die sprachliche frühgeschichte oder - was war eigentlich vor „den indogermanen“? - dr....

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Dr. Wolfgang Schindler. Einführung in die Sprachgeschichte. Seite 1 1. Die sprachliche Frühgeschichte oder: Was war eigentlich vor „den Indogermanen“? 1.1. Ist komplexe Sprache nur dem Menschen gegeben? „Am Anfang war das Wort, aber als das zweite Wort hinzukam, gab es Schwierigkeiten. Denn mit ihm kam die Syntax, die so vielen Leuten ein Bein stellt“ 1 Der evolutionäre Stammbaum der Hominidenfamilie ist infolge der jüngsten Funde (u. a. Homo antecessor, 1997; Orrorin tugenensis, 2000; Sahelanthropus tschadensis (ToumaV), 2001) revisi- onsbedürftig geworden und gleicht zurzeit eher einem wild wuchernden Busch. 2 (1) Grobe Übersicht über die Evolution der Hominoiden - Trennung von Menschenaffe und Mensch vor 7-10 Mio. Jahren (Gorilla vor Schimpanse) - vor 6-7 Mio. J. Sahelanthropus tschadensis (Individuum „ToumaV “, Fundort: Tschad) Schädel, Gehirnvolumen schimpansenähnlich, doch relativ kleine Zähne, flaches Gesicht. Steht evtl. dem Vorfahren von Schimpanse (Pan-Linie) und Mensch nahe. – Der Fund stellt die Theorie in Frage, nach der das Aufreißen des afrikanischen Kontinents (plattentektonische Bruchstelle) in einer Linie von Äthiopien über den Victoriasee bis Malawi seit gut 5 Mio. Jahren die Entwicklungslinien von Affen und Hominiden trennte, da sich lange Zeit Homo-Fossilien nur östlich des Grabenbruchs (Rift Valley) fanden. - vor ca. 6 Mio. Jahren Orrorin tugenensis (Kenia) Einerseits Kletterer, andererseits Bipedie; zur Affen- oder Homo-Linie? - vor ca. 5,7-4,4 Mio. Jahren Ardipithecus ramidus (Äthiopien) Wahrscheinlich zur Pan-Linie (umstritten), jedoch mit Anzeichen der Bipedie. - vor 4,2 Mio. Jahren Australopithecus anamensis (Kenia) (hominide und äffische Züge) - Vor 3,9-2,9 Mio. J. Australopithecus afarensis (Äthiopien) Becken und Beine humanoid, Schädel schimpansenähnlich. Es folgt ein Gestrüpp aus weiteren Funden (u. a. A. bahreighzali, A. aethiopicus, A. gahri; Kenyanthro- pus (Zeitgenosse des Afarensis mit flacherem Gesicht, kleineren Zähnen; unklar, ob zu Homo, zu Australo- pithecus oder eigene Art); Paranthropus), bei denen kontrovers diskutiert wird, ob sie zu (einem) Seiten- zweig(en) gehören oder (zumindest teilweise) direkte Vorfahren auf dem Weg zu Homo darstellen. Wenn die Australopithecinen keine Sackgasse darstellten, könnten sie sich aufgespaltet haben (robuste A. und grazile A. evtl. als Homo-Vorläufer?). - vor 2,1 Mio. J. Homo habilis oder Australopithecus habilis? (Äthiopien, Kenia, evtl. Südafrika) Bis ca. 1,5 Mio. v.Chr. Gehirn (650 ccm) größer als bei Australopithecus, vermutlich Erectus-Vorfahre (?). Backenzähne menschlich; umstritten ist, ob er Ansätze zu einem Broca-Zentrum (motorisches Sprachzent- rum, Störung führt zu Agrammatismus, verlangsamtem Sprechen, Entstellung der Lautstruktur) aufweist. - Vor 1,8 Mio. J. Homo erectus (Afrika, Europa, Asien; Australien umstritten) Erster unumstrittener Homo, Gehirn 800-1200 ccm. Verließ als erster Afrika, gilt als Sapiens-und Neander- taler-Vorfahre, starb wohl erst vor 40.000 J. aus. Erste (noch recht primitive) Werkzeugkultur. Das Problem dieser derart langen Existenz wirft die Frage auf, ob hier nicht verschiedene Arten „unter dem Dach des H. erectus“ vermischt werden (u. a. Homo antecessor, Spanien vor ca. 800.000 J.; Homo ergaster, Ostafrika u. Asien vor 1.8-1.4 Mio. J., evtl. gar der Vorfahre von Erectus; H. heidelbergensis Europa vor ca. 600.000 J.). - 230.000 – 27.000 J. Homo neanderthalensis (Europa und Vorderasien) 1 Ausspruch von John Simon, einem Linguisten, zit. nach Vaas (2001: 26). 2 Vgl. z. B. Wissenschaftsmagazin Nature 418 (2002). Stammbäume und –büsche auch im WWW zu finden.

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Die sprachliche Frühgeschichte oder - Was war eigentlich vor „den Indogermanen“? - Dr. Wolfgang Schindler

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  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 1

    1. Die sprachliche Frhgeschichte oder: Was war eigentlich vor den Indogermanen? 1.1. Ist komplexe Sprache nur dem Menschen gegeben?

    Am Anfang war das Wort, aber als das zweite Wort hinzukam, gab es Schwierigkeiten. Denn mit ihm kam die Syntax, die so vielen Leuten ein Bein stellt1

    Der evolutionre Stammbaum der Hominidenfamilie ist infolge der jngsten Funde (u. a. Homo antecessor, 1997; Orrorin tugenensis, 2000; Sahelanthropus tschadensis (ToumaV), 2001) revisi-onsbedrftig geworden und gleicht zurzeit eher einem wild wuchernden Busch.2

    (1) Grobe bersicht ber die Evolution der Hominoiden

    - Trennung von Menschenaffe und Mensch vor 7-10 Mio. Jahren (Gorilla vor Schimpanse) - vor 6-7 Mio. J. Sahelanthropus tschadensis (Individuum ToumaV, Fundort: Tschad) Schdel, Gehirnvolumen schimpansenhnlich, doch relativ kleine Zhne, flaches Gesicht. Steht evtl. dem Vorfahren von Schimpanse (Pan-Linie) und Mensch nahe. Der Fund stellt die Theorie in Frage, nach der das Aufreien des afrikanischen Kontinents (plattentektonische Bruchstelle) in einer Linie von thiopien ber den Victoriasee bis Malawi seit gut 5 Mio. Jahren die Entwicklungslinien von Affen und Hominiden trennte, da sich lange Zeit Homo-Fossilien nur stlich des Grabenbruchs (Rift Valley) fanden. - vor ca. 6 Mio. Jahren Orrorin tugenensis (Kenia) Einerseits Kletterer, andererseits Bipedie; zur Affen- oder Homo-Linie? - vor ca. 5,7-4,4 Mio. Jahren Ardipithecus ramidus (thiopien) Wahrscheinlich zur Pan-Linie (umstritten), jedoch mit Anzeichen der Bipedie. - vor 4,2 Mio. Jahren Australopithecus anamensis (Kenia) (hominide und ffische Zge) - Vor 3,9-2,9 Mio. J. Australopithecus afarensis (thiopien) Becken und Beine humanoid, Schdel schimpansenhnlich. Es folgt ein Gestrpp aus weiteren Funden (u. a. A. bahreighzali, A. aethiopicus, A. gahri; Kenyanthro-pus (Zeitgenosse des Afarensis mit flacherem Gesicht, kleineren Zhnen; unklar, ob zu Homo, zu Australo-pithecus oder eigene Art); Paranthropus), bei denen kontrovers diskutiert wird, ob sie zu (einem) Seiten-zweig(en) gehren oder (zumindest teilweise) direkte Vorfahren auf dem Weg zu Homo darstellen. Wenn die Australopithecinen keine Sackgasse darstellten, knnten sie sich aufgespaltet haben (robuste A. und grazile A. evtl. als Homo-Vorlufer?). - vor 2,1 Mio. J. Homo habilis oder Australopithecus habilis? (thiopien, Kenia, evtl. Sdafrika) Bis ca. 1,5 Mio. v.Chr. Gehirn (650 ccm) grer als bei Australopithecus, vermutlich Erectus-Vorfahre (?). Backenzhne menschlich; umstritten ist, ob er Anstze zu einem Broca-Zentrum (motorisches Sprachzent-rum, Strung fhrt zu Agrammatismus, verlangsamtem Sprechen, Entstellung der Lautstruktur) aufweist. - Vor 1,8 Mio. J. Homo erectus (Afrika, Europa, Asien; Australien umstritten) Erster unumstrittener Homo, Gehirn 800-1200 ccm. Verlie als erster Afrika, gilt als Sapiens-und Neander-taler-Vorfahre, starb wohl erst vor 40.000 J. aus. Erste (noch recht primitive) Werkzeugkultur. Das Problem dieser derart langen Existenz wirft die Frage auf, ob hier nicht verschiedene Arten unter dem Dach des H. erectus vermischt werden (u. a. Homo antecessor, Spanien vor ca. 800.000 J.; Homo ergaster, Ostafrika u. Asien vor 1.8-1.4 Mio. J., evtl. gar der Vorfahre von Erectus; H. heidelbergensis Europa vor ca. 600.000 J.). - 230.000 27.000 J. Homo neanderthalensis (Europa und Vorderasien)

    1 Ausspruch von John Simon, einem Linguisten, zit. nach Vaas (2001: 26). 2 Vgl. z. B. Wissenschaftsmagazin Nature 418 (2002). Stammbume und bsche auch im WWW zu finden.

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 2

    Kein Vorfahre des H. sapiens, evtl. beide aus H. erectus entstanden. Groes Gehirn (bis 1650 ccm!). Sprachfhigkeit, v.a. Artikulationsvermgen umstritten. Scheint trotz unzweifelhafter Fhigkeiten und T-tigkeiten (Totenkult?) eine zwar hherentwickelte (Sozialleben!), doch wenig innovative Spezies gewesen zu sein. Entwicklungen in der Sptphase knnten vom konkurrierenden Homo sapiens abgeschaut worden sen. - Ab ca. 190.000 v. Chr. moderner Homo sapiens (erst Ostafrika, spter weltweit) thiopien 130.000 J., Israel 100.000 J., Australien 60.000 J., vor 40.000 J. Europa (Cromagnon-Mensch 30.000 v. Chr. Frankreich). Erste unzweifelhafte Kunstwerke wie Hhlenmalerei; lokal differenzierte Stil-varianten von Werkzeugen!

    Menschen und Tiere kommunizieren. Doch es erhebt sich die Frage, ob der Mensch eine spezi-fisch eigene Sprache besitzt oder ob menschliche und tierische Sprachen nur graduelle Unter-schiede aufweisen. In diesem Zusammenhang wurden zwei Hypothesen aufgestellt, die man als Kontinuitts- und Diskontinuittshypothese bezeichnet. Nach der ersten hat sich die menschliche Sprache allmhlich aus primitiveren Vorlufern tierischer Kommunikation entwickelt; nach der zweiten gab es bei der Gattung Homo einen qualitativen Sprung in der Sprachentwicklung, eine Art sprachlichen Urknall. Aber auch bei der Diskontinuittshypothese stellt sich die Frage, ab wann man von dem heutigen hochentwickelten komplexen menschlichen Sprachsystem sprechen kann. Schon beim Homo erectus? Oder erst beim Homo sapiens?3

    .Bei der Kontinuittshypothese werden unterschiedliche Vermutungen angestellt. So gibt es bei-spielsweise die Ruf-Theorie, nach der die Rufe der Primaten stets in ihrer Bedeutung und Funk-tion verfeinert wurden. So werden etwa Kontakt-, Gefahr-, Imponierrufe etc. unterschieden und schlielich werden einzelne Gefahren (Adler, Leopard, Schlange) unterschiedlich berufen, so dass der spezielle Ruf quasi als Wort fr den speziellen Feind fungieren soll. Andere verwei-sen auf den Zusammenhang zwischen den vor allem seit Homo erectus zunehmenden handwerkli-chen Fhigkeiten der Urmenschen, also der Entwicklung der Werkzeuge, und der dazu vermutlich ntigen sprachlichen Unterweisung. Parallel dazu verfeinerte der Homo erectus die organisierte Jagd, wozu wohl auch eine sprachliche Planung bzw. Lenkung ntig war. Andere sehen dies vor-sichtiger. Auch wenn Homo erectus das Feuer handhabte und Handxte benutzte, mahnt Pinker (1996: 410) zur Zurckhaltung, aus kulturellen Errungenschaften und anatomischen Befunden zu folgern, dass dahinter eine komplexe Sprache stnde. Dies sei zwar mglich, aber ein gesicherter Beweis stehe noch aus. Die Hinterlassenschaften unserer Vorfahren zeigen kaum eine deutliche Weiterentwicklung, wie sie angesichts einer sapiens-hnlichen Sprachfhigkeit zu erwarten gewe-sen wre, indem das durch die Sprache beflgelte Denken erfindungsreicher htte werden mssen. Das gilt auch fr den Neandertaler, der ber gut 5000 Generationen [ 20 Jahre, W.S.] hinweg mehr oder weniger die gleichen Schabwerkzeuge und Speerspitzen (Olson 2003: 134) herstellte. Spte Fortschritte hatte er wohl dem konkurrierenden modernen Menschen, dessen Hinterlassen-schaften einen erfinderischen Quantensprung erkennen lassen, abgeschaut. Kunstwerke (Hhlen-malerei) und regionale Varianten im Werkzeugdesign kennen wir bislang nur von Homo sapiens. Eine derzeit favorisierte Theorie (s. Vaas 2001) hebt das Gruppen- bzw. Sozialleben der Frh-menschen hervor. Die Vorfahren des Homo sapiens lebten in immer komplexeren Gruppen, in de-

    3 Nebenbei, die Erforschung des Sprach(en)ursprungs galt lange Zeit als unwissenschaftliche Zeitverschwendung.

    Die Linguistische Gesellschaft von Paris untersagte 1866 auf ihren Tagungen smtliche Diskussionen ber den Ursprung der Sprache (...) (Olson 2003: 211).

