die mechanischen eigenschaften des auges und seiner gewebe

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DIE MECHANISCHEN EIGENSCHAFTEN DES AUGES UND SEINER GEWEBE yon ]. TEN DOESSCHATE LIND F. P. FISCHER, UTRECHT. (Mit 29. Abbildungen im Text.) (1. VI. 1947) INDEX Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 I. Die mechanischen Eigenschaften organischer Gebilde. 195 a. Allgemeine Einfiihrung in die Mechanik organischer Gebitde . . . . . . . . . . . . . . . . 195 b. Begriffsbestimmung mechanischer Eigenschaften . 195 1. Elastizit~t . . . . . . . . . . . . . . 196 2. Dehnbarkeit . . . . . . . . . . . . . 198 3. Rigiditgt . . . . . . . . . . . . . . 198 4. Festigkeit . . . . . . . . . . . . . 199 5. H~irte . . . . . . . . . . . . . . . 199 c, Die klrsachen der mechanischen Eigenschaften der Gewebe des Auges . . . . . . . . . . . . 201 1. Gewebsbau und -zusammensetzung als Material- beschaffenheit . . . . . . . . . . . . 201 2. Einfluss der Wasserbindungsverh~iltnisse 206 3. Die submikroskopische Feinstruktur . . . . . 211 d. Messun 9 der mechanischen EigenschMten . . . . 212 1. statische Methoden . . . . . . . . . . 212 2. dynamische Methoden . . . . . . . . . 214 II. Die Bedeutun 9 der mechanischen Eigenscha[ten des ge- sunden Auges . . . . . . . . . . . . . . . 215 a. [fir Bau und Funktion der nicht vaskularisierten Gewebe . . . . . . . . . . . . . . . . 215 b. t~iir Bau und Funktion der vaskularisierten Gewebe . 232 c. ftir Bau und Funktion des Auges als Ganzes . 242 III. Die Bedeutun 9 der mechanischen Eigenschaften des kranken Auges . . . . . . . . . . . . . . 252 a. bei Erkrankungen der nicht vaskularisierten Gewebe 252 b. bei Erkrankungen der vaskularisierten Gewebe . 258 c. be/ Erkrankungen des Auges als Ganzes . . . . 261 IV. Zusammen[assende l.Iebersicht, rfisum~ . . . . . . 263 V. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . 265 ~s 193

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DIE M E C H A N I S C H E N E I G E N S C H A F T E N DES A U G E S U N D S E I N E R G E W E B E

y o n

]. T E N D O E S S C H A T E LIND F. P. FISCHER, U T R E C H T .

(Mit 29. Abbildungen im Text.)

(1. VI . 1947)

I N D E X

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 I. Die mechanischen Eigenschaften organischer Geb i lde . 195

a. Allgemeine Einfiihrung in die Mechanik organischer

Gebitde . . . . . . . . . . . . . . . . 195 b. Begri f fsbest immung mechanischer Eigenschaf ten . 195

1. Elastizit~t . . . . . . . . . . . . . . 196 2. Dehnbarkei t . . . . . . . . . . . . . 198 3. Rigiditgt . . . . . . . . . . . . . . 198 4. Festigkeit . . . . . . . . . . . . . �9 199

5. H~irte . . . . . . . . . . . . . . . 199 c, Die klrsachen der mechanischen Eigenschaf ten der

Gewebe des Auges . . . . . . . . . . . . 201 1. Gewebsbau und -zusammensetzung als Mater ia l -

beschaffenhei t . . . . . . . . . . . . 201

2. Einfluss der Wasserbindungsverh~il tnisse 206 3. Die submikroskopische Feinstruktur . . . . . 211

d. Messun 9 der mechanischen EigenschMten . . . . 212 1. statische Methoden . . . . . . . . . . 2 1 2

2. dynamische Methoden . . . . . . . . . 214 II. Die Bedeutun 9 der mechanischen Eigenscha[ten des ge-

sunden Auges . . . . . . . . . . . . . . . 215

a. [fir Bau und Funktion der nicht vaskularisierten Gewebe . . . . . . . . . . . . . . . . 215

b. t~iir Bau und Funktion der vaskularisierten Gewebe . 232

c. ftir Bau und Funktion des Auges als Ganzes . 242 III. Die Bedeutun 9 der mechanischen Eigenschaf ten des

kranken Auges . . . . . . . . . . . . . . 252 a. bei Erkrankungen der nicht vaskularisierten Gewebe 252 b. bei Erkrankungen der vaskularisierten Gewebe . 258 c. be/ Erkrankungen des Auges als Ganzes . . . . 261

IV. Zusammen[as sende l.Iebersicht, rfisum~ . . . . . . 263 V. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . 265

~s 193

Einleitung.

Die mechanischen Eigenschaften des 'Auges und seiner Gewebe haben die Augen/~rzte seit jeher interessiert, viel Nachdenken und manche sehr wertvolle Untersuchung hat man ihnen gewidmet. So~ gar das BedfiHnis nach zusammenfassenden Darstellungen war sehr bald rege und land wiederholt zu verschiedenen Zeiten Befriedi-

flung. W a s abet immer fehlte, ja vielleicht niemals ernstlich erstrebt

wurde, war die Behandlung der mechanischen Eigenschaften, unab- h~ingig von anderen Fragen, wobei sie eine Rolle spielten. Man zog n~imlich die mechanischen Eigenschaften des Auges als Ganzes und auch seiner Gewebe fallweise ins Kalkiil, meistens als einen st6ren~ den Faktor, der Darstellungen oder Ableitungen allgemeiner Art komplizierte, wie das zum Beispiel in klassischer Weise bei der Theorie der Messung des intraokularen Druckes und der AusbiI~ dung der Tonometer der Fall war.

Mit der Mechanik der Gewebe als einem selbst~indigen Problem- kreis hat man sich nur ausnahr~sweise befasst.

Das ist nicht ohne Folgen geblieben, vorallem in Verbindung mit einem zweiten LImstand, n,imlich der unstatthaften Verwendung yon Begriffen und Definitionen, die auf Gebilde, wie es die Gewebe des Auges sin& keinen Bezug haben. Das Resultat war dann entt~iu- schend, wei les unzutreffend oder schief war, was bei entsprechen- der gedanklicher Durchdringung der Materie h~itte vermieden wer- den k6nnen.

Deshalb haben wir es unternommen die mechanischen Eigen- schaften des Auges und seiner Gewebe allseitig und ohne Ber~ick- sichtigung etwaiger Anwendbarkeit darzustellen.

Dabei erwies sich als unentbehrlich eine alIgemeine Einleitung vorauszustellen, in welcher die Grundbegriffe nach LImfang und Inhalt besprochen und definiert werden, um ~ne Grundlage ~iir das Verst~indnis und den W e f t der angestellten Messungen zu erlangen, abet auch'des .W'esens der untersuchten Eigensc'haften.

LInsere Absicht war es nicht nut unser Wissen, sondern auch dessen Liicken nachzuweisen, was erfahrungsgem~iss den Kreis der Interessenten verflr6ssert.

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I. DIE M E C H A N I S C H E N E I G E N S C H A F T E N ORGANISCHER GEBILDE.

a. AUgemeine Ein[iihrun 9 in die Mechanik.

LInter Mechanik versteht man Aenderungen der Lage eines K6r- pets. 'W/ihrend man im Allgemeinen sich mit den Lagever/inderun- gen eines K6rpers als Ganzes beschgftigt, werden wit uns aus einan- der zu setzen haben mit den Lagevergnderungen von K6rperteilchen. Sokhe ereignen sich vor allem gegen einander z.B. beim Biegen oder sonstigem LImformen eines K6rpers.

Gleichviel, welche mechanische Verrichtung wit analysieren, /iberall finden wir zwei Kr/iftegruppen einander entgegen wirken. Die eine strebt Lagever/inderungen hervorzurufen, die andere solche zu verhindern. Wirkt eine lagever~indernde Kraft auf einen K6rper, so wirken ihr Schwerkraft, Reibung, Trggheit, Festigkeit und andere zwischen den K6rperteilchen wirksame Krgfte, die das Wesen der Kohgsion ausmachen, entgegen. Dabei i~t angenommen, dass der K6rper so gestaltet ist, dass die Abst/inde der ihn zusammensetzen- den Massenpunkte respekgve Teilchen gleic'h sind und bleiben. Ein solcher K6rper ist start. Ein starter K6rper kann amorph sein, das bedeutet die Teilchen liegen in idealer LInordnung, oder er kann strukturiert sein, wenn die Teilchen geordnet sind. Eine solche Ordnung kann symmetrisch bescha[fen sein und zwar isotropisch, wenn in ieder Richtung immer die gleichen Verhgltnisse, quantitativ und qualitativ, bestehen, orthomorph, wenn zu )edem Rechtskoordi- natensystem ein identisches Linkskoordinatensystem geh6rt und endlich homogen, wenn iedes Volumeselement die gleiche Dichte auf- weist. Im Falle der Asymmetrie spric ht man dann von anisotropisch, enantiomorph und heterogen.

b. Begri[[sbestimmung mechanischer Eigenscha[ten.

Als mechanische Eigenschaften bezeichnet man die F~ihigkeit der K6rper auf gegebene Kr~fte in charakteristischer Weise zu reagie- r e r l .

