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27. Smit Pieter, 1973: Carolus Clusius and the beginning of botany in Leiden University. — Sonderdruck aus JANUS, Revue internationale del‘histoire des sciences, die la medicine, de la pharmacie et de technique p. 87—92. 28. Swammerdam Jan, 1737—38: Biblia naturae. Leyden. — NEW: III 265 581. Dasselbe holländisch: Bybel der Natuure. Leiden. 29. Swammerdam Jan, 1918: Aus der Bibel der Natur. Herausgegeben von Steh- li, Leipzig. UBW: II 382 480. 30. Torkos M. Jözsef, 1776: Der wahre Ursprung des Bienenwachses durch eine neue Theorie entdecket und denen Bienenkennern zur Prüfung vorgetra gen. Oedenburg, bey Joseph Sieß. — SoBDG: Ha 194. 31. Warder Joseph, 1921: Wehr- und wahrhafte Amazonen oder: die Monarchie der Bienen, Hannover. Nie. Förster, 350 Seiten. — UBW: I 161 997. 32. Witkam H. J., 1970—1976: De dagelijkse zaken van de Leidse universiteit van 1581 tot 1596 (Tagesjournal der Universität Leiden .); 16 Bände. — Copr. H. J. Witkam, Rapenburg 21, Leiden. (Enthält sehr viele Angaben über C. Clusius und Th. Clutius. Die Migrationen des kroatischen Mittel- und Kleinadels in den österreichisch-ungarischen Grenzraum im 16./17. Jahrhundert und das „familares“-Problem Von Felix T o b 1 e r, Eisenstadt Der große Kroatenzug, der sich im 16. Jahrhundert über die Mur wandte und durch das Vordringen, Verweilen und Zurückweichen der osmanischen Macht verursacht wurde, wurde bisher meist unter den Vorzeichen einer großen Bauernwanderung, die durch die Initia tiven der Grundherrschaft zustandegekommen war, betrachtet und fand als solche in der wissenschaftlichen Literatur ihren Nieder schlag1. Obwohl diese Betrachtungsweise vollkommen gerechtfertigt ist, und der bäuerliche Bevölkerungsanteil innerhalb der Auswande rer stark überwog, darf doch nicht übersehen werden, daß neben dem bäuerlichen Element auch andere soziale Schichten an dieser Wande rung teilnahmen, die nicht allein ihrer absoluten Zahl nach, sondern nach ihren Funktionen, die sie vor der Auswanderung, beim Wande- rungs- und Ansiedlungsprozeß und nach der Ansiedlung in der neu en Heimat innerhalb ihrer Landsleute ausfüllten, beurteilt werden müssen. Solche Schichten waren etwa der Priesterstand, der Handels und Gewerbestand sowie der Mittel- und Kleinadel. Auf die Wichtig keit der Erforschung der Rolle des kroatischen Mittel- und Klein adels am Rahmen der Kroatenwanderung wies zuletzt V Zimänyi2 hin. 1 Vgl. dazu: Josef Breu, Die Kroatensiedlung im Burgenland und den an schließenden Gebieten. Wien 1970, S. 17 f. 2 Vera Zi mänyi , Hrvatske Migracije 16—17. st. u madjarskoj struenoj lite- raturi — Mogucnosti daljnjih istrazivanja. (Die kroatischen Migrationen des 16./17. Jahrhunderts in der ungarischen wissenschaftlichen Literatur — Weite re Forschungsmöglichkeiten). 16 ©Amt der Burgenländischen Landesregierung, Landesarchiv, download unter www.zobodat.at

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27. Smit Pieter, 1973: Carolus Clusius and the beginning of botany in Leiden University. — Sonderdruck aus JANUS, Revue internationale del‘histoire des sciences, die la medicine, de la pharmacie et de technique p. 87—92.28. Swammerdam Jan, 1737—38: Biblia naturae. Leyden. — NEW: III 265 581. Dasselbe holländisch: Bybel der Natuure. Leiden.29. Swammerdam Jan, 1918: Aus der Bibel der Natur. Herausgegeben von Steh- li, Leipzig. UBW: II 382 480.30. Torkos M. Jözsef, 1776: Der wahre Ursprung des Bienenwachses durch eine neue Theorie entdecket und denen Bienenkennern zur Prüfung vorgetra­gen. Oedenburg, bey Joseph Sieß. — SoBDG: Ha 194.31. Warder Joseph, 1921: Wehr- und wahrhafte Amazonen oder: die Monarchie der Bienen, Hannover. Nie. Förster, 350 Seiten. — UBW: I 161 997.32. Witkam H. J., 1970—1976: De dagelijkse zaken van de Leidse universiteit van 1581 tot 1596 (Tagesjournal der Universität Leiden .); 16 Bände. — Copr. H. J. Witkam, Rapenburg 21, Leiden. (Enthält sehr viele Angaben über C. Clusius und Th. Clutius.

Die Migrationen des kroatischen Mittel- und Kleinadels in den österreichisch-ungarischen Grenzraum im 1 6 ./1 7 . Jahrhundert und das „familares“-Problem

Von Felix T o b 1 e r, E isenstadtDer große Kroatenzug, der sich im 16. Jah rh u n d ert über die M ur

w andte und durch das Vordringen, Verweilen und Zurückweichen der osmanischen Macht verursacht wurde, w urde bisher m eist un ter den Vorzeichen einer großen Bauernw anderung, die durch die In itia­tiven der G rundherrschaft zustandegekom m en war, betrachtet und fand als solche in der wissenschaftlichen L iteratur ihren N ieder­schlag1. Obwohl diese Betrachtungsw eise vollkommen gerechtfertigt ist, und der bäuerliche Bevölkerungsanteil innerhalb der A uswande­re r stark überwog, darf doch nicht übersehen werden, daß neben dem bäuerlichen Elem ent auch andere soziale Schichten an dieser W ande­rung teilnahm en, die nicht allein ih rer absoluten Zahl nach, sondern nach ih ren Funktionen, die sie vor der Auswanderung, beim W ande- rungs- und Ansiedlungsprozeß und nach der A nsiedlung in der neu­en Heim at innerhalb ih rer Landsleute ausfüllten, beurteilt w erden müssen. Solche Schichten w aren etw a der Priesterstand, der H andels­und G ew erbestand sowie der M ittel- und Kleinadel. Auf die W ichtig­keit der Erforschung der Rolle des kroatischen M ittel- und K lein­adels am Rahm en der K roatenw anderung wies zuletzt V Zim änyi2 hin.1 Vgl. dazu: Josef Br e u , Die Kroatensiedlung im Burgenland und den an­schließenden Gebieten. Wien 1970, S. 17 f.2 Vera Z i m ä n y i , Hrvatske Migracije 16—17. st. u madjarskoj struenoj lite- raturi — Mogucnosti daljnjih istrazivanja. (Die kroatischen Migrationen des 16./17. Jahrhunderts in der ungarischen wissenschaftlichen Literatur — Weite­re Forschungsmöglichkeiten).

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Vor die eigentlichen A usführungen zum Them a sei eine kurze V orbem erkung vorangestellt. Wie schon der Titel des Aufsatzes an­deutet, w erden nu r die M igrationen des kroatischen M ittel- und Kleinadels behandelt. Obwohl es natürlich höchst in teressant wäre, die Rolle der kroatischen M agnaten im Rahm en der K roatenw ande­rung des 16./17. Jhs. zu untersuchen, halte ich es nicht fü r sinnvoll, den hohen und niederen Adel in einem zu untersuchen, da in beiden Fällen von zum Teil völlig konträren Fragestellungen auszugehen w äre und sich zwischen dem Hochadel (Magnaten) einerseits und dem M ittel- und Kleinadel anderseits im 16./17. Jh. in K roatien-Slaw o­nien starke Differenzierungen bem erkbar machen.

Zunächst w äre natürlich die S tru k tu r und Stellung des M ittel­und Kleinadels vor der Auswanderung, besser gesagt, vor dem E r­scheinen der Türkengefahr zu untersuchen, w orauf ich mangels spe­zieller K enntnisse über diese Sachproblem atik verzichten muß. Eben­so w äre es notwendig, auf die m ilitärische Stellung und Funktion des kroatischen M ittel- und Kleinadels im Rahm en des Kam pfes m it den Türken näher einzugehen. Einige Hinweise, die m ir im Hinblick auf die spätere Em igration der von uns behandelten G ruppe wichtig scheinen, sollen angeführt werden.

Aus m ehreren Quellen ist bekannt, daß König Ferdinand I. den in seine Dienste tretenden M ittel- und Kleinadeligen, die ihre G üter an die Türken verloren hatten, versprach, sie m it anderen G ütern wenigstens insow eit zu entschädigen, daß sie w eiterhin standesge­mäß leben könnten3. Zunächst beteiligen sich aber diese Leute m eist aktiv am K am pf gegen die Türken, wobei die H offnung auf W ieder­gew innung ih rer von den Türken okkupierten G üter die H auptan­triebskraft dafür ist. Nach längerer Zeit, als die Rückeroberung des von den Türken besetzten Gebietes illusorisch wird, tr i t t eine A rt E r­schlaffungszustand ein, der oft in der Resignation seinen w eiteren Ausdruck findet. In dieser Phase beschließen dann viele M ittel- und Kleinadelige, des Kampfes müde, sich in sichere Gebiete zurückzu­ziehen und sich dort eine neue Existenz aufzubauen. D am it w ären w ir bei der Frage nach der zeitlichen Abfolge angelangt. A nhand zahlreicher Q uellenangaben kann als erwiesen gelten, daß die M igra­tionen des kroatischen M ittel- und Kleinadels, bedingt durch das V ordringen der osmanischen Macht auf der Balkanhalbinsel, bereits um die M itte des 15. Jhs. einsetzen. Besonders nach dem Zusam m en­bruch des bosnischen Staates (1463) m acht sich eine verstärk te Ab­w anderungstendenz bem erkbar. Freilich handelte es sich dabei in er­ster Linie um eine B innenw anderung innerhalb der kroatischen Län-

Maschinschriftliches Manuskript eines im Rahmen eines Arbeitsgespräches über die „Geschichte und Kultur der burgenländischen Kroaten“ am 25. 3. 1974 in Zagreb gehaltenen Referates, S. 3.3 Vgl. dazu: Felix T ob l er, Zur Struktur des ausgewanderten kroatischen Mittel- und Kleinadels im 16. Jh. und das „familiares“-Problem. In: Sympo­sion Croaticon, Wien 1974, S. 162 f.17

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der, w ährend die A bw anderung in die habsburgischen Länder und nach U ngarn zahlenm äßig zurücktritt. Hiezu seien bloß zwei Beispie­le illustrativ angeführt. Um die M itte des 15. Jhs. kam jener durch seine Chronik auch fü r die spätm ittelalterliche Historiographie Ö ster­reichs bedeutsam e von seinen Zeitgenossen als Andreas C rabatt von Lapitz titu lierte kroatische Adelige ins Land ob der Enns (Oberöster­reich), wo er zum Pfleger der H errschaft S teyr und später zum kai­serlichen H auptm ann in Ybbs bestellt und in den österreichischen R itterstand auf genommen w urde4.