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 3

    nen die Kooperation, die Strukturierung innerhalb der Gruppe und auch die Gruppenpositionen wer sich (auch) sprachlich gut darstellen konnte, erwarb sich eine hhere Position immer mehr Brain- und Sprachpower erforderten. Wahrscheinlich haben auch die gruppeninterne Kontakt-pflege und Klatsch und Tratsch (also nicht zu hart ber Derartiges urteilen, wenn dies immerhin unsere heutige Entwicklungsstufe mitbedingte) Einfluss genommen. Die Indizien, die sich aus der Untersuchung der Anatomie frhmenschlicher Schdelberreste er-geben, fhren nicht zu einer einhelligen Meinung. So glaubt man bei den Schdelfundstcken ei-nes ca. 1,6 Mio. Jahre alten Homo erectus (sein wiss. Name: Homo erectus 3733) beobachten zu knnen, dass im Ansatz bereits eine der Voraussetzungen fr unsere hochentwickelte menschliche Sprache gegeben war: der im Vergleich beispielsweise mit dem Schimpansen (der trotz Unter-richts keine Lautsprache erwerben kann, allenfalls bildliche Symbolsysteme oder Gebrden) ge-senkte Kehlkopf. Die Kehlkopfsenkung fhrte zu einer Vergrerung des artikulatorisch wichtigen Traktes zwischen Kehlkopfdeckel und weichem Gaumen (vgl. Fiorenzo 1991: 112-115). Andere Darstellungen (z.B. Vaas 2001) sind zurckhaltender. Sie sprechen erst bei 400-300.000 Jahre al-ten Schdeln des Homo erectus von einer deutlichen Kehlkopfsenkung und gestehen diesem Men-schentyp nur eine hherentwickelte Protosprache (eine Ein- bis Zweiwortsprache) zu. Der kn-cherne Kanal, durch den ein Nervenstrang (der Unterzungennerv) vom Hirn zum Zungenmuskel verluft, ist bei der Gattung Homo doppelt so weit als bei Affen oder Australopithecinen. Ist dies ein Indiz darauf, dass erst Homo, aber dann bereits Homo habilis, ber ausreichende Nervenbah-nen verfgte, um die zur Spracherzeugung ntigen komplexen Zungenbewegungen zu steuern? Resmee: Noch gibt es keine endgltigen Beweise, ab wann dem Menschen die heutige Sprachf-higkeit zu Gebote stand. Die Theorie eines sprachlichen Urknalls beim Homo sapiens gewinnt allerdings mehr und mehr an berzeugungskraft: Die Datierung dieses Ereignisses ist grorumig; man findet Angaben zwischen 200-70.000 Jahren (vgl. u.a. Pinker (1996) und Cavalli-Sforza (2001: 78, 108)). Neuesten Forschungsergebnissen zufolge knnte ein Gen namens FoxP2, das Af-fen und Menschen gemein ist, nach einer Mutation vor knapp 200.000 Jahren fr die herausgeho-bene Sprachfhigkeit des Menschen verantwortlich sein; 2000 Generationen spter habe dieses Gen die alte ffische Variante verdrngt und bald darauf verlie der Mensch Afrika, mgli-cherweise mit angetrieben durch die neue Sprachmchtigkeit und die infolgedessen gesteigerte Weltbewltigungsfhigkeit (s. DIE ZEIT 34, 15.08.2002, S. 28). Die Kontinuittshypothese, nach der sich die heutige Sprachfhigkeit allmhlich aus primitiveren Vorformen entwickelte, wo-bei mglicherweise bereits der Homo erectus Zweiwortuerungen hervorbringen konnte, verliert derzeit an Boden, ist aber noch nicht abzuschreiben. Obwohl beispielsweise Schimpansen ber beeindruckende kommunikative Fhigkeiten verfgen, ist wahrscheinlich einzurumen, dass die menschliche Sprache im Vergleich zu tiersprachlichen Formen eine herausgehobene Stellung innehat. Derek Bickerton (Linguistikprofessor Univ. Ha-waii/Honolulu, der hat es gut) unterscheidet PROTOSPRACHEN und ECHTE SPRACHEN. Diese werden nur von Menschen gesprochen, die im Unterschied selbst zum Schimpansen genetisch disponiert scheinen, dieses komplexe Sprachsystem zu erwerben, und sie besitzen syntaktische Ordnungs-prinzipien wie SVO oder SOV4 und hufig Flexion; jene werden etwa von Schimpansen verwen-det und sind weitgehend frei von spezifischen Verknpfungsprinzipien.5 Whrend der Mensch, 4 Satzgliedstellung von Subjekt, Verb und Objekt, vgl. Sie (S) sieht (V) ihn (O) und weil sie (S) ihn (O) sieht (V). 5 Man vgl. auch Aitchison (1993: 36): Children normally preserve a fixed word order. (...) But Washoe [ein Schim-

    panse, W.S.] did not always seem to care in what order she gave her signs.

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    zumindest Homo sapiens, die Sprache mittels spezieller Zentren in der Grohirnrinde (Kortex) kontrolliert, steuern nichtmenschliche Primaten ihre Lautgebungen, z.B. Warn-, Kontaktrufe, mit-tels phylogenetisch lterer Nervenstrukturen im Hirnstamm und im limbischen System (Pinker 1996: 387).6 Der wesentliche Unterschied wird derzeit darin gesehen, dass der Erfahrungsstrom im menschlichen Gehirn lnger verfgbar gehalten werden kann, so dass Teile desselben fixiert und ggf. in eine neue Ordnung gebracht werden knnen. Man hlt es fr wahrscheinlich, dass der Er-fahrungsstrom fr Tiere zu schnell abluft, als dass sie sich zurcklehnen [knnen] und denken Das ist meine Erfahrung! (Vaas 2001: 26). Vermutlich wurde die besser entwickelte Fhigkeit, ber den Erfahrungsstrom und die Differenzierung der Sprache zu verfgen, vor allem durch sozi-ale Faktoren gefrdert.

    1.2. Europa in vor-indogermanischer Zeit

    Nach heutigem Erkenntnisstand vollzog sich die erste menschliche Einwanderung in Europa vor ungefhr 800.000 Jahren, als der Homo erectus als erster Vertreter der Gattung Homo (s. bersicht (2)) seine ostafrikanische Heimat (grob: heutiges thiopien, Kenia, Tansania) verlie und zunchst vor ca. 1,8 Mio. Jahren Richtung Asien (Indien, China) aufbrach. Vor ca. 780.000 Jahren wanderte der Homo erectus ber den Nahen Osten (evtl. zudem auf einem zweiten Weg ber Mittelasien) und den Balkan nach Sd- und Mitteleuropa ein. Mglicherweise gab es einen zweiten Weg ber die Strae von Gibraltar, weil der Meeresspiegel eiszeitbedingt niedriger war als heute. Aus der in Europa sesshaft gewordenen Erectus-Population hat sich vermutlich vor ca. 220.000 Jahren der Neandertaler entwickelt, der spter bis in den Nahen Osten hinuntergewandert ist. Der moderne Homo sapiens entstand wahrscheinlich vor ca. 190.000 Jahren wiederum in Afrika (frheste Funde in thiopien, Tansania).7 Er verlie vor ca. 100.000 Jahren seine ostafrikanische Heimat und besiedelte zuerst den Mittleren Osten/Vorderasien, dann wanderte er vor ca. 60.000 Jahren bis Ostasien/Indonesien und vor ca. 40.000 Jahren nach Europa (und als erste Homo-Gattung besiedelte er die gesamte Erde, auch Australien und dann Amerika vor ca. 35-15.000 Jah-ren). In Europa traf er auf den alten Homo erectus und den jngeren Neandertaler und verdrngte beide Arten, die mit dem berlegenen Homo sapiens auf Dauer nicht konkurrieren konnten.8 Die vor ca. 40.000 Jahren in beinahe ganz Europa Eingewanderten brachten Sprachen mit, die sehr viel lter waren als die etwa 9.000 Jahre alten idg. Sprachen. Das Baskische ist wohl ein Nachfahre dieser voridg. alteuropischen Sprachen (und erscheint daher heute isoliert und fremdartig). Vor 20.000 Jahren befand sich die letzte Eiszeit auf dem Hhepunkt. Die Vereisung reichte bis gut in die Mitte der britischen Insel, bis nahe an die heutige norddeutsche Kstenlinie und im Osten (Nordpolen etc.) sogar bis auf das mitteleuropische Festland. Sdlich davon, in Nord-, Mittel- 6 Menschliche Seufzer oder Schmerzensschreie werden ebenfalls subkortikal kontrolliert. Die wichtigsten, meist in

    der linken Hirnhemisphre gelegenen kortikalen Zentren sind das Brocasche Feld (motorisch) und das Wernicke-sche Zentrum (sensorisch).

    7 Vertreter der sog. Out-of-Africa-Theorie sttzen sich vor allem auf genetische Indizien (Analyse der mito-chondrialen DNA, vgl. Facchini 1991: 128 u. Cavalli-Sforza 2001). Mit dieser monogenetischen Theorie konkur-riert die polygenetische Theorie der Herausbildung des Homo sapiens aus lokalen Erectus-Populationen. Zurzeit scheint die monogenetische Theorie ber strkere Indizien zu verfgen. Die Datierung der Entstehung ist sehr re-lativ, man findet Einschtzungen zwischen 190-130.000 Jahren.

    8 Sie koexistierten lngere Zeit: die jngsten Erectus-Funde sind ca. 40.000, jngste Neandertalerfossilien ca. 27.000 Jahre alt. Die Theorie einer kriegerischen Verdrngung wird heute kaum mehr vertreten. Durchschlagend war of-fenbar die hhere Intelligenz, die hhere evolutionre Fitness des modernen Homo sapiens.

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    frankreich, Deutschland etc., lag die Tundra, eine baumlose Kltesteppe mit sprlicher Vegetati-on (Moos, Flechten, evtl. Strucher). Auch von den Alpen aus hatten sich Gletscher ins Alpenvor-land geschoben. Refugien mit ertrglichen Lebensbedingungen fr die damaligen Jger-und-Sammler-Kulturen gab es vor allem beiderseits der Pyrenen und in Sdfrankreich. Die dortigen Alteuroper werden nach der lat. Bezeichnung VASKONEN genannt (lat. Vascones, vgl. Gascogne < Vasconia). Sie hinterlieen u. a. die berhmten Hhlenmalereien in Altamira/Spanien und Las-caux/Frankreich. Im uns interessierenden Zeitraum (Wiederbesiedlung am Ende der Eiszeit) wer-den sie der Magdalnien-Kultur (nach der Hhle La Madelaine, Dordogne) zugerechnet. (3) Einteilung der Zeitalter (sehr grob, nur zur Orientierung) - Altpalolithikum bis vor ca. 150.000 v. Chr. Homo habilis u. erectus Steinkeile (Abschlge) m. bearb. Seiten - Mittelpalolithikum bis vor ca. 35.000 v. Chr. archaischer Homo sapiens (Neanderthaler?) steinerne Stichel, Schaber, Kratzer - Jungpalolithikum bis vor ca. 10.000 Jahren moderner Homo sapiens, Cro-Magnon-Mensch feinere Gerte, Holzgriffe, Bearb. v. Knochen u. Hrnern; Jagdwaffen; Wandkunst, Venusfiguren

    (hier wie oben gibt es mehrere Zwischenzeitalter, die der bersicht halber ausgelassen werden)

    - Magdalnien vor ca. 17.-10.000 Jahren fein gearbeitete Holz-/Knochen-/Steinwerkzeuge Felsmalereien; Gravuren, Ornamentik - Neolithikum ca. 8.000-4.500 v. Chr. Ackerbau und Viehzucht (China: Hirse, Reis,

    Schwein, Bffel; V. Orient: Weizen, Gerste, Rind, Ziege, Schaf; Mexiko: Mais, Bohnen) Keramik; erste Stdte; erste Metallwerkzeuge

    - Metallzeitalter seit ca. 4.500 v. Chr. Kupfer, Bronze (ab 2500 v. Chr.), Eisen (ca. 700 v. Chr.)

    Abschlieend sei noch die Hypothese des Humangenetikers Cavalli-Sforza (2001: 135 f.) zitiert:

    Die baskische Region erstreckte sich vormals (im Palolithikum) fast auf das ganze Gebiet, in dem man die gro-en Felsmalereien und skultpturen gefunden hat. Ich halte es fr sehr wahrscheinlich, da die baskische Sprache von den Sprachen abstammt, die die modernen Cro-Magnon-Menschen (vor fnfunddreiig- bis vierzigtausend Jahren) bei ihrem ersten Eindringen in Sdfrankreich und Nordostspanien gesprochen haben, und da die groen Knstler der Grotten in der Region eine von den ersten Europern herkommende Sprache redeten, aus der sich das moderne Baskisch ableitet.

    Als sich vor ca. 15-10.000 Jahren die klimatischen Verhltnisse verbesserten und sich die Eismas-sen zurckzogen, begannen die Vaskonen mit der Wiederbesiedlung des vermutlich menschenlee-ren Mittel- und Nordeuropas (Britische Insel, Skandinavien bis nach Lappland hinauf, an der Ost-seekstenlinie entlang bis nach Pommern; sdlich des Alpenkammes Richtung Balkan). Im Zuge dieser Wanderung verbreitete sich auch ihre nicht-indogermanische Sprache, das VASKONISCHe (berbleibsel: Baskisch).9 Gesttzt wird dies dadurch, dass neueste molekulargenetische Untersu-chungen zeigen, dass mindestens drei Viertel der heutigen Europer (in weiblicher Linie) direkt von den Alteuropern abstammen, die vor ber 40-20.000 Jahren aus dem Nahen Osten nach Mitteleuropa einwanderten und wegen der Unwirtlichkeit der nrdlicheren Regionen und der Al- 9 Die Sprachwissenschaft hatte bislang ihre Nte damit, zu erklren, woher das heute in Isolation zwischen idg.

    Sprachen befindliche Baskisch stammt und an seinen Ort kam.

