die natur greift an!

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DIE NATUR GREIFT AN! HEUTE ERSCHIENEN NR1 / 2012 DIE GRAUE STADT AM MEER HÜSEM/54°/29N,9°3O Die hier besungene Naturgewalt ist eine weitaus weniger effektha- schende als es der Titel vermuten lässt, es ist der schleichende Tod. Die Gewissheit der zukünftigen Reue, wenn aus den jungen Männern end- lich Greise geworden sind. Der Titel beschreibt in all seinem Pathos am Ende nur die schlichte Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit. Eine Erkenntnis die typischerweise mit dem Abschluss eines Lebensab- schnitts einhergeht. Dennoch mag man nicht recht sagen, ob es jugendlicher Hochmut ist oder eine alte Seele, die die Texte der Band belebt. Das Zwiegespräch, das Sän- ger Max Richard Leßmann mit seiner Welt führt, ist ein kühles, bedachtes . Doch immer wieder zieht ein Schleier aus Eifer und Spott über die gesetzten Worte, immer dann, wenn der Junge dem Greis ins Wort fällt. Dieser Zwiespalt zwischen Weisheit und Wut ist ebenso zentral wie der zwischen Gesellschafts- und Selbst- kritik: Soviel es auch zu hadern gibt, Vierkanttretlager fangen bei sich selbst an. Sie zücken keinen Zeige- finger, der nicht auch auf sie selbst zeigt. Sind Kläger und Angeklagte zugleich. Niemand, der hier seine Wunden leckt, bevor er sie reichlich gesalzen hat. Von Angesicht zu An- gesicht mit den Fehlern der Mensch- heit, die alle wieder unsere eigenen sind. Hier steht der jugendliche Greis zwischen Ohnmacht und Tatendrang. Kernstück dieses Wechselspiels aus Entwicklung und Stagnation, der Menschwerdung und der Idee einer Flucht ist die dem Debüt-Album na- mensgebende Trilogie am Ende des Tonträgers. Beginnend mit „Um Schönheit zu se- hen“ setzt sie in dem Lebensabschnitt ein, in dem sich die Protagonisten be- finden. Ausgestattet mit dem Wissen und den Regeln unserer Zeit stehen sie da und beginnen sich fremd zu fühlen. All das Gerede, das ihren All- tag formt, ist zu statisch und formel- haft. Wie viel davon sind tatsächlich wir? Sie beginnen also mit winzigen Befreiungsschlägen, auf die immer größere folgen. Sie legen ab, was ihnen nicht mehr passt, machen sich mehr und mehr los von Allem und stranden so in das nächste Stück: „Keine Menschen mehr“ erzählt von dem gescheiterten Versuch frei zu sein und wirft wieder Fragen auf . Wiegt die Notwendig- keit menschlicher Dogmen immer mehr als der unbändige Widerwillen dagegen? Ist der Schutz der Masse genug, dass man in ihr verschwinden mag? Aus der Gewalt dieses inneren Kampfes wird man zunächst in die anfängliche Stille eines Sprechstücks entlassen. Eindringlich erzählt die personifizierte Menschheit, ein un- überschaubares Wir, vom Beginn eines neuen Lebens. Schwankend zwischen der kühlen Erhabenheit der Masse und der Ehrfurcht vor diesem Moment, weiß sie doch schon vorher, wie es nun weitergeht und weiß doch so reichlich wenig. Den neuen Men- schen in den Armen wiegend ist „Gib deinem Leben keinen Sinn“ der Leit- faden durch die noch unerschlossene Welt und gibt diesem traurigen Satz einen doch hoffnungsvollen Kontext. Nur ohne Zwang lockt der Gewinn. Greis und Junge lassen sich in einem Paddelboot über die Nordsee treiben. Denn deutlich ist eines: Es soll nichts verändert werden und das kann es auch nicht. Vierkanttretlager möch- ten die Stimme keiner Bewegung sein, Vierkanttretlager sind die Stim- me des Stillstands und der ist grau- sam und heilsam zugleich. 27/01/2012 VIERKANTTRETLAGER DIE NATUR GREIFT ALSO AN IM HOHEN NORDEN DER REPUBLIK. DER WIND PEITSCHT, DER REGEN PRASSELT UND DIE FLUTWELLEN SCHLAGEN DEM SEEBäREN DIE PFEIFE AUS DER HAND. DARUM WIRD ES WOHL GEHEN AUF DEM DEBüTALBUM DER HUSUMER VIERKANT- TRETLAGER, WENN ES NUN SCHON „DIE NATUR GREIFT AN“ HEISST. DAS MöCHTE MAN DENKEN UND LIEGT WUNDERBAR FALSCH:

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Vierkanttretlager

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Page 1: Die Natur greift an!

DIE NATUR GREIFT

AN!

H E U T E E R S C H I E N E N N R 1 / 2 0 1 2 D I E G R A U E S TA D T A M M E E R

H Ü S E M / 5 4 ° / 2 9 N , 9 ° 3 O

Die hier besungene Naturgewalt ist eine weitaus weniger effektha-schende als es der Titel vermuten lässt, es ist der schleichende Tod. Die Gewissheit der zukünftigen Reue, wenn aus den jungen Männern end-lich Greise geworden sind.Der Titel beschreibt in all seinem Pathos am Ende nur die schlichte Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit. Eine Erkenntnis die typischerweise mit dem Abschluss eines Lebensab-schnitts einhergeht. Dennoch mag man nicht recht sagen, ob es jugendlicher Hochmut ist oder eine alte Seele, die die Texte der Band belebt. Das Zwiegespräch, das Sän-ger Max Richard Leßmann mit seiner Welt führt, ist ein kühles, bedachtes .

