= Eintauch-tiefe) und nicht 1,325 (= Meniskus).

Wichtige Anwendungsgebiete für die Dichte- bzw. Konzentrationsbe-stimmung mit einem Aräometer, dessen Messskala für jedes Messproblem speziell geeicht ist, sind etwa die Salinität (practical salinity unit PSU) des Meerwassers, die Säuremenge in Fahrzeugbatterien, der Wassergehalt der Milch oder das Mostgewicht von frisch gekeltertem Weintraubensaft, das man traditionell in der nicht mehr gesetzlichen Einheit Grad Öchsle (°Oe; benannt nach dem Goldschmied F. Öchsle, 1774–1852) angibt und auf die Dichte von Wasser bezieht: Ein Most der Dichte ρ = 1,050 [kg dm–3] weist ein „Mostgewicht“ von 50 °Oe auf. Daraus lassen sich rechnerisch der Zu-ckergehalt (Zuckerkonzentration) und abgeschätzt der Alkoholgehalt des späteren Weines ermitteln.

10.2 Polarimetrie

Von organischen Verbindungen, die mindestens ein asymmetrisch substitu-iertes C-Atom enthalten, liegen Enantiomere vor, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten und in allen wesentlichen physikalischen Eigen-schaften identisch sind. Die einzige physikalische Größe, in der sie sich un-terscheiden, ist die Wechselwirkung mit linear polarisiertem Licht, was man als optische Aktivität bezeichnet. Eines der beiden Enantiomere dreht die Schwingungsebene von polarisiertem Licht vom Beobachter aus bzw. gegen die Ausbreitungsrichtung des Lichtstrahls betrachtet im Gegenuhrzeigersinn (–), das andere im Uhrzeigersinn (+). Der Winkelbetrag der Drehung ist ab-hängig von der Konzentration der optisch aktiven Verbindung und kann somit zur Dichte- bzw. Konzentrationsbestimmung herangezogen werden. Die spezifische Drehung beträgt beispielsweise bei 10 cm Schichtdicke und 1 g Substanz in 100 mL Lösung für die Hexose D-Fructose –89,5°, für D-Glucose +52,5° und für Saccharose +66,5°.

Zur Feststellung des Drehwinkels nutzt man die Tatsache, dass Polarisa-tionsfilter das linear polarisierte Licht nur passieren lassen, wenn ihre Durchlassrichtung parallel zu dessen Schwingungsebene ausgerichtet ist.

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116 10 Dichte bestimmen

Befinden sich beide Filter in gekreuzer Stellung, ist kein Lichtdurchgang möglich (Abb. 10-2 rechts).

Abb. 10-2. Wirkung von parallelen (links) und gekreuzten (rechts) Polarisations-filtern auf linear polarisiertes Licht

Im Polarimeter bringt man die beiden Filter (Polarisator und Analysator genannt) in gekreuzte Stellung und dreht den Analysator so lange, bis ihn das Licht wegen der Drehung der Schwingungsebene durch eine optisch ak-tive Substanz wieder passiert (Abb. 10-3). Der Winkelbetrag kann nun ab-gelesen werden. Besondere Konstruktionsmerkmale vereinfachen die Win-kelbestimmung am Polarimeter ablesetechnisch erheblich. Anhand der spezifischen Drehung lässt sich die Dichte bzw. Konzentration der polari-metrierten Lösung zurückrechnen.

Abb. 10-3. Funktionsschema eines Polarimeters

Eine weitere häufig eingesetzte Methode der Dichte- bzw. Konzentrati-onsbestimmung ist die Refraktometrie. Deren Messprinzip ist die Zunah-me der Brechzahl n (Brechungsindex) einer Lösung mit der Menge eines darin gelösten Stoffes. Die Bestimmung von n erfolgt gewöhnlich über den gegenüber einer Kontrolle (reines Lösemittel) veränderten Brechungswin-kel. Hinsichtlich ihrer Konstruktion und Handhabung unterscheiden sich die verschiedenen Refraktometer-Bautypen beträchtlich. Die technischen De-tails sind hier entbehrlich.

unpolarisiertes Licht

unpolarisiertes Licht

polarisiertesLicht

polarisiertesLicht

unpolarisiertes Polarisator polarisiertes Lösung einer AnalysatorLicht Polarisationsebene Licht optisch aktiven Substanz Polarisationsebene

vor Schichtdurchgang nach Schichtdurchgang

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Mit Gasen arbeiten

Bei vielen Laborversuchen, Analysen ebenso wie Synthesen, spielen neben Feststoffen und Flüssigkeiten auch Gase eine bedeutende Rolle. Gase ent-stehen bei bestimmten Reaktionen oder werden als Reaktionspartner einge-setzt. Außerdem sind sie im Labor üblicherweise wichtige Primärenergie-träger für Brenner (vgl. Kapitel 8). Da viele Gase die Gesundheit schädigen, korrodierend wirken, die Umwelt belasten oder mit Luft(sauerstoff) explo-sive Gemische bilden und sich zudem im gesamten Raum ausbreiten, muss man sie mit geeigneten technischen Maßnahmen unter Kontrolle halten. Auch außerhalb chemischer Labors sind Gase eventuell wichtige Hilfsmit-tel. Abgesehen von den Atemgasen für den medizinischen Bedarf werden bestimmte Gase für besondere experimentelle Zwecke eingesetzt, Methan beispielsweise beim Betrieb von Geiger-Müller-Zählrohren spezieller Bau-art, Stickstoff als Referenzgas für O2-Bestimmungen mit Sauerstoffelektro-den oder Kohlenstoffdioxid als Kältemittel für Gefriermikrotome.

Nach dem Boyle-Mariotte’schen Gesetz ist bei einer eingeschlossenen Gasmenge das Produkt aus Volumen (V) und Druck (p) bei gleicher Tempe-ratur (T) konstant. Daher gilt

V · p = konstant bzw. V1 · p1 = V2 · p2 [Gl. 11-1]

Bei gleich bleibendem Druck dehnen sich alle Gase bei einer Temperaturer-höhung um 1 K um 1/273 ihres Volumens bei 273 K (= 0 °C) aus. Bei gleich bleibendem Volumen nimmt der Druck aller Gase bei einer Tempera-turerhöhung um 1/273 ihres Druckes bei 273 K (0 °C) zu. Diese Beziehun-gen lassen sich auch in der allgemeinen Gasgleichung (Gay-Lussac-Gesetze) zusammenfassen:

V1 · p1 / T1 = V2 · p2 / T2 [Gl. 11-2]

Dabei bedeutet V1 das Anfangsvolumen, p1 der Anfangsdruck und T1 die Anfangstemperatur in Kelvin und die mit dem Index 2 gekennzeichneten Angaben die jeweiligen Endgrößen darstellen.

Technisch ist durch entsprechende Temperaturerniedrigung generell die Verflüssigung eines Gases möglich. Die Druckerhöhung oder Kompression bewirkt eine Verflüssigung dagegen nur unterhalb einer für jedes Gas kennzeichnenden kritischen Temperatur. Für Kohlenstoffdioxid beträgt

11

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118 11 Mit Gasen arbeiten

diese 31 °C. Oberhalb dieser Temperatur kann CO2 nur als Gas vorliegen und durch keinen noch so hohen Druck verflüssigt werden.

Für chemische Reaktionen in kleinen Mengen benötigte Gase kann man sich im Labor unter Wahrung aller entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen beispielsweise über besondere Tropfapparaturen selbst herstellen. Größere Mengen eines bestimmten technisch genutzten Gases entnimmt man einer über den Fachhandel bezogenen Gasdruckflasche. Je nach Gasart enthalten diese Flaschen • Niederdruckgase, die unter Druck bei niedriger Temperatur verflüssigt

wurden, oder • Hochdruckgase, die unter hohem Druck verdichtet wurden. Niederdruckgase sind demnach bei Raumtemperatur in der Druckgasflasche flüssig, weil bei der Herstellung ihre kritische Temperatur unterschritten wurde. Bei Hochdruckgasen wurde diese jedoch überschritten, so dass sie im Druckbehälter als Gas enthalten sind. Der Fülldruck einer Gasdruckfla-sche mit Hochdruckgas liegt meist bei 200 bar. In einer 50-L-Flasche sind entsprechend dem Boyle-Mariott’schen Gesetz demnach 10 000 L = 10 m3 des betreffenden Gases enthalten. Neben den großen und schweren Stahl-druckflaschen mit 50 L Inhalt bei Normalbedingungen liefert der Fachhan-del auch kleinere 10-L-Flaschen.

11.1 Farbkennzeichnung von Gasflaschen

Nach der im Juli 1997 veröffentlichten Norm DIN EN 1089-3 ist spätestens seit 2006 eine neue und einheitliche Farbkennzeichnung von Gasflaschen verbindlich. Sie weicht von der älteren Farbcodierung fallweise ab. Daher ist bei Verwendung älterer Versuchsvorschriften mit etwaigen Hinweisen auf eine Farbmarkierung der Wechsel besonders zu beachten. Soweit die neuen Farbmarkierungen gegenüber der älteren Praxis Neuerungen aufwei-sen, trägt der Flaschenhals neben dem jeweiligen Farbcode ein großes N. Generell verwendet man zur Kennzeichnung von Gasdruckflaschen für nicht speziell festgelegte Gase bzw. Gasgemische die folgenden Schulter-farben (Tabelle 11-1). Die Gasflaschenschulter wird jeweils nur mit der Kennfarbe der hauptsächlichen Gefährdung gekennzeichnet. Auf eine farb-liche Darstellung von zwei oder mehr Gefährdungseigenschaften wie gif-tig/ätzend und entzündbar in Form von Ringen oder anderen Farbaufträgen wird verzichtet.

Die farblichen Kennzeichnungen sind allerdings nur als Zusatz- oder Schnellinformation zu verstehen. Die letztlich allein verbindliche Deklarati-

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11.1 Farbkennzeichnung von Gasflaschen 119

on des Gasinhaltes einer bestimmten Flasche benennt ein besonderer Ge-fahrgutaufkleber, der folgende Angaben aufweisen muss (vgl. Abb. 11-1): 1. relevante R- und S-Sätze 2. Gefahrzettel 3. Zusammensetzung des Gases 4. Produktbezeichnung 5. EWG-Nummer bei Einzelstoffen oder die Bezeichnung „Gasgemisch“ 6. Vollständige Gasbenennung nach der GGVS 7. Herstellerhinweise 8. Name, Anschrift und Telefonnummer des Herstellers

Abb. 11-1. Gefahrgutaufkleber für Druckgasflaschen (links) und Teilebezeichnung (rechts)

Tabelle 11-1. Allgemeine Kennzeichnung für Gase

Eigenschaften Schulterfarbe Beispiele

giftig und/oder ätzend gelb Ammoniak, Chlor, Fluor, Koh-lenstoffmonoxid, Stickstoff-oxid, Schwefeldioxid

entzündbar rot Wasserstoff, Methan, Ethylen, Formiergas

oxidierend hellblau Sauerstoff, Lachgas-Gemische

erstickend grün Krypton, Xenon, Neon, Stick-stoff

Die Farbe des Flaschenkörpers wird im Unterschied zur Kennzeichnung der Flaschenschulter von der jetzt gültigen Euronorm DIN EN 1098-3 nicht verbindlich vorgeschrieben. In Deutschland haben sich die Anbieter techni-

2

1 2 3 4 5

6 78

Schutzkappe

Hauptventil

Flaschenschulter

Flaschenkörper

Standboden

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120 11 Mit Gasen arbeiten

scher Gase für Forschung und Industrie jedoch auf die in Tabelle 11-2 auf-gelistete einheitliche Regelung festgelegt. Sofern der Kennbuchstabe „N“ zu verwenden ist, wird er jeweils zweimal gegenüberliegend auf der Flaschen-schulter aufgebracht.

Tabelle 11-2. In Deutschland gültige Farben von Druckgasflaschen (vgl. auch Ta-bellen 19-13 und 19-14 in Kapitel 19)

Gas Flaschenkörper Schulter

Sauerstoff (technisch) blau weiß

Sauerstoff (medizinisch) weiß weiß

Ethin (Acetylen) kastanienbraun kastanienbraun (spezielles Reduzierventil)

Stickstoff grün schwarz

Kohlenstoffdioxid (technisch)

grau grau

Kohlenstoffdioxid (medizinisch)

weiß grau

Distickstoffoxid (medizinisch)

weiß blau

Wasserstoff rot rot (mit Linksgewinde)

Helium grau braun

Druckluft grau leuchtendgrün

11.2 Sicherheitsaspekte beim Umgang mit Gasen

Druckgasflaschen, insbesondere die mit Hochdruckgasen befüllten, stehen unter enormem Druck (meist 200 bar, fallweise bis 300 bar). Sie stellen al-so beim Hantieren eine nicht zu unterschätzende latente Gefahr dar. Für den sicheren Umgang gelten daher die folgenden Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln: • Druckgasflaschen müssen außerhalb des Labors an einem sicheren

Platz mit geregelter Raumtemperatur oder alternativ in einem eigens dafür konstruierten Druckgasflaschenschrank (Sicherheitsschrank) auf-gestellt werden. Die Gase werden dem Arbeitsplatz durch Rohrleitun-gen zugeführt.

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11.2 Sicherheitsaspekte beim Umgang mit Gasen 121

• Falls diese Art der Unterbringung nicht möglich ist, müssen die Gasfla-schen nach dem Einsatz bei einer Versuchsreihe an einen sicheren Ort zurückgebracht werden.

• Druckgasflaschen sind nur auf besonders zugelassenen Flaschenwagen liegend, angekettet und mit aufgeschraubter Schutzkappe zu transpor-tieren. Besondere Vorsicht ist wegen des großen Gewichtes beim Um-gang mit 50-L-Flaschen angebracht. Eventuell sollte eine zweite Person beteiligt werden.

• Druckgasflaschen sind am Aufbewahrungs- oder Verbrauchsort immer durch Anketten, Angurten oder spezielle Riegel vor dem Umstürzen zu sichern. Liegende Lagerung ist zulässig.

• Zur Gasentnahme ist bei Hochdruckgasen grundsätzlich ein spezielles Reduzierventil (vgl. Abb. 11-2) zu verwenden. Niederdruckgasflaschen werden zur Gasentnahme mit einem Nadelventil versehen.

Reduzierventile (= Druckminderer, Druckreduzierventil) werden je nach Gasart mit unterschiedlichem Gewindeanschluss ausgestattet. Ventile für nicht brennbare Gase besitzen ein Rechtsgewinde, solche für brennbare (entzündbare) Gase ein Linksgewinde. Die verschiedenen Gewinde unter-scheiden sich im Durchmesser und im Gewindeschnitt.

Abb. 11-2. Bauteile und Bedienungselemente eines Druckminderers (Reduzier-ventil) in Arbeitsstellung

Zur Inbetriebnahme einer Gasflasche mit Hochdruckgas geht man nach den folgenden Arbeitsschritten vor: 1. Flasche durch Anketten oder Angurten sichern. 2. Schutzkappe abschrauben. 3. Zulässiges Reduzierventil (Druckminderer) überprüfen (Dichtung vor-

handen und unbeschädigt?), anschrauben (Windungssinn beachten) und mit einem passenden Gabelschlüssel moderat festziehen.

Schlauchanschluss(Gasentnahme)

Arbeitsdruck-manometer

Absperrventil

EinstellschraubeGasflasche

Vordruckmanometer(Inhaltsmanometer)

Flaschenventil

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122 11 Mit Gasen arbeiten

4. Reduzierventil schließen durch Herausschrauben der Einstellschraube (Abb. 11-2) gegen den Uhrzeigersinn.

5. Absperrventil ohne Kraftanwendung schließen. 6. Hauptventil an der Druckgasflasche öffnen. Flaschenhauptventile dür-

fen nicht mit Werkzeugen geöffnet oder geschlossen werden. Lässt sich das Hauptventil nicht von Hand öffnen, ist die Druckgasflasche als de-fekt zu bewerten und darf nicht verwendet werden. Nach dem Öffnen zeigt das Vordruckmanometer den Flaschen(inhalts)druck an.

7. An der Einstellschraube durch vorsichtiges Hereindrehen (Rechtsdre-hung) den gewünschten Arbeitsdruck einstellen.

8. Zielgerät oder -apparatur über Schlauch an den Schlauchanschluss kop-peln.

9. Am Absperrventil (Abb. 11-2) die gewünschte Strömungsgeschwin-digkeit einregeln. Die Gasentnahme erfolgt nun bei konstantem Ar-beitsdruck, während der Druck in der Flasche kontinuierlich abnimmt.

10. Zum Beenden der Gasentnahme Hauptventil der Gasflasche schließen, Einstellschraube ganz herausdrehen, Absperrventil kurz öffnen und wieder schließen. Inhalts- und Arbeitsdruckmanometer sollten jetzt bei-de „0“ anzeigen. Das Reduzierventil darf erst nach vollständiger Druck-entlastung abgeschraubt werden.

Achtung: Druckminderer (Reduzierventile) dürfen weder gefettet noch geölt werden!

Abb. 11-3. Gasflasche (Druckdose) mit Niederdruckgas

Bei der kontinuierlichen Arbeit mit Gas aus einer Niederdruckflasche (Druckdose) oder mit Hochdruckgasen sollte ein durchsichtiger Blasenzäh-ler in den Gasweg eingebaut werden, mit dem man die durchströmende

Nadelventil öffen und schließen Gasentnahme

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11.2 Sicherheitsaspekte beim Umgang mit Gasen 123

Gasmenge jederzeit genau beobachten kann. Die Sperrflüssigkeit im Bla-senzähler darf mit dem Gas keine Reaktion eingehen. Geeignet ist unter an-derem Siliconöl.

Alle Apparaturen müssen so aufgebaut werden, dass ein unerwartet auf-tretender Unter- oder Überdruck augenblicklich ausgeglichen wird. Eine entsprechende Sicherungsapparatur zeigt Abb. 11-4. Alternativ lässt sich auch ein Sicherheitsgaswäscher nach Trefzer in eine Apparatur einbauen.

Abb. 11-4. Beispiel einer Gasdrucksicherung für sofortigen Druckausgleich in der Apparatur

Beim Arbeiten mit giftigen Gasen (beispielsweise Chlor) oder gar extrem giftigen gasförmigen Stoffen (etwa Fluor, Schwefelwasserstoff, Blausäure u.a.) sind besondere Sicherheitsempfehlungen zu beachten. Mit solchen Stoffen darf man ebenso wie mit reizenden Aerosolen bzw. Stäuben grund-sätzlich nur unter dem laufenden Abzug arbeiten. Auszubildende dürfen nur unter der Aufsicht einer erfahrenen und besonders instruierten Person mit solchen Gasen arbeiten. Alle an einem solchen Experiment unmittelbar oder mittelbar Beteiligten müssen eine angepasste Atemschutzmaske in Griffnä-he bereithalten.

Übelriechende sowie giftige Gase darf man nicht in die normale Abluft einleiten. Sie müssen vielmehr am Ort ihrer Entstehung absorbiert oder in eine unschädliche Form überführt werden. Für Chlorgas empfiehlt sich dazu beispielsweise die Reaktion

Cl2 + 2 NaOH → NaCl + NaOCl + H2O [Gl. 11-3]

Rechtzeitig zuvor müssen sich die mit giftigen Gasen arbeitenden Personen über geeignete Verfahren zur Entsorgung informiert und die erforderlichen Mittel bereitgestellt haben (vgl. Kapitel 1).

von der Gasentnahme Blasenzähler zur Apparatur

Unterdruck- Überdruck-sicherung sicherung

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124 11 Mit Gasen arbeiten

11.3 Mit Gasen rechnen

Bei gasanalytischen Aufgaben sind entsprechend dem Allgemeinen Gas-gesetz gewöhnlich die Druckverhältnisse sowie die Volumina eines reinen Gases oder eines Gasgemisches zu berücksichtigen. Nach dem Gesetz von Avogadro (vgl. Kapitel 12) nimmt ein Mol eines (annähernd) idealen Gases oder eines vergasbaren Stoffes unter Normalbedingungen (0 °C; 1013,25 hPa) den Raum von 22,414 L ein. Dieses Volumen bezeichnet man auch als molares Volumen, stoffmengenbezogenes Volumen oder kurz Molvolumen.

Die Gasgesetze gelten aber nicht nur für reine (ideale) Gase, sondern auch für Gasmischungen. Die molekulare Masse des reinen Gases wird in diesem Fall durch den Durchschnittswert M der molekularen Masse aller beteiligten Gase entsprechend ihrer prozentualen Beteiligung ersetzt. Für das Gasgemisch Luft stellt sich dieser Zusammenhang folgendermaßen dar (Tabelle 11-3):

Tabelle 11-3. Mittlere Zusammensetzung der Luft

Gas Anteil (Vol%) molekulare Masse M

Stickstoff N2 78,1 28

Sauerstoff O2 20,9 32

Kohlenstoffdioxid CO2 0,03 44

Argon Ar 0,9 40 Die mittlere molare Masse der Luft errechnet sich daher zu

M = 28 × 78,1/100 + 32 × 20,9/100 + 44 × 0,03/100 + 40 × 0,9/100 = 28,93.

22,4 L Luft wiegen demnach 28,93 g. Daraus lässt sich das Litergewicht der Luft zu 1,29 g L–1 berechnen.

Für Gasgemische gilt ferner das Gesetz von Dalton: Das Mischungsvo-lumen von Gasen, die unter gleichem Druck stehen und alle die gleiche Temperatur aufweisen, ist gleich der Summe der Einzelvolumina der betei-ligten Gase. Umgekehrt sind die Teildrucke (Partialdrucke) der in einem Gasgemisch enthaltenen Einzelgase proportional ihrem Volumenanteil. Für Luft der in Tabelle 11-3 benannten Zusammensetzung entfallen daher vom Normaldruck 1013,25 hPa (= 1013,25 mbar) auf Stickstoff N2 791,34 mbar, auf Sauerstoff O2 211,77 mbar, auf Kohlenstoffdioxid CO2 0,304 mbar und auf Argon Ar 9,12 mbar.

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Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen

Lösungen sind homogene Mischungen reiner Stoffe, aber umgekehrt sind nicht alle homogenen Mischungen echte Lösungen. Echte Lösungen weisen nur zum Teil die Kennzeichen ihrer Bestandteile auf, zum anderen aber auch völlig neue, emergente Eigenschaften. Löst man zum Beispiel pulver-fein gemahlenen Gips CaSO4 · 2 H2O in Wasser, dann geht die pulverför-mige Beschaffenheit und der feste Aggregatzustand des Gipses verloren. Auch erscheint er nicht mehr weiß. Das Wasser als Lösemittel erhält eben-falls neue Eigenschaften. Dichte, Wasserhärte, Leitfähigkeit, Siede- und Ge-frierpunkt sowie osmotischer Wert ändern sich, und damit ändert sich auch seine Verträglichkeit für Pflanzen.

Salz-Ionen und polare organische Verbindungen bilden beim Lösen mit den Dipol-Molekülen des Wassers Hydrathüllen. Beim Lösen von Ammo-niumchlorid NH4Cl oder Soda Na2CO3 10 H2O in Wasser ändert sich auch der pH-Wert deutlich. Beim Lösen eines Salzes kann sich auch die Tem-peratur des Wassers ändern. Löst man wasserfreies farbloses Kupfersulfat CuSO4 in Wasser, dann steigt die Temperatur, löst man aber blaues hydrati-siertes Kupfersulfathydrat CuSO4 · 5 H2O in Wasser, dann sinkt sie. Daraus ist ersichtlich, dass mit dem Lösungsvorgang auch chemisch-physikalische Vorgänge und Veränderungen wie die Hydratbildung einhergehen können.

Salze sind nicht in beliebigen Mengen in Wasser löslich. So kann man beispielsweise Gips nicht unbegrenzt in Wasser lösen. Die Löslichkeit liegt bei etwa 2,6 g L–1. Magnesiumsulfat MgSO4 ist etwa 90-mal besser in Was-ser löslich als Gips. Gips geht in Wasser jedoch rund 100-mal besser in Lö-sung als Carbonatkalk (Calciumcarbonat) CaCO3.

12.1 Kolligative Eigenschaften

Die physikochemischen Eigenschaften einer Lösung bezeichnet man als kolligativ (von lat. colligare = verbinden). Dazu gehören Dampfdruck, osmotischer Druck, die Gefrierpunkterniedrigung und die Siedepunkterhö-hung. Diese Eigenschaften sind nur von der Teilchenzahl, nicht aber von der Art der Teilchen abhängt. Für die kolligativen Eigenschaften ist nicht

12

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126 12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen

entscheidend, ob die gelösten Stoffe eine oder mehrere Ladungen tragen oder als organische Stoffe insgesamt überhaupt nicht geladen sind. Wichtig ist im Falle des idealen Verhaltens einer Substanz in einer Lösung der van’t-Hoff-Faktor und dass die gelösten Substanzen das chemische Poten-zial des Lösungsmittels verringern. In der Physikalischen Chemie bezeich-net der van’t-Hoff-Faktor i das Verhältnis der Stoffmenge eines gelösten Stoffes (= Soluts) in einer wässrigen Lösung zur Stoffmenge des ursprüng-lich zugegebenen festen Ausgangsstoffs. Der Faktor ist damit ein Maß für die Löslichkeit und somit dafür, wie gut oder vollständig sich ein Stoff in Wasser löst, und insbesondere dafür, wie viele Teilchen sich danach in Lö-sung befinden.

12.2 Solvatation

Unter Solvatation versteht man die Anlagerung von Lösemittel-Molekülen an gelöste Stoffe. Metall-Ionen bilden dabei Komplex-Ionen, die man Hy-dratkomplexe nennt. Mitunter gehen mit der Bildung von Hydratkomplexen markante Farbwechsel einher: Nur das hydratisierte Kupfer-Ion Cu2+ ist blau, nur das hydratisierte Eisen-Ion Fe3+ gelb gefärbt.

Die Empfängerflüssigkeit ist das Lösemittel (Solvens, früher üblicher-weise Lösungsmittel genannt), der hierin gelöste Stoff ist das Solut. Das fertige Gemisch wird als Lösung bezeichnet. Der gesamte Lösevorgang wird Solvatation (Solvatierung) genannt (vgl. Abb. 12-1).

Das Lösemittel ist immer diejenige Substanz, die in größerer Menge vorliegt. Zwischen dem Lösemittel und dem Solut kommt es im Allgemei-nen nicht zu einer chemischen Reaktion. Die einzelnen Komponenten des Gemisches lassen sich daher durch physikalische oder chemische Verfah-ren in ihre ursprüngliche Form zurückführen. Durch Verdampfung kann man beispielsweise aus einer Lösung sowohl das Wasser als auch das ge-löste Salz zurückgewinnen (vgl. Kapitel 14). Allerdings kann im kristallin anfallenden (= auskristallisierten) Salz ein definierter Rest des Wassers als Kristallwasser in Form der entsprechenden Hydrate erhalten bleiben wie bei CuSO4 · 5 H2O oder bei CaCl2 · 6 H2O.

Beim Ansetzen von Lösungen muss dieses in der Substanz gegebenen-falls vorhandene Kristallwasser auf jeden Fall berücksichtigt werden. So müssen demnach nicht nur 110 g CaCl2, sondern 110 g CaCl2 + 108 g H2O = 218 g CaCl2 · 6 H2O abgewogen und in 1 L Wasser gelöst werden, wenn man eine Lösung der Stoffmengenkonzentration c(CaCl2 · 6 H2O) = 1 mol L–1 ansetzen will.

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12.3 Lösemittelklassen 127

Abb. 12-1. Komponenten einer Lösung

12.3 Lösemittelklassen

Schon die Alltagserfahrung zeigt, dass sich Stoffe nicht in jeder beliebigen Substanz lösen lassen. Das erklärt unter anderem die schwimmenden Fett-augen auf der Suppe oder die Tatsache, dass man Benzin nicht mit Wasser verdünnen kann. So gibt es Lösemittel für Fette und andere für Zucker oder Salze.

Die Verbindung aus Solut und Lösemittel ergibt immer ein homogenes stabiles Gemisch. Die Kenntnis der bei der Solvatation wirkenden zwi-schenmolekularen physikalischen Anziehungskräfte ist für das Verständnis der Lösungen unerlässlich. Es handelt sich dabei um elektromagnetische Kräfte, die sich mit der Wirkung kleinster Magneten vergleichen lassen. Hervorgerufen werden diese Kräfte durch bewegte Elektronen. Die Wir-kung ist analog derjenigen von Elektromagneten. Ein Molekül ist nichts an-deres als ein Teilchen, das aus zwei oder mehreren zusammenhängenden Atomen besteht.

Aus praktischen Gründen unterscheidet man zwischen anorganischen (Wasser, Säuren, Laugen) und organischen Lösemitteln (Aceton, Chloro-form, Ethanol, Tetrachlorkohlenstoff, Benzol), die sich jeweils in ihrer Pola-rität erheblich voneinander unterscheiden (vgl. Tabelle 12-1).

Apolare Lösemittel

Ein Wasserstoffmolekül H2 oder ein Kohlenwasserstoffmolekül vom Typ des n-Hexans wird von solchen intramolekularen Kräften zusammengehal-ten. Hexan kann jedoch Fett lösen. Das heißt, es bilden sich intermolekulare

Lösemittel

Solut

Solvatation

Lösung

Solut

Lösemittel

Lösung

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128 12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen

Kräfte zwischen Hexan und Fett aus, die allerdings viel schwächer sind als die intramolekularen Kräfte, die das Molekül zusammenhalten.

Abb. 12-2. Komplette und vereinfachte Strukturformel von n-Hexan

Abbildung 12-2 zeigt die Strukturformel von n-Hexan (n steht für „nor-mal“, d.h. linear und nicht verzweigt) mit seinen 6 Kohlenstoff- und 14 Wasserstoffatomen. Die Formel kann auch in Form einer abgeflachten Zickzacklinie dargestellt werden, wobei sich die Kohlenstoffatome an den jeweiligen Umkehrpunkten befinden.

Stellt man das Molekül in Form eines Kalottenmodells dar (Abb. 12-3), lässt sich eine auffallend homogene Verteilung der Elektronen als „elektri-sche“ Ladungsträger entlang des Moleküls verstehen. Ein solches Molekül bezeichnet man als apolar oder unpolar (vgl. Tabelle 12-1).

Abb. 12-3. Kalottenmodell von n-Hexan (links) und eines längerkettigen Kohlen-wasserstoffs (rechts)

Diese besondere Struktur einer Kohlenwasserstoffkette ist mit derjenigen anderer Ketten und insbesondere mit dem molekularen Aufbau von Ölen und Fetten direkt vergleichbar. Die Viskosität steigt jeweils mit zunehmen-der Länge der Kohlenwasserstoffkette.

Polare Lösemittel

Das wichtigste polare Lösemittel ist das Wasser (vgl. Tabelle 12-1). Bei Lö-sungen in Wasser unterscheidet man je nach der Beteiligung der Ausgangs-materialien drei Typen von wässrigen Lösungen: (1) Lösungen von Gasen wie Kohlenstoffdioxid CO2, Chlorwasserstoff HCl oder Ammoniak NH3, (2) Lösungen von Flüssigkeiten wie Methanol CH3OH, Ethanol CH3CH2OH oder Essigsäure CH3COOH sowie

C

C

C

C

C

C

H H H

H H H

H H H

H H H

H

H H3C

CH3

CH2

CH2CH2

CH2

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12.3 Lösemittelklassen 129

(3) Lösungen von Feststoffen wie Kochsalz NaCl oder Gips CaSO4 in Flüs-sigkeiten.

Tabelle 12-1. Polaritätsreihe verbreiteter Lösemittel

Lösemittel relative Polarität Löslichkeit in g / 100 g H2O bei 20 °C

Wasser 100

Essigsäure 97 in jedem Verhältnis mischbar

Methanol 95 in jedem Verhältnis mischbar

Ethanol 88 in jedem Verhältnis mischbar

1-Propanol 82 in jedem Verhältnis mischbar

2-Propanol 82 in jedem Verhältnis mischbar

Ethylacetat 58 8,5

Aceton 56 in jedem Verhältnis mischbar

1,4-Dioxan 56 in jedem Verhältnis mischbar

Diethylether 38 7,8

Toluen 29 0,06

Xylen 26 < 0,02

Cyclohexan 0,04 < 0,01

Hexan 0 < 0,001

Lösemittel Wasser

Für den täglichen Gebrauch reicht die Qualität von üblichem Leitungswas-ser (Trinkwasser) aus.

Eine seiner wichtigen Kenngrößen ist der Härtegrad. Ein Grad deut-scher Härte (= 1 °dH) liegt vor, wenn 1 L Trinkwasser 7,15 mg Calcium (Ca2+) oder 4,33 mg Magnesium (Mg2+) oder 10 mg Calciumoxid (CaO) enthält. Als sehr weich gilt Wasser bei 0–4 °dH, als weich bei 4–8, mittel-hart bei 8–18 und hart bei 18–30 °dH. Die genauen Härtegrade sind eben-falls beim örtlichen Versorgungsunternehmen zu erfahren. Im Labor dient gewöhnliches Leitungswasser nur zum Vorspülen von Gefäßen.