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    penregion vor allem die iberisch-sdfrz. Region (wo sich heute auch das Baskenland befindet) be-wohnten. Die ltesten europischen Typen entstanden wahrscheinlich vor 50-80.000 Jahren in Vorderasien (vgl. Hamel/Forster 2002). Dieser Befund stimmt interessanterweise ungefhr berein mit der Verbreitung des Rhesusfaktors negativ (ein europisches Gen, wohl eine Mutation nach der ersten europ. Besiedlung vor ca. 40.000 Jahren; die Gendrift wurde durch die eiszeitliche Isola-tion die Pyrenengegend war ein Rckzugsgebiet begnstigt). Dieser Rhesusfaktor kommt am hufigsten in der heutigen Baskengegend vor; strker reprsentiert ist er auch in Portugal, bis auf die Britische Insel, bis nach Schweden, bis Oberitalien und den Balkan und bis Polen. Dagegen weisen nicht einmal ein Viertel der heutigen Europer Gene auf, die vor weniger als 10.000 Jahren mit den neolithischen Getreidebauern nach Europa kamen. Neuere linguistische Untersuchungen und genetische Befunde ergeben ein bereinstimmendes Bild. Inzwischen gibt es deutliche Indizien dafr, dass viele Bezeichnungen fr Flsse, Berge, T-ler und Siedlungen nicht auf indogermanische Sprachen zurckgehen, sondern auf das ltere Vaskonisch zurckzufhren sind! Diese Namen sind also oft alteuropisch, und zwar nach dem Motto Wer zuerst kommt, gibt den Namen (aus Vennemann 1994).10

    (4) Fallstudie Ebersberg, die Stadt an der Ebrach (nach Vennemann 2000a): Im Stadtwappen von Ebersberg sieht man einen Eber an einem Berghang und kann unschwer auf die Motivation des Ortsnamens schlieen: Berg des Ebers. Und die an der Stadt vorbeiflieende Ebrach wird herkmmlich als Eber-ach(e), also Ach(e) (= Fluss), an dem sich Eber aufhalten, gedeutet. Auffllig ist nun, dass baskisch ibai Fluss heit, als Variante gibt es ibar-a11 Tal, Fluss(mndung).12 Die Vaskonen nannten Gewsser wie die Ebrach in voridg. Zeit demnach ein-fach Fluss, nmlich *Ibara, durch Lautwandel dann zu *Ebara geworden. Als die idg. Vlker bzw. Stmme vor etwa 1500 Jahren in die ursprnglich vaskonischsprachigen Gebiete einwander-ten, motivierten sie das ihnen unverstndliche *Ebara durch Anfgen von aha [Axa] Fluss (s. Beleg: Eparaha,13 845 n. Chr.), nicht ahnend, dass dies nun Flussfluss bedeutet. Auch die Sied-lung am Ebara hie Ebara (so wie Moskau an der Moskva liegt). Da Ebara den zugewanderten Indogermanen jedoch nichts sagte, hngten sie ein berg daran, da die Stadt an/auf einem Berg liegt. Somit heit die Stadt nun eigentlich Berg am Fluss. (In Sdtirol kenne ich den Fluss Ei-sack, der nach Vennemann von vask. *is- (bask. iz-) Wasser herrhrt, d.h. is > eis14 + -ach, also Wasserfluss; der Eisvogel ist wohl nichts anderes als ein Wasservogel. Das Sdtiroler Ahrntal ist ein Taltal, vgl. bask. aran(a) Tal, s. auch das sdfrz. Val dAran. Und ganz neu: die ame-rik. Bezeichnung Lake Chiemsee!)

    (5) Fallstudien Mnchen und Isar (nach Vennemann 1994).

    Mnchen wird traditionell auf lat. monachus Mnch bzw. it. monaco, mhd. munich bezogen. Deshalb ist im Stadtwappen auch eine Mnchsgestalt abgebildet. Es gibt Hinweise darauf, dass Mnchen mindestens 2000 Jahre alt, also sptrmisch, ist (Funde unter der Peterskirche). Wahr-

    10 Auch die Zwanzigerzhlweise, das Vigesimalsystem, drfte vaskonisch sein, im Frz. z. B. in quatre-vingts vier-

    zwanzig bewahrt; sogar im Dnischen gibt es Relikte hiervon. Im Idg. wurde nur das Dezimalsystem verwendet. 11 Das suffigierte a ist ein Artikel, also Fluss-der, vgl. bask. gizon Mann, gizon-a der Mann. 12 Dieses Element findet sich auch im spanischen Flussnamen Ebro (frher: Ibarus) wieder. 13 Das p ist Resultat der sog. oberdeutschen (= bair. u. alemann.) Schrfung germ. b > obd. p. Im 10. Jhrh. nimmt b

    wieder zu, aber noch mhd. ist anlautend p < germ. b gelegentlich anzutreffen (Braune 1987: 124 ff.). /x/ . 14 Die etwa 11.-16. Jhrh. stattgehabte Diphthongierung bewirkte den Wandel, vgl. min > mein, hus > Haus.

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 7

    scheinlich ist die Ursiedlung noch 4-6.000 Jahre lter und vorindogermanisch. Verblffend ist: mun- bedeutet sogar im heutigen Bask. Ufer, Bschung, Bodenerhebung; -ic- rtlichkeit, a ist best. Art. Zusammengesetzt: der Ort auf der Uferterrasse, und das ursprngliche Mnchen (Rin-dermarkt, Residenz, Sendlinger Strae etc.) befand sich auf einer Uferterrasse. Isar wird bli-cherweise auf idg. *eis/*is sich heftig bewegen bezogen. Ich lernte in der Volksschule: Isar bzw. lter isara heie die Reiende. Doch auch dieser Name ist wohl vaskonisch und auf die Wurzel iz- Wasser, Fluss zu beziehen; das Element ar ist noch nicht aufgeklrt, a wiederum Artikel.

    1.3. Das Auftreten der Indogermanen

    Vor ungefhr 10.000 Jahren, also ca. 8.000 v.Chr., begannen aus Vorderasien neolithische Acker-bauern und Viehzchter nach Westeuropa einzuwandern; sie erreichten das vaskonisierte Mitteleu-ropa vor ca. 6.000 Jahren und erst im letzten vorchristlichen Jahrtausend den Sdwesten Europas. Erst jetzt kommen indogermanische Sprachen ins Spiel, die vermutlich in zwei Wellen in das vaskonische Gebiet getragen wurden: einer frheren agrarischen und einer spteren militri-schen Welle.15 Die erste (ab ca. 5.000 v.Chr.) geht von der Region Mittlerer Osten/Trkei aus und brachte Ackerbau und Pflug mit sich. Die zweite, getragen von der sog. Kurgan-Kultur, kam ab ca. 3.000 v.Chr. aus Zentralasien, etwa aus der Region nrdlich des Schwarzen Meeres u. des Kauka-sus und sdlich des Urals. Die Kultur wurde nach einem charakteristischen Hgelgrab, dem Kur-gan (Fundorte: (Sd-)Osteuropa, v.a. Ukraine, West- u. Sdsibirien), benannt. In den Grbern fan-den sich u. a. Edelmetallskulpturen, Bronzewaffen und Pferdeskelette (Domestizierung!). Von der Kurgan-Region gingen fr gut 3.000 Jahre Expansionen aus. Neben denen nach Mittel- und Nordeuropa strebte diese Kultur auch ber Persien und Pakistan nach Indien, daher auch: indo-germanische Sprachen. Bei der sdstlichen Ausbreitung verdrngten die idg. Sprachen die drawi-dischen (vormals auch im Iran, in Pakistan u. Nordindien), die sich jedoch an der Peripherie der Expansion halten konnten (in Sd(ost)indien, dort z.B. Tamil(isch) u. Telugu).

    1.4. Mgliche hamito-semitische Einflsse

    Eine weitere lexikalische Prgung der west-indogermanischen Sprachen geschah wahrschein-lich durch die sog. Atlantiker und ihre hamito-semitischen Sprachen, die ausgehend vom westli-chen Mittelmeerraum (Strae v. Gibraltar: iberische Halbinsel u. Nordafrika) in vorgeschichtlicher Zeit den Nordwesten Europas an den atlantischen Ksten entlang (und auf Flssen ins Landesinne-re hinein) kolonisiert und kulturell geprgt haben. Die Atlantiker sind wahrscheinlich mit der Me-galithkultur (Grostein(anlagen)kultur, z.B. Stonehenge u. Hnengrber) zu identifizieren. Spuren der Megalithkultur und auch sprachliche Relikte finden sich in Frankreich, Irland, auf der

    15 Nicht unumstritten! Zwei Theorien konkurrieren: Der Archologe Colin Renfrew sieht den Ursprung indogerm.

    Sprachen in Anatolien. Die von dort vor ca. 9-5.000 Jahren nach Europa eingewanderten Ackerbauern htten eine protoindogerm. Sprache mitgebracht. Marija Gimbutas nimmt an, dass pferdezchtende nomadische Hirten vor ca. 5.500-5.000 Jahren indogerm. Sprachen aus der Kurgan-Region (nrdlich Schwarzmeer u. Kaukasus, sdlich Ural) nach Europa (und bis nach Indien) verbreiteten. Cavalli-Sforza (2001: 134 f.) erwgt, dass sich beide Hypothesen nicht ausschlieen mssen, da die Kurgan-Hirten frher aus der anatolischen Region abgewandert sein knnten, in der vor ca. 9.000 Jahren eine protoidg. Sprache gesprochen worden sein knnte.

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 8

    britischen Insel, an den Nord- und Ostseeksten und in Sdskandinavien. Dadurch kam das Pr-Germanische in Kontakt mit semitischen Sprachen.16

    1.5. Die Eltern der deutschen Sprache

    Nach Vennemann (1998) ist Deutsch in seiner Entstehungsgeschichte von unten durch Substrate und von oben durch Superstrate beeinflusst; die fett gedruckten Sprachen kann man als Eltern des Germanischen ansehen (wobei die Rolle des Latein evtl. einen vierten Elternteil nahe legt): Atlantisch Italisch (6) (Hamito-Semitisch) (Lat., roman. Sprachen)

    Ur-Indogermanisch West-Indogermanisch Germanisch Deutsch Vorgermanisch

    Alteuropisch (Vaskonisch) 2. Indogermanisch 2.1. bersicht

    Iranisch 17 (1) Stammbaum der idg.

    Indisch18 Sprachen19

    Italisch20

    Germanisch

    Slawisch

    Baltisch21

    Keltisch (heute zB. Irisch, Glisch, Kymrisch, Bretonisch)

    Griechisch

    Armenisch

    Albanisch

    16 Interessant auch, dass (...) the Insular Celtic languages [wie z. B. Kymrisch, Glisch; W.S.] are syntactically much

    more similar to Arabic and Biblical Hebrew than to Latin and German (Vennemann 2001a: 352). 17 Heute z. B. Persisch, Afghanisch, Kurdisch. 18 Heute z. B. Hindi, Urdu, Bengali; auch Romani, die Dialekte der Zigeuner. 19 Nach genetisch-statistischen Methoden in Cavalli-Sforza (2001: 183). Nicht alle Sprachen bercksichtigt, z. B.

    weder die auf dem Italischen (ber Volks- bzw. Vulgrlatein) beruhenden romanischen Sprachen noch ausgestor-bene wie Hethitisch (Anatolien, gut 4.000 Jahre alt). Zu einem lteren Stammbaum vgl. Gamkrelidse/Iwanow (1990: 131). Vgl. auch Crystal (1995: 298 f.) u. Keller (1986: 32), ferner Frey (1994: 1-12, insb. 5-12).

    20 Daraus u.a. Latein 3. Jhrh. v.C., daraus ca. 1.5. Jhrh. n.C. die romanischen Sprachen, bezeugt ab 9. Jhrh. (Altfrz.). 21 Heute: Lettisch u. Litauisch. Estnisch gehrt wie Finnisch u. Ungarisch zum finno-ugrischen Zweig der uralischen

    Sprachfamilie (Verbreitung: Finnland, Ungarn, Nordrussland, Westsibirien).

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 9

    Indogermanisch ist eine rekonstruierte, hypothetische Sprachform. Die Rekonstruktion bedient sich der Kenntnis und Anwendung von Lautgesetzen. Die idg. Einzelsprachen werden hinsicht-lich gleicher Wrter unter Bedeutungskontrolle verglichen, die Vorformen erschlossen (2).22

    (2) drei idg. *trejes [Gerst: Dental r j/i] aind. tryas heth. teri gr. treis germ. *rej(ez) lat. tres lit. trys got. reis ne. three a/mhd. dr nhd. drei russ. tri

    Vgl. drei: bask. hiru, ung. harom, finn. kolme, trk. , georg. (sdkaukas. Sprache) sami-i. Eine andere Gemeinsamkeit besteht z.B. in der Morphologie bei der 1.Sg.Prs. von sein (bin):

    (3) ich bin idg. *es-mi (man beachte den Nasal!) aind. as-mi heth. es-mi gr. ei-mi lat. s-um altbulg. jes-m armen. je-m got. im dt. b-in e. I am (ae. eom)

    2.2. Merkmale des Indogermanischen

    2.2.1. Der idg. Wortakzent Der Wortakzent des Idg. war frei und konnte auf verschiedenen Wortsilben lagern wie bei

    (4a) altgr. tr demo > mhd. deme > dem).

    2.2.2. Das idg. Lautsystem

    Konsonanten (Obstruenten (a) und Sonorkonsonanten (b))23

    (a) Plosive labial dental alv. pal./velar labiovelar stimmlos p t k Anm.: das hochgestellte w stimmhaft b d g zeigt Lippenrundung an sth. behaucht bh dh gh h

    Frikativ s (z)

    (b) Nasal m n Liquide l , r Halbvokal w j

    Vokale Diphthonge i: (i) u: (u) Anm.: i, u sind vermutlich Allophone ei eu e:/e o:/o der Halbvokale /j/ und /w/ oi ou a:/a ai au

    22 Dass sich in der Indogermanistik die berlegungen zum rekonstruierten Indogerm. verndert haben, knnen Sie in

    Schmidt (2000: 44 f.) an einer Fabel sehen, die einmal im Indogerm. von 1868, dann von 1979 abgedruckt ist. 23 Eine Mglichkeit. Nicht bercksichtigt ist z.B. die sog. LARYNGALTHEORIE (nheres s. Bussmann 2002: 390).

