die möglichkeit einer objektiven messung der stärke von gefühlen

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Psychologische Forschung 26, 75--90 (1960) Aus dem Institut fiir Psychologie der Universit~t Marburg a. d. Lahn (Direktor: Prof. Dr. H~i~Ic~ Di)KEI~) Die Miiglichkeit einer objektiven Messung der St~irke yon Gefiihlen Von WERNER TRAXEL ~it 3 Textabbildungen (Eingegangen am 19. September 1959) In einer frfiheren Untersuchung (T~Ax~L 1959) fandeu wit eine quantitative Beziehung zwischen Gefiihlen und einer ihrer kSrperliehen Begleiterseheinungen, der Veriinderung des elektrischen Hautwiderstan- des, die als psyehogalvanisehe Reaktion (abgekfirzt PGR) bezeichnet wird. Diese Beziehung besteht darin, dab der Merklichkeitsgrad des Unterschieds der Geftihlsbetonung zweier Reize mit der GrS•e der Differenz der ihnen zugeordneten Hautreaktionen kovariiert. Es war daher mSglieh, eine Unterschiedsschwelle fiir Geffihle (in Einheiten des physisehen Korrelats) zu bestimmen, und es konnte auf diesem Weg gezeigt werden, da~ emotionales Gesehehen psyehometriseher Behand- lung zug~nglieh ist. Wir konnten uns demnaeh die weitere Aufgabe stelleu, aus einer grSi3eren Zahl yon experimentellen Ergebnissen eine Ma~einheit ffir Gefiihle abzuleiten. Unsere Bemfihuugen um die LSsung dieser Aufgabe sind im folgenden besehrieben. Unser Ziel war es zun~ehst, den Ver~nderungen des Hautwider- stands eine sog. Intervallskala ffir die Intensit~t yon Gefiihlen zuzu- ordnen. Eine Intervallskala hat bekanntlieh die Eigenschaft, dal~ gleiehe Skalenabst~nde gleiehen GrSl3eniinderungen der gemessenen Variablen entsprechen, sie besitzt jedoch keinen oder nur einen willkfirlich ge- w~hlten Nullpunkt (Beispiel: Temperaturskala in ~ Daher entspre- chen nicht aueh gleichen Verhs yon SkalengrSi~en gleiehe GrS~enverh~ltnisse der gemessenen Variablen, wie dies ffir die sog. Ver- hs (Beispiele: L~ngenma~e, Fechnersches Gesetz) gilt. Eine IntervallskMa kaun in eine Verh~ltnisskMa umgewandelt werden, wenn der Nullpunkt der Variablen bekanut ist. 1. Methodik Wenn es m6glich ist, eine Intervallskala fiir die St&rke emotionaler Ver~nderungen zu bestimmen, so kann sie -- ebenso wie die Unter- schiedsschwelle ffir Geffihle -- aus Vergleichsurteilen gewonuen werden. Psychologische Forschung, ]~d. 26, 6

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Page 1: Die Möglichkeit einer objektiven Messung der Stärke von Gefühlen

Psychologische Forschung 26, 75--90 (1960)

Aus dem Institut fiir Psychologie der Universit~t Marburg a. d. Lahn (Direktor: Prof. Dr. H~i~Ic~ Di)KEI~)

Die Miiglichkeit einer objektiven Messung der St~irke yon Gefiihlen

Von

W E R N E R TRAXEL

~it 3 Textabbildungen

(Eingegangen am 19. September 1959)

In einer frfiheren Untersuchung (T~Ax~L 1959) fandeu wit eine quantitat ive Beziehung zwischen Gefiihlen und einer ihrer kSrperliehen Begleiterseheinungen, der Veriinderung des elektrischen Hautwiderstan- des, die als psyehogalvanisehe Reaktion (abgekfirzt PGR) bezeichnet wird. Diese Beziehung besteht darin, dab der Merklichkeitsgrad des Unterschieds der Geftihlsbetonung zweier Reize mit der GrS•e der Differenz der ihnen zugeordneten Hautreakt ionen kovariiert. Es war daher mSglieh, eine Unterschiedsschwelle fiir Geffihle (in Einheiten des physisehen Korrelats) zu bestimmen, und es konnte auf diesem Weg gezeigt werden, da~ emotionales Gesehehen psyehometriseher Behand- lung zug~nglieh ist. Wir konnten uns demnaeh die weitere Aufgabe stelleu, aus einer grSi3eren Zahl yon experimentellen Ergebnissen eine Ma~einheit ffir Gefiihle abzuleiten. Unsere Bemfihuugen um die LSsung dieser Aufgabe sind im folgenden besehrieben.

Unser Ziel war es zun~ehst, den Ver~nderungen des Hautwider- stands eine sog. Intervallskala ffir die Intensit~t yon Gefiihlen zuzu- ordnen. Eine Intervallskala hat bekanntlieh die Eigenschaft, dal~ gleiehe Skalenabst~nde gleiehen GrSl3eniinderungen der gemessenen Variablen entsprechen, sie besitzt jedoch keinen oder nur einen willkfirlich ge- w~hlten Nullpunkt (Beispiel: Temperaturskala in ~ Daher entspre- chen nicht aueh gleichen Verhs yon SkalengrSi~en gleiehe GrS~enverh~ltnisse der gemessenen Variablen, wie dies ffir die sog. Ver- hs (Beispiele: L~ngenma~e, Fechnersches Gesetz) gilt. Eine IntervallskMa kaun in eine Verh~ltnisskMa umgewandelt werden, wenn der Nullpunkt der Variablen bekanut ist.

1. Methodik

Wenn es m6glich ist, eine Intervallskala fiir die St&rke emotionaler Ver~nderungen zu bestimmen, so kann sie - - ebenso wie die Unter- schiedsschwelle ffir Geffihle - - aus Vergleichsurteilen gewonuen werden.

Psychologische Forschung, ]~d. 26, 6

Page 2: Die Möglichkeit einer objektiven Messung der Stärke von Gefühlen

76 WE~NE~ TRAX~L:

Wir konnten daher zum Teil auf schon vorliegendes Material zuriick- greifen, aus dem die Unterschiedsschwelle best immt worden war.