Doch immer wieder zieht ein Schleier aus Eifer und Spott über die gesetzten Worte, immer dann, wenn der Junge dem Greis ins Wort fällt.Dieser Zwiespalt zwischen Weisheit und Wut ist ebenso zentral wie der zwischen Gesellschafts- und Selbst-kritik: Soviel es auch zu hadern gibt, Vierkanttretlager fangen bei sich selbst an. Sie zücken keinen Zeige-finger, der nicht auch auf sie selbst zeigt. Sind Kläger und Angeklagte zugleich. Niemand, der hier seine Wunden leckt, bevor er sie reichlich gesalzen hat. Von Angesicht zu An-gesicht mit den Fehlern der Mensch-heit, die alle wieder unsere eigenen sind. Hier steht der jugendliche Greis zwischen Ohnmacht und Tatendrang.

Kernstück dieses Wechselspiels aus Entwicklung und Stagnation, der Menschwerdung und der Idee einer Flucht ist die dem Debüt-Album na-mensgebende Trilogie am Ende des Tonträgers. Beginnend mit „Um Schönheit zu se-hen“ setzt sie in dem Lebensabschnitt ein, in dem sich die Protagonisten be-finden. Ausgestattet mit dem Wissen und den Regeln unserer Zeit stehen sie da und beginnen sich fremd zu fühlen. All das Gerede, das ihren All-tag formt, ist zu statisch und formel-haft. Wie viel davon sind tatsächlich wir? Sie beginnen also mit winzigen Befreiungsschlägen, auf die immer größere folgen.Sie legen ab, was ihnen nicht mehr

passt, machen sich mehr und mehr los von Allem und stranden so in das nächste Stück: „Keine Menschen mehr“ erzählt von dem gescheiterten Versuch frei zu sein und wirft wieder Fragen auf . Wiegt die Notwendig-keit menschlicher Dogmen immer mehr als der unbändige Widerwillen dagegen? Ist der Schutz der Masse genug, dass man in ihr verschwinden mag? Aus der Gewalt dieses inneren Kampfes wird man zunächst in die anfängliche Stille eines Sprechstücks entlassen. Eindringlich erzählt die personifizierte Menschheit, ein un-überschaubares Wir, vom Beginn eines neuen Lebens. Schwankend zwischen der kühlen Erhabenheit der Masse und der Ehrfurcht vor diesem

Moment, weiß sie doch schon vorher, wie es nun weitergeht und weiß doch so reichlich wenig. Den neuen Men-schen in den Armen wiegend ist „Gib deinem Leben keinen Sinn“ der Leit-faden durch die noch unerschlossene Welt und gibt diesem traurigen Satz einen doch hoffnungsvollen Kontext. Nur ohne Zwang lockt der Gewinn. Greis und Junge lassen sich in einem Paddelboot über die Nordsee treiben. Denn deutlich ist eines: Es soll nichts verändert werden und das kann es auch nicht. Vierkanttretlager möch-ten die Stimme keiner Bewegung sein, Vierkanttretlager sind die Stim-me des Stillstands und der ist grau-sam und heilsam zugleich.

27/01/2012

Vierkanttretlager

Die natur greift also an im hohen norDen Der republik. Der WinD peitscht, Der regen prasselt unD Die flutWellen schlagen Dem seebären Die pfeife aus Der hanD. Darum WirD es Wohl gehen auf Dem Debütalbum Der husumer Vierkant-

tretlager, Wenn es nun schon „Die natur greift an“ heisst. Das möchte man Denken unD liegt WunDerbar falsch:

Page 2: Die Natur greift an!

„ich Denke nicht, Dass es besser WirD, also hoffe ich Doch, Dass es

so bleibt, Wie es ist.“ interVieW mit Vierkanttretlager

Vierkanttretlager sind wütend und wissen nicht warum. Sie sind sich einig und zerissen, wollen stehen bleiben und fl iehen, sind sich sicher und haben Angst. Und Vierkanttretlager wollen nieman-dem eine Stimme geben, schon gar keiner Bewegung, und da ist es doch nur konse-quent, das sie es auf ihre Art trotzdem tun. Worte über die Schönheit des Stillstands und der Hoffnung im Hoffnungslosen.

Gibt es keine Hoffnung mehr?Wir denken schon, nur neigen heute viele Men-schen aus einem Selbstschutzgedanken heraus zum Pessimismus. Die Hoffnung, die wir aber haben, ist meist eine egoistische, keine globale. Das kann natürlich schnell unangenehm sein, da erlaube ich mir lieber einige wenige Stunden Pessimismus am Tag, das ist, denke ich, gesün-der. Wenn man jetzt noch ganz launisch und fatalistisch werden möchte, könnte man auch sagen: Ich denke nicht, dass es besser wird, also hoffe ich doch, dass es so bleibt, wie es ist.