Zum Ansetzen von Lösungen könnten die im Leitungswasser vorhande-nen Stoffe (Ionen) empfindlich stören. Daher verwendet man grundsätzlich demineralisiertes Wasser (Aqua demin.), fallweise auch als deionisiertes Wasser, vollentsalztes Wasser (VE-Wasser) oder Deionat bezeichnet. De-

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130 12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen

mineralisiertes Wasser wird meist über Ionenaustauscher gewonnen. Für die normalen laborüblichen Lösungen reicht diese Qualität aus. Mit demi-neralisiertem Wasser werden alle mit Leitungswasser gereinigten Gefäße nachgespült.

Destilliertes Wasser (Aqua destillata, kurz Aquadest) wird energieauf-wändig durch Destillation oder durch Umkehrosmose gewonnen. Es ist (weitgehend) frei von den in natürlichem Wasser als Verunreinigung enthal-tenen Ionen bzw. Spurenstoffen. In Biologie, Chemie, Medizin und Phar-mazie dient es als Lösemittel für analytisch saubere Lösungen. Die elektri-sche Leitfähigkeit liegt meist unter 5 μS/cm bei 20 °C. Falls besonders reines Wasser benötigt wird, reicht die einstufige Destillation nicht aus. In solchen Fällen verwendet man zwei- oder mehrfach destilliertes Wasser (Aqua bidestillata, A. tridestillata).

Durch Umkehrosmose, Ionenaustauscher, Aktivkohlefilter, Ultrafiltrati-on, Photooxidation und Entgasung gewonnenes Reinstwasser weist nur noch eine Leitfähigkeit von höchstens 1,1 μS/cm bei 20 °C auf. Man ver-wendet es im Wesentlichen zur Herstellung von Medikamenten und insbe-sondere von Infusionslösungen.

Lösungen von Gasen

Gase werden zum Teil sehr leicht, jedoch in unterschiedlichen Mengen von Flüssigkeiten aufgenommen. In 1 L Wasser von 0 °C werden beispielsweise 1150 mL Ammoniak NH3, dagegen nur 80 mL Schwefeldioxid SO2 und nur 20 mL Wasserstoff H2 gelöst.

Die Menge des gelösten Sauerstoffs O2 ist für aquatisch lebende Tiere sehr wichtig. Bei einem Sauerstoffgehalt der Luft von 21% sind bei atmo-sphärischem Druck und 0 °C nur etwa 14 mL Sauerstoff O2 pro Liter Was-ser 25-mal mehr Sauerstoff als in 1 L Wasser vorhanden. Zudem nimmt mit steigender Temperatur die Löslichkeit für Sauerstoff in Wasser weiter ab. Bei 15 °C sind nur noch 7 mL, bei 37 °C etwa 5 mL Sauerstoff gelöst. Für das Überleben von Tieren im Wasser muss die Konzentration von Sauer-stoff mindestens 4 mg O2 L

–1 betragen. Weil das Sauerstoffmolekül O2 nicht polar ist, löst es sich nicht im eigentlichen Sinne in Wasser, sondern wird eher in dieses eingemischt. Das ist bei kaltem Wasser wegen der schwäche-ren Molekularbewegungen besser möglich. Im Gegensatz zu den „echten“ Lösungen (s. unten) wird das gelöste Gas mit steigender Temperatur ausge-trieben, und die Konzentration nimmt ab.

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12.3 Lösemittelklassen 131

Tabelle 12-2. Temperaturabhängige Löslichkeit von Sauerstoff in Wasser

Temperatur (°C)

0 10 20 30 40 50 60 70

Löslichkeit O2

(mg L–1) 14,6 11,3 9,1 7,5 6,4 5,5 4,7 3,8

Mit steigendem Druck nehmen die Flüssigkeiten mehr Gas auf. Ein be-

kanntes Beispiel ist das Kohlenstoffdioxid CO2 in Sprudelwasser oder Sekt. Gasblasen in einer Flüssigkeit stellen keine Lösung dar.

Der englische Chemiker William Henry (1774–1836) stellte 1801 den Zusammenhang in Form des heute nach ihm benannten Henry’schen Ge-setzes dar. Danach ist die Löslichkeit S eines Gases in einer Flüssigkeit proportional zum Partialdruck des Gases:

S = kH · P [Gl. 12-1]

In dieser Gleichung steht kH für die Henry’sche Konstante und P für den Partialdruck des Gases.

Lösungen von Flüssigkeiten

Manche Flüssigkeiten lassen sich sehr leicht vermischen (z.B. Aceton oder Ethanol mit Wasser). Andere Flüssigkeiten sind mit Wasser jedoch nur be-grenzt bzw. überhaupt nicht mischbar, z.B. Paraffinöl, Benzin oder Chloro-form CHCl3. Wenn sich eine Flüssigkeit mit einer zweiten nicht mischt, kann sie dennoch in Form feinster Tröpfchen darin verteilt werden. Diese scheiden sich nach ihrer Dichte allmählich wieder ab. Solche Mischsysteme (flüs-sig/flüssig) nennt man Emulsionen. Eine bekannte Emulsion ist die Milch.

Lösungen von Feststoffen

Wenn Feststoffe mit Flüssigkeiten in Verbindung kommen, sind je nach der Größe und den Lösungseigenschaften der beteiligten Teilchen ver-schiedene Fälle zu unterscheiden. Enthält die aufnehmende Flüssigkeit die Feststoffe in Form feiner Körnchen (Partikeln), die oft noch mit bloßem Auge erkennbar sind, spricht man von Aufschwemmung oder Suspension. Sie kann etwa mithilfe von Filtrierpapier in ihre festen und flüssigen Aus-gangsbestandteile getrennt werden. Kolloidale Lösungen enthalten den „gelösten“ Stoff dagegen in Form feiner schwebender Partikeln, die mit bloßem Auge und selbst unter dem Lichtmikroskop nicht wahrgenommen werden können. Die Teilchengröße dieser Makromoleküle liegt zwischen 1 und 100 nm (1 nm = 10–9 m) und damit unterhalb der Wellenlängen des

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132 12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen

sichtbaren Lichtes. Die Kolloidnatur solcher Lösungen ist u.a. durch Licht-streuung (Faraday-Tyndall-Phänomen) nachweisbar (Abb. 12-4):

Abb. 12-4. Lichtdurchgang durch eine echte (links) und eine kolloidale (rechts) Lösung (Faraday-Tyndall-Phänomen)

Kolloide werden aus ihren Lösungen durch Fällung (Präzipitation) oder Ausflockung (Koagulation) abgeschieden. Kolloidale Lösungen sind bei-spielsweise Protein-Lösungen oder andere Lösungen von Makromolekülen wie Kaffee oder Tee. Auch die Grundflüssigkeit von lebenden Zellen, das Cytosol, stellt eine solche kolloidale Lösung dar. Die Trennung von kolloida-len und echten Lösungen erfolgt mithilfe der Dialyse, wobei nur die kolloida-len Teilchen (Makromoleküle) die Membran des Dialysators nicht durchdrin-gen. Suspensionen und kolloidale Lösungen sind keine „echten Lösungen“. Bei echten Lösungen (Salz- oder Zucker-Lösungen) sind die gelösten Teil-chen sehr klein. Sie liegen in Form einzelner Ionen oder Moleküle vor.

Die maximal in einem bestimmten Volumen Lösemittel lösliche Sub-stanzmenge ist stoffabhängig verschieden. Bei Raumtemperatur lösen sich in 100 mL Wasser beispielsweise 0,26 g CaSO4 · 2 H2O (Gips), 16,8 g Na2SO4 (Natriumsulfat), 35,5 g NaCl (Kochsalz) oder 116,4 g NaOH (Natriumhydroxid). Die Löslichkeitszahl bezeichnet diejenige Menge eines zu lösenden Stoffes in Gramm, die mit 100 mL Wasser von 18 °C eine ge-sättigte Lösung ergibt. Bei einer gesättigten Lösung kann das Lösemittel nichts mehr von dem zu lösenden Stoff aufnehmen.

12.4 Mengen- und Konzentrationsangaben

Für den praktischen Umgang mit Lösungen sind in der Chemie und Physio-logie verschiedene standardisierte Konzentrationsangaben festgelegt wor-den, die nebeneinander in Gebrauch sind. Fallweise finden sich in der Lite-ratur noch die hier ebenfalls berücksichtigten älteren Maßangaben (vgl. Tabelle 12-3):

Lichtquelle

Lochblende

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12.4 Mengen- und Konzentrationsangaben 133

Tabelle 12-3. Vergleich aktueller und früherer Konzentrationsangaben

Angabe Abkürzung/ Einheit

Definition Frühere Bezeichnung

Gewichts- prozent

Gew% g gelöster Stoff in 100 g Lösung

Masseprozent

Volumen- prozent

Vol% mL gelöste Flüssigkeit in 100 mL Lösung

Stoffmengen- konzentration

c (mol L–1) Molekülmasse in g in 1 L Lösung

Molarität 1 M

Äquivalent- konzentration

c (mol L–1) molare Masse des Äqui-valents in g in 1 L Lösung

Normalität 1 N = 1 Val L–1

Molalität mol kg–1 Stoffmenge in mol in 1 kg Lösemittel

Gelegentlich findet man in Versuchsvorschriften als Konzentrationsanga-ben – vor allem bei Hinweisen für Verdünnungen – auch bestimmte Ver-hältniszahlen wie 1 : 10 oder 1 : 1000 sowie statt der %- und ‰-Angaben bei sehr kleinen Stoffmengen die aus dem angloamerikanischen stammen-den Kürzel ppm (= parts per million : 1 Teil auf 106 Teile) sowie ppb (parts per billion: 1 Teil auf 109 Teile; Vorsicht: 1 billion bedeutet im ang-loamerikanischen Sprachgebrauch tatsächlich nur 109 und nicht wie in der deutschen Lesart 1012).

Gewichtsprozent

Das Gewichtsprozent, abgekürzt Gew% und früher auch Masseprozent ge-nannt, gibt die Anzahl Gramm eines gelösten Stoffes in 100 g Lösung an. Diese Beziehung wird zur Konzentrationsangabe von Lösungen fester Stof-fe verwendet, im internationalen Sprachgebrauch verdeutlicht mit der An-gabe weight/weight bzw. abgekürzt w/w.

Beispiel Eine 10%ige NaCl-Lösung enthält 10 g Kochsalz in 100 g Lösungs-flüssigkeit.

Praxis Zum Ansetzen dieser Lösung stellt man einen 1-L-Plastikmesszylinder auf eine Laborwaage, gibt 10 g Kochsalz NaCl dazu und ergänzt mit destilliertem Wasser auf 100 g Gesamtmasse.

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134 12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen

Tabelle 12-4. Umformung von Konzentrationsangaben

Verhältnis Prozent g 100 mL–1

Promille g L–1

mg mL–1

ppm mg kg–1

ppb Faktor

1 : 10 1 : 20 1 : 50

1 : 100 1 : 200 1 : 500

1 : 1 000 1 : 2 000 1 : 5 000

1 : 10 000 1 : 20 000 1 : 50 000

1 : 100 000 1 : 200 000 1 : 500 000

1 : 1 Mio 1 : 2 Mio 1 : 5 Mio

1 : 10 Mio 1 : 20 Mio 1 : 50 Mio

1 : 100 Mio 1 : 200 Mio 1 : 500 Mio

1 : 1 Mrd

10 5 2

1 0,5 0,2

0,1 0,05 0,02

0,01 0,005 0,002

0,001 0,000 5 0,000 2

0,000 1 0,000 05 0,000 02

0,000 01 0,000 005 0,000 002

0,000 001 0,000 000 5 0,000 000 2

0,000 000 1

100 50 20

10 5 2

1 0,5 0,2

0,1 0,05 0,02

0,01 0,005 0,002

0,001 0,000 5 0,000 2

0,000 1 0,000 05 0,000 02

0,000 01 0,000 005 0,000 002

0,000 001

100 000 50 000 20 000

10 000 5 000 2 000

1 000 500 200

100 50 20

10 5 2

1 0,5 0,2

0,1 0,05 0,02

0,01 0,005 0,002

0,001

1 × 108 5 × 107 2 × 107

1 × 107 5 × 106 2 × 106

1 × 106 5 × 105 2 × 105

1 × 105 5 × 104 2 × 104

1 × 104 5 000 2 000

1000 500 200

100 50 20

10 5 2

1

1 × 10–1 5 × 10–2 2 × 10–2

1 × 10–2 5 × 10–3 2 × 10–3

1 × 10–3 5 × 10–4 2 × 10–4

1 × 10–4 5 × 10–5 2 × 10–5

1 × 10–5 5 × 10–6 2 × 10–6

1 × 10–6 5 × 10–7 2 × 10–7

1 × 10–7 5 × 10–8 2 × 10–8

1 × 10–8 5 × 10–9 2 × 10–9

1 × 10–9

Anstelle der Angabe Gewichtsprozent oder Masseprozent hat man den

Begriff Massenanteil eingeführt. Eine Schwefelsäure hat den Massenanteil 10%, wenn sie 10 g H2SO4 und 90 g H2O in 100 g Lösung enthält.

Volumenprozent

Mit Volumenprozent, abgekürzt Vol%, gibt man den Volumenanteil eines reinen Stoffes in 100 Volumenanteilen der jeweiligen Lösung an. Diese

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12.4 Mengen- und Konzentrationsangaben 135

Bezeichnung wird oft zur Konzentrationsangabe von Lösungen flüssiger Stoffe verwendet (im internationalen Sprachgebrauch volume/volume, v/v).

Zu beachten ist: Wenn lediglich Prozentangaben vorliegen, ist immer das

Masseprozent und damit der Massenanteil (Gewichtsprozent) gemeint!

Stoffmengenangaben

Die gesetzlich vorgeschriebene SI-Einheit der Stoffmenge ist das Mol (Ein-heitenzeichen: mol). Eine 1 mol L–1 (früher 1 M) Lösung (sprich: „einmola-re Lösung“) enthält in 1 L Lösung genau 1 mol des gelösten Stoffes. Ein Mol sind dabei so viele Gramm des aufzulösenden Stoffes, wie seine relati-ve Molekülmasse angibt (Molekülmasse in g = molare Masse). Die Molekülmasse (früher Molekulargewicht genannt) ergibt sich aus der Summe der im Molekül oder in der Formeleinheit (etwa beim NaCl) vor-handenen relativen Atommassen oder Ionenmassen.

Stoffmengenkonzentration (Molarität)

Die Stoffmengenkonzentration c (früher Molarität) einer Lösung gibt an, wie viel Mal die Einheit der Stoffmenge 1 mol des gelösten Stoffes in 1 L Lösung enthalten ist. Sie ist demnach immer eine Konzentrationsangabe, während das Mol nur die Stoffmenge und damit die Masse angibt.

Beispiel 45 Vol%iges Ethanol enthält 45 mL reinen Alkohol in 100 mL Flüs-sigkeit, also in 100 mL Lösung.

Praxis Man füllt 45 mL reines Ethanol in einen 100 mL-Messkolben und füllt mit destilliertem Wasser auf 100 mL (bis zur Eichmarke). Würde man nur 55 mL Wasser hinzufügen, kämen keine 100 mL, sondern wegen der Volumenkontraktion deutlich weniger zustande.

Beispiel Die Molekülmasse von CO2 ist 44, weil 12 (Kohlenstoff) und 2 × 16 = 32 (Sauerstoff) 44 ergibt.

Beispiel Die Stoffmengenkonzentration ist c(NaCl) = 0,1 mol L–1.

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136 12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen

Für eine 0,1 molare (1 M) Kochsalz-Lösung, die in 1 L Lösung 0,1 mol NaCl oder 5,846 g NaCl enthält, gibt man die Stoffmengenkonzentration heute folgendermaßen an:

Bei sehr kleinen Konzentrationen verwendet man zur Vermeidung un-übersichtlicher Kommastellen für die mol-Angabe grundsätzlich die übli-chen dezimalen Bruchteile, also beispielsweise 1 mmol L–1 (für 0,001 mol L–1) oder 1 μmol L–1 für 0,000 001 mol = 10–3 mmol L–1 (vgl. Kapitel 13).

Äquivalentkonzentration (Normalität)

Die Äquivalentkonzentration (früher Normalität) gibt an, wie viel Mal die molare Masse eines Äquivalents (früher 1 Grammäquivalent oder 1 Val, vgl. Tabelle 12-5) des gelösten Stoffes in 1 L Lösung enthalten sind. Man erhält die molare Masse eines Äquivalents von einer Säure oder einer Base, indem man die molare Masse (also die Molekülmasse in Gramm) durch die Anzahl der ersetzbaren H+- bzw. OH–-Ionen dividiert.

Diese Angaben sind für den unmittelbaren Vergleich von Säuren und Basen bzw. von Oxidations- und Reduktionsmitteln unterschiedlicher Wertigkeit besonders wichtig. Bei Redox-Reaktionen dividiert man durch die Anzahl der abgegebenen bzw. aufgenommenen Elektronen.

Die Äquivalentkonzentration oder Normalität gibt somit immer äqui-valente oder gleichwertige Konzentrationen in mol L–1 an, die molare Masse des Äquivalents hingegen nur die äquivalente Stoffmenge in Gramm (Tabelle 12-5). Es gilt also: 1 Äquivalent (Grammäquivalent) Säu-re neutralisiert 1 Äquivalent (Grammäquivalent) Base, 1 Äquivalent (Grammäquivalent) Oxidationsmittel oxidiert 1 Äquivalent (Grammäquiva-lent) Reduktionsmittel.

Die Beschränkung auf die heute übliche SI-Einheit mol für die Stoff-menge und mol L–1 für die Stoffmengen- und Äquivalentkonzentration

Beispiel Eine 1 mol L–1 (1 M) Glucose-Lösung enthält in 1 L Lösung die Stoff-menge 180 g (1 mol) Glucose, da die Molekülmasse der Glucose 180 beträgt.

Beispiel Die Äquivalentkonzentration einer Schwefelsäure der Konzentration c(H2SO4) = 1 mol L–1 beträgt 2 mol L–1.

Die molare Masse des Äquivalents dieser H2SO4 beträgt (2 + 32 + 4 × 16) : 2 = 49.

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12.4 Mengen- und Konzentrationsangaben 137

kann einiges vereinfachen und lässt einiges überflüssig erscheinen. Für die-selbe Lösung kann man sowohl die Stoffmengenkonzentration als auch die Äquivalentkonzentration angeben.

Tabelle 12-5. Stoffmengenkonzentration und Äquivalentkonzentration

Stoffmengenkonzentration (mol L–1) Äquivalentkonzentration c (mol L–1)

c(H2SO4) 0,1 c(1/2 H2SO4) 0,2

c(Ca(OH)2) 0,1 c(1/2 Ca(OH)2) 0,2

c(SO2) 0,1 c(1/2 SO2) 0,2

c(KMnO4) 0,1 c(1/5 KMnO4) 0,5

Verzichtet man jedoch auf die Begriffe Molarität und Normalität sowie auf die kurzen Schreibweisen 1 M und 1 N, muss man stets angeben, ob man mit mol L–1 die Stoffmengenkonzentration oder die Äquivalentkonzentrati-on bezeichnet. Die traditionellen Begriffe, Schreibweisen und Bezeichnun-gen (Molarität, Normalität) sind nicht nur von historischer, sondern wegen der Kürze, Klarheit und Eindeutigkeit auch von didaktischer und praktischer Bedeutung.

Molalität

Die Molalität gibt die Stoffmenge in mol in 1 kg Lösemittel an. Die übliche SI-Einheit ist mol kg–1. Bei verdünnten wässrigen Lösungen kann man Mo-larität und Molalität praktisch gleichsetzen. Diesem Konzentrationsmaß kommt jedoch viel geringere Bedeutung zu als der Stoffmengenkonzentrati-on (Molarität). Allerdings hat die Molalität gegenüber der Stoffmengenkon-zentration (Molarität) den Vorteil, dass sie unabhängig von thermisch be-dingten Volumenänderungen ist.

Osmolalität und Osmolarität

Im physiologischen Kontext ist oft die Menge osmotisch wirksamer Teil-chen in einer Lösung von Belang. Die Osmolalität bezeichnet die Konzent-ration von Teilchen analog der Molalität bezogen auf das Gewicht der betreffenden Lösung. Die Einheit der Osmolalität ist osmol kg–1.

Beispiel Eine Schwefelsäure der Molalität 0,1 mol kg–1 enthält 0,1 mol H2SO4 in 1 kg Wasser gelöst.

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138 12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen

Die Osmolarität benennt die Konzentration osmotisch wirksamer Teilchen bezogen auf das Volumen einer gegebenen Lösung. Die Einheit ist analog zur Molarität osmol L–1.

Mischungskreuz Die Verwendung des Mischungskreuzes gestattet es, auf besonders einfache Weise die Mengenanteile von Ausgangsstoffen zu berechnen, die man zum Erreichen einer gesuchten Konzentration mischen muss, wie die folgende Aufgabe zeigt: Aus 96 Vol%igem Ethanol soll durch Verdünnen mit Wasser 70 Vol%iges Ethanol hergestellt werden (s. Abb. 12-5).

Zur Problemlösung schreibt man auf die linke Seite untereinander die je-weiligen Ausgangskonzentrationen (96 und 0), rechts daneben die gesuchte Konzentration. In Pfeilrichtung werden die Differenzen gebildet. Die erhal-tenen Zahlen geben die Mengen an, die miteinander zu mischen sind:

Ausgangs- konzentration

benötigte Konzentration

zu mischen sind

Abb. 12-5. Anwendung des Mischungskreuzes

70 Volumenanteile 96%iges Ethanol müssen also mit 26 Volumenantei-len Wasser gemischt werden, damit ein 70%iger Alkohol entsteht. Somit werden 70 mL 96%iges Ethanol mit 26 mL Wasser gemischt und ergeben 96 mL 70%igen Alkohol. Auch hierbei bleibt die Volumenkontraktion des Ethanol-Wasser-Gemisch unberücksichtigt.

70 Volumenteile Ethanol

26 Volumenteile Wasser

96% 0%

70%

Beispiel Die Osmolalität einer Glucose-Lösung der Konzentration c(Glucose) = 0,1 mol L–1 beträgt 0,1 osmol kg-1 Lösung, die Osmolarität 0,1 osmol L–1.

Die Osmolalität einer NaCl-Lösung der Konzentration c(NaCl) = 1 mol L–1 beträgt 2 osmol kg–1 Lösung, die Osmolarität 2 osmol L–1, weil NaCl in wässriger Lösung in zwei Ionen Na+ und Cl– dissoziiert.

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12.4 Mengen- und Konzentrationsangaben 139

Verdünnen von Lösungen

In der Laborpraxis stellt sich häufig das Problem, von einer vorhandenen Ausgangs- oder Stammlösung durch Verdünnen eine Lösung definierter ge-ringerer Konzentration herstellen zu müssen. Da wählt man für den norma-len Routinelaborgebrauch je nach benötigter Endkonzentration den Weg ei-ner geometrischen oder einer logarithmischen Verdünnungsreihe (Abb. 12-6 und 12-7).

Geometrische Verdünnungsreihe

Verdünnungsfaktor

1:2 1:2 1:2 1:2 1:2

Zu mischende Menge Lösung + H2O

1+1 1+1 1+1 1+1 etc.

Ausgangs- lösung

Konzentration in Bezug auf die Ausgangslösung

Abb. 12-6. Vorgehen beim Ansetzen einer geometrischen Verdünnungsreihe

Bei einer geometrischen Verdünnungreihe, die jeweils die halbe Konzent-ration der vorangehenden Ausgangslösung aufweisen soll (beispielsweise 1 : 2, 1 : 4 usw.), gibt man jeweils die gleiche Menge Stammlösung und Lö-semittel zusammen. Bei einer logarithmischen Verdünnungsreihe mit den Konzentrationen 1 : 10, 1: 100 usw. arbeitet man dagegen mit Zehnerpo-tenzschritten.

Für extrem genau einzustellende Lösungen sehr geringer Endkonzentrati-on, wie sie beispielsweise als Eichlösungen in der Spurenelementanalytik oder für Versuche mit Hormonen benötigt werden, ist der in den Abb. 12-6 sowie 12-7 bezeichnete Weg meist zu ungenau. In diesem Fall wählt man als Gefäße zum Ansetzen eine Anzahl Messkolben der passenden Nennvo-lumina und setzt eine Verdünnungsreihe entsprechend Abb. 12-8 an.

1/21 1/4 1/8 1/16

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140 12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen

Logarithmische Verdünnungsreihe

Verdünnungsfaktor

1:10 1:10 1:10 1:10 1:10

Zu mischende Menge Lösung + H2O

1+9 1+9 1+9 1+9 etc.

1 0,1 0,01 0,001 0,0001

Ausgangs- lösung

Konzentration in Bezug auf die Ausgangslösung

Abb. 12-7. Vorgehen beim Ansetzen einer logarithmischen Verdünnungsreihe

Die Verdünnung entspricht im gewählten Beispiel von Abb. 12-8 dem Ver-hältnis 1 : 1000 (Ansatz: ad 1000 mL). Auf diese Weise sind auch Endkon-zentrationen bis 10–9 mol L–1 und darunter zuverlässig zu erreichen.

Abb. 12-8. Ansetzen exakt eingestellter Lösungen niedrigster Konzentration

Ausgangskonzentrationc = 1 mol L–1

1 mL

auffüllen ad 1000 mL

1 mL

auffüllen ad 1000 mL

Zwischenkonzentrationc = 10-3 mol L–1

Endkonzentrationc = 10-6 mol L–1

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12.5 Das Avogadro’sche Gesetz 141

12.5 Das Avogadro’sche Gesetz

Bei Versuchen mit biologischen Systemen (beispielsweise der Bestimmung von Atmungs- bzw. Photosyntheseraten) müssen häufig Konzentrationsbe-rechnungen der beteiligten Gase (O2, CO2) durchgeführt werden. Dabei ist das Gesetz von Avogadro von Bedeutung (nach dem italienischen Physi-kochemiker Lorenzo Avogadro, 1776–1856). Es besagt, dass 1 mol eines beliebigen Gases bei gleichem Druck und gleicher Temperatur immer das gleiche Volumen einnimmt. Unter Normalbedingungen nimmt 1 mol eines Gases immer das gleiche Mol-Volumen von 22,425 L ein.

Gleiche Volumina aller Gase enthalten bei gleichem Druck und gleicher Temperatur auch immer die gleiche Anzahl von Molekülen (international Avogadro’sche Zahl bzw. Avogadro’sche Konstante NA = 6,0220943 × 1023 Teilchen; meist vereinfacht auf 6,022 × 1023; in Deutschland gelegentlich auch Loschmidt’sche Zahl genannt).

Entsprechend sind in 1 L Wasser (= 1000 mL, in etwa = 1000 g; vgl. Ka-pitel 13) bei einer relativen Molekülmasse von 18 für Wasser und bei einer molaren Masse M(H2O) = 18 g mol–1 (1 mol H2O hat die Masse 18 g) im-mer 1000 : 18 = 55,5 mol Wasser enthalten.

Das Avogadro’sche Gesetz hat große Bedeutung für die Naturwissen-

schaften. Bereits durch einen einfachen Volumenvergleich kann man mit Hilfe dieses Gesetzes beweisen, dass eine Reihe bedeutsamer Gase (N2, O2, Cl2, H2) als Verbindungen zweier gleichartiger Atome vorliegen (biatomarer Charakter).

Da der Gesamtraum, den die Gase einnehmen, sich bei entsprechenden Experimenten nicht ändert, muss auch die Zahl der Moleküle vor und nach dem Versuch dieselbe sein. Das ist nur möglich, wenn die Chlor- und die Wasserstoffmoleküle sich bei der Reaktion in zwei Hälften teilen und jede Hälfte eines Wasserstoffmoleküls sich mit einer Hälfte eines Chlormoleküls zu Chlorwasserstoffmolekülen verbindet. Wären die Gase dagegen ein-atomig, müsste sich das Volumen bei der Vereinigung von jeweils zwei Atomen halbieren, weil hierdurch auch die Teilchenzahl nur halb so groß wäre wie vor der Reaktion.

Beispiel In 1 L eines Gases sind immer 1 mol : 22,425 L = 0,0446 mol L–1 = 44,6 mmol L–1 Gasmoleküle enthalten.

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142 12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen

12.6 Errechnen von Anteilen und Konzentrationen

Wie die obige Darstellung zeigt, gibt es mehrere Möglichkeiten, die Menge eines gelösten Stoffes im Lösemittel anzugeben, nämlich • Massenanteil w • Volumenanteil φ • Massenkonzentration β • Volumenkonzentration σ sowie • Stoffmengenkonzentration c.

Will man den Anteil angeben, so verwendet man immer einen Quotienten gleicher Größen wie Masse oder Volumen. Bei Konzentrationsangaben wird die Menge des gelösten Stoffes auf das Volumen der Flüssigkeit bezogen. Nur formelmäßige Angaben sind gültig. Der gelöste Stoff wird immer in ei-ner Klammer angegeben wie im folgenden Beispiel:

w(Na2SO4) = 10% oder

β(NaCl) = 30 g L–1

[Gl. 12-2]

Berechnung des Massenanteils

Unter dem Massenanteil w versteht man den Quotienten aus der Masse mx

des gelösten Stoffes und der Gesamtmasse mL der Lösung.

w(x) = x

L

mm

[Gl. 12-3]

Die Summe aus der Masse des gelösten Stoffes mx und der Masse des

Lösemittels mLM, ergibt die Masse der Lösung mL. Es gilt somit:

mL = mx + mLM [Gl. 12-4]

Die Einheit des Massenanteils ist g/g. Oft wird der Massenanteil w jedoch in % angegeben. Dazu multipliziert man mit 100%:

w(x) x

L

mm

= ⋅ 100% x

L LM

mm + m

= ⋅100% [Gl. 12-5]

• Beispielaufgabe 1: Wie groß ist der Massenanteil einer Kochsalz-Lösung, wenn 35 g Natrium-chlorid NaCl in 1000 g Wasser gelöst werden?

Aufgabenlösung: Die Masse der Lösung mL errechnet sich zu

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12.6 Errechnen von Anteilen und Konzentrationen 143

mL = mx + mLM = 35g + 1000 g = 1035 g [Gl. 12-6]

der Massenanteil w(x) nach:

w(x) = x

L

mm

⋅ 100% w(NaCl) = 35 g

1035 g⋅ 100% = 3,4% [Gl. 12-7]

So könnte man z.B. näherungsweise künstliches Meerwasser herstellen, wenn es darin nur auf das Natriumchlorid NaCl ankäme.

• Beispielaufgabe 2: Wie viele Gramm Kaliumsulfat K2SO4 und wie viele Gramm Wasser müs-sen abgewogen und gemischt werden, wenn man 500 g Kaliumsulfatlösung mit einem Masseanteil w(K2SO4) von 10% erhalten will?

Aufgabenlösung: Es gilt

10% = xm500 g

⋅ 100%, [Gl. 12-8]

Die Masse mx des gelösten Stoffes wird

mx = 10%100%

⋅ 500 g = 50 g [Gl. 12-9]

Die Masse des Lösemittels mLM ergibt sich aus mL = mx + mLM und mLM = mL

_ mx zu

mLM = 500g _ 50g = 450 g [Gl. 12-10]

Wenn man also 50 g Kaliumsulfat K2SO4 in 450 g Wasser löst, erhält man eine 10%ige Lösung.

• Beispielaufgabe 3: Wie viele Gramm Wasser braucht man, wenn man 100 g Kaliumchlorid KCl hat und eine Lösung von 12% ansetzen will?

Aufgabenlösung: Durch Einsetzen in die Formel

w(x) = x

L

mm

= x

L LM

mm + m

[Gl. 12-11]

erhält man

12% = LM

100 g100 g m

⋅+

100% [Gl. 12-12]

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144 12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen

und

12% . (100g + mLM) = 100 g . 100% [Gl. 12-13]

12% . 100 g + 12% . mLM = 10 000 g% [Gl. 12-14]

mLM = 10000 g% 1200 g%

12%−

= 8800g: 12 = 733,3 g [Gl. 12-15]

Man muss also die 100 g Kaliumchlorid KCl mit 733,3 g Wasser lösen.

Berechnung des Volumenanteils

Unter dem Volumenanteil φ versteht man bei Mischungen von Flüssigkei-ten den Quotienten aus dem Volumen Vx eines Stoffes und der Summe aus Vx und Vy der an der Mischung beteiligten Stoffe vor dem Mischen.

Das ist wichtig, weil die Volumenkontraktion (= Volumenschwund) unberücksichtigt bleibt. Darunter versteht man die Tatsache, dass zwei Vo-lumina sich beim Mischen nicht genau addieren, sondern ein geringeres Volumen ergeben, als es der Summe beider gemischter Volumina ent-spräche.

Wenn man zum Beispiel einen Liter Wasser und einen Liter Ethanol mischt, erhält man nicht 2 L oder 2000 mL Alkohol-Wasser-Gemisch son-dern nur 1850 mL. Die Differenz von 150 mL Volumen sind beim Mischen verschwunden.