Die Methodik der Versuche, auf denen diese Ergebnisse beruhten, wurde bereits an anderer Stelle in dieser Zeitschrift eingehend geschildert (T~Ax~L 1959). Den Vpn. wurden je 20 Reizwortpaare optiseh dar- geboten. Es wurde den Vpn. gesagt, dal~ ihre Aufgabe darin bestehe, die einzelnen WSrter auf sich wirken zu lassen und je zwei aufeinander- folgende zu vergleichen und zu beurteilen, bei welehem yon beiden die grSl3ere ,,geftihlsms Wirkung eingetreten sei und dab es dabei gleichgfiltig sei, ob ein angenehmes oder ein unangenehmes Geftihl erlebt wurde. I m Zweifelsfall sollte das Urteil ,,Gleich" abgegeben werden. Es wurde betont, dal~ das Urteil nieht auf ,,verstandesms Er- ws sondern nur auf dem jewefls im Augenblick der Darbietung erlebten Gefiihl beruhen diirfe. Ferner wurde die Vp. gebeten, ihr Urteil erst dann abzugeben, wenn das zweite Wort jedes Paares wieder vom Bildschirm versehwunden war. Jedes Wort wurde 7 see gezeigt. Gleich- zeitig wurden die dutch die Darbietungen ausgelSsten Hautwiderstands- reaktionen mit dem yon uns andernorts (TgAxEL u. B]~C~E~ 1957) besehriebenen Gers in Direktschreibung registriert.

Zu dem aus Versuchen yon E. REINttARDT hervorgegangenen Material kam eine etwa ebensc grol]e Zahl yon Ergebnissen hinzu, die yon I~GRID SEID]SL in Versuehen nach der gleichen Methodik gewonnen worden waren. Insgesamt standen uns aus Versuehen mit 80 mgnnliehen Vpn. (Studenten) 1512 Urteile und eine ebenso grol~e Anzahl yon l~eak- t ionspaaren zur Verffigung. Ein kleiner Teil der Reaktionen ging dureh StSreinflfisse (Bewegungen, Husten der Vp. u. dgl.), einige aueh dureh ein Aussetzen des MeBgergts verloren.

2. Ergebnisse

a) Grundlagen der Auswertung. Zur Auswertung wurde die AmplL rude der Hautwiderstandss ausgedrtickt in Promille yore Aus- gangswiderstand (,, Grundwiderstand" ), verwendet. DieDauer der Wider- stands~nderung wurde in dieser Untersuchung also nicht berficksichtigt. Die Urtefle der Vpn. waren ,, GrSl~er"-, ,,Kleiner"- oder ,, Gleieh"-Urteile, je nachdem ob das erste oder das zweite geizwort oder keines yon beiden die grSl~ere Geftihlsbetonung besal~.

Bei Versuehen naeh der Methode des Paarvergleichs odor naeh dem ihm verwandten Konstanzverfahren ist es tiblich, jede Reizkombination in gleicher Hgufigkeit zur Beurteilung darzubieten. Bei den hier be- schriebenen Versuehen ist ein angloges Vorgehen nicht m5glieh, da wir nicht ReizgrSl~en, sondern physische t~eaktionen zur Verfiigung h~ben. Die l~eaktionsgr51~en lassen sieh nicht wie t~eize oder anderes vor- gegebenes M~teriul im voraus bestimmen, sondern sie rafissen so ver-

Page 3: Die Möglichkeit einer objektiven Messung der Stärke von Gefühlen

Die MSglichkeit einer objektiven Messung der Stgrke yon Gefiihlen 77

wertet werden, wie sie gerade anfallen. Hinsichtlieh der H~ufigkeit der auftretenden GrSl3en, auf die sich die Urteile beziehen, ist daher nicht mit einer Gleichverteilung, sondern mit irgendeiner Zufallsverteilung zu rechnen.

Arts diesem Grund werden die einzelnen Felder einer zur Answertung der Paarvergleiche erstellten Matrix mit sehr unterschiedlichen Hgufig- keiten besetzt sein. I m fibrigen k6nnen aber die Ergebnisse nach der fiblichen Auswertungsmethode ffir den paarweisen Vergleich behandelt werden.

Es wurde zun~chst eine Matrix hergestellt, in der jedes Urteil den beiden ibm zugehSrigen P G R n zugeordnet war. Auf der Waagreehten wurde die GrSl3e der ersten PGR, anf der Senkrechten die der zweiten aufgetragen. Die Gr513e der Widerstands~nderungen lag zwischen 0 und 48O/oo . Die Intervalle wurden in Zeilen und Spalten der Matrix im Bereieh yon 0 bis 10~ in 0,1~ geteilt,im Bereich yon fiber 10~ ersehien eine Intervallbreite yon 1~ ausreiehend. Es entstand so eine Matrix yon 150 • 150 Feldern. Jedes Urteil wurde dann in das ihm entspre- ehende Feld eingesetzt 1.

Bei 1512 Urteflen bleiben natfirlieh die meisten Felder unbesetzt. Dennoch sehien es notwendig, eine in so kleine Intervalle aufgegliederte Matrix zu besitzen, u m b e i sp~tteren Transformationen der Ma•zahlen prazise Grenzen ffir neue Intervallbildungen vorzufinden.

Die relativen Hautwiderstands~nderungen sind in ihrer tt~ufigkeit so verteilt, dab die kleinsten Werte am zahlreichsten auftreten und die grSl3eren fortsehreitend seltener werden. Die in der Matrix verzeiehneten Urteile h~ufen sich demgem~13 bei den geringen PGR-Werten, w~hrend die den gro~en PGRn entsprechenden Felder nur mehr mit ganz wenigen Urteilen besetzt sind. Es ist daher nieht mSglich, die Matrix in dieser Form auszuwerten, und zwar aueh dann nicht, wenn man jewefls eine gleiche Anzahl yon Intervallen zusammenfal3t, denn aus den letzten Intervallen wiirden sieh keine brauehbaren Schatzungen fiber die Ver- hs der Urteilsarten gewinnen lassen. Wir sind daher schon vor jeder weiteren Auswertung gezwungen, die Mal]zahlen zu transformieren, um aus den damit crhaltenen neuen Werten eine auswertbare Matrix zu bilden.

I m fibrigen ist aus der Matrix aueh zu entnehmen, dal3 mit einer linearen Beziehung zwischen relativer t tautwiderstandsanderung und Geffihlsst~rke ohnedies nicht zu rechnen ist, denn in waagreehter Rich- tung nehmen yon den geringen naeh den hohen PGR-Werten bin die ,,GrSBer"-Urteile auf Kosten der ,,Kleiner"-Urteile augenscheinlieh in einem anfangs sehr starken, aber sogleieh geringer werdenden Ma~ zu,

1 Die Matrix wurde yon tterrn cand. phil. D. TI~Elz angefertigt, dem der Verfasser ftir seine gewissenhafte Arbeit dankt.