Ist das nicht auch genau der Kern-satz des Stillstandes, den ihr propagiert? Ihr sagt, er sei grausam und heilsam zu-gleich. Wenn man einmal Abstand nimmt und sich von außen ganz unkritisch betrachtet, dann ist alles gut. So schlimm wie die Dinge sein mögen, die

erlauben. An Freude ist noch niemand krank geworden. Jetzt können wir sie leicht noch grei-fen. Es gilt ja auch ein wenig Erinnerung zu sparen, für schlechtere Zeiten vielleicht. Man muss passieren lassen um glücklich zu sein. Ich wünsche mir, dass meine Kinder später dieses Lied hören und es verstehen.Dahinter steht außerdem ein fast esoterischer Gedanke: Nicht wir geben dem Leben einen Sinn, das Leben gibt uns einen. Und damit habe ich sie nun fast selbst schon, meine Sicherheit.

Im selben Lied singt ihr auch davon, diese Zeit ins Krankenhaus zu fahren.Neben einem scherzhaften Pathos steckt auch hier wieder der Finger im eigenen Fleisch. Ich bin mir völlig im Klaren, dass ich weder die praktischen noch die geistigen Fähigkeiten habe, um jemals in der Position zu sein, die Lage der Welt zu verbessern. Ich als Künstler bin also nicht mehr als ein lebender Zeigefi n-ger, um etwas anfassen zu können fehlt mir der Daumen. Ich sage also, was mir nicht passt und hoffe dann dreist, dass ein Fähiger es ändert. Außerdem tut es gut, auch auf sich selbst zu schimpfen.

„Die Natur greift an“ ist neben dem Albumtitel auch Untertitel der drei Stücke, die das Album schließen, eben auch von „Gib deinem Leben keinen Sinn“. Was be-

jeden Tag passieren, direkt betrifft uns davon kaum etwas. Natürlich entsteht auch da wieder ein innerer Konfl ikt zwischen idealistischen Gedanken und der Einsicht, dass es uns gut geht, ohne dass wir viel dafür tun. Für den den-kenden Menschen ist das schnell grausam.„Es ist schön hier zu sein, in einer Welt, die man nicht mehr ändern kann“ ist eine Textzeile aus dem Titelstück unserer zuvor erschienenen EP „Penzion Kanonir“ und vermag dieses Gefühl immer noch am besten zu beschreiben. Sie be-inhaltet nämlich neben dem negativen Grund-ton auch das Schöne. Nämlich, dass es uns gut geht. Diesen Gedanken schamlos zuzulassen, ist das was den Stillstand heilsam macht. Eben-so ist es mit der Gewohnheit, in einer gleich-bleibenden Situation vermag sie es leichter, die inneren Wunden zu schließen.

Ist „Gib deinem Leben keinen Sinn“ also ein ernstgemeinter Ratschlag?Ist er, wenn auch nicht in der allgemeinen Er-stinterpretation. Er ist kein Aufruf zur freudigen geistigen Verwahrlosung, frei nach dem Lust-prinzip. Vielmehr ist dieses Lied ein Plädoyer für die Unsicherheit. Was wir erleben ist, dass sich in unserem Umfeld viele sofort nach der Schule wieder in eine neue Form zwingen, nur um sicher zu sein. Diese Sucht nach Sicherheit besiegt jedes jugendliche Bedürfnis. Ich denke aber, es ist gut, sich auch Unwichtigkeiten zu

deutet der Titel und wie ist die Verbindung?Für mich bedeutet der Titel die Einsicht der eigenen Sterblichkeit. Es geht darum, das ei-gene Altern zu begreifen und damit auch die Endlichkeit unserer Zeit. Wenn man nun also sein Leben als winzigen Zeitabschnitt in der Geschichte sieht, entsteht auch ein Bewusst-sein der eigenen Irrelevanz. Das kann Angst machen, ist aber eben auch die Befreiung von einer riesigen Last. Die Trilogie beginnt also mit dieser Idee und im Lebensabschnitt, in dem ich mich befi nde bzw. eben noch befunden habe. Sie beginnt also damit, wie der Mensch anfängt, sich von seinen Altlasten lozulösen. Er kennt alle Regeln und weiß, was man wissen soll und fragt sich nun, ob er das will, ob er das kann. Es beginnt klein und wird immer wütender, bis er schließlich alles hinterfragt und alles ab-geworfen hat. Hier setzt der zweite Teil ein. „ Keine Menschen mehr“ erzählt davon, wie sich der regel- und formellose Mensch nach seinem Ausbruch langsam wieder an sein Menschsein gewöhnt und die Unantastbarkeit gewisser Dog-men einsieht. Das Ende der Trilogie ist dann ein versöhnliches. Der Mensch hat sich gemäßigt, doch ist im Geiste weiter frei. Der größte Kampf bleibt aber immer im eigenen Inneren. Das ist gut, das hält uns wach. „Gib deinem Leben keinen Sinn“ wird also ohne Zweifel nicht das letzte Kapitel der Geschichte sein, nicht für uns.

bild: andreas hornoff

Vierkanttretlager02

Die natur greift an Die natur greift an

Page 3: Die Natur greift an!