Als Modellversuch kann man einen Liter Sand mit einem Liter Kiesel-steinen mischen. Weil der Sand die Zwischenräume zwischen den Steinen füllt, geht dieser Sandanteil für die Volumenmessung verloren, so dass sich das Gesamtvolumen aus Sand und Kies nicht additiv aus der Summe der Volumina des eingesetzten Sandes und Kieses ergibt, sondern deutlich nied-riger liegt. Der Volumenanteil φ berücksichtigt nicht die Volumen-kontraktion:

φ(X) = x

x y

VV V

⋅+

100% [Gl. 12-16]

• Beispielaufgabe 4: Wie groß ist der Volumenanteil φ für Ethanol, wenn man 100 mL Ethanol und 200 mL Wasser mischt?

Aufgabenlösung:

φ(Et) = Et

Et Wasser

VV V

⋅+

100% [Gl. 12-17]

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12.6 Errechnen von Anteilen und Konzentrationen 145

φ(Et) = 100 mL

100 mL + 200 mL. 100% = 33,3% [Gl. 12-18]

Berechnung der Massenkonzentration

Unter der Massenkonzentration β versteht man den Quotienten aus der Masse mx und dem Volumen V der Lösung. In der Praxis wird meistens die Einheit g L–1 verwendet. Oft wird aber auch auf 100 mL statt auf einen Liter bezogen. Dann wird die Massenkonzentration in der Einheit g/100 mL an-gegeben. In jedem Fall gilt aber:

β(X) = xmV

[Gl. 12-19]

Berechnung der Volumenkonzentration

Unter Volumenkonzentration versteht man den Quotienten aus dem Vo-lumen der zu mischenden Flüssigkeit und dem Volumen V der Mischung nach dem Mischvorgang.

Die Volumenkontraktion wird hier also berücksichtigt. Man muss des-halb unter den Angaben Volumenanteil und Volumenkonzentration gut unterscheiden. Die Volumenkonzentration wird üblicherweise in mL/L bzw. mL L–1 oder cm3 L–1 angegeben. Für die Volumenkonzentration gilt:

σ (X) = xVV

[Gl. 12-20]

• Beispielaufgabe 5: Wie groß sind der Volumenanteil und die Volumenkonzentration an Etha-nol, wenn 1 L Wasser mit 1 L Ethanol gemischt werden und 1850 mL Mi-schungsvolumen entsteht?

Aufgabenlösung: Der Volumenanteil lässt sich berechnen nach

φ(Et) = 1000 mL

1000 mL + 1000 mL⋅100% = 50% [Gl. 12-21]

Die Volumenkonzentration berechnet sich nach

σ (X) = xVV

= 1000 mL

1,85 L = 541 mL/L oder 541 mL L–1

[Gl. 12-22]

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146 12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen

Berechnung der Stoffmengenkonzentration

Unter der Stoffmengenkonzentration c(x) versteht man den Quotienten aus der Stoffmenge nx und dem Volumen V der Lösung.

c(x) =· xnV

[Gl. 12-22]

Die alte Bezeichnung für die Stoffmengenkonzentration ist Molarität. Sie wird durch die heute geltende Konzentrationsangabe „Stoffmengenkonzent-ration“ abgelöst (vgl. Kapitel 12.4).

Die Stoffmenge nx ist der Quotient aus der Masse mx und seiner molaren Masse Mx:

nx = x

x

mM

[Gl. 12-23]

• Beispielaufgabe 6: Wie viele Gramm Natriumchlorid braucht man, wenn 5 L einer Kochsalz-lösung der Konzentration c(NaCl) = 0,5 mol L–1 hergestellt werden sollen?

Aufgabenlösung: Es gilt

c(x) = xnV

und nx = c(x) . V [Gl. 12-24]

n(NaCl) = 0,5 mol L–1 · 5 L = 2,5 mol [Gl. 12-25]

Die molare Masse von NaCl beträgt M(NaCl) = 58,5 g mol–1.

Aus nx = [Gl. 12-26]

oder

mx = nx . Mx = n(NaCl) . Mx = 2,5 mol · 58,5 g mol–1 [Gl. 12-27]

ergeben sich 146 g NaCl. Löst man also 146 g Kochsalz in 5 L Gesamtvolumen, erhält man eine

Kochsalzlösung der Stoffmengenkonzentration c(NaCl) = 0,5 mol L–1.

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Stoffe trennen

In der Natur kommen die Stoffe selten als Reinsubstanzen vor. Vielmehr bilden sie durch Vermischung homogene oder heterogene Systeme. Sub-stanzen, die man mit physikalischen Trennmethoden wieder in ihre Aus-gangsstoffe (Komponenten) trennen kann, nennt man Gemische (Tabel-le 13-1). Sie können homogen (einphasig) oder heterogen (mehrphasig) sein:

Tabelle 13-1. Stoffmischungen verschiedener Aggregatzustände

System Komponenten Zustand Typ Beispiel

homogen Legierung Glas fest/fest

heterogen Gemenge Gartenerde

homogen Gel Trenngel flüssig/fest

heterogen Teig Paste

fest

gasförmig/fest heterogen Hartschaum Siedestein

homogen Lösung Honig flüssig/fest

heterogen Suspension Schlamm

homogen Lösung Ethanol in Wasser flüssig/flüssig

heterogen Emulsion Milch

homogen Lösung Salzsäure

flüssig

gasförmig/flüssig

heterogen Schaum Sahne

fest/gasförmig heterogen Aerosol Rauch

flüssig/gasförmig heterogen Aerosol Nebel

gasförmig

gasförmig/gasförmig homogen Gasgemisch Luft Bei homogenen Gemischen lassen sich die Bestandteile auch bei mikrosko-pischer Analyse nicht erkennen. Heterogene Gemische sind dagegen fall-weise schon mit dem bloßen Auge als solche erkennbar. Sofern eine Stoff-trennung mit physikalischen Methoden nicht möglich ist, spricht man von reinen Stoffen, die grundsätzlich einphasig sind.

13

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148 13 Stoffe trennen

Die schon lange tradierte lateinische Sentenz „Corpora non agunt nisi so-luta“ (die Stoffe reagieren nur, wenn sie gelöst sind) gilt streng genommen nur im physiologisch-biochemischen Kontext. Im Labor und in der Natur sind chemische Reaktionen beispielsweise auch zwischen Feststoffen, zwi-schen Feststoffen und zwischen Gasen untereinander möglich. Zu den Rou-tineaufgaben im Labor gehört es, Stoffe aus Gemengen und/oder Gemischen für analytische oder präparative Zwecke zu entfernen oder in hochreiner Form zu isolieren. Für solche Stofftrennungen sind zahlreiche Verfahren entwickelt worden, von denen dieses Kapitel nur einige Basistechniken auswahlweise vorstellen kann. Einen orientierenden Überblick über die ver-schiedenen Verfahren bietet die nachfolgende Tabelle 13-2:

Tabelle 13-2. Trennverfahren in Chemie und Biochemie (Auswahl)

Ausgangsgemisch optionales Trennverfahren behandelt in

(fraktionierte) Fällung Kapitel 13.1

Abdampfen / Einengen Kapitel 13.1

Gel-Filtration

Chromatographie Kapitel 15

Elektrophorese Kapitel 15

Vakuumdestillation Kapitel 13.3

Gefriertrocknung Kapitel 13.1

gelöste Feststoffe

Kristallisieren

Filtration Kapitel 13.2 suspendierte Feststoffe

Zentrifugation Kapitel 14

(fraktionierte) Destillation Kapitel 13.3

Ausschütteln Kapitel 13.4

Lösemittelgemische

Ausfrieren

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13.1 Fällung 149

13.1 Fällung

Die Fällung, fallweise auch Ausfällung, Ausflockung, Koagulation oder Präzipitation genannt, hat die Überführung eines gelösten Stoffes in eine möglichst schwerlösliche Verbindung zum Ziel: Die Lösung wird dabei mit einer geeigneten Reagenzlösung (Fällungsreagenz) im leichten Über-schuss so versetzt, dass eine quantitative Entfernung der zu gewinnenden Substanz aus der Lösung erfolgt. Die ausgefällte Substanz nennt man Nie-derschlag oder Präzipitat. Fällungsreaktionen gelingen nicht mit allen Stof-fen. Sie sind im Allgemeinen möglich mit Ionen, die neben leicht- auch schwerlösliche Verbindungen eingehen. Ein Beispiel ist die Fällung von Sulfat-Ionen SO4

2– aus einer Lösung von Natriumsulfat Na2SO4 mithilfe von Bariumchlorid BaCl2:

2 Na+ + SO42– + Ba2+ + 2 Cl– → BaSO4 ↓ + [2 NaCl] [Gl. 13-1]

Mit dem senkrecht nach unten weisenden Pfeil ↓ in Gleichung 13-1 deu-tet man in Reaktionsgleichungen an, dass die so markierte Verbindung den Niederschlag bzw. das Präzipitat liefert, während die übrigen aufgeführten Komponenten in Lösung bleiben.

Für anschließende quantitative Bestimmungen wird der Niederschlag durch Filtration (Kapitel 13.2) oder Zentrifugation (vgl. Kapitel 14) von der Lösung abgetrennt. Soll aus dieser Lösung das Natriumchlorid NaCl zu-rückgewonnen werden, führt der Weg nicht über eine erneute Fällung, da im vorliegenden Beispiel schwerlösliche Na-Salze fehlen, sondern wie in allen ähnlichen Fällen über das Abdampfen des Lösemittels Wasser.

Auch gelöste Makromoleküle lassen sich durch Fällung anreichern. Pro-teine bleiben so lange in Lösung, wie ihre geladenen Oberflächen mit den Molekülen des Lösemittels in Wechselwirkung stehen und beispielsweise Hydrathüllen ausbilden können. Unterbindet man diese Wechselwirkung, reagieren die Proteinmoleküle untereinander oder zumindest intramolekular und bilden große, unlösliche Aggregate mit stark veränderter Raumstruktur (Konformation). Zur Proteinfällung kann man daher alle Verfahren ein-setzen, welche die Hydrathülle angreifen, beispielsweise anorganische Sal-ze oder bestimmte organische Lösemittel wie Ethanol. In biochemischen Anwendungen werden Enzymproteine aus Rohextrakten meist durch Zu-gabe von Ammoniumsulfat (NH4)2SO4 ausgefällt bzw. ausgesalzen, wobei Menge und Geschwindigkeit der Salzzugabe vom jeweiligen Protein ab-hängt und eigens ausgetestet werden muss. Nur bei schonender, schrittwei-se erfolgender (fraktionierter) (NH4)2SO4-Zugabe wird eine irreversible Denaturierung mit komplettem Funktionsverlust verhindert.

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150 13 Stoffe trennen

Eine in der Biochemie häufig eingesetzte Methode zur Entfernung von Salzen oder anderer Komponenten relativ niederer Molekularmassen aus ei-ner Protein-Lösung ist die Dialyse. Dazu wird die Protein-Lösung in einen Dialysierschlauch gefüllt, der in ein großes Volumen einer kalten Puffer-Lösung mit geringer Ionenstärke eintaucht. Das Schlauchmaterial ist semi-permeabel (semiselektiv) und lässt nur Moleküle oder Ionen niedriger Mo-lekularmasse, nicht jedoch die Proteinmoleküle passieren.

Bei der bereits oben erwähnten Methode des Abdampfens wird das Lö-semittel aus einer Lösung entfernt, wobei der gelöste Stoff eventuell in kri-stalliner (kristallisierter) Form anfällt. Mehrfaches Auflösen und erneutes Rekristallisieren lassen sich auch dann einsetzen, wenn ein bestimmter Stoff in besonders reiner Form gewonnen werden soll. Da die Verdampfung eines Lösemittels zwar durch Temperatur beschleunigt werden kann, aber eine stärkere Erwärmung bei thermolabilen Biomolekülen eventuell schädi-gend wirkt, bietet sich als Alternative die weitaus schonendere Gefrier-trocknung oder Lyophilisation an: Die eingefrorene Lösung wird in kleinen Rundkolben oder anderen geeigneten Glasgefäßen an eine Vakuumpumpe angeschlossen. Unter Vakuumbedingungen geht das gefrorene Wasser aus der Probe durch Sublimation direkt in den gasförmigen Zustand über und wird aus dem Probenraum durch die Pumpe abgeführt. Die Gefriertrock-nung biologischer Materialien setzt man auch bei der Probenaufbereitung für die Elektronenmikroskopie ein.

Das Gegenteil einer Osmose ist die Umkehrosmose. Hierbei wird das Lösemittel (Solvens, vgl. Kapitel 12.2) durch eine semipermeable (semise-lektive) Membran unter stark erhöhtem Druck von seinem gelösten Stoff (Solut) getrennt: Die Lösemittelmoleküle passieren druckabhängig die Membranzwischenräume, während das Solut gleichzeitig aufkonzentriert wird. Die aufzuwendenden Drucke betragen meist das Doppelte des osmoti-schen Druckes in der Ausgangslösung. Bei der Meerwasserentsalzung arbei-tet man gewöhnlich bei 60–80 bar. Ein weiteres wichtiges Anwendungsge-biet ist die Gewinnung von Reinstwasser für medizinische Zwecke oder die Aufkonzentrierung von Traubenmost bei der Weinbereitung.

13.2 Filtration

Bei der Filtration durchläuft ein Stoffgemisch einen Filter, dessen Poren-größe im Allgemeinen kleiner ist als die Partikeln, die er zurückhalten soll. Ein häufig verwendetes Filtermaterial beim Filtrieren unter Normaldruck sind Papierfilter. Schwarzbandfilter zeichnen sich durch eine relativ große Porenweite aus und filtrieren daher ziemlich schnell. Filter mittlerer Poren-

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13.2 Filtration 151

größe (Weißbandfilter) arbeiten bereits deutlich langsamer. Die sehr dich-ten, weil besonders kleinporigen Blaubandfilter werden für besonders feine Suspensionen verwendet. Die genauen Filterbezeichnungen sind hersteller-abhängig verschieden.

Laborübliche Filtrationsgeräte sind entweder a) Filtertrichter mit ein-gelegtem Falten- bzw. Spitzfilter, b) Büchner-Trichter bzw. Nutschen, die einen flachen, durchlöcherten Boden aufweisen und mit einem Rundfilter ausgelegt werden, oder c) Filtrationsgefäße mit Sinterplatten (Fritten) un-terschiedlicher Porengröße.

Abb. 13-1. Filtrieren unter Normaldruck durch ein Papierfilter

Beim Filtrieren unter Normaldruck feuchtet man den Papierfilter mit Lösemittel an und drückt ihn an die Filtertrichterwand, um Luftblasen zu verdrängen. Der obere Filterrand sollte mindestens 1 cm unter dem Trichter-rand liegen. Die zu filtrierende Flüssigkeit wird – am besten mithilfe eines Glasstabs – auf den Filter aufgetragen. Das Trichterrohr (auch Filterhals ge-nannt) darf nicht in die filtrierte Flüssigkeit (= Filtrat) eintauchen, sollte aber die Wand des Aufnahmegefäßes berühren, weil dadurch der Ablauf begünstigt wird (Abb. 13-1).

Bei der Vakuumfiltration (Unterdruckfiltration) verwendet man einen mit einem Rundfilter aus Papier oder mit Glaswolle bzw. Textilfasern aus-gelegten Büchner-Trichter (Nutsche) in Verbindung mit einer Saugflasche (Abb. 13-2) und einer der Sicherung dienenden nachgeschalteten Woul-fe’schen Flasche. Die Vakuumpumpe (elektrische Laborpumpe, Wasser-strahlpumpe) wird bei geöffnetem Belüftungshahn in Gang gesetzt. Dann füllt man von der zu filtrierenden Lösung kleine Teilmengen in den Trich-

Glasstab

Papierfilter

Filterhalter

Filtertrichter

Filtrat

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152 13 Stoffe trennen

ter (Nutsche) und stellt durch Schließen des Hahns die gewünschte Filtra-tionsgeschwindigkeit so ein, dass Zu- und Ablauf ungefähr gleich groß sind. Nach Abschluss der Filtration öffnet man zunächst den Belüftungs-hahn und schaltet dann erst die Pumpe ab. Alternativ zur hier kurz vorge-stellten Unterdruckfiltration lässt sich mit speziellen Geräten auch eine Überdruck- oder Hochdruckfiltration durchführen. Diese kommt unter anderem bei industriellen Anwendungen zum Einsatz.

Abb. 13-2. Vakuumfiltration mit Saugflasche und Büchner-Trichter (Nutsche)

Bei beiden Verfahren können das von Partikeln geklärte Filtrat und der auf dem Filtermaterial zurückbleibende Filterkuchen mit den jeweils anzu-wendenden Methoden getrennt weiter verarbeitet werden, beispielsweise durch Trocknen und Wägen des Filterrückstands oder Photometrieren des Filtrats.

Eine Sonderform der Vakuumfiltration ist die Membranfiltration. Membranfilter bestehen meist aus derivatisierter Cellulose oder anderen Po-lymeren mit Porengrößen zwischen 12 und 0,2 μm. Sie werden als Rundfil-ter in speziellen Geräten auf eine mit Planschliffanschlüssen ausgerüstete Glasfritte gelegt, die über Normschliffe mit dem Auffanggefäß verbunden ist (Abb. 13-3). Membranfilter werden vor allem in der Mikrobiologie ein-gesetzt und sind sterilisierbar. Sie dienen auch der Entfernung kleiner Parti-kelmengen aus einer Lösung bzw. einem Extrakt.

Für die Filtration besonders kleiner Flüssigkeitsmengen von nur etwa 1–5 mL verwendet man vorteilhaft einen Einmal-Membranfiltervorsatz für Luer-Spritzen (Abb. 13-3). Diese Geräte werden auch im medizinischen Bereich eingesetzt.

Vakuumpumpe

Woulfe‘scheFlasche

Rundfilter

Büchner-Trichter(Nutsche)

ZweiwegehahnVakuumschlauch

Saugflasche

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13.3 Destillation 153

Abb. 13-3. Membranfiltration (links) und Filtervorsatz für Spritzen (rechts)

13.3 Destillation

Ebenso wie die Filtration ist auch die Destillation ein physikalisches Ver-fahren zur Stofftrennung. Sie nutzt die Tatsache, dass verschiedene Stoffe unterschiedliche Siedetemperaturen aufweisen. Stoffgemische verschie-dener Flüssigkeiten werden bei normalem oder bei reduziertem Druck durch Erwärmen schrittweise verdampft und aus der Gasphase an anderer Stelle wieder kondensiert. Den Aufbau einer Destillationsapparatur zeigt Abb. 13-4. Wird der Druck in Glasgefäßen reduziert oder erhöht, müssen grundsätzlich besondere Sicherheitsvorkehrungen nach den Angaben von Geräteherstellern sowie Sicherheitsexperten getroffen werden. Im einfachen Fall liegt ein nur aus zwei Lösemitteln bestehendes (= binäres) Stoffgemisch vor. Wenn es sich um ein ideales Gemisch handelt, sind die Komponenten durch Destillation zu trennen. Die Siedetemperatur des Ge-misches liegt zwischen derjenigen der niedersiedenden und der höhersie-denden Komponente. Sie ist abhängig von den relativen Dampfdrucken und vom jeweiligen Stoffmengenanteil der beiden Komponenten. Azeotrope Gemische mit einem gemeinsamen Siedepunkt verhalten sich dagegen wie eine Reinsubstanz und sind durch Destillation nicht zu trennen, beispiels-weise ca. 96%iges Ethanol mit seinem Wasseranteil von ca. 4%. Bei einer Gleichstromdestillation wird ein binäres Gemisch durch ein-maliges Verdampfen und Kondensieren in seine Komponenten getrennt – in diesem Fall sollten sich die Siedepunkte um mindestens 100 °C unter-scheiden.

Membranfilter

Vakuumanschluss

Normschliffan-schluss

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154 13 Stoffe trennen

Abb. 13-4. Aufbau und Funktionsteile einer Destillationsapparatur

Liegen sie dagegen deutlich näher beieinander, führt man eher eine Gegen-stromdestillation (= Rektifikation) mit Rückflusseffekten durch. Dazu wird entweder die Kolonne (vgl. Abb. 13-4) mit besonderen Füllkörpern beschickt, beispielsweise mit Raschig-Ringen (kurze Rohrstücke) oder Drahtwendeln, oder man verwendet einen speziellen Kolonnentyp, der mehrere Trennstufen aufweist wie die Vigreux- oder die Glockenboden-Kolonne. Solche Vorrichtungen verlängern im Wesentlichen die Einwir-kungszeit der jeweils eingestellten Temperatur und verbessern somit die Komponententrennung. Als Sonderfall einer Destillation unter vermindertem Druck (Vakuumdes-tillation) lässt sich der Einsatz eines Rotationsverdampfers (Abb. 13-5) auffassen. Mit diesem Gerät werden Extrakte durch Einengen unter Vaku-umbedingungen aufkonzentriert, weil der durch eine angeschlossene Vaku-umpumpe (Wasserstrahlpumpe genügt meistens) gegebenenfalls stark ver-minderte Druck den Siedepunkt des Lösemittels um mehrere Dutzend Grad Celsius herabsetzt. Ein schräg gestellter rotierender Destillationskolben er-hält als Aufsatz einen Intensivkühler, an dem das abdestillierte Lösemittel kondensiert und einem Auffangkolben zugeführt wird. Entweder engt man das Lösemittelvolumen im Vakuum weitgehend ein oder dampft es völlig ab, so dass der getrocknete Rückstand in einem anderen Lösemittel aufge-nommen werden kann. Dieses Gerät ist nur unter Beachtung besonderer Si-cherheitsvorschriften (beispielsweise Splitterschutzvorhang oder Schutzgit-ter) einzusetzen.

Destillieraufsatz

Kolonne

Kühlwasserzulauf

Stockthermometer

Sumpf

Destillierkolben

Heizbad

Vorlage

Kühlwasserablauf

Liebig-Kühler

Destilliervorstoß

Verdampfen Kondensieren Fraktionieren

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13.4 Schütteltrennung 155

Abb. 13-5. Aufbau eines Rotationsverdampfers zum Einengen von Lösungen oder Extrakten

Abb. 13-6. Phasentrennung zweier Lösemittel in einem Scheidetrichter

13.4 Schütteltrennung

Die Schütteltrennung nutzt die Tatsache aus, dass sich polare und apolare Lösemittel nicht mischen lassen, sondern nach Schütteln und Emulsionsbil-dung (Tröpfchen in Flüssigkeit) im Schüttel- bzw. Scheidetrichter ein Zwei-phasensystem bilden, wobei sich das spezifisch leichtere Lösemittel – im Allgemeinen die apolare Lösung – als Oberphase über der spezifisch schwe-reren polaren Unterphase absetzt (vgl. Abb. 13-6).

Kühlwasserablauf Drehmotor Steuerungseinheit

Intensivkühler

Kühlwasserzulauf

Belüftungshahn

Vakuumanschluss

Auffangkolben

rotierenderVerdampfungs-kolben

Heizbad

Normschliffstopfen

Oberphase(organisches Lösemittel)

Unterphase(wässriges Lösemittel)

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156 13 Stoffe trennen

Je nach Emulsionsgrad kann die weitgehend vollständige Trennung eini-ge Zeit in Anspruch nehmen. Die Phasen werden entweder nacheinander durch den Schliffhahn abgelassen oder mithilfe einer Pipette durch die obere Öffnung entnommen. Beispiele für die Anwendung einer solchen Schüttel-trennung sind die Separation lipophiler und hydrophiler Pflanzenpigmente (Chlorophylle/Carotenoide vs. Anthocyane oder Betalaine) aus Gesamtex-trakten oder die Bereitung bestimmter Trennsysteme für die Dünnschichtch-romatographie wie wassergesättigtes n-Butanol.

Weitere Stofftrenntechniken stellt Kapitel 15 (Chromatographieren und Elektrophorese) vor.

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Zentrifugieren

Jedes Objekt, das mit konstanter Winkelgeschwindigkeit kreisförmig be-wegt wird, erfährt eine nach außen gerichtete Beschleunigung. Diese Tatsa-che nutzt man beim Zentrifugieren aus, wobei man Zellen (Bakterien, Pro-tisten, Gewebekulturen), Organellen (Mitochondrien, Plastiden, Lysosomen u.a.) und Kleinstpartikeln wie Makromoleküle (Viren) aus einer Lösung präparativ abtrennt bzw. anreichert. Vor allem in biochemisch-physio-logisch arbeitenden Labors gehört der Einsatz der (Hochgeschwindigkeits-) Zentrifugation zu den wichtigsten Routinetrennmethoden. Ein erheblicher Teil der heute gewaltig angewachsenen Detailkenntnisse über Zellaufbau und Zellfunktionen konnte sich nur entwickeln, weil erst die ausgefeilten Zentrifugationstechniken die notwendigen Voraussetzungen für eingehende-re Feinanalysen sauber präparierter Zellfraktionen boten.

Wichtigste Kenngröße einer Zentrifugation ist die relative Zentrifugalbe-schleunigung (RZB, auch RFC = relative centrifugal force), die ein Teil-chen beim Zentrifugenlauf erfährt. Den RZB-Wert gibt man meist in Viel-fachen der Erdbeschleunigung g (g = 9,81 m s–2) an. Der genaue Wert hängt vom Radius des jeweils verwendeten Zentrifugenrotors und von der Umdrehungszahl (upm = Umdrehungen pro Minute oder rpm = revolutions per minute) ab. Die Umdrehungszahl und die Beschleunigung g lassen sich über die folgende Beziehung leicht ineinander umrechnen, wobei der Ro-torradius r in mm anzugeben ist:

g = 1,12 × 10–6 × r × upm2 [Gl. 14-1]

Der Rotorradius ist die kürzeste Distanz von der Mitte der Rotorachse bis zur Spitze des Zentrifugengefäßes. Er ist im Allgemeinen für jeden speziel-len Gerätetyp aus den Herstellerangaben zu entnehmen. Bei Verwendung eines Festwinkelrotors mit schräg eingestellten Gefäßen ist bei der Berech-nung der benötigten g- bzw. RZB-Zahlen zu berücksichtigen, dass sich die Rotationsradien zwischen Gefäßrand und Gefäßboden unterscheiden, was beträchtliche Unterschiede der Zentrifugalbeschleunigung innerhalb einer Probe zur Folge haben muss.

14

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158 14 Zentrifugieren

14.1 Rotoren und Zentrifugen

Je nach Trennproblem setzt man im präparativ oder analytisch arbeitenden Labor verschiedene Rotortypen und Zentrifugen ein. Als Rotor verwendet man meist einen der folgenden drei Haupttypen, die allesamt bestimmte me-thodische Vorzüge bieten, aber auch Nachteile aufweisen:

• Ausschwing- oder Horizontalrotor Das Zentrifugengefäß mit der Probenaufnahme (Gehänge) schwingt während des Laufs nahezu horizontal in die Rotationsebene des Rotors aus (Abb. 14-1).

• Festwinkelrotor Das Zentrifugengefäß bleibt während des Laufs in einem konstanten Winkel zur Rotationsachse.

• Durchflussrotor Der Rotor ist mit Anschlüssen für den Probenein- und -auslass ausges-tattet und erlaubt die schonende Sedimentation von Teilchen aus großen Flüssigkeitsmengen, beispielsweise von Bakterien aus Fermenterkultu-ren. Solche Zentrifugen werden auch im industriellen Bereich einge-setzt. Der Flüssigkeitsdurchsatz liegt modellabhängig bei mehreren Li-tern in der Minute.

Abb. 14-1. Festwinkelrotor (links) und Ausschwingrotor in Arbeitsstellung (rechts)

Weitere für Spezialanwendungen einzusetzende Rotortypen sind der Ver-tikal-, Fastvertikal- und Zonalrotor. Bei den laborüblichen Zentrifugen un-terscheidet man je nach Anforderungsprofil die in Tabelle 14-1 aufgeliste-ten Typen. Die Auswahl eines geeigneten Zentrifugationsverfahren hängt im Wesentlichen von der abzutrennenden Teilchengröße ab. Bei Hoch-geschwindigkeitszentrifugen läuft der Rotor im Hochvakuum.

Probenaufnahme

Gehänge

Rotationsachse

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14.2 Zentrifugationsverfahren 159

Tabelle 14-1. Laborübliche Zentrifugentypen und ungefähre Leistungsdaten

Typ Upm g Gefäß- volumen

(mL)

Verwendung zur Se-dimentation von

Tischzentrifuge Ar1 4 800 Fw1 14 000

3 800 14 000

2–250 Zellen

Klinische Zentrifuge Ar 6 000 4 600 2–75 Blutzellen

Mikrozentrifuge Fw 13 000 16 000 0,5–2 Fällungen

Hochleistungszentri-fuge

Fw 50 000 75 000 5–50 Bakterien, Fällungen

Ultrazentrifuge Fw 100 000 800 000 5–100 Organellen, Membra-nen, Viren, Makromo-leküle wie Proteine und DNA

1 Ar = Ausschwingrotor, Fw = Festwinkelrotor

14.2 Zentrifugationsverfahren

Bei einer differenziellen Zentrifugation werden die abzutrennenden Teil-chen entsprechend dem Dichteunterschied zwischen Partikeln und Flüssig-keit als Sediment (Pellet) am Boden des Zentrifugengefäßes abgesetzt. Bei einer Dichtegradientenzentrifugation werden die in einer Probe befindli-chen Teilchen entsprechend ihrer Größe in einem Flüssigkeitsgradienten sortiert. Wenn die Teilchendichte ungefähr die gleiche Schwimmdichte, aber verschiedene Größen aufweist, spricht man von Zonenzentrifugation. In diesem Fall muss man die Zentrifugation abbrechen, bevor sich alle Par-tikeln als Sediment am Gefäßboden angesammelt haben. Die benötigten Gradienten, beispielsweise aus einer Saccharose-Lösung, werden üblicher-weise von einem elektronisch gesteuerten Gradientenmischgerät ange-mischt. Man kann je nach Trennproblem im Zentrifugengefäß lineare, ge-stufte oder komplexe Gradienten aufbauen.

Das Verhalten eines Teilchens bei der Zentrifugalbeschleunigung hängt außer vom Abstand zur Rotorachse von seinem Volumen ϕ, seiner Dichte ρP, der Dichte des Mediums ρM und dem Reibungskoeffizienten f des Medi-ums ab. Mit diesen Größen lässt sich der Sedimentationskoeffizient nach folgender Beziehung ausdrücken:

s = ϕ (ρP – ρM)/f [Gl. 14-2]

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160 14 Zentrifugieren

Der Sedimentationskoeffizient hat nach dieser Beziehung die Dimensi-on Sekunde (s). Man bezeichnet ihn nach dem schwedischen Chemiker Theodor Svedberg (1884–1971, Nobelpreis 1926) auch als Svedberg-Einheit S. Bei vielen biologisch bedeutsamen Partikeln ist der Sedimenta-tionskoeffizient deutlich größer als 10–13 s. Für bakterielle Ribosomen beträgt die Svedberg-Einheit rund 70 × 10–13 s, für Eucyten-Ribosomen dagegen 80 × 10–13 s. Daher spricht man bei der Größenbeschreibung ver-einfachend von 70 S- bzw. 80 S-Ribosomen.

Wenn die mittlere Teilchendichte ungefähr der Dichte des Gradientenma-terials entspricht, heißt das Verfahren Isopyknische Zentrifugation. Mit diesem Verfahren werden vor allem subzelluläre Bestandteile bei bis zu 200 000 g in 24–72 h dauernden Zentrifugationen angereichert. Die Gleich-gewichtszentrifugation ist das dritte Verfahren der Dichtegradientenzentri-fugation – sie trennt die Teilchen nach ihrer Schwimmdichte und nicht nach der Sedimentationsgeschwindigkeit.

Geeignete Zentrifugationsgefäße bietet der Fachhandel entsprechend den unterschiedlichen Zentrifugen- und Rotortypen in großer Anzahl und Typenbandbreite an. Die weitaus meisten Gefäße sind je nach Material (Glas, Polycarbonat, Polypropylen, Polyethylen u.a.) transparent bis durch-scheinend und können nach Reinigung wieder verwendet werden. Sollen die durch eine Dichtegradientenzentrifugation angereicherten Banden durch Anstechen (Punktieren) entnommen werden, sind meist Ausfertigungen aus Spezialmaterialien erforderlich. Außer den meist röhrenförmigen Einzel-gefäßen lassen sich in entsprechend ausgestatteten Laborzentrifugen auch so genannte Mikrotiterplatten mit zahlreichen Probennäpfen zentrifugieren.

Abb. 14-2. Differenzielle (links) und Dichtegradienten-Zentrifugation (rechts)

Beim Zentrifugieren einer Probe sind jeweils die folgenden Maßnahmen besonders zu beachten:

Überstand

Pellet

Probe

Dichte-gradient

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14.2 Zentrifugationsverfahren 161

• Vor dem Trennlauf unbedingt mit der vorschriftsmäßigen Bedienung der Zentrifuge vertraut machen bzw. einweisen lassen.

• Wahl der Zentrifugengefäße (eventuell vorgekühlt!) hinsichtlich Größe und Material dem Trennproblem angemessen auswählen.

• Zentrifugenkühlung überprüfen und gegebenenfalls justieren. • Zentrifugengefäße bei verschiedenen Proben zur Vermeidung von Pro-

benverwechslungen markieren oder die vorgesehenen Stellplätze im Rotor bzw. in den Gehängen notieren.