6*

Page 4: Die Möglichkeit einer objektiven Messung der Stärke von Gefühlen

78 WERNER TRAXEL:

w/~hrend in senkreehter l%ichtung entsprechendes fiir die relative Zu- nahme der , ,Kleiner"-Urteile zu bemerken ist. IIieraus ergeben sieh aueh bereits best immte Vermutungen fiber die Art der bestehenden Beziehung.

b) Ergebnis einer logarithmischen Transformation der MaBzahlen. Im Hinblick auf die Verteilungsform der PGI~n und im Gedanken daran, dab das Fechnersche Gesetz m6glicherweise auch fiir die Beurteriung yon Ge~fihlen grit, nehmen wir zuni~chst eine logarithmische Transfor- mation der urspriinglichen PGR-GrSI3en (X) vor. Die Geltung dieses Gesetzes ffir den Zusammenhang zwischen (lustbetonten) Geffihlen und der GrSl3e der P G R ist schon friiher einmal yon LI~DE (1930) beh~uptet worden, ohne dal3 indessen seine Methode und die Ergebnisse diesen Schlul3 zugelassen hs

Fiir die neue Mal3zahl (X') setzen wir fest:

X '~- log ( 1 0 X + 1).

Durch die Multiplikation der alten Mal3zahlen mit 10 und Addition yon 1 erreichen wit, da~ nur ganze Zahlen zu transformieren sind und da~ eine Hautwiderstands~nderung yon der Gr513e 0 auch im neuen System diese GrSl3e erh~lt.

Die neuen MaGzahlen X ' liegen zwischen 0 und 2,8. Wenn wir 0,35 als Intervallgr6i~e nehmen, verterien sich die Zahlen X ' auf 8 Intervalle.

Es ergibt sich somit eine neue, Matrix yon 8 • 8 Feldern. Der Auf- bau dieser Matrix entspricht ganz dem der alten, doch enths jetzt jedes Feld eine grSl3ere Anzahl yon Urterien. Nut in den Feldern, die dem achten Intervall zugehSren, stehen auch jetzt nnr sehr wenige Ergebnisse. Wit lassen daher dieses letzte Intervall unberiicksichtigt, und es verbleibt eine Matrix yon 7 • 7 Feldern, die 1459 Urteile ent- halt , ffir die weitere Auswertung.

In der Waagrechten ist wie zuvor die Gr613e der ersten l~eaktion ~ufgetragen, in der Senkrechten die der zweiten. Es kommt nun darauf an, festzustellen, wie sich das Verhi~ltnis der Urteriskategorien ,,Gr613er" und ,,Kleiner" mit den Unterschieden zwischen den PGl~-GrSi~en ver- /~ndert. Es interessiert dabei nicht, welche l~eaktion an erster und welche an zweiter Stelle steht, sondern nur ob das Urteil mit der Differenz der beiden zugehSrigen PGI~n fibereinstimmt oder nicht. Uberein- s t immung ]iegt vor, wenn dasjenige l~eizwort als das starker ge~iihls- betonte bezeichnet wurde, bei dem auch die grSi3ere PGI~ aufgetreten war. I m Hinblick au~ die Ubereinstimmung bzw. Niehtfibereinstimmung mit dem Unterschied der PGRn wollen wir yon konkordanten und diskordanten Urterien sprechen. Ein ,,GrSl3er"-Urteil ist konkordant, wenn die erste l~eaktion die grS~ere war, diskordant, wenn die zweite die grS{3ere war. Entsprechendes grit ffir die ,,Kleiner"-Urterie. Die

Page 5: Die Möglichkeit einer objektiven Messung der Stärke von Gefühlen

Die MSglichkeit einer objektiven Messung der St~rke von Gefiihlen 79

,, Gleich"-Urteile, die sich besonders in der Diagonalen der Matrix hs teilen wir in jedem Feld der Matrix j e zur tti~lfte unter den beiden anderen Kategorien auf.

Es entsteht so wieder eine neue Matrix, die als Tabelle 1 wieder- gegeben ist. Die Interva!le, die der logarithmisehen GrSBe der PGI%

Ta,belle 1

2 --- 3 __

4 5 6

log A R/R 1 2 3 I 4

I

(11,5/23) 6/21 13/31 9,5/30 5/28

1,5/16

15/21 (7/14) 7,5/23 9/31

13,5/34 9,5/28

18/31 15,5/23 (13/26) 24/59

17,5/69 15,5/47

20,5/30 22/31 35/59

(14,5/29) 49,5/111 19,5/75

5 6 ] 7

23/28 14,5/16 20,5/34 18,5/28 51,5/69 31,5/47 61,5/111 55,5/75

(50,5/101) 115/163 58/173 (51/102)

5,5/6 16/19 16/17 26/30 60/66

I- 111/151

I(49,5/99)

entsprechen, sind einfachheitshalber mit den Ziffern 1--7 bezeichnet. Die konkordanten Urteile stehen nun in der rechten oberen H~tlfte der Matrix, jeweils auf die Gesamtzahl der F~lle in der betreffenden Inter- vallpaarung bezogen. Die diskordanten Urteile stehen in den spiegel- bildlich entsprechenden Feldern der linken unteren Hs Bei den in der Diagonalen der Matrix stehenden Urteilen 1/~Bt sieh die Unterschei- dung nach dem Gesichtspunkt der Konkordanz bzw. Diskordanz nicht durchffihren, da hier gleiche PGI%-GrSBen zugeordnet sind. Wir nehmen daher ffir diese Urteile je zur Hs Konkordanz und Diskordanz an, wozu aueh die Tatsache berechtigt, dab in den Feldern der Diagonalen die urspriingliehen ,GrdBer"- und ,Kleiner"-Urteile ann~hernd in glei- ehen Anteilen auftraten.

Wir lassen jetzt die unterschied]iche Hi~ufigkeit in den einzelnen Feldern unberiicksiehtigt und driicken die konkordanten und diskordan- ten Urteile als Anteile von 1 aus. Daraus ergibt sich die als Tabelle 2 dargestellte Matrix, aus der nun endlich die erforderliehen Bereehnungen erfolgen kSnnen. Eine Inspektion dieser Matrix zeigt, dab im allgemeinen der Antei] der konkordanten Urteile mit der GrSBe der Differenz der beiden PGt%n anwi~chst, so dab diese Berechnungen Erfolg zu ver- sprechen seheinen.