Diese F~ihigkeit wird bestimmt durch die Masseteilchen. Der Zusammenhang der Masseteilchen bestimmt den Aggregats-

zustand, die Menge in der Raumeinheit dessen Dichte und die Gleichheit der Dichte per Volumselement seine Homogenitiit:

Die Kohgsion, der Teilchenzusammenhang, ist bedingt durch in-

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teratomare Kr~ifte, die einer Trennung der Atome von einander, Wiederstand leisten, klrsache der Koh~ision ist die Anziehung der elektrischen Teile der einzelnen Atome. Die Koh~ision ist kontinuier- lich und ohne scharfe Grenzen abstufbar yon der idealen Starre bis zur Gasf6rmigkeit. Die Dichte, die Menge Masse pro Raumeinheit, ist ebenfalls abh~ingig yon diesem Zusammenhang der Masseteil- chen, abet auch yon deren elementaren Beschaffenheit. Stoffe gleichen Aggregatzustandes k6nnen verschiedene Dichte haben.

Homogene K6rper reagieren anders, jedenfalls nicht in gleicher Weise als heterogene K6rper. Gesetzm~issigkeiten, gefunden bei ho- mogenen K6rpern, k6nnen nicht einfach auf heterogene angewendet werden.

Es liegt auf der Hand, dass man erst die Gesetze mechanischer Eigenschaften der homogenen K6rper kennen muss, will man die komplizierteren heterogener Gebilde studieren.

1. E l a s t i z i t / i t .

Auch in sogenannt starren K6rpern sind die Masseteilchen gegen einander verschieblich. Werden sie verschoben, so ver~indert clef K6rper seine Form, Einer solchen Verschiebung leisten die Koh~i- sionskr~ifte Wiederstand. Sie streben die Formver~inderung zu ver- hindern, H6rt die Llrsache einer etwaigen Formver~inderung auf zu wirken, so streben die Koh~isionskr~ifte die Wiederherstellung der urspriinglichen Form an. Die Eigenschaft, verm6ge deren ein K6r- per sich von der Form~inderung wieder erholt, nennt man E 1 a s - t i z i t ~i t. Die Wiederherstellung der Ausgangsform gelingt fast vollkommen, wenn die Form~nderung eine gewisse Grenze noch nicht /iberschritten hatte, unvollkommen, - - es bleibt eine gewisse Form~inderun 9 auch noch nach dem Aufh6ren der Einwirkung der deformierenden Kr~ifte zuriick - - wenn diese Grenze iiberschritten wird. Diese Grenze nennt man die Elastizitatsgrenze.

Ein vollkommen elastischer K6rper durchI~iuft ,bei allm~ihlicher Be- und Entlastung identische Formen. Gleichen Lasten entsprechen bei Be- und Entlastung gleiche Deformationen. Der Vorgang der Deformation ist reversibel. Entsprechen gleichen Lasten bei der Be- und Entlastung nicht gleiche Deformationen, sondern bei der Entlas- tung gr6ssere Deformationen als bei der Belastung, dann ist der Vorgang irreversibel, es bleibt ein Deformationsrest. Sowie dieser sich mit der Zeit ausgleicht, wird er elastische Nachwirkung ge-

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nannt. Der iibrigbleibende Rest, der sich in Verschiedenheit der Gleichgewichtsdeformation bei Be- und Entlastung kundgibt, heisst Hysteresis.

Die beiden Anteile des irreversiblen Vorganges, elastische Nach- wirkung und Hysteresis sind schwer von einander zu trennen. Die Nachwirkung ist meistens von langer Dauer.

Neben diesen Vorg~ingen kennt man noch die Relaxation: der de- formierte K6rper vermindert w~ihrend der Beanspruchung seinen Wiederstand, er entspannt sick Wiewohl die Deformation zu- nimmt, kann die deformierende Kraft im Verlauf der Deformation veringert werden.

Die Art der Form~inderun 9 h~ingt ausser v o n d e r urspriinglichen Form des K6rpers ab von der Deformationsrichtung. Der defor- mierte K6rper kann zusammengedr/ickt, auseinandergezogen , verbo- gen oder verdreht werden. Je nachdem spricht man dann von Druck- Zug-Biegung- oder Torsionselastizitfit. Die Gr6sse der Deformation ist der Gr6sse der deformierenden Kraft proportional.

Lit tensio sic vis (Hooke 1676). Hieraus folgt, dass der Quotient L~ingenver~inderung pro Einheit:

deformierende Belastung, also Ver~inderun 9 durch Kraft, konstant ist. Diese Konstante ist der Elastizit~tsmodulus. Er ist leicht zu be- rechnen aus:

E ~ p/d,

worin p ~ P/Q und d ~ I/L.

Dabei bedeutet P die einwirkende Kraft, Q den Querschnitt des K6rpers, 1 die eintretende I-~gen~nderung, L die ursprfingliche L~nge.

Somit ist E ~ P/Q.Lfl

Der reziproke Wer t yon E ist der Etastizit~tskoe[[izient. Er stellt dar: Kraft durch Vertinderung.

= I/E -~ Q/P. 1/L.

W~ihrend E den elastischen Wiederstand angibt, bedeutet ~ die elastische reversible Nachgebigkeit.

Nach dem Hooke'schen Gesetz ist die Deformationskurve eine Gerade. W o elastische Nachwirkung eder gar Hysteresis auftreten, gilt das Hook'sche Gesetz nicht mehr. Der K6rper wird gedehnt.

197

2. D e h n b a r k e i t .

Dehnbarkeit bezeichnet Formnachgiebigkeit ohne Zusammen- hangsverlust. Die elastische Dehnung fleht immer mit einer senkrecht zur Dehnungsrichtung verlaufenden Kontraktion einher. Ist die L~inge L und der Durchmesser d und betr~igt die L~inflen~inderung 1 und die Kontrakt!on ~, dan ist die relative Kontraktion

~/d ----- vl/L,

worin v die Elastizit~tszahl ist, eine Konstante, welche erfahrungs- 9em/iss zwischen 0,2 und 0,5 liegt.

Wenn ein K6rper nach einer R, ichtung stark beansprucht war, sodass seine Gestalt dauernd ver/indert ist, dann kann er ohne wei- tere dauerende Aenderung st/irker deformiert werden als dies vom ursprtinglichen Zustand aus m6glich war. Er hat somit eine neue Elastizitiitsgrenze erhalten. Diese entspricht der Dehnungsrichtung und geht gepaart mit einer Verengerung in der entgegen gesetzten Ric'htung. Der molekulare oder atomare Zustand ist asymmetrisch 9eworden.

Bezeichnet s die Dehnung, welche zur Zeit t nach dem Aufh6ren der Deformationskraft noch besteht, dann vol/zieht sich die Ge- staltswiederherstellung mit der Geschwindigkeit

- - d s / d t ~ as/t, somit

c ~ c / t ~.

a steht fiir die Kraft, welche die Dehnung r/ickg~ingig macht, a ist ftir die gleic'he Art der Dehnung am selben K6rper nahezu konstant. Die Konstante c bedeutet die zur Zeit t nach dem Aufh6ren der Deformation noch vorhandene Nachwirkung. Sie ist der Gr6sse der vorausgegangenen Deformation nahe proportional und w/ichst mit deren Dauer.

3. R i g i d i t h t .

Als Rigiditht ist der elastische Wiederstand 0egen Eindrficke zu verstehen, welche man auch als Biegungssteifigkeit bezeichnen k a n . Diese kann dureh den Eindringungsmodulus E' definiert werden, da

E' ~ E/I - - V 2

worin E der Dehnungsmodulus und v die Elastizit~itszahl bedeutet.

198

'L F e s t i g k e i t .

Nach dem lAeberschreiten der Elastizit~itsgrenze bleibt die Deform- ation dauernd bestehen, um schliesslich zum Formzerfall zu ffihren. In dem Gebiet zwischen der Elastizit/itsgrenze und der Grenze, bei der sie zerfallen, offenbaren die Stoffe die Eigenschaften, die man dehnbar, h~immerbar, walzbar, spr6d, hart, welch und so weiter nennt. Diese Eigenschaften sind weder eindeutig zu definieren noch exakt zu messen. Man spricht von Zug~DruckzBiegungs-Torsions- festigkeit. Man versteht darunter die Belastung, bei der im Zug- oder Druckversuch z.B. der K6rper zerreist. Die Bruchlast auf die Fl~icheneinheit bezogen gibt die Bruchgrenzen an.

'Wechselt die Belastung, so wird die Festigkeit stark alteriert. Durch zu h~iufigen Wechsel kann mit tie[ unter der Belastungsgren- ze liegender Last ein Bruch entstehen. Dies ist dutch kristallinische Struktur verursacht, die das Entstehen submikroskopischer Gleit- fl~ichen innerhalb der Kristalle m6glich macht, l_Inter einer gewissen Belastung ist Belastungswechsel ohne jeden Einfluss. Auch die Ge- schwindigkeit der Belastung beeinflusst die Festigkeit. Ein z~her K6rper kann bei stossweiser Belastung spr6de erscheinen, ein plas- tischer fliessen.