Ich öffne die Augen. Um Schönheit zu sehen. Der einfachste Weg. Die Welt zu verstehen. Schön ist was klar ist. Denn du weißt, dass es wahr ist. Dann suchen wir Feinde. Das unterscheiden macht es leicht. Wer allzu oft seine Hände reicht. Dem sind sie bald wund. Dann wirst du verstehen. Die Lösung selbst ist das Prob-lem. Und irgendwann greift die Natur dich an. Jetzt stehen wir oben. Und blicken hin-ab. Teilen die Einsicht. Geben jedem was ab. Schön ist, was klein ist, denn man meint, man begreift es. Wir sehen das alles ohne Abstand. Wir sind viel weiter als der Verstand. Wir haben alles verbrannt. Und tragen jetzt aus Liebe ein Sandkorn zum Strand. Doch irgendwann greift die Natur dich an. Das hab ich nicht. Das will ich nicht. Das brauch ich nicht. Das nehme ich nicht mehr. Das gebe ich jetzt her. Dort wo

wir jetzt sind. Gibt es kein Weg ohne Ziel. Die schönsten Scherben der Zeit. Bedeuten nicht viel. Wir sind erst schön sind wir komplett. Und stechen uns am Rosenbett. Muss ich das noch. Macht mich das zum Menschen. Muss ich das noch macht mich das zum Menschen. Kann ich noch zum Menschen werden. Doch irgendwann greift die Natur dich an. Das hab ich nicht. Das will ich nicht. Das brauch ich nicht. Das nehme ich nicht mehr. Das gebe ich jetzt her.

UM SCHÖNHEIT ZU SEHEN

Das Sein ist kurz. Kein Weg mehr lang. Wir hören auf neu anzufangen. Steh nie mehr still. Sag nie mehr Nein. Sei stolz genug, um Mensch zu sein. Nackt und schön und ohne Schmerz. Stich dieser Zeit mitten ins Herz. Ohne Ziel und ohne Zweck. Zieh dieser Zeit die Beine weg. Sag nie du weißt genau wohin. Gib deinem Leben keinen Sinn. Nur ohne Zwang lockt der Gewinn. Gib deinem Leben keinen Sinn. Schäm dich nicht für die Momente, die jeder liebte, wenn er könnte. Du musst nicht kämpfen. Musst

nicht schreien. Sei stolz genug, um Mensch zu sein. Sag nie du weißt genau wohin. Gib dei-nem Leben keinen Sinn. Nur ohne Zwang lockt der Gewinn. Gib deinem Leben keinen Sinn.

Nackt und schön und ohne Schmerz. Stich dieser Zeit mitten ins Herz. Ohne Ziel und ohne Zweck. Zieh dieser Zeit die Beine weg. Ohne Ziel und ohne Zwang. Zieh dieser Zeit die Ohren lang. Wir machen jetzt das Beste draus. Fahren diese Zeit ins Krankenhaus.

GIB DEINEMLEBEN KEINEN

SINNDie natur greift an iii

Die natur greift an ii

„Wird aus diesem Weltfest des Todes ... einmal die Liebe steigen?“ – so pathetisch durften früher noch Romane enden. Hans Castorp, Held des Mann’schen Zauberbergs, vormals Hanseat und Flachlandbewohner, erhält Zutritt zur elitär-liederlichen Welt eines im Schweizer Hochland gelegenen Lungensanatoriums und wird zwar nicht gesund, dafür aber Mensch. Weil er, dem Getriebe und den Ablenkungsmanövern des Alltags gänzlich enthoben, die Endlichkeit meditiert und sich Fragen stellt. Sich angreifen lässt. Sich ausliefert (und immer wieder seine Temperatur misst).

Die Natur greift an: Wer heute, knapp hundert Jahre später, eine solche Parole aus-gibt, kann/darf/sollte es auf keinen Fall ernst meinen (ob Flachlandbewohner oder nicht). Denn nichts liefert uns so zwangsläufi g dem all-gemeinen Spott aus, wie das überspannte An-sinnen, es tatsächlich und allen Ernstes ernst zu meinen. An die versunkenen Ideologien und weltanschaulichen Grabenkämpfe vergangener Zeiten ist längst (seit Harald Schmidt? Pocher? Tocotronic?) die Alleinherrschaft der ironi-schen Brechung getreten. Die Diktatur der Dis-tanzierung. Deswegen sind Kraftklub cool. Und Vierkanttretlager?

Die sehen das alles „ohne Abstand“ – also unironisch. Sie trauen sich sogar mitten hinein in die riskanten Manöver existentieller

Selbstbeschreibung und -verortung: Die Paro-len veraltet, die Rebellion verpasst, alles Erns-te schon von anderen verbraucht, verprasst. Ein deprimierender Befund, der nur scheinbar ins erlösend-opportune Lachen überführt wird.

Denn das, was jedes Kind weiß, ist am Ende doch nur biederes und braves Flachlandwissen. Die Penzion Kanonir aber wird von dünnerer Luft umweht.