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 10

    2.2.3. Die idg. Morphologie

    Kasussystem stark suffixdifferenziert (Idg. hatte zudem Ablativ, Instrumental, Lokativ, Vokativ (so noch Altind.); Latein noch Vok./Abl.; Ahd. abbauenden Instr.); nachfolgend ein (e)i-Stamm (bei vielen Substantiven wurden die STMME aus den WURZELN durch STAMMSUFFIXE gebildet) und ein Wurzelnomen (nokt).

    Sg. Ahd. Pl. Ahd. Sg. Pl. Nom. ghost-is gast ghost-eies gesti nokts noktes

    Gen. ghost-eis gastes ghost-im gestio noktes noktm Dat. ghost-eiq gaste ghost-imis gestim nokti noktmis Akk. ghost-im gast ghost-ins gesti noktes noktns

    ABLAUT (wortinterne Mutation): qualitativ (unterstrichen) und quantitativ (schattiert). [o] [] [ e, o] Abtnungsstufe abgetnte Dehnstufe Normal-/Grund- (Hochstufe) stufe [] []

    Dehnstufe Schwundstufe bhendh ich binde bhondha ich band bhendomes wir binden bhdhme wir banden por ich fahre pra ich fuhr lat. tegere toga tgula ghebh ich gebe ghobha ich gab ghbhme wir gaben ahd. geban (gibu) gab (idg. o > g. a) g>bum (idg. 1 > ahd. >) mhd. geben (gibe) gap g>ben

    Reflexe dieses idg. Ablauts erkennen wir noch in den mhd. Ablautreihen, z.B.:24

    IV nehmen nime nam (Abtnstufe, idg. o > g. a) n>men (Dehnstufe!) genomen V geben gibe gap (Abtnstufe, o > a) g>ben (Dehnstufe!) gegeben Genusunterscheidung (Drei- und Zwei-Genera-Systeme)25

    2.3. Grobe zeitliche bersicht Indogermanisch Germanisch26

    *Ur-/Protoindogermanisch27 seit ca. 9.000 Jahren (??) (4) *Indogermanisch (Dialekte) (6.)/5./4./3. Jhrt. v.C. (?) Indogermanische Einzelsprachen seit ca. 2.500 v.C. (?)28

    24 Vgl. hierzu auch Frey (1994: Lektion 10), Paul u.a. (1998: 28-30). 25 Es war mglicherweise so, dass es zuerst zwei Genera mit einer Opposition [" belebt] gab dies spiegelt sich heu-

    te noch in wer? (Mask.) vs. was? (Neut.) wider und dass das Femininum erst spter hinzukam. 26 hnliche bersicht in Keller (1986: 32); die Datierungen werden im Lichte neuester Erkenntnisse in der Tendenz

    zurckverlegt (mglicherweise ist Idg. lter als vermutet, s. Cavalli-Sforza 2001). S. auch Gamkrelidze/Iwanow (1990) zu Datierungen/Lokalisierungen des Idg. bzw. der Sprachverzweigungen. Vgl. Crystal (1995: Kap. 50/51, bei Interesse evtl. auch 52/53) u. Frey (1994: 5-12).

    27 Der Asterisk(us) markiert erschlossene bzw. rekonstruierte, d.h. nicht (schriftsprachlich) belegte Formen. 28 Datierung ungewiss. Wrter fr die Metalle Kupfer, Eisen und Bronze (Metallzeit!) differieren in den idg. Spra-

    chen stark (Quelle: Vorlesungsmanuskript v. Prof. E. Seebold, Vor- und Frhgeschichte der germ. Sprachen,

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 11

    frheste idg. Schriftzeugnisse Vedisch (Altindisch) ca. 2.000 v.C. (?); (Sanskrit ca. 1. Jhrt. v.C.)

    Hethitisch (Trkei, Syrien) 18. Jhrh. v.C. Alt-Griechisch (Linear B) ca. 1450 v.C. (Altgriechisch ca. 800 v.C., Homer) Alt-Italisch 6. Jhrh. v.C. (Latein: 3. Jhrh. v.C.)

    *Proto-/Ur-/Gemein-Germanisch seit ca. 2.000 v.C. (?) (*)Germanisch seit ca. 1.000 v.C. (?)

    2.4. Lokalisierung und Ausbreitung der Indogermanen

    Obwohl die Diskussion nicht abgeschlossen ist, erscheinen folgende Erkenntnisse einigermaen gesichert: Die Indogermanen waren neolithische Ackerbauern, die zunchst im Nahen/Mittleren Osten (Palstina, Osttrkei, Iran) siedelten und dort die ersten stadthnlichen Siedlungen (Jeri-cho/Israel ca. 8.300 v.C.; Gatal Hyk/Anatolien ca. 6.200 v.C.) errichteten.29 Vermutlich brachen zu einer Zeit (vor ca. 9.000 Jahren?), als mglicherweise bereits eine protoidg. Sprache gesprochen wurde, Menschen in die eurasische Steppe nrdlich des Kaspischen u. Schwarzen Meeres auf. Dort entwickelte sich eine nomadischen Hirtenkultur, die sog. Kurgan-Kultur. Spter drangen die Ackerbauern allmhlich vor allem entlang der Mittelmeerkste (Schiffbau!) nach Westeuropa vor; aus dieser Zeit sind Funde (z.B. Siedlung Passo di Corvo/Sditalien ca. 4.600 v.C.) berliefert, welche die Herstellung von Keramikprodukten belegen (s. Facchini 1991: 162 f.). Eine zweite Migrationsbewegung, beginnend ca. vor 6-5.000 Jahren und 4-3.000 Jahre andauernd, fand spter statt. Dabei bewegten sich vermutlich die Kurgan-Vlker, die der Schnurkeramikkultur zugeordnet werden, donauaufwrts sowie entlang der groen (mittel)europischen Flsse west- und nordwrts (Cavalli-Sforza 2001: 133-135; Keller 186: 30-3630), erst zum Balkan und ins stl. Mitteleuropa, spter dann Richtung Norden. stlich zogen die Indogermanen (wohl die Kurganleute) Richtung Iran, Pakistan und Indien und drngten dort die drawidischen Sprachen an die Peripherie (Ost-, Sdindien; heute z.B. Tamil (Sri Lanka), Telugu). Wie haben sich die Tochtersprachen (darunter Armenisch, Baltisch, Griechisch, Hethitisch, indi-sche u. iranische Sprachen, keltische Sprachen, Latein, romanische Sprachen, slawische Sprachen, Tocharisch) aus der idg. Grundsprache bzw. dem idg. Dialektkontinuum entwickelt? Die STAMMBAUMTHEORIE (August Schleicher 1873) vertritt in Analogie zur darwinschen Theorie der Entstehung natrlicher Arten das Prinzip der rumlichen Trennung und der folgenden separaten Entwicklung, ohne das es zu weiteren Kontakten kme. Aspekte wie Sprachkontakt und Zusam-menwachsen (wie beim Deutschen!) werden hierbei vernachlssigt. Die WELLENTHEORIE (Jo-hannes Schmidt 1872) nimmt an, dass in einem Sprachgebiet unabhngig voneinander Neuerungen entstehen, die sich wellenfrmig ausbreiten und dabei interferieren. Zitat (nach Schmidt 2000: 40): Ziehen wir (...) in einem zusammenhngendem Sprachgebiete [sic] die Grenzen fr alle vorkom-menden dialektischen Eigentmlichkeiten, so erhalten wir ein sehr kompliziertes System mannig-fach sich kreuzender Linien. Die SUBSTRATTHEORIE (Hermann Hirt 1894, vgl. z. Germanischen

    WiSe 1998/99), so dass bislang kein grundidg. Urwort erschliebar ist. Im Metallzeitalter ist daher mglicher-weise bereits mit idg. Einzelsprachen zu rechnen.

    29 Aus dieser Zeit ist keine schriftliche berlieferung vorhanden. Frheste berlieferte Schriften sind die sumerische Schrift (ca. 4000-3500 v.Chr.; erst Piktogramme, spter abstraktere Keilschrift) und die gyptische Hieroglyphen-schrift (ca. 3500 v.Chr.).

    30 Dort auch S. 35 f. die Hypothese von Marija Gimbutas, die die Kurganleute als Sprecher des Urie. ansieht.

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 12

    auch Vennemann 2000b) geht davon aus, dass es bei Sprachkontakten zu einer Beeinflussung der inferioren (Sprache (z.B. die der Eroberten, der Kolonisierten, der Einfachen) Sprache durch die berlegene Sprache (etwa die der Eroberer, der Kolonisatoren, der kulturell berlege-nen, der Prestigetrchtigen) und umgekehrt kommen kann. Von unten kann die berlegene Spra-che ein SUBSTRAT aufsaugen, wenn die inferiore Sprache auf die berlagernde Sprache einwirkt (Inselkeltisch > Angelschsisch, denkbar bei Vaskonisch > Indogermanisch), von oben kann die inferiore Sprache mit einem SUPERSTRAT infiltriert werden (normannisches Frz. > Angelsch-sisch; Latein > Germanisch; denkbar Atlantisch > West-Indogermanisch). Die ENTFALTUNGS-THEORIE (Otto Hfler 1956) vertritt die Meinung, dass sich auch bereits getrennte (idg.) Sprachen in mancherlei Hinsicht spontan gleichsinnig entwickeln knnen, so dass nicht immer anzunehmen ist, dass eine Gemeinsamkeit bereits in der Grundsprache vorhanden gewesen sein muss.) Ich mchte noch auf die THEORIE DER UNSICHTBAREN HAND von Rudi Keller (1994, Sprachwandel. 2. Aufl. Tbingen/Basel) aufmerksam machen, die hier aus Platzgrnden nicht dargestellt wird. 3. Germanisch 3.1. Historisches

    Seit dem 2. vorchristlichen Jahrtausend haben sich in dem Raum Sdskandinavien, dnische In-seln, Jtland, westliche Ostsee und untere Oder-Elbe engere Verkehrsgemeinschaften gebildet (vgl. Schmidt 2000: 21), deren Interaktion die Bildung der germanischen Einzelsprachen begns-tigte. Vermutlich handelte es sich um Einwanderer bzw. Invasoren der Schnurkeramik-und-Streitaxt-Kultur (Kurgan), die um 1.800 v.C. (?) diese Gegend erreichten und vermutlich die alt-eingesessene Trichterbecherkultur verdrngten. In der anschlieenden Bronzezeit (bis ca. 800 v.C.) und darber hinaus bildete sich dann ein germanischer Dialekten-Komplex heraus. Ab der Zeitenwende treten die sich zu Stammesverbnden vereinigenden (sprachlich nicht vllig homo-genen) Einzelstmme ins Licht der Geschichte (u.a. germanische Lehnwrter im Finnischen wie finn. rengaz Ring zu g. *hrengaz, got. hriggs, ahd. hring; rm. Geschichtsschreibung wie Plinius d.. od. Tacitus, germ. Wrter in lat. Schriften wie urus Auerochse). Nach der rm. Geschichts-schreibung hatte die Expansion der Germani (eine Fremdbezeichnung seitens der Rmer) erst krzlich Donau und Rhein erreicht (davor waren sdlich des Mains keltische Vlker ansssig, vgl. Keller 1986: 45). Abwanderungen fanden statt ab ca. 200 v.C. (wobei die Germanen, zunchst als Kimbern und Teutonen im 2. Jh. v.C., die Rmer rgerten, auf die sie v.a. am Rhein trafen) bis zum Ende der Vlkerwanderungszeit um 600, so dass sich durch die folgende Differenzierung ver-schiedene germ. Dialekte und Sprachen bildeten. Endgltig zerriss das (sdgerm.) Band, als die Angeln, Jten und Sachsen im 5. Jhrh. nach Britannien aufbrachen (die Dnen besiedelten aus Skandinavien kommend dann das leer gewordene Gebiet). Neben dem engen nordseegerm. Ver-bund aus Altengl., Altfries. u. Altschs. entwickeln sich die ober- u. mitteldt. Dialekte der Ale-mannen, Baiern, Franken und Thringer, wobei es durch die frnkische politische Dominanz und den frnk. Reichsverband (erst Merowinger wie Chlodwig, dann Karolinger, bes. Karl der Gro-e)31 zu Angleichungstendenzen kam (die Rolle der Klster nicht zu vergessen).

    31 Falls dieser existiert hat, denn in Illig, H. (1998. Das erfundene Mittelalter. Mnchen, S. 18) wird die Hypothese

    aufgestellt, dass in (...) der europischen Geschichte (...) 7., 8. und 9. Jahrhundert einen knstlichen Zeitraum

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 13

    3.2. Zeittafel Germanisch und die Binnenentwicklung bis zu den Einzelsprachen32,33

    1. *Proto-Germanisch seit 1.800 v.C. (?)

    2. (*)Germanisch erstes Jahrtausend v.C.; erste Quellen (Rmer) Frhgermanisch um Chr. Geb. 3.1. OSTGERMANISCH Gotisch (bezeugt ab 5. Jh. n.C.), Wandalisch, Burgund. ODER-WEICHSELGERMANEN (v.a. Goten, um 200 n.C. Schwarzes Meer); spter ausgestorben Sptgemeingermanisch (3.2. u. 3.3.) 3.2. NORDGERMANISCH

    Urnordisch/Runisch ab 200 n.C., Altnordisch ab 800 n.C.