5. H/~r t e.

Als H~irte ist die Eindringungsfestigkeit definiert, also der Wie- derstand, den ein Stoff einem anderen in ihn eindringenden entge- gen setzt. H/~rte kann dargestellt werden durch einen Druck (Kraft durch Fl~icheneinheit), der gleich ist dem Druck im Zentrum einer kugelsegmentf6rmigen Druckfl~iche, der n6tig ist, um in einem Punkt des K6rpers die Spannungen die Elastizit~tsgrenze erreichen zu lassen. Nach Hertz (1882) ist der Druck im Zentrum das 2/3 fache des mittleren Druckes pm auf der ganzen Druckfl/iche. Be-

deutet p~m den kleinsten Wer t yon Pro, bei welchem eine dauernde Ve~'~inderung eintritt, so gibt nach Hertz die H~irte im absoluten Mass

3/2 Pro"

Exakt sind die Hertzschen Lleberlegungen nicht anwendbar, da die Elastizit/itsgrenzen im Allgemeinen nicht scharf bestimmt wer- den k6nnen.

Was fiir homogene Gebilde gilt, kann nicht ohne weiteres auf

199

heterogene angewendet werden. Aus dem bisher Vorgetragenen er- gibt sich bereits zwanglos, class die mechanischen Eiffenschaften ato- mar verursacht sind. Sie m/issen also bei Ver~inderungen tier atom- aren Konfiguration Verhnderungen erleiden. Geht man von Kristal- len aus, Gebilden also, die in allen ihren Teilen ffleich bescha[fen sind, deren elastische Eigenschaften abet yon der Beanspruchungs- richtung abhhngen, freilich in iedem Punkt in derselben Weise, so l~isst sich ihre Elastizit~it nicht durch zwei, sondern nur durch eine gr6ssere Anzahl Elastizitfitskonstanten beschreiben. Der richtungs- verschiedene, vektorielle Elastizithtsmodulus eines Kristalls von einem Punkt dargestellt ergi,bt daher keine Kugel. sondern Flhchen wie sie in Abbildun 9 la und b gezeichnet sind.

Abbildung I. Raumliche Darstellunfl des Elastizit~itsmodulus eines Kristalles. Da der Modulus vektoriell und richtungsverschieden ist, so ergibt seine Raumdarstellung keine Kugel, sondern K6rper

entsprechend a und b.

Won Gebilden, die nicht oder nut nhherungsweise geordnet sind, die also keine Kristallstruktur haben, bestenfalls eine kristallitische Textur erkennen lassen, kann eine solche vektorielle Darstellung des Elastizithtsmodulus /iberhaupt nicht durchgeffihrt werden, ja sie ist definitionsgemFass eigentlich als sinnlos zu bezeichnen.

Dazu kommt noch, dass die elastische Nachwirkung und die Hysteresis bei heterogenen Gebilden sehr ausgesprochen sind, bei organischen ,bis zu 50 % der Deformation betragen und durch Tem~

200

peratur~inderungen, aber auch durch andere Bedingungen weit- gehend modifiziert werden k6nnen.

Dass somit bei organischen Gebilden die Elastizit~it kontinuierlich variabel ist, ist leicht einzusehen.

Rigidit~it, Festigkeit und H~irte erweisen sich ebenfalls bei hetero- genen, vor allem aber bei den organischen Gebilden als extrern va- riabel und zwar durch Beanspruchun 9, aber auch durch innere Ver~ ~inderungen ohne ~iussere Beanspruchun 9. Gerade diese spontane und Beanspruchungsvaria:bilit~it begrfindet die Bedeutuug der me- chanischen Eigenschaften fiir unsere Probleme.

c. Die Ursachen der mechanischen Eigenschaften der Gewebe des Auges.

W e n n wit nun dazu /ibergehen eine Mechanik der Gewebe des Auges zu entwickeln, so kann dies nur dann ohne grosse Irrttimer geschehen, wenn wir uns fiber den sub- und ultramikroskopischen Aufbau dieser Gewebe im Klaren sind. Denn yon diesem mtissen die mechanischen Eigenschaften verursacht werden. ~Vir sind uns be~ wusst, dass unsere Kenntnisse auf diesem Gebiete noch sehr unvoll- st~indi 9 sind, glauben aber in dieser Hinsicht beser vorzustehen als unsere Vorgglnger, welche Betrachtungen und Messungen der Me- chanik der Gewebe des Auges fast ausnahmslos von einem makros- kopischen Standpunkt aus ausgef/ihrt haben. Dabei kann man wohl auch fast ausnahmslos erkennen, dass das Studium dieser Eigen- schaften nicht urn ihretwillen unternommen wurde, sondern dass im Zuge ganz anderer LIntersuchungen mechanische Eigenschaften, meist unerwfinscht und als Komplikationen, zu Tage traten, weswe- gen sie dann insofern berficksichtigt wurden als fiir den ursprfingli- chen LIntersuchungskreis n6ti 9 war. Dies hat nat/irlich zu abwegigen Ergebnissen fiihren m~ssen, die ihrerseits Verwirrung in beide Ge- biete trugen. Nach unseren bisherigen Auseinandersetzungen wird es abet wohl deutlich sein und als folgerichti 9 erscheinen, wenn wir nun dazu/ibergehen, den ultramikroskopischen Feinbau der Gewebe wenigstens in grossen Zfigen auseinander zu setzen.

1. Gewebsbau und -Zusammensetzung als Materialbescha[[enheit.

Alle Gewebe des Auges sind quellbar und als hydrophile Galler- ten anzusehen. Sie sind aus Mizellen aufgebaut, deren Elemente Makromolekfile sind. Diese weisen eine gewisse Ordnung auf, wel- che dutch ~iussere Beanspruchun 9 beeinflusst wird. Materialunter-

201

suchungen im monochromatischen R6ntgenlicht, Hertel, 1933, haben uns einen Einblick in den inneren Bau dieser Mizellen und eine Sch~itzung ihrer Gr6sse erm6glicht. Es handelt sich um Polypeptid- ketten, deren Aminos~iurereste als KettengIieder im mittleren Teil ihrer L~nge mit einander durch seitlich wirksame Nebenvalenz (van der Waals) - - kr~ifte zu einem kristallitischen Gebilde verbunden sind. Dieses ergibt datum keinen echten Kristall, well die einzelnen Kettenglieder, die Aminoshuren nur hhnliche, keine identischen Bau- steine sind. Nut das Zentrum h/ilt seitlich zusammen, gegen die En- den liegen die Polypeptidketten wie Gewebefransen aus der Rich- tung. Sie ergeben den intermizellaren Zusammenhang.

Eine solche Mizelle gibt verwaschene Debye-Scherrer-Ringe, in welchen keine oder nut angedeutete Kristallinterferenzen unter- schieden werden k6nnen. Als Beispiel sei hier das R6ntgendiagramm der Hornhaut bei einem Wassergehalt yon 85 % nach Hertel wie-

Abbildung 2. Debye-Scherrer-R6ntgendiagram einer Kaninchenhornhaut mit einem Was-

sergehalt yon 85 % nach Hertel.

Abbildtmg 3. Debye-Scherrer-R6ntgendiagram einer 50% gedehnten Kaninchensklera. Es

ist ein sehr deutliches Vierpunkt- diagram. Nach Hertel.

dergegeben. Tritt aber eine Ordnung ein z.B. durch Nebeneinander- legen der Ketten, so entstehen scharfe Kristallinterferenzen wie sie die R6ntgendiagramme yon gedehnter Sklera zeigen, welche eben- falls der grundlegenden Arbeit von Hertel entnommen sind. Die Kristalliten der Gewebe des Auges sind klein, zwischen 1-4.10 cm.

~rom Feinbau, yon der Lage und Ordnung der Mizellen, yon ihrer Struktur und Textur hhngen die mechanischen Eigenschaften der Gewebe ab.

202

Der Feinbau, worunter nicht nur der Aufbau der Mizellen, son- dern auch ihr Zusammenhang verstanden sei nebst der Beziehung, welche die Mizellen untereinander und zu der intermizellaren LIm- gebung haben, ist die submikroskopische Basis der histologischen Fasertextur.

Elastizit~it, Festigkeit und H~irte der Faser wird dutch diesen Feinbau determiniert. Dies ware auch der Fall, wenn die Faser au[- gebaut w~ire aus im Raume stabilen Mizellen. In Wirklichkeit sind Lage und Ordnung der Mizellen variabel und zwar dutch innere intra- und intermizellare Faktoren und Llmsthnde, wie auch durch ~iussere Einwirkungen. Die Debye-Scherrer-Aufnahmen von Hertel, 1933, beweisen, dass die mizellare Ordnung in den Geweben sehr unvollkommen ist, abet durch relativ geringe Kr~ifte leicht in eine sehr weitgehende, echte Ordnun9 iibergehen kann. Eine teigartige Einbettung der Mizellen, eine plastische Packungsdichte macht die mechanischen Eigenschaften der Gewebe zustands- und beanspru- chungsvariabel.

Da die Mizellen zu faden[6rmigen Aggregaten zusammentreten, die unter einander zusammenh~ingen und im Raume gleichsam ver- flochten und versponnen erscheinen, hat diese submikroskopische Texturierung und Strukturierung eine mikroskopische Textur und makroskopische Struktur zur Folge. Bei solcher Sachlage wird nun verst~indlich, wie dutch Quellung die Beziehungen der Mizellen unter einander und zur intermizellaren Llmgebung weitgehend vari- iert werden k6nnen. Es erscheint nunmehr an~tezeigt in Einzelheiten zu gehen und yon der Mizelle aus ,die mechanischen Eigenscha[ten der Gewebe des Auges zu betrachten.