Ebenfalls in der zweiten H älfte des 15. Jhs. w anderte die Fa­milie Kollonitsch, die ursprünglich in Bosnien beheim atet war, zu­nächst nach K roatien und von dort aberm als von den T ürken ver­drängt, nach S teierm ark aus, wo sie sich im V iertel von Cilli n ieder­ließ. Später verbreitete sich das Geschlecht auch in N iederösterreich und Ungarn. M it einer zahlenm äßig stärkeren A bw anderung von A ngehörigen des kroatischen M ittel- und Kleinadels ist indes erst seit dem Beginn der zwanziger Jah re des 16. Jhs., als der Druck und das V ordringen der osmanischen Macht im m er stärkere Ausmaße an­nahm, zu rechnen.

Im Gegensatz zu den M igrationen des kroatischen Bauerntum s, die um 1600 ihren Abschluß finden, dauern die M igrationen des kroatischen M ittel- und Kleinadels, w enn auch zahlenm äßig schwä­cher werdend, auch w ährend der ersten H älfte des 17. Jhs. w eiter an.

Anhand von zwei Beispielen wollen w ir uns das Gesagte besser veranschaulichen. Um 1640 em igrierten die 3 B rüder Johann, Niko­laus und Georg Kersnarich aus K roatien und ließen sich in der te il­weise zur G rafschaft Forchtenstein gehörigen Ortschaft D raßburg nieder. E iner von ihnen, Johann, w urde Esterhäzyscher V erw alter in Csornä (Komitat Sopron) und erhielt als Dank fü r seine treuen Dien­ste und gegen Zahlung von 750 fl vom G rafen Ladislaus Esterhazy im Wege einer „Inskrip tion“ die B efreiung seines Hauses von allen Leistungen gegenüber der G rundherrschaft zugesichert5.

Noch um 1670 kam Georg Lukinich aus dem der Abtei von To- pusko gehörigen Ort Lukinicha V erh (Lukinica vrh) im K om itat Za­greb nach Süttö r (Komitat Sopron) und ließ sich daselbst n ieder6.

Die zeitlich frü h er einsetzenden und später aufhörenden M igra­tionen des M ittel- und Kleinadels finden ihre Begründung darin, daß bei dieser Schicht eine größere natürliche M obilität als bei der bäu­erlichen Bevölkerung angenom m en w erden muß.4 Alphons L h o t s k y , Quellenkunde zur mittelalterlichen Geschichte Öster­reichs. ( = Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Erg. Bd. XIX) Graz/Köln 1963, S. 358.5 Komitatsarchiv Sopron, Nobilitaria, 28. csomö, Nr. 234.6 Komitatsarchiv Sopron, Nobilitaria 27. csomö, Nr. 196, Vgl. dazu: Felix To b- 1 e r, Zur Geschichte des sogenannten Kersnarich'schen Edelhofes in Draß­burg. In: Burgenländische Heimatblätter 35 (1973), ß. 86 ff.

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Das räum liche Ausmaß der Ansiedlung der kroatischen M ittel­und K leinadeligen um faßte im 16. Jh. das ganze habsburgische U n­garn, ferner große Teile von N iederösterreich sowie Südm ähren. Selbstverständlich führten diese M igrationen auch in die Länder von Innerösterreich (Kärnten, Krain, Steierm ark), doch habe ich diese Ge­biete in m eine U ntersuchung nicht miteingeschlossen. Im übrigen läß t sich fü r jene Gebiete, die von den kroatischen B auern w iederbe­siedelt w urden, also hauptsächlich fü r das heutige Burgenland und das angrenzende W estungarn eine Verdichtung von Ansiedlungen des kroatischen M ittel- und Kleinadels feststellen, was dam it zu erklären ist, daß sich im genannten Gebiet relativ große G rundherrschaften befanden, in deren W irtschaftsgefüge viele der im m igrierten Adeli­gen Funktionen übernehm en konnten.

Im folgenden sei auf die allgemeinen Bedingungen eingegangen, denen sich die kroatischen M ittel- und Kleinadeligen bei ih rer An­siedlung in den erw ähnten Gebieten gegenübergestellt sahen. Begon­nen sei zunächst m it Niederösterreich, zu dem damals (bis 1626 bzw. 1647) auch die sogenannten ,,verpfändeten H errschaften“ zuzurech­nen sind. K urz m uß in diesem Rahm en auf die Entwicklung des n ie­derösterreichischen Einstandsrechtes eingegangen w erden7.

Im Jahre 1556 richtete sich eine ständische Beschwerde, ein „G ravam en“, gegen Versuche von „Frem den“, Landgüter zu erw er­ben8.

Am 4. November 1559 w urde ein kaiserliches D ekret erlassen, demzufolge ohne des Landesfürsten oder der N ö. Regierung Bewilli­gung kein in N iederösterreich gelegenes Landgut zugunsten eines A usländers verkauft oder hypothekarisch belastet w erden durfte9. Freilich hielten sich nicht alle niederösterreichischen Ständem itglie­der an dieses Gebot. So veräußerte etw a der Vizedom Cosmas Gien- ger 1560 dem bekannten Feldherrn Nikolaus Zrinyi (Zrinski) sein Freihaus in Wien. Etwa zur selben Zeit beabsichtigte auch Johann Pethö, in Wien ein Haus zu kaufen. Der V erkauf des Giengerschen Hauses veranlaßte die niederösterreichischen Stände zu einer Be­schwerde, aus der die unausrottbare Abneigung des Einheimischen gegenüber dem Zuw anderer k lar zu Tage tritt. Die genannte Be­schwerde w urde anläßlich einer Landrechtssession am 18. Mai 1560 ausgefertigt10. Der V erfasser holt darin w eiter aus: D er Erzbischof von G ran (Nikolaus Olah) habe das „Scharatzihaus“ in der W allner- straße erworben, der Bischof von Agram und G raf Nädasdy führten7 Die folgenden Ausführungen basieren in der Hauptsache auf dem Aufsatz von Silvia P e t r i n , Der Verkauf der Herrschaft Nikolsburg im Jahre 1560 und die Stände von Niederösterreich. In: Unsere Heimat 44 (1973), S. 129 ff.8 Bekannt aus Suttingers „Gedenkbuch“, Niederösterreichisches Landesarchiv, Ständisches Archiv, Handschrift 242, fol. 520 ff., ein weiteres ähnliches Gra­vamen vom 19. Aug. 1558 ebenda, fol. 523 f.9 Codex Au'striacus 1 (Wien 1704), S. 736 f.10 Niederösterreichisches Landesarchiv, Ständisches Archiv, Ständische Akten A- 1—10, fol. 1—7.

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V erhandlungen bezüglich des A nkaufs von H äusern in Wien, und nun käm en Zrinyi und P e th ö !

Obwohl ,,der turkh, gem ainer cristenhait erbveindt, seinen fues so nahenn t an dieses lanndt Österreich gesetzt habe“, tue m an nichts gegen diese Ü berfrem dung, wo doch vorauszusehen sei, daß sich die Frem den im Ernstfälle nicht so einsetzen w ürden, wie Einheimische.

A ußer beim Landesfürsten in tervenierten die Stände auch beim V ertragspartner des Johann Pethö und bei Hof marschall Hans von Trautson11 — offenbar ohne Erfolg. Im Jah re 1562 hatten sie sich über Zrinyi und Pethö noch im m er nicht beruh ig t12, verliehen aber dann im folgenden Jahre 1563 dem Johann Pethö schließlich doch die niederösterreichische Landstandschaft. Anläßlich seiner A ufnah­me w urde jedoch ausdrücklich festgestellt, daß es sich h ier um einen Sonderfall handle und m an künftig „khainen frem der nation einkhu- m en lassen“ wolle13.

Am 20. August 1565 bestätigte Ferdinands Nachfolger M axim i­lian II., daß künftig keinem A usländer ohne Zustim m ung der n ieder­österreichischen Regierung und der Stände ein L andgut zum K auf angeboten oder verpfändet w erden dürfe14. Das „Einstandsprivile­gium “, das M axim ilian II. am 10. Februar 1572 den niederösterrei­chischen Ständen verlieh, brachte diesen jene Verfügungsgewalt, durch die jedes E indringen von A usländern gegen ihre Zustim m ung unmöglich gemacht wurde.

Der entscheidende Passus lau tet: „. .daß forth in unter dem Herrn- und ritterstand keiner, der nicht ein alter bekannter und w is­sentlicher landmann und adelsperson, von ehrlichen leuthen Herkom­m en ist, m it einigen gut ins gültbuch nicht einverleibt w erden solle, er seye dann au ff sein sonders anlangen von erm elten unseren beeden ständen der Herrn und ritterschaft zu einem landmann angenom­men. “1S.

D am it hing die Möglichkeit, in N iederösterreich zu einem im Gültbuch eingetragenen Landgut zu kommen, nu r noch von der Zu­stim m ung der beiden oberen „politischen“ Stände der H erren und R itter ab. W enn es auch vereinzelte Beispiele16 dafür gibt, daß es11 Ebenda, alle Schriftstücke nur im Konzept erhalten.12 Niederösterreichisches Landesarchiv, Ständisches Archiv, Verordnetenamtsre- lationen, 1562.13 NÖLA STA Ständische Akten 1-1—10, fol. 8 und Aufnahmeakten, Herren­stand P-6. Vgl. dazu auch Elisabeth G. S c h i m k a, Die Zusammensetzung des niederösterreichischen Herrienstandes 1520—1620. Phil. D'iss., Wien 1967 S. 192.14 Orig, befand sich im NÖLA StA Ständische Urkunden A-7—2, fehlte aber be­reits im 18. Jh. Druck im Codex Austriacus 1 (1704), S. 737.15 Ebenda Vgl. dazu den Artikel „Inkolat“ von A. Luschin in österr. Staatswör­terbuch hrsgg. v. E. Mischler u. J. Ulbrich, 2. (19062) S. 891.16 So z. B. die Familie Jurischitz; Nikolaus Jurischitz, der bekannte Verteidiger von Güns, sowie seine Neffen Nikolaus jun und Hans Jurischitz müssen als Inhaber der unter niederösterreichischer Verwaltung stehenden Herrschaft Güns nö. Ständemitglieder gewesen sein. Am 2. September 1541 hatte der20

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kroatischen Adeligen gelang, in N iederösterreich das Inkolat (Indige- nat) und in w eiterer Folge Landgüter zu erw erben, so m uß im allge­m einen doch festgestellt werden, daß die Einstellung der n iederöster­reichischen Stände im 16. Jh. als extrem frem denfeindlich anzusehen ist. Es sei in diesem Zusam m enhang bloß auf die Beschwerden der Stände vom Jahre 157217 gegen die zunehm ende Ü berfrem dung des Landes hingewiesen, die zu jenem bekannten Geheim befehl18 K aiser M aximilians II. führten, der eine w eitere A nsiedlung von K roaten im Lande verhindern und sie von allen öffentlichen Ä m tern ausschließen sollte.

