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Die VAC ® -Therapie bei der Behandlung schwerer intraabdomineller Erkrankungen - Stellenwert der Methode M.Krahl Klinik für Allgemein-, Gefäß- und Visceralchirurgie Städtische Klinikum Görlitz gGmbH M.Krahl Chirurgische Klinik Städtische Klinikum Görlitz gGmbH 01/2007

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Die VAC®-Therapie bei der Behandlung schwerer intraabdomineller Erkrankungen

-Stellenwert der Methode

M.Krahl

Klinik für Allgemein-, Gefäß- und Visceralchirurgie

Städtische Klinikum Görlitz gGmbH

M.Krahl Chirurgische Klinik Städtische Klinikum Görlitz gGmbH 01/2007

Historische Betrachtungsweise• Goldstandard –primärer

Verschluß der Bauchhöhle • offenes Abdomen mit seinen

vorhersehbaren Kompli-kationen war technisch nicht befriedigend zu managen

• → erzwungenerBauchdeckenverschlußohne Berücksichtigung der pathophysiologischenAspekte

M.Krahl Chirurgische Klinik Städtische Klinikum Görlitz gGmbH 01/2007

Historische BetrachtungsweiseOP- Bericht 23.02.1925„Bei Eröffnung der Bauchhöhle floss eine reichliche Menge eitrig-getrübten,geruchlosen Exudates ab und quellen sehr stark geblähte und gerötete Dünndarmschlingen vor….Auch jetzt war es noch sehr schwer, den Wurmfortsatz in die Wunde einzustellen, weil die stark aufgetriebenen Dünndarmschlingen immer wieder hervorquollen und der Blinddarm an der Hinterwand des Bauches befestigt war…Die Bauchhöhle war sehr leicht von dem Exudat zu reinigen, es floss fast gänzlich von selbst ab. Das lag wohl daran, daß das kleine Becken völlig frei von Flüssigkeit war und die stark geblähten Dünndarmschlingen durch ihre Spannung das Exudat herausdrängten…..Die Wunde wurde über dem immer wieder hervorquellendenDünndarm locker genäht,…“

CHAZ ,6.Jahrg.,2.Heft

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Historische Betrachtungsweise

1861-1949

Friedrich Ebert 04.02.1871 – 28.02.1925

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Moderne Betrachtungsweise

Erhebliche Fortschritte in der Intensivmedizin

AntibiotikatherapieNierenersatztherapieVolumentherapieBeatmung

Verbesserte chirurgische Techniken

Pathophysiologische Erkenntnisse (ACS)

Damage control Prinzip

wachsende Zahl von Patienten mit offenem Abdomen

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Ursachen für das offene Abdomen

geplante offene Behandlung (Peritonits,Trauma,ACS)Mangelhafte Primärheilung (Platzbauch)– Radiatio/Chemo– Kachexie– COPD– Adipositas !– Diabetes mellitus / Cortison

nekrotisierende Fasciitisausgedehnte Resektionen

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Rationalen für das Offenlassen der Bauchhöhle

• Darmwandödem• Konzept des damage

control• drohendes oder manifestes

ACS• nicht einzeitig sanierbare

Infekte• Second look – Laparotomie

(Revaskularisation bei intestinalenIschämien, Anastomosenkontrolleu.a.)

• unsichere Herdsanierung

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Rationalen für das Offenlassen der Bauchhöhle

• Bei 20% der Patienten mit schwerer diffuser Peritonitis ist einzeitige Behandlung nicht erfolgversprechend (n. Teichmann)

• Relaparotomie nach Standardtherapie

• intraabdominelles Packing

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Komplikationen des offenen Abdomen

Frühe KomplikationenKontamination des PeritoneumReperfusionssyndromEvisceration (Verlust des Heimatrechtes)BlutungenVerlust der DarmfunktionFlüssigkeitsverlusteWärmeverlusteVerlust der Stabilität/Atemmechanik

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Komplikationen des offenen Abdomen

Späte KomplikationenIntraabdominelle Abszesseenterokutane FistelnHernienbildung(kosmetische Aspekte)

Mortalität bis 56,8% (Bosetta et.al. 2001,Crit.Care Med.)

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Temporary Abdominal Closure (TAC)

• AnforderungenErmöglicht multiple ReexplorationenSchutz der Bauchwand/Vorbereitung des SekundärverschlussesSicheres Verhindern einer Kontamination der BauchhöhleVerhindert Herniation und EviscerationReduziert Risiko des ACSSchützt Viscera (Austrocknung und mech.Schutz)Seltene VerbandwechselQuantifiziert FlüssigkeitsverlusteReduziert bakterielle BelastungKosten

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TAC-Techniken

• Alleiniger Hautverschluss• Bogota-Pouch• Wittmann-Patch• Netzimplantation

– Resorbierbar– Nichtresorbierbar (Ethi-Zipper)

• Vacuum-pack• VAC®-Therapie

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Vergleich der TAC-Techniken

+0---Infektionskontrolle

+0---Granulations-förderung

+0---Quantifizierung Flüssigkeitsverl.