Die Grundlage fiir die Gewinnung einer Intervallskala aus Paar- vergleichsurteilen ist THVRSTO~Es ,,Gesetz yore Vergleichsurteil" (law of comparative judgment; s. darfiber GUILFORD 1954, S. 37; S. 154ff.). Wir miissen bier auf eine besondere Er6rterung der wohlfundierten

Page 6: Die Möglichkeit einer objektiven Messung der Stärke von Gefühlen

80 WERNER TRAXEL :

Tabelle 2

2

o 5

6 7

~p

Z

log A R / R

1 2 3 4 5 6 7

1 (0,50) 0,29 0,42 0,32 0,18 0,06 0,12 1,89 0,270

- - 0,61

0,71 0,58 (0,50) 0,67 0,33 (0,50) 0,29 0,41 0,40 0,25 0,34 0,33 0,16 0,06

2,73 I 2,80 0,390 0,400

- - 0 , 2 8 ~ --0,25

0,68 0,71 0,59

(0,50) 0,45 0,26

I 0,13

0,82 0,60 0,75 0,55

(0,50) 0,34 0,09

3,32 I 3,65 0,474 0,522

-- 0,07 ~- 0,06

0,94 0,66 0,67 0,74 0,64

(0,50) 0,26 4,41 0,630

-~ 0,33

0,88 0,84 0,94 0,87 0,91 0,74

(0,50) 5,68 0,811

-~- 0,88

Theorie, auf der T~IURSTO~]~s Gesetz beruht, verzichten. Das Gesetz vom Vergleichsurteil besagt, daI3

- = y o a + 2

Darin bedeuten:

S b und S a ~ Sk~lenwerte auf einer Intervallskala subjektiver Gr6gen, die zwei Reizen ( R b und Ra) entsprechen.

Zba ~ Abweichung in Einheiten des Streuungsm~l~es, die einer PropQrtion zweier Urteilskategorien entspricht.

a a und a b :- Standardabweichung der subjektiven Reaktionen auf die Reize R a

und R b . r a b - - GrOl~e der Korrel~tion zwischen den l~eaktionen ~uf die l~eize R a

und R b .

Unter der vereinfachendcn Annahme, dab die Korrelation unber den subjektiven Reaktionen Null betri~gt oder nicht wesentlich davon ver- schieden ist, und dab die Streuungen der subjektiven Reaktionen gleich oder nicht wesentlich voneinander verschieden sind, fallen alle Un- bekannten, die nicht unmit telbar aus den experimentellen Ergebnissen zu best immen sind, weg. Wenn wir ffir die Einheit der Skala aa ]/2- annehmen, reduzierb sich schliel~lich das Gesetz yore Vergleichsurteil auf:

S b - S~ - zb~.

Die Berechtigung der genannten vereinfachenden Annahmen l~Bt sich aus den Ergebnissen der Skalierung nachtrs fiberprfifen.

Die gesuchten z-Werte lassen sich aus den Daten in Tabelle 2 ge- winnen. In der Regel werden alle Anteile p zuns mig Itilfe der Tabelle der Normalverteilung in z-Werte umgewandelt. Jede Differenz zwischen jeweils zwei benachbarten z-Werten stellt alsdann eine Sch~t- zung ffir den subjektiven Abstand der beiden betreffenden objektiven Gr6Ben dar. Der Mittelwert dieser Differenzen ist gleich dem gesuchten

Page 7: Die Möglichkeit einer objektiven Messung der Stärke von Gefühlen

Die MSglichkeit einer objektiven Messung der St~rke von Geffihlen 81

SkMenabstand. Da dieser Wert gleich ist der Differenz der Mittelwerte, kSnnen auch die mittleren z-Werte yon jeder Spalte gebildet werden, die dann die Absti~nde auf tier subjektiven Skala wiedergeben.

Stat t aus den z-Werten kSnnen auch aus den Anteilcn p die Mittel- werte gebildet werden, wie dies dem Verfahren des ,,composite s tandard" (vgl. GUILfOrD 1954, S. 169f.) entspricht. Dies scheint uns in unserem Fall eher angebracht als die Mitte- + 1,o0 lung yon z-Werten, da diese beiden h5heren Proportionen sehr rasch § zunehmen und unsere p-Werte zum Teil einen relativ groBen +g,,Sg Standardfehler besitzen, soweit sic auf verh/s kleinen +g,25 H/~ufigkeiten yon Urteilen be- ruhen. Wir bilden also aus den ~ o p-Werten jeder Spalte den Mittel- ~1. wert (Mp), der dann in den Skalen- -0,25 wert z umgewandelt wird. Dieses Verfahren hat auch den Vorzug, -0,5o da$ extreme p-Werte, wie wit sic sp/tter in Tabelle 4 antreffen -0,7# (p ---- 0,00 und p ---- 1,00), und fiir die sieh z-Werte nicht angeben -1,Q0 lassen, mitverwendet werden kSnnen. Voraussetzung ist in unserem Fall die Annahme, da$ die einzelnen p-Werte auch bei

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1 ) l ) I 1 I 2 J r ,f ~ 7

Io 9 AR/R Abb. 1. Die Beziehung der Gefiihlsst~rke (A) zm3a Logarithmus tier relativen I-lautwider-

stands~n4erung (A R/R) gleichen Hgufigkeiten von Urteilen in jedem Feld keine wesentlich anderen Gr6$en angenommen hgtten.

Die erhaltenen sieben Skalenwerte z werden nun in einer graphischen Darstellung eingetragen, aus der sich die Abh/ingigkeit der Gefiihlsstgrke, die wit mit A bezeiehnen wollen, vom Logarithmus der I-Iautwiderstands- reaktion fibersehen lgBt (Abb. 1).

Nach der Methode der kleinsten Quadrate finden wit die Gerade, die dutch die sieben Punkte zu legen ist.

Wir versuehen nun festzustellen, ob die Ergebnisse der Skalierung mit den Proportionen tier Urteile in den einzelnen Feldern der Matrix zu vereinbaren sind. Zu diesem Zweck nehmen wir unter den sieben Skalenwerten alle mSglichen Subtraktionen vor. Dureh Verwandiung der resultierenden z-Werte in p-Werte erhalten wit Erwartungswerte, die wit in die ihnen entsprechenden Felder der Matrix einsetzen, um sic mit den empirischen Proportionen zu vergleichen. Dabei entfgllt die Diagonale der Matrix, ferner benStigen wir nur die eine It/~lfte, so dab

Page 8: Die Möglichkeit einer objektiven Messung der Stärke von Gefühlen

8 2 W E R ~ R TRAXEL :

im ganzen 21 Vergleiche anzustellen sind. Die Standardfehler der empirisehen Proportionen ergeben sieh naeh der Formel:

(rP = ~/ p qN

Die Unterschiede zwischen den empirischen und den erwarteten Pro- portionen werden dann mit tlilfe yon t-Tests fiberprfift. Es zeigt sich, dab von den 21 Proloortionen nur zwei signifikant yon ihrem