Schön bei Youtube fi nde ich die Statis-tiken. Zum Beispiel darüber, von welcher Al-tersgruppe ein Video vorrangig geklickt wird. Dass „Schluss Aus Raus“ (ein von damals noch 16-jährigen performtes Stück) hauptsächlich bei 35-44-jährigen Männern auf Interesse sto-ßen konnte (gefolgt von den 13-17-jährigen

mit Rio Reiser, Element of Crime (ja, damals schon), Einstürzenden Neubauten und – seien wir ehrlich: Billy Bragg groß geworden sind. Und die, weil man mit Ernsthaftigkeit früher noch die Frauen beeindrucken konnte, den Zau-berberg einmal fast ganz durchgelesen haben.

Das mit Billy Bragg ist ein bisschen unfair, weil Vierkanttretlager ja keine anstrengenden Welt-verbesserer sind und sein wollen (nicht obwohl, sondern eben weil sie ernsthaft sind). Eher schon stehen sie in der Tradition eines Nihilis-mus, der, weil er sich selbst längst erkannt hat, sich vor nichts mehr fürchtet, als davor, sich am Ende noch bestätigt zu fi nden. Von hier aus kann man sich in die Pose fl üchten (Wodka! Kotzen! Coolness!) oder Haltung annehmen. Und dann aus Liebe ein Sandkorn zum Strand tragen.

Mädchen, gefolgt von der 18-24-jährigen Tar-getgroup) muss doch zu denken geben. Nicht nur dem Management (das natürlich nacharbei-ten muss). Offenbar spricht die Leßmann’sche Poesie all jene besonders an, die vor 20 Jahren

Zupfe ich das Unkraut aus. Und die Mi-nuten, die mich quälen. Schicke ich zur Tür hin-aus. Hallo Nacht. Schreit es aus meinem Fenster Und die Nacht schreit wieder einmal nicht zu-rück. Hallo Stadt ohne Gesicht. Draußen hinter der Gardine. Scheint ein viel zu helles Licht All die Träume die WIR hatten. Nur die Sonne sah ich nicht. Hal-lo Nacht. Schreit es aus meinem Fenster

Und die Nacht schreit wieder einmal nicht zurück. Hallo Stadt ohne Gesicht. Wer sieht mich weinen. Wenn du gehst. Hal-lo Nacht . Schreit es aus meinem Fenster Und die Nacht schreit. wieder einmal nicht zurück Hallo Hallo. Nur die Sonne sah ich nicht.

NUR DIESONNE

hier im Vorhof meiner seele

ÜBER VIERKANTTRETLAGER 01

Vierkanttretlager. Der Name begegnete mir erstmalig – in Musikerschätzungsbemü-hungen gerechnet – vor anderthalb bis 2 Jah-ren. Wir bekamen damals eine Supportanfrage der jungen Kollegen, die seinerzeit vermutlich noch Probleme wie Erste-Stunde-Bio oder Der-Hund-hat-die-Hausaufgaben-vernascht

plagten, anstelle von Knebelverträgen oder Schlagzeugsoundchecks. Nichtsdestotrotz, wir hörten rein und lehnten ab. Zugunsten der Band, nicht aus Kostverächtung! Dazu mehr im Spätergedruckten. Es begab sich ein (eventuel-les) dreiviertel bis einviertel Jahr später, ich traf mich völlig unvorbereitet mit Freunden im Ber-liner Comet-Club, um einem Auftritt der Jungs bei Pfeffi und guter Laune beizuwohnen. Kurz nach Beginn, blieb uns beides im Halse stecke. Wieder zugunsten der Band, erneut nicht aus Kostverächtung! Wir stecken in einer Gene-ration fest, der gerne vorgeworfen wird, nichts mehr mit Ernsthaftigkeit zu betreiben, von einer Party zur nächsten zu hetzen und deren einziges

Probleme es ist, wer denn jetzt eigentlich das verdammte MDMA eingesteckt hat. Was uns da von der Bühne entgegenschmetterte, musste also das logisch-konsequente Yang sein, das diesen Eindruck wieder ins Gleichgewicht schaukelt.

Aktion - Reaktion. Anstatt unbeschwerter Ju-venilität, die Herren in diesem Alter eigentlich völlig selbstverständlich ausleben dürften, reißt uns eine Welle an unerwarteter Tiefgründigkeit mit an den Abhang. Was ist da passiert? Was haben diese jungen Menschen erleiden müs-sen? Und warum? Und warum besaß ich in die-sem Alter nicht diesen Hang zu unverbrauchter, spielerischer Musikalität? Ja, es ist in gewissen

Sinne unfair, alles an dem Alter der Musikanten festzumachen, es liegt nur so nahe! Aber als alte Männer und/oder Frauen hätten sie mir auch gefallen! Ebenso schwer ist es, nicht die Floskel vom ungeschliffenen Rohdiamanten zu verwen-den. Zu spät. Aber bitte bewahrt euch GENAU DAS! Jede Unreinheit, jede Verformung steht euch einfach so gut! Wir hätten euch übrigens trotzdem nicht mitgenommen. Und ich mag euch sehr gerne! Aber wir gehören samt Publi-kum leider zu den Hedonisten! Und das wollen wir uns doch bitte noch ein wenig bewahren!