+0---aktive Drainage

+--+-Hautverschluss

+0(+)+-Fascienverschluss

+++++Kontrolle Viscera

VAC®Vacuum Pack

NetzeWittmannPatch

BogotaPouch

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Peritonitis

Hohlorgan-perforation ⇒

Übertritt von• Nahrungsresten • Darminhalt• Galle• Pankreassaft• Stuhlin die Abdominalhöhle

⇒Chirurgische

• Sanierung• Ausschaltung

Chirurgische Sanierung erfolgreich (80-90%) ⇒ Klinikletalität < 20%nicht erfolgreich (10-20%) ⇒ Klinikletalität >70%

Büchler et.al.,Chirurg1997,60,011-015

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PeritonitisKontrolle der Infektquelle ist eng mit dem Überleben assoziiert !Therapieoptionen, wenn Sepsisquelle nicht chirurgisch sanierbar ist

(Vorverlagerung)AntibiotikaDrainage (konventionell)

lokale Drainage effektiv möglicheffiziente Drainage der gesamten Bauchhöhle damit nicht möglich

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Probleme konventioneller Drainagen

Arrosionen und PerforationenSpülstraßenbildungSpülflüssigkeit verbleibt im BauchraumDislokationVerstopfung

⇒ ineffiziente Drainage

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SchwammartenPolyuretan (PU) Polyvinylalkohol (PVA)V.A.C.® GranuFoamTM Dressing V.A.C.® VersaFoamTM Dressing

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VAC® -Therapie

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Alternative,enorm effektive Drainagetherapie,

aber bei Peritonitis nicht einfach „Schwamm drüber“!

Effekte der VAC® - Behandlung

umgekehrte GewebeexpansionGranulationsgewebe-förderungReduktion der bakt. BelastungKontrolle des WundexudatesPerfusionsverbesserung

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Mechanische Effekte der VAC® -Behandlung

Ständige „komplexe“ Drainage (Quantifizierung)Konservierung der Bauchwand

Umgekehrte GewebeexpansionKeine NähteDurchblutungsverbesserung

StabilitätAtemmechanik/HustenWeaningLagerungMobilisation

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Prinzip der umgekehrten Gewebeexpansion

Swan and Banwell,oxwhs,2003

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Vergleich der Vacuum pack-Technik mit der VAC®

0.0342,6%7%Fistel-bildung

0.93430%31%Mortalität

<0.00179%58%Fascien-verschluss

P-valueVAC®Vacuum pack

Parameter

Signifikanslevel <0.05 Kaplan et al.: Guidelines for the management of the open abdomen, Supplement Wounds 2005

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Klinisches Management des Open Abdomen

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• I Akute Phase (24-48 Stunden)– Initiale Laparotomie mit Notwendigkeit des Open Abdomen– Temporärer Verschluß durch VAC oder Vacuum pack– Intensivtherapie zur Stabilisierung der Vitalfunktionen

(hohes ACS-Risiko)– Wenn Patient stabil und

BD-Verschluss möglich⇒ „primary closure“BD-Verschluss nicht möglich⇒ Phase II

Guidelines for the management of the open abdomen, Kaplan et al, Wounds,2005

Klinisches Management des Open Abdomen

• II Intermediäre Phase (48 Stunden bis 10 Tage)– VAC®-Verbandwechsel (48-72h)– weitere Stabilisierung des Patienten– BD-Verschluß möglichja ⇒ Verschlussnein ⇒ Weiterführen

der VAC®-Therapie(umgekehrte Gewebe-expansion)

Guidelines for the management of the open abdomen,

Kaplan et al, Wounds,2005M.Krahl Chirurgische Klinik Städtische Klinikum Görlitz gGmbH 01/2007

Klinisches Management des Open Abdomen

• III rekonstruktive Phase (10 Tage – BD-Verschluss)– Weiterführung der VAC®-Therapie– Wenn BD-Verschluss möglich wird ⇒ Nutzung der

umgekehrten Gewebeexpansion ⇒ verzögerter Primärverschluss oderVAC®-Therapie zur Förderung der Granulationen

⇒ Spalthauttransplantat⇒ sekundärer Repair der

Bauchwandhernien

Guidelines for the management of the open abdomen,

Kaplan et al, Wounds,2005

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Fallbeispiele I

Monströse parastomale Hernie

Tiefer Bauchdeckeninfekt nach Netz-RepairImplantaterhalt nach Debridement und VAC

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Fallbeispiele II

monströse Skrotalhernie

mit vermeintlicherInkarzeration

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Fallbeispiele II

perforiertes präpylorisches Ulcus ventriculi

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Fallbeispiele II

Situs nach Reposition der Viscera in die Bauchhöhle

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Fallbeispiele II

Lavage

Temporärer abdominellerVerschluß durch VAC®

und Drainage des Bruch-sackesM.Krahl Chirurgische Klinik Städtische Klinikum Görlitz gGmbH 01/2007

Fallbeispiele IIImultiple Dickdarmfisteln nach mehrfachen Laparotomien wegen verschleppter Magen-perforation

Ausheilung über Granulationen

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Fallbeispiele III

Befund nach Fistelresektion und End-zu-End-Anastomosierung

große ventrale Hernie,Versorgung im Intervallgeplant

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Fallbeispiele IVdistales Rektumkarzinom und Adipositas permagna

„Platzbauch“

ausgerissenesdoppelläufiges Ileostoma

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Fallbeispiele IV

Granulationsindikationdurch VAC®

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Fallbeispiele VDünndarmfistel nach Pankreatitis

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Zusammenfassung• effektive Methode zum

Management des A. apertum• effektive quantitative Drai-

nage der Abdominalhöhle• Schutz der Wundumgebung• unterstützt Wundheilung und

Granulationsgewebsbildung• reduziert die Zahl der

Verbandwechsel und den Pflegeaufwand• Unterstützt den Sekundärverschluss durch umgekehrte

Gewebeexpansion

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Zusammenfassung• Stabilisiert die Bauchdecke

(Mobilisation, Lagerung, Atemmechanik)

• Verbessert den Patientenkomfort

• relativ kostenaufwendiges Verfahren

Die VAC-Therapie stellt einen deutlichen Fortschritt im Management des offenen Abdomen dar. Dabei steht dem Defizit an pathophysiologischer Grundlagenforschung eine Vielzahl von erfolgreichen Fallberichten mit Bestätigung der klinischen Wirksamkeit gegenüber.

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