    Westnordisch (Nynorsk, Islnd.) ab 12. Jh. Ostnordisch (Schwed., Dn.) ab 13. Jh. 3.3. SDGERMANISCH (auch: WESTGERM.) ca. 0-600 n.C., sdg. Runen ab 5. Jh. 3.3.1. Binnengermanisch 3.3.1.1. ELBGERMANISCH (v.a. Alemannen Oberrhein u. Bayern Donau, Voralpengeb.) daraus ber Alemannisch u. Bairisch Althochdeutsch Oberdeutsch 3.3.1.2. WESER-RHEIN-GERMANISCH (Franken Gallien) daraus frnkische Mundarten Althochdeutsch Mitteldeutsch Altniederfrnkisch34 9. Jh. ( Niederlndisch ab 13. Jh., Schriftsprache 16. Jh.) 3.3.2. NORDSEEGERMANISCH (Angeln, Sachen, Jten Friesland, 5. Jh. Britannien; Friesen)

    Altenglisch 9. Jh. (nrdlichster Typus d. Sdg.) Altfriesisch 13. Jh.

    Altschsisch 7./8. Jh. Mittelniederdt. Niederdeutsch Zunchst gliederte sich das Ostgermanische, greifbar v.a. als Gotisch, aus. Die Goten wanderten ca. 200 n.C. in Richtung Schwarzes Meer ab (dort Hunneneinfall 375; Ostgotenreich spter Italien, Alpengebiet bis 6. Jh., Westgotenreich in Sdfrankreich u. Nordspanien bis 8.Jh., Krimgotisch noch bis ins Mittelalter). Darauf riss die Verbindung zwischen der nordg.-skandinavischen und der sdg. Gruppe ab.

    [bilden]. Er enthlt keine reale Geschichte, so da er ersatzlos zu streichen ist (...). Ein spannendes, aber auch um-strittenes Buch, nach dem wir uns heute etwa im Jahre 1709 befinden sollen!

    32 Begrifflichkeit und Vorgang der Differenzierung der germ. Einzelsprachen nach Sonderegger (1979: 110-140), der etliche interessante bersichten darbietet. Zur Differenzierung vgl. Braune/Eggers (1987: 1-12), kurz: Bumann (2002: 251), knapp: Frey (1994: 10-12), Keller (1986: 46-75; bersichten 48, 53, 54, 56-58) und Schmidt (2000: 43 ff., 47 ff., 58 ff., bersichten S. 43, 59 f.).

    33 In Keller (1986: 55 ff.) findet sich ein interessante Synopse von Paralleltexten, bei denen das Vaterunser in Got., Altnord., Ae., Afries., As., Rheinfrnk. und Alemannisch abgedruckt ist.

    34 Das auch Verbindung mit der nordseegerm. Gruppe aufweist. Genaueres in Sonderegger (1979: 117 ff., v.a. 122).

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 14

    Ostg./Oder-Weichselg. Gotisch

    Frhg. Westnordg. (Norw., Isl.)

    Nordg. (Jtland, Sdskand.) Ostnordg. (Dn., Schwed.)

    Sptgemg. Nordseeg. Altengl.

    Altfries.

    Altschs. Niederdeutsch Sdg. Weser-Rheing. (Frnk.) Mdt. Binneng. Elbg. (Alem., Bair.) Oberdt.

    3.3. Heutige germanische Sprachen 1. die SDGERMANISCHen Sprachen, darunter 1.1. das mitteleuropische Mundartenkontinuum (Bez. n. E. Seebold),35 zu dem ganz oder teilwei-se Sdtirol (DEUTSCH), sterreich, Schweiz, Deutschland, Elsa/Lothringen, Luxemburg (Letze-burgisch), Belgien (Deutsch) und die Niederlande (NIEDERLNDISCH) gehren. Eine Sonderstel-lung haben JIDDISCH, an dessen Herausbildung mittelalterliche deutsche, v.a. rheinfrnkische Dia-lekte beteiligt waren (spter ber Ostjiddisch auch slawische Einflsse), und das im 17. Jhrh. in Sdafrika entstandene, auf niederlndischen Dialekten beruhende AFRIKAANS. 1.2. die FRIESISCHen Dialekte/Sprachen (ohne 2. LV) Westfriesisch (Niederlande Prov. Friesland), Ostfriesisch (Saterland) und Nordfriesisch (Sylt, Amrum etc.); Altfriesisch ist ab dem 13. Jhrh. be-legt und weist hnlichkeiten mit Altenglisch auf. 1.3. ENGLISCH (Einwanderung der Angeln, Jten, Sachsen 5./6. Jhrh.)

    2. die NORDGERMANISCHen Sprachen mit dem skandinavischen Mundartenkontinuum DNISCH-SCHWEDISCH-NORWEGISCH einerseits und ISLNDISCH andererseits (ferner FARISCH).

    3. die ausgestorbenen OSTGERMANISCHen Sprachen, darunter GOTISCH, Burgundisch, Wandalisch

    3.4. Sprachliche Merkmale des Germanischen

    3.4.1. Wortakzent Im Germanischen wurde der Wortakzent auf die Stammsilbe oder die erste Silbe festgelegt. Weil die Bildungen in (a) damals schon fest waren, die in (b) aber noch unfest

    (a) ahd. b-spel, Beispiel (b) bi-fllan, befallen r-loub; r-teil ir-luben, erlauben; ir-tilen, erteilen wdar-sprahha, Widerspruch widersprechen

    (c) ntwurti > ntwurten (*antwrten) erluben > frnhd. erlubnus (*rlaubnis, wie rlaub),

    ergeben sich Akzentunterschiede bei den Bildungsbetonungen; die unbetonten Prfixe wurden teilweise abgeschwcht (bi > be mit Schwa). (c) zeigt, dass dies spter durch Wortbildung durch-

    35 Zum Kontinuum gehrt die kontinuierliche gegenseitige Verstehbarkeit im Nahbereich (z. B. Mnchen, Rosen-

    heim); ber weitere Entfernungen hinweg knnen dagegen Verstndigungsprobleme auftreten (Mnchen, Kln).

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 15

    brochen werden konnte. Die Akzentarretierung fhrte zu Reduktionsprozessen im Wortauslaut, die bis heute wirken wie in (Vorsicht vor) dem Hund(e) oder bei dem Beispiel ich trage: idg. gr. urg. got. ahd. nhd. altnord. ae. ne. *bher- nXkT *ber baira biru (ge)br(e)36 ber bere bear

    Anm. g. e (= got. ai) wird im Sg. Prs. durch Assimilation an u in Folgesilbe zu i

    Die Initialbetonung ermglichte zudem den in germanischen Sprachen beliebten Stabreim (Allite-ration). Auf dem Goldhorn von Gallehus (Dnemark) ist 400 n.C. zu lesen (Fettdruck W.S.): ek HlewagastiR HoltijaR horna tawido (Urnordisch) ich Hlewagast, Holtes Sohn, das Horn machte (ich H. (...) machte das Horn) 3.4.2. Konsonanten

    1. oder GERMANISCHE LAUTVERSCHIEBUNG (LV): 1.TENUESverschiebung: stimmlose (evtl. aspirierte?) Plosive werden frikativiert

    2. MEDIENverschiebung: 2.1. stimmhafte Plosive werden stimmlos 2.2. aspirierte stimmhafte Plosive verlieren die Aspiration

    altind. lat. got. as. ae. ahd. nhd.

    1. /p/ /f/37 pt ps fotus ft ft fuoz Fu /t/ //38 tryas tres reis thria r /d/ dr(e) drei /k/ /x/ nakt noctis nahts39 naht niht naht Nacht

    pasu pecus faihu fehu feoh fihu Vieh, Viech! cornu /h/ haurn horn horn horn Horn 2.1. /b/ /p/ scabere skapjan sceppian scippan skepfen schaffen schpfen /d/ /t/ edere itan etan etan /s/ ezzan essen dicere teihan tihan teon /ts/ zihan zeihen /g/ /k/ granum kaurn korn corn korn Korn 2.2. /bH/ /b/ nbhas nebula neb#al40 neowol nebul Nebel

    /dH/ /d/ dhuhitar dauhtar dohtar dohtar /t/ tohter Tochter /gH/ /g/ stigh vestigare steigan stgan stgan stgan steigen

    Der GRAMMATISCHE WECHSEL (auch: VERNERSCHES GESETZ)Die durch die 1. LV entstandenen stl. Frikative werden stimmhaft, wenn auf der Silbe davor kein Akzent liegt (wenn also die nachfolgende Akzent trgt oder evtl. die vorvorausgehende).

    36 Vgl. gesprochene Umgangssprache: Ich leb gerne in Mnchen/ Ich geh schnell mal zum Bcker. 37 Die stl. Plosive waren evtl. behaucht (aspiriert), also evtl. auch /pH/ /f/ etc. 38 Das Lautzeichen heit Thorn (ein Runenname); IPA notiert den stl. interdentalen Frikativ als /T/ (Theta). 39 Man beachte die Distribution: Silbenanlaut (faihu) vs. Silbenauslaut (nahts). 40 Das gekreuzte b entspricht im IPA /B/, einem sth. bilabialen Frikativ.

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 16

    idg. urg. germ. ahd. mhd. nhd.

    p f f b# f b f/v//b b (f b) heffen huobum heven/heben huoben (Hefe heben)

    t D th/d t d t lian-laia-liDum lidan, leid litum41 leiden - litten bhrter broar bruodar ptr faDar fater k x x g h/x g h/x g 0 bzw. [g] ziuhu, zoh zugum ziuhe, zoch - zugen ziehe zogen s s s z s r (Rhotazismus z > r) s r s - r

    (lat. septem) kiosan kurum kiesen kurn (kiesen gekoren kren) (g. sib#um) firliosan - firlurun verliesen verluren verlieren Verlust was - w~rum was - w>ren

    Hierzu noch ein Beispiel, um mehrere relevante Entwicklungen im Verbparadigma zu studieren:

    Infinitiv Prs. Sg. Prt. Sg. Prt. Pl. Partizip Perfekt Ie. *deuk(an) *deuk(ist) *douk *duk(m) *(gV)duk(n)

    Germ. *teuh(an) [x] *teuh(ist) *tauh [x] *tug(m) [g] *(ga)tug(n) Ahd. zioh(an) [h] ziuh(ist) [9iu9] zoh [o:x] zg(um) (gi)zg(an) Mhd. zieh(en) [h] ziuh(est) [y:] " zug(en) [U] (ge)zog(en) [] Fnhd. zieh(en) [i:] [h?] zeuch(st) [oi 9] " zug(en) [u:] (ge)zog(en) [o:]

    Nhd. zieh(en) [tsi:.n] zieh(st) [i:] zog zog(en) (ge)zog(en)

    Das germ. Konsonantensystem

    Plosiv labial dental alveolar palatal/velar glottal stimmlos p t k stimmhaft b - b# d - D g - g Frikativ stl. f s x (h)

    sth. (b#) (D) z (g)

    Nasal m n Liquid l r Halbvokal w j

    Whrend das Idg. plosivreich gewesen war, stellte die 1. LV dem einsamen idg. s einige Ge-schwisterchen zur Seite, wodurch die heutigen Paare bei den labialen (nhd. p/b f/v), alveolaren (t/d s/z) und dorsalen Obstruenten (k/g C/j) angebahnt wurden. Die frhg. durch den grammati-schen Wechsel entstandenen sth. Frikative werden westg. zu den Plosiven /b, d, g/. Das [h] war nur Allophon von /x/ (im Anfangsrand). Erst althd. kommt es zur Phonemspaltung von /x/ und /h/, der nhd. v.a. inlautend verstummt ist, aber fters als Dehnungs- in der Schrift verbleibt.

    41 Mit litum nach D > d > t und ldan mit > ahd. d.

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 17

    Die WEST(- bzw. sd-)GERMANISCHE GEMINATION42 wird bewirkt durch nachfolgendes j [i 9]- und r, seltener durch w [u9], l, n. Diese Erscheinung wird dadurch erklrt, dass die frhgerm. SILBIFIZIERUNG von 'VCCV als 'VC.CV vorgenommen wurde. Ein SILBENKONTAKT wie sat.jan ist jedoch ungnstiger als set.tian, weil als optimale Silbe CV gilt, wobei C mglichst hohe KONSONANTISCHE STRKE aufweisen soll (ptk > bdg> fsx > vz > mn> lr > i9, u9 (Halbvokal) > Vokal). - durch j (ahd. meist geschwunden): got. bidjan, anord. biDja, ahd. bitten, ae. biddan (ne. bid), nndl. bidden; got. satjan, anord. setja, ahd. sezzen/setzen, as. settian, nndl. setten; got. wilja, anord. vili, ahd. willo, nhd. Wille, as. willio, ae. willa - durch r: g. *akraz, got. akrs, anord. akr, ahd. ackar, Nndl. akker; g. *bitra, anord. bitr, ahd. bit-tar, as. bittar, nndl. bitter - durch w: g. *nakwada, anord. nokviDr, ahd. nakkot, ne. naked, nndl. naakt - durch l: g. *aplu, anord. epli, ahd. apful, as. appul, nndl. appel - durch n: g. *rugon, anord. rugr, ahd. roggo, nhd. Roggen, ae. ryge, nndl. rogge.

    Bei der ahd. LV werden die westgermanischen (wg.) Geminaten zu Affrikaten verschoben wie in g. *settian > setzen, wg. *appla > apful, wg. *akkar > alem. akcher > Acker.

    Eine weitere wichtige konsonantische Vernderung: urg. /z/ wird wg. inlautend /r/ (RHOTAZISMUS): got. maiza, ahd. me#ro mehr; huzd, hort Schatz. 3.4.3. Vokale Diphthonge

    i:/i u:/u iu e:/e o:/o eo a:/a ai au Zusammenfall von idg. /a/, // > g. /a/ lat. octo acht

    von idg. /A:/, /o:/ > g. /o:/ lat. ma#ter altnord. mo#dir, ahd. muoter 3.4.4. Morphologie

    Die schwachen Verben Verben wie lach-t-e oder such-t-en, die das Prteritum mittels Dentalsuffix bilden, entstehen in germ. Zeit wohl aus der ENKLISE des nachfolgenden Prt. od. Part.Prt. von g. *Do#n tun. So be-deutete *sati-Do# ich/ er machte bzw. tat setzen. Beispiele: - *wak-jan wach machen (kausativ zu *wako#n wachen) - *wak-o#n wachen (wach-t-e, ge-wach-t) - *wak-e#n wach sein. Heute werden neue Verben nur noch schwach gebildet (recycelte; beam-t-e, ge-beam-t); ehemals st. V. gehen in die sw. V. ber: buk > backte, schnob > schnaubte, sog/saugte, gesogen/gesaugt.