Es liebt euch, Christoph

christoph Deckert

OPUS INCIPIT / NILS KIESBYE, PASTOR IN HH-ALTONA/ST. PAULI

ABSCHIED VOM FLACHLAND

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neue erkenntnisse Zum maYa-kalenDer

interVieW mit g.gore

In jedem seiner milden Blicke spiegelt sich das Leuchten unserer Augen. Er steht an keiner Kreuzung mehr. Jetzt ist er Mensch mit jeder Faser. Das macht uns keinen Kummer. Wir wissen, was es hier zu se-hen gibt. Wir sehen dann zu, wie er stirbt. Wir sehen dann seinen Kopf, der eben erst aus der Mutter ragt. Wie er nimmt, im Zweifel fallen lässt. Er formt die Welt durch sein Vergessen. Ihn lenkt nur das Licht. Und wenn er dann, wie selten spricht, sind es unsere Worte.

VON MENSCH ZU MENSCH

Als ich geboren wurde, wusste ich wenig von der Welt und das hat sich geändert. Ich weiß zu viel, um glücklich zu sein. Kinderlachen ist nicht von unge-fähr schön, auch wenn mich dieser ganze Mist mit der weißen Weste nicht kratzt. Kinder sind tot, wenn sie Mensch werden und Menschen sind tot, wenn ihnen das Menschsein zu viel geworden ist, so oder so. Das Kind stirbt zuerst, wie heißt es, die Zeit heilt alle Kin-der. Ein Scherz, der traurig macht.

ein scherZ,Der traurig

macht

feat. Mathias Reetz, der neuen Stimme von blackmail!

„Wunderschöner, melancholischer Indie-Rock, der diese kleinen Alltagsgefühle, die jeder passionierte An-Die-Wand-Starrer kennt, ganz

groß auswalzt! Ein wirklich tolles Album!“ (Ingo Donot)

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APRIL 1́2!

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Husum. So stellt man sich eine der kenntnisreichsten und umtriebigsten Ar-chäologinnen vermutlich nicht vor. Die mehrfach für den Nobelpreis nominier-te Georgia Gore wirkt ruhig, man merkt ihr die Anstrengungen der weiten Reise nicht an, als sie den Raum betritt: eine etwas unterkühlte ältere Dame im An-zug, sie sieht ein bisschen so aus, als könnte sie die Sparkasse nebenan leiten. Um so überraschender die bahnbrechenden Erkenntnisse, die sie im Gepäck trägt. Ge-laden sind einige ausgewählte Journalisten der Fachpresse. Die Pressekonferenz ver-läuft geradezu unangemessen ruhig, was an der umsichtigen Auswahl der Gäste lie-gen mag.

Frau Gore, Sie sagen, dass Sie auf neue Dokumente gestoßen sind, die die ge-genwärtige Diskussion um den Maya-Ka-lender in neuem Licht erscheinen lassen?In der Tat habe ich es geschafft, den bisher als ‚das Rätsel von Belize‘ bekannten Text in sei-ner Gesamtheit zu übersetzen, der als Schlüssel insbesondere für das Maya-Datum 13.0.0.0.0 gilt. Deswegen bin ich auch in Deutschland. Es haben sich nämlich einige Fragen ergeben.

Sie meinen den 23.12.2012 nach unse-rer Zeitrechnung?Auch da gibt es neue Erkenntnisse. Neuesten Messungen zufolge handelt es sich bei dem Da-tum 13.0.0.0.0 eigentlich um den 27.1.2012. Das hat etwas mit der ziemlich komplexen

tur‘, die ‚angreift‘, was viele Forscher als Be-schreibung einer Katastrophe interpretieren. Interessanterweise legt die Lektüre der ge-samten Schrift eher den Schluss nahe, dass die Maya damit die bestmögliche der Ent-

Art Reliquie, nicht um die konkrete Natur. Das entgegengesetzte, negative Szenario zeichnet eine Figur, wie sie in der abendländischen Kultur als die Ankunft Satans auf Erden beschrieben wird. Können Sie das noch näher erläutern?Zum Teil, ja. Das Negativszenario haben wir bereits größtenteils entschlüsseln können. Es gibt in der Schrift eine sehr detaillierte Be-schreibung zweier Lebensläufe, die unser Com-puter als identisch mit dem zweier Personen ermittelt hat: Sarah Connor und Xavier Naidoo. In einem weiteren Punkt ist die Quelle eben-falls eindeutig: sollten diese beiden sich paaren und einen gemeinsamen Sohn zur Welt bringen, sei das Schicksal der Menschheit besiegelt. Es handelt sich hierbei um die eben erwähnte Satansfi gur, die bei den Maya übrigens mit den Mannheim-Koordinaten assoziiert ist.

Das wird aber nun nicht bis zum 27.1. passieren.Genau deshalb bin ich hier. Es ist näm-lich noch nicht klar, was passieren wird, wenn der Satan nicht auf Erden erscheint. Bisher scheint nur eindeutig, dass die Maya für diesen Fall die Rettung der Welt annehmen. In welcher Verbindung dazu wiederum die Husum-Koordinaten und die erwähnte Reliquie stehen, nun, ich hoffe, dass ich es hier vor Ort klären kann.

Vielen Dank für das aufschluss-reiche Gespräch.Da nich für.

Schaltjahr-Rechnung des frühen Mittelalters zu tun.