Eine Rolle bei der frem denfeindlichen H altung der n iederöster­reichischen Stände dürfte auch die Tatsache gespielt haben, daß sich gerade um die Zeit der E inw anderung der K roaten ein großer Teil der nö. S tändem itglieder der Lehre Luthers anschloß. Da die kroati­schen Adeligen m it wenigen A usnahm en katholisch blieben, hätte eine zahlreichere A ufnahm e von kroatischen Adeligen in den nö. H erren- bzw. R itterstand gleichzeitig eine S tärkung der katholischen Partei bedeutet, die die evangelischen Ständem itglieder keineswegs tatenlos hinnehm en konnten.

Als wesentlich frem denfreundlicher ist im 16./17. Jh. die H al­tung der m ährischen Stände in der Frage der V erleihung des Inkola- tes zu beurteilen. Als z. B. 1560 Läszlö K erecsenyi die H errschaft N i­kolsburg (Mikulov) erw erben wollte und sich aus diesem G runde um die A ufnahm e in die m ährischen Stände bewarb, w urde seinem A uf­nahm eansuchen ohne w eiteres stattgegeben, und dies, obwohl die nö. Stände bei ihren m ährischen Standeskollegen gegen die Aufnahm e K erecsenyi’s opponiert h a tten 19.

Völlig andere V oraussetzungen w aren fü r jene kroatischen M it­tel- und K leinadeligen gegeben, die sich in den habsburgischen Teil des ungarischen Königsreiches w andten. Zunächst m uß jedoch darauf hingewiesen werden, daß auch aus dem von den T ürken besetzten Teil U ngarns ein großer Teil des bodenständigen Adels in den habs­

kroatische Edelmann Peter Lassitz in Wilfleinsdorf (Gerichtsbezirk Bruck an der Leitha, Nö.) einen Edelhof, d. h. einen mit gewissen Freiheiten ausgestat­teten adeligen Ansitz „mit aller Zugehör auf dem Ungrischen und Teutschen“ verliehen erhalten, welches rittermäßige Lehen König Ferdinand I. zwei Jah­re später bestätigte. Als Inhaber dieses Edelhofes muß Lassitz dem nö. Ritter­stande angehört haben.H. I. B i d er ma nn , Neuere slavische Siedlungien auf süddeutschem Boden. (= Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde. Bd. 2, Heft 5, S. 385) Stuttgart 1888.17 NÖLA, StA, Handschrift 20 fol. 474. Die Antwort des Kaisers auf die Be­schwerde der Stände ebda fol. 478. Vgl. dazu Bddermann a. a. O. S 387 f.18 Eine dieser Geheimverfügungen und zwar die an den Inhaber der Herrschaft Güns, Franz von Schönaich gerichtete, wurde vom Ödenburger Stadtarchivar Jenö Häzi 1936 oder 1937 aufgefunden. Vgl. dazu: Jenö Häz i , Nehäny tör- tenelmi adat a nyugatmagyarorszägi horvätokrol. (Einige geschichtliche An­gaben zu den westungarischen Kroaten.) In: Vasi szemle IV (1937), S. 8—14.19 Petrin, a. a. O., S. 129 ff.21

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burgischen Teil des Königreiches em igrierte, sodaß die Frage nach der Ansiedlung der kroatschen Adeligen im w estungarisch-ober­ungarischen Bereich kein spezielles Phänom en, sondern als ein ein­heitliches Problem der ungarischen Geschichte betrachtet w erden muß. Auf die zwischen U ngarn einerseits und K roatien-Slaw onien anderseits bestehenden staatsrechtlichen Bindungen braucht hier nicht näher eingegangen zu werden, es seien bloß einige fü r unseren Rahm en wichtige Details hervorgehoben. In der Zeit der ersten drei H absburgerkönige nahm en die kroatischen und slawonischen Stände- m itglieder außer an den kroatischen bzw. slawonischen S tändever­sam m lungen auch an den Sitzungen der ungarischen Landtage teil. D aher w aren die kroatisch-slawonischen Ständem itglieder einerseits bei der politischen W illensbildung der ungarischen Landtage vertre ­ten, anderseits konnten anläßlich der Landtage Probleme, die sowohl fü r U ngarn als auch fü r K roatien-Slaw onien relevant waren, gem ein­sam beraten und dann dem König vorgelegt werden.

Indes w urden an den ungarischen Landtagen des öfteren auch solche Angelegenheiten behandelt, die zu behandeln diese eigentlich nicht die Kom petenz hatten, d. h. Angelegenheiten, die ausschließlich K roatien-Slaw onien betrafen20. Zu diesen engen organisationsm äßi­gen V erflechtungen tra t noch der Faktor hinzu, daß ein Großteil der M agnaten sowohl in U ngarn als auch in K roatien-Slaw onien begü­te rt w ar (z. B. Nädasdy, Zrinyi, Erdödy, B atthyäny usw.), ja manche sogar Funktionen in der V erw altung da wie dort ausübten.

So w ar z. B. Thomas Nädasdy von 1537— 1539 neben P eter Keg- levich Banus von K roatien und von 1554— 1562 Palatin des König­reiches Ungarn. Die genannten Faktoren trugen dazu bei, daß die m eisten M agnaten sowohl m it den V erhältnissen in Ungarn als auch m it denen in K roatien-Slaw onien bestens vertrau t waren.

Der Adel selbst w ar sowohl in U ngarn als auch in K roatien-Sla­wonien w eder nach H erkunft und Stellung einheitlich struk turiert, wie m an dies nach Verböczi’s bekannter Stelle ,,ut omnes nobiles eadem libértate gaudent“ annehm en könnte, sondern seiner w irt­schaftlichen und sozialen Stellung nach ziemlich differenziert. For­malrechtlich w urden etw a folgende drei G ruppen unterschieden:1. D er Uradel2. Adelige, die durch Schenkung eines adeligen Gutes seitens des

Königs (donatio regis) in den A delsstand erhoben w orden w aren3. Die A nnalisten

Die letzteren w aren durch eine eigene U rkunde (litterae armales) in den Adelsstand erhoben worden. Die Gruppe der A nnalisten w ar die zahlenm äßig bei weitem stärkste. Indes w urden die Spuren der verschiedenen H erkunftstypen des Adels im m er m ehr verwischt und es tra t eine stärkere Differenzierung nach dem Vermögen ein, sodaß20 Vgl. dazu: Vjekoslav Kl a i c , Povijest Hrvata (Geschichte der Kroaten), knjiga peta, Zagreb 1973, S. 607 ff.22

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m an schließlich grundsätzlich zwei G ruppen unterschied. Die Ange­hörigen der ersten G ruppe verfügten über m ehr oder w eniger um ­fangreiche G üter und w aren G rundherrschaft über die ihnen un te r­gebenen U ntertanen, die auf ih ren G ütern saßen (nobiles bene pos- sessionati), w ährend die Angehörigen der zweiten G ruppe m eist nur eine Session besaßen, die sie selbst bew irtschafteten (nobiles unius sessionis, curialistae, nobiles iobagiones non habentes).

G rundsätzlich w urden kroatisch-slawonische Adelige in Ungarn nicht als A usländer (extranei indigenae) betrachtet; da der Adel in U ngarn sich aber innerhalb der einzelnen K om itate als Kom itatsadel konstitu tierte, m ußten einw andernde kroatische, aber auch ungarische Adelige aus anderen K om itaten vor der G eneralkongregation des Komitates, in dem sie sich niederlassen wollten, ihren Adel nachwei- sen und w urden erst dann in den K om itatsadel des betreffenden Ko­m itates ausgenommen. Manche Adelige ließen sich, um ihren Adel in der neuen Heim at später nachweisen zu können, von ihrem ange­stam m ten K om itat in K roatien-Slaw onien ihre adelige Abstam m ung eigens bestätigen. So bestätigte beispielsweise 1559 der A delsrichter des K reuzer (Krizevacer) Komitates, Michael Forgäch, die adelige A bstam m ung des Emmerich Spanych de Bedowz seu Prasnycza und ersuchte, diesen als Adeligen aufzunehm en21. Dieser dürfte sich spä­te r in der H errschaft Landsee-Lackenbach niedergelassen haben. Der eingesessene Komitjatsadel konnte ihm mißliebige B ittsteller um die A ufnahm e in den Kjomitatsadel abweisen, doch sind dafür n u r w eni­ge Beispiele bekannt.

Das über die A ufnahm e in den K om itatsadel Gesagte wollen w ir uns anhand eines wie m ir scheint besonders illustrativen Beispieles vor Augen führen. Noch im Jah re 1635 w andte sich Gregor Pysza- nich de M usay in einem Bittschreiben an König Ferdinand II. und er­suchte diesen um G ew ährung einer neuen A rm alistenurkunde fü r ihn und seine V erw andten. In der Einleitung seines Schreibens erw ähnt er, daß seine Fam ilie nach dem V erlust ih re r G üter in Slawonien es vorgezogen habe ,,se conferre in partes has regni H ungariae tutiores, quam crudelissim i christiani nominis hostis subditos agere“. In den W irren der W anderung sei die A rm alistenurkunde seiner Fam ilie verlorengegangen, weshalb er nun um eine N euausstellung ansuche.