• Größere Zentrifugengefäße mit der Probenflüssigkeit nur bis etwa 2 cm unter den Rand befüllen.

Abb. 14-3. Richtige (links) und falsche (rechts) Beladung eines Ausschwingrotors

• Gefäße grundsätzlich mit einer Balkenwaage austarieren: Jedes Zentrifu-gengefäß muss im Festwinkel- oder Ausschwingrotor einem exakt gleich schweren gegenüber platziert werden, damit keine gefährlichen Unwuch-ten auftreten (Abb. 14-3).

• Bei der Verwendung von Glasgefäßen oder konisch zulaufenden Zentri-fugenröhrchen aus Kunststoff muss der Boden der Probenaufnahme im Festwinkel- oder Ausschwingrotor mit einem Adaptor (Einsatz) aus Gummi versehen werden, mit dem die mechanische Belastung der Ge-fäßböden verringert wird. Das Vorhandensein von Adaptoren unbedingt kontrollieren, weil die Gefäße anderenfalls während des Laufs zerbre-chen können.

• Sofern man einen Ausschwingrotor benutzt, werden jeweils die einzel-nen Gehänge gegeneinander austariert. Vor dem Schließen und Starten der Zentrifuge unbedingt kontrollieren, dass jedem Zentrifugengefäß ein gleich schweres gegenübersteht (Abb. 14-3)!

• Alle Rotortypen grundsätzlich mit dem dafür vorgesehenen Deckel ver-schließen (Achtung: Linksgewinde!) und Verriegelung nur mäßig fest anziehen.

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162 14 Zentrifugieren

• Zentrifuge verschließen und bei einem Hochgeschwindigkeitslauf die gewünschte Upm-Zahl nach der Zeitvorwahl erst nach dem Anlaufen langsam steigern.

• Sollten starke Vibrationen auftreten, Zentrifuge sofort wieder ausschal-ten.

• Automatische Rotorbremse nur einstellen, wenn eine Pelletierung er-wünscht ist. Bei Dichtegradientenzentrifugation Rotorbremse ausschal-ten.

• Auslaufenden Rotor nach dem Abschalten der Zentrifuge niemals mit der Hand zu stoppen versuchen.

• Nach dem Stillstand des Rotors Deckel öffnen und die Proben einzeln und vorsichtig entnehmen, um weder Gradienten noch Pellets zu verwir-beln.

• Je nach gewünschter Fraktion entweder den Überstand (beispielsweise bei Enzympräparationen) oder das Pellet entnehmen (vgl. Abb. 14-4).

Abb. 14-4. Beim Entnehmen des Überstandes durch Absaugen muss das Pellet au-ßerhalb der Pipettenspitze und beim Dekantieren jeweils oben liegen

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Chromatographie und Elektrophorese

Die heute zu hohem technischem Standard ausgereiften chromatographi-schen Trennmethoden stammen ursprünglich aus der Farbstoffchemie. Auf der Grundlage der eher zufällig entdeckten Trennung pflanzlicher Pigmen-te an besonders saugfähigem Papier, seinerzeit Kapillaranalyse genannt, entwickelte man bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts leistungsfähige Verfahren zur Isolierung und Kennzeichnung der Komponenten gefärbter Naturstoffgemische.

Generell nutzen die chromatographischen Verfahren zur Stofftrennung Wechselwirkungen der chromatographierten Substanzen zwischen der stati-onären und der mobilen Phase aus. Die verschiedenen Verfahren lassen sich nach verschiedenen technischen Aspekten einteilen. Üblich ist die Unter-scheidung nach den zu Grunde liegenden Trennprinzipien (Tabelle 15-1) oder nach den verwendeten Phasen (Tabelle 15-2).

Tabelle 15-1. Einteilung gängiger Chromatographie-Verfahren nach den zugrunde liegenden Trenneffekten (Auswahl)

Verfahren Anmerkung

Adsorptionschromatographie Trennung nach unterschiedlicher Bindung der zu trennenden Substanzen an die stationäre Phase

Verteilungschromatographie Trennung nach unterschiedlicher Löslichkeit der zu trennenden Substanzen in der mobilen Phase

Ionenaustauschchromatographie stationäre Phase wirkt als Kationen- oder Anionenaustauscher

15

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164 15 Chromatographie und Elektrophorese

Tabelle 15-2. Einteilung gängiger Chromatographie-Verfahren (Auswahl) nach den Trägermaterialien

Verfahren Anmerkung

1 Flüssigchromatographie LC = liquid chromatography mobile Phase flüssig

1.1 Planarchromatographie stationäre Phase flächig

1.1.1 Papierchromatographie (PC) Trennung auf analytischen Papieren

1.1.2 Dünnschichtchromatographie (DC)

TLC = thin layer chromatography

1.2 Säulenchromatographie (SC) Trennung in Säulen mit Durchmessern von wenigen μm bis cm

1.2.1 Hochleistungschromatographie HPLC = high performance (pressure) liquid chromatography)

2 Gaschromatographie mit flüssiger oder fester stationärer Phase

15.1 DC trennt niedermolekulare Substanzen

Bei der Dünnschichtchromatographie (DC) werden etwa 100–350 μm Dicke messende Schichten anorganischer (beispielsweise Aluminiumoxid oder Kieselgel) oder organischer Materialien (u.a. Cellulose) auf eine Trä-gerplatte (DC-Platte) aus Glas, Aluminium oder lösemittelbeständigem Kunststoff (DC-Karte) aufgebracht (vgl. Abb. 15-1). Diese auch als Sor-bentien bezeichneten Materialien bilden eine homogene, poröse Schicht. In einer Trennkammer lässt man darin ein Fließmittel (= Laufmittel: Ge-mische polarer/apolarer Lösungsmittel) kapillar aufsteigen. Stoffe oder Stoffgemische werden dabei rasch und reproduzierbar getrennt. Die Tren-nung der Proben erfolgt durch Lösungs- und Verteilungsvorgänge, wäh-rend das Fließmittel (= mobile Phase) in der dünn und gleichmäßig aus-gestrichenen Sorptionsschicht (= stationäre Phase) aufsteigt. Dieser Vorgang wird auch als aufsteigende Entwicklung des Chromatogramms bezeichnet. Die vergleichsweise einfache, aber ausgesprochen leistungsfä-hige Trenntechnik der Dünnschichtchromatographie wird heute in zahlrei-chen Abwandlungen eingesetzt und ist für die Behandlung oder Lösung analytischer Probleme beispielsweise in der Physiologie, Biochemie und Lebensmittelchemie nahezu unentbehrlich. Zum Methodenrepertoire der

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15.1 DC trennt niedermolekulare Substanzen 165

verschiedenen Chromatographietechniken liegt eine umfangreiche Spezial-literatur vor.

Zur Stofftrennung und -identifizierung trägt man Gemische unbekannter Zusammensetzung und bekannte Vergleichssubstanzen auf der mit weichem Bleistift markierten Startlinie etwa 1,5 cm vom unteren Plattenrand auf. Dieses Verfahren zur Stoffidentifizierung nennt man auch Cochroma-tographie.

Abb. 15-1. Beladungsschema einer DC-Platte für die chromatographische Tren-nung. 1–6 Laufspuren der zu untersuchenden Proben unbekannter Zusammenset-zung, 7–9 Laufspuren der chromatographierten Reinsubstanzen

Die zu testenden Substanzen oder Substanzgemische trägt man mit einer feinen Kapillare oder Mikropipette ohne Schichtzerstörung so auf die DC-Platte oder DC-Karte auf, dass der entstehende Fleck oder Strich höchs-tens 2 mm breit ausläuft. Die fertig beladenen Cellulose-Platten werden nach Fleckentrocknung im benannten Laufmittelgemisch entwickelt (vgl. Abb. 15-2). Die Trenndauer beträgt je nach Sorptionsschicht und Fließmit-tel etwa 90–240 min. Um die genaue Position der bei der chromatographi-schen Trennung gewanderten, zunächst aber noch farblosen und deshalb unsichbaren Substanzen sichtbar zu machen, werden die entwickelten DC-Platten nach Trocknung unter dem Abzug mit besonderen Nachweisrea-genzien angesprüht, die mit den bearbeiteten Substanzgemischen (Zucker, Aminosäuren, Alkaloide u.a.) gefärbte und damit auf der Laufstrecke ein-deutig lokalisierbare Verbindungen ergeben. Analog geht man auch bei der Papierchromatographie vor. Außer der Fleckenlokalisation durch Farb-stoffbildung bestehen auch weitere Möglichkeiten der Substanzdetektion,

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Entwicklungs-bzw.Laufrichtung

Startlinie

Laufspur

Trennfläche =stationäre Phase

Test-LösungenauthentischeReinsubstanzen

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166 15 Chromatographie und Elektrophorese

beispielsweise mithilfe von Fluoreszenzfarbeffekten unter einer UV-Lam-pe oder durch pH-Indikatoren bei der DC stärker basischer oder saurer Verbindungen.

Abb.15-2. Entwicklung der DC-Platte in einer Trennkammer und Ermittlung des Rf-Wertes durch die Division der Wanderstrecken a : b. Die zur Kammersättigung verwendeten Filtrierpapiere sind nicht dargestellt

Analog werden die verschiedenen papierchromatographischen Verfahren zur Stoffgemischtrennung oder zur Identifizierung einzelner Komponenten eines Gemisches eingesetzt. Papierchromatogramme werden ähnlich wie bei der in Abb. 15-2 gezeigten DC-Trennung aufsteigend entwickelt oder mit einem Laufmittelreservoir im oberen Bereich des Trenngefäßes auch absteigend.

Generell eignen sich DC und PC nur zur Trennung niedermolekularer Verbindungen. Beide bieten den Vorteil, dass getrennte Stoffe aus der stati-onären Phase auch leicht wieder eluiert (herausgelöst) werden können und dann für Anschlussanalysen zur Verfügung stehen. Die Details der Fließmit-telzusammensetzung und der verschiedenen stoffspezifischen Nachweise sind der umfangreich vorliegenden Spezialliteratur zu entnehmen.

Um von der Lage einer cochromatographierten Vergleichssubstanz auf Substanzidentität mit den entsprechenden Flecken der Probelösungen schließen zu können, ist die Berechnung des Rf-Wertes der einzelnen Flecken sinnvoll. Dazu wird die Entfernung Startlinie–Fleckenmitte (in mm) durch die Entfernung Startlinie–Laufmittelfront (in mm) dividiert (Abb. 15-2); der so erhaltene Quotient ergibt den zugehörigen Rf-Wert. Für die gleichen Substanzen ergibt sich – unter sonst gleichen Trennbe-dingungen zumindest annäherungsweise – immer der gleiche Rf-Wert.

a

b

DC-Platte oder

DC-Karte

Trennkammer

Laufmittelfront

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15.2 Ionenaustauschchromatographie 167

Abb. 15-3. Schema zur Arbeitsweise eines Kationen-Austauschers

15.2 Ionenaustauschchromatographie

Bei der Ionenaustauschchromatographie werden in Lösung befindliche Ani-onen oder Kationen gegen entsprechende Ionen ausgetauscht, die an ein un-lösliches Trägermaterial (Ionenaustauscher) gebunden sind. Der in eine Säu-le (Röhre) gepackte Ionenaustauscher trägt kovalent gebundene Anionen oder Kationen. In Abb. 15-3 weist er negativ geladene funktionelle Gruppen auf, ist also selbst anionisch und daher mit kationischen Gegenionen bela-den, die austauschbar sind. Nach Auftragung und Einspülung einer Lösung mit verschiedenen Kationen (1) verdrängen diese die ursprünglich vorhan-denen Gegenionen (2). Beim nachfolgenden Durchströmen der Säule mit einem Eluenten (3), der wieder die Gegenionen enthält, werden die ausge-tauschten Kationen entsprechend ihrer Ladungsstärke verdrängt und fließen in getrennten Fraktionen ab. Zuletzt ist der Austauscher wieder komplett mit seinen ursprünglichen Gegenionen besetzt (4) und somit regeneriert.

Wenn man einen Kationen- und einen Anionenaustauscher direkt hinter-einander schaltet, lassen sich positiv und negativ geladene Ionen in zwei Arbeitsschritten aus Lösungen bzw. Extrakten entfernen und nur neutrale Lösungskomponenten anreichern.

+

+

+

+

+–––––– +

+

++

+

+

+

++

––––––

+

++

+

++

+

+

––––––

+

+

+

+

+

+

+

––––––

+++

+

+

+ + ++ + +

1 2 3 4

EluentKationen-Mischung

Kationen-austauscher

Gegenionen

fraktionierte Kationen

+++

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168 15 Chromatographie und Elektrophorese

15.3 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC)

Bei der HPLC wird die auch Eluent genannte mobile Phase unter hohem Druck (bis 400 bar) durch eine Trennsäule mit der stationären Phase ge-presst. Die Trennsäule kann eine mit der stationären Phase komplett ange-füllte Röhre sein (gepackte Säule) oder damit auf der Innenwand dünn be-schichtet sein (Kapillarsäule). Bei der Normalphasen-HPLC (NP-HPLC) ist die stationäre Phase polar und besteht beispielsweise aus Silicagel (Kiesel-gel). Die Elutionskraft der mobilen Phase hängt von der Polarität des zu trennenden Stoffgemisches ab. Je polarer die mobile Phase ist, umso länger verbleibt sie in der Trennsäule. Unpolare Stoffe werden als rascher eluiert. Bei der Umkehrphasen-HPLC (reversed phase; RP-HPLC) verwendet man eine unpolare stationäre Phase, bei der die polare Oberfläche der Silicagel-Partikeln mit einer unpolaren Schicht aus verschiedenen Alkanen ummantelt wird. In diesem Fall verlassen die polaren Substanzen die Säule schneller als die unpolaren. Während der Elution kann man die Zusammensetzung der mobilen Phase kontinuierlich verändern und somit eine Gradiententrennung durchführen.

Mit der bemerkenswert leistungsfähigen und heute sehr verbreiteten HPLC-Technik lässt sich eine große Bandbreite von Naturstoffen auftren-nen und anhand interner Standards auch identifizieren. Je nach Trennprob-lem müssen die zu analysierenden Stoffe mithilfe bestimmter Substituenten derivatisiert werden. Die Details der hierzu verfügbaren Verfahrens-vorschiften sind der reichlich vorhandenen Spezialliteratur bzw. den jewei-ligen Gerätespezifikationen zu entnehmen.

15.4 Trennung hochmolekularer Verbindungen

Bei den chromatographischen Verfahren zur Trennung von Substanzen mit relativ niedriger molekularer Masse bis etwa 600 sind Verteilungs- und Affinitätseffekte zwischen der mobilen und der stationären Phase der Grund dafür, dass sich ähnliche Verbindungen dennoch klar unterscheiden lassen. Bei der Elektrophorese nutzt man eine andere physikalische Eigen-schaft der Moleküle, nämlich deren elektrische Ladung. Die geladenen Teilchen einer Stoffmischung werden im elektrischen Gleichspannungsfeld entsprechend ihrer Ladung, Größe und Form aufgetrennt. Diese Trenn-technik ist mit ihren zahlreichen Varianten heute in der analytischen Bio-chemie und Biotechnologie von größter Bedeutung. Typische Anwen-dungsbereiche sind die Trennung von kleinen DNA- und Protein-Proben.

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15.4 Trennung hochmolekularer Verbindungen 169

Grundsätzlich kann man eine Elektrophorese (EP) auch auf Papier, Dünnschichtbelägen analog der DC oder anderen Matrices durchführen. Die gegenwärtig am häufigsten eingesetzten Trennmedien in der EP sind Acrylamid- und Agarose-Gele, die als Molekülsiebe wirken und daher bei-de zur Trennung relativ großer Moleküle wie DNA, RNA und Proteine ein-gesetzt werden (vgl. Abb. 15-4). Beide Materialien haben den Vorzug, nicht mit der Probe zu reagieren und die Bewegung geladener Moleküle nicht zu behindern.

Abb. 15-4. Vernetzung von monomerem Acrylamid zu Polyacrylamid-Ketten

Die Acrylamid-Gele werden über eine komplex verlaufende Polymeri-sationsreaktion mithilfe von Ammoniumperoxodisulfat als Radikalenbild-ner und N,N‘-Methylen-bis-acrylamid als Vernetzungshilfe und weiterer Katalysatoren vor Gebrauch gegossen. Der steuerbare Vernetzungsgrad be-stimmt die Porengröße im Gel und damit die Beweglichkeit der zu tren-nenden Probenkomponenten. Agarose ist ein aus marinen Rotalgen gewon-nenes Polysaccharid, in dessen linearen Ketten sich die D-Galactose und ihr Derivat 3,6-Anhydro-L-galactose abwechseln. Gelegentlich wird Aga-rose gemeinsam mit Acrylamid in besonders stabilisierten Gelen einge-setzt. Agarose-Gele werden meist horizontal gefahren (= Flachbett-Gelelektrophorese). Als submers bezeichnet man ein Gel, wenn es flach auf dem Boden der Trennkammer liegt und komplett mit Puffer über-schichtet ist. Acrylamid-Gele werden dagegen gewöhnlich vertikal gefah-ren – entweder als flache Schichten oder in Form von Säulen. Je nach Trennproblem werden die Gele in unterschiedlicher Viskosität gegossen. Die Anzahl unterschiedlicher Gel-Rezepturen ist Legende. Jedes Labor schwört auf seine eigenen Standards und Traditionen. Die Einzelheiten der Gel-Vorbereitung, des Probenauftrags, der zu verwendenden Markersub-

I O=C-NH2 O=C-NH I I –H2C–CH–CH2–CH–CH2–CH–CH2–CH– OO=C-NH2 I I I → → → O=C–NH O=C–NH2OH2C=CH I CH2 Acrylamid I O=C–NH O=C–NH2 O=C–NH2 I I I –H2C–CH–CH2–CH–CH2–CH–CH2–CH–CH2–CH– I I O=C–NH O=C–NH2 I Polyacrylamid

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170 15 Chromatographie und Elektrophorese

stanzen und anderer technischer Details sind der Spezialliteratur bzw. den jeweils verwendeten Gerätespezifikationen und Verfahrensvorschriften zu entnehmen. Beim Umgang mit Acrylamid sind die Vorschriften der Si-cherheitsdatenblätter beachten und Schutzhandschuhe zu tragen!

Abb. 15-5. Schematische Darstellung eines Gerätes zur Gel-Elektrophorese in Röhrchen (links) und im Flachbettverfahren (rechts)

Eine vielfach verwendete Abwandlung der üblichen Zonen-Elektro-phorese ist die Disk-Gelelektrophorese mit diskontinuierlichem pH-Wert im Elektrophoresepuffer und einem oberhalb des Trenngels angebrachten Sammelgel (vgl. Abb. 15-5). Eine weitere Modifikation ist die SDS-Gelelektrophorese, mit der man Proteine in Gegenwart des anionischen Detergens Natriumdodecylsulfat (= Natriumlaurylsulfat, SDS) nach ihrem Molekulargewicht und nicht ausschließlich nach der Ladung trennen kann. Eine Trennung unterschiedlicher Proteine nach ihrem jeweiligen isoelektri-schen Punkt leistet ein weiteres elektrophoretisches Spezialverfahren, die Isoelektrische Fokussierung.

Zur Durchführung einer Elektrophorese benötigt man eine Gleichspan-nungsquelle (Spannungsgeber) sowie ein Gefäß mit getrennten Pufferkam-mern bzw. -reservoiren (vgl. Abb. 15-5). Die einzige elektrische Verbin-dung zwischen dem oberen und unteren Pufferreservoir bilden die mit Gel gefüllten Röhrchen. Wenn an den beiden Elektroden Spannung anliegt, fin-det gleichzeitig eine Elektrolyse des Wassers aus der Pufferlösung statt, wobei wie in einer Hoffmann’schen Apparatur zur Wasserzersetzung an der Kathode molekularer Wasserstoff und an der Anode molekularer Sauerstoff im molaren Verhältnis 2 : 1 entstehen. Anhand dieses Mengenverhältnisses kann man gegebenenfalls die richtige Polung der beiden Elektroden über-

oberes Pufferreservoir

Kathode (–)ProbeSammelgel

Trenngel

Anode (+)

unteres Pufferreservoir

Kathode (–)

Pufferkammer Puffer

Trenngel Probenaufnahme

Anode (+)

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15.4 Trennung hochmolekularer Verbindungen 171

prüfen. Im Gel laufen DNA- und RNA-Fragmente sowie Proteine von der Kathode (–) zur Anode (+). Im Allgemeinen trennt man mit einer Spannung von etwa 10 Volt je Zentimeter Elektrodenabstand. Dabei können abhängig vom verwendeten Puffersystem Stromstärken über 50 mA auftreten, die ei-ne ernsthafte Gefahr darstellen.

Grundsätzlich gelten für den Einsatz von Elektrophorese-Geräten und zahlreichen Elektophorese-Verfahren die folgenden Sicherheitsempfehlun-gen:

• Immer den Strom abschalten, bevor man irgendeinen Teil der Gelkam-mer berührt oder irgendeine Manipulation vornimmt (Puffer nachfüllen, Gel-Röhrchen justieren, Probe nachtragen u.a.).

• Gele und Gelpuffer enthalten gegebenenfalls besonders gefährliche Sub-stanzen, darunter Reste von nicht polymerisiertem Acrylamid oder das sehr starke Mutagen Ethidiumbromid, das früher zur Färbung von DNA-Fragmenten verwendet wird (heute weitgehend durch weniger problema-tische Nachweismittel wie SYBR Green I ersetzt). Beim Umgang mit Gelen und Gelpuffern sind daher immer Schutzhandschuhe (aus Nitril) zu tragen. Entsorgungsvorschriften beachten!

• Die Kabel müssen richtig angeschlossen werden: Schwarz ist immer der Minuspol (–; Kathode) markiert, rot immer der Pluspol (+; Anode). Die Kabel sind entsprechend an das Netzgerät anzuschließen – sicherheits-halber die vorgenommene Polung auch mehrfach kontrollieren!

Elektrophoretisch getrennte Proben werden oft für Anschlussuntersuchun-gen benötigt und müssen dann aus dem Trägergel auf ein anderes Medium (beispielsweise Nitrocellulose oder Nylonmembran) übertragen werden. Diesen Arbeitsschritt bezeichnet man als Transfer oder Blotting. Der erste auf diese Weise durchgeführte Blot zur Detektierung von DNA-Fragmenten wurde von dem Experimentator Edwin Southern 1975 durchgeführt und heißt seither Southern-Blot. Später wurden weitere Blotting-Verfahren entwickelt und eher scherzhaft nach anderen Himmelrichtungen benannt, darunter beispielsweise • Northern-Blot: Nachweis von RNA auf einer Membran mit einer RNA-

oder DNA-Sonde • Western-Blot: Nachweis eines Proteins mit einem spezifischen Antikör-

per • South-Western-Blot: DNA-Nachweis mithilfe eines Proteins • Middle-Eastern-Blot: Beladung von derivatisiertem Papier mit mRNA. Die heute vielfach angewandte Gelfiltration verwendet spezielle Gele als Molekularsiebe und ähnelt insofern der Gel-Elektrophorese, ist aber ge-

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172 15 Chromatographie und Elektrophorese

nau genommen ein Verfahren der Säulenchromatographie und wird daher auch Gelfiltrations-Chromatographie genannt. Sie trennt Makromoleküle nicht aufgrund von Ladungsunterschieden, sondern nach der Molekülgrö-ße. Der Trenneffekt beruht darauf, dass relativ kleine Moleküle (bei-spielsweise niedermolekulare Nucleotidketten) in die Poren des Gelfiltrati-onsmaterials eindringen und daher später eluiert werden als etwa große DNA-Moleküle, die rascher ablaufen. Je nach Trennproblem verwendet man Gele unterschiedlicher Porengröße. Besonders häufig eingesetzt wer-den die Sephadex-Gelpartikeln. Sie bestehen aus Dextran-Ketten (Gluco-se-Polymeren), die von Bakterien (Leuconostoc mesenterioides) aus Sac-charose polymerisiert und anschließend durch Epichlorhydrin miteinander vernetzt werden. Abbildung 15-6 verdeutlicht das Trennprinzip und ein typisches Elutionsprofil. Abb. 15-6. Schema zur Arbeitweise einer Gelfiltration

Trennsäule (Ausschnitt)

Gelpartikel

kleinere Moleküle in denPoren der Gelpartikeln

größere Moleküle zwischenden Gelpartikeln

Elutionspuffer

Abs

orpt

ion

Elutionsvolumen

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Mikroskopieren

Auch wenn sich heute mit besonderen Elektronenmikroskopen (Raster-tunnelmikroskopie) einzelne Atome darstellen lassen, ist die Lichtmikro-skopie in Forschung und Lehre nach wie vor völlig unentbehrlich. Die Zu-ständigkeit der Mikroskopie erstreckt sich über mehrere Größenordnungen. Die mit dem Lichtmikroskop zugänglichen Strukturen beginnen bei den Bakterien und damit etwa bei einem Mikrometer (μm, früher auch Mikron genannt). Die Umrechnung auf bekannte Streckenlängen ergibt für 1 μm = 10–3 mm = 10–6 m. Eine durchschnittliche pflanzliche oder tierische Zelle ist etwa 10–50 μm groß. In der daran anschließenden elektronen-mikroskopischen Dimension ist selbst das Mikron noch eine zu grobe Messlatte. Daher misst man in der Feinstrukturforschung in Nanometer (1 nm = 10–3 μm, 1 μm = 103 nm). Gelegentlich findet sich in der Literatur die veraltete und im SI-Einheitensystem nicht mehr zulässige, nach einem schwedischen Physiker benannte Einheit Ångström; 1 Å entspricht 0,1 nm. Eine lichtmikroskopisch gerade noch erkennbare Bakterienzelle von 1 μm Länge ist daher 10000 Å groß.

Die natürliche Auflösungsgrenze des menschlichen Auges liegt unter Be-rücksichtigung individueller Schwankungen bei etwa 0,2 mm. Dies ent-spricht bei normalem Leseabstand einem Sehwinkel von rund einer Bogen-minute (1‘), dem sechzigsten Teil eines Winkelgrades. Unter der Auflösung L versteht man den kleinsten Abstand zwischen zwei (leuchtenden) Punkten oder Linien in einem Objekt, den man gerade noch wahrnehmen kann. Sie ist nicht von der Vergrößerung abhängig, sondern ergibt sich aus

L = 0,61 ⋅Aλ

[Gl. 16-1]

wobei λ die Wellenlänge des verwendeten Lichtes und A die numerische Apertur bezeichnet, die sich nach der Abbe’schen Formel aus der Brechzahl n des verwendeten Mediums und dem halben Öffnungswinkel α/2 im Ob-jektraum eines optischen Systems zu

A = n ⋅sin α/2 Gl. [16-2]

berechnet. Am Lichtmikroskop beträgt die maximale Auflösung etwa 200 nm bei einer Wellenlänge λ = 426 nm.

16

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174 16 Mikroskopieren

16.1 Funktionsteile eines Mikroskops

Unabhängig von Ausstattung, Größe und Preis zeigen alle Lichtmikrosko-pe im Prinzip den gleichen technischen Aufbau mit mechanischen und optischen Bauteilen. Zur optischen Ausstattung gehört eine je nach Bauart gerade oder bei Schrägeinblick geknickte Röhre (= Tubus). Am oberen Tubusende (Einblickseite) ist das Okular eingesteckt (vom lateinischen oculus = Auge), während an der unteren Tubusöffnung das dem Objekt zugewandte Linsensystem, das Objektiv, eingeschraubt ist. Meist sind mehrere Objektive unterschiedlicher Länge und Vergrößerungsleistung an einem drehbaren Objektivrevolver angebracht (vgl. Abb. 16-1). In den Strahlengang einbezogen ist jeweils das senkrecht nach unten weisende Objektiv.

Auf dem Okular findet sich eingraviert meist die Angabe H (Okulartyp nach Huygens) und eine Vergrößerungszahl (gewöhnlich 10x). Die Objek-tive tragen ebenfalls verschiedene Angaben (Abb. 16-1): Die auffälligste Zahl benennt die Vergrößerung – ein typisches Mikroskop ist mit je einem 3,5-, 10- und 40-fach vergrößernden Objektiv ausgestattet. Die erreichbare Gesamtvergrößerung erhält man durch Multiplikation der jeweiligen Ver-größerungsangaben: Ein 10-fach vergrößerndes Okular leistet in Verbin-dung mit dem 40er-Objektiv demnach eine 400-fache Vergrößerung. Die übrigen Gravuren bedeuten: Die Zahl 160 (bei Mikroskopen älterer Bauart meist 170) benennt die Tubuslänge in mm, für die das betreffende Objektiv berechnet ist, die Zahl 0,17 die maximal verwendungsfähige Deckglasdi-cke in mm. Die vierte Angabe – zwischen 0,1 und 1,3 – bezeichnet die numerische Apertur A. Je größer deren Zahlenwert ist, umso besser ver-mag das Objektiv feinste Objektdetails darzustellen oder aufzulösen. Im Allgemeinen steigt die Apertur mit der Eigenvergrößerung. Weitere Hin-weise kennzeichnen etwaige Objektivkorrekturen: • Apo steht für Apochromate. Sie liefern Abbildungen ohne farbliche

Verzerrungen. • Plan bedeutet ein geebnetes Bildfeld. Der Planapochromat, ein auf-

wändig korrigiertes und relativ teures Objektiv, bietet also ein bis in die Randbereiche scharfes, ebenes Bild ohne störende Farbsäume an den Objektstrukturen.

• Auf Objektiven mit Aperturen >1 findet man gewöhnlich den Zusatz Oel oder einen schwarzen Ring. Diese Objektive müssen jeweils in ei-nen Tropfen Immersionsöl auf dem Deckglas des Präparates eintauchen, um ihre volle Leistung zu bringen.

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16.1 Funktionsteile eines Mikroskops 175

Abb. 16-1. Bau- und Funktionsteile eines Lichtmikroskops. 1 Okular, 2 Tubus, 3 Objektivrevolver, 4 Objektive, 5 Objekttisch, 6 Kreuztisch und Bedienungs-elemente, 7 Kondensor, 8 Kondensorhebevorrichtung, 9 Aperturblendenring, 10 Leuchtfeldblende, 11 integrierte Lichtquelle, 12/13 Grob- und Feintrieb, 14 Po-tenziometer (für die Helligkeitsregelung), 15 Stativ, 16 Tragegriff; 17 Kabelauf-wicklung; Angaben auf dem Okular: a Eigenvergrößerung, b numerische Apertur, c mechanische Tubuslänge, d maximal zulässige Deckglasdicke

Unabhängig von Okular und Objektiven am Tubus besitzen die labor-üblichen Mikroskope unterhalb der Zentralöffnung des Objekttisches ein weiteres Linsensystem, den Kondensor, den man an einem besonderen Drehknopf heben und senken kann. Er hat die Aufgabe, das Licht von der Lichtquelle zu bündeln und durch das Objekt zu lenken. Außerdem nimmt er spezielle Zusatzeinrichtungen für besondere Beobachtungsverfahren (Phasenkontrast, Dunkelfeld u.a.) auf. Zum Kondensor gehört die Aper-turblende, mit der man ebenso wie an einer konventionellen Spiegelre-flexkamera die Schärfentiefe (Tiefenschärfe) reguliert. Unterhalb des Kon-densors befindet sich bei sehr einfachen Mikroskopen ein dreh- und klappbarer Spiegel, der das Licht von einer externen Leuchte umlenkt, bei aufwändiger konstruierten Instrumenten dagegen eine in den Stativfuß in-tegrierte Lichtquelle, entweder eine Niedervoltlampe oder eine lichtstarke LED-Einrichtung. Ein oder zwei Drehknöpfe seitlich am Stativbügel des Mikroskops dienen zum Scharfstellen (Fokussieren). Sie heben oder sen-ken den Tubus (Mikroskope älterer Bauart) oder den Objekttisch (moderne Mikroskope).

400,851600,17

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176 16 Mikroskopieren

16.2 Arbeitsplatzausstattung

Zur Grundausstattung eines mikroskopischen Arbeitsplatzes gehören min-destens die folgenden Utensilien:

Objektträger sind höchstens 1 mm dicke und rechteckige Glasplättchen im Format 76 × 26 mm (= 3 × 1 inch, so 1839 in London festgelegt und heute weltweit Standard). Vorzugsweise verwendet man solche mit leicht angeschliffenen bzw. gebrochenen Kanten – das bewahrt die Fingerkuppen zuverlässig vor Schnittverletzungen. Vom Standardmaß abweichende kleinere Formate sind nicht zu empfehlen, weil sie nicht in die Objekthalterung eines Kreuztischs passen. Objektträger gibt es üblicherweise in Abpackungen zu je 50 Stück. Vorzugsweise verwendet man – mit Rücksicht auf die Fingerkuppen – sol-che mit geschliffenen Kanten.

Deckgläser sind meist unter 0,17 mm dicke, quadratische Glasplättchen im Format 18 × 18 bis 24 × 24 mm (für Spezialzwecke auch in anderen Abmessungen). Man fasst sie – da sie hauchdünn sind und leicht splittern – grundsätzlich nur mit einer Pinzette (z. B. Cornet-Pinzette) oder ganz vorsichtig an den Rändern zwischen Daumen und Zeigefinger an. Deckgläser gibt es meist in Packungsgrößen zu je 100. Im Fachhandel sind auch kreisrunde Deckgläser für die Herstellung von Dauerpräparaten erhältlich.