Die Maya haben das Ende der Welt also schon für diesen Januar vorhergesagt?In diesem Punkt muss ich Sie zum Glück enttäuschen. Aus der von mir übersetzten Schrift geht hervor, dass es sozusagen zwei Voraussagen für das fragliche Datum gibt. Klar ist, dass es am 27.1.2012 zu einem Wen-depunkt kommen wird. An diesem Punkt wird der Text allerdings schwer interpretierbar. Weiterhin klar scheint, dass Ereignisse im heutigen Deutschland dabei eine gewisse Rolle spielen. Es sind zwei Koordinaten an-gegeben, die einerseits Mannheim und an-dererseits Husum bezeichnen. Das Prinzip der Prophezeihung ist reziprok exklusorisch.

Das sollten Sie unseren Lesern etwas ge-nauer erklären.Als reziprok exklusorisch bezeichnen wir eine Weissagung, wenn sie zwei mögli-che Szenarien enthält, die nach bestimm-ten Gesetzmäßigkeiten eintreten kön-nen, sich jedoch gegenseitig ausschließen. Es ist ja in dem bisher übersetzten Frag-ment der Steintafeln die Rede von der ‚Na-

wicklungen bezeichnet haben, auch wird klar, dass es sich eher um ein Symbol handelt, eine

georgia gore

„Das negatiVsZenario haben Wir bereits gröss-�tenteils entschlüsseln können.“

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Page 6: Die Natur greift an!

25./26. mai 2012

i m m e r g u t r o c k e n . d e

karten gibts beiimmergutrocken.de

taketix.de undeventim.de

h e r z l i c h w i l l ko m e n :h e r z l i c h w i l l ko m e n :

„Natur spielt immer eine Rolle. Wir als Fischer müssen auch mit der Natur arbei-ten. Wir können auch nicht gegen die Natur arbeiten, also nee. Wir müssen schon mit der Natur arbeiten. Sonst würden wir ja an und für sich unseren eigenen Ast abschnei-den. So seh ich das.

Wenn ich dann in der Husumer Zeitung lese, nach Aufzeichnungen des Wetteramtes Schles-wig, das Wetter von vor 100 Jahren. … Und wenn ich das lese, dann war vor 100 Jahren das Wetter genau so gut und genau so schlecht wie heute. Auch jetzt in der letzten Zeit mit dem Regen und so weiter. Das haben wir vor 100 Jahren genau so gehabt. Auch im Sommer. Es mag vielleicht hier und da Veränderungen ge-ben und das kann man wohl auch nicht weg dis-kutieren, aber ob das jetzt so gravierend ist ...“

„Für Wattführer gibt es immer ein Zitat vom Theodor Storm, was den ganzen Le-bensraum hier sehr schön beschreibt:

Ich höre des gärenden SchlammesGeheimnisvollen Ton,Einsames Vogelrufen -So war es immer schon. (auszug aus theodor storm, meeresstrand)

Das ist so vor allem wenn man im Herbst oder Frühjahr aufm Watt steht. Da sind die Muscheln und die Krebse und die Würmchen die so im Schlick rum matschen. Das hört man als Watt-knistern, so nennt man das. Das hat Theodor Storm damals auch schon gehört. Und dieses Wattknistern ist auch noch da. So war es immer schon. Es wird nicht immer alles unverändert bleiben, aber im Großen und Ganzen ist die ganze Landschaft hier schon etwas ruhiges und beständiges.“

fischer / rentner biologe / Wattführer

fiete paulsen

rainer borchalig

lanDstreicher booking grüsst

Vierkanttretlager!

WWW.lanDstreicher-booking.De

„Früher sind die Kinder im kleinen Al-ter mit gesegelt mit ihren Eltern und ha-ben gesurft mit nem Opti, heute surfen sie auf dem Computer. Das ist ein Problem.

Die Ostsee ist für mich auch ein Meer, aber für mich ist die Nordsee das Meer. Das kann ich nicht begründen, aber es ist so. Man redet immer über gute alte Zeiten, aber in 50 Jahren denke ich mal, da redet man über diese Zei-ten. Ich glaube nicht mich entsinnen zu kön-nen, dass wir so viele Überfl utungen im Süden oder im mittleren Bereich Deutschlands früher hatten wie in letzter Zeit. Mit Sicherheit nicht. Mein Motto ist : Ich lebe heute und nicht mor-gen. Man muss das Leben heute genießen. Wer weiß, was morgen kommt und zurückgucken? Es waren immer die guten alten Zeiten und spä-ter waren dies die guten Zeiten und so geht das immer weiter. Da führt kein Weg dran vorbei.“

ehe. fischerlaDen-besitZer

Werner thomson

Wir Fischer, wir schützen unsere Natur selber. Wir leben von der Natur und wir schützen unsere Natur.