Obwohl die Ansiedlung seines V aters schon jahre-, ja jahrzehnte­lang zurückgelegen sein mochte, wurde, wie aus den K anzleiverm er­ken des angeführten Schreibens ersichtlich ist, seinem Ansuchen ohne w eiteres stattgegeben. Nachdem die neuausgestellte A rm alistenur­kunde der G eneralkongregation des Ö denburger K om itates vorgelegt21 Der relevante Passus sei wörtlich angeführt: .Quapropter dum et quandoqui- dem praefatus Emmericus Spanych cum praesentibus ad dominationes vestras perveniret, eundem tamquam nobilem et probum honestorumque parentum sobölem in contubernium ipsorum assumere dignentur . .“. Esterházy-Fami-lienarchiv im Staatsarchiv Budapest, Rep. 12 (Herrschaft Landsee-Lacken­bach), Fase. Y, Nr. 935.

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worden war, w urde Pyszanich und seine in der Arm aUstenurkunde miteingeschlossenen V erw andten ohne W iderspruch in den Komi ta ts­adel des Ö denburger Kom itates auf genom m en22.

Nach diesen E rläuterungen über die allgem einen A nsiedlungsbe­dingungen in den einzelnen T erritorien sei nun die Lebensführung der kroatischen M ittel- und Kleinadeligen vom V erlust ih rer G üter in der alten Heim at bis zu den Form en ihrer Ansiedlung wie auch ihrer B etätigung in der neuen H eim at dargestellt.

Zunächst sei jene G ruppe der M ittel- und K leinadeligen behan­delt, die im Rahm en der Um siedlung der kroatischen Bauern eine Rolle spielte und aus der Siedlungsarbeit fü r die M agnaten solchen N utzen zog, daß sie ihre eigene Position wesentlich stärken konnte. Ü ber ihre Tätigkeit im Rahm en der W anderungsbewegung sind w ir aufgrund des spärlichen Q uellenm aterials bloß auf V erm utungen an­gewiesen. Es kann als sicher gelten, daß die M ittel- und K leinadeli­gen als O rganisatoren der abw anderungsw illigen Bevölkerung eine führende Rolle spielten, sei es nun im Dienste der M agnaten, sei es auf eigene Hand (falls sie selbst U ntertanen hatten). Auf dem Wege selbst w erden w ir sie uns als F ührer der einzelnen G ruppen vorzustel­len haben und bei der A nsiedlung mochten sie, falls diese auf den G ütern eines anderen G rundherrn erfolgte als des ursprünglichen der alten Heimat, in V erhandlungen über die Ansiedlungsbedingungen getreten sein. Als Dank oder als Lohn erhielten sie von den G rund­herren, fü r die sie tä tig w aren, Edelhöfe (d. h. von allen Abgaben und Leistungen an die G rundherrschaft befreite Höfe) eingeräum t oder ihre Sessionen w urden im Wege der sogenannten Inskription auf Le­benszeit, oft sogar bis in die zweite oder d ritte G eneration von allen Giebigkeiten und Leistungen befreit.

So erh ielt z. B. Johann W yhyatitsch de Zelina Szentmiklos fü r seine V erdienste um die W iederbesiedlung des Ortes N eudorf bei Parndorf (nördliches Burgenland) 1573 vom G rafen Leonhard IV von Harrach in diesem Dorf einen Edelhof eingeräum t, zu dem 66 Joch G rund gehörten23.22 Komiitatsarchiv Sopron, Nobilitaria, 31. csomb, Nr. 276.23 Gräflich Harrachsches Herrschaftsarchiv (am Allgemeinen Verwaltungsarchiv in Wien), Neudorfer Edelhof (Mappe 75), fol. 54. Der Text der Verleihungsur­kunde sei hier auszugsweise wiedergegeben:Wier Leonhard von Harrach Freyherr . . thuen khundt undt füegen mit ge­genwertig ., daß wir in ansehung undt betraehtung der threy undt threyen dinsiten des erbaren Johann Wihyatysh von Zelyna Zinttmiklos welcher unser gränzen mit inwohner zu vermehren Vorhabens kheine miiehe undt Unkosten gespart, samt seiner persohn viel andre inwohner, welche die türggische grau- sambkeit von ihrem vatterlandt vertriben, zue iberkhomen undt selbige mit sich in unsern guet Herrindorf genennt, in der gespanschafft Mossen gelegen, eingefiert undt durch diese selbes guet verbessert undt auferbaut, uns ange- nembe dienst gelaistet, daß wier also dhme unsre dankhbare gunst, mit wel­cher wier gegen unsern dienern genedigst Spieren zu lassen gewogen worden. Diesem nach haben wir benenntem Johann Wihyatysh vor sich, seinen erben und nachfolgern beeden geschlechts ein haus aufzubauen erlaubet undt ver-24

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Große Verdienste um die Siedlungsarbeit in der H errschaft Landsee-Lackenbach erw arb sich der Landseer Vizekastellan Michael H orw ath sonst Mioczycz genannt. Wegen seiner V erdienste bei der G ründung des Ortes K aisersdorf (m ittleres Burgenland) befreite 1571 A nna Zluny aus dem kroatischen Geschlecht der Frangepan, die W it­we nach Nikolaus Olah-Csaszär, das in K aisersdorf befindliche Haus des Michael H orw ath von allen Abgaben und Leistungen an die G rundherrschaft. Diese Befreiung w urde nach der Ü bernahm e der H errschaft Lanidsee-Lackenbach durch die Fam ilie Esterhazy den N achfahren H orw aths von Nikolaus (1582— 1645) und Paul E ster­hazy (1635— 1713) bestätig t und w ar noch 1747 in K raft24.

Noch 1589 schenkte Anna Losonczi, W itwe des Christoph Ungnad, H errin auf Schmolenitz (Smolenice) in der neugegründeten Ortschaft Losonec (Komitat Preßburg, östlich der kleinen K arpaten) dem Ade­ligen M arkus Chorvät, auch Paulichich genannt, fü r seine V erdienste um die Besiedlung dieses Ortes 1 1/2 Sessionen und befreite diese von allen Abgaben und Leistungen. Derselbe M arkus Chorvät hat auch in der Ortschaft Nahac U ntertanen angesiedelt25.

Manche Adeligen erhielten als Belohnung fü r ihre V erdienste bei der Siedlungsarbeit fü r die M agnaten kleinere öde G üter (Dörfer) geschenkt oder konnten solche von den M agnaten erw erben. Auf die­sen G ütern setzten sie dann ihre A nsiedlungstätigkeit fo rt und w urden so selbst N utznießer derselben. Dieser Vorgang läßt sich im besonderen im K om itat Eisenburg und hier vor allem im Bereich der G üter der Fam ilie B atthyäny verfolgen.

Wie bereits frü h er angedeutet wurde, tra ten zahlreiche kroati­sche M ittel- und Kleinadelige in den M ilitärdienst ein und versuch­ten sich h ier eine neue Existenz aufzubauen. König Ferdinand I., der sehr daran in teressiert war, daß die G renzlinie durch verläßliche und kam pferprobte Leute gesichert werde, förderte die A nsiedlung von kroatischen Adeligen im Grenzland und vergab nach Möglichkeit auch höhere Kom m andostellen an diese. Von den zahlreichen Bei­spielen, die hier angeführt w erden könnten, seien bloß drei heraus­gegriffen. So erw arb etwa der kaiserliche H auptm ann Gregor Hor­vath von P etrin ja m it Zustim m ung des K aisers das befestigte K astell Talbor26 (m ittleres Burgenland, zwischen Unterloisdorf und M anners- dorf). Schon 1548 hatte Ferdinand H orvath fü r seine V erdienste die

liehen undt selbes von allen anlagen, zinsen, extra undt ordinari tax, von al­len diensten, robathen undt aller beschwerung, von was ursach willen es imer sein khänt, welche sonsten andre inwohner ¡in benenntem gueth Herrindorf zu bezahlen undt leisten schuldtig, wiier undt unsere erben dasselbe haus ihme Johann Wyhyatish, seinen erben und nachfolgern beeden gescblechts ewig be- freyen und eximiren. . .24 Esterhäzy-Familienarchiv Budapest, Rep. 12 (Herrschaft Landsee-Lacken­bach), Fase. 1, Nr. 332. Ebda, Fase. O, Nr. 542 et NBNBNB.25 B r e u, a. a. 6., S. 116.26 Harald P r i e k l er, Der Tabor von Unterloisdorf-Mannersdorf. In: Fest­schrift für Heinrich Kunnert (= Burgenländische Forschungen Sonderheft 2), S. 127 L25

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nach dem erbenlosen Tode des Ladislaus Bothos de Bothoshäza an die Krone zurückgefallene adelige K urie Bothoshäza im K om itat Eisen­burg geschenkt.

1560 finden w ir Franz Jakusich als U nterkapitän der Festung Raab, der sam t seiner Fam ilie aus Orbova im K om itat Pozega nach U ngarn gekommen w ar und 1576 in den Besitz der H errschaft Orosz- länkö (Kom itat Trencsen) gelangte27.

Ebenfalls in Raab als O bristleutnant finden w ir um 1600 den kroatischen Adeligen Wolf Z tarssith, der un te r anderem Besitzer eines Edelhofes in Neusiedl am See w ar28. 1602 w ar er sogar P fand­inhaber des zur H errschaft Ungarisch A ltenburg gehörigen Ortes K im le29 (Komitat Wieselburg), der m it K roaten w iederbesiedelt worden w ar30.

Ein w eiterer Bereich, in dem zahlreiche kroatische M ittel- und Kleinadelige nach dem V erlust ih re r G üter ein Betätigungsfeld fan­den, w ar der diplomatische D ienst (im w eitesten Sinne des Wortes). Dank ih rer Sprachkenntnisse (die kroatische Sprache fungierte teil­weise als D iplom atensprache in K onstantinopel) und ih re r E rfahrungen m it den V erhältnissen im osmanischen Reich w urden sie bevorzugt zu diplomatischen Missionen offiziellen C harakters herangezogen, aber auch als Geheim agenten, Dolmetscher und K uriere verw endet. Es sei bloß an die bekannte diplomatische Reise des Nikolaus Jurischitz (1530— 1531) nach K onstantinopel erinnert.

Den Bereich der Geheim diplom atie im 16. Jh. ha t zuletzt Josip Z ontar31 in einer ausgezeichneten Studie bearbeitet. Aus seinen Forschungen geht hervor, daß die m eisten der fü r die H absburger kn 16. Jh. in der Türkei tätigen G eheim agenten südslawischer H erkunft waren. Aus dem von m ir bearbeiteten Q uellenm aterial seien in w ei­terer Folge einige typische Beispiele fü r den Bereich des diplom ati­schen Dienstes angeführt.