Tabelle 3

i 2

(23/46) 56/84 28/84 (41,5/83) 14/39 39/113 6/29 33/86 3/16 16/49 3,5/15 4/37

25/39 74/113

(25,5/51) 39/109 20/75 8,5/32

23/29 53/86 70/i09

(31/62) 39/83 12/44

3,5/21

13/16 33/49 55/75 44/83

(20,5/41) 17/62 5/31

11,5/15 33/37

23,5/32 32/44 45/62

(16,5/33)

8/9 18/18 22/27 17,5/21 26/31 36/50 (8/16)

Tabelle 4

1

1 (0,50) 2 0,33 3 0,36

- ; 0,21 ~" 5 0,19

6 0,23 7 0,11

~p Mp

Z

V/ TR

0,67 0,64 0,79 (0,50) 0,65 0,62 0,35 (0,50) 0,65 0,38 0,35 (0,50) 0,33 0,27 0,47 0,11 0,27 0,27 0,00 0,19 0,17

I 1,93 2,34 2,87 3,47 0,276 0,345 0,410 0,496

- - 0,60 -- 0,40 -- 0,23 -- 0,01

0,81 0,67 0,73 0,53 (0,50) 0,27 0,16 3,67 0,524

+ 0,07

0,77 0,89 0,73 0,73 0,73

(0,50) 0,28 4,63 0,662

-t- 0,42

J 7

0,89 1,00 0,81 0,83 0,84 0,72

] (o,5o) 5,59 0,798

+ 0,83

Erwartungswert abweichen. Die erw/~hnten vereinfachenden Annahmen bei unserer Anwendung des Gesetzes vom Vergleiehsurteil k6nnen also beibehalten werden.

Eine Betraehtung der graphisehen Darstellung (Abb. 1) kSnnte zu- friedenstellen. Die Skalenwerte ffir die Geffihlsstgrke zeigen in ihrer Zunahme mit dem Logarithmus der I-Iautwiderstands~nderung einen v6Uig klaren Verlauf, aueh die Ann/~herung der Punkte dutch eine

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Die M6glichkeit einer objektiven Messung der Starke yon Geliihlen 83

Gerade erscheint vertretbar. Dennoeh entstehen Zweifel daran, ob wirk- lieh eine lineare Beziehung zwisehen der Geffihlsstarke und dem Logarith- mus der P G g besteht, und ob nieht mit der Wahl eines anderen MaBes ein noch besseres Ergebnis zu erzielen ware.

c) Ergebnis einer quadratwurzeltransformation der Mallzahlen. Wir entschheBen uns daher zu einer weiteren Transformation und wahlen hierf/ir naeh einigen Erwagungen die Quadratwurzel der PGR. Es gilt somit f/Jr die neuen Magzahlen § (X*):

X*= p ~ . +a,~

Die Multiplikation der Magzahlen X mit 10 dient nur zur teeh- § nisehen Vereinfaehung der Trans- formation. § ~2d

Als neue Intervallbreite wah- len wir 2,0. Die letzten Felder K,, der Matrix weisen bei dieser Transformation zum Tell fast -42~ keine Besetzung mehr auf, so dab wir auf sie verzichten mils- -45o sen. Es verbleiben uns aueh hier sieben verwertbare tntervalle, die -o,75 jetzt 1361 Urteile enthalten. Die neuen MaBzahlen liegen also zwi- -1,o0 sehen 0 und 14.

Der Transformation sehliegen sieh die bereits gesehilderten Sehritte in analoger Weise an.

//'

/ / /~//// / /

/ / ' 4 , / ///~///" / /

/ , i i I i

~. i I

[ I I ] E I 2 3 ~ 5 Y :7

_A_bb. 2. Die Bezie tmn~ der Gefi ihlss t~rke (A) znr Q u a d r a t w u r z e l der r e l a t i v e n I t a u t w i d e r -

s t ands~ indernng (A R /R)

Wit gelangen zu zwei neuen Matrices, die in den Tabellen 3 nnd 4 wiedergegeben sind. Die mittleren p-Werte M~ und die Skalenwerte z sind aus der Tabelle 4 zu entnehmen.

Eine graphisehe Darstellung (Abb. 2) veransehaulicht wieder die Beziehnng der Skalenwerte ffir die Gef/ihlsstgrke zu den Reaktions- gr6gen, diesmal zu der Quadratwurzel der PGR. Die Gerade ist wie zuvor nach tier Methode der kleinsten Quadrate best immt Worden.

Sehon naeh dem Augenschein gibt sich aus der Abb. 2 zu erkennen, dab die zweite Transformation zu einer besseren Anpassung der sieben Skalenwerte dureh eine Gerade fiihrt.

Der Vergleich der empirischen Proportionen mit den Erwartungs- werten ergibt nur einmal unter 21 Fgllen eine signifikante Abweichung, so dab aueh bier die Annahmen, auf denen die Skalierung beruht, gereehtfertigt erscheinen.

Page 10: Die Möglichkeit einer objektiven Messung der Stärke von Gefühlen

84 W ~ E ~ T~Ax~:

d) Yergleich der Ergebnisse. Wir vergleichen nun die ResuItate beider Transformationen miteinander, und stellen in beiden F~llen die Summe der quadrierten Abweichungen der empirischen Punkte (y) yon den entsprechenden Punkten (y') auf der Geraden lest. Sie betr~gt vergleichs- weise ffir die logarithmische Transformation: 1231, fiir die Quadratwurzel- transformation: 553. Die Abweichungen sind also im zweiten Fall be- tr/ichtlieh geringer. Dies gilt natfirlich auch fiir die Standardabweichungen der Punkte yon der Geraden, die wir nach der Formel

=

~Y V N--1

bestimmen, und die als gestrichelte Linien in den Abb. 1 und 2 ein- gezeichnet sind. Die Abweichung betrggt ira ersten Fall ~: 0,143, im zweiten :J: 0,096.

Ebenso wie wir zuvor aus den Skalenwerten die Erwartungswerte fiir die einzelnen Proportionen berechneten, k6nnen wit auch ans der Geraden Erwartungswerte entnehmen nnd sie zu den empirischen Pro- portionen in Beziehung setzen. Fiir die Ergebnisse der logarithmischen Transformation linden wir unter den 21 zu iiberprfifenden Proportionen zwei signifikante und zwei hochsignifikante Abweichungen yon den aus der Geraden vorausgesagten GrSBen und k5nnen daher nicht mehr yon guter Ubereinstimmung sprechen. Bei den Resultaten der Quadrat- wurzeltransformation zeigt sich, dM~ yon den 21 Proportionen drei eben signifikant yon ihren Erwartungswerten abweichen, dal] aber keine Abweichung die l%-Stufe der Signffikanz erreicht. Die empirisehen Proportionen stimmen daher auch mit den aus der Geraden vorher- gesagten Werten noeh befriedigend fiberein.