    Starke und schwache Adjektivflexion Die noch im Nhd. vorhandene Unterscheidung einer st. u. sw. Adjektivflexion entwickelte sich in germ. Zeit. Die st. Flexion ist pronominal (dies-er Tee, hei-er Tee; dies-em Tee, hei-em Tee), die

    42 Konsonantenverdoppelung; s. Frey (1994: 38-41), Vennemann (1986: 40-44).

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    sw. F. durch die Suffixe -e/-en gekennzeichnet (der hei-e Tee, dem hei-en Tee). Die Unterschei-dung wurde durch das Merkmal der (un)bestimmten Vorstellung gesteuert.

    Abbau der substantivischen Kasusmorphologie Whrend das Idg. noch Ablativ, Instr., Lokativ u. Vokativ kannte, blieben im Urgerm. noch Instr. u. Vok., im Ahd. nur noch Reste des Instr. Altnordisch hatte bereits ein 4-Kasus-System, Got. mit 5 Kasus Reste des Vok. Nachfolgend sehen Sie, wie sich in dt. Zeit bei Tag das Markierungssys-tem im Sg. von ahd. 4 (mit I.) ber mhd. 3 zu nhd. 2 Formen reduzierte, im Pl. von 3 zu 2 (aus-fhrlich Sonderegger 1979: 245-253). Ursache des SYNKRETISMUS ist der frhe, feste Akzent. S i n g u l a r P l u r a l ahd. mhd. nhd. ahd. mhd. nhd. N. tag tac Tag tag-a tag-e Tag-e G. tag-es tag-es Tag-es tag-o tag-e Tag-e D. tag-e tag-e Tag tag-um tag-en Tag-en A. tag tag Tag tag-a tag-e Tag-e I. tag-iu. Die deutliche Kasusmarkierung wird nhd. im wesentlichen von den prnominalen Begleitern, v.a. Artikel und bestimmte Pronomina, auch von stark flektierten Adjektiven, bernommen, vgl.: Sg. N. d-er/ dies-er Tag, hei-er Tee; G. d-es/ dies-es Tag-es, hei-en Tee-s; D. d-em/ dies-em Tag, mit hei-em Tee; A. d-en/ dies-en Tag, ohne hei-en Tee. Im Bereich des gut markierten (attributiven) Genitivs treten prpositionale, also analytische F-gungen ein (ein Schreiben der V./ von der Verwaltung), teilweise tritt auch die enge Apposition ein (frnhd. ein Trpflein Wassers, ein Tropfen Wasser; ein Glas khles Bier/ (?)khlen Bieres).

    Wortbildung Das Urgermanische kannte nur die Stammverknpfung (ahd. ambahtman Amtmann). Erst spter tauchen erste uneigentliche Komposita auf, die sich aus syntaktischen Gruppen entwickelten (got. baurgswaddjus Stadtmauer, dies solis > sunnuntag, eine Lehbersetzung ca. 3. Jh. n.C.). Ableitung: Hier seien nur wenige alte Wortbildungssuffixe angegeben: altes -bar tragend in fruchtbar Frucht tragend, schiffbar heute passivisch-modal mit meist transitiven Verben wie lieferbar, vertretbar; -haid: vgl. got. haidus, N, Art und Weise , heute heit, das N-Abstrakta bil-det hier sieht man die Entwicklung vom Wort ber das Affixoidstadium zum nhd. Suffix; -l: n-hen > Nadel (n. instr.), schlieen > Schlssel; -t(i): fliehen > Flucht, tragen > Tracht.

    3.4.5. Lexik Lehnbeziehungen bestanden v.a. zu keltischen Sprachen und zum Latein, z.T. auch zum Griechi-schen ( vulgrgr. *kyrik > ahd. kirihha; teilweise Umweg ber das Latein). Bei den zahlreichen lat. Entlehnungen kann man an (nicht) vorhandenen Lautverschiebungen das Alter einschtzen, vgl. lat. te#gula > (i) ahd. ziagal(a) > Ziegel u. (ii) ahd. tegel > Tiegel.

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    4. Althochdeutsch (schriftlich: 8. Jh. bis ca. 1050)

    4.1. Geschichtliches

    In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten haben sich germanische Einzelstmme zu den Stam-mesverbnden der Alemannen, Baiern, Franken, Thringer und Sachsen als eigenstndige politi-sche Gemeinschaften herausgebildet, wobei einerseits sprachliche Ausgleichsprozesse abliefen, andererseits neue Spracheigenheiten entstanden. Die Germanen werden traditionell nach den Siedlungsrumen vor der VLKERWANDERUNG (berblick mit Karte zB. Keller 1986: 53-55) in drei (fett) bzw. fnf Gruppen (Kapitlchen) eingeteilt:

    1. Ostgermanen ODER-WEICHSELGERMANEN (v.a. Goten, um 200 n.C. Schwarzes Meer); spter ausgestorben 2. Sdgermanen (auch: Westgermanen) 2.1. ELBGERMANEN (v.a. Alemannen Oberrhein u. Bayern Donau, Voralpengeb.) daraus ber Alemannisch u. Bairisch Oberdeutsch 2.2. WESER-RHEIN-GERMANEN (Franken Gallien) daraus mitteldeutsche frnkische Mundarten 2.3. NORDSEEGERMANEN (Angeln, Sachen, Jten Friesland, 5. Jh. Britannien; Friesen; ber Altschs. Niederdeutsch) 3. NORDGERMANEN (Insel-Dnemark, Sdschweden) daraus Ostnordisch (Dnisch, Schwedisch) und Westnordisch (Nynorsk, Islndisch). Manche Verbnde (u.a. Alemannen, Franken, Goten) unternahmen erste Wanderungen und began-nen damit, die Rmer zu rgern. Im spteren 4. Jhrh. brachen die Hunnen (mittelasiatische Noma-denvlker mit Turksprachen) ein, zerstrten 375 das Ostgotenreich am nrdl. Schwarzmeer und verstrkten durch ihr Vordringen die Vlkerwanderung, die aber wohl durch Bevlkerungsdruck, Kriegs- und Abenteuerlust und evtl. Klimavernderung mit bedingt war. 451 wurden die Hunnen in Gallien geschlagen. Die Franken (Weser-Rhein-Germanen) werden zu einer bestimmenden und einigenden Kraft. Sie breiteten sich sdwestwrts aus und erobern schlielich Frankreich, besiegten u.a. 496 die ehemals elbgerm. Alemannen (grob: diesseitige Oberrheinregion) und um 500 bei Dijon die Burgunder (die davor aus der ostgerm. Oder-Weichsel-Region ins Rhein-Main-Gebiet wanderten, spter Richtung Dijon), spter die Thringer und die Ostgoten. Auch die (e-hemals elbgermanischen!) Bayern werden vom Frankenreich abhngig. Als sich diese Verbnde dann in das frnkische Karolingerreich eingliederten, verstrkte sich die Herausbildung sprachli-cher Gemeinsamkeiten, ohne dass wirklich ein homogenes Althochdeutsch entstand. Sprachliche Neuerungen wie die 2. (ahd.) Lautverschiebung (LV), der i-Umlaut, die ahd. Mono- und Diph-thongierung verliefen in unterschiedlichen Richtungen und uneinheitlich ber das ahd. Sprachge-biet bzw. ber grere Teile desselben, und dadurch wurden die deutschen Dialekte mitgeprgt. Althochdeutsch im Sinne einer berregionalen Verkehrs- oder gar Hochsprache gab es nicht. Als Dialekte eng verwandte Stammessprachen, die sich im frnkischen Reich konvergierend fort-entwickeln treten auf:43 (i) ALEMANNISCH (Murbach, Reichenau, St. Gallen, Straburg); (ii) BAIRISCH (Augsburg, Freising, Monsee, Passau, Regensburg, Salzburg, Tegernsee); (iii)

    43 Eine detaillierte bersicht in Keller (1986: 136-147). Bei (i) ff. wichtige Schreiborte/Klster. Das umstrittene

    LANGOBARDISCH (Stamm, der von der Unterelbe ber Mhren, Ungarn um 568 n.C. nach Italien gelangte; sprlich berliefert 7.-9. Jh.) wird ausgeklammert. Problem: eher althochdt. Dialekt oder eher ostgerm. geprgt.

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    OSTFRNKISCH (Bamberg, Fulda, Wrzburg); (iv) SDRHEINFRNKISCH (Weienburg; liegt am Rhein zw. Straburg u. Worms); (vi) RHEINFRNKISCH (Frankfurt, Mainz, Speyer, Worms); (vii) MITTELFRNKISCH (Aachen, Kln, Trier) Ohne 2. LV: (viii) ALTNIEDERFRNKISCH (Flandern, Limburg) = Altniederlndisch > N(eun)iederlndisch; (ix) ALTSCHSISCH (Essen, (Mnster,) Wer-den), daraus Mittelniederdt. (neben Md. + Obdt. = Mhd.) u. Niederdeutsch (ohne 2. LV). Das frhmittelalterliche Deutsch war keine einheitliche, berregionale Sprache. Als bergreifende Schreibsprache diente das tote Latein; Deutsch wurde ortsgebunden v.a. in Klstern geschrie-ben. Eine kleine bersicht (mehr in Keller 1986: 4.1.4) soll die Variation andeuten:

    alem. bair. ofrk. rheinfrk. mfrk. nhd. pruader proder bruoder bruodher broder Bruder chirihcha chirihha kirihha kirihha kiricha Kirche liup liup liob liab, liob lef, lieb lieb.

    4.2. Phonologie

    4.2.1. Die 2. bzw. althochdeutsche LV (ausfhrlich Braune/Eggers 1987: 81 ff.) wurde etwa 5.-8. Jh. am konsequentesten im Alemann. u. Bair. (Obd.) durchgefhrt, teilweise im Mittel-, Rhein-, Sdrhein u. Ostfrnkischen (Md.). Das Altschsische (= Altniederdeutsch) und Altniederfrnkische (= Altniederlndisch) vollzog keine LV. Diskutierte Fragen sind: Welche Ursache(n) hatte die 2. LV? Handelt es sich um eine monogenetische oder um eine polygenetische Entwicklung? Entstand die 2. LV im Alem. u./od. Bair. und breitete sie sich, schwcher werdend, nach Norden hin aus? Haben die Niederdeutsch sprechenden Franken, die als politische Macht Richtung Sden drngten, die hochgermanische LV (partiell) zurckgedrngt (BIFURKATIONS-THEORIE von Theo Vennemann, s. Frey 1994: 23 ff.)? (Auch fr die ZP!) Sie sollten sich mit der deutschen Dialektlandschaft vertraut machen (z.B. Knig 1998, Sonderegger 1979: 126 ff., v.a. 135) und den Begriff RHEINISCHER FCHER erlutern knnen. Sie sollten zentrale Dialektmerkmale kennen, z.B. die Verteilung von apfel/appel, das/dat, dorf-dorp, ich-ik (RDINGER LINIE) und von machen-maken (BENRATHER LINIE).

    Fortes- bzw. Tenuesverschiebung p, t, k /ff/, /ss/ (zT. geschrieben), /hh/, nach Vokal, Langvokal u. im Auslaut gekrzt p, t, k /pf/, /ts/, /kch/ im Anlaut, nach Konsonant und in der (wg.) Geminate. (i) Nur die t-Verschiebungen waren gesamtalthochdeutsch, ebenso p > f(f) und k > h(h). (ii) Die Verschiebung p > pf geschah nur oberdt./ostfrnk. und z.T. sdrheinfrnk., vgl. obdt. u. ostfrk. pflegan/ apful, sdrheinfrk. plegan/ apful, rheinfrk. plegan/ appul; pf wurde teils zu f weiter ver-schoben wie nach C bei g. *scarpa > ahd. scarpf > scharf, vgl. ne. sharp). (iii) Die k-Verschie-bung nur oberdt., dort teils zu /x/ und dann zu /k/ weiter verschoben (g. *korna > altobdt. khorn > chorn (so noch schweizerdt.) > nhd. Korn).44

    Ausnahmen: sp/ st/ sk werden nicht verschoben (ahd. stein /stei9n/ - Stein stone, spil Spiel nndl. spel), ebenso nicht ft/ ht (kraft Kraft craft) und tr (Trost trust).

    44 Zu Details s. Sonderegger (1979: 127 ff.) und betrachte die Dialektkarten in Knig (1998: 64, 66, 76, 138 ff.).

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    ahd. nhd. niederdt. ne.