Zu diesem Behu[e stellen wit uns die Mizelle schematisch vor als ultramikroskopisches Formelement, dessen element~ire Zusammen- setzung wit vorl~iufig ausser ,Acht lassen. Dieses Formelement ist ein[ach gestaltet, sicherlich nicht kugeli 9, wahrscheinlich st~ibchen- f6rmig. Die mechanischen Eiflenschaften eines solchen St~ibchens kennen wit nicht, es ist aber aller Grund vorhanden es als nicht voll- kommen elastisch, dehnbar, weich und nicht hart anzusehen. Da es abet eingebettet ist in eine zusammenhhngende Phase, die als Sol oder Gel angesprochen werden muss, und somit eine gewisse Ver- schiebun~Iselastizitht hat, so spielt in makroskopischer Dimension die Starrheit der Mizelle keine Rolle. Die makroskopischen Eigen- schaRen werden dutch die Beziehungen der bllizellen zu einander, durch den intermizell~iren Abstand, dutch die Gr6sse der Mizellen

203

bestimmt. Werden die Mizellen dutch intramizell/ire Wasserauf~ nahme vergr6ssert, so k6nnen Nebenvalenzen eine Rolle spielen. In der Fig. 4 sind einige Mizellen schematisch skizziert. Ihr Bau ent-

J

Abbildung 4. Schema des Baus einer Mizelle und des Mizellar-

verbandes aus Polypeptidketten.

spricht den Hertel'schen R6ntgendiagrammen. Man sieht wie die Polypeptidketten zusammenh/~ngen und an einander liegen, aber auch wie sie ausfransen, wenn ihr Abstand so gross wird, dass sie nicht mehr im Kraftfeld der van der Waals'schen Kr/~fte stehen. ~v~ird Wasser auch intermizellar auf9enommen, so werden noch mehr Ketten von einander losgel6st, ja es kann sch]iesslich zur alI~ gemeinen L6sun 9, zum Zerquellen kommen, wenn n~imlich keinerlei seit]iche Bindungen mehr bestehen. Wie immer aber die Ver/~nde- rungen bei der Wasseraufnahme sein m6gen, eine mizeIlare Oral- hung, die zum Faserbau fiihrt, wird grosse Festigkeit und m~ssige Dehnbarkeit in der L~ngsrichtung, freie Biegsamkeit in den dazu senkrechten Richtungen haben. Mit der Aufquellung wird es dann zur Festigkeitsabnahme mit Zunahme der Elastizit~tsgrenzen kom- men, was man von unserem Schema direkt ablesen kann.

Gleichgiiltig, ob die Wasseraufnahme intra- oder intermizell/ir oder in beiden modis erfolgt, immer wird das mikroskopische Ge-

20't

bilde in den zur L~ingsrichtun 9 senkrechten Richtungen au{quellen, well es dort mehr Ober[l~ichen gibt und somit nicht nur anisodimen- sional au[quellen, sondern sich auch richtungsverschieden gegen- fiber ~iusseren Einwirkungen erweisen. Der mizellare Feinbau ge- staltet demnach die mechanischen Eigenschaften der Gewebe und deren vektoriellen Charakter.

Aus dem Vorgetragenen ergibt sich [olgerichtig, dass die Elasti- zit~it der Gewebe des Auges, well sie heterogene und anisotrope Ge- bilde sind, den Gesetzm~issigkeiten, die [tir homogene gelten, nicht folgt. Wi rd ein mizellar au[gebautes Gebilde belastet, so wird die Mizellarordnung un'herstellbar ver~ndert, weil sie ultramikroskopisch dimensioniert ist. Wenn man einen Eindruck in einen Tei 9 macht, so erh~ilt man nie mehr die ursprtingliche Form zuriick. Genau das- selbe gilt von der Mizellenanordnung.

Da die Mizellen wie in einem Teige liegen, so wird mit dem Aul[- h6ren der Einwirkun 9 die ursprtingliche Form, ma 9 sie auch ange- strebt werden, nie erreicht. Er bleibt immer ein Deformationsrest zuriick. Elastische Nachwirkung und elastische Hysteresis [ehlen nattirlich niemals, verlau{en aber langsam. Da beide die reaktiven Worg~inge v611i 9 beherrschen, kan man keine Konstanten bestimmen und muss aus dem De[ormationsrest und dem zeitlichen Verhalten Rfickschliisse ziehen auf die Elastizit~itsgrenzen, die unbestimmt fliessend sind. Graphische Darstellungen der Vorg~inge, Dehnungs- kurven etwa oder Biegungs- respektive Eindringungsversuche gra- phisch dargestellt geben mehr Einsicht als Berechnungen, die nicht einmal n~iherungsweise so viel lAebersicht verscha[fen wie eine sinn- [~illige Au[zeichnun 9. W i t kommen au[ diese Sachlage bei der Be- sprechun 9 der Methoden noch ausfiihrlich zuriick.

Wir haben bisher so getan als h~itte die Materialzusammenset- zung, woraus die Gewebe geformt werden, keinerlei Einfluss. Das entspricht natiirlich nicht den Tatsachen, und bevor wir die Mizel- lengestalt und deren Einfluss besprachen, haben wir au[ ihre Zu- sammensetzun 9 aus Polypeptidketten hingewiesen. Nun wissen wir fiber den [eineren Bau der Mizellen nur sehr wenig, kleber das Auf- 16sen der Nebenvalenzen, wie dies etwa beim Kochen von Geweben, Gelatine, Kollagen eintritt, ist man noch nicht hinausgekommen. Denn die Darstellun 9 der Aminos~iuren gibt als Bilanz kein Bild fiber die eigentliche r~iumliche Zusammenstellung. Die Elementar- anlyse ist doch nichts anderes als eine Au[z~ihlun 9, keine Angabe der Konstruktionsm6glichkeiten , gleichsam wie aus Mehlanalysen

205

nicht die Reichhaltigkeit der herstellbaren Kuchen abzuleiten ist. Die element~ire, respektive molekulare Zusammensetzung bedingt Charakter und Gestalt der Mizelle, die wiederum die mechanischen Eiflenschaften der Gewebe verursacht. Auf diese ~V'eise sind die mechanischen Eigenschaften Materialkonstanten.

2. E i n f l u s s d e r W a s s e r b i n d u n g s v e r h / i l t n i s s e .

Won allen Bestandteilen dieser Materialien wechselt am meisten das Wasser seinen Ort und seine Beziehungen zu den anderen Bestandteilen. Diese und nicht der Wassergehalt als solcher bedin- gen die mechanischen Eigenschaften. Hatten wir uns bisher mit der Mizelle besch/iftigt, so gilt es nun deren Beziehungen zum Wasser darzustellen. Doch ist hiermit der Problemkreis Wasser und mecha- nisches Verhalten keineswegs ersch6pft. Denn die Wasserbindung nicht nur in und um die Mizellen, sondern auch zwischen ihnen und im Amikronenbereich ist von grundlegender Bedeutung. Wasser und Koh/ision, Wasser und Adsorption, diese Fragen mtissen be- antwortet sein, ehe man an die kard~inale Frage der Quell barkeit und deren Einfluss auf das mechanische Verhalten eingehen kann.

Wasser wird intramizellar aufgenommen, was zur Mizellarver- gr6sserung f/,ihrt. Dieses Wasser wird wahrscheinlich an die Mizel- lenbausteine angelagert, teilweise als Hydratwasser respektive Kris- tallwasser gebunden. Dies kann man buchst/iblich verstehen, wenn man sich unser Schema des Mizellarbaues vergegenw/irtigt. Die Festigkeit dieser Bindungen und Anlagerungen ist verschieden gross und h/ingt von den r/iumlichen Anordnungen sowie der Zusammen- setzunfl der Polypeptidketten ab. Bei Quellungsprozessen wird das intramizell/ire Wasser verschoben aus der Mizelle, um sie und in ihre Nachbarschaft. Wasser wird n/imlich auch zirkummizell/ir fest- gehalten und dadurch immobilisiert. Die Gleitelastizitiit hat hierin ihre Begr/indung. Das um die Mizelle festgehaltene Wasser ist nicht mehr fliissig, sondern verharrt um die MizelIe wie ein Mantel, wie eine Lyosph~ire. Das intra- und zirkummizell~re Wasser kann erst abwandern, fortfliessen, wenn es aus der Mizellarsph/ire in die freie intermizellare F1/issigkeit abgestossen werden kann, was durch in- here Vorg~inge in tier Mizelle, die hier nicht weiter er6rtert werden sollen, geschehen kan. Auch in der intermizellaren Fliissigkeit kann es an kleine Teilchen amikronischer Art festgelegt werden und als gebundenes Wasser dem 16senden Raum entzogen sein. In solcher

206

Weise beschlagnahrntes Wasser verhglt sich also wie sorhiertes Wasser, welches den kohgsiven Kr~iften der Teilchen, prim/iren amikronisc'hen, sekund/iren mizell/iren, gehorcht und dem freien mo- lekularen Austausch entzogen ist. Man kann diesen Teil des Gesamt- wassergehaltes als kolloidgebundenes Wasser ansprechen, doch ist davon ein Tell auch kapillargebunden, respektive Hydrat-Adsorp~ tions- und Okklusionswasser. Alle diese eigentlich nut inzidentiell scharf zu trennende Arten gebundenen Wassers haften dort, wo sie gebunden sind, recht test. Sie k6nnen schwer vermindert, aber leicht vermehrt werden, was als Quellung makroskopisch in Erschei- nung tritt. Die Wasseraufnahme in mizellar aufgebaute Gebilde lockert den Teilchenverband, verringert nicht nut ihren Abstand, son, dern auch den Einfluss des Kraftfeldes der inneren Oberflgchen, macht das Gebilde also dehnbarer und weicher.