Wir bestimmen schliM]lich noeh die Korrelationen der Skalenwerte mit der GrSl~e der Hautwiderstandsgnderung, die auch einen Einblick in die G/ire der Ann~therung vermitteln. Sie ergeben sich als Quotient aus der Streuung der Erwartungswerte und der Streuung der Skalenwerte:

Wie zu erwarten, bestehen hohe Korrelationen. Wir erhalten fiir die logarithmische Transformation: r ~ 0,938; ffir die Quadratwurzel- transformation: r ~ 0,986. Das Quadrat des Korrelationskoeffizienten ist das sog. Bestimmtheitsma•. Wir linden im ersten Fall: r e ~-0,880, im zweiten: r e : 0,972. Es werden also im ersten Fall 88%, im zweiten 97 % der Varianz der Skalenpunkte aufgeklhrt.

Nach dem Vergleich der Ergebnisse beider Auswertungen halten wir es nicht ffir wahrscheinlich, dab der Logarithmus der PGR als das adequate MaI3 fiir die St/~rke yon Geffihlen in Betracht kommt. Dagegen erseheint uns die Quadratwurzel der PGR als das Mal3, das zu einer

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Die MSglichkeit einer objektiven Messung der St~rke yon Gefiihlen 85

Intervallskala ffir die Gefiihlsst/~rke fiihrt. Um nun auch zu einer Verh/~ltnisskala zu gelangen, ist noeh eine Frage zu beantworten.

3. Die Bestimmung einer Gefiihlsschwelle Eine Intervallskala kann in eine Verh~ltnisskala umgewandelt wer-

den, wenn der Nullpunkt-der zu messenden subjektiven Variablen be, kannt ist. Wir benStigen da- her eine Information dariiber, bei welcher MindestgrSBe der P GR aueh ein Gefiihl merk- rich wird. Es ist also die ,,Geffihlsschwelle" der PGR zu suchen.

Zu diesem Zweek wurden yon RvmH SALZMA~ Versuehe an 15 Vpn. unternommen. Zur Darbietung gelangten 36 far- bige Phot0graphien sehr ver- schiedenen Inhalts, wie wir sie auch in anderen Unter- suchungen verwendeten (TRA- XET~ 1960). Die Vpn., deren I tautwiders t ands/~nderungen fortlaufend registriert wurden, hatten naeh jeder einzelnen Darbietung anzugeben, ob sie beim Erseheinen des Brides auf der Projektionsflaehe eine

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0,50 I r I I I I I I I [ o 1 2 0 ~ 5 B 7

Abb. 3. Die Abh~ngigkei t der re la t iven tt~tufig- ke i t posi t iver An g ab en fiber die Geffihlsbeto- n~ng (p(+)) yon der Quadra twnrze l tier r e la t iven

t t au twiders tands~nderunf f (4 R]R)

emotionale Ver~nderung feststellen konnten oder nicht. Zur Auswertung kamen 532 PGRn und Urteile. Acht Daten gingen durch StSrungen v e r l o r e Y l .

Die Ergebnisse dieser Versuche sind in Abb. 3 dargestellt. Die Punkte, die durch ein Ogivensttick angenghert sind, geben jeweils an, zu we]ehem Anteil (p(+)) bei den entspreehenden PGR-GrSBen eine emotionale Ver/s beobachtet wurde. Es geht daraus hervor, dab die Antworten , , J a " und ,,Nein" bei der PGI~-GrSBe 0 in nahezu gleicher H/s auftreten, und dab die , ,Ja"-Antworten die ,,Nein"-Antwor- ten um so mehr fiberwiegen, je grSBer die durch die Darbietung aus- gelSsten Hautreaktionen sind.

Man nimmt in der Psychophysik als die absolute Sehwelle diejenige ReizgrSBe an, die in 50% der Darbietungen wahrgenommen wird und in 50% nieht wahrgenommen wird. Dementspreehend haben wir auf Grund unserer Ergebnisse anzunehmen, dab die Geftihlssehwelle der

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86 WERNER TRAXEL:

P G R v o n d e r Gr6Be 0 praktisch nicht verschieden ist. Der Wert p(+)z 0,53 im ersten Intervall beruht auf 83 Urteilen und besitzt einen mitt- leren Fehler yon ~ - • der also auch den Wert p(+)~0,50 ein- schlieBt.

4. Ein MaB fiir die Gefiihlsst~irke

Mit der Kenntnis des Nullpunkts der emotionalen Ver~nderung kSnnen wir auf die gesuchte Verh~ltnisskala schlleBen. Da die Geffihls- starke Null mit der Hautwiderstandsiinderung Null praktisch zusammen- f~llt, ergibt sich, dab die Verhaltnisskala mit der bereits gefundenen Intervallskala identisch ist. Wir erhalten demnach fiir die Beziehung zwischen der Gefiihlssti~rke (A) und der Hautwiderstandsi~nderung (A R), die auf den Ausgangswiderstand (R) bezogen ist, die Gleichung:

A = R i R .

Man kann demnach annehmen, dab sich z.B. die St~rken zweier Gefiihle zueinander wie 1:2, 1:2,5 usw. verhalten, wenn die Quadrat- wurzeln der sie begleitenden relativen Itautwiderstandsgnderungen eben- falls im Verh~ltnis 1:2, 1:2,5 usw. zueinander stehen 1.

Sollen Geffihlsstarken einer Vp. miteinander verglichen werden, die aus Ergebnissen yore selben Versuch best immt worden sind, so kann die Beziehung der MaBzahlen auf den Ausgangswiderstand R unter Um- stiinden unterbleiben, da sich dieser im Verlauf eines nicht allzu langen Versuchs meist nnr wenig vergndert. Es gilt in diesem Fall also:

A = V A R .

Da ferner die J~nderungen des durch das Hautgewebe flieBenden Stroms zu den J~nderungen des mittels einer Wheatstoneschen Briicke abgegllchenen Grundwiderstands R proportional sind, k6nnen - - sofern R ann~hernd konstant bleibt - - die registrierten oder abgelesenen J~ndernngen des Briickenstroms i sofort radiziert werden, um die relative Gr6Be von A zu bestimmen. Es gilt a]so auch fiir den erw~hnten Fall:

A = 1/ i.