    /t/ /s(s)/ nach Langvokal got. beitan bTzan beien bten bite im Auslaut (lat. quod) waz was wat what /ss/ nach Kurzvokal as. watar wazzar Wasser water water /t/ /ts/ Anlaut got. tuggo zunga Zunge tunge tongue nach C got. hairto herza Herz heart Geminate as. sittian sizzen sitzen sitten sit

    /p/ /f(f)/ nach Langvokal got. slpan sl>f(f)an schlafen sleep im Auslaut got. skip skif Schiff schip ship nach Kurzvokal lat. piper pfeffar Pfeffer peper pepper /p/ /pf/ Anlaut lat. piper pfeffar Pfeffer peper pepper nach C got. hilpan helph/fan helfen helpen help Geminate as. appul apful Apfel appel apple

    /k/ /h(h)/ nach Langvokal got. galeiks ahd. gilTh gleich lk like im Auslaut got. juk/ik joh/ih Joch/ich ?/ik (yoke) nach Kurzvokal got. brikan brehhan brechen break /k/ /k(ch)/ Anlaut got. kunnun alem. (k)chnne knnen knnen can nach C as. thenkjan alem. denkche denken denken think Geminate as. ackar alem. akcher Acker akker acre

    Medien-/Lenesverschiebung Hier ist die d-t-Verschiebung wichtig. Die obdt. p- und k-Verschiebungen wurden auer bei Ge-minaten! sptalthochdeutsch wieder rckgngig gemacht. got. ahd. nhd. as. ne. /d/ /t/ Anlaut dags tag Tag dag day (obdt. u. rheinfrk.) dauhtar tohter Tochter dohtar daughter Geminate bidjan bitten bitten biddian bid Auslaut g. *blda bluot Blut bld blood /bld/

    /b/ /p/ bei Geminate sibja sippa Sippe sibbia (bair., alem.) sonst nicht lamb bair. lempir, frk. lembir lamb lamb

    /g/ /k/ bei Geminate anord. hryggr ruggi/rucke Rcken hruggi (bair.) sonst nicht biugan bair. piokan, frk. biogan bu#gan

    Nachfolgend noch einige Beispiele, wie unterschiedlich die 2./Ahd. Lautverschiebung durchge-fhrt und somit auch zum Unterscheidungsmerkmal der dt. Dialekte wurde: alem. bair. ostfrnk. sdrheinfrk. rheinfrk. mittelfrk. nieddt. vgl. engl. apful apful apful apful appul appul appel apple scarpf scarpf scarpf scarpf scarpf, scarp scarp scarp sharp tohter tohter tohter dohter dohter dohter daughter p/bitten p/bitten bitten bitten bitten bidden bidden to bid wasser wasser wasser wasser wasser wasser water water machen machen machen machen machen machen maken make

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    Beispiel aus der Zwischenprfung Herbst 2001

    Gegeben sei eine unvollstndige Liste von Wortgleichungen: nhd. zehn ne. ten; nhd. treu ne. true; nhd. Pfad ne. path; nhd. offen ne. open. (a) Benennen Sie den Prozess, der das Deut-sche (u.a.) vom Englischen trennte. (b) Ergnzen Sie die Liste der kons. Vernderungen im Dt. und beschreiben Sie sie im Detail. [Teilaufgabe (c) weggelassen, W.S.] Antwort: (a) Die zweite oder althochdeutsche Lautverschiebung. Dabei wurden, mit z.T. erheb-lichen rumlichen/dialektalen Unterschieden (s. noch heute den Rheinischen Fcher) und wie unter (b) genauer ausgefhrt, sdgermanische (sdg.) stl. Plosive (Tenues) je nach Position zu ahd. Affrikaten oder zu stl. Frikativen und stimmhafte Plosive (Mediae) zu den entsprechenden stimm-losen. Dadurch wurden die hochdeutschen Dialekte die oberdeutschen recht konsequent, die mit-teldt. nur teilweise von den niederdeutschen (damals: Altschsisch) geschieden. Auch das noch nrdlichere (Alt-)Englisch wurde von der 2. LV nicht erfasst. Bei ten zehn zeigt sich, dass sdg. /t/ anlautend zur Affrikate /ts/, bei path Pfad sdg. /p/ anlautend zu /pf/ wurde; open of-fen wurde sdg. /p/ nach Kurzvokal zunchst zur Geminate /ff/, spter zu /f/, das in offen als Ge-lenkkonsonant fungiert.

    (b) /p, t, k/ >>> /pf, ts, obd. kch > ch, nhd. k/ /p, t, k/ >>> /f(f), s(s), x(x)/

    Anlaut nach Kons. sdg. Geminate Inlaut nach Vokal Auslaut

    path Pfad help helfen45 apple Apfel gripe greifen ship Schiff ten zehn salt Salz sit sitzen water Wasser what was can knnen think denken acre Acker speak sprechen sick - siech (alem. chnne denkche Akcher)

    /d/ >>> /t/

    daughter mild mild ride reiten god - Gott Tochter

    Beispiel aus der ZP Frhjahr 2000 (a) Beschreiben Sie die hochdt. LV anhand der folgenden Beispiele: wg. *tuhti- > nhd. Zucht; as. wekkian > ahd. wecchan > nhd. wecken; as. werpan > ahd. werpfan/werfan > nhd. werfen; ahd. gi-louba > ahd. kiloupa > nhd. Glaube; got. fotus > ahd. fuoz > nhd. Fu. Antwort: Zucht: /t/ > /ts/ stl. Plosive werden im Anlaut zu Frikativen. wecken: geminierte stl. Plo-sive wie /kk/ werden nur oberdt. zu /kx/, geschrieben , , im Nhd. zu /k/; werfen: /p/ im Inlaut wird zur Affrikata /pf/, wobei die Lautgruppen /lpf/, /rpf/ meist bald zu zu /lf/, /rf/ verein-facht werden. Glaube: Nur oberdt. wird /g/ zu /k/ entstimmlicht und sptahd. wieder zu /g/, ebenso wird nur obdt. /b/ erst zu /p/, dann sptahd. wieder /b/; auer in Gemination (sibbia > sippa) wer-den /b, g/ bis zum Nhd. nicht (bzw. nur in sdlichen Dialekten) verschoben. Fu: Im hochdt. Ge-biet wird /t/ im Auslaut zur Geminate /ss/ verschoben (zur Geminate vgl. Pl. fuozzi), die nach Langvokal und im Auslaut sehr bald, nach Kurzvokal spter zu /s/ vereinfacht wird. b) Welche Konsonantenverschiebungen finden nicht im gesamthd. Sprachgebiet statt? Nennen Sie Beispiele? Antwort: Die Medienverschiebung von /b, g/ > /p, k/ ist nur oberdt. voll durchgefhrt. Die Medienverschiebung /d/ > /t/ ist obd. wie auch im Frnk. (Ausnahme: Mittelfrk.) teilweise durchgefhrt und die einzige, die sich bis ins schriftsprachliche Nhd. durchsetzt. Bei der Tenues-

    45 Zuerst entstand ahd. helphan/helpfan mit /pf/, das aber zu /lf/ helfan wurde. Regel: rph (werphan) u. lph > rf, lf).

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 23

    verschiebung werden gesamthd. nur die Frikativierungen /p, t, k/ zu /ff/, /ss/, und /xx/, im Inlaut nach Vokal oder im Auslaut und die Affrizierung /t/ > /ts/ durchgefhrt [Beispiele s. -bersicht oben, also g. *etan > eZZan, vgl. ne. eat etc.]. /p/ > /pf/ wird oft nur im Obd. und Ostfrk. u. Sdrheinfrk. durchgefhrt, im Rheinfrk. ist sie weniger, im Mittelfrk. nicht durchgefhrt. /k/ > /kx/, wird nur obd. realisiert. [Bsp. s. bersicht oben] 4.2.2. Das ahd. Konsonantensystem (vgl. Keller 1986: 171 u. Braune/Eggers 1987: 102 ff.)

    Plosiv labial dental alveolar palatal/velar glottal stimmlos p (pp) t (tt) k (kk) stimmhaft b (bb) d (dd) g (gg) Frikativ stl. f (ff) [y > d] s (ss), Z (ZZ) x (hh-[xx]) sth. z (zz) h Affrikate pf ts (kh) ([kx]) Nasal m (mm) n (nn) (N nur vor g/k) Liquid l (ll) r (rr) Halbvokal w j

    Hinzuweisen ist darauf, dass die Plosive /b, d, g/ im Auslaut ahd. stimmhaft (wie im Engl.) ge-sprochen werden. Die AUSLAUTVERHRTUNG ist erst ein Kennzeichen des Mhd., wo sie auch schriftsprachlich notiert wurde, vgl. ahd. -[tag], mhd. -[tak], .

    4.2.3. Geminaten im Althochdeutschen Das Ahd. war eine an Geminaten reiche Sprache und Flle wie stelan stehlen und stellen wurden recht konsequent im Schriftlichen unterschieden. Im Gegensatz zu nhd. /bIGn/ hier haben wir einen Gelenkkonsonanten nach Kurzvokal wurde im Ahd. /bIt.ten/ mit kleiner Pause gespro-chen (Braune 1987: 91). Nach Kurzvokal waren Geminaten hufig, es gab sie auch (v.a. obdt.) nach Langvokal, doch wurde hierbei hufig vereinfacht (lt.tar > l.tar); im Auslaut wurde in der Regel vereinfacht. Beispiele fr ahd. Geminaten: swim.man, kun.nun, bok.kes (urg. Geminaten); got. bid-jan entspricht westg. bid-dja > ahd. bit.ten (westg. Gemination); ne. open, ahd. of.fan (p > ff) entstanden durch die 2. LV; Prt. retten = retita u. rat.ta nach Vokalausfall im Ahd.; seltener durch Assimilationsvorgnge wie bei got. stibna, as. stemn(i)a, ahd. stimna > stim.ma > Stimme. Die Geminaten hielten sich teilweise sich bis ins Mhd. und wurden fters erst frhnhd. verein-facht. Nhd. gibt es keine Geminaten mehr, Gelenkkonsonanten sind als einfache Konsonanten an-zusehen, die dem Endrand der linken und dem Anfangsrand der zweiten Silbe angehren (Mitte).

    4.2.4. Weitere Entwicklungen im althochdeutschen Konsonantismus

    idg. t > g. wird zu /d/, lat. tres, got. reis, ahd. dr, nhd. drei; es tritt nur noch selten frhahd. auf als , , z.B. thionon (z.T. auch dhionon) > dionon > dienen. ahd. /f/ wird sptahd. lenisiert (in Richtung /v/ schwach sth.), vgl. ahd. hofes, sptahd./mhd. hoves h, w fallen im Anlaut bei hw, hr (hros > ros), hl, wr, wl aus Der g. Velarfrikativ /h/ (IPA /X/ bzw. /x/)46 unterliegt einer Phonemspaltung, so dass (i) im An-fangsrand /h/ (Hauchlaut: mhd. sehen), (ii) im Endrand (mhd. sach, sah) und inlautend vor C (wie in nacht/ naht) /C-x, (obd.) X/ eintritt. Zum schriftsprachlichen Dehnungszeichen wurde erst 46 Nach IPA ist /h/ ein stl. glottaler Frikativ, /X/ ist stl. uvularer u. /x/ velarer Frikativ.

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 24

    frhneuhochdeutsch (dazu Reichmann/Wegera 1993: L7). Man unterscheide nhd. Dehnungs-h vor Sonorant in Wahl, Fhre, nehmen und silbeninitiales h intervokalisch in sehen, ziehen, Ehe.

    4.2.5. Vokalismus

    Vokale Diphthonge i:/i u:/u ie io iu uo e:/e o:/o ei ou (Umlaut-) e (gast/gesti) (germ.) e _47

    a:/a

    4.2.6. Vokalwandel Germ. > Ahd. (soweit bedeutend) Ahd. Diphthongierung g. /e:/ > ahd. /ea > ia, ie/ > mhd. /ie/ (und dann > nhd. /i:/) he #r > hear > hier, me #ta > meata > miete; vgl. as. te#gala, ahd. zeagel > ziagel > ziegel Abl.reihe VII ra#tan, rate, Prt.Sg. re#t > reat > riet, Prt.Pl. re#ten > rieten Ahd. Diphthongierung g. /o:/ > ahd. /oa, ua/ > /uo/ > mhd. /uo/ (und dann > nhd. /u:/) g. *bro#ar > bruader > bruoder, vgl. got. fo#tus (as. fo#t) und ahd. fuaz > fuoz > Fu

    4.2.7. Vokalismus der Neben- bzw. Endsilben Ein Charakteristikum des Ahd. ist es, dass noch ein voller Vokalismus in unbetonten Endsilben (auch bei Flexionssuffixen) vorherrscht, der jedoch schon im Ahd. in Richtung Schwa-// abgebaut wurde. Im Mhd. sind die bunten Endsilbenvokale zu // geworden oder gar ausgefallen. magad maget lembir lember boto mhd. // bote zugum zugen blintiu /iu9/ mhd. blindiu /y/ (Nom.Pl.Neut.st.), nhd. blinde

    4.2.8. UMLAUT Umlaute liegen vor, wenn der Haupttonvokalismus an den Vokal der minderbetonten Folgesilbe (partiell) assimiliert wird.48 Formen: die im Deutschen wichtige Palatalisierung wie z.B. in a > Khne (mit Hebung), o > Tchter, u > Hte, au > Huser; zudem die Hebung wie in idg. *medhios > g. *miDjaz > ahd. mitti u. *sedhus > *siduz > situ > Sitte vor u in Folgesilbe und ferner Senkung in idg. *uiros, lat. vir, ahd. we _r Mann, vgl. Werwolf Mann-wolf. Der PRIMRUMLAUT a > e (/a/ > /E/) durch i (j) in der Folgesilbe49 wurde in den ahd. Schriften als notiert, z.B. got. halja, ahd. hella; gast, gesti, lamb, lembir, lat. asinus u. esil. In sprach-wiss. Texten wird fters als e mit Punkt darunter notiert. Umlauthemmnisse: Stand zwischen a und i eine der Verbindungen ht, hs oder C+w, so wurde nicht umgelautet (mahti, wahsit, garwita). Trug die Folgesilbe einen strkeren Nebenton, wurde nicht umgelautet (kraftlTh stark; kraft, kref-ti).

    47 Dass g. N und Umlaut-e ungleicher Qualitt waren, legen Reimvermeidungen wie legen (< lagjan) - dNgen nahe. 48 Bei der VOKALHARMONIE werden (i) im weiten Sinn alle intervokalischen Assimilationsprozesse, also auch die

    Umlautung, verstanden; (ii) im engen Sinn liegt Vokalharmonie vor, wenn ein Suffixvokal qualitativ vom Wurzel-vokal abhngt wie in trk. at-lar Pferd-Pl. oder ev-ler Haus-Pl..

    49 Das gilt fr den dt. Primrumlaut nur teilweise, also muss man auch vorahd. Lautstand heranziehen. Fr den Se-kundrumlaut gilt dies nicht, denn da gab es i (j) in der Folgesilbe gar nicht mehr. Vermutlich liegt ANALOGIE vor.