Präparierbesteck als fertiger Satz in Aufbewahrungskasten bzw. Mappe sollten verfügbar sein: 2–3 Präpariernadeln in Holz- oder Kunststofffassung 2 Pinzetten (1 flache Briefmarken-Pinzette sowie 1 sehr spitze) 1 kleinere Schere 1 kleines Messer oder Skalpell mit Klingensatz für die Vorpräparation här-terer Objekte (Vorsicht beim Einsetzen der Klingen: akute Verletzungsge-fahr! Sicherheitshalber eine kleine Kombizange verwenden) 1 Päckchen Rasierklingen (ungefettet) zum Anfertigen dünner Handschnitte 1 feiner Malpinsel (kleinste Stärke) zum Übertragen feinster oder sehr wei-cher Objekte vom Schneidewerkzeug auf den Objektträger mehrere Filtrierpapierstreifen, ca. 5 × 1 cm groß zugeschnitten aus normalen Kaffee- oder Teefiltern Der Lehrmittel- bzw. Laborfachhandel bietet dieses Grundwerkzeug für die Mikroskopie als Komplettpaket an, per Internet beispielsweise die Firmen www.ehlert-partner.de, www.windaus.de oder www.betzold.de.

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16.3 Vom Präparat zur Beobachtung 177

Reinigungsmaterial mehr- bis vielfach gewaschener und möglichst nicht (mehr) fusselnder Baumwoll- oder Leinenlappen bzw. Mikrofaser-Brillenputztuch oder Lin-senpapier (aus dem Optik-Fachgeschäft).

Glasgeräte mehrere Tropfpipetten (Pasteur-Pipetten mit Gummihütchen 2–3 Glasstäbe (ca. 15 cm lang und 0,3 mm dick) Glasplatte ca. 10 x 20 cm als Arbeitsunterlage zum Vorpräparieren größerer Objekte mehrere kleine verschließbare Gläser (Schraub- oder Schnappdeckelgläser) zum Aufbewahren unfertiger Präparate oder anderer Objekte.

Reagenzien Die Ausstattung des Arbeitsplatzes bemisst sich nach den zu bearbeitenden Fragestellungen bzw. den Beobachtungsaufgaben in den einzelnen Untersu-chungsprojekten. Färbelösungen oder sonstige im Mikrolabor übliche Che-mikalien wie etwa Glyceringelatine bezieht man als Fertiggemische über den Fachhandel (beispielsweise www.chroma.de).

16.3 Vom Präparat zur Beobachtung

Zum Einüben der Bedienungstechnik des jeweiligen Mikroskops benötigt man ein geeignetes Testpräparat. Dazu genügt bereits ein Objektträger, auf dem man mit einem Glasschneider oder einem scharfkantigen Schrauben-dreher ein paar Schrammen einritzt. Man geht nun in dieser Reihenfolge vor:

1. Objektträger auf den Objekttisch Den angeritzten Objektträger legt man mit der Schramme nach oben und ohne weitere Bedeckung mit Wasser oder Deckglas auf den Objekttisch und klemmt ihn in die dort vorhandene Haltevorrichtung des Kreuzti-sches ein. Damit lässt sich der Objektträger zum Durchmustern bequem und in kleinsten Zwischenschritten in der x- und in der y-Richtung des Koordinatensystems über den Objekttisch bewegen.

2. Kondensor einrichten Der unter dem Objekttisch angebrachte Kondensor wird mit dem dafür vorgesehenen Stellknopf bis zum Anschlag nach oben gedreht – er kann für die meisten Beobachtungsaufgaben mit dem Mikroskop in dieser Po-sition bleiben. Bei manchen Mikroskoptypen ist er ohnehin starr und un-verrückbar montiert.

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178 16 Mikroskopieren

3. Beleuchtung einschalten Nun wird die Mikroskopleuchte eingeschaltet. Sofern das Mikroskop keine eingebaute Lampe aufweist, sondern mit einem Umlenkspiegel arbeitet, darf man auf keinen Fall mit direktem Sonnenlicht arbeiten! Nach eingeschaltetem Beobachtungslicht erscheint an der oberen Kon-densorlinse in der Bohrung des Objekttisches ein kleines Lichtfeld, die Austrittspupille. Bei allen besseren Mikroskopen lässt sich die Be-leuchtung nach dem Köhler’schen Verfahren einrichten (vgl. Kapi-tel 16.4).

4. Start mit Lupen- oder Suchobjektiv Nachdem die grob gravierte Schramme auf dem Objektträger – eventuell mithilfe des Kreuztischs – in die hell erleuchtete Austrittspupille über dem Kondensor bewegt ist, bringt man durch Drehen am Objektivrevol-ver das kleinste am Mikroskop vorhandene Objektiv (= Lupen- oder Suchobjektiv) in den Strahlengang. Dazu muss es senkrecht nach unten stehen sowie hör- und fühlbar einrasten. Meist trägt das Lupenobjektiv die Maßstabszahl 3,5-fach. Nun hebt man mit dem Grobtrieb den Ob-jekttisch zum oberen Anschlag an.

5. Helligkeit regeln Eventuell empfinden die Augen die vorgewählte Bildhelligkeit als unan-genehm. Entsprechend drosselt man ein wenig den Lampenstrom oder gegebenenfalls die Lichtzufuhr mit dem Aperturblendenhebel (= Iris- oder Kondensorblendenhebel). Die Aperturblende dient – obwohl sie die eingestrahlte Lichtmenge nachhaltig beeinflusst – allerdings nicht in ers-ter Linie der Helligkeitsregulierung, sondern vor allem der Einstellung eines optimalen Kontrastes bei brauchbarer Tiefenschärfe.

6. Vom Grob- zum Feintrieb Mit dem beobachtenden Auge dicht am Okular bewegt man jetzt mit dem Grobtrieb den Objekttisch langsam abwärts, bis die ersten halbwegs klaren Konturen des Präparates sichtbar werden. Bei sehr kleinen Objek-ten (Bakteriensuspensionen) stellt man zunächst auf eine Deckglaskante scharf und sucht dann im übrigen Präparat. Danach übernimmt der Fein-trieb die weiteren Einstellungen. Eine Hand bleibt praktisch immer am Feintriebknopf, um in anderen Objektbereichen jeweils auf optimale Bildschärfe nachzustellen.

7. Die Welt steht auf dem Kopf Mikroskopische Bilder erscheinen im Gesichtsfeld immer seitenver-kehrt und auf dem Kopf stehend. Wenn man das Präparat auf dem Ob-jekttisch nach rechts bewegt, verlagert sich das Bild im Gesichtsfeld nach links. Schiebt man den Objektträger nach hinten, rutscht das Ge-

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16.3 Vom Präparat zur Beobachtung 179

sehene entsprechend nach vorne. An diesen anfangs vielleicht seltsa-men Sachverhalt gewöhnt man sich allerdings rasch und nimmt ihn nach ein paar Sitzungen gar nicht mehr wahr. Die Bildumkehr ist eine Folge des besonderen Strahlenganges durch die das Bild aufbauenden Linsensysteme.

8. Abgeglichene Objektive Nach der ersten Orientierung mit Aufsuchen eines genauer zu untersu-chenden Präparatebereichs wird das folgende Objektiv (meist 10-fach) in den Strahlengang gedreht. An leistungsfähigen Mikroskopen sind die Objektive abgeglichen – der zuvor gewählte Objektbereich liegt auch beim nächst größeren Objektiv ungefähr in der Mitte des Gesichtsfeldes und muss nur noch durch Nachdrehen am Feintrieb fokussiert werden. Somit ist gewöhnlich nicht zu befürchten, dass das sich stärker vergrö-ßernde Objektiv hörbar in das Präparat vertieft. Auch beim Zuschalten noch stärkerer Objektive (40- oder 100-fach) ist dieses Problem nicht zu befürchten, wenngleich besondere Sorgfalt beim Wechsel der stark ver-größernden Objektive immer angeraten ist. Bei der Verwendung des Lupen- oder Suchobjektivs (3,5-fach) ist das vorgewählte Objekt komplett oder zumindest in größeren Anteilen zu überblicken. Das ändert sich nun beim Umschalten auf die nächste Ver-größerung (10er-Objektiv), denn damit wird der dargestellte Ausschnitt aus dem Präparat kleiner. Je stärker ein Objektiv vergrößert, umso klei-ner ist der davon erfasste Objektausschnitt. Dieser Sachverhalt zeigt sich auch, wenn man sich vergleichend die Durchmesser der verschiedenen Objektivfrontöffnungen anschaut.

9. Mit offenen Augen arbeiten Beim Arbeiten und Beobachten an Instrumenten mit nur einem Okular (= monokularer Einblick) hält man grundsätzlich immer beide Augen of-fen. Auf keinen Fall sollte man das nicht durch das Okular beobachtende Auge ständig zukneifen, weil dies auf Dauer außerordentlich anstren-gend und ermüdend ist. Besonders Geübte können mit dem einen Auge im Mikroskop beobachten und mit dem anderen eine parallel dazu ent-stehende Zeichnung kontrollieren.

10. Entspannt beobachten Weniger Geübte verfallen zunächst in den Fehler, ihre Augen zur Wahrnehmung der Objektstrukturen auf normalen Leseabstand zu trimmen. Auch dieses Vorgehen strengt enorm an und ermüdet in kur-zer Zeit. Ein Präparat betrachtet man daher immer so, als lägen die Ob-jektdetails irgendwo in größerer Distanz in der Landschaft – d.h. mit völlig entspannter, auf unendlich eingestellten Ciliarmuskulatur. Somit

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180 16 Mikroskopieren

schaut man also nicht in ein Mikroskop hinein, sondern hindurch wie beim Teleskop. Es ist also unnötig, die Augenlinsen wie beim Einfädeln eines Nähfadens in ein winziges Nadelöhr ständig unter Spannung zu halten. Zum Entspannen der Ciliarmuskeln, welche die Augenlinse für die Nahsicht krümmen, schaut man einmal kurz aus dem Fenster auf einen entfernten Gegenstand und in dieser Augeneinstellung gleich an-schließend durch das Mikroskop.

11. Fliegende Flecken Manchmal bemerkt man beim Arbeiten am Mikroskop – ähnlich wie beim Betrachten einer hellen Wolke – unregelmäßige dunklere Flecken, die mit jeder Augenbewegung über das Gesichtsfeld huschen. Dabei handelt es sich um die Schatten von (vorübergehenden) Schlieren in der Augenflüssigkeit, die das helle Mikroskopierlicht auf die Netzhaut projiziert.

16.4 Köhler’sche Beleuchtung

Aus der Maßstabszahl des Objektivs und der Sehfeldzahl des Okulars ist abzuleiten, welche Fläche eines mikroskopischen Präparates man überhaupt überblicken kann. Die Köhler’sche Beleuchtung, zu der es eine komplexe physikalische Theorie gibt, erlaubt, mit wenigen Handgriffen ein Sehfeld von genau dieser Bemessung möglichst exakt auszuleuchten. Dieses Ver-fahren, 1893 von August Köhler entwickelt, leistet die beste Annäherung an die ideale Beleuchtung und ist der weithin akzeptierte Standard zur Einstel-lung eines Lichtmikroskops. Dazu muss das Mikroskop mit einem Konden-sor ausgestattet sein, der genau in der optischen Achse höhenverstellbar und außerdem an seitlichen Stellschrauben zu justieren ist. Ferner muss eine ein-stellbare Leuchtfeldblende und Kondensorblende (Aperturblende) vorhan-den sein. Die Einstellung der Köhler’schen Beleuchtung („Köhlern“) um-fasst die folgenden Schritte: • Das Bild eines mikroskopischen Präparates zunächst noch ohne Rück-

sicht auf die Beleuchtungsqualität scharf einstellen • Leuchtfeldblende (über der eingebauten oder angesteckten Mikrosko-

pierleuchte) schließen • Rand der Leuchtfeldblende durch Höhenverstellung des Kondensors

scharf einstellen • Leuchtfeldblendenöffnung zentrieren • Leuchtfeldblende so weit öffnen, dass das gesamte Gesichtsfeld gerade

ausgeleuchtet erscheint.

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16.5 Frisch- vs. Dauerpräparat 181

16.5 Frisch- vs. Dauerpräparat

Während der oben als Trainingspräparat eingesetzte Objektträger mit Glas-schramme eines der seltenen Beispiele für Trockenpräparate ist, die man auf den Objekttisch platziert und mikroskopiert, so wie sie sind, legt man die zu untersuchenden biologischen Objekte in den meisten Fällen in Was-ser und untersucht sie folglich als Frisch- bzw. Nasspräparat. Wasser dient dabei also als Einbettungsmedium. Seine Lichtbrechkraft

Abb. 16-2. Die richtige Wasserdosierung beim Frischpräparat

(Brechzahl nD = 1,33) ist so günstig, dass die zwischen Objektträger und Deckglas in einer flachen Minipfütze schwimmenden Objekte vom Be-leuchtungsstrahlengang optimal durchstrahlt werden. Würde man sie statt-dessen einfach in Luft legen, könnte das Mikroskop lediglich unergiebige Umrissbilder liefern, von denen man meist nicht einmal einen Farbeindruck gewinnen kann. Unter anderem ergibt sich dieser Effekt aus der kleinen Brechzahl von Luft (nD = 1,0002).

Während man unter Einbetten das Einlegen eines Objektes in ein völlig durchsichtiges, homogenes Untersuchungsmedium mit günstiger Brechzahl n versteht, meinen die Begriffe Einschließen oder Eindecken die Versie-

Wassermenge zu reichlich bemessen, und das Objekt be-findet sich nicht in Planlage – am Deckglasrand vorsichtig absaugen.

Wassermenge zu klein be-messen – eventuell ziehen Luftblasen in das Objekt. Am Deckglasrand eine kleine Menge aus der Pipette zu-geben.

Wassermenge ist exakt be-messen – das Objekt befindet sich in Planlage.

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182 16 Mikroskopieren

gelung fertiger und meist auch gefärbter Schnitte zum Dauerpräparat. Da-zu verwendet man ein spezielles, nur anfangs noch flüssiges Medium (Harz o.ä.), das in kurzer Zeit durch Polymerisation erstarrt.

Ein gutes Nass- oder Frischpräparat mit Wasser als Untersuchungsmedi-um herzustellen, ist zwar nicht schwierig, aber man kann dennoch ein paar vermeidbare Fehler begehen. So könnte zum Beispiel der einbettende Was-sertropfen zu groß bemessen sein (vgl. Abb. 16-2): Wenn das Deckglas auf dem Objektträger schwimmt oder auf seinem Wasserberg zu sehr in den Arbeitsraum der stärkeren Objektive ragt, wird die Beobachtung des betref-fenden Präparates kaum gelingen – der Wechsel vom 10er- auf das 40er-Objektiv schiebt das Deckglas erbarmungslos weg. Das Wasser läuft dann über die Objektträgerkante und verbindet das Präparat adhäsiv so fest mit dem Objekttisch, dass auch der beste Kreuztisch nichts mehr ausrichtet. Da-her verwendet man vorteilhaft immer nur so viel Wasser, dass es nicht über die Deckglasränder hinaus quillt. Überschüssiges Wasser saugt man mit ei-nem Stückchen Filtrierpapier bzw. Papiertuchzipfel ab. Zusätzlich drückt man beim Absaugen mit der Spitze einer Präpariernadel ein wenig auf das Deckglas. Weil sich auch dieses bei fallendem Flüssigkeitspegel zunehmend adhäsiv an den Objektträger anschmiegt, bringt es das Objekt in eine durch-aus wünschenswerte Planlage.

Dunkle Ränder, helle Säume Akribisch arbeitende Mikroskopiker empfinden Luftblasen im Präparat bzw. Objekt als erheblich störende Kunstfehler. So wenig erwünscht sie im Ob-jekt oder in seiner direkten Nachbarschaft auch tatsächlich sind, so interes-sant erscheinen sie als optische Gebilde. Je nach Geometrie der eingeschlos-senen Luftblase finden zum Teil recht komplizierte Ereignisse wie Beugung und Interferenz statt. Von diesen durchaus faszinierenden Lichtspielen im Blasenrandbereich kann man sich einen ersten Eindruck verschaffen, indem man ihn bei geschlossener Blende und stärkerer Vergrößerung mikrosko-piert. Bei sehr kleinen Luftblasen bleibt oft nur ein winziger, heller Licht-punkt im Zentrum erkennbar. Obwohl beide Komponenten des Präparates, Wasser und Luft, glasklare und durchsichtige Medien darstellen, grenzen sie sich mit einer breiten, nahezu schwarzen Kontur gegeneinander ab.

Luftblasen vermeidet man, indem man das Deckglas im Winkel von etwa 45° aufsetzt und dann vorsichtig absenkt. Sollten dennoch Luftblasen im Präparat eingeschlossen bleiben, hilft leichtes Klopfen oder Drücken mit der Präpariernadel. Mitunter lassen sich störende Luftblasen auch dadurch ver-meiden, dass man dem Beobachtungsmedium Wasser – soweit es das Un-tersuchungsobjekt zulässt – zuvor einige Tropfen eines Tensids zusetzt oder gleich 30%iges Ethanol verwendet.

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16.5 Frisch- vs. Dauerpräparat 183

Messen im Mikroskop Wenn man wissen möchte, wie groß ein bestimmter Einzeller oder wie lang der Diffusionsweg für bestimmte Moleküle ist, verwendet man ein Oku-larmikrometer (Messokular), das gegen ein Objektmikrometer mit einer eingravierten Mikroskala geeicht wurde (vgl. Abb. 16-3).

Beide betrachtet man im Mikroskop und stellt dann beispielsweise Fol-gendes fest: 10 Teilstriche auf dem Objektträgermikrometer (= Strecke von 1 mm = 1000 μm) sind bei Verwendung des 3,5-fach vergrößernden Ob-jektivs fast genauso lang wie 25 Teilstriche im Messokular. Also entspricht 1 Teilstrich im Okular einer Originalstrecke von 40 μm.

Abb. 16-3. Eichung eines Okularmikrometers mit einem Objektmikrometer

Betrachtet man nun beispielsweise die Zelle eines Moosblättchens und sieht, dass sie genauso lang ist wie der Abstand zwischen 2 Teilstrichen im Messokular, weiß man, dass sie tatsächlich rund 80 μm Länge misst. Auch für die übrigen beiden Objektive ermittelt man vergleichbare Umrechnungs-faktoren und hält sie in einer Tabelle im Beobachtungsbuch fest.

Für viele Zwecke ist es sinnvoll anzugeben, wie groß bei den verschiede-nen Objektiven die Fläche des Gesichtsfeldes ist bzw. welche Fläche der

0,0 0,05 0,1 0,15 0,2

0 1 2

Objektmikrometer Okularmikrometer

0,05 0,1 0,15

3 4

0 1 2

Im mikroskopischen Bild: 13,5 Teilstriche im Okularmikrometerentsprechen 0,1 mm im Objektmikrometer

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184 16 Mikroskopieren

vom Objektiv erfasste Objektausschnitt einnimmt. Die entsprechenden Zah-len gewinnt man leicht durch Berechnung der Kreisfläche unter Verwen-dung der jeweiligen Gesichtsfelddurchmesser in mm, die vom Messokular abzuleiten sind. Für ein durchschnittliches Labormikroskop ergeben sich beispielsweise 8,5 mm2, 1,53 mm2 sowie rund 0,10 mm2 bei Verwendung eines 3,5-, 10- bzw. 40-fach vergrößernden Objektivs in Kombination mit einem 10er-Okular. Mit solchen Maßzahlen kann man unter anderem be-rechnen, wie viele Zellen auf einen Quadratzentimeter eines bestimmten Objektes entfallen, wie dicht die Spaltöffnungen eines Laubblattes verteilt sind oder wie der leitende Querschnitt eines Leitbündels in einem Stängel ausfällt.

Ständige Unruhe In vielen Präparaten tänzeln die darin enthaltenen Partikeln auf kleinstem Raum entlang feiner Zickzacklinien völlig ungeordnet durcheinander. Die-ses chaotische Teilchenhüpfen hat erstmals der schottische Botaniker Ro-bert Brown (1773–1858) im Sommer 1827 beobachtet – unter anderem am pulverisierten Granit von einer ägyptischen Sphinx aus dem Britischen Museum. In allen Proben fand er das eigenartige Teilchenzittern und deu-tete es als deren aktive Eigenbewegung. Viele weitere Mikroskopiker bes-tätigten seine Beobachtung. Das Phänomen nennt man seither Brown’sche Bewegung.

Um eine aktive Teilchenbewegung oder gar eine Bewegung einzelner Moleküle handelt es sich indessen tatsächlich nicht – vielmehr werden die einzelnen tänzelnden Partikeln passiv durch feinste, schlierenartige Dichte-schwankungen in der Untersuchungsflüssigkeit bewegt. Die stark vereinfa-chende Erklärung trifft dagegen nicht zu, wonach hier – bedingt durch die ständige Wärmebewegung der Wassermoleküle – eine Art Billard in Kleinstmaßstab abläuft. Insofern ist auch die häufig verwendete Bezeich-nung Brown’sche Molekularbewegung völlig unzutreffend.

Immersion – wirksame Verbesserung der Auflösung Gewöhnlich befindet sich zwischen der Frontlinse des eingesetzten Objek-tivs und dem Deckglas eines Präparates nur das Medium Luft. Die für diese Untersuchung konstruierten Mikroskopobjektive bezeichnet man daher ge-nerell als Trockenobjektive. Die höchste damit erreichbare numerische Apertur beträgt A = 0,95. Diese ist jedoch erheblich zu steigern, wenn man zwischen Frontlinse speziell konstruierter Immersionsobjektive und dem Deckglas eine besondere Immersionsflüssigkeit von hoher Brechzahl bringt, die dann im Abbildungsstrahlengang liegt. Auf diese Weise sind Aperturen bis A = 1,40 zu erreichen. Die speziellen Immersionsobjektive sind jeweils mit einem schwarzen Ring gekennzeichnet. Immersionsobjektive müssen nach jeder Benutzung sofort gereinigt werden. Dazu entfernt man das Im-

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16.6 Spezielle Beleuchtungsverfahren für spezielle Zwecke 185

mersionsöl durch Aufsaugen mit einem fusselfreien Reinigungstuch und tupft anschließend vorsichtig mit einer kleinen Menge Xylen (früher Xylol genannt;) nach. Vorsicht: Dämpfe sind gesundheitsschädlich! Auf keinen Fall einatmen!

16.6 Spezielle Beleuchtungsverfahren für spezielle Zwecke

Die gerätetechnische Seite eines ausbaufähigen Systemmikroskops be-schränkt sich nicht auf die Wahl der richtigen Objektive bzw. Okulare so-wie die Objektuntersuchung im konventionellen Hellfeld-Durchlicht. Viel-mehr lassen sich durch zum Teil recht aufwändige Sonderausstattungen alternative Beleuchtungsverfahren Strukturen und Objektdetails erkennen, die das gewöhnliche Durchlichtverfahren trotz ausgeklügelter und even-tuell sogar mehrstufiger Färbeverfahren nicht darstellen kann. Die meisten dieser Spezialverfahren dienen der Kontrastverstärkung der im Objekt be-findlichen Details. Beim Dunkelfeldverfahren können beispielsweise auch ungefärbte und kontrastschwache Objekte untersucht werden. Die Polarisa-tionsmikroskopie nutzt die Doppelbrechung mancher Objektstrukturen und liefert zum Teil außerordentlich farbenprächtige Bildeindrücke. Die Pha-senkontrastmikroskopie lässt auch sehr feine Strukturen ungefärbter Prä-parate erkennen und stellt die Objektdetails reliefartig plastisch dar. Mit ähnlichen Effekten, aber technisch etwas anderen Mitteln arbeitet das Dif-ferenzialinterferenzkontrast-Verfahren (DIC) nach Normarski oder die noch wenig verbreitete, aber vergleichsweise einfache und nachdrücklich empfehlenswerte Beugungskontrast-Technik nach Matthias. Wenn beide Verfahren nicht zur Verfügung stehen, kann man sich notfalls auch mit der Schiefen Beleuchtung weiterhelfen, die ebenfalls mithilfe stark betonter Brechungssäume räumlich erscheinende Bilder von kontrastarmen Objekt-strukturen bietet. Die Fluoreszenzmikroskopie stellt nur solche Objekt-strukturen dar, die zuvor mit besonderen Farbstoffen markiert wurden und in gewöhnlichem Licht nicht, sondern nur nach Anregung mit bestimmten Wellenlängen sichtbar sind. Dazu gehören beispielsweise die Elemente des Cytoskeletts oder manche Bandierungstechniken zur Visualisierung von Binnenstrukturen in Chromosomen (Chromomeren). Zu den besonders be-merkenswerten und recht aufwändigen Neuentwicklungen in der Lichtmik-roskopie gehört die Konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie (CLSM), mit der die Erzeugung dreidimensionaler Bilder möglich ist. Das jeweils anzuwendende Untersuchungs-verfahren hängt in gewissem Maße von den Objektqualitäten ab (vgl. Abb. 16-4).

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186 16 Mikroskopieren

Abb. 16-4. Untersuchungsvorhaben bzw. Objekteigenschaft bestimmen die Aus-wahl: Flussdiagramm zur Auswahl des richtigen Mikroskops und Beobachtungsver-fahrens (verändert nach Barker 2006)

Die operativen Einzelheiten dieser jeweils recht umfänglichen und fallwei-se auch aufwändigen Verfahrenstechnik und ihrer typischen Einsatzgebiete können hier aus Platzgründen nicht ausführlicher dargestellt werden und sind daher der vorliegenden Fachliteratur zu entnehmen. Technisch-physi-

Hellfeld, Dunkelfeld,Auflicht

Größe makroskopisch

mikroskopisch

Lage Petrischale u.a.

Objektträger

Standardmikroskop

ja Auflicht

Durchlichtmikroskopie

kontrastreich ja Hellfeld

ja Phasenkontrast

ja Polarisation

Fluoreszenz ja AutofluoreszenzEpifluorezenz

Inversmikroskop

Stereomikroskop

Dicke > 50 μm

doppelbrechend

transparent

Systemmikroskop

nein

nein

nein

nein

teils

nein

Objektqualität empfohlenesVerfahren

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16. 8 Instrumentenpflege 187

kalische Details der verschiedenen auch in der Laborroutine eingesetzten Verfahren der Kontrastverstärkung sind der reichlich vorhandenen Spezial-literatur ebenso zu entnehmen wie die zahlreichen heute verfügbaren cyto- bzw. histochemischen Färbeverfahren zur differenziellen Darstellung be-sonderer Objektstrukturen.

16.7 Dokumentation

Das Mittel der Wahl zur Dokumentation mikroskopischer Befunde oder Be-obachtungen ist die Fotografie. Gut ausgestattete Labormikroskope sind meist mit einem Kameraaufsatz bzw. Fototubus für den Anschluss einer konventionellen Spiegelreflexkamera ausgerüstet. Je nach Gerätetyp ist auch eine spezielle Kamera integriert, die mit einer automatischen Belich-tungssteuerung gekoppelt ist. Falls diese Zusatzausstattung nicht zur Verfü-gung steht, ist eine (weitgehend) zufrieden stellende fotografische Doku-mentation dennoch möglich, nämlich mit Foto-Handy oder Digitalkamera (DigiCam). Ein Foto-Handy ist zugegebenermaßen eher eine Notlösung, da die geräteeigene Optik bei den derzeit im Handel befindlichen Geräten eher dürftig ist, obwohl die Speicherkapazität (mit durchweg 2 GB) zumindest für eine gewisse Anzahl Aufnahmen völlig ausreicht. Digitalkameras sind im Vergleich dazu optisch wesentlich leistungsfähiger. Für eine Mikroauf-nahme legt man die Linse des Aufnahmegerätes vorsichtig auf das Okular, holt den gewünschten Objektbereich mit Zoom-Funktion und Autofokus möglichst nahe heran und löst aus. Zur Vermeidung verwackelter Aufnah-men umfasst man mit einer Hand das Mobiltelefon bzw. das Objektiv der DigiCam gleichzeitig mit dem Mikroskopokular und löst nach Bildkontrolle im Display aus.

16.8 Instrumentenpflege

Der ärgste Feind eines Mikroskopes ist der allgegenwärtige Staub. Man be-wahrt also sein Instrument zwischen den Einsätzen immer in einem entspre-chenden Behältnis oder zumindest unter einer Schutzhülle auf. Regelmäßig zu reinigen sind lediglich die Linsen – das Okular, weil es ständig in Kon-takt mit den naturgefetteten Augenwimpern des Beobachters (oder dem Au-gen-Makeup der Kollegin...) kommt, und das Objektiv, nachdem es viel-leicht doch einmal in eine Farblösung eintauchte. Solche und andere Verschmutzungen verursachen hoffnungslos unscharfe oder kontrastarme Bilder.

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188 16 Mikroskopieren

Lose anhaftende Verschmutzungen auf Linsen entfernt man mit einem kleinen Blasebalg (in Fotofachgeschäften erhältlich, dient auch zum Reini-gen von Kameras) oder mit einem weichen, fettfreien Malpinsel, den man zuvor mehrfach in Waschbenzin oder Feuerzeugbenzin gereinigt hat. Put-zen mit ungeeigneten Textilien führt erfahrungsgemäß zu Kratzern, welche die Bildqualität erheblich beeinträchtigen.

Nicht abwischbare oder sonstwie angekrustete Beläge entfernt man mit wenig Wasser (Anhauchen der Linse genügt meistens, sonst etwas Wasser mit einem Spritzer Spülmittel) und einem Mikrofaserputztuch oder Linsen-papier (in Optikfachgeschäften) bzw. einem nicht fusselnden, bereits häufig gewaschenen Leinentuch.

Nur bei sehr hartnäckiger Verschmutzung verwendet man Waschbenzin oder Diethylether (Vorsicht: Dämpfe nicht einatmen!), niemals jedoch Al-kohol (daher auch keine Glas- oder Fensterputzmittel), weil dieser die Lin-senverkittung angreifen könnte. Ansonsten ist ein Lichtmikroskop praktisch wartungsfrei.

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Photometrieren

Die Spektroskopie, auch Spektralphotometrie, Spektrophotometrie oder ein-fach nur Photometrie genannt, umfasst eine Anzahl experimenteller Mess-verfahren, die generell die Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit Materie nutzen. Diese quantifizierenden Verfahren haben eine überra-gende Bedeutung nicht nur in der naturwissenschaftlichen Forschung, son-dern auch in der täglichen Praxis von Kontrolllabors. Sie gestatten nämlich einerseits die Identifizierung von Stoffen in einer Lösung anhand von cha-rakteristischen Absorptionsspektren, ermöglichen aber auch eine exakte Be-stimmung der Konzentration eines gelösten Stoffes.

Bei der Spektroskopie wird das Licht einer definierten Lichtquelle in ein Spektrum zerlegt (Farbzerlegung). Stoffe, die spektral untersucht werden sollen, setzt man einer bestimmten Lichtqualität (= Farbe), d.h. einer be-stimmten Wellenlänge λ aus. Aus dem Absorptions- bzw. Extinktions-verhalten lassen sich wichtige Rückschlüsse auf die Qualität oder die Quan-tität bestimmter zu untersuchender Stoffe ziehen. Spektroskopische Methoden sind wichtige Analyseverfahren der Physik, Chemie und Bio-chemie. Sie finden zudem in der Astronomie Anwendung, weil das Licht von Himmelskörpern bemerkenswerte Rückschlüsse auf die Eigenschaften von Lichtemittenten im Weltall erlaubt. Spektroskopische Untersuchungen waren auch entscheidend wichtig für die Aufklärung des Schalenaufbaus der Atome und die Entwicklung der Quantenmechanik.

Pioniere der Spektroskopie waren Gustav Kirchhoff (1824–1887) und Robert Bunsen (1811–1899), die 1859 in Heidelberg entdeckten, dass ver-schiedene chemische Elemente die Flamme eines Gasbrenners in charakte-ristischer Weise färben. Joseph von Fraunhofer (1787–1826) hatte bereits 1814 im Spektrum des Sonnenlichtes zahlreiche dunkle Linien entdeckt, die man später nach ihm als Fraunhofer’sche Linien bezeichnete. Er konnte dieses Phänomen aber nicht genauer erklären, weil die notwendigen Kennt-nisse des Atombaus und der Vorgänge bei der Absorption und Emission von Licht noch nicht verfügbar waren.

Bei der Wechselwirkung von Strahlung und Materie unterscheidet man unter anderem die folgenden Möglichkeiten:

17

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190 17 Photometrieren

• Elastische Streuung: Man beobachtet nur eine Impulsänderung der Photonen. Beispiele sind die Beugung von Röntgen-, Elektronen- und Neutronenstrahlung.

• Inelastische Streuung: Resonante Absorption und Emission von Photo-nen bzw. Lichtquanten.