5. Weitere Gesichtspunkte

Der vorliegende Versuch, eine gesetzmi~Bige Beziehung zwischen der St~rke yon Geffihlen und einer ihrer Ausdruckserscheinungen z u be- stimmen, ist nach unserem Wissen der erste seiner Art. Es bedarf daher kaum der Erwghnung, dab weitere derartige Untersuchungen notwendig sind, um die gewonnenen Einsichten zu vervollstgndigen. Wir besitzen

1 In weiteren Versuchen, die wit gemeinsam mit D. TIMN]s~ durchfiihr~en, konnten wir die an einem Kollektiv gefundene Beziehung mit einer anderen Methode auch an einigen individuellen Ergebnissen feststellen.

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Die MSglichkeit einer objektiven Messung der St~rke yon Geffihlen 87

noch keine volle Gewil~heit darfiber, ob tats~chlich die Quadratwurzel der P GR und nieht irgendein anderes Mal~, etwa doeh ihr Logarithmus, das ad~tquate Ma~ ffir die Geffihlssti~rke abgibt, wenn wir auch das zweite nach unseren Ergebnissen nicht ffir wahrseheinlich halten. Die Mlgemeine Erkenntnis, daI~ sich die Sts emotiona]er Ver~nderungen psychometrisch erfassen l~l~t, steht ~ndessen aul~er Zweifel.

Man kann die Frage stellen, ob diejenigen psyehischen Erschcinungen, ffir die in unserer Untersuchung eine Skala gebildet wurde, wirklieh Geffihle sind. Zur Antwort ist zun/~ehst auf die Instruktion hinzuweisen, die den Vpn. erteilt wurde. Es sollte eben das beurteilt werden, was man erlebnism~l~ig unter Geffihlen versteht, und hierauf bezieht sich der gefundene Zusammenhang unmittelbar. Die Frage, welche theoreti- sche Deutung man den Erseheinungen gibt, die im psychologischen Sprachgebrauch mit dem Begriff ,Geffihl" bezeiehnet werden, wird damit nicht vorentschieden.

Auf theoretisehem Gebiet besteht in der Geffihlspsychologie bekannt- lich noeh viel Unklarheit. Einen Fortschritt sehen wir in der in den letzten Jahren entstandenen Aktivationstheorie (activation theory of emotion). Diese Theorie betont besonders die Auffassung, dab die Funktion der Geffihle im seelischen Geschehen darin besteht, das Indi- viduum zum Handeln bereit zu machen, insofern also zu ,,aktivieren" (s. darfiber WOODWOI%TH U. SCHLOSBERG 1954, S. 137). Im Sinn dieser Theorie kann die PGR als Ausdruck der St~rke yon Aktivationspro- zessen gedeutet werden.

Eine weitere Frage, die einen Gegenstand anderer Untersuehungen bilden k6nnte, ist die naeh dem Vorgang der Bildung des Vergleichs- urteils und des absoluten Urteils fiber die Gefiihlsstiirke. Hierdureh kSnnte vielleieht auch zur Kl~rung der Eigenar~ des Geffihlserlebnisses etwas beigetragen wcrden.

6. Anhang: Beispiel einer Anwendung Das Ergebnis der vorliegenden Untersuchung soll durch ein Anwen-

dungsbeispiel veranschaulicht werden. Wir w~hlen hierffir die Ergebnisse yon Versuchen, mit denen die Gef/ihlsbetonung einzelner Erlebnisinhalte festgestellt werden sollte. Diese Versuche wurden yon W. TRVCK~- ~ODT ausgeftihrt (vgl. T~AXEL 1960).

Zur Darbietung kamen farbige Photographien, die durch einen halb- automatischen Projektor auf eine groi~e Fl~che, vor der die Vp. sale, entworfen wurden. Die l%eihe der Bilder war so zusammengestellt, dab sic m6glichst viele verschiedenartige Erlebnisinhalte bzw. Erlebnisgebiete repr~sentierte.

Wenn die Geffihlsbetonungen mehrerer Inhalte miteinander ver- glichen werden sollen, so ist der im Lauf des Versuchs nicht selten

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88 WERNEI~ TRAXEL :

e in t r e t enden emot ionMen , ,Abs tuInpfung" , die sich dann auch in ger inger werdenden phys ischen I~eakt ionen zeigt, l~echnung zu t ragen. U m diese Erscheinung, die sieh bier als Fehlerque l le auswirken konnte , mSgl ichs t unwesent l ich werden zu ]assen, ve rwende ten wir zwei Re ihen vonein- ander inha l t l i ch ann~hernd en t spreehenden Bi]dern, yon denen die eine in gegenl/~ufiger Folge in die andere e ingeschoben wurde. Es k6nnen dann jeweils die R e a k t i o n e n auf die beiden zue inander gehSrenden Inha l t e zusammenge fag t und mi t den i ibrigen, ebenso behande l t en Reak t i onen vergi iehen werden. Die Ze i tabh/ ing igke i t der emot iona len R e a k t i o n bzw. ihrer Ausdrueksersehe inung wird so in der Auswer tung ausgeschMtet , vorausgese tz t , dab die ze i tbed ing te A n d e r u n g ann/ ihernd einer l inearen F u n k t i o n folgt.

Die Bi lderre ihe enthiel~ 21 B i ldpaa re und ein einzelnes Bi ld in der Mitre. Jedes Bi ld wurde 6 sec lang gezeig~. W~hre nd des Versuchs wurden die Ver/~nderungen des I - Iau twiders tands for t l aufend regis t r ier t .

Die folgende Zusammens te l lung der Ergebnisse der 24 mi~nnlichen Vpn. g ib t die Mediane und die Quar t i l abweiehungen der rad iz ie r ten und

B i l d i n h a l t

Pistole (auf den Betrachter gerichtet) . Sarg, offenes Grab . . . . . . . . . Un~sthetisches (Geschwiir, Kehricht) . Liebespaar . . . . . . . . . . . . . Kirche (Altar, Kirehenschiff) . . . . . M~dchen (ira Kleid, im Badeanzug) . . GroBstadtstra•e . . . . . . . . . . Interieur (Wohnraum) . . . . . . . . Literatur (Fachbfieher) . . . . . . . Technik (Maschinen) . . . . . . . . . Geld . . . . . . . . . . . . . . . . Sport (M~nner beim Ballspiel) . . . . Mann (im StraBenanzug) . . . . . . Kinder . . . . . . . . . . . . . . . Landsehaft (Mittelgebirge, FluB) . . �9 Tiere (Serval, Mungo) . . . . . . . . Baukunst . . . . . . . . . . . . . Geselligkeit (gesellsehaftliehe Szene) . . Musik (Klaviatur, Geige) . . . . . . . Blumen . . . . . . . . . . . . . . Arbeitsplatz (Labor, Biiro) . . . . . . Speisen . . . . . . . . . . . . . .