Seit 1576 finden w ir P eter H orw ath alias Miklezitsch als tü rk i­schen K urier im Dienste der H absburger. Als solcher reiste er allein in den Jahren 1576— 1578 achtm al in die Türkei und überbrachte von dort die Nachrichten der kaiserlichen O ratoren an den K aiser32.27 Siebmacher-'Wappenbuch des Adels von Ungarn II. Bd., S. 265.28 Hofkammerarchiv Wien (weiterhin zitiert HKA), Hoffinanz Ungarn, rote Nr. Nr. 71 (Okt. 1601), fol. 14.29 Es handelt sich um Ungarisch Kimling (Magyarkimle), das wie Kroatisch Kimling (Horvâtkimle) im 16. Jh. eine kroatische Einsiedlung erfuhr. Vgl. dazu B r>e u, a. a. O., S. 110.30 HKA, Hoffinanz Ungarn rote Nr. 75 (Jänner 1603), fol. 218—226.31 Josip Z o n t a r , Obvescevalna sluzba in diplomacija avstrijskih Habsburza- nov V boju proti Turkom v 16. stoletju (Der Kundschafterdienst und die Dip­lomatie der österreichischen Habsburger im Kampf gegen die Türken im 16. Jahrhundert). Slovenska akademija znanosti in umetnosti. Delà 18. = Institut za obco in narodno zgodovino. 5.) Ljubljana 1973.32 HKA, Reichsakten, Fasz. 172, fol. 75—79, 96—98, 110.26

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1579 kaufte er in Raab ein Haus und heiratete in Raab im folgenden Jahre M argaretha W ariassy (Adelige). Zu seiner Hochzeit w urde ihm wegen seiner treuen Dienste als K urier ein Verehrgeld von 20 Talern bewilligt. 1584 nahm H orw ath an der Präsentgesandtschaft des H ein­rich von Liechtenstein ans Goldene Horn als Dolmetsch teil. Der Be­rich tersta tter über diese Reise, Melchior Besolt, beschreibt ihn als „erfahrenen Mann, der damals an die dreißigm al diese Reise nach K onstantinopel getan“33. Später erw arb H orw ath ein Haus in dem zur H errschaft Ungarisch A ltenburg gehörigen O rt M osonszentmik- los (Komitat Wieselburg) und ersuchte 1591 um Befreiung von allen Abgaben und Leistungen nach diesem Haus. Aufschlußreich ist dabei, daß der O rt Mosonszentmiklos im 16. Jh. eine kroatisch-m agyarische Mischgemeinde war. Seinem Ansuchen um Exem tion seines Hauses w urde zwar nicht stattgegeben, doch befahl Erzherzog Ernst, daß ihm „in ansehung seiner sunderlich mit Vollbringung vieler Constantino- politanischen curierraisen gelaisten getreuen unnd müehsamen dienst“ ein Gnadengeld von 100 Talern aus den Am tsgefällen der H errschaft Ungarisch A ltenburg ausbezahlt w erde34.

Ein anderer P eter Crabath w ar un ter K aiser M axim ilian II. Hof­kurier und w urde in dieser Eigenschaft „m ehrm alen in Hispanien verschickht“ Wegen seiner treuen Dienste und der auf den Reisen erlittenen „leibschäden“ erh ielt er im Jah re 1572 von M aximilian im A nna-K loster in der Johannesgasse in Wien, das nach dem Ab­sterben der letzten O rdensfrauen leer stand, den Stock als W ohnung fü r seine Fam ilie eingeräum t. Nach dem Tode des P eter Crabath kam seine W itwe 1584 m it dem Jesuitenorden, an den das A nna-K loster inzwischen übergegangen war, wegen des w eiteren W ohnrechtes im K loster in Streit, konnte dieses aber schließlich auch w eiterhin be­haupten35.

Im diplomatischen Dienst des Königs Ferdinand I. tä tig w ar Veit Ugrinowitsch und nahm an zahlreichen diplomatischen M issionen teil, die ihn auch in das osmanische Reich fü h rten 36.

Wegen „seiner getreuen und aufrichtigen dienste, so er ain zeit hero potschaftweis in der Türkhei und in anndern weegen ge- than, erzaigt und bewiesen hat“ überließ ihm Ferdinand 1547 das zur H errschaft Komorn gehörige Dorf Nagycsicso zur N utznießung37. Trotz dieser E inantw ortung scheint die m aterielle Basis von Ugrino­witsch sehr bedroht gewesen zu sein, denn noch kurz vor seinem To­de (1551) in tervenierte der ungarische S ta ttha ltere ira t an den König,33 Karl T e p 1 y Kaiserliche Gesandtschaften ans Goldene Horn. Stuttgart 1968, S. 139 ff.34 HKA, Gedenkbücher (ungarische Reihe), Nr. 405, fol. 167, 252 f.35 HKA, Niederösterreichische Kammer, rote Nr. 88 (24. Okt. 1584), unfoliiert.36 Vgl. dazu: A magyar helytartötanäcs I. Ferdinand koräban es 1549—1551. evi leveles könyve. (Der ungarische Statthaltereirat in der Zeit Ferdinands I. und die Brief Sammlung der Jahre 1549—1551.) Hrsgg. v. R. Kiss Istvän, Budapest 1908, S. 227, 251, 255, 257, 263.37 HKA Hoffinanz Ungarn, rote Nr. 2 (1547), fol. 34.

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Ugrino witsch durch eine Gnadengabe zu unterstützen, da er kaum seinen L ebensunterhalt bestreiten könne38.

Auf das w eitere Schicksal seiner nachgelassenen W itwe und sei­ner K inder w ird noch an anderer Stelle zurückzukom m en sein.

Schließlich sei noch Hans Dominkowitsch erw ähnt, der im Ge­folge des berühm ten kaiserlichen G esandten Oghier Ghiselin de Bus- becq39 von 1554— 1562 in der Türkei weilte, und dessen Lebens­schicksal ich an anderer Stelle vor kurzem beschrieben habe40.

Im folgenden Abschnitt w enden w ir uns nun der Tätigkeit der kroatischen M ittel- und Kleinadeligen nach der Ansiedlung in der neuen Heim at zu, wobei vor allem ihre Rolle im V erw altungs- und M ilitärapparat der G rundherrschaften besonders beleuchtet wird.

Nach dem Tode König M attias Corvinus (1490) konnte sich die G rundherrschaft als bedeutendster M achtfaktor un te r den Jagellonen (1490— 1526) im wirtschaftlichen und politischen Leben U ngarns u n ­gestört durchsetzen. In den auf die K atastrophe von Mohäcs folgen­den Jah ren übernahm die G rundherrschaft auch zusehends Aufgaben der Landesverteidigung; die angesehenen Adelsfamiliien nahm en en t­w eder allein oder im Verband m it einigen anderen, deren Besitzun­gen unm ittelbar bedroht waren, den K am pf gegen die Türken auf. Erst nach 1541 (als die N otw endigkeit einer neuen V erteidigungslinie38 Das betreffende Schreiben sei hier wörtlich angeführt:Ad Regiam Maiestatem.Egregius Vitus Wgronowytth inter aldos commissarios Vestrae Sacratissimae Maiestatis proxime Agria reversas petiit a nobis impensius, ut in commenda- tionem suam scribamus ad Vestram Maiestatem, ómnibus quippe bonis per Thurcas despoliatum postremo etiam et stipendio esse exauthoratum dum huc atque illuc per haec témpora in servitiis versatur Vestrae Maiestatis, iamque eo redactum esse, ut nisi Maiestatis Vestrae munificentia iuvetur, quoti- dianum etiam victum menddcare cogatur. Cum igitur diligemtiam, fidem et in- dustriam ipsius non nos solum perspectam habeamus, sed Maiestatd quoque Vestrae probatum esse sciamus; non alienum a nobis esse duximus >hanc ip­sius supplicationem praesentibus nostris ldteris addere et supplicare Vestrae Maiestatd, dignetur dementer ad eius supplicationem responderé, ut is in servitiis Vestrae Maiestati honeste possit sese continere.Servet stb. Posonii, die 21. Julii 1550.39 In vier Briefen (1. Sept. 1555 Wien; 14. Juli 1556 Konstantinopel; 1. Juni 1560 Konstantinopel; 16. Dezember 1562 Frankfurt a. M.) berichtet der kaiserliche Gesandte an der Pforte, Oghier Ghiselin Busfoecq i(geboren 1522 in Comines), über seine langwierigen und gef ahrvollen Verhandlungen von 1555 bis 1562. In diesen Jahren war Busbecq oft mehr ein Gefangener als ein Gesandter; ge­duldig mußte er warten bis die politischen Verhältnisse seinem Vorhaben gün­stiger wurden und er endlich mit einem achtjährigen Waffenstillstand heim­kehren konnte.Zu Busbecq vergleiche: F ö r s t e r C, T. u. D a n i e l l F. H. (Hrsg. u. Übers), The Life and letters of Oghier 'Ghiselin de Busbecq. (Das Leben und die Briefe des Oghier Ghiselin de Busbecq.) London 1888.Mario K r a m m er Vier Sendschreiben über die Gesandtschaft nach der Türkei aus den Jahren 1555 bis 1562 von Ogier Ghiselin Busbeck, Berlin, o. J.40 Felix T o b 1 e r, Ivan Dominkovic, Zivotna prica jednog hrvatskog plemica u 16. stoljecu. (Hans Dominkowitsch. Die Debensgeschichte eines kroatischen Adeligen im 16. Jahrhundert.) In: Gradicse-Kalendar 1976, S. 97 ff.28

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offenbar w urde und deren Ausbau der König schrittweise übernahm , verloren diese — sozusagen — Privatunternehm ungen ihre Aus­schließlichkeit. Doch im m er noch fungierte die G rundherrschaft pa­rallel m it der allerhöchsten Leitung in der lokalen V erteidigung grö­ßerer oder k le inerer Gebiete — abhängig von der w irtschaftlichen Potenz — als beachtensw erte Partnerin . Die m ilitärischen B elastun­gen nahm en die w irtschaftlichen K räfte der H errschaft w eitgehend in Anspruch. Gyula Szekfü erblickt die historischen V erdienste der G rundherrschaft, d. h. ihren sozialen und m oralischen W ert nam ent­lich in der V erteidigung gegen die Türken41. W ährend also der Kö­nig durch die Organisation des H ofkriegsrates (1556) der gesam ten m ilitärischen Konzeption Einheitlichkeit verlieh, verblieb der G rund­herrschaft teilweise oder ganz die Verteidigung des eigenen Gebietes. In dieser Beziehung übte sie eine dreifache Funktion aus: außer den bedeutenden Festungen, welche nunm ehr in königlicher Gewalt als H auptm annschaften m it den m ilitärischen A ngelegenheiten über ganze Landschaften betrau t w urden, b estritt die H errschaft die Be­festigungsarbeiten, die Beschaffung der nötigen M unition und die H altung m ilitärischer Form ationen in Eigenregie.