Die Debye-Scherrer-Aufnahmen im monochromatischen R6ntgen- licht von Hertel, 1933, zeigen dies in sehr eindruckvoller Weise. In den folgenden Abbildungen sieht man das Debye-Scherrer-diagram einer lufttrockenen Sklera neben dem einer Sklera mit einem Was-

Abbildung 5. Debye-Scherrer-R6ntgendiagram einer lufttrockenen Sklera. Nach Hertel. Man sieht die scharfe ,,Kristall"Anter-

ferenz und die unscharfe breite ,,Kolloid"-interferenz.

Abbildung 6. Debye-Scherrer-R6ntgendiagram einer Sklera mit 68 % Wassergehalt. Die Kolloidinterferenz ist nun so breit und unscharf, dass sie nach aussen bis zur fiusseren Kristallinterferenz reicht, innen ebeMalls deutlich verbreitert ist. Die inhere Kristallinterferenz

ist kleiner, die beugenden Teilchen gr6sser.

sergehalt von 68 %. Man erkennt in dieser Gegeniiberstellung ohne weiteres, dass nicht nur die Ringschgrfe und die Schwgrzung, son-

207

dern vorallem der Ringdurchmesser ver~indert ist. Die beugenden Elemente werden bei 'Wasseraufnahme vergr6ssert und wechseln ihren Oft im Raum. Daher werden die mechanischen Eigenschaften dem Wassergehalt und der Wasserbindung entsprechend alteriert. Es tritt eigentlich im mizellaren Geschehen das Gegenteil ein yon dem, was bei der Dehnung sich ereignet. Die Mizellen kommen aus der Ordnung, die Festigkeit nimmt darum a.b und zwar nach allen Richtungen, die Elastizit~it wird in gleicher Weise verringert und das quellende Gebilde wird dehnbarer. Dabei bewahren a'ber selbst weitgehend aufgequollene Gebilde, sogar noch nach der lAmwand~ lung in Sole, eine gewisse Elastizit~it, wie man aus den bekannten Magnetversuchen yon Freundlich, 1923, weiss. In diesen wurden Nickelteilchen mikromanipulatorisch in das Inhere yon Solen einge- bracht, sodass sie im Sol schwebten. Beim N~ihern einer Magnet- spitze erlitt das Nickelteilchen dann eine Verschiebung, die messbar war. Man konnte nunmehr die gr6sste ma'gnetische Verschiebung messen, nach der das Teilchen noch in seine Ausgangslage zuriJck- kehrte. Bei Anwendung geringerer Kr~ifte als der maximalen Zug- kraft kommt es dann auf diese Weise nicht nut zu gleitenden Be~ wegungen dutch lAeberwindung der Viskosit~it, son,dern auch zur Verschiebung infolge Elastizit~itsbeanspruchung. Diese Dinge spie~ len zum Beispiel beim Glask6rper eine recht sinnf~illige Rolle, wo wir hierauf zuriickkommen werden.

Immer dann, wenn bei der Messung der 'Viskosit~it im Durch- flussversuch die Viskosit~itskonstante sich als unbestimmbar erweist. weil sie inkonstant ausf~illt und zwar um so gr6sser, je kleiner der Druck ist, ist die Teilchenversehiebung geringer als die elas- tische Deformierung. Diese hat im isoelektrischen Punkt sowie bei sehr stark saurer und alkalischer Reaktion Minima. Dies beweist wiederum, dass Teilchengr6sse und Teilchenabstand .die Mechanik mizellargebauter Gebilde beherrschen. Lind da 'beide korreliert sind mit der Wasseraufnahme~ respektive -bindung, so m/.issen diese als eioentliche Determinanten angesehen werden.

Nun erfolgt die Quellung, wie sich bei den einzelnen Geweben des Auges alsbald zeigen wird, in sehr ausgesprochener Weise richtungsverschieden. Die vektorielle Natur der mechanischen Eigenschaften muss also bei den Geweben sehr ausgesprochen sein. Durch lokale Ver~inderungen der Quellungsloedingungen kann Iokal der Quellungszustand weitgehend modifiziert v~erden, was eine ebenso weitgehende Ver~inderung von z.B. Elastizit~it und Festig-

208

keit zur Folge haben muss. Da fiberdies die Gewebe, man denke zum Beispiel an die Sklera, nic'ht iJberall gleic,h texturiert sind, so muss auch unter v611ig gleichen l.Imst~inden ein differentes mecha- nisches Verhalten auftreten.

'Was man hisher fiber den Zusammenhang der mechanischen Eigenschaften der Gele mit ihrem Fein,bau hat feststellen k6nnen, l~isst sich ungezwungen auf die Gewebe des Auges anwenden.

Legt man an einen K6rper einen Spannungstensor, so wird die so zuge[fihrte mechanische Energie je nach der Beschaffenheit des K6rpers in elastische, kinetische und W~irmeenergie umgewandelt: bei idealen reibungslosen Flfissigkeiten quantitativ in kinetische, bei idealen festen K6rpern in elastische und bei unendlich z~ihen Flfis- sigkeiten in "W~irme. Die Stellung eines jeden realen K6rpers kann man somit dutch einen Punkt im Dreiecksdiagram Fig. 7 wieder-

Elastische Energie

Kinetische Energie W~trme

Abbildtmg 7. Schwerpunktschema der LImwandlung mechanischer Energie.

geben. Je nachdem der Quellungszustand sich gestaltet, wird die Stellung jedes einzelnen Gewebes in dieser Dreieckskonstruktion wechseln, niemals abet einen der drei Eckpunkte erreichen.

Vom Quellungszustand h~ingt auch der Kompressionskoefficient ab. Dieser k ist

k ~ I/K,

worin K der Kompressionsmodulus ist, k nimmt Wer te an zwischen

1.10 -5 bis 4,8.10 -s,

welch letzterer Wer t fast identisch ist mit dem Wasserwert. Dies tritt ein be/ der Gel-Sol-umwandlung.

K / s t zu berechnen aus El3 ( l - - 2 v ) ,

14 209

worin E ,der Dehnungsrnodulus ist und v die Elastizit~itszahl. E wie, derurn ist irn Proportionalit/itsgebiet direkt rnessbar, da gilt

E = Pl/~r2D,

worin P das dehnende Gewicht, 1 die L/inge r den Durchrnesser D die L/ingen/inderung

des gedehnten Gebildes bedeuten. E steigt rnit sinkendern Wasser- gehalt, steigendern Gehalt an disperser Phase. In weitgehender An,- nfiherung gilt

E ~ k c 2,

worin k ein Konstante ist un,d c die Konzentration bedeutet. Das Verhalten der relativen Querkontraktion zur relativen L/ings-

/inderung bei konstanten Volurnen, die Elastizitfitszahl v, ist bei rei- hen Fliissigkeiten 1/2, bei stark gequollenen Gelen angen/ihert 1/2 nur bei hochkonzentrierten ist sie kleiner.

Die Zugfestigkeit ist irn Allgerneinen klein und nirnrnt rnit zuneh- mender Quellung ab, die Biegsamkeit ist gross und nimrnt rnit zu- nehrnender Quellung zu.

Diese Tatsachen zusamrnen rnit den Debye-Scherrer-Diagrarnrnen lassen eigentlich nur eine Erkl/irung zu: Die Gewebe sind aufge- baut aus Fasern und die Fasern aus Fadenrnolek/ilen. Diese Faden- rnolekfile werden beherrscht von den gegenstreitigen Kr/iften der Ordnung, das ist die Kristallisation, und der lAnordnung, das/s t die zuf/illige r~iurnliche Lage der Kettenrnolekfile. Hierbei spielt der chernische Aufbau der Kettenglieder ein grosse Rolle. Ringsysterne verleihen zurn Beispiel den Ketten eine gewisse Festigkeit, offene Bindungen grosse Dehnbarkeit, Mark, 1940. fWenn man heute auch noch nicht irn Stande ist weitere Schliisse zu ziehen, als feststehend muss angesehen werden, dass die Polypeptidnatur der Hauptketten und die Variabilit/it der Seitenketten respektive-bindungen, rnit ihrer lAeberf/ihrungsbereitschaft yon Ordnung zu LInordnung und urngekehrt die lArsache des Zusarnrnenhangs yon rnechanischen und chernischen Eigenschaften bilden.