17.1 Spektroskopie und Photometrie

Im Allgemeinen verwendet man die Bezeichnung Spektroskopie auch für die Messung der Energieverteilung von Gamma-Strahlen oder Strahlung von Teilchen wie Alpha- und Beta-Strahlen oder von freien Neutronen. Spektroskopie bzw. Photometrie im engeren Sinn bezieht sich dagegen überwiegend auf die Untersuchung, bei welchen Frequenzen bzw. Wellen-längen eine bestimmte Substanz Energie in Form von Lichtquanten bzw. elektromagnetischen Wellen aufnehmen (absorbieren) oder abgeben (emit-tieren) kann.

Die Energie eines Lichtquants oder die entsprechende Frequenz einer elektromagnetischen Welle lässt sich mit der Energiedifferenz zweier quan-tenmechanischer Zustände der zu untersuchenden Substanz wiedergeben:

∆E = h ⋅ v [Gl. 17-1]

Darin bedeuten h die Planck’sche Konstante, ν die Frequenz des Lichts und ΔE die Energiedifferenz. Diese Beziehung ist die Grundgleichung der Spektroskopie. Die Energiedifferenzen quantenmechanischer Zustände sind von der stofflichen Zusammensetzung einer Probe und von ihrer atomaren bzw. molekularen Struktur abhängig. Die von den Stoffen ausgehende Strahlung enthält daher wichtige Informationen. Mithilfe der Spektroskopie lassen sich somit aus dem gemessenen Spektrum wichtige Rückschlüsse auf den strahlenden Körper ziehen, beispielswiese auf seine Struktur, Tempera-tur und Bewegung (Doppler-Effekt).

Die Spektroskopie umfasst einen großen Teil des elektromagnetischen Spektrums einschließlich des sichtbaren Lichtes und reicht von der kurz-welligen Gamma-Strahlung bis zu langwelligen Radiowellen. Die Präzisi-onsspektroskopie ermöglicht es, aus der genauen Lage oder der Stärke von Spektrallinien physikalische Größen, zum Beispiel bestimmte Natur-konstanten zu bestimmen. Die wellenlängengenaue Untersuchung der Lichtemission und -absorption von Molekülen und Atomen mithilfe von Gitter- und Prismenspektrometern sind die am längsten eingesetzten spektroskopischen Verfahren. Das Element Helium wurde zuerst durch

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17.1 Spektroskopie und Photometrie 191

spektroskopische Untersuchungen des Sonnenlichtes erkannt. Besondere Erfolge der astronomischen Spektralanalyse und Spektroskopie sind die als Doppler-Effekt gedeutete Rotverschiebung des Lichtes von Sternen bzw. Galaxien, die Quantifizierung der Wirkung von Magnetfeldern auf die Sonne und helle Sterne (Zeeman-Effekt) sowie vor allem die Bestim-mung von Sterntemperaturen und ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Spektralklassen des Hertzsprung-Russel-Diagramms.

Abb. 17-1. Einteilung des elektromagnetischen Spektrums

Bei der Molekülspektroskopie untersucht man die Wechselwirkung von Molekülen mit elektromagnetischen Feldern. Dies ermöglicht die Charakte-risierung molekularer Eigenschaften wie beispielsweise die Bindungslängen und -stärken, aber auch die Identifizierung der atomaren Bestandteile. Die beobachteten Molekülspektren unterscheiden sich von den Atomspektren durch deutlich mehr und meist überlappende Linien, die Banden. Der Grund dafür ist, dass die Moleküle nicht nur durch Elektronenübergänge, sondern auch bei Schwingungen der Atome gegeneinander und durch Rota-tionen des Moleküls um eine seiner Achsen Energie absorbieren oder emit-tieren (vgl. Abb. 17-1).

Zur Messung der Absorptions- oder Emissionseigenschaften einer Sub-stanz im UV- oder sichtbaren Bereich des Spektrums (UV/VIS-Photo-metrie) verwendet man ein Spektralphotometer (Abb. 17-2). Darin wird das von einer Lichtquelle emittierte Licht mit Hilfe eines Monochroma-tors spektral zerlegt. Über besondere Filtereinrichtungen (Kanten-, Interfe-renz- oder andere Filter) wählt man aus dem Lampenspektrum möglichst engbandig eine bestimmte Wellenlänge aus, in der die zu photometrieren-de Verbindung besonders gut absorbiert, beispielsweise die Wellenlänge λ = 340 nm für die Messung des Übergangs von reduziertem Nicotinsäure-amid-adenin-dinucleotid (NADH) in seine oxiderte Form NAD+. Bei der

Wellenlänge (nm):3 × 10-8 3 3 × 102 3 × 103 3 × 105 3 × 1012

Frequenz (Hz):1022 1016 1014 1012 105

Kernübergänge Übergänge Spin-Orientierung Übergänge Valenzelektronen ESR NMR innerer Elektronen Molekülschwingung Molekülrotation

γ- und Röntgen UV IR Mikrowellen/ RadiostrahlungStrahlung Licht

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192 17 Photometrieren

Aufnahme eines Absorptionsspektrums wählt man den interessierenden Spektralbereich aus und lässt vom Spektralphotometer sukzessive dessen Wellenlängen auf die Messprobe einstrahlen. Der Detektor (Photomulti-plier) bzw. die damit gekoppelte Messelektronik vergleicht die Intensität des absorbierten oder des emittierten Lichtes in Abhängigkeit von der Wellenlänge. Mess- und Ausgabegröße sind entweder die Transmission (= Prozentanteil des nicht absorbierten Lichtes) oder die Extinktion (Ab-sorption, Optische Dichte), die keine Einheit hat und Werte zwischen 0 und 1 annimmt. Für jede das Licht absorbierende Substanz ist der mo-lare Extinktionskoeffizient ε bekannt oder zu ermitteln. Er gibt die Ab-sorption einer reinen Verbindung in einer Lösung mit der Stoffmengen-konzentration c = 1 mol L–1 an.

Abb. 17-2. Schema zum Aufbau eines Spektralphotometers

Ein praktisches Laborbeispiel für die Anwendung der Spektroskopie ist die photometrische Konzentrationsbestimmung eines Stoffes in Lösung. Manche Substanzen erscheinen uns deswegen farbig, weil sie Licht einer bestimmten Wellenlänge absorbieren. Meist liegt das Absorptionsmaximum (λmax) in einem sehr engen Wellenlängenbereich des sichtbaren Spektrums (ca. 400–700 nm). In diesem Bereich lässt eine Lösung der farbigen Sub-stanz das eingestrahlte Licht infolge der Absorption nur teilweise durch. Der Logarithmus des Verhältnisses von eingestrahlter (I0) zu durchgelassener Lichtmenge (I) wird als Extinktion (E) bezeichnet. Dabei gilt folgende Be-ziehung:

E = lg I0 / I [Gl. 17-1]

Die Extinktion ist in einem weiten Bereich, in dem gemessen werden kann, der Konzentration des gelösten Stoffes proportional (Lambert-Beer’sches Gesetz):

E = ε × d × c [Gl. 17-2]

Darin bedeuten ε: molarer Extinktionskoeffizient d: Schichtdicke

Lichtquelle Monochromator Filter Messkammer Detektor Anzeige (Küvette) (Photomultiplier)

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17.2 Szintillationsspektrometrie 193

c: Konzentration Die Extinktion ist demnach umso größer, je konzentrierter die Lösung der betreffenden Substanz ist. Diese Tatsache verwendet man zur Konzentrati-onsbestimmung. Die Methode ist in der medizinischen und biochemischen Analytik unentbehrlich geworden und soll hier an einem Beispiel vorgestellt werden. Dabei geht es um die photometrische Konzentrationsbestimmung einer Lösung von Kaliumferricyanid K3Fe(CN)6: Mit dem Spektralphotometer wird die Extinktion von Lösungen genau eingestellter Konzentrationen (Verdünnungsreihe einer Ausgangslösung von 1 g Kaliumferricyanid in 1000 mL Wasser bei 400 nm gemessen. Es zeigt sich, dass die Extinktionswerte mit abnehmender Konzentration weitgehend linear abfallen. Die Messergebnisse stellt man tabellarisch und graphisch in einem Koordinatensystem (Ordinate: Extinktion; Abszisse: Konzentration in mmol L–1) dar. Nachdem die relativen Konzentrationen der Farbstoff-Lösungen (Verdünnungsreihe mit 1/1, 1/2, 1/4, 1/10 der Ausgangskonzent-ration) in absolute Angaben wie mmol L–1 umgerechnet wurden, steht eine Eichkurve zur Verfügung, mit deren Hilfe man die Konzentration einer oder mehrerer Testlösungen bestimmen kann.

17.2 Szintillationsspektrometrie

Ein bedeutender Spezialanwendungsbereich der Spektralphotometrie ist die in der analytischen Biochemie häufig eingesetzte Szintillationsspektro-metrie, auch Flüssigkeits-Szintilliationsspektrometrie oder LSC (liquid scintillation counting) genannt. Dieses Verfahren dient der Bestimmung der in einer Probe enthaltenen Art und Menge von Radioisotopen, bei-spielsweise nach Markierungsexperimenten mit Tritium 3H oder Radiokoh-lenstoff 14C. Ein exakt abgemessenes Probenvolumen gibt man in einen Szintillations-Cocktail. Darin wird zunächst das organische Lösemittel, meist Toluen (Toluol) oder 1,3-Dimethoxy-benzol, durch die β-Teilchen der zerfallenden Radioisotopen angeregt. Sie geben dann ein Fluoreszenz-signal im UV-Bereich (ca. 260–340 nm) ab, das technisch jedoch relativ schwer zu registrieren ist. Dem Lösemittel mischt man daher eine besonde-re Verbindung bei, die das kurzwellige Fluoreszenzlicht aufnimmt und bei größerer Wellenlänge (meist > 400 nm) abstrahlt: Dieser Hilfsstoff wird primärer Szintillator genannt. Häufig eingesetzte Verbindungen dieses Typs sind 2,5-Diphenyl-oxalzol (PPO) oder 2-(4-Butyl-phenyl)-5-(4-bi-phenylyl)-1,3,4-oxadiazol (=Butyl-PBD). Gegebenenfalls enthält der Cock-tail zur Verbesserung der Messausbeute einen sekundären Szintillator wie 1,4-Bis-(5-phenyl-oxazol-2-yl)-benzol (POPOP), der das Fluoreszenzsignal

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194 17 Photometrieren

nochmals in den Bereich größerer Wellenlänge verschiebt, das über einen Photonenvervielfacher aufgenommen und als elektrischer Impuls in die Messelektronik eingespeist wird. Der Energietransfer vom β-Teilchen auf ein Lösemittel-Molekül und von dort auf den primären Szintillator dauert nur etwa 10–9 bis 10–3 s.

Die längerwelligen Fluoreszenzsignale sind abhängig von der Menge der radioaktiven Zerfallsakte in der Probe. Von den tatsächlich ablaufenden Zerfallsakten (festgelegt als dpm = desintegrations per minute, früher be-zeichnet in der Einheit Curie, 1 Ci = 3,7 × 1010 Zerfälle s–1, heute angegeben in der Einheit Becquerel Bq, 1 Bq = 1 Zerfall s–1; 1 Ci = 3,7 × 1010 Bq) wer-den methodisch bedingt nicht alle erfasst. Die tatsächlich gezählten Impulse (cpm = counts per minute) müssen daher mit einem Korrekturfaktor verse-hen werden, der die Umrechnung auf die in der Probe enthaltene Isotopen-menge erlaubt.

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Sterilisation und steriles Arbeiten

Verlässliche Wissenschaft, die objektive und reproduzierbare Ergebnisse anstrebt, erfordert nicht nur korrektes, sondern auch absolut sauberes Arbei-ten durchaus im Wortsinn. Wichtigster Grundsatz ist dabei die ausschließli-che Verwendung von Reaktionsgefäßen bzw. Apparaturen(teilen) ohne an-haftende (an)organische oder biologische Materialspuren vorangegangener Arbeitsschritte, die in nachfolgende Analyse- oder Präparationsabschnitte verschleppt werden könnten. Das gilt insbesondere für radiochemisches Ar-beiten. Die überaus gründliche Reinigung aller verwendeten Materialien ist demnach eine Selbstverständlichkeit, die man aber dennoch nicht oft genug betonen kann. Wichtige Empfehlungen für die Reinigung von Laborgeräten (insbesondere Laborgläsern) sind in Kapitel 4 und 7.7 enthalten.

Die analytische Sauberkeit der verwendeten Labormaterialien reicht fall-weise aber noch lange nicht aus. Viele biologische Forschungsarbeiten, bei-spielsweise die Anzucht und das Experimentieren mit Reinkulturen, sowie industrielle Produktionsabläufe erfordern steriles Arbeiten. In solchen Fäl-len dürfen die verwendeten Apparaturen und Reagenzien keine mikrobiellen Verunreinigungen aufweisen. Bakterien, Pilzsporen und andere Mikroorga-nismen sind normalerweise in der Umwelt ubiquitär – es gibt faktisch keine Oberflächen, die sie nicht besiedeln: In der gewöhnlichen Raumluft sind etwa 500 Bakterien/m3 (meist an schwebende Partikeln gebunden) enthal-ten. Entsprechend höhere Bakterienzahlen und mikroskopisch kleine Dia-sporen finden sich in Staubdepots. Haut und Haare des Laborpersonals sind ebenfalls permanente Mikrobenhabitate. Allein auf der Haut siedeln übli-cherweise bis über 1000 Bakterien/cm2 Oberfläche. Ein kräftiger Hände-druck kann mehrere tausend Keime/cm2 abgeben. Unter anderem sind auch die Epithelien der oberen Atemwege normalerweise von meist harmlosen Bakterien intensiv kolonisiert und für steriles Arbeiten im Labor insofern eine potenzielle Problemzone. Steriles Arbeiten etwa in Kliniken verlangt deshalb immer einen Mundschutz sowie eine Verhüllung des Kopfhaares und der Kleidung insbesondere der Schuhe.

Unter Sterilisation (gelegentlich auch Sterilisierung genannt) im labor-technischen Kontext versteht man alle geeigneten Verfahren, mit denen man Materialien (auch Lösungen) und Gegenstände (Geräte) von anhaftenden oder enthaltenen lebenden Mikroorganismen oder deren Dauerformen be-freit, indem diese abgetötet oder irreversibel inaktiviert werden. Die Sterili-

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196 18 Sterilisation und steriles Arbeiten

sation schließt auch die Zerstörung von Viren (sind keine Mikroorganis-men) sowie Prionen (infektiöse Proteine) ein, bei gentechnischen Arbeiten auch die Denaturierung von Plasmiden und Nucleinsäure-Fragmenten. Der Begriff der Sterilisation ist demnach umfassender als die häufig verwendete und so nicht zutreffende Umschreibung keimfrei.

Mit Kontamination bezeichnet man dagegen die zufällige, unabsichtli-che, unbemerkte Verschleppung unerwünschter Mikroorganismen in bereits sterile Lösungen, Reaktionsansätze, Nährböden, Laborgeräte oder sonstige Objekte (Verpackungen, Pharmazeutika, OP-Instrumente). Die Vermeidung einer Kontamination von Sterilgut erreicht man durch konsequente Beach-tung der sterilen Arbeitstechnik. Alle Maßnahmen zur Vermeidung einer Kontamination fasst man unter den Begriff Asepsis.

Die komplette Sterilisation von Laborgut jeglicher Qualität ist zwar eine wichtige Option, aber in der Praxis nicht oder nur selten erreichbar. Realis-tisch spricht man daher von der Reduzierung der Anzahl an vermehrungsfä-higen Mikroorganismen um einen anwendungsbezogen unterschiedlichen Faktor. Bei allen Sterilisationsverfahren ist daher mit einer gewissen, wenn auch fallweise sehr geringen Kontaminationswahrscheinlichkeit zu rechnen. Vergleichbar der Zerfallskinetik radioaktiver Isotope nimmt bei den ver-schiedenen Sterilisationsverfahren der Anteil abgestorbener Individuen ei-ner Population von Mikroorganismen in jedem Zeitintervall zu. Die Zeit, in der 90% einer vorgegebenen Population absterben – der Bestand lebender bzw. lebensfähiger Zellen oder Virionen (= einzelne Viren) also auf 1/10 und damit um eine Zehnerpotenz reduziert wird –, bezeichnet man als Dezimalreduktionszeit D (auch D-Wert oder dezimale Reduktionszeit ge-nannt). Bei Verwendung von Temperatur als Sterilisationsverfahren gibt man diese als Subskript (tief gestellten Index) zusätzlich und damit genau an: D100 °C bedeutet demnach die dezimale Reduktionszeit bei 100 °C.

Gegenüber der Desinfektion erwartet man von der eigentlichen Sterilisa-tion eine um mindestens eine Zehnerpotenz höhere Wahrscheinlichkeit der vollständigen Abtötung aller Mikroorganismen. Über 90% aller Keime wer-den über die Hände übertragen. Deshalb hängt man in Krankenhäusern Hy-gienespender mit Desinfektionsmitteln auf. Konventionelles Händewaschen – auch mit Seife – reicht deshalb nicht, weil dabei kaum oder zu wenig Keime abgetötet werden. Vor allem Staphylococcus aureus, der Lungenent-zündungen und andere Infektionen verursachen kann, macht Probleme, da er sich häufig gegenüber Antibiotika als resistent erweist. Das Tragen von Handschuhen im Labor ist deshalb nicht nur zum Schutz der Haut vor Che-mikalien, sondern auch aus Gründen der Handhygiene zum sterilen Arbeiten nicht nur für Chirurgen notwendig.

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18.2 Sterilisation durch Erhitzen 197

Unter einer axenischen Kultur versteht man eine Reinkultur ohne Ver-unreinigung durch andere Organismen, beispielsweise eine unialgale Kultur, in der nur ein bestimmter Stamm der einzelligen Grünalge Chlamydomonas reinhardii wächst, aber durchaus auch Bakterien enthalten sind. Die Be-zeichnung wird oft im Sinne von „steriler Kultur“ gebraucht, ist aber sach-lich keineswegs identisch.

18.1 Wichtige Sterilisationsverfahren

Tabelle 18-1 listet überblicksweise die üblichen Verfahren der Sterilisation auf. Dabei kommen physikalische und chemische Methoden zum Einsatz. Ein universell anwendbares Sterilisationsverfahren gibt es nicht. Die Wahl der Methode hängt von mehreren Parametern ab, etwa von der Qualität des Sterilisationsgutes und dem Grad der Kontamination. Außerdem sind die verschiedenen Verfahren unterschiedlich zuverlässig. Als sicherste Methode wird generell das Autoklavieren von Probengut angesehen.

Tabelle 18-1. Verfahren zur Keimreduzierung

Abtötendes Agens Verfahren

Temperatur Autoklavieren Tyndallisieren Kochen Heißluft Ausglühen Abflammen

Chemikalien Gassterilisation Desinfektion

Strahlung UV-Strahlung Röntgenstrahlung Radioaktivität

Sterilfiltration

18.2 Sterilisation durch Erhitzen

Das Abtöten von Mikroorganismen durch erhöhte Temperatur geht vor al-lem auf die irreversible Denaturierung ihrer Proteine zurück. Bei der Ein-wirkung trockener Hitze ist vor allem die Oxidation anderer Zellkomponen-ten von Belang. In jedem Fall folgt die Abtötung der Mikroorganismen

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198 18 Sterilisation und steriles Arbeiten

einer Wahrscheinlichkeitsfunktion – die Zahl der überlebenden Zellen einer vorgegebenen Population nimmt exponentiell mit der Zeit ab. Der bereits vorgestellte D-Wert beschreibt den Wirkungsgrad. Eine Keimzahlverminde-rung um fünf Zehnerpotenzen eliminiert 99,999% der Ausgangspopulation.

Die wirksamste und zugleich sicherste Methode der Hitzesterilisation ist das Autoklavieren (Dampfsterilisation) mit gespanntem, unter erhöhtem Druck stehenden Wasserdampf in einem dickwandigen Druckbehälter (Au-toklav, Dampfsterilisator). Bei 100 °C weist Wasserdampf einen Druck von 101 kPa bzw. 1,01 bar auf. Im geschlossenen System erreicht er bei 115 °C bereits 170 kPa (1,7 bar) und bei 134 °C sogar 304 kPa (3,04 bar). Sofern das Sterilisiergut genügend hitzestabil ist (Glas, Metall, manche Kunststof-fe, Wasser und wässrige Lösungen anorganischer Substanzen), autoklaviert man 5 min lang bei 134 °C. Die Abtötungszeit ist für verschiedene Mikro-organismen unterschiedlich: Für Mycobacterium tuberculosis beträgt die D61,5 °C = 3 min; für die meisten vegetativen Bakterien, Hefen und Schim-melpilze ist von D100 °C = 5 min auszugehen.

Zu berücksichtigen ist allerdings, wonach der D-Wert die Wahrschein-lichkeit angibt, dass 90% der Bakterienpopulation in der angegebenen Zeit abgetötet wurden und 10% der Individuen überleben. Ein auf den Zeitraum 2 D ausgedehntes Erhitzen erhöht die Wahrscheinlichkeit des Abtötens auf 99%. Bei einem Ausgangsgehalt von 103 Individuen ist demnach zum Er-reichen einer relativ sicheren Sterilität einer Probe eine Einwirkungszeit von mindestens 5 D erforderlich. Für die Zerstörung von Hepatitis B-Viren setzt man heute 30 min bei 100 °C an, für Prionen 18 min bei 134 °C und 3 bar. Beim Autoklavieren sind wegen des Arbeitens mit erhöhtem Druck unbe-dingt die relevanten Sicherheitsvorschriften zu beachten!

Unter Tyndallisieren, auch als fraktionierte Sterilisation bezeichnet und nach dem irischen Physiker John Tyndall benannt, versteht man das dreima-lige Erhitzen von Lösungen oder Nährböden im Wasserbad auf 80–100 °C für jeweils 30 min an drei aufeinanderfolgenden Tagen. Die Methode ist nicht allzu zuverlässig, aber bedenkenswert für solche Ansätze, die ein Au-toklavieren nicht vertragen.

Die Heißluftsterilisation nutzt die abtötende Wirkung trockener Hitze. Sie erfordert jedoch im Unterschied zum Autoklavieren wesentlich längere Einwirkungszeiten. Sie wird überwiegend im industriellen Bereich bei-spielsweise bei Einwegpipetten und Verpackungsmaterialien angewendet. Die Sterilisierzeit beträgt bei 160 °C im Allgemeinen 180 min, bei 180 °C 30 min.

Das Abflammen und Ausglühen von Laborgeräten erfolgt mithilfe von Gasbrennern (Bunsen- oder Teclu-Brenner; Kartuschenbrenner mit Sicher-heitsaufsatz). Beim Abflammen werden Pinzette, Scheren, Spatel und Skalpelle für kurze Zeit in die Flamme gehalten, ohne sie zum Glühen zu

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18.3 Sterilisation mit chemischen Mitteln 199

bringen. Zuverlässiger ist das Ausglühen, indem man die betreffenden (Metall-)Geräte wie Impfnadeln und -ösen in den Außenkegel einer Bren-nerflamme hält. Gelbglut bei ca. 1000 °C tötet alle etwaigen anhaftenden Mikroorganismen in weniger als 1 s ab. Vor der weiteren Verwendung müssen die betreffenden Instrumente auskühlen, beispielsweise durch Ein-tauchen in steriles Wasser.

18.3 Sterilisation mit chemischen Mitteln

Sofern das Sterilisationsgut thermolabil ist und eine Behandlung mit den unter 18.1 benannten Verfahren nicht verträgt, greift man eher zu abtöten-den Chemikalien. Bei der chemischen Trockenantiseptik erfolgt die Abtö-tung der Mikroorganismen mit gasförmig auf Oberflächen einwirkenden Substanzen. Vielfach und fast ausschließlich im industriellen Bereich wird das hochgiftige Ethylenoxid verwendet, ein zyklischer Ether (1,2-Epoxy-ethan), der in Deutschland nicht für den Einsatz an Lebensmitteln zuge-lassen ist. Verpackungen oder Geräte einer entsprechenden Vorbehandlung tragen die Kennzeichnung EO. Andere Agenzien sind der recht toxische Formalaldehyd (Methanal, H2C=O), dessen Dämpfe Augen und Atemwege reizen, zudem allergische Reaktionen auslösen können und möglicherweise cancerogen sind. In der Lebensmittelbranche (vor allem in der Getränkein-dustrie) setzt man überwiegend die ebenfalls hautreizende Peroxyessigsäure (H3C-CO-OOH) ein.

Zu den chemischen Verfahren gehören schließlich auch alle der Des-infektion dienenden Maßnahmen, die gewöhnlich nur eine deutliche Keimreduzierung, jedoch kaum eine zufrieden stellende Sterilisation leis-ten. Statt der vom Fachhandel angebotenen breiten Produktpalette für Hände und Arbeitsflächen kann man auch 70%iges (v/v) Ethanol (oft mit toxischem Pyridin vergällt), jedoch keinen Brennspiritus verwenden!. Gleichwertig sind auch 50%iges 1-Propanol (n-Propanol) oder 60%iges 2-Propanol (Isopropanol, i-Propanol, früher Isopropylalkohol genannt) zu verwenden. Beim Versprühen ist die Brand- und Explosionsgefahr zu be-achten. Schließlich ist im technischen wie im medizinischen Bereich auch der Einsatz von Wasserstoffperoxid (H2O2) in verschiedenen Konzentrati-onen üblich.

Für die Gerätedesinfektion haben sich auch eine 2%ige Glutaraldehyd- (Glutardialdehyd-) Lösung oder Peroxyessigsäure bewährt. Beide Mittel sollten nur unter dem Abzug verwendet werden. Da bei den zuletzt benann-ten Verfahren die keimtötenden Chemikalien als Flüssigkeit auf die zu be-handelnden Oberflächenbehandlung aufgetragen werden, spricht man auch

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200 18 Sterilisation und steriles Arbeiten

von Nassantiseptik. Alle organischen Chemikalien, die der Sterilisation dienen, sind grundsätzlich nur unter dem Abzug zu verwenden!

18.4 Sterilisation durch Strahlen

Die Strahlensterilisation erfolgt durch energiereiche ionisierende Strahlung, die hinreichend tief in das Sterilisiergut eindringen. Es kommen dafür Gammastrahlung aus radioaktiven Quellen (meistens 60Co) oder auch Röntgenstrahlen in Frage. Die Anwendungen beschränken sich fast aus-schließlich auf den industriellen Bereich, wenn etwa medizinische Bedarfs-artikel (Einwegspritzen, Verbandmaterial u.a.) sterilisiert werden, ferner auf Verpackungsmaterialien für Pharmazeutika. In der Laborpraxis setzt man dagegen fast ausschließlich UV-Strahlung ein. Zelltötend wirkt vor allem das Wellenband 200–280 nm (UV-C). Das Wirkungsoptimum liegt bei der Wellenlänge 260 nm, die vor allem von den Nucleinsäuren absorbiert wird. Energiereiche UV-Strahlen lösen in der DNA strukturelle Veränderungen aus, darunter besonders häufig kovalente Ringschlüsse zwischen kettenbenachbarten Pyrimidinbasen (Cytosin und Thymin). Sie stören die DNA-Replikation und führen schließlich zum Zell-tod. Die eingesetzten Strahlenquellen sollten Wellenlängen unter 200 nm al-lerdings nicht durchlassen, da sonst toxisches Ozon entsteht. UV-Strahlung setzt man in unbenutzten Laborräumen (vorzugsweise über Nacht) auch zur Raumsterilisation ein. Bei der damit angestrebten Keimreduzierung ist al-lerdings zu beachten, dass die Bestrahlungsstärke (Bestrahlungsdosis; auf der Bezugsflächeneinheit auftreffende Strahlungsleistung einer UV-Quelle) natürlich dem Strahlungsgesetz unterliegt und mit dem Quadrat der Entfer-nung abnimmt. In 2,5 m Distanz zur UV-Quelle beträgt die Bestrahlungs-stärke nur etwa 1% derjenigen bei 30 cm Abstand.

18.5 Sterilfiltration

Die Steril- oder Mikrofiltration strebt die Abtrennung von Mikroorganis-men aus Flüssigkeiten oder Gasen an. Viren oder Makromoleküle lassen sich mit dieser Methode nicht eliminieren, da die verwendeten Filtermateri-alien im Allgemeinen keine absolut gleich großen Porendurchmesser auf-weisen und ein bestimmter minimaler Porendurchmesser (meist um 0,1 μm) aus technischen Gründen nicht unterschritten werden kann. Gerätetechnisch unterscheidet man die sehr dünnen Membranfilter mit einer mittleren Di-cke zwischen 115–130 μm bei 0,2 μm Porenweite und die wesentlichen kräftigeren Tiefenfilter, die um 3,7 mm dick sind und Porenweiten zwi-

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18.5 Sterilfiltration 201

schen 0,1 und 1,5 μm aufweisen. Je nach Partikelfracht des Filtrationsgutes sollte man ein gröberporiges Vorfilter einschalten, damit sich die feinerpo-rigen Filter nicht zu schnell zusetzen.

Als Filtrationsgeräte bietet der Fachhandel eine breite Palette an Druck-bzw. Vakuumfiltrationseinrichtungen an (vgl. Abb. 13-3), die auf Druckfla-schen aufgesetzt werden oder als Filtrationsvorsätze beispielsweise in Injek-tionsspritzen eingelassen sind.

Abb. 18-1. Geräteanordnung zur Integritätsprüfung von Membranfiltern

Ein kritischer Punkt ist die Kontrolle der Zuverlässigkeit der verwendeten Filtrationsmaterialien. Etwaige Leckage ist völlig intolerabel, weswegen man vor und/oder nach einer Sterilfiltration die Membranintegrität überprü-fen sollte. Das einfachste hierfür eingesetzte Verfahren ist der Bubble-Point-Test (auch Blasendrucktest genannt). Dabei ist folgendermaßen zu verfahren (Abb. 18-1): 1. Durch das in das Filtrationsgerät eingelegt Membranfilter wird so viel

Wasser filtriert, dass es vollständig durchfeuchtet ist. 2. An das Filtrationsgerät schließt man auf der Ausgangsseite einen Druck-

schlauch an, dessen freies Ende in ein mit Wasser gefülltes Gefäß führt. 3. Die Eingangsseite verbindet man über einen Druckschlauch mit einer

Druckgasflasche (Stickstoff oder Pressluft). 4. Unter ständiger Kontrolle des Arbeitsmanometers am Reduzierventil er-

höht man langsam den Druck. 5. Im Auffanggefäß dürfen erst dann Gasbläschen aufsteigen, wenn der her-

stellerseitig für den verwendeten Filtertyp angegebene Bubble Point ge-rade überschritten wurde. Der Bubble Point oder Blasendruck liegt bei den meisten Membranfiltertypen bei 3–5 bar.

6. Perlen im Auffanggefäß bereits bei deutlich geringerem Druck Gasblä-schen auf, sollte man das Filtermaterial verwerfen und die eventuell zu-vor vorgenommene Sterilfiltration wiederholen.

Membranfilter

Arbeitsmanometer

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202 18 Sterilisation und steriles Arbeiten

18.6 Steriles Arbeiten

Da die normale Raumluft und auch die Kleidung der im Labor tätigen Perso-nen mengenweise Bakterien und Diasporen anderer Mikroorganismen als po-tenzielle Kontaminanten aufweist, ist bei mikrobiologischen oder analogen Arbeiten außer der Sterilisation aller verwendeten Geräte und Lösungen dar-auf zu achten, dass beispielsweise beim Inokulieren (Animpfen) von Nährlö-sungen oder Nährböden mit Reinzuchtkulturen keine Kontamination erfolgen kann. Dem sicheren Arbeiten dient als Standardausrüstung in entsprechend ausgerichteten Laboren die Reine Werkbank (Clean Box). Sie schützt nicht nur die sterilen Objekte vor Kontaminationen aus der Umgebungsluft, son-dern auch die Experimentatoren beispielsweise vor infektiösen Aerosolen.

Die für die Keimabscheidung in die Luftwege der Werkbank eingebau-ten Tiefefilter sind Hochleistungsschwebstoffluftfilter, die Partikel bis zu einer minimalen Größe von etwa 0,3 μm mit einer Effizienz von mindes-tens 99,97% zurückhalten. Von 10 000 Partikeln in der angesaugten Raum-luft passieren somit höchstens drei das Filtermaterial. Absolute Sicherheit ist also auch hier nicht zu erreichen

Abb. 18-2. Schema zum Aufbau einer Reinen Werkbank

Ansonsten gelten für das Arbeiten mit Mikroorganismen (und insbe-sondere mit pathogenen Formen) neben den in Kapitel 1 zitierten Ver-haltensweisen besondere Sicherheitsmaßnahmen. Sie sind in der „Ver-ordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen“ (Biostoffverordnung; BiostoffVO; letzte Fassung vom 18.12.2008) festgelegt. Diese teilt Bakterien und Mikropilze in vier Risikogruppen ein. Analog sind die Sicherheitsstufen S1–S4 nach dem Gentechnikgesetz bzw. der aktuellen Gentechniksicherheitsverordnung zu verstehen, die hier nicht im Detail zu zitieren sind.