Die w irtschaftliche Entwicklung bei den G rundherrschaften in U ngarn w ar seit dem Beginn des 16. Jhs. durch einen zunehm enden Ausbau der E igenw irtschaft geprägt. Dieser Allodialisierungsprozeß setzte zuerst im w estungarischen Bereich ein und pflanzte siich im V erlauf des Jahrhunderts nach Osten fort. Durch den verstärkten Ausbau der AllodialW irtschaft ergab sich die N otw endigkeit zu einer einheitlichen und zweckmäßigen Organisation des V erw altungsappa­rates sowie der benötigten A rbeitskräfte. Die Erfüllung der beiden genannten Funktionen — der m ilitärischen und w irtschaftlichen — der G rundherrschaft im 16. Jh. w äre nicht oder n u r schwer ohne die Institu tion der „fam iliares“ möglich gewesen. D'ie V erw üstung und U nterw erfung w eiter Gebiete in K roatien-Slaw onien und Südungarn durch die osmanische Macht und die Em igration des bodenständigen M ittel- und Kleinadels aus diesen Gebieten begünstigte im 16. Jh. die W eiterentw icklung der bereits seit dem M ittelalter bestehenden In­stitu tion der „fam iliares“ und verhalf dieser zu einer Blütezeit. Die Institu tion der „fam iliares“ bestand im w esentlichen darin, daß be­sitzlos gewordene M ittel- und Kleinadelige in ein genau geregeltes Pflicht-Treue-V erhältnis zur betreffenden G rundherrschaft traten, w ofür ihnen Schutz und Sicherheit geboten w urde42. Im w irtschaft­lichen und m ilitärischen Bereich der G rundherrschaften bot sich nun den „fam iliares“ ein reiches Betätigungsfeld. In der ersten Hälfte des 16. Jhs. ist bei den G rundherrschaften des westungarischen Bereiches41 Vgl. in: Magyar törtenet (Ungarische Geschichte) III., S. 169 und 213 ff.42 Zum „familiares“-'Problem vergleiche die auch heute noch nicht überholte Ar­beit von K o m o r o c z y György, Nädasdy Tamäs es a XVI. szäzadi magyar na- gytbirtok gazdälkodäsa. (Thomas Nädasdy und die Wirtschaftsführung des un­garischen Großgrundbesitzes im 16. Jahrhundert.) Budapest 1937, S. 40—60.

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die Scheidung des Personals in solches, das ausschließlich m ilitäri­sche bzw. ausschließlich wirtschaftliche Funktionen zu erfüllen hatte, noch nicht klar durchgeführt. W ährend die Hoffnungen auf eine even­tuelle Beseitigung der T ürkenherrschaft die ständige Bereitschaft fast des gesam ten H errschaftspersonals im 16. Jh. wachhielten, sah m an die U nerfüllbarkeit dieses Wunsches nach dem Ausgang des F ünf­zehnjährigen Krieges ein; in der ersten H älfte des 17. Jhs. tra t eine A rt Erschlaffungszustand ein, sodaß die G rundherrschaften eher w irtschaftliche Interessen hegten als etw a sich auf m ilitärische V er­pflichtungen zu bedenken. Parallel dazu tra t eine stärkere Differen­zierung des Herrschaftspersonals ein, d. h. es erfolgte eine Scheidung des Personals in zwei Gruppen, nämlich in eine, welche nur m ilitäri­sche Funktionen zu erfüllen hatte, und in eine andere, die nu r w irt­schaftliche Funktionen ausfüüte.

Da es unmöglich erscheint, in diesem Rahm en den A ufgaben­kreis der „fam iliäres“ bei allen G rundherrschaften des behandelten Raumes zu untersuchen, seien als Beispiele die H errschaften Forch- tenstein und Eisenstadt einerseits, die in dem von uns betrachteten Zeitraum als sogenannte „verpfändete H errschaften“43 un ter n ieder­österreichischer V erw altung standen, und die H errschaft Landsee- Lackenbach44 anderseits, die nach dem Preßburger Frieden (1491) bei Ungarn verblieben war, herangezogen.

A ufgrund der Konventionen sowie der Personallisten seien vor­erst Am t und A bfertigung der ausschließlich oder teilweise m it m ili­tärischen Aufgaben betrau ten Offiziale der H errschaft Landsee-Lak- kenbach beschrieben. In den fünfziger Jah ren des 16. Jhs. dienten bei der H errschaft:der Provisor m it drei Pferden, fü r die er F u tte r erhielt; seine Besol­

dung betrug einmal 100 Taler, dann w eitere 12 Taler fü r Be­kleidung. Falls er in den K rieg zog, zahlte m an ihm noch 2 fl M onatsgeld pro Pferd.

K astellan Paul Aranyadj diente gleichfalls m it drei Pferden, nach de­nen er je 12 Taler, zusam m en also 36 Taler bekam. Sein ,sub- sidiunT machte sam t Bekleidungsgeld 14 fl aus. Ähnlich dem Provisor gebührte ihm im Kriegsfall ein Monatsgeld von 2 fl.

Joannes A nk errey th er: sein ,salariunT w ar 10 fl, nach vier Pferden insgesam t 40 fl. Das Bekleidungsgeld sowie im Kriegsfall das M onatsgeld machten 12 bzw. 2 fl aus.

der V izekastellan stand m it zwei Pferden im Dienst. Als ,salarium ‘ w urden ihm 10, zusammen 20 fl gezahlt; dazu kam en noch 10 fl

43 Zur Frage der von Ungarn an Österreich verpfändeten Herrschaften verglei­che: August Er n s t , Zur Frage der von Ungarn an Österreich verpfändeten Herrschaften. In: Mitteilungen des oberösterreichischen Landesarchivs 5 (1957), S. 387 ff.44 Zur Geschichte dieser Herrschaft ist vor allem die Arbeit von Emö D e ä k, Geschichte der Herrschaft Landsee-Lackenbach im 16, und 17, Jahrhundert, Phil. Diss., Wien 1970 zu vergleichen.30

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Bekleidungsgeld und ,Dum vero erit in cam po‘ 2 fl M onats­geld; in na tu ra erhielt er noch 22 M etzen Weizen und 10 Eimer Wein.

Volffgang Fodoroczy m it sechs Pferden; als ,salarium ' verrechnete ihm die H errschaft pro Pferd 12 fl, zusammen 72 fl, fü r Be­kleidung 12 und als M onatsgeld 2 fl.

Im w eiteren folgen noch andere m it Pferden dienende K onven- tionisten, darun ter der ,Viceprovisor‘, von denen die m eisten den Beinam en ,L iteratus' trugen; ihre Besoldung gestaltete sich dem D ienst entsprechend gleich den oben nam entlich angeführten Offizia­len45.

Zum Unterschied von den bei Gyula Szekfü auf gestellten Thesen finden w ir bei den ,fam iliäres' der H errschaft Landsee-Lackenbach eine D ifferenziertheit in der Besoldung vor: w ährend das ,salarium ‘ ,per annum ‘ festgesetzt und auf den Dienst in der Burg bzw. im H errschaftsgebiet bezogen war, w urde das allgemein als ,Lunaris‘ oder ,pecunia M enstrualis' genannte M onatsgeld nu r dann gew ährt, w enn der ,fam iliaris‘ seinen Dienst im Feld versah, also im K riegs­fall.

In der ersten H älfte des 17. Jhs. lassen sich die M ilitärpersonen von denen der V erw altung eher unterscheiden. Die Offiziale selbst, darun ter die m it m ilitärischen Funktionen, w erden speziell 1629 ,Por- koläb' genannt. Entsprechend der Bedeutung der Burg Landsee stan­den dem ,feö Porkoläb' h ier zwei ,Vice Porkoläb’s' zur Seite, w ährend der von Lackenbach nu r einen S tellvertre ter h a tte46.

Zur nationalen Zugehörigkeit der Offiziale der H errschaft Land­see-Lackenbach im 16/17. Jh. ist zu sagen, daß der Großteil aus Ma­gyaren bestand, ein bedeutender Prozentsatz kroatischer H erkunft war, w ährend die Deutschen kaum eine Rolle spielten47

Zur Besoldung der Herrschaftsoffiziale, also der ,fam iliäres', m uß noch bem erkt werden, daß es keine Seltenheit war, daß die45 Fürst Esterhäzysches Familienarchiv (am ungarischen Staatsarchiv in Buda­pest), Rep. 12 (Herrschaft Landsee-Lackenbach), Fase. W, Nr. 846.46 Deäk a. a. O., 'S. 44847 Einige namentliche Nennungen seien angeführt:1585: Markho Bantsitsch, Hofrichter1616: Nikolaus Dominkowitsch, Burggraf (Pfleger) im Schloß zu Lackenbach1629—1642: Mihaly Dobrovicz, ,Viice Porkoläb' (Pfleger) in Landsee1629—1631: Jänos Senavacz, auch Dromautsitsch genannt, ,Vice Porkoläb' inLandsee1629—1631: Mi'hal Pogacznyak, ,Vice Porkoläb' in Lackenbach 1639: Mihaly Jagatsich (Jagatics) aliter Szentmartomi, Verwalter (Provisor) in Landsee; er war Inhaber eines Edelhof es in St. Martin (Bez. Oberpullendorf). Wegen verübter Veruntreuungen im herrschaftlichen Dienst wurde er von der Herrschaftsverwaltung suspendiert und ein langwieriges Untersuchungsver­fahren gegen ihn angestellt.Vgl. dazu: Fürst Esterhäzysches Familienarchiv (am ungarischen Staatsarchiv in Budapest), Rep. 12 (Herrschaft Landsee-Lackenbach), Fase. V (Untersuchung und Prozeß gegen den Verwalter Mihaly Jagatics)

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H errschaft nicht im stande war, dieselben ihrem Dienst entsprechend zu entlohnen. Zahlreiche Quellen bezeugen diese Notlage, wonach die ,fam iliaresc fü r treue und langjährige Dienste einzelne Besitzungen pfandweise zur B ew irtschaftung übernom m en hatten, welche un ter Umständen, falls die finanziellen M ittel zur Auslöse nicht auslangten, auch besitzrechtlich auf den P fandinhaber übertragen w erden konn­ten.