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 25

    Der SEKUNDRUMLAUT im Mhd. vollendete den begonnenen Primrumlaut auch in den Fllen Mchte, wchst, gerbte etc., so dass /a/ zweimal, primr im 8. und sekundr im 12. Jh. umgelautet wurde. Der u-Umlaut erscheint sptahd. als [], z.B. hfs, hiusir. Der Umlaut hat fr das dt. Vokalsystem und die Morphologie groe Bedeutung. Dabei gehen

    Neuere phonologische Untersuchungen [...] von einer einheitlichen Umlautung in vorahd. Zeit aus, wonach sich zunchst Allophone bildeten, die nach Wegfall der Kontextbedingungen phonemisiert wurden; erst mit zeitlichem Abstand evozierten die neuen Umlautphoneme eine graphische Kennzeichnung, die sich allerdings wegen fehlen-der Zeichen ders lateinischen Alphabets schwierig gestaltete. (Paul u.a., Mhd. Grammatik, 1998: 63)

    Deshalb erschienen die graphemischen Kennzeichnungen des Umlauts erst spter, im 8. Jh., ab 10. Jh., Sekundrumlaut 12. Jh. (mehti). Der Umlaut war zunchst funktional nicht belastetet, da etwa bei *gast-i der Pl. bereits suffixal markiert wre. Erst mit dem Verfall der End-silben zu Schwa, das offenbar als schwchlich empfunden wird, kommt dem Umlaut bedeutungs-unterscheidende (mhd. vaden vden, Mutter/Mtter, wassern/wssern) und morphologische (mhd. geste, vden, Mtter) Funktion zu (vgl. auch lang-er Stab, lng-er warten). Das dt. Vokal-system wird um die Umlautvokale bereichert.

    4.2.9. RCKUMLAUT ist eigentlich falsch, weil gar nichts zurckgenommen wurde, es handelt sich um einen nicht einge-tretenen Umlaut. Die einschlgigen Phnomene

    got. nhd. g. Prt. wg. Synkope Umlaut ahd. Prt. nhd. lagjan legen lagita keine (lagita) legita legita legte

    sandjan senden sandita santa ----- santa sandte brannjan brennen brannita branta ----- branta brannte

    sind auf die sog. WESTGERMANISCHE SYNKOPE zurckzufhren (Darstellung nach Frey 1994: 36 f.), nach der bei einem Dreisilbler mit schwerer ANTEPNULTIMA (CV:, CVC san, bran) die mittle-re Silbe mit dem Umlaut auslsenden i synkopiert wurde. Bei leichter Antepnultima mit Kurzvo-kal (la.gi.ta) wurde nicht synkopiert. Manchmal erscheinen ahd./mhd. neben den erwartbaren Formen abweichende wie ahd. nerien, nerita, narte und zelita, zalte (vgl. as. tellian). 4.3. Schreibung (guter berblick bei Sonderegger 1979: 1.2.4., v.a. S. 17)

    Noch in germanischer Zeit entstehen um Chr. Geb. wahrscheinlich aus nordital. Schriftsystemen die germanischen RUNENzeichen, das Fuzark genannte Runenalphabet (s. Glck 2000: 589), das v.a. kultischen (und verzierenden) Zwecken diente. 2.-8. Jhrh. urnordische und festlnd. Runenin-schriften. 4. Jhrh. GOTISCHE SCHRIFT DES WULFILA (got. Bibelbersetzung) aus gr., lat. und Ru-nen-Alphabet; nicht zu verwechseln mit der spteren got. Schrift im 13.-15.Jhrh. Seit dem 6./7. Jhrh. bernahme des LAT. ALPHABETs (vorbergehend mit wenigen runischen Einsprengseln) zur Verschriftung germanischer Volkssprachen. Wichtig die KAROLINGISCHE MINUSKEL (8.-12. Jhrh.), eine Kleinbuchstabenschrift mit Ober- und Unterlngen. - Im 12.-15. Jhrh. wird aus der karol. Mi-nuskel die GOTISCHE SCHRIFT entwickelt, spter daraus die FRAKTUR (DEUTSCHE SCHRIFT, 16. Jhrh.), die 1941 im III. Reich abgeschafft wurde und spter trotz Wiederbelebungsversuchen (Doc Schindler wurde 1969 in der 4. Klasse in deutscher Schrift unterrichtet) gegen die Antiqua nicht mehr anstinken konnte. Im 15./16. Jhrh. bastelten die Humanisten aus den Vorbildern der ANTIKEN KAPITALSCHRIFT sowie der karolingischen Minuskel die ANTIQUA (LATEINISCHE SCHRIFT), die wir noch heute schreiben. Die schriftliche berlieferung des Althochdeutschen

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 26

    begann im 8. Jh. (karoling. Minuskel), davor vereinzelt Inschriften. Zu den Problemen der Verschriftung des Ahd. durch das lateinische Alphabet und zu dem verwirrenden Bild der Gra-phem-Phonem-Korrespondenzen s. Braune (1987: 11-23 u. 171-191). 4.4. Syntax

    4.4.1 Die Entstehung des bestimmten Artikels

    Whrend die nordgerm. Sprachen aus einem Pronomen einen suffigierten Artikel entwickelten50 und das Gotische keinen Artikel kannte, wurde in westgerm. Sprachen aus dem rckverweisenden (ANAPHORISCHEN) Demonstrativpronomen ein vorangestellter BEST. ARTIKEL entwickelt (a). Im Ahd. waren dies die Formen th-/d-er, th-/d-iu, th-/d-az: De profundis clamavi ad te domine lat. Vorlage fona tiuffem hereta ce dih truhtin 9. Jh. Vzer dero tiefi [dero sundon] ruofta ich ze dir truhten um 1000 Seine Funktion ist die Markierung des bereits textuell Eingefhrten, der Wiederaufnahme (b) und des allgemein Bekannten bzw. Erschliebaren (c). (a) Es war einmal ein Knig. Der [Knig] hatte sieben Kinder ...

    (b) Er kam in ein Dorf. Dieses Dorf/ Das Dorf gefiel ihm (c) Er kam in ein Dorf. *Diese Kirche/ Die Kirche gefiel ihm [Drfer haben i.d.R. Kirchen].

    Anfangs musste der Rckverweis wegen der pronominalen Abstammung des Artikels tatsch-lich auf eine bereits erwhnte Einheit zu beziehen gewesen sein; spter wurde dies gelockert (ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen Vorerwhntem und dem d- war vorhanden wie in (c)), schlielich gengte die allgemeine Bekanntheit des Bezeichneten (die Sonne). Am wichtigsten ist diese Markierung bei singularischen Individuativa, spter Verwendung auch bei pluralischen und, Zeichen der erreichten starken Artikel-Grammatikalisierung, auch bei den Unika (Himmel, Erde, Paradies), die ahd. wegen der Einzigartigkeit des Bezeichneten artikellos waren (vgl. heute noch und Gott sprach ...). Da die dt. Substantivflexion (ausgenommen: mhd./frnhd. Numerusprofilie-rung) seit dem Ahd. im Abbau begriffen ist, hat der Artikel zustzlich die Funktion bernommen, durch seine noch recht differenzierten Formen v.a. Kasus (u. Genus) anzuzeigen. Die mhd. Formen diu kraft/die krefte (Nom.fem.Sg./Pl.), daz/diu wort (Nom.neut.Sg./Pl.).

    4.4.2. Der unbestimmte Artikel Er entwickelt sich (im Ahd. noch verhalten, insg. etwas spter als der best. Art.) aus dem Zahlad-jektiv ein- (ahd. einr/einiu/einaz) und markiert v.a. die Ersteinfhrung einer Text- bzw. Diskurs-einheit: Es war einmal Knig > Es war einmal ein Knig. Der Knig hatte sieben Tchter (...). Zunchst wird vor allem Individualitt markiert: ez wuohs in Burgonden ein vil edel magedin eine sehr noble junge Frau. Interessant ist, dass es mhd. sogar zu einer Kumulation unbest. + best. Art. + N wie an ein daz schnste gras zur schnsten grasbewachsenen Stelle kommen konnte. Die mhd. Formen Nom.mask.Sg. einer/ein, fem. einiu/ein, neut. einez/ein.

    Das Adj zwei flektiert N./A. genusabhngig zwLne tage, zw^ nahte, zwei kint.

    50 Bei links unerweiterten Nomina im Dn. z.B. skib-et Schiff-das, vor Adj aber det store skib das groe Schiff.

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 27

    4.4.3. Das Subjektpronomen erschien ahd. nicht so systematisch wie heute (vgl. auch lat. pluit, nhd. es regnet/ *regnet): do lettun se Frist asckim scritan, scarpen scurim: dat in dem sciltim stont. da lieen sie zum ersten Eschenlanzen schnellen, mit scharfen Schssen, dass es in den Lanzen stakdo stoptun to samene staim bort chludun, heuwun harmlicco huitte scilti (...). dann prallten sie zusammen; Prunkschilde sprangen, harmvoll hieben sie auf helle Schilde.

    Dabei erschien es in Interlinearversionen eher uneingeleitet, in originalen Texten etwas hufiger. Im Mhd. zunehmender Gebrauch, aber auch noch (seltener) z.B. dar vuorte si in bi der hant und sazen zuo ein ander dorthin fhrte sie ihn ... und sie setzten sich zueinander. Nhd. erreichte Grammatikalisierung; wenige Ausnahmen wie ugs. gesprochen (ich) bin gleich bei ihnen oder Ko-ordinationsreduktion ich hre und (ich) mache gerne Musik.

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 28

    Bibliographie Anm.: Die mit Asteriskus markierten Werke sind nicht besser als die brigen, sondern als mgliche Ar-beitsmittel bzw. Nachschlagewerke empfohlen. Man kann ja schlielich nicht alles lesen. Auch der Semi-narleiter konnte nicht alles lesen, so dass manche Werke zu Unrecht unbesternt sind. ZP-Linguistik-Interessierte: Bitte letzte Seite(n) beachten.

    Nachschlagewerke, Handbcher

    Barraclough, Geoffrey (Hg.) (1997): Atlas der Weltgeschichte. Augsburg. *Besch, Werner/ Betten, Anne/ Reichmann, Oskar/ Sonderegger, Stefan (Hgg.). Sprachgeschichte.

    Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. Bd. 2/1 (1998), Bd. 2/2 (2000), Bd. 2/3 (erscheint). 2. vollst. neu bearb. u. erw. Aufl. Berlin; New York.

    *Bumann, H. (Hg.) (2002). Lexikon der Sprachwissenschaft. 3. aktual. u. erw. Aufl. Stuttgart. Crystal, David (1995): Die Cambridge-Enzyklopdie der Sprache. Frankfurt/M.; New York. dtv-Atlas zur Weltgeschichte. 2 Bde. 13. Aufl. 1975, verf. v. H. Kinder/W. Hilgemann. Mnchen.

    [schmen Sie sich, Herr Schindler, eine derart alte Aufl. zu verwenden!] *Glck, H. (2000). Metzler-Lexikon Sprache. 2. Aufl. Stuttgart; Weimar. Knig, Werner (1998): dtv-Atlas Deutsche Sprache. 12. Aufl. Mnchen. Pullum, Geoffrey K./Ladusaw, William A. (1986): Phonetik symbol guide. Chicago; London.

    [Darstellung der IPA-Zeichen, auch von Abweichungen im Gebrauch wie in der Indogermanistik] Grammatiken

    Braune, W. (1981). Gotische Grammatik. 19. Aufl., bearb. v. E. A. Ebbinghaus. Tbingen. *Braune, W. (1987). Althochdeutsche Grammatik. Bearb. v. Hans Eggers. 14. Aufl. Tbingen. de Boor, H./Wisniewski, R. (1984). Mittelhochdeutsche Grammatik. 9. Aufl. Berlin. *Reichmann, O./Wegera, K.-P. (Hgg.) (1993). Frhneuhochdeutsche Grammatik. Von R. P. Ebert u.a. Tbingen. [Standardwerk] *Paul, H. (1998). Mittelhochdeutsche Grammatik. 24. Aufl. Tbingen. [Standardgrammatik fr

    das Mhd. nicht immer leicht zu lesen, aber unverzichtbar; detailreich] Singer, J. (1996). Grundzge einer rezeptiven Grammatik des Mittelhochdeutschen. Paderborn. Streitberg, W. (1974). Urgermanische Grammatik. 4. Aufl. Heidelberg. Wrterbcher

    Hinweis: Benutzung (auch) in der Arbeitsstelle Etymologie (ASE), Schellingstr. 7, 1. Stock rechts, mglich. Bitte ffnungszeiten in den Erluterungen bzw. Transchlag ASE beachten.

    Hingewiesen sei auf *www.mediaevum.de: online in mhd. Wrterbchern nachschlagen!

    Althochdeutsches Wrterbuch (1961 ff.). Begrndet v. E. Karg-Gasterstdt u. Th. Frings. Berlin. Benecke, G. F./Mller, W./Zarncke, F. ([1854-61], Neudruck 1963, Nachdruck: 1990). Mittel-

    hochdeutsches Wrterbuch. Duden (2001). Herkunftswrterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. 3. Aufl. Mannheim u.a. Grtner, K. u.a. (1992). Findebuch zum mittelhochdeutschen Wortschatz. *Grimm, J./Grimm, W. (1965 ff.). Deutsches Wrterbuch. Neubearb. Stuttgart; Leipzig. *Kluge, F. (1995). Etymologisches Wrterbuch der deutschen Sprache. 23. Aufl. v. E. Seebold. Berlin; New York.

  • Dr. Wolfgang Schindler. Einfhrung in die Sprachgeschichte. Seite 29

    Lexer, Matthias ([1872-1878], 1979). Mittelhochdeutsches Handwrterbuch. 3. Bde. Leipzig/ Neudruck: Stuttgart. *Lexer, Matthias (1992). Mittelhochdeutsches Taschenwrterbuch. Mit Nachtrgen v. U. Pretzel. 38. unvernd. Aufl. Stuttgart. *Paul, H. (2002). Deutsches Wrterbuch. 10. Aufl. Schtzeichel, R. (1995). Althochdeutsches Wrterbuch. 5. Aufl. Tbingen.

    Einfhrungen, berblicke; Darstellungen einzelner Perioden; Sprachliche Vorgeschichte

    Bach, A. (1970). Geschichte der deutschen Sprache. 9. Aufl. Heidelberg. Bammesberger, A./Vennemann,