Arbeitsöffnung

Sichtscheibe

Filteranlage

Ventilator

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Tabellen, Farbtafeln, Übersichten

Tabelle 19-1. Risiko-Sätze (R-Sätze; vgl. Kapitel 1)

R1 In trockenem Zustand explosionsfähig R2 Durch Schlag, Reibung, Feuer und andere Zündquellen explosionsgefähr-

lich R3 Durch Schlag, Reibung, Feuer und andere Zündquellen besonders explo-

sionsgefährlich R4 Bildet hochempfindliche explosionsgefährliche Metallverbindungen R5 Beim Erwärmen explosionsfähig R6 Mit und ohne Luft explosionsfähig R7 Kann Brand verursachen R8 Feuergefahr bei Berührung mit brennbaren Stoffen R9 Explosionsgefahr bei Mischung mit brennbaren Stoffen R10 Entzündlich R11 Leichtentzündlich R12 Hochentzündlich R13 (entfallen) R14 Reagiert heftig mit Wasser R15 Reagiert mit Wasser unter Bildung leicht entzündlicher Gase R16 Explosionsgefährlich in Mischung mit brandfördernden Stoffen R17 Selbstentzündlich an der Luft R18 Bei Gebrauch Bildung explosionsfähiger/leichtentzündlicher Dampf-

Luftgemische möglich R19 Kann explosionsfähige Peroxide bilden R20 Gesundheitsschädlich beim Einatmen R21 Gesundheitsschädlich bei Berührung mit der Haut R22 Gesundheitsschädlich beim Verschlucken R23 Giftig beim Einatmen R24 Giftig bei Berührung mit der Haut R25 Giftig beim Verschlucken R26 Sehr giftig beim Einatmen R27 Sehr giftig bei Berührung mit der Haut R28 Sehr giftig beim Verschlucken R29 Entwickelt bei Berührung mit Wasser giftige Gase R30 Kann bei Gebrauch leicht entzündlich werden R31 Entwickelt bei Berührung mit Säure giftige Gase R32 Entwickelt bei Berührung mit Säure sehr giftige Gase R33 Gefahr kumulativer Wirkungen

19

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204 19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten

R34 Verursacht Verätzungen R35 Verursacht schwere Verätzungen R36 Reizt die Augen R37 Reizt die Atmungsorgane R38 Reizt die Haut R39 Ernste Gefahr irreversiblen Schadens R40 Verdacht auf krebserzeugende Wirkung R41 Gefahr ernster Augenschäden R42 Sensibilisierung durch Einatmen möglich R43 Sensibilisierung durch Hautkontakt möglich R44 Explosionsgefahr bei Erhitzen unter Einschluss R45 Kann Krebs erzeugen R46 Kann vererbbare Schäden verursachen R47 (entfallen) R48 Gefahr ernster Gesundheitsschäden bei längerer Exposition R49 Kann Krebs erzeugen beim Einatmen R50 Sehr giftig für Wasserorganismen R51 Giftig für Wasserorganismen R52 Schädlich für Wasserorganismen R53 Kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben R54 Giftig für Pflanzen R55 Giftig für Tiere R56 Giftig für Bodenorganismen R57 Giftig für Bienen R58 Kann längerfristig schädliche Wirkungen auf die Umwelt haben R59 Gefährlich für die Ozonschicht R60 Kann die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen R61 Kann das Kind im Mutterleib schädigen R62 Kann möglicherweise die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen R63 Kann das Kind im Mutterleib möglicherweise schädigen R64 Kann Säuglinge über die Muttermilch schädigen R65 Gesundheitsschädlich: Kann beim Verschlucken Lungenschäden verursa-

chen R66 Wiederholter Kontakt kann zu spröder oder rissiger Haut führen R67 Dämpfe können Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen R68 Irreversibler Schaden möglich

Einige R-Sätze kann man miteinander kombinieren, um bei einer Kenn-zeichnung mit weniger Text auszukommen, beispielsweise R14/15, R15/29, R20/21, R20/22, R20/21/22, R23/25, R23/24/25, R24/25, R26/27, R48/20, R48/21, R48/22, R48/20/22, R48/21/22, R48/20/21/22, R48/23, R52/53, R68/20, R68/21, R68/22, R68/21/22 oder R68/20/21/22. Die Kennzeich-nung R48/23/24 bedeutet demnach: „Giftig: Gefahr ernster Gesundheits-schäden bei längerer Exposition durch Einatmen und durch Berührung mit der Haut“.

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19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten 205

Tabelle 19-2. Sicherheits-Sätze (S-Sätze; vgl. Kapitel 1)

S1 Unter Verschluss aufbewahren S2 Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen S3 Kühl aufbewahren S4 Von Wohnplätzen fernhalten S5 Unter ... aufbewahren (geeignete Flüssigkeit herstellerseitig anzugeben) S6 Unter ... aufbewahren (inertes Gas herstellerseitig anzugeben) S7 Behälter dicht geschlossen halten S8 Behälter trocken halten S9 Behälter an einem gut gelüfteten Ort aufbewahren S10 Inhalt feucht halten S11 Zutritt von Luft verhindern S12 Behälter nicht gasdicht verschließen S13 Von Nahrungsmitteln, Getränken und Futtermitteln fernhalten S14 Von ... fernhalten (inkompatible Substanzen herstellerseitig anzugeben) S15 Vor Hitze schützen S16 Von Zündquellen fernhalten – Nicht rauchen S17 Von brennbaren Stoffen fernhalten S18 Behälter mit Vorsicht öffnen und handhaben S19 (entfallen) S20 Bei der Arbeit nicht essen und trinken S21 Bei der Arbeit nicht rauchen S22 Staub nicht einatmen S23 Gas/Rauch/Dampf/Aerosol nicht einatmen (geeignete Bezeichnungen her-

stellerseitig anzugeben) S24 Berührung mit der Haut vermeiden S25 Berührung mit den Augen vermeiden S26 Bei Berührung mit den Augen gründlich mit Wasser abspülen und Arzt

konsultieren S27 Beschmutzte, getränkte Kleidung sofort ausziehen S28 Bei Berührung mit der Haut sofort abwaschen mit viel ... (vom Hersteller

anzugeben) S29 Nicht in die Kanalisation gelangen lassen S30 Niemals Wasser hinzugeben S31 Von explosionsfähigen Stoffen fernhalten S32 (entfallen) S33 Maßnahmen gegen elektrostatische Aufladung treffen S34 Schlag und Reibung vermeiden S35 Abfälle und Behälter müssen in gesicherter Weise beseitigt werden S36 Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung tragen S37 Geeignete Schutzhandschuhe tragen S38 Bei unzureichender Belüftung Atemschutzgerät anlegen S39 Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen S40 Fußboden und verunreinigte Gegenstände mit ... reinigen (Material her-

stellerseitig anzugeben)

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206 19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten

S41 Explosions- und Brandgase nicht einatmen S42 Beim Räuchern/Versprühen geeignetes Atemschutzgerät anlegen (Be-

zeichnung herstellerseitig anzugeben) S43 Zum Löschen ... verwenden (herstellerseitig anzugeben). Wenn Wasser

die Gefahr erhöht, ist anzufügen: Kein Wasser verwenden! S44 (entfallen) S45 Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt hinzuziehen (wenn möglich, die-

ses Etikett vorzeigen) S46 Bei Verschlucken sofort ärztlichen Rat einholen und Verpackung oder

Etikett vorzeigen S47 Nicht bei Temperaturen über ... °C aufbewahren (herstellerseitig an-

zugeben) S48 Feucht halten mit ... (herstellerseitig anzugeben) S49 Nur im Originalbehälter aufbewahren S50 Nicht mischen mit ... (herstellerseitig anzugeben) S51 Nur in gut belüfteten Bereichen verwenden S52 Nicht großflächig für Wohn- und Aufenthaltsräume zu verwenden S53 Exposition vermeiden – vor Gebrauch besondere Anweisungen einholen S54 (entfallen) S55 (entfallen) S56 Dieses Produkt und seinen Behälter der Problemabfallentsorgung zuführen S57 Zur Vermeidung einer Kontamination der Umwelt geeigneten Behälter

verwenden S58 (entfallen) S58 (entfallen) S59 Information zur Wiederverwendung/Wiederverwertung beim Herstel-

ler/Lieferanten erfragen S60 Dieses Produkt und sein Behälter sind als gefährlicher Abfall zu entsorgen S61 Freisetzung in die Umwelt vermeiden. Besondere Anweisungen einho-

len/Sicherheitsdatenblatt zu Rate ziehen S62 Bei Verschlucken kein Erbrechen herbeiführen. Sofort ärztlichen Rat ein-

holen und Verpackung oder dieses Etikett vorzeigen S63 Bei Unfall durch Einatmen: Verunfallten an die frische Luft bringen und

ruhigstellen S64 Bei Verschlucken Mund mit Wasser ausspülen (Nur wenn Verunfallter bei

Bewusstsein ist)

Manche S-Sätze kann man ähnlich wie im Fall der R-Sätze miteinander kombinieren, um bei ausführlichen Kennzeichnungen von Gefahrstoffen fallweise mit weniger Text auskommen zu können: S1/2, S3/7, S3/9/14, S3/9/14/49, S3/9/49, S3/14, S7/8, S7/9, S7/47, S20/21, S24/25, S27/28, S29/35, S29/56, S36/37, S36/37/39, S36/39, S37/39 sowie S47/49. Die Kombination S36/37/39 steht demnach für den Sicherheitshinweis „Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung, Schutzhandschuhe und Schutzbrille/ Gesichtsschutz tragen“.

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19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten 207

Tabelle 19-3. H-Sätze nach dem GHS (vgl. Kapitel 1)

H200-Reihe: Physikalische Gefahren H200 instabil, explosiv H201 explosiv, Gefahr der Massenexplosion H202 explosiv, große Gefahr durch Splitter, Spreng- und Wurfstücke H203 explosiv, Gefahr durch Feuer, Luftdruck oder Splitter H204 Gefahr durch Feuer oder Splitter, Spreng- und Wurfstücke H205 Gefahr der Massenexplosion bei Feuer H220 extrem entzündbares Gas H221 entzündbares Gas H222 extrem entzündbares Aerosol H223 entzündbares Aerosol H224 Flüssigkeit und Dampf extrem entzündbar H225 Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar H226 Flüssigkeit und Dampf entzündbar H228 Entzündbarer Feststoff H240 Erwärmung kann Explosion verursachen H241 Erwärmung kann Brand oder Explosion verursachen H242 Erwärmung kann Brand verursachen H250 Entzündet sich in Berührung mit Luft von selbst H251 Selbsterhitzungsfähig, kann in Brand geraten H252 In großen Mengen selbsterhitzungsfähig, kann in Brand geraten H260 In Berührung mit Wasser entstehen entzündbare Gase, die sich spontan

entzünden können H261 In Berührung mit Wasser entstehen entzündbare Gase H270 Kann Brand verursachen oder verstärken; Oxidationsmittel H271 Kann Brand oder Explosion verursachen oder verstärken; starkes Oxida-

tionsmittel H272 Kann Brand verstärken; Oxidationsmittel H280 Enthält Gas unter Druck; kann bei Erwärmung explodieren H281 Enthält tiefgekühltes Gas unter Druck; kann Kälteverbrennungen oder

-verletzungen verursachen H290 Kann gegenüber Metallen korrosiv sein

H300-Reihe: Gesundheitsgefahren H300 Lebensgefahr bei Verschlucken H301 Giftig bei Verschlucken H302 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken H304 Kann bei Verschlucken und Eindringen in die Atemwege tödlich sein H310 Lebensgefahr bei Hautkontakt H311 Giftig bei Hautkontakt H312 Gesundheitsschädlich bei Hautkontakt H314 Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden H315 Verursacht Hautreizungen H317 Kann allergische Hautreaktionen verursachen H318 Verursacht schwere Augenschäden

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208 19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten

H319 Verursacht schwere Augenreizung H330 Lebensgefahr bei Einatmen H331 Giftig bei Einatmen H332 Gesundheitsschädlich bei Einatmen H334 Kann bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembe-

schwerden verursachen H335 Kann die Atemwege reizen H336 Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen H340 Kann genetische Defekte verursachen (Expositionsweg angeben, sofern

schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositions-weg besteht)

H341 Kann vermutlich genetische Defekte verursachen (Expositionsweg an-geben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht)

H350 Kann Krebs erzeugen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht)

H350i Kann bei Einatmen Krebs erzeugen H351 Kann vermutlich Krebs erzeugen (Expositionsweg angeben, sofern

schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositions-weg besteht)

H360 Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen (konkrete Wirkung angeben, sofern bekannt) (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem ande-ren Expositionsweg besteht)

H360 F Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen H360 D Kann das Kind im Mutterleib schädigen H360 FD Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Kann das Kind im Mutter-

leib schädigen H360 Fd Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Kann vermutlich das Kind

im Mutterleib schädigen H360 fD Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich die Fruch-

tbarkeit beeinträchtigen H361 Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im

Mutterleib schädigen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht)

H361 f Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen H361 d Kann vermutlich das Kind im Mutterleib schädigen H361 fd Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Kann vermutlich

das Kind im Mutterleib schädigen H362 Kann Säuglinge über die Muttermilch schädigen H370 Schädigt die Organe (oder alle betroffenen Organe nennen, sofern be-

kannt) (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht)

H371 Kann die Organe schädigen (oder alle betroffenen Organe nennen, so-fern bekannt) (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht)

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19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten 209

H372 Schädigt die Organe (oder alle betroffenen Organe) bei längerer oder wiederholter Exposition (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig be-legt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht)

H373 Kann die Organe schädigen (oder alle betroffenen Organe) bei längerer oder wiederholter Exposition (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg be-steht)

H400-Reihe: Umweltgefahren H400 Sehr giftig für Wasserorganismen H410 Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung H411 Giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung H412 Schädlich für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung H413 Kann für Wasserorganismen schädlich sein, mit langfristiger Wirkung

Tabelle 19-4. Ergänzende EUH-Sätze

Nur für das Gebiet der EU hat die fallweise strengere EU-Gesetzgebung zu-sätzliche EUH-Sätze (Ergänzende Gefahrenmerkmale und Kennzeichnungs-elemente) für die Gefährdung eingeführt, die über das GHS hinausgehen. Sie sind nach den H- und P-Sätzen anzuführen.

EUH001 In trockenem Zustand explosiv EUH006 Mit und ohne Luft explosionsfähig EUH014 Reagiert heftig mit Wasser EUH018 Kann bei Verwendung explosionsfähige / entzündbare Dampf-/Luft-

Gemische bilden EUH019 Kann explosionsfähige Peroxide bilden EUH044 Explosionsgefahr bei Erhitzen unter Verschluss EUH029 Entwickelt bei Berührung mit Wasser giftige Gase EUH031 Entwickelt bei Berührung mit Säure giftige Gase EUH032 Entwickelt bei Berührung mit Säure sehr giftige Gase EUH059 Schädigt die Ozonschicht EUH066 Wiederholter Kontakt kann zu spröder oder rissiger Haut führen EUH070 Giftig bei Berührung mit den Augen EUH071 Wirkt ätzend auf die Atemwege EUH201 Enthält Blei. Nicht für den Anstrich von Gegenständen verwenden,

die von Kindern gekaut oder gelutscht werden könnten EUH201 A Achtung. Enthält Blei EUH202 Cyanacrylat. Gefahr. Klebt innerhalb von Sekunden Haut und Au-

genlider zusammen. Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen EUH203 Enthält Chrom (VI). Kann allergische Reaktionen hervorrufen EUH204 Enthält Isocyanate. Kann allergische Reaktionen hervorrufen EUH205 Enthält epoxidhaltige Verbindungen. Kann allergische Reaktionen

hervorrufen

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210 19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten

EUH206 Achtung! Nicht zusammen mit anderen Produkten verwenden, da ge-fährliche Gase (Chlor) freigesetzt werden können

EUH207 Achtung! Enthält Cadmium. Bei der Verwendung entstehen gefährli-che Dämpfe. Hinweise des Herstellers beachten. Sicherheitsanwei-sungen einhalten

EUH208 Enthält (Name des sensibilisierenden Stoffes). Kann allergische Re-aktionen hervorrufen

EUH209 Kann bei Verwendung leicht entzündbar werden EUH209 A Kann bei Verwendung entzündbar werden EUH210 Sicherheitsdatenblatt auf Anfrage erhältlich EUH401 Zur Vermeidung von Risiken für Mensch und Umwelt die Ge-

brauchsanleitung einhalten

Tabelle 19-5. P-Sätze nach dem GHS (vgl. Kapitel 1)

P100-Reihe: Allgemeines P101 Ist ärztlicher Rat erforderlich, Verpackung oder Kennzeichnungsetikett

bereithalten P102 Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen P103 Vor Gebrauch Kennzeichnungsetikett lesen

P200-Reihe: Prävention P201 Vor Gebrauch besondere Anweisungen einholen P202 Vor Gebrauch alle Sicherheitshinweise lesen und verstehen P210 Von Hitze / Funken / offener Flamme / heißen Oberflächen fernhalten.

Nicht rauchen P211 Nicht gegen offene Flamme oder andere Zündquelle sprühen. P220 Von Kleidung / … brennbaren Materialien fernhalten / entfernt aufbe-

wahren P221 Mischen mit brennbaren Stoffen / … unbedingt verhindern P222 Kontakt mit Luft nicht zulassen. P223 Kontakt mit Wasser wegen heftiger Reaktion und möglichem Aufflam-

men unbedingt verhindern P230 Feucht halten mit … P231 Unter inertem Gas handhaben P232 Vor Feuchtigkeit schützen P233 Behälter dicht verschlossen halten P234 Nur im Originalbehälter aufbewahren P235 Kühl halten P240 Behälter und zu befüllende Anlage erden P241 Explosionsgeschützte elektrische Betriebsmittel / Lüftungsanlagen / Be-

leuchtung / … verwenden P242 Nur funkenfreies Werkzeug verwenden P243 Maßnahmen gegen elektrostatische Aufladung treffen P244 Druckminderer frei von Fett und Öl halten

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19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten 211

P250 Nicht schleifen / stoßen / … / reiben P251 Behälter steht unter Druck: Nicht durchstechen oder verbrennen, auch

nicht nach der Verwendung P260 Staub / Rauch / Gas / Nebel / Dampf / Aerosol nicht einatmen P261 Einatmen von Staub / Rauch / Gas / Nebel / Dampf / Aerosol vermeiden P262 Nicht in die Augen, auf die Haut oder auf die Kleidung gelangen lassen P263 Kontakt während der Schwangerschaft / und der Stillzeit vermeiden P264 Nach Gebrauch … gründlich waschen P270 Bei Gebrauch nicht essen, trinken oder rauchen P271 Nur im Freien oder in gut belüfteten Räumen verwenden P272 Kontaminierte Arbeitskleidung nicht außerhalb des Arbeitsplatzes tragen P273 Freisetzung in die Umwelt vermeiden P280 Schutzhandschuhe / Schutzkleidung / Augenschutz / Gesichtsschutz tra-

gen P281 Vorgeschriebene persönliche Schutzausrüstung tragen P282 Schutzhandschuhe / Gesichtsschild / Augenschutz mit Kälteisolierung

tragen P283 Schwer entflammbare / flammhemmende Kleidung tragen P284 Atemschutz tragen P285 Bei unzureichender Belüftung Atemschutz tragen

P300-Reihe: Reaktion P301 Bei Verschlucken: P302 Bei Berühren mit der Haut: P303 Bei Berühren mit der Haut (oder dem Haar): P304 Bei Einatmen: P305 Bei Kontakt mit den Augen: P306 Bei kontaminierter Kleidung: P307 Bei Exposition: P308 Bei Exposition oder falls betroffen: P309 Bei Exposition oder Unwohlsein: P310 Sofort Giftinformationszentrum oder Arzt anrufen P311 Giftinformationszentrum oder Arzt anrufen P312 Bei Unwohlsein Giftinformationszentrum oder Arzt anrufen P313 Ärztlichen Rat einholen /ärztliche Hilfe hinzuziehen P314 Bei Unwohlsein ärztlichen Rat einholen /ärztliche Hilfe hinzuziehen P315 Sofort ärztlichen Rat einholen /ärztliche Hilfe hinzuziehen P320 Besondere Behandlung dringend erforderlich (siehe … auf diesem

Kennzeichnungsetikett) P321 Besondere Behandlung (siehe … auf diesem Kennzeichnungsetikett) P322 Gezielte Maßnahmen (siehe … auf diesem Kennzeichnungsetikett) P330 Mund ausspülen P331 Kein Erbrechen herbeiführen P332 Bei Hautreizung: P333 Bei Hautreizung oder -ausschlag: P334 In kaltes Wasser tauchen / nassen Verband anlegen

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212 19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten

P335 Lose Partikeln von der Haut abbürsten P336 Vereiste Bereiche mit lauwarmem Wasser auftauen. Betroffenen Be-

reich nicht reiben P337 Bei anhaltender Augenreizung: P338 Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter

ausspülen P340 Die betroffene Person an die frische Luft bringen und in einer Position

ruhigstellen, die das Atmen erleichtert P341 Bei Atembeschwerden an die frische Luft bringen und in einer Position

ruhigstellen, die das Atmen erleichtert P342 Bei Symptomen der Atemwege: P350 Behutsam mit viel Wasser und Seife waschen P351 Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen P352 Mit viel Wasser und Seife waschen P353 Haut mit Wasser abwaschen / duschen P360 Kontaminierte Kleidung und Haut sofort mit viel Wasser abwaschen und

danach Kleidung ausziehen P361 Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen P362 Kontaminierte Kleidungsstücke ausziehen und vor erneutem Tragen wa-

schen P370 Bei Brand: P371 Bei Großbrand und großen Mengen: P372 Explosionsgefahr bei Brand P373 Keine Brandbekämpfung, wenn das Feuer explosive Stofe / Gemische /

Erzeugnisse erreicht P374 Brandbekämpfung mit üblichen Vorsichtsmaßnahmen aus angemessener

Entfernung P375 Wegen Explosionsgefahr Brand aus der Entfernung bekämpfen P376 Undichtigkeit beseitigen, wenn gefahrlos möglich P377 Brand von ausströmendem Gas: Nicht löschen, bis Undichtigkeit gefahr-

los beseitigt werden kann P378 … zum Löschen verwenden P380 Umgebung räumen P381 Alle Zündquellen entfernen, wenn gefahrlos möglich P390 Verschüttete Mengen aufnehmen, um Materialschäden zu vermeiden P391 Verschüttete Mengen aufnehmen

P400-Reihe: Aufbewahrung P401 … aufbewahren P402 An einem trockenen Ort aufbewahren P403 An einem gut belüfteten Ort aufbewahren P404 In einem geschlossenen Behälter aufbewahren P405 Unter Verschluss aufbewahren P406 In korrosionsbeständigem / … Behälter mit korrosionsbeständiger Aus-

kleidung aufbewahren P407 Luftspalt zwischen Stapeln / Paletten lassen

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19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten 213

P410 Vor Sonnenbestrahlung schützen P411 Bei Temperaturen von nicht mehr als … °C / … aufbewahren P412 Nicht Temperaturen von mehr als 50 °C aussetzen P413 Schüttgut in Mengen von mehr als … kg bei Temperaturen von nicht

mehr als … °C aufbewahren P420 Von anderen Materialien entfernt aufbewahren P422 Inhalt in / unter … aufbewahren

P500-Reihe: Entsorgung P501 Inhalt / Behälter … zuführen

Die Kombination mehrerer P-Sätze ist erforderlich oder möglich (beispiels-weise P301 + P310, P302 + P350, P303 + P 361 + P353, P403 + P233, P411 + P235), da einzelne Sätze für sich allein nicht sinnvoll sind.

Tabelle 19-6. Farbkennzeichnung für laborübliche Installationen

Installation Kennfarbe Hinweis

Vakuumleitung bis Restdruck von ca. 120 mbar

Wasser Normales Brauchwasser; sonst mit Aufschrift „Trinkwasser“ oder „Ent-mineralisiertes (deionisiertes) Wasser“

Druckluft Druck von ca. 3 bar

Erdgas Druck von ca. 2 bar; andere Gase (Stickstoff, Helium) mit entsprechender Aufschrift

Strom führender Leiter (Phase)

Neutralleiter (Nullleiter)

Elektrokabel

Schutzleiter (führt normalerweise kei-nen Strom)

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214 19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten

Tabelle 19-7. Bisherige Gefahrstoffsymbole (vgl. Kapitel 1)

Symbol Kenn- Buch- stabe

Bedeutung Beispiele

E Explosionsgefährlich Stoffe, die unter bestimmten Be-dingungen explodieren können

Pikrinsäure Trinitrotoluol

F+ Hochentzündlich Selbstentzündliche Stoffe, leicht-entzündliche gasförmige Stoffe oder brennbare Flüssigkeiten

Wasserstoff Ethin Diethylether

F Leichtentzündlich Selbstentzündliche Stoffe, leicht-entzündliche gasförmige Stoffe oder brennbare Flüssigkeiten

Ethanol Aceton Benzin

O Brandfördernd Stoffe, die brennbare Stoffe ent-zünden können oder ausgebroche-ne Brände fördern

Sauerstoff Kaliumnitrat Wasserstoffperoxid

T+ Sehr giftig Nach Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme durch die Haut tre-ten meist Gesundheitsschäden er-heblichen Ausmaßes oder gar Tod ein. Schon weniger als 25 mg pro Kilogramm Körpergewicht können zum Tod führen

Cyanwasserstoff Arsen(III)-oxid Nicotin

T Giftig Nach Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme durch die Haut treten meist Gesundheitsschäden erheblichen Ausmaßes ein; 25−200 mg pro Kilogramm Kör-pergewicht können tödlich sein

Bariumchlorid Bleidioxid Methanol

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19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten 215

Xn Gesundheitsschädlich Bei Aufnahme in den Körper kön-nen diese Stoffe Gesundheitsschä-den auslösen

Ethanal Dichlormethan Kaliumchlorat Coffein

Xi Reizend Stoffe mit Reizwirkung auf Augen, Haut und Atmungsorgane; kann Entzündungen verursachen

Calciumchlorid Natriumcarbonat Fumarsäure

C Ätzend Lebendes Gewebe, aber auch an-dere Materialien werden bei Kon-takt mit diesem Stoff zerstört

Salzsäure Fluorwasserstoff Natriumhydroxid

N Umweltgefährdend

Bei Freisetzung in die Umwelt kann eine Schädigung von Ökosys-temen sofort oder später die Folge sein

Kupfersulfat Lindan DDT

Tabelle 19-8. Übersicht der Gefahrgutklassen nach dem Chemikaliengesetz

Klasse Bemerkung 1 (mit 6 Unterklassen)

Sprengstoffe und Gegenstände, die Sprengstoff enthal-ten

2.1 Entzündbare Gase 2.2 Nicht entzündbare Gase 2.3 Giftige Gase 2.4 Entzündbare Flüssigkeit 4.1 Entzündbare feste Stoffe 4.2 Selbstentzündliche Stoffe 4.3 Stoffe, die mit Wasser entzündliche Gase bilden 5.1 Entzündend (oxidierend) wirkende Stoffe 5.2 Organische Peroxide 6.1 Giftige Stoffe 6.2 Ansteckungsgefährliche Stoffe 7 Radioaktive Stoffe 8 Ätzende Stoffe 9 Verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände

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216 19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten

Tabelle 19-9. Neue CLP-Gefahrensymbole nach GHS (vgl. Kapitel 1)

Symbol Bezeichnung Kodierung Gefahrenklasse

Explodierende Bombe

GHS01 Instabile explosive Stoffe, Gemische und Erzeugnisse mit Explosiv-stoff(en), selbstzersetzliche Stoffe und Gemische, Organische Peroxide

Flamme GHS02 Entzündbar, selbsterhitzungsfähig, selbstzersetzlich, pyrophor, Organi-sche Peroxide

Flamme über einem Kreis

GHS03

Entzündbar, (oxidierbar) wirkend

Gasflasche GHS04 Gase unter Druck, verdichtete, ver-flüssigte, tiefgekühlt verflüssigte, gelöste Gase

Ätzwirkung GHS05 Auf Metall korrosiv wirkend, hautätzend, schwere Augenschädi-gung

Totenkopf mit gekreuzten Knochen

GHS06 Akute Toxizität

Ausrufezeichen

GHS07 Allgemeine Gefahren

Gesundheits-gefahr

GHS08 Verschiedene Gesundheitsgefahren

Umwelt GHS09 Gewässer gefährdend

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19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten 217

Tabelle 19-10. Symbole zur Kennzeichnung gefährlicher Transportgüter

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218 19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten

Tabelle 19-11. Gefahrgutkennzeichnung mit der Gefahrenraute

Gefahrenraute (hazard diamond)

Kennzeichnungssystem in den USA nach NFPA 704

Die vier Felder der Gefahrenraute werden mit bestimmten Zahlen versehen. Die Zahleneintragungen bedeuten:

Blaues Feld: Gesundheitsgefahr

Symbol Bedeutung Beispiel

0 Ohne besondere Gefahr Erdnussöl

1 Geringe Gefahr; Atemgerät empfohlen Terpentin

2 Gefährlich; Aufenthalt nur mit Atemgerät und einfacher Schutzbekleidung

Ammoniakgas

3 Sehr gefährlich; Aufenthalt im Gefahrenbe-reich nur mit Atemgerät und voller Schutz-bekleidung

Chlorgas

Rotes Feld: Brandgefahr

0 Keine Entzündungsgefahr unter üblichen Bedingungen

Wasser

1 Entzündungsgefahr nur bei Überhitzung Rapsöl

2 Entzündungsgefahr bei Erwärmung Dieselöl

3 Entzündungsgefahr bei normalen Tempera-turen

Benzin

4 Extrem entzündlich bei allen Temperaturen Propan

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19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten 219

Gelbes Feld: Reaktionsgefahr

0 Unter normalen Bedingungen keine Gefahr Flüssiger Stick-stoff

1 Wird bei Erhitzung instabil; Schutzmaß-nahmen erforderlich

Phosphor

2 Heftige chemische Reaktion möglich; ver-stärkte Schutzmaßnahmen; Löschangriff nur aus sicherem Abstand

Calcium

3 Explosionsgefahr bei Hitzeeinwirkung oder starker Erschütterung durch Schlag; Lösch-angriffe nur aus sicherer Deckung

Fluor

4 Große Explosionsgefahr! Bei Brand gefähr-detes Gebiet sofort räumen

Trinitrotoluol

Weißes Feld: Besondere Anweisungen

(leer) Wasser als Löschmittel zulässig

W Kein Wasser als Löschmittel verwenden

OX Material wirkt oxidierend

ACID Material ist eine Säure

CORR Material wirkt ätzend

BIO Material ist biologisch gefährlich

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220 19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten

Tabelle 19-12. Allgemeine Gefahrenhinweise (Auswahl)

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19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten 221

Tabelle 19-13. Allgemeine Kennzeichnung für Gase

Eigenschaft / Markierungsfarbe

Flaschenschulter oder ganzer Fla-schenkörper

Beispiele

giftig und/oder ätzend (korrosiv) gelb

Ammoniak, Chlor, Fluor, Kohlen-stoffmonoxid, Stickoxide, Schwe-feldioxid

entzündbar / brennbar

rot

Wasserstoff, Methan, Ethylen, Formiergas, Stickstoff-Wasserstoffgemisch

oxidierend

blau

Sauerstoff, Sauerstoffgemische, Lachgas-Gemische

(außer Inhalationsgemische)

erstickend

leuchtend grün

Krypton, Argon, Xenon, Helium, Schweiß-/Schutzgasgemische, technische Druckluft

(nicht zur Inhalation)

Die Flaschenschulter oder der gesamte Flaschenzylinder werden nur mit der Farbe der primären Gefährdung gekennzeichnet. Sofern zwei Gefährdungs-eigenschaften vorliegen (beispielsweise giftig/ätzend und entzündbar) wird auf eine zusätzliche Kennzeichnung durch Ringe oder Quadrate verzichtet. Flaschenzylinder für Industriegase sind grau oder in der Farbe der Flaschen-schulter. Flaschenzylinder für Medizin- bzw. Inhalationsgase sind weiß. Für Atemluftflaschen der Feuerwehr gelten besondere Regeln. Für die Über-gangszeit vom alten zum neuen Farbcode (bis 2009) trugen die Gasflaschen auf der Schulter zusätzlich die Kennzeichnung „N“.

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222 19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten

Tabelle 19-14. Farbkennzeichnung von Druckgasflaschen nach Euro-Norm DIN EN 1089-3

Gas Flaschenschulter Besonderer Hinweis

Sauerstoff

für den medizini-schen Bereich

Reduzierventile unter keinen Umständen ölen oder fetten!

Druckluft für Atemzwecke (Sauerstoff tech-nisch)

Reduzierventile unter keinen Umständen ölen oder fetten!

Ethin (Acetylen)

spezielles Reduzierventil

Flaschenschulter kastanien-braun

Stickstoff

Kohlenstoffdioxid

Wasserstoff

Reduzierventil mit Linksge-winde

Helium

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19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten 223

Tabelle 19-15. Farbcode nach DIN12621 zur Bezeichnung von Messpipetten

Nennvolumen (mL)

0,1 0,2 0,2 0,5 1 1 2

0,001 0,001 0,002 0,01 0,01 0,1 0,01

Teilung (mL)

Nennvolumen (mL)

2 2 5 5 10 20 25

0,02 0,1 0,05 0,1 0,1 0,1 0,5

Teilung (mL)

Die Pipettenhälse sind nicht maßstäblich zueinander dargestellt. Gleiche Farben wurden nur für erheblich größenverschiedene Vollpipetten vergeben.