Wenn man sich nun vorstellt, dass rnit der Aenderung des W a s - sergehaltes die intrarnizellare Ordnung und die interrnizellaren Be- ziehungen unter gleichzeitiger Gestalts/inderung der Mizellen ver- findert werden, dann wird man rnit dern Bild yon einern aufgewickel- ten Knfiuel rnit Wasserfl~chen in dern Maschenwerk und in den

210

F/iden des Gitters auch eine getreue Vorstellung erlangen v o n d e r gesetzm/~ssigen Variabilit~it der mechanischen Eigenschaften.

3. B e d e u t u n g d e r s u b m i k r o s k o p i s c h e n F e i n - s t r u k t u r .

Es ist unvermeidlich in Wiederholungen zu verfallen, wenn man gleichsam als ein Dimensionskletterer bald im atomaren Geschehen, bald im fast makroskopischen Gebiet den Grundlagen des mecha- nischen Verhaltens nachspiirt. Dazu kommt, dass man auch inner- halb einer Dimension den Betrachtungsstandpunkt immerfort zu wechseln gen6tigt ist, wenn man zum Beispiel einmal vonde r W a s - serbindung her, einmal von der Mizelle aus die Erscheinungen der mechanischen Eigenschaften zu erkl~iren versucht. Man trennt Din- ge, die untrennbar sind. ~r man sich abet zu eigen gemacht hat, dass alle Eigenschaften der Fasern atomar-mizell~ir determiniert sind, dann kann in der submikroskopischen Dimension ruhig Um- schau gehalten werden mit der sicheren Gew/ihr seine Einsicht zu vertiefen.

W i t versetzen uns somit in die Faser und erkennen sogleich, dass die histologische Faser ein Geb~iude ist, in dem wir nach allem, was wir bisher ausgesagt haben, gut zu Hause sind. W i t haben es n~im- lich zu tun mit einem verfilzten, durch einander geflochtenen, schein- bar regellos aufgewickelten Flechtwerk von Fadenmolek/ilen und -mizellen, deren Enden aufgebogen oder noch deutlicher gesagt frei gewipfelt sind. Ganz leicht wird diese Beobachtung nicht sein, weil ja nichts stillsteht, sondern alles in Bewegung ist und zwar in einer gewissen Art harmonischer Gewegung, alles geht gleichsam hin und her, es flimmert: W/irme und Brown'sche Bewegung. klngleich- m~issig weit sind die Maschen im Flechtwerk und ungleich lest sind die Flechtstr~inge. Struktur und Textur wechseln mit der Packungs- dichte der Faserelemente von Starrheit bis zur Plastizit~it. Muss man sich wundern, dass ein solches ungeordnetes Flechtwerk leicht deformierbar ist, niemals vollkommen elastisch sein kann, immer eine intensive elastische Nachwirkung und Hysteresis haben muss und doch eine Querdeformation elastischer aufholt als eine L/ings- de,formation? Dass ein solches Gebilde noch unverbrauchte elastische Kr/ifte haben muss, die unter besonderen nmst~inden zu Tage tre- ten? Dass innere Spannungen in. solchem verkn~iulten Strauchwerk bestehen und dass endlich Zerreissungen, ein Schnitt oder ~ihnliche Trennungen wiederum Spannungen of[enbaren, die bis zu diesen

211

t~reignissen unbeanspruchte Reserve waren? Sicherlich das ein- dringlichste Beispiel hierfiir ist die Hitzekontraktion yon Kollagen. Die Kollagenfaser wird durch Hitzeeinwirkung superkontrahiert, ganz gleichg/iltig, ob sie im gequollenen Zustand sich befindet oder ntcht. Diese Superkontraktion ist reversibel und im superkontrahier- ten Zustand ist K,ollagen dehnbar wie Kautsc'huck. Wenn man also Kollagen in kochendes Wasser taucht, so schnurrt es - - vorallem nach Formolfixation - - intensiv zusammen, kann abet in der Hitze, zum Beispiel im kochenden dWasser ausserordentlich stark gedehnt werden. In kaltes Wasser iiberftihrt streckt sich das Kollagen wie- derum aus auf seine urspriingliche L/inge, ist aber nicht mehr gum- ni/ihnlich dehnbar, sondern ver h/ilt sich wie nicht verhitztes Kolla~ gen. Die Erkl/irung f/Jr dieses Verhalten bringt die R/3ntgenunter- suchun 9, welche das kalte Kollagen als in gewisser Hinsicht ge- ordnetes kristallinisches Gel ausweist, w/ihrend das erhitzte super- kontrahierte amorph erscheint. Freikommen yon biegsamen Ketten- gliedern aus der Gitterfixation ist die Llrsache dieser ungew6hnli- chen Erscheinung. Verhitzt wickeln Sich d,ie Kettenglieder auf, ver- kn/iulen sich nehmen weniger Raum ein, packen sich dichter, werden ungeordnet.

Die ganze Variabilit/it des mechanischen Verhaltens einer Faser, aber auch der Fasern verschiedener Herkunft liegt in dem so skiz- zierten Feinbau eingeschlossen. Mizellarform und -gr6sse, die Packungsdichte der Mizellen, die intra- und intermizellaren Attrak- tionskr/ifte und somit die der Repulsion, die alle fallweise verschie- den sind nach In- und Extensit/it, in ihrem isolierten Verhalten und ihrem Zusammenspiel integrieren und variieren die mechanischen Eigenschaften. Der Einfluss des Wassers und seiner Bindung ist weitgehend klar. Doch ist es nut ein Einfluss unter vielen. Salze, die Wasserstoffionenkonzentration, Ladungsunterschiede u.s.w, ent- falten einen ebenso grossen Einfluss auf das mec'hanische Verhalten wie auf andere physikalisch-chemische Eigenschaften, weshalb sehr zu Recht Freundlich schon 1909 die Elastizit/it ebenso wie die Vis- kosit/it als charakteristische Parameter der Gele bezeichnete.

d. Messung der mechanischen Eigenschaften.

1. s t a t i s c h e M e t h o d e n .

Wenn es sich nun darum handelt mechanische Eigenschaften zu messen, so kann nach dem, was bisher entwickelt whrde, immer nut

212

versucht werden die Zuordnun 9 von Deformationskr/iften zu DeGr- mationsgr6ssen auszufiihren. Je nach der Art der Beanspruchun 9, der Deformationsrichtung, wird man andere Versuchanordnungen wghlen. Immer aber wird man der Gestalt der Gewebe Rechnung tragen miissen. Natur und Bau werden manche Messm6glichkeit ausschliessen. Grunds~itzlich wird man aber zwei Arten der Mes- sung unterscheiden k6nnen, die s t a t i s c h e. bei der die Zeit, wel- che die Messung erfordert, unberficksichtigt bleibt, wiewohl die Ein- wirkungszeit der deformierenden Kraft eine Rolle spielt und die d y n a m i s c h e, bei welcher die Einwirkungszeit ins Kalki/1 gezo~ gen wird. Da wit es immer mit organischen Gelen zu tun haben, die makroskopische Schichtun9 aufweisen, so spielt die elastische Nach- wirkung und Verschiebun9 eine grosse Rolle. Man muss sich natfir- lich yon vornherein im Klaren sein, was man messen will und was man messen kann. Will man zum Beispiel die Elastizitgt messen und daffir eine Gr6sse feststellen, etwa den Modulus, dann wird man sich zu realisieren haben, dass man statisch sicher eine Nachwir- kun9, Relaxation u.s.w, zu erwarten haben wird. Will man abet zum Beispiel den elastischen ~riederstand messen, dann wird man dynamisehe Methoden anzuwenden haben. In der Augenheilkunde hat man diese Sachlage oft nicht berficksichtigt und hat mit Metho~ den gemessen, welche der Absicht, die zur Messung veranlasste, nicht entsprachen. Noch aus einem anderen Grunde erscheint ein methodischer Exkurs in diesem Zusammenhange wichti9. Es hat sich ngmlich ereignet, dass man ohne jede Absicht gemessen hat. Das will besagen, man verfiigte zuf~illig tiber irgend eine Versuchs- anordnung, wandte sie an und suchte hinterdrein aus den Messun- 9en zu rekonstruieren, was man eigentlich gemessen ha be. Ein solches V?,orgehen muss Verwirrung stiften, wahrscheinlich sogar dann, wenn die Konstruktion des Zweckes im Nachhinein richtig ausf/illt, was aber eine seltene Ausnahme sein diirfte. Im Allgemei- nen hat man mit den Messresultaten, in's Blaue hinein gewonnen, nichts rechtes anzufangen 9ewusst und sich auf's Interpretieren in's Blaue hinein verlegt.

Llrsprfinglich hat man Messungen angestellt mit Gewebsstreifen, die man einspannte, belastete und dann die L/ingen~inderun 9 mass. Man hat auch eingedrfickt, auch Krfimmungsabweichungen ver- zeichnet, aber immer Deformation und Deformationskraft zuge- ordnet. Im Verlauf der ]ahrzehnte wurde die Technik solcher Ver- suche verfeinert und schliesslich so perfektioniert, dass man zu wirk-

213

lich brauchbaren Resultaten kam. Dies ging Hand in Hand mit aer Entwicklung der technischen Materialpr/.ifung. Diese brachte nicht nur technische Verbesserungen, sondern auch scharfumrissene For- derungen respektive neue Definitionen. Man lernte einerseits die Deformationen im Proportionaliti~tsge~iet zu halten, also die Elasti- zit/itsgrenzen nicht zu iiberschreiten, aber andererseits im gteichen Versuch und mit gleicher Anordnung auch die Dehnung und die Festigkeit festzustellen. Diese Methoden und Gedankeng~inge wur- den mit Erfolg in die Augenheilkunde eingefiihrt.und es ist zweck- m~issig hierbei eben still zu stehen.