W ährend die ,familiäres* der H errschaft Landsee-Lackenbach im 16./17. Jh. von der N otw endigkeit des D ienstes her gegeben ihren ständigen W ohnsitz sam t ihren Fam ilienangehörigen in der Regel in den H errschaftszentren zu Landsee oder Lackenbach nahm en (falls der Herrschaftsoffiizial Inhaber eines befreiten Hauses oder Edelhofes w ar,w ohnte seine Familie dann m eist natürlich dort), kann zum in­dest bei den kroatischen Kleinadeligen, die zur Zeit des Hans von W eißpriach48 in der H errschaftsverw altung der H errschaften Forch- tenstein und E isenstadt tätig waren, nicht von ,fam iliares‘ im eigent­lichen Sinn gesprochen werden.

Im H errschaftsgebiet der beiden letztgenannten H errschaften hatten sich nach ih rer V ertreibung aus K roatien und nachdem sie eine Zeit lang gegen die Türken gegen Besoldung (von Seiten Ferdi­nand I.) Kriegsdienste geleistet hatten, m ehrere kroatische K leinade­lige niedergelassen49. H ier übernahm en sie B auernlehen zur B ew irt­schaftung und sanken dadurch in den S tatus un tertän iger B auern ab. Ein Teil von ihnen, nämlich folgende sieben auch nam entlich bekann­ten K leinadeligen konnten sich w enigstens bis zum Tode W eißpriachs (1571) als sogenannte Freisassen (lat. libertini, ung. szabadosok) vor dem A bsinken in die U ntertänigkeit bew ahren: Pauli Pünyckh, Jacob Khysenawitsch, Stefan Verschin, Gallus Duneritsch, Lucaß Pania-48 Hans vorn Weißpriach, einer der mächtigsten Grundherren im österreichisch- ungarischen Grenzraum im 16. Jh., war seit 1546 Pfandin'haber der Grafschaft Forchtenstein und seit 1553 auch der Herrschaft Eisenstadt. Nach seinem Tode (1571) wurden die beiden Herrschaften von seinen Erben abgelöst und unter die unmittelbare Verwaltung der Niederösterreichischen Kammer gestellt.Zur Geschichte der Herrschaften Forchtenstein und Eisenstadt vergleiche vor allem folgende Werke:Hans G r a f, Die westungarischen Grenzgebiete vorwiegend von der Mitte des 15. bis zur Mitte des 17. Jhdts, (Ein Beitrag Zur Klärung der Streitfragen zwischen Österreich und Ungarn.) Phil. Diss., Wien 1926.Rudolf K r o y e r , Geschichte der Herrschaft Eisenstadt bis zum Jahre 1647. Phil Diss., Wien 1954.Josef K o l l e r , Die Grafschaft Forchtenstein unter besonderer Berücksichti­gung der Urbare. Phil. Diss., Wien 1963.Die angeführten Arbeiten tragen allerdings wenig zu unserer Problematik bei.49 Die folgenden Ausführungen basieren, falls nichts anderes gesondert angege­ben wird, auf folgenden Quellen:HKA, Niederösterreichische Kammer, rote Nr. 58 (1573). Die Akten dieses Fas­zikels sind unfoliiert.Ebda, Gedenkbücher, österreichische (niederösterreichische) Reihe, Nr. 125 (1574), fol. 112 r., Nr. 127 (1574/1575), fol. 227 f.32

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nitsch, Michell Duneritsch und Simon Jurassewitsch. Als Freisassen w aren sie von allen Gaben und Leistungen an die G rundherrschaft befreit. Als G egenleistung fü r ihre Befreiung w aren sie im Kriegsfall zur K riegsdienstleistung verpflichtet, w ährend sie im Frieden als W acheorgane bei der Burg Forchtenstein oder beim Schloß in Eisen­stadt, ferner als K undschafter und als Vollzugsorgane der herrschaft­lichen V erw altung (Einbringung der herrschaftlichen Renten, Aufge­bot gegen ungehorsam e U ntertanen usw.) fungierten. Neben ihrer Befreiung von allen Abgaben und Leistungen an die G rundherrschaft erhielten sie fü r ihre Tätigkeit eine Entlohnung in N aturalien und Bargeld, doch sind darüber E inzelheiten nicht bekannt. Im Gegensatz zu den ,fam iliäres“ der H errschaft Landsee-Lackenbach m uß fü r die Freisassen der H errschaften Forchtenstein und E isenstadt festgestellt werden, daß sie ihren ständigen W ohnsitz nicht in den H errschafts­zentren der genannten H errschaften hatten: Pauli Pünyckh und Jacob Khysenawitsch w aren in Zillingtal, Stefan Verschin, Gallus Dune­ritsch, Lucaß Panianitsch und Michell D'uneritsch (Sohn des P etter Duneritsch) in Trausdorf und Simon Jurassew itsch in Großhöflein ansässig.

Ähnlich den ,fam iliäres“ der H errschaft Landsee-Lackenbach er­hielten auch die Freisassen der H errschaften Forchtenstein und Ei­senstadt im Kriegsfall (d. h. w enn sie ins Feld ziehen m ußten) das M onatsgeld bezahlt, Dieses betrug hier jedoch pro M onat 5 Pfund Pfennig (5 fl) nach jedem P ferd50.

Daß die kroatischen Freisassen der beiden H errschaften an zahl­reichen Kriegszügen teilnehm en m ußten, geht aus einem Schreiben Hans von W eißpriachs an Kaiser Ferdinand I. hervor, in dem er un­ter anderem anführt: „So bin ich auch in allen eurer M ayestet khriegsziegen und sonst vil andern zügen mer, desgleichen m it der­selben geliebsten herrn sun erzherzog Ferdinanden auf eignen costen persondlich m itgezogen“51.

Nach dem Tode W eißpriachs (1571), als die H errschaften Forch­tenstein und Eisenstadt von den W eißpriachschen Erben aus der Pfandherrschaft ausgelöst und der direkten V erw altung der N ieder­österreichischen K am m er unterste llt wurden, konnten die kroatischen Freisassen ihre bisherige Stellung nicht behaupten und sanken in den Status un tertän iger Bauern ab. Obwohl die Freisassen bei Installation der kam eralen V erw altung w eiterhin ihre Dienste anboten und in m ehreren Ersuchungsschreiben an den K aiser um B eibehaltung ihrer bisherigen Stellung bei den beiden H errschaften ersuchten, konnten sie gnadenhalber bloß eine Befreiung von allen grundherrschaftli­chen Lasten bis zum Jahre 1573 erw irken. Zwar w aren der neuer­nannte H auptm ann (Jörg Seifried von Kollonitsch) und die R entm ei­50 HKA, Niederösterreichische Kammer, rote Nr. 59 (März 1574). Die Akten dieses Faszikels sind unfoliiert.51 undatiert (vor 1563, I, 2); HKA, Hoffinanz Ungarn, rote Nr. 10 (Jänner 1563), fol. 18 f.

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ster der beiden H errschaften (Kötzer und G rüntaler) in ihrem G ut­achten an die N iederösterreichische K am m er fü r die w eitere Beibe­haltung der kroatischen Freisassen im herrschaftlichen Dienst (so wie es un ter W eißpriach der Fall gewesen war) eingetreten, doch spra­chen sich die niederösterreichischen K am erräte in ihrem R eferat an den K aiser gegensätzlich aus. Auch daraus ersieht man, daß die nie­derösterreichische V erw altung keineswegs kroatenfreundlich einge­stellt war. Man bedenke in diesem Zusam m enhang bloß die Be­schwerden der niederösterreichischen Stände gegen die kroatischen Einw anderer aus dem Jah re 1572 und die G eheim verfügung K aiser M aximilians II. aus dem Jah re 1573! Noch 1591 erinnerte sich Kollo- nitsch der Institu tion der Freisassen bei den H errschaften Forchten- stein und Eisenstadt. Anläßlich von K ontroversen, die zwischen Kol- lonitsch und Emmerich M egyery (G rundherr des sogenannten D raß- burger U ntergutes, das damals zwar innerhalb der Grafschaft Forch- tenstein gelegen war, aber verw altungsm äßig zu U ngarn gehörte) und dessen U ntertanen entstanden waren, beklagte sich erstgenann­ter bei der Niederösterreichischen Kammer, daß ihm und dem R ent­m eister insgesam t n u r sechs Pferde (d. h. eine M annschaft m it sechs Pferden) zur V erfügung stünde, w ährend „der herr von W eis- priach seine jreisässen gehalten hat, das iezo n it m ehr ist“ und es da­her „bös ist m it den baurn zu kriegen“52. Auch aus diesem Beleg e r­sieht man, daß die kroatischen Freisassen in der V erw altung der H errschaften Forchtenstein und Eisenstadt zur Zeit Hans von W eiß- priachs un ter anderem auch ein Vollzugsorgan bildeten, das die grundherrschaftlichen A nordnungen an die U ntertanen gegebenen­falls m it Gew alt durchzusetzen hatte.

Im folgenden m uß noch kurz auf zwei w eitere A nsiedlungsfor­men des kroatischen M ittel- und Kleinadels im österreichisch-ungari­schen G renzraum eingegangen w erden. Die eine konzentrierte sich auf die K leinadelsdörfer des burgenländisch-w estungarischen B erei­ches. Seit der M itte des 16. Jhs. findet sich fü r die K leinadelsdörfer dieses Gebietes in den Adelskonskriptionen ein verhältnism äßig ho­her Prozentsatz kroatischnam iger Adeliger. Indes m uß freilich be­m erkt werden, daß der Großteil der kroatiischnamigen Adeligen der K leinadelsdörfer ihren Adel erst im Verlauf des 16. und 17. Jhs. e r­warb, zur Zeit der E inw anderung also noch anderen Gesellschafts­schichten zugehörte. Die in den K leinadelsdörfern lebenden Adeli­gen w aren fast ausschließlich A nnalisten53.