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224 19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten

Tabelle 19-16. Farbcode nach DIN12621 zur Bezeichnung von Vollpipetten

Diese Tabelle berücksichtigt nicht die kaliberabhängig unterschiedlichen Durchmesser der Pipettenhälse. Gleiche Farben wurden nur für erheblich größenverschiedene und auch danach unterscheidbare Vollpipetten verge-ben.

Nennvolumen (mL)

0,5 1 2 3 4 5 6 7 8

Nennvolumen (mL)

9 10 15 20 25 30 40 50 100

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19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten 225

Tabelle 19-17. Umrechnungen und Konzentrationsangaben

Länge 1 m = 101 dm = 102 cm = 103 mm = 106 μm = 109 nm = 1010 Å 1 nm = 10–9 m = 10–6 mm = 10–3 μm 1 μm = 10–6 m = 10–3 mm

Volumen 1 L = 101 dL = 102 cL = 103 mL = 106 μL 1 dL = 10 cL = 100 mL toleriert: 1 L = 1 dm3 1 mL = 1 cm3 1 μL = 1 mm3

Zeit 1 h = 60 min = 3600 s 1 d = 24 h = 1440 min = 86 400 s

Wärme 1 J = 0,239 cal 1 cal = 4,187 J

Temperatur Celsius Fahrenheit: TF = TC × 1,8 + 32

Fahrenheit Celsius: TC = TF/1,8 – 32

Größe Einheit/ Angabe

Einheitenzeichen Beispiel

Stoffmenge Mol mol n(HCl) = 3 mol

Stoffmengen-konzentration (Molarität)

Mol L–1 c in mol L–1 c(HCl) = 0,3 mol L–1

molare Masse M g/mol bzw. g mol–1 M(H2SO4) = 98 g mol–1

Massenanteil w kg/kg, g/g, g/kg, mg/g, Gew.-%, ‰, ppm, ppb

Masse eines Stoffes in ei-ner Mischung dividiert durch die Gesamtmasse der Mischung: w(NaCl) = 35 g/kg

Volumenanteil v m3/m3, L/L, mL/L, μL/mL, Vol.-%, ppm, ppb

Volumen eines Stoffes in einer Mischung dividiert durch das Gesamtvolu-men: v(O2) = 0,2 mL/L

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226 19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten

Tabelle 19-18. UPAC-Periodensystem der Elemente

Mit Uran (Element 92) enden die natürlichen Elemente. Die bisher be-

kannten Transurane (ab Element 93) sind allesamt künstlich hergestellt worden.

Die Elemente ab 104 nennt man auch Transactinoide. Für Element 105 (Dubnium) war zunächst der passendere Name Hahnium (Ha) vorgeschla-gen. Element 107 (Bohrium) hieß ursprünglich Nielsbohrium (Ns).

11,008HWasserstoff

1 IA

87232,019FrFrancium

2554,938MnMangan4398,906TcTechnetium75186,307ReRhenium107(264)BhBohrium

2658,933FeEisen44101,070RuRuthenium76190,330OsOsmium108(265)HsHassium

58 – 71

90232,038ThThorium

91231,035PaProtactinium

92238,269UUran

93237,043NpNeptunium

94244,061PuPlutonium

95243,061AmAmericium

96247,070CmCurium

49,012BeBeryllium

Protonenzahl p(Ordnungszahl) relative Atommasse u

36,941LiLithium1122,999NaNatrium1939,096KKalium3785,467RbRubidium55132,905CsCaesium

49,012BeBeryllium

Periode

2350,941VVanadium4192,906NbNiob73180,947TaTantal105(262)DbDubnium

ElementsymbolElementname

1224,305MgMagnesium2040,078CaCalcium3887,602SrStrontium56137,327BaBarium88226,210RaRadium

2144,956ScScandium3988,905YYttrium

57138,905

LaLanthan89227,028AcActinium

2247,880TiTitan4091,224ZrZirconium72178,490HfHafnium104(261)RfRutherfordium

2451,996CrChrom4295,940MoMolybdän74183,940WWolfram106(263)SgSeaborgium

2758,933CoCobalt45102,905RhRhodium77192,217IrIridium109(268)MtMeitnerium

2 IIA 3 IIIBs-Elemente

4 IVB 5 VB 6 VIB 7 VIIB 8 VIIIB 9 VIIIBd-Elemente [Nebengruppen]

58140,115

CeCer

59140,907

PrPraseodym

60144,240

NdNeodym

61146,915

PmPromethium

62150,360

SmSamarium

63151,965

EuEuropium

64157,250

GdGadolinium

2858,693NiNickel46106,420PdPalladium78195,08PtPlatin110(271)DsDarmstadtium

90 – 103

NichtmetalleAlkalimetalle

ErdalkalimetalleÜbergangsmetalle

LanthanoideActinoide

1

2

3

4

5

6

7

10 VIIIB

HalbmetalleMetalle

gasförmigflüssig

Edelgase

radioaktiv

s1 s2 d1 d2 d3 d4 d5 d6 d7 d8

f7f5 f6f3 f4f1 f2

Transactinoide

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19 Tabellen, Farbtafeln, Übersichten 227

Element 112 hieß nach seiner experimentellen Herstellung (1999) vorläufig Uub (Ununbium); der neue Name Copernicium (Cp) wurde im Frühjahr 2010 von der IUPAC angenommen. Die Elemente 113–116 (113 Uut = Ununtrium, 114 UUq = Ununquadium, 115 Uup = Ununpentium, 116 Uuh = Ununhexium) sind nachgewiesen, aber noch nicht offiziell benannt worden. Die vermutlich existenzfähigen Ele-mente 117 (Uus = Ununseptium) und 118 (Uuo = Ununoctium) sind bislang nicht nachgewiesen (Stand: Herbst 2010).

Ele

ktro

ne

nfo

rme

n

na

ch d

erN

ebe

nq

uan

ten

zah

l l111(272)RgRoentgenium

47107,868AgSilber79196,968AuGold

3065,941ZnZink48112,411CdCadmium80200,590HgQuecksilber

3374,921AsArsen

50118,710SnZinn

82207,200PbBlei

3478,960SeSelen

51121,760SbAntimon83208,980BiWismut

53126,904IIod

84208,982PoPolonium

98251,079CfCalifornium

99257,082EsEinsteinium

100257,095FmFermium

101258,098MdMendelevium

102259,100NoNobelium

103260,105LrLawrencium

Nebengruppenaktuell: 3 – 12früher: IB – VIIIB

612,001CKohlenstoff1428,085SiSilicium3272,610GeGermanium

714,006NStickstoff1530,937PPhosphor

815,999OSauerstoff1632,066SSchwefel

1735,452ClChlor

52127,600TeTellur

3579,904BrBrom

91,998FFluor

1020,179NeNeon1839,948ArArgon3683,800KrKrypton54131.290XeXenon86222,017RnRadon

85209,982AtAstat

2

L

Hau

ptq

uan

ten

zahl

n /

En

erg

ien

ivea

us

(Sch

alen

)

Hauptgruppenaktuell: 1 – 2, 13 – 18früher: IA – VIIIA

11 IB 12 IIB 13 IIIA 14 IVA 15 VA 16 VIA 17 VIIA 18 VIIIAp-Elemente [Hauptgruppen]

2963,546CuKupfer

112277CnCopernicium

510,811BBor

3169,723GaGallium49114,818InIndium81204,383TlThallium

1326,961AlAluminium

113

Uut

114

Uuq

115

Uup

116

Uuh

24,002HeHelium

1

K

4

N

3

M

6

P

5

O

7

Q

66162,500DyDysprosium

67164,930HoHolmium

68167,260ErErbium

69168,934TmThulium

70173,040YbYtterbium

71174,976LuLutetium

117

Uus

118

Uuo

HalogeneChalkogene

65158,929TbTerbium97249,075BkBerkelium

p6d9 d10 p1 p2 p3 p4 p5

f14f13f12f11f10f9f8

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Page 238: Einfuhrung in die Laborpraxis: Basiskompetenzen fur Laborneulinge 2. Auflage (Springer-Lehrbuch)

Zum Weiterlesen

Adam G, Läuger P, Stark G (2003) Physikalische Biochemie und Biophy-sik. Springer, Heidelberg

Atkins PW, Paula J de, Höpfner A, Baer M (2006) Physikalische Chemie, 4. Aufl. Wiley-VCH, Weinheim

Baghdady N (2002) Lexikon der internationalen Abkürzungen: Umwelt und Naturwissenschaften. Alpha Informations-Gesellschaft, Lampertheim

Bannwarth H, Kremer BP, Schulz A (2011) Basiswissen Physik, Chemie und Biochemie. Vom Atom bis zur Atmung – für Biologen, Mediziner und Pharmazeuten. 2. Aufl. Springer, Heidelberg

Barker K (2006) Das Cold Spring Harbor Laborhandbuch für Einsteiger. Elsevier Spektrum, Heidelberg

Bast, E (1999) Mikrobiologische Methoden. Eine Einführung in grundle-gende Arbeitstechniken. Spektrum, Heidelberg

Bernabei D. (1991) Sicherheit. Ein Handbuch für das Labor, 2. Aufl. GIT-Verlag, Darmstadt

Beyer H, Walter W (2004) Lehrbuch der organischen Chemie, 23. Aufl. Hirzel, Stuttgart

Binder HM (1999) Lexikon der chemischen Elemente. Das Periodensystem in Fakten, Zahlen und Daten. Hirzel, Stuttgart

Bohl E (2006) Mathematik in der Biologie, 4. Aufl. Springer, Heidelberg Brock TH (1997) Sicherheit und Gesundheitsschutz im Laboratorium.

Springer, Heidelberg Bruice PY, Lazar T (2007) Organische Chemie. Pearson Studium, München Cooper TG (1981) Biochemische Arbeitsmethoden. De Gruyter, Berlin Eckardt S, Gottwald W, Stieglitz B (2002) 1 x 1 der Laborpraxis. Wiley-

VCH, Weinheim Hollemann AF, Wiberg E (2003) Lehrbuch der Anorganischen Chemie,

101. Aufl. De Gruyter, Berlin Hommel G (Hrsg.) (2008) Handbuch der gefährlichen Güter. Band 1–10,

22. Aufl. Springer, Heidelberg Hübel M et al (1996) Laborpraxis, Band 1–4. Birkhäuser, Basel

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230 Zum Weiterlesen

Hütter LA (1994) Wasser und Wasseruntersuchung. Salle & Sauerländer, Frankfurt

Kremer BP (2010) Das Große Kosmos-Buch der Mikroskopie, 2. Aufl. Franckh-Kosmos, Stuttgart

Kremer BP (2010) Vom Referat bis zur Examensarbeit. Naturwissenschaft-liche Texte perfekt verfassen und gestalten. 3. Aufl. Springer, Heidelberg

Kremer BP (2008) Mikroskopieren ganz einfach. Franckh-Kosmos, Stutt-gart

Kremer, BP (2010) Wasser! Naturstoff, Lösemittel, Lebensraum. Ein Lern- und Lesebuch. Schneider, Baltmannsweiler

Latscha HP, Kazmeier U, Klein HA. (2008) Chemie für Biologen, 3. Aufl. Springer, Heidelberg

Lottspeich F, Engels JW (2006) Bioanalytik. Elsevier Spektrum, Heidelberg Merck E (1996) The Merck Index/Index Merck, 12. Aufl. CD-ROM und

Buchausgabe. Chapman & Hall, London Meschede D, Gerthsen C (2006): Gerthsen Physik. Springer, Heidelberg Mortimer CE, Müller U (2007) Das Basiswissen der Chemie, 9. Aufl.

Thieme, Stuttgart. Mülhardt C (2006) Der Experimentator: Molekularbiologie/Genomics. El-

sevier Spektrum, Heidelberg Rehm H (2006) Der Experimentator: Proteinbiochemie/Proteomics. Elsevier

Spektrum, Heidelberg Risch N, Grumbach HJ.(2002) Innovation von unten. Arbeits- und Umwelt-

schutzprojekte in Hochschullaboratorien. BuFaTa Chemie, Freiburg Schwedt G (1996) Taschenatlas der Analytik. VCH, Weinheim Strähle J, Schweda E (2006) Jander/Blasius Lehrbuch der analytischen und

präparativen anorganischen Chemie. Hirzel, Stuttgart Tipler PA, Mosca G, Pelte D (2006) Physik. Spektrum, Heidelberg.

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Zum Nachschlagen: Register

Abdampfen 149, 150 Abdampfschale 43 Abdichten 47 Abfallarten 15 Abflammen 198 Ablaufunterschiede 80 Ablesedurchmesser 76 Absperrhahn 47 Abwiegen 71 Achsenkreuzteilung 66, 67 Achsenschnittpunkt 67 Acrylamid 169 Adsorptionschromatographie 163 Aerosol 147 Agarose 169 Aggregatzustände 147 Aktivität, optische 115 Aldehyde 31 Alkane 24, 25 Alkene 26 Alkine 26 Alkohole 29 Alkyl-Rest 24 Allergene 12 Anteile und Konzentrationen 141 Apertur, numerische 173 Aperturblende 175 Apochromate 174 apolar 128 Apparaturen 35 Aquadest 130 Aquabidest 130 Äquivalentkonzentration 110,

132, 135, 136 Äquivalenzpunkt 111

Aräometer 114 Archimedisches Prinzip 114 Aren-carbonmonosäuren 32 Arene 26, 28 Arine 27 Arrhenius, Svante 19 Asepsis 196 Atombindungen 18 Auflösungsgrenze 173 Aufziehunterschiede 80 Auslauf 77 Ausfrieren 148 Ausglühen 198 Ausschwingrotor 158 Autoklavieren 197 Automatikbürette 88 Automatikpipette 42 Avogadro’sches Gesetz

124, 140 Azeotrop 153 Balkendiagramm 64 Balkenwaage 71 Basen 19 Basen, Nomenklatur 22 Basiseinheiten 50 Basislayout 68 Becherglas 39 Beladungsschema DC 165 Beleuchtung, Köhler’sche 180 Beleuchtungsverfahren 185 Beobachtungsverfahren 186 Benzyl-Rest 30 Berechnung pH-Wert 103 Berechnung Massenanteil 142

?

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232 Zum Nachschlagen: Register

Berechnung Massenkonzentration 144

Berechnung Stoffmengen-konzentration 145

Berechnung Volumenanteil 143 Beugungskontrast 185 Bewegung, Brown’sche 184 Bezugselektrode 108 Bidest 130 Bimetallthermometer 95 Biostoffverordnung 202 Blots, Typologie 171 Blotting 171 Boyle-Mariotte’sches Gesetz 117 Brand-Saughilfe 81 Brechungsindex 116 Brenner 43 Brønstedt, Johann 20 Brown’sche Bewegung 184 Bubble-Point-Test 200 Büchner-Trichter 43, 151 Buchstaben, griechische 55 Bunsen-Brenner 43, 96 Bürette 44, 87 Carbonmonosäuren 32 Carbondisäuren 33 Carbonsäuren 31 Carbonyl-Gruppe 31 Carboxyl-Gruppe 31 CAS-Nummer 17 Celsius-Skala 92 Ceranplatte 99 Chemikalien 17 Chemikalienagentur,

europäische 12 Chemikaliengesetz 13 Chromatographie 163 Chromatographie-Verfahren 164 Chromschwefelsäure 37, 89 CLP-Kenzeichnung 216 CLSM 185

CMR-Stoffe 12, 14 cpm 194 Cycloalkane 26 Dalton, Gesetz von 124 Dampfsterilisation 197 Darstellung, zeichnerische 64 Dauerpräparat 181 DC-Karte 164 DC-Platte 164 Deionat 130 Dekantieren 162 Denaturierung 149 Desinfektion 196 Destillation 153 Destillationsapparatur 154 Destillierkolben 40 Dezimalreduktionszeit 196 Detergenzien 89 Dewar-Formeln 27 Diagramme 62 Dialyse 131, 150 Dicarbonsäuren 33 Dichte 113 Dichtebestimmung 113 Dichtegradient 159 Diffusionsflamme 97 Dimensionen 50 Disk-Gelelektrophorese 170 Divis 26, 56 Dokumentation 187 Dokumentieren 59 Doppelbindung 27 Doppler-Effekt 191 dpm 194 Drechsel-Flasche 42 Drehung, spezifische 115 Dreiwegehahn 47 Druckausgleich 123 Druckdose 122 Druckgasflasche, Farbkennzeich-

nung 7, 118, 120, 219, 220

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Zum Nachschlagen: Register 233

Druckminderer 121 Dünnschichtchromatographie

164 Duran 36 Durchflussrotor 158 Durchlichtverfahren 185 Edelgase 19 Eigenschaften, kolligative 125 Einheiten 49 Einheiten, abgeleitete 52 Einheiten, Schreibweisen 55 Einheiten, Teile 54 Einheiten, Vielfache 54 Einkanalpipette 83 Einlauf 76 Einschlussthermometer 95 Einstabmesskette 108 Elektrophorese 163 Elemente 17 Elutionsprofil 172 Emulsion 131, 147 Enantiomere 115 Entsorgung 14 Entwicklung DC-Karte 166, 167 Entwicklung DC-Platte 166, 167 Erhitzen 96 Erlenmeyerkolben 39 Erwärmen 96 EUH-Sätze 209 Ex 77 Exsikkator 43 Extinktion 192 Extinktionskoeffizient, molarer

192 Fadenkorrektur 95 Fahrenheit-Skala 92 Faktor, van’t-Hoff- 126 Fällung 131, 148 Faraday-Tyndall-Phänomen 131 Farbänderung Indikatoren 106

Farbcode Pipetten 223, 224 Farbcodes 81 Farbkennzeichnung Druckgas-

flasche 7, 118, 219, 220 Farbkennzeichnung Installation

8, 213 Farbkennzeichnung Pipetten

223, 224 Fehlertoleranz 72 Festwinkelrotor 158 Fettsäuren 32 Filtrat 151 Filtration 150 Flachbettverfahren 170 Flamme, rauschend 97 Flasche, Woulfe’sche 151, 152 Flaschen 41 Flaschenhals 117 Flaschenkennzeichnung 14, 118 Flaschenventil 121 Fluchtwege 7 Flüssigkeitsthermometer 94 Flüssigkeits-Szintillation-

spektrometrie 193 Fokussierung, isoelektrische 170 Formeleinheit 23 Foto-Handy 187 Fraunhofer’sche Linien 187 Frischpräparat 181 Gammastrahlung 199 Gasdrucksicherung 123 Gase, giftige 123 Gase, Lösungen von 129 Gasentnahme 121 Gasflasche 45 Gasflaschen, Kennzeichnung

117, 119 Gasgleichung, allgemeine 117 Gaskennzeichnung 119 Gastransfer 85 Gaswäscher nach Trefzer 123

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234 Zum Nachschlagen: Register

Gay-Lussac, Joseph 109 Gefahren erkennen 4 Gefahrendiamant 12, 218 Gefahrenhinweise, allgemeine

219 Gefahrenpotenzial, akutes 5 Gefahrenpotenzial, latentes 5 Gefahrensymbole 11, 214, 216 Gefahrgut 11 Gefahrgutsymbole 217 Gefahrgutaufkleber 119 Gefahrgutklassen 202, 215 Gefährlichkeitsmerkmale 13 Gefahrstoffe 11 Gefahrstoffverordnung 11 Gefahrstoffsymbole 214 Gefahrstoffsymbole nach GHS

216 Gefahrzettel 119 Gefäßjustierung 78 Gefäßkennzeichnung 78 Gegenstromdestillation 154 Gel-Elektrophorese 170 Gelfiltration 172 Gemenge 147 Gemisch, azeotropes 153 Gemisch, ideales 153 Gemische 18 Geräte 35, 39 Gesetz von Avogadro 124, 140 Gesetz von Dalton 124 Gesetz, Boyle-Mariott’sches 117 Gesetz, Lambert-Beer’sches 192 Gewicht, spezifisches 113 Gewichtskraft 113 Gewichtsprozent 132, 133 Gewichtssatz 73 GHS 12, 201 Glas 35 Glasabtrag 89 Glasarten 36 Glaselektrode 107

Glasflasche 41 Glasmembran 109 Glasplatte, Ceran- 99 Gleichstromdestillation 153 Gleichung, Henderson-

Hasselbalch- 104 Gleichung, Nernst’sche 107 GLP-Vorschriften 59 Good Laboratory Practice 59 Grad Öchsle 115 Grafiken 62 Grammäquivalent 136 Graphen 62 Gruppen, funktionelle 28, 29 Gruppenformel 24 H-Sätze 207 Hahnküken 46 Hähne 48 Härtegrade, Wasser 129 Hamilton-Spritze 84, 85 Hazard Diamond 218 Hebelwaage 71 Heizkorb 97 Heizplatte 98 Henderson-Hasselbalch-

Gleichung 104 Henry’sche Konstante 130 Hertzsprung-Russel-Diagramm

191 Heterozyklen 28 heterozyklisch 28 Hochdruckfiltration 152 Hochdruckgase 117 Hochleistungs-Flüssigkeits-

chromatographie 168 Hoffmann’sche Zersetzung 18 Hoirzontalrotor 158 Howorka-Ball 81 HPLC 168 Hydratkomplex 126 Hydronium-Ionen 102

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Zum Nachschlagen: Register 235

Hydroxide 21 Hydroxyl-Gruppe 29 Immersionsobjektiv 184 In 76 Indikatoren 105, 106 Installation, Farbkennzeichnung

8, 213 Instrumentenpflege 187 Integritätstest Filter 200 Interferenzkontrast 185 Ionenaustauschchromatographie

163, 167 Ionenprodukt 102 Ionenschreibweise 102 Isomerie 25 iso-Pentan 25 isozyklisch 28 IUPAC-Regeln 17 Joule 91 Kalorie 91 Kältemischungen 99 Kältethermometer 95 Kationenaustauscher 167 Kekulé-Formeln 27 Kelvin-Skala 92 Kenndaten Messkolben 87 Kenndaten Pipette 79 Ketone 31 Koagulation 131 Kohlenhydrate 31 Kohlenwasserstoffe,

aliphatische 26 Kohlenwasserstoffe,

alizyklische 26 Kohlenwasserstoffe,

gesättigte 24 Kohlenwasserstoffe,

ungesättigte 27 Köhler’sche Beleuchtung 180

Kolben 40 Kolbenhubpipette 83 Kolbenprober 85 kolligativ 125 kolloidal 131 Konformation 149 Konstante, Henry’sche 130 Kontamination 196 Konzentrationen 125 Konzentrationsangaben 132 Konzentrationsangaben,

Umformung 133 Konzentrationsbestimmung,

titrimetrische 110 Koordinatensystem,

kartesianisches 65 Kraftarm 71 Kristallwasser 126 Kugelschliff 45, 46 Kühlen 98 Kühlmittel 8 Küken 46 Kunststoffe 37, 38 Kurvendiagramm 64 Laborbericht 61 Labordokumente 64 Laboreinrichtung 7 Laborinstallation, Farbkenn-

zeichnung 8, 213 Laborkunststoffe 37, 38 Laborprotokoll 60 Laborsicherheit 5 Lambert-Beer’sches Gesetz 192 Lastarm 71 Le Chatelier, Prinzip von 102 Legierung 147 Leistungsdaten Zentrifugen 159 Licht, polarisiertes 115 Linien, Fraunhofer’sche 187 Liquid scintillation counting 193 Liter 75

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Lösemittel 126 Lösemittel, apolare 128 Lösemittel, polare 129 Lösemittelklassen 127 Löslichkeit Gase 130 Löslichkeitszahl 132 Lösung(en) 125, 126 Lösung, gesättigte 132 Lösungen verdünnen 138 LSC 193 Luer-Spritze 85, 153 Luft, Gaszusammensetzung 124 Lyophilisation 150 Magnetrührer 73, 86 Manometer 121 Maßanalyse 109 Maße 49 Massenanteil 141, 142 Massenkonzentration 141, 144 Massenwirkungsgesetz 101,

103, 107 Masseprozent 132 Maßlösung 109 Maximumthermometer 95 Mehrfachalkohole 31 Mehrfachringsysteme 28 Mehrkanalpipette 83 Membranfilter Membranfiltration 152 Mengenangaben 132 Meniskus 77, 88, 115 Messkolben 39, 86 Messpipette 42, 79 Messpipetten, Farbcode 209 Messpipetten, Typ 1–3 80 Messzylinder 40 Metall-Ion 21 Methylen-Gruppe 24 Methyl-Gruppe 24 Mikrometer, Objekt- 183 Mikrometer, Okular- 183

Mikrokapillare 85 Mikropipette 42, 84 Mikroskopieren 173 Mikrospritzen 85 Mischsysteme 131 Mischungskreuz 137 Molalität 132 Molarität 132, 135, 145 Molekül 19 Molekularsiebe 172 Molekülmasse 135 Molvolumen 140 Monocarbonsäuren 32 Mostgewicht 115 Multiplikatoren 53 Murphys Gesetz 3 MWG 103 Nassantiseptik 199 Natronglas 36 Nennvolumina 139 neo-Pentan 25 Nernst’sche Gleichung 107 Neutralisation 21, 22, 111 Neutralpunkt 111 Niederdruckgase 118 Nitril-Handschuhe 171 Nomenklatur Basen 22 Nomenklatur Salze 23 Nomenklatur Säuren 22 Normalität 110, 132, 135 Normaldruck-Filtration 151 Normalschliff 46 Normschliffe, Benennung 46 Northern-Blot 171 Nutsche 38, 43, 152 Oberphase 155 Objektmikrometer 183 Öchsle-Grad 115 Ölimmersion 174 Okularmikrometer 183

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Olefine 26 Olive 42 Osmolalität 137 Osmolarität 137 P-Sätze 210 Paraffine 24 Partialdruck 124 Pasteur-Pipette 42 Peleusball 44, 81 Pellet 162 Periodensystem Elemente 226 Peroxosäuren 22 Persäuren 21 Petrischale 45 Phasenkontrast 185 Phasentrennung 155 pH-Elektrode 108 Phenole 30 Phenyl-Rest 30 pH-Indikatoren 106 pH-Messung 108 pH-Meter 109 pH-Wert 101 Photometrieren 187 Pipetten 42 Pipetten, Farbcode 223, 224 Pipettenwechselspitze 84 Pipettieren, reverses 84 Pipettierhilfen 81 Pistill 38, 44 Pizza fungi 62 Planapochromat 174 Planschliff 46 polar 129 Polarimeter 116 Polarimetrie 115 Polarisationsfilter 116 Polaritätsreihe Lösemittel 129 Polyacrylamid 169 Polyamid 37 Polyethylen 37

Polymethacrylat 37 Polypropylen 37 Polystyrol 37 Polyvinylchlorid 37 Porzellan 38 Potentiometrie 107 potentia hydrogenii 101 ppb 132, 133 ppm 132, 133 Präparierbesteck 176 Präzipitation 131, 149 Prinzip, Archimedisches 114 Probenröhrchen 39 Protokollbuch 59 Protokollieren 59 Protonenabgabe 20 Protonenaufnahme 20 PSE 226 PSU 115 Puffer 104 Puffer-Systeme 105 Pulvertrichter 44 Pyrex 36 Qualitätsbezeichnungen 33, 34 Qualitätsklassen 78 Quarzglas 36 Quetschhahn 45 Ranvier-Flasche 41 Rauchen 5 REACH 12 Reagenzglas 39 Reagenzglashalter 45 Réaumur-Skala 92 Redox-Reaktionen 110 Redox-Wertigkeit 112 Reduktionsäquivalent 112 Reduktionsäquivalent,

Titrimetrie 112 Reduzierventil 45, 121 Reihe, homologe 25

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Reine Werkbank 201 Reinstwasser 130 Referenzelektrode 108 Referenzpuffer 109 Refraktometer 116 Refraktometrie 116 Reibschale 44 Reinheitsbezeichnungen 33, 34 Reinigung Gefäße 89 Reinstoffarten 18 Rekristallisieren 150 Rettungsmittel 8 reverses Pipettieren 84 Rf-Wert 166 Ringsysteme, kondensierte 26 Risiko-Sätze 13 Rotationsverdampfer 154 Rotorbeladung 161 Rotoren 158 R-Sätze 13, 195 Rührfisch 73, 86 Rundkolben 40 RZB-Wert 157 Salinität 115 Salze 19, 21 Salze, Nomenklatur 23 Saugflasche 42, 151 Säulendiagramm 64 Säure/Base-Paar 20 Säure/Base-Wertigkeit 112 Säuren 19 Säuren, Nomenklatur 22 Säuren, sauerstofffreie 22 Scheidetrichter 43, 155 Schellbach-Streifen 88 Schlauchtülle 47 Schlauchverbindung 47 Schliffe 46 Schlifffett 46 Schliffhülse 45 Schliffkern 45

Schliffstöpsel 46 Schliffteile 45 Schminken 5 Schraubflasche 41 Schreibweisen 55 Schulterflasche 41 Schütteltrennung 155 Schutzbrille 44 Schwarzbandfilter 151 SDS-Gelelektrophorese 170 Sephadex-Gelpartikeln 172 SI-Basisgrößen 49 Sicherheitsdatenblätter 12 Sicherheitsgaswäscher 123 Sicherheits-Sätze 13 Sicherheitsstufe S1 202 Siedeverzug 100 SI-Einheiten 49 SI-Präfixe 53 Skalierung 66 Solvatation 126 Solvens 126 Sonderabfälle 15 Sørensen, Søren 101, 104 Sørensen-Puffer 104 Southern-Blot 171 Spatel 44 Spektralphotometer 191,

192, 193 Spektroskopie 187 Spektrum,

elektromagnetisches 191 Sperrhähne 48 Spritzen 84 Spritzflasche 41 S-Sätze 13, 195 Stabthermometer 94 Stammlösung 105 Stammsäuren 22 Standzylinder 40 Stehkolben 40 Steilbrustflasche 41

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Sterilfiltration 200 Sterilisation 195 Sterilisationsverfahren 196 Stockthermometer 95 Stoffe 17 Stoffmengen 125, 135 Stoffmengenangaben 134 Stoffmengenkonzentration 136,

141, 145 Stoffmischungen 147 Sublimation 150 Substitution 25 Summenformel 24 Suspension 131 Svedberg-Einheit 160 Symbole Basiseinheiten 50 Synthesebericht 61 Szintillationspektrometrie 193 Szintillator, primärer 193 Tabellen 68 Tabellenlayout 69 Tabellenlogik 68 Tara 73 Teclu-Brenner 43, 96 Teildrucke 124 Temperatur 91 Temperatur, kritische 117 Temperaturskala Celsius 92 Temperaturskala Kelvin 92 Temperaturskala Réaumur 92 Temperieren 91 Thermometertypen 93 Tiefenfilter 200 Tiegelzange 44 Titer-Lösung 109 Titrationskurve 111 Titrator 111 Titrier-Lösung 109 Titrimetrie 101, 109, 110 Trägermaterialien 164 Transmission 192

Transportgüter, gefährliche 217

Trefzer-Gaswäscher 123 Trenneffekte 163 Trennverfahren 148 Trichter 44 Trichter, Büchner- 151 Trockenantiseptik 198 Trockenobjektiv 184 Tropfflasche 41 Tropfpipette 45 Tropftrichter 43 Tyndallisieren 198 Übergangsstücke 46 Überstand 162 Uhrglas 45 Umkehrosmose 150 Umschlagbereiche 106 Umweltaspekte 14 Umweltrecht 15 Universalindikatoren 105 unpolar 128 Unterphase 155 UV-Strahlung 199 van’t-Hoff-Faktor 126 Verantwortung 4 VE-Wasser 130 Verbindungen 17 Verdünnen 138 Verdünnungsreihe,

geometrische 139 Verdünnungsreihe,

logarithmische 139 Vernetzung Acrylamid 169 Verteilungschromatographie 163 Vielfache, dezimale 53 Vollpipette 42, 79 Vollpipetten, Farbcode 210 Volumenanteil 141, 143, 145 Volumenkontraktion 144

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Volumenkonzentration 86, 134, 138, 141, 144

Volumenmessung 76 Volumenprozent 132, 133, 134 Volumenschwund 86, 144 Volumina 75 Vormischflamme 97 Vortex 87 Wägepapier 72 Wägeprinzip 72 Wägung 71 Wärmekapazität 93 Wärmemenge 92 Wärmeüberträger 98 Waschflasche 42, 123 Wasser, demineralisiertes 129 Wasser, destilliertes 130 Wasserlöslichkeit 23

Wasserstoffionen 101 Wasserstrahlpumpe 43 Weißbandfilter 151 Werkbank, Reine 201 Werkstoffe 35 Western-Blot 171 Wichte 113 Woulfe’sche Flasche 151 Zahlen 49 Zahlen, Schreibweisen 55 Zeeman-Effekt 191 Zentrifugieren 157 Zentrugation, differentielle 159 Zentrifugation, isopyknische 159 Zonenzentrifugation 159 Zweiphasensystem 156 Zweiwegehahn 45 Zylinder 40