2~[edian Quar t i l - a b w e i c h n n g

2,14 0,80 1,86 0,44 1,85 0,49 1,76 0,55 1,71 0,41 1,66 0,39 1,60 0,55 1,60 0,40 1,52 0,43 1,48 0,59 1,47 0,43 1,46 0,66 1,42 0,38 1,41 0,55 1,39 0,43 1,31 0,48 1,30 0,56 1,29 0,56 1,28 0,50 1,28 0,46 1,19 0,41 1,18 0,61

dann paarweise gemi t t e l t en PGl~-Wer te , der Gr613e nach geordnet , fiir die einzelnen Bi ldpaare wieder. Eine Zeitabhi~ngigkeit der Ergebnisse bes teh t niche, wie sich bei einer Nachprf i fung zeigte. Die l~angfolge

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Die MSglichkeit einer objektiven Messung der Stgrke yon Gefiihlen 89

der Inhalte weicht gegenfiber der an anderer Stelle angegebenen (T~A- XEL 1960) infolge der ver~nderten Bereehnungsart etwas ab.

Wenn wir ffir diese Ergebnisse die gefundene Beziehung zwischen Geffihlsst~rke und relativer ttautwiderstands~nderung zugrunde legen, so geben die Mediane die mittleren St~rken der Geffihlsbetonung der verwendeten Bildinha]te innerhalb des untersuchten Kollektivs an, und zwar in Einheiten einer Verh~ltnisskala. Wir kSnnen daher z.B. an- nehmen, dab in der besehriebenen Versuehsreihe die mittlere Geffihls- betonung beim Bildpaar ,,Unasthetisehes" ungef~Lhr 1,6real so stark war wie beim Bildpaar ,,Speisen", oder bei den M~Ldchenbfldern 1,3mal so stark wie bei den Blumenbildern. Um verallgemeinerungsfs Resul- tare fiber die durehschnittliche Geffihlsbetonung versehiedener Erlebnis- inhalte zu erhalten, bedfirfte es natfirlieh komplizierterer Untersuehungen mit wesentlich grSBeren Kollektiven.

Es kSnnte naheliegen, Versuche yon der Art des zuletzt geschilder- ten nach angemessener Entwicklungsarbeit aueh als PersSnlichkeitstest zu verwenden. Wir sind indessen der Meinung, dab solehe individuell auszuwertenden Versuehe, wenn sie fiber eine allgemeine Prfifung der emotionalen Ansprechbarkeit hinausgehen, besondere ]~eehtfertigung erfordern.

Als Beispiel ffir eine praktische Anwendung der Geffihlsmessung sei eine Fragestellung der Pharmakopsyehologie erwahnt, n~tmlieh die Wir- kungsprfifung angst- und spannungslSsender Mittel (Tranquillantien). Es wurde bereits festgestellt, dab naeh Verabreichung yon Meprobamat die PGRn signifikant herabgesetzt sind (LIEI#EI~T u. TRAXEL 1959). Nach diesem allgemeinen Ergebnis kann es ffir weitere, vergleiehende Untersuchungen mehrerer derartiger Prgparate yon Interesse sein, aueh jeweils den Grad der Verminderung emotionaler t~eaktionen zu bestim- men, wie dies dureh die Kenntnis einer Verhs der Geffihls- stgrke ermSglieht wird.

Zusammenfassung Es war das Ziel, ein MaB ffir die St~rke yon Geffihlen aus einem

ihrer physisehen Korrelate, der sog. psychogalvanisehen Reaktion, zu gewinnen. Zu diesem Zweek wurden Vergleichsurteile fiber die Geftihls- betonung yon Reizwortpaaren den durch die Darbietung der WSrter ausgelSsten t tautreaktionen zugeordnet. Mit den MaBzahlen wurden eine logarithmische Transformation und eine Quadratwurzeltransfor- marion vorgenommen. Die Auswertung erfolgte jeweils gems dem Skalierungsverfahren ffir Vergleichsurteile. Es zeigte sich, dab die auf Grund der Quadratwnrzeltransformation erhaltenen Skalenwerte ffir die Geffihlsstarke in voll befriedigender Weise dutch eine Gerade angenghert werden kSnnen, ws dies mit der logarithmisehen Transformation weniger gut gelingt.

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90 W. TRAXEL: M6glichkeit einer objektiven Messung der St~rke yon Gefiihlen

U m aus der gefundenen In t e rvMlska la der Geffihlssti~rke eine Ver- h~l tnisskMa zu erhal ten, wurde die Geffihlsschwelle der ga lvanischen H a u t r e a k t i o n zu be s t immen versucht . Es ergab sich, daft der Schwellen- wer t der emot iona len Vergnderung bei der Gr6Be 0 der H a u t w i d e r s t a n d s - ~nderung liegt. Es folgt daraus , dab die St/~rke eines Gefiihls als der Quadra twurze l der r e la t iven W i d e r s t a n d s g n d e r u n g p ropor t iona l anzu- nehmen ist .

Dieses Ergebnis wird durch ein Anwendungsbe i sp ie l ve ranschau l ich t .

Literatur G~IL~O~D, J. P.: Psychometric methods, 2nd edit. New York-Toronto-

London 1954. - - LIENEI~T, G. A., and W. T~AX~L: The effects of meprob~mate and alcohol on the gMvanic skin response. J. Psychol. 48, 329 (1959) . - LI~Dn, E.: IJber das psychogMvanische Reflexph~nomen. Z. Psychol. 115, 34 (1930) . - TRAXnL, W. : Die Bestimmung einer Unterschiedsschwelle ffir Geffihle. Psychol. Forsch. 25, 433 (1959) . - ~ber die Bestimmung der Affektbetonung verschiedener ErlehnisinhMte. Psychol. ]~eitr. 4, 146 (1960). - - TR~XEL, W., u. S. B~C~ER: Beitr~ge zur ~r und Interpretation yon Hautwiderstandsi~nderungen. Z. Psychol. 160, 282 (1957). - - WOOnWO~T~, 1%. S., and H. SCHLOSBE~G: Experi- mental psychology. Revised edit. New York 1954.

Dr. phil. W. TRAXEL, Institut f/Jr Psyehologie der Universitat, Marburg a.d.Lahn, Gutenbergstrage 18