Die andere A nsiedlungsform des kroatischen M ittel- und K lein­adels konzentrierte sich auf die Städte. Die Ansiedlung von Adeligen (nicht nur des kroatischen M ittel- und Kleinadels sondern des Adels überhaupt) in den königlichen F reistädten füh rte oft zu K ontroversen52 HKA, Hoffinanz Ungarn, rote Nr. 58 (1591), fol. 904 ff.53 So war — um nur ein Beispiel zu nennen — im 17. und 18. Jh. ein Zweig der dem kroatischen Uradel angehörigen Familie Bedekovic in Oberpullendorf (Felsöpulya) ansässig. Komitatsarchiv Sopron, Nobilitaria, 20. csomö, Nr. 23.34

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m it der alteingesessenen Bürgerschicht, da sich die Adeligen unter Berufung auf ihre S teuerfreiheit in vielen Fällen weigerten, an den öffentlichen Lasten (z. B. Zahlung der Taxen, Befestigungsbau u. dgl.) m itzutragen. Zu Beginn des Jahres 1549 w andte sich z. B. der S tad t­ra t von Preßburg an den S ta ttha ltere ira t und ersuchte diesen, bei König Ferdinand dahingehend vorstellig zu werden, daß die Taxen­zahlung der Stadt von 4.000 fl hung. auf 2.000 fl hung. herabgesetzt und die H älfte davon (also 1.000 fl hung.) zur Ausbesserung der S tadtm auer verw endet werde. Als Begründung fü r letzteres Ersuchen w ird angeführt, daß in die S tad t „complures fideles Vestrae Maiesta- tis patriis sedibus eiecti velu t in locum tu tu m perfugerunt, domicili- um que in ea sibi quaesiverunt usque adeo im m unita sit, ut in m ultis partibus m urus quoque ipse, qua cingitur, corruat“54.

D!ie Stadtm agistrate der königlichen Freistädte versuchten manchmal sogar vor den Türken geflohene Adelige vom H äuseran­kauf auszuschließen. Auf die Beschwerde zahlreicher Adeliger darü ­ber beschloß der ungarische Landtag 1563 (Gesetzesartikel 62), daß es den von den Türken vertriebenen Adeligen gestattet sei, H äuser in den königlichen Freistädten zu erwerben, falls sie sich verpflichteten, zu den öffentlichen Lasten der Städte beizutragen55. Die Gegensätze zwischen der alteingesessenen Bürgerschicht und den vor den Türken geflohenen Adeligen seien anhand eines Beispieles kurz illustriert. 1588 tra t der M arkt Gönc (Komitat Abauj) an König Rudolf m it der Bitte heran, vertriebenen Adeligen den Erw erb von Häusern und Lie­genschaften in Gönc zu verbieten. Der König ließ daraufhin das G ut­achten der Preßburger und Zipser K am m er einholen. Beide Kam ­m ern wiesen in ihren Berichten an den König daraufhin, daß das Verlangen des M arktes gegen die ,constitutiones regni‘ (Ges. A rt 62 aus 1563) verstoße und daher abzulehnen sei. Auch Erzherzog Ernst schloß sich der M einung der Kam m ern an und gab seine M einung dar­über an seinen Bruder w ie folgt w eiter: „Es were n it billich, die vom adl von dergleichen erkhaujfungen auszuschliessen, sonderlich weil oft manicher vom adl, so vom Türggen vertriben unnd seine güetter verlohren, sich in ainer oder der andern statt niderlassen m üesste, so were solches auch n it allain den publicis constitutionibus sondern auch allem mentschlichen m itleiden zuwider. “56. A nder­seits wiesen die K am m ern in ihren G utachten auch darauf hin, daß54 Wie Anm. 36, S. 13 f.55 Der betreffende Gesetzesartikel sei auszugsweise angeführt:Statutum etiam est, ut iuxta superiorum Conventuum artículos, liceat Nobili­bus qui domibus et resldentiis suis a Turcis pulsi sunt, in liberis civitatibus, saltem quatenus bona civium volúntate fieri poterit, domos emere; cum condi- tione, ut onera, solutiones et servitia civitatis publica cum civibus communiter et aequaliter ferant, et emptionem faciant, observata sólita An hoc civitatum libértate et consuetudine;Monumenta Hungariae Histórica (MHH)-Monumenta Comitialia Regni Hun- gariae 4. Bd. (1557—1563), ß. 604 1, hrsgg. v. F r a k n ó'i Vilmos56 HKA, Hoffinanz Ungarn, rote Nr. 55 (April 1589), fol. 27.

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eine Befreiung der Adeligenhäuser vom ,m itleiden‘ in den Städten abgelehnt w erden müsse und „sie die hung. camer derwegen n it rat­tern, khundte, das denen vertribnen oder anndern vom adl die befrei- ung ierer Heuser zuegeben werde; dann solcher gestallt zw ischen der­gleichen edlleuten und den bürgern vill unainikhait sich erregen w üerd t“51

Daß sich die in den Städten niedergelassenen Adeligen trotzdem vielfach weigerten, an den öffentlichen Lasten der Städte teilzuhaben, sei anhand zweier Beispiele dargestellt. 1589 w urden die in Trencsen ansässigen Adeligen von Erzherzog E rnst aufgefordert, die nach ih­ren H äusern aufgelaufenen Taxen zu bezahlen und auch in Zukunft den Zahlungen fristgerecht nachzukom m en57 58.

Eine ähnlich geartete Aufforderung erging an die in K arpfen (Korpona) ansässigen Adeligen59. Um spätere S treitigkeiten m it zah­lungsunw illigen Adeligen von vornherein zu verhindern, sicherten sich manche Städte dadurch ab, daß sie bei V erkauf von H äusern oder anderen Liegenschaften an Adelige von diesen einen Revers ver­langten, in dem sich die Adeligen verpflichten m ußten, die öffentli­chen Lasten nach dem Haus bzw. der Liegenschaft zu übernehm en60.

Abschließend sei noch auf die Problem atik des sozialen A ufstie­ges bzw. Absinkens des em igrierten kroatischen M ittel- und K lein­adels kurz eingegangen. Vorwegnehm end läß t sich allgemein feststel­len, daß die em igrierten M ittel- und Kleinadeligen im Vergleich zu den ausgew anderten Fronbauern in ihrem neuen Lebensraum sich in einer viel schwierigeren Lage befinden, da sie viel stärker vom sozia­len Abstieg bedroht sind als diese. Wie w ir am Beispiel der in den H errschaften Forchtenstein und E isenstadt als Freisassen tätigen kroatischen K leinadeligen gesehen haben, konnten viele K leinadeli­ge ihr Absinken zu untertänigen Fronbauern nicht verhindern.

Als Beispiel fü r die starke Bedrohung der kroatischen K leinade­ligen vom sozialen Abstieg sei kurz das Schicksal der W itwe und Waisen des Veit Ugrinovich, soweit w ir darüber quellenm äßig infor­m iert sind, beleuchtet. Nach dem Tode Ugrinovichs (2. H älfte des Jahres 1551) inkorporierte der K om orner B urggraf (Hauptmann) Mi­chael Schickh das Dorf Nagycsicsö, da sich die Ü bertragung des ge­nannten Ortes „auf khainen des Ugrinovit erben, sondern auf sein personn erstreckt“ w ieder der H errschaft K om orn61. Gegen diese M aßnahme scheint die W itwe Ugrinovichs, M argaretha, auf getreten zu sein, denn bereits am 10. Februar 1552 befahl König Ferdinand57 Ebda, fol. 21.58 Ebda (März 1589), fol. 112 ff.59 Ebda (Mai 1589), fol. 147.60 Vgl. dazu: Soproni ällami leveltär (Staatliches Archiv Ödenburg), Sopron va- ros leveltära (Stadtarchiv ödenburg), Lad. XXXVI. et LL. Variae reversaLes dominorum nobilium super coemtis domibus (1465—1708).61 Bericht des Komorner Hauptmannes Michel Schickh an König Ferdinand (Komorn, 1551, XII, 4). HKA, Hoffinanz Ungarn, rote Nr. 3 (Dez. 1551), fol.l.36

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den A m tleuten der H errschaft Komorn, die W itwe solange im N utz­genuß des Dorfes zu belassen “ donec eisdem (scilicet viduae et orphanis, Anm. d. Verf.) de aliis aliquibus bonis providere posse- m us“62. Trotz dieser Zusicherung befahl Ferdinand bereits am 22. Novem ber 1554 der Witwe, daß sie das ih r zur N utznießung über­lassene Dorf gegen eine Entschädigung von 200 fl an den Kom orner Burggrafen Johann Paxy abtreten solle63. D araufhin beklagte sich die W itwe b itte r gegen diese Vorgangsweise und bat den Palatin Thomas Nädasdy, fü r sie beim König vorstellig zu werden, daß ihr der N utzgenuß des Dorfes auch w eiterhin überlassen werde. Auf die schriftliche Intervention des Palatins64 hin beauftragte Ferdinand die ungarische Kammer, daß sie versuchen solle, zwischen der W itwe und Johann Paxy in betreff des Dorfes Nagycsicsö einen Vergleich zu­stande zu bringen. Ob ein Vergleich zustande kam, bzw. wie dieser ausfiel, ist nicht bekannt; jedenfalls sieht m an aber, welch schwieri­gen Stand die W itwe hatte, um ihren L ebensunterhalt zu sichern. Zu­sam m enfassend kann zum Problem des sozialen Aufstiegs bzw. Ab­sinkens des em igrierten kroatischen M ittel- und Kleinadels folgendes festgestellt w erden: Diie bevorzugten Tätigkeitsbereiche des kroati­schen M ittel- und Kleinadels, der M ilitärdienst, der D ienst an den großen V erw altungszentren der M agnaten konnten zwar ein unm it­telbares soziales Absinken verhindern, anderseits schuf er kaum oder nu r in A usnahm efällen die Möglichkeit einer größeren K apitalakku­mulation, die Voraussetzung fü r größere G rundankäufe und damit zu einer größeren Selbständigkeit gewesen wäre. Aus D ankbarkeit fü r treue Dienste an den Höfen der M agnatenfam ilien gelang es zwar vielen ,fam iliäres’, ih re G üter im Herrschaftsbereich im Wege der so­genannten Inskription von allen Lasten der U ntertänigkeit lebenslang oder sogar auf m ehrere G enerationen zu befreien, doch fielen diese G üter früher oder später w ieder in die U ntertänigkeit der M agnaten zurück.

Grenzverteidigung und Kultur im Pannonischeu Raum — Bericht über ein Sem iiarexperim ent

Von Wolfgang H ä u s l e r und K arl V o c e 1 k a, WienInnerhalb der Vielzahl der Problem e einer Geschichte des pan-

nonischen Raumes ist ohne Zweifel die Erforschung der osmanischen Expansion jener Bereich, an dem die intensivsten Rückw irkungen auf W irtschaft, Gesellschaft und K ultur dieser Landschaft zu studieren sind — eine Tatsache, die dazu geführt hat, daß m an sich gerade in62 Ebda, rote Nr. 5 (Jänner 1555), fol. 3263 Ebda, rote Nr. 4 (Nov. 1554), fol. 53.64 Ebda, rote Nr. 5 (Jänner 1555), fol. 31.

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