Wir haben wohl bemerkt, dass die Stürme mehr werden. Und man entdeckt schon mal die ein oder andere Art, die hier nicht heimisch ist … Ich denke, die kommen auch, weil das Wasser wärmer wird. Dann können die sich ja auch ent-falten, ne.

besitZer kutter cornelia

Jan-erich merchsdorf

STIMMEN IM WIND

Vierkanttretlager06

Die natur greift an Die natur greift an

abheutsindwirnichtmehralleine

www.niila.de

DEBUT-ALBUMVERÖFFENTLICHUNG: 27.01.2012

Page 7: Die Natur greift an!

w i r s i n d v o r b e id a s n e u e a l b u m

09.03.12www.pias.com /de

www.ennobunger.de

Wir schliessen ab mit unserer Zeit

Wir trafen uns, als wir gerade auf dem Weg waren. Auf dem Weg nämlich von klein zu groß und als wir uns trafen waren wir ungefähr auf der Mitte. Wir dachten uns nichts, wir traten Türen auf Kindergeburtstagen ein, wir waren Freun-de. In der Pause standen wir im Ruderraum und warfen uns mit halbem Herzen gegen die Wän-de, auch hier war manchmal eine Tür im Weg. Die Eltern und die Haftpfl icht-versicherung sahen uns das nach.

Wir lebten in einer kleinen Stadt, die umgeben war von vielen kleinen, die eigentlich noch zu ihr gehörten. In diese Dörfer fuhren wir im Sommer, wir tranken unseren ersten Weinbrand und schrien Schafe an. Es ist seltsam, wenn ich sage, weit habe ich nicht gedacht, da damals. Es durfte viel passieren, warum war fast egal. Ja, ich sag-te das, wir dachten uns nichts. In der Schule saßen wir jetzt zusammen, was den einen von der Arbeit abhielt und den anderen überhaupt

erst dazu brachte morgens aufzustehen. Dann machten wir Musik. Die falschen Freunde lachten über uns, die richtigen standen mit warmen Wangen vorn. Was langsam kam und plötzlich schnell, war der erste kleine Ab-schied von der Stadt. Wir mussten gehen, um gesehen zu werden. Nun die ersten Schritte aus dem goldenen Käfi g, der Kleinstadt heißt. Und golden war er deshalb: Die gierigen Mö-wen, die Rentnerbusse, Krokusse, kollektiv schön. Die Futtermehltürme, der Strand aus Asphalt, die Schafe mal nackt und mal wollig. Die Matjes-Krabben-Krokusse und Lammprin-zessinnen und die Hoffnung, dass sie diesmal schöner ist. Die zwei Diskotheken und der Im-biss davor. Alle Imbisswirte, die wir auffangen würden, fi elen sie von der Leiter. Die Stunden da weg, die Stunden dahin. Und jedes Jahr 5 neue Mühlen. Und jetzt, da es romantisch wird, darf ich den Himmel nennen. Den Himmel über Husum. Wir werden ihn vermissen.

Vierkanttretlager

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Die natur greift an Die natur greift an

ÜBER VIERKANTTRETLAGER 02

HOOLIGANS

„Alles sieht besser aus, wenn man nicht hinsieht...“ Das ist beruhigend zu sehen, dass es Musiker in Deutschland gibt, die dann doch hinsehen, den Finger in die Wunde legen & sich hören lassen. Das Land braucht zornige, junge Männer. Das Getriebe läuft rund, auch wenn es hier & da gewaltig knarzt & kracht.VIERKANTTRETLAGER machen laute Mu-sik mit Bildern aus Worten, die nachhallen.

michy reincke

mit casper

Die weiße Fahne im Gepäck. Findet sich ziellos schnell ein Weg. Und der Zufall küsst uns beiden auf die Stirn. Und wir ergeben uns. In diesen einen Augenblick Wo Wut und Zwei-fel sich entwirren.

Und die Hooligans aus Nr.10 Die singen ihr trauriges Lied. Sie singen Ihr könnt nach Hause gehen. Wenn wir wüssten wo das liegt. Dahinten hinterm Park. Beginnt mein Lieblingsteil der

Stadt. Dort wo die Einsamkeit die schönsten Farben trägt. Da sehen wir uns im Neonlicht. An den verschlossenen Türen satt. Und sind so froh noch kurz davor zu sein.

Und die Hooligans aus Nr. 10. Die sin-gen ihr trauriges Lied. Sie singen Ihr könnt nach Hause gehen. Wenn wir wüssten, wo das liegt. Der Autokorso singt es laut. Du kommst und rettest mich. Und es schallt aus jedem Haus. Bitte vergesst mich nicht

Und die Hooligans aus Nr. 10. Die singen längst nicht mehr.Sie würden selber gerne nach Hause gehen. Wenn sie wüssten wo das wär.

Page 8: Die Natur greift an!

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27.03 .2012 G I ESSEN/MUK

28 .03 .2012 DORTMUND/FZW

31.03 .2012 LÜBEC K/R IDERS C AFE

10 .04 .2012 POTSDAM/WASC HHAUS

11.04 .2012 L E I PZ IG/NEUES SC HAUSP I E L

12 .04 .2012 NÜRNBERG/S TEREO

13 .04 .2012 MÜNC HEN/59 :1

14 .04 .2012 S TUTTGART/KE L L ER K LUB

15 .04 .2012 BAYREUTH/GL ASHAUS

16 .04 .2012 FRANKFURT/PONYHOF CLUB

19 .04 .2012DRESDEN/GROOVES TAT ION

21.04 .2012 BER L IN/HBC

18 .05 .2012 MANNHE IM/

MAIFE LD DERBY19 .05 .2012 B I E L E FE LD/

LE INEWEBER MARK T20 .07.2012 CUXHAVEN/

DE IC HBRAND FES T IVAL04 .08 .2012

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