Verwendet man dieselbe Versuchsanordnung, die zur Bestimmung der Elastizit~it dient, derart, dass man die Belastung kontinuierlich erh6ht und die Deformation kontinuierlich registriert, so erh~ilt man Werte, die man graphisch darstellen kann. Man erh~ilt dann Kur- yen, welche die A,bh~ingigkeit der Deformation v o n d e r Belastung dartun. Man kann nat/.irlich auch automatisch zugleich mit dem Messakt Deformation und Deformationsbelastunfl registrieren und die meisten Variationen und Verbesserungen der Untersuchungs- methoden beziehen sich auf die automatische Reflistrierung. Geht man auf diese Weise zu Werk, dann kommt es beim Passieren der Elastizit~itsgrenze zur Dehnung, die schliesslich maximal wird und das /iberdehnte Gebilde reisst. Man kann dann aus der Kurve die Elastiziti4t, die Dehnung und die Zerreissgrenze erkennen und zahlenm~issig charakterisieren. Man misst somit in einer Kurve Elas- tizit~it, Dehnbarkeit und Festigkeit.

Man kann in der gleichen Weise, in cler man kontinuierlich Be- lastung und Deformation verzeichnete, auch die be/Entlastung auf- tretende Reformation und somit den Deformationsvorgang in allen seinen Phasen kennenlernen und studieren. Reversibilit~it, Nachwir- kungen werden solcher Art umfassend erkannt und messbar. Au[ diese Weise ist es auch m6glich geworden die Gewebe in ihrer na- t/irlichen Gestalt zu untersuchen und zum Beispiel den Bulbus im Ganzen respektive die ~iusseren Bulbushiillen ohne Kontinuit~its- st6rung zu beanspruchen auf Druck, Zug und Scherung. Man kann die Deformationen auf vielfache Weise messen.

2. D i e d y n a m i s c h e n M e t h o d e n ,

Die dynamischen Methoden gehen alle zuriick auf lAntersuchun- gen fiber Muskelh~irte, die Noyons 1910 ver6ffentlichte. Noyons mass den elastischen Wiederstand, indem er einen kleinen Hammer

214

gegen das Messobjekt fallen liess und die D~impfung der Hammer- schwingungen registrierte. Die elastischen Wiederst~inde hat Gilde- meister 1914 als Eindringungselastizitat erkannt und sie Resistenz genannt. Gil,demeister ~inderte die ballistische Methode dahin, dass er die Stosszeit mass. Da der Eindringungsmodulus die elastische Gr6sse ist, welche die Resistenz charakterisiert, zo hat er sich mit dieser Gr6sse besch~iftigt und erkannt, dass sie eine wichtige Rolle spielt beim Druck und beim Stoss elastischer K6rper gegen einander. Von dieser Gr6sse hangt beim Druck die Eindringungstiefe, beim Stoss neben dieser die Beriihrungsdauer ab. Der elastische Stoss hat den Vorteil frei zu sein von elastischer Nachwirkung, was die Schnelligkeit des Ausgleichs der Eindruckstiefe demonstriert. Dazu kommt, dass die Stossdauer, die Stosszeit, auf vielfache Weise und sehr exakt messbar ist. Die ballistische Methode wurde darum 9ern angewendet und hat in technischer Hinsieht eine grosse Vollkom- menheit erlangt.

II. DIE BEDELITLING DER M E C H A N I S C H E N E I G E N S C H A F T E N DES GESLINDEN ALIGES.

a. fiir Bau und Funktion der nicht vaskutarisierten Gewebe.

l_Inter die nicht vaskularisierten Gewebe ist auch die Sk]era aufgenommen, wiewohl diese nur als sehr gef~issarm anzusehen ist. Ihr Verhalten stimmt aber so weitgehend mit dem der wirklich ge- f~isslosen Gewebe iiberein, dass die Besprechung der Sklera unter den gefasslosen Geweben geradezu geboten erscheint.

H o r n h a u t .

Mit den mechanischen Eigenschaften der Hornhaut hat man sich sehr frfihzeitig besch/iftigt, schon Helmholtz hat gelegentlich der Ophthalmometeruntersuchungen auf die Elastizit~itsverhhItnisse der Hornhaut hingewiesen und seine Schiiler angeleitet den Hornhaut- astigmatismus mit dem intraokularen Druck zu konfrontieren. Expe- rimentelle Llntersuchungen oder Messungen an isolierten Hornhau- ten hat man aber lange Zeit nicht angestellt. Erst als namha~te Kliniker die Hornhauttriibung bei akutem Glaukom mit der Druck- steigerung in einen direkten Zusammenhang brachten, begann man sich mit der Doppelbrechung der Hornhaut zu beschhftigen und kam so gleichsam au[ einem Umwege wiederum auf die mechani- schen Eigenschaften der Hornhaut. Es hat sich bei diesen, von

215

Fleischl (1880) und Ebner (1882) inaugurierten Untersuchungen schliesslich herausgestellt, dass die Hornhaut eine mizellare Doppel- brechung aufweist, wobei die langen Achsen der Indexellipsen in der Richtung des vertikalen Meridans liegen.

Die Doppelbrechung /indert sich bei der Erh6hung des intraoku- laren Drucks nicht. Duyster (1935) konnte aber einwandfrei nach- weisen, dass sich mit zunehmendem intraokularen Druck die Horn- hautdicke verringert und zwar reversibel in gesetzmgtssiger Weise, wie die Abbildung (8) zeigt. Nut wenn die Dicke bei Steigerung

II

11

-Li

Abbildtmg 8. Abh~ngigkeit der Hornhautdicke, gemessen in ,u, vom intraokularen Druck, gemessen in mm Hg. Nach Duyst.er.

des intraokularen Druckes rasch abnimmt, stellt sie sich nach Normalisierung des Druckes nur unvollkommen wieder her. Die Dickenver/inderung kommt durch Verschiebung des Wassergehaltes zu Stande. Bei der Druckerh6hung verliert die Hornhaut schnel| Wasser, das nach der Druckabnahme schnell wieder aufgenommen wird. Die partielle Reversivilit/it ist wohl auf eine irreversible Faser- verschiebung zurtickzuf/ihren.

Wichtiger sind die Feststellungen yon Nausch (19't0). Dieser Autor brachte Hornh~iute auf eine gefensterte Hohlkugel mit einer gefensterten Haube so zwischen Kugelfenster und Hat~benfenster, dass die Hornhaut zwischen beiden wasserdicht angepresst werden

Hornhaut- dicke in / J

t' -')' Druk in

mm Hg

216

konnte. Dann wurde die mit der Hornhaut beschickte Kugel in ein ~vVasserbad eingetaucht, das einerseits in Verbindung stand mit einem Druckapparat, der die Hornhaut unter Druck setzte, sodass sie sich in das Wasserbad vorw61bte und anderseits in Verbindung mit einer Glasr6hre, in welcher ein Schwimmer mit Spiegeleinrich- tung, die Volums~inderungen im Wasserbad durch die Hornhaut hervorgerufen registrierte. Volumsschwankungen van 0,000066 cm '~ konnten auf dies Weise noch registriert werden. Es zeigte sich in diesen Versuchen, dass bei steigender Druckbeanspruchung Dehn- barkeit und Elastizit~tt der Hornhaut abnahmen. Dabei nimmt die Dehnbarkeit st~irker ab bei Dauerbeanspruchung, die Elastizit~it bei kurzer Belastung. Be/ rythmischer Beanspruchung vermindert sich die Dehnbarkeit st~irker als die Elastizit~t. Die Dehnbarkeit nimmt mit steigender Beanspruchung anfangs nut wenig, sp~iter stark ab, w~ihrend die Elastizit~it gleichm~issig herabgesetzt wird. Hornhaut~ partien aus der N~ihe des Limbus sind wenig dehnbar. Die Horn- haut ist sehr fest, doch anscheinend von geringer H~rte.

In diesem Zusammenhange erscheinen die Llntersuchungen von Kokott (1938) fiber die anatomisch-strukturelle Anpassung an die Leistung respektive die mechanisch-funktionelle Architektur der Horn,haut bedeutsam, auch aus methodischen Grfinden, well Metho- den, die auch sonst in der Anatomie Eingang gefunden haben auf die Gewebe des Auges angewendet wurden. Es handelt sich um die Erzeugung sogenannter Spaltlinienbilder. Diese werden erzeugt mit c~rehrunden Nadeln von 0,4 mm Durchmesser. Werden solche Na- deln zwischen die Fasern eingestochen, so klaffen diese in der L~ings- richtung und es entsteht in der Faserverlaufsrichtung ein Spalt.

Wie Abbildung 9 in etwa dreifacher Vergr6sserung demonstriert, unterscheidet sich das Spaltlinienbild der Horr~hautoberfl~iche von dem anderer Hornhautgebiete sehr deutlich. Die Spalte sind mit dem Binokularmikroskop kontrolliert und naehgef~irbt um sie besser photographieren zu k6nnen. Im Spaltlinienbitd der Hornhautober- fl~iche a, sieht man eine vorzugsweise Faserverlaufsrichtung von oben nach unten, in den mittleren Lagen der Hornhaut, b, verlaufen die Fasern mehr horizontal, aber doch so, dass man ein Folgen der An- satzrichtung der Augenmuskeln annehmen kann, w~hrend das Spaltlinienbild, c, der innersten Hornhautschichten peripher einen zirkul~iren Verlauf der Fasern aufweist. Es ist naheliegend zu postu- lieren, wie das Kokott auch getan hat, dass die Hauptbeanspruchung der ~iussersten Zone dutch den Lidschlag, der mittleren durch die

217

Augenmuskeln und der innersten durch den intraokul~iren Druck erfolgt. Die Debye-Scherrer-Diagramme yon Hertel kann man ebenfalls in diesem Sinne bewerten. Hertel berichtet n~imlich, dass die Hornhaut am Limbus immer ein Vierpunktdiagram habe, also

Abbildun 0 9. Spaltlinienbild der Hornhaut nach Kokott.

a. Hornhautoberfl~iche, b. Mittellagen der Hornhaut, c. Innerste Hornhautschichten.

gedehnt respektive gefasert ist und bei zirkul~irer R6ntgenbestrah- lung ebenfalls solche Diagramme ergebe.

In sehr sch6nen Versuchen hat schliesslich Schreuder (19"t0) die regionalen Unterschiede im mechanischen Verhal,ten der Hornhaut ermittelt. In exakter Weise mass er die bei Be- und Entlastung auf- tretenden L~ngenver~nderungen von Hornhautstreifenpaaren, wel-

218

cheer je einem Augenpaar entnahm und zwar je einen horizontalen und vertikalen Streifen. In der Abbildung 10, Ordinate L~ingenver-

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D e h n u n o s k u r v e n v o n h o r i z o n t a l e n u n d v e r t i k a l e n H o r n h a u t s t r e i f e n n a c h

S c h r e u d e r . O r d i n a t e L ~ i n g e n v e r ~ i n d e r u n 9 in m m , A b s z i s s e B e l a s t u n g in

9 r . D i e a u s g e z o g e n e K u r v e b e d e u t e t B e l a s t u n g ,

d i e 9 e s t r i c h e l t e E n t l a s t u n 9 .

~inderung in mm, Abszisse Belastun 9 in gr., erkennt man ohne wei- teres, dass der horizontale Streifen dehnbarer ist als der vertikale, dass erst bei 25 gr Belastun 9 des Gesetz von Hooke erfiillt ist und dass endlich die Entlastung anders verl~iuft als die Belastung. Die entlasteten Streifen sind i~berdehnt respektive elastisch verschoben. Eine genaue Analyse der so gewonnenen Kurven mit Variation der Belastungsgr6sse und -dauer zeigt, dass die Dehnung der Hornhaut aus einem reversi,blen und einem irreversiblen Vorgang zusammen- gestellt ist. Der reversible Vorgang verl~iuft phasisch und zwar kommt es erst zu einem schnellen und dann folgt ein langsamer Vorgang, Genau die 91eichen Verh~iltnisse kennt man bei organi- schen Gelen, wie aus den Llntersuchungen yon Bungenberg de

219

]onfl (1932) an Aflar- und Gelatineflelen hervorfeht. Die Mizellar- struktur der Gele ist f/it die phasischen Vorf~-infle verantwortlich.

Nimmt man n~imlich an, dass sich die Mizellen zu Ketten an ein~ ander leflen, also Fasern bilden, die ein reflelm~ssifles Netz formen, so dass die Mizellenketten zum Beispiel ein ~ / i r f e l f i t t e r erzeufen, wobei der W/irfelinhalt aus der intermizellaren Fl/issifkeit besteht, dann wird bei Z u f oder Druck das W/irfelfit ter zu einem Quader- flitter verzerrt, die intermizellare Fl/issiflkeit ausfepresst und die Mizellen zusammenfedr/.ickt. Ein v611ifes Zusammenfallen des Git- ters kann dann nur verhindert werden, wenn in den Eckpunkten des ~VV/irfel- oder Quaderfi t ters elastische Kr/ifte wirksam blei,ben. Die Reversibilit~it h~inft dann v611ig ab von der Wiederaufnahme der ausfepressten Fl/issiflkeit, respektive vonde r Reformationsf~ihiflkeit der Mizellen. In diesem Schema bedeutet dann die schnelle Phase Dehnunf der Mizellarverb~inde ohne Volumsver~nderunf, die lanf~ same Phase Mizellenkompression, w/ihrend der irreversible Vorfanfl als Faser- oder Faserlaflerverschiebunf aufzufassen ist. Schreuder konnte nun f/it die schnelle reversible Phase den Elastizit~itskoeffi- zienten errechnen. Dies konnte er mit 9utem Grund tun, da ibm die Messunfl dieser Phase. isoliert von allen anderen, einwandfrei fie- lan 9. Wie Abbildunf 11 vorf/.ihrt, sind die Elastizitgttskoeffizienten

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I

i

i

II II

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N �9 N

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8 8 lV~IJ~I3A ] / i

Abbildtmg I 1.

Z 0

0 ..r

W

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0 t~

Elastizit~tskoeffizienten der Kornea im horizontalen und vertikalen Meridian. Nach Schreuder.

fur die vertikalen Streifen immer flr6sser als f/Jr die horizontalen, die somit minder dehnbar sind. Damit ist eine alte Streitfrafle, die uns in diesem Zusammenhanfle nut mittelbar interessiert, n/imlich

220

die nach der klrsache des inversen Astigmatismus einer L6sung weitgehend nahegebracht. Ueberblickt man die bisherigen Ergeb- nisse, so muss man zu einem nicht erwarteten Schluss kommen, dass n~imlic'h die wichtigste Rolle die Hornhautdicke spielt. Das ergibt sich direkt aus den nntersuchungen von Duyster, das legen die Pr~iperate yon Kokott nahe und das implizieren die Ergebnisse yon Nausch und Schreuder. Es ist nun interessant, dass schon 1931 Ratschewsky in einer kaum je beachteten Arbeit diese Rolle der Hornhautdicke sehr klar erkannt und ausgesprochen hat. Sicherlich sind seine mathematischen Ableitungen nicht leicht zu folgen, aber er schrieb die folgenden, keineswegs misszuverstehenden Satze: ,,klnsere Formel zeigt, dass bei ein und demselben Innendrucke in Augen mit diinner Wandung die Ausdehnungskr~ifte bedeutend starker als in der Norm sein miissen, ebenso wie in Augen mit dicken ~Wandungen diese ausdehnenden Kr~ifte geringer als in der Norm sein miissen. In solcher Weise k6nnen bei ein und demselben Elastizit~itsmodulus in verschiedenen Augen und bei ein und dem- selben Innendrucke verschiedene Effekte im Sinne der Ausdehnung der AugenkapseI erzielt werden, die nur yon der Dicke der Augen-, wand bedingt werden. Die Dicke der menschlichen Augenwand va- riiert innerhalb sehr breiter Sehranken und wit m6chten daher die Aufmerksamkeit der Forscher haupts~ichlieh auf das Studium dieser Variabilit~it in verschiedenen Augen lenken.

Die Formel der Spannung in der Augenwand, in welcher der W e f t der Wanddicke in Betracht gezogen wird, wird dann endlich ihre R011e erfiillen k6nnen, die ihr mit Recht in der Physiologie und der Pathologie des menschlichen .Auges g~bfihrt."

lAnter Einwirkung ~iusserer und innerer Kr~tfte entsteht in der Hornhaut ein Spannungszustand, der in jedem Punkt vorziigli:~h dutch tangentiale Kr~ifte charakterisiert ist, deren Richtungen in der Abbildung 12 dutch Pfeile versinnbildlicht werden, klebertrifft der Kriimmungsradius die Wanddicke um das ,4--5 fache, dann darf man annehmen, dass die Spannung in der ganzen Hornhaut gleich gross ist. Da bei einem mittleren Kr~immungsradius von 7,7 mm und einer Wanddicke von 0,5--0,6 mm der Radius 13--15 Mal so gross ist als die Dicke. kann man wohl die Hornhaut als diJnnwandig be- trachten. Aus der Abbildung 12 ist abzuleiten, dass ein Abschnitt der Hornhaut, auf welchen die Spannkr~ifte, deren Summe.

~ D ~-0 ~ ist, angreifen, den nicht abgebildeten Bulbusabschnitt ersetzt. F/Jr

221

T I I ! I ! i

l I

i I I !

Abbi ldung 12. S c h e m a der Spannungskr f i f t e in e inem

H o r n h a g t a b s c h n i t t nach R a t s chewsky .

den Fall, dass die HornJhaut frei von deformierenden Einwirkunoen ist und nut dem intraokul/iren Druck unter[iegt, 0ilt

y~

~" D~'0 ~ Sn z - f 2 ~ r Rd:P h cos ~P ---~ 0. i

6 ]

0

Nach Integration, Umformun 0 und Einsetzen der Grenzwerte ergibt sich dan nach e/niger Zwischenrechnung die Formel

R h 0" 0 __

2~

Diese Formel bedeutet in Worten, dass die Spannung direkt pro- portional ist dem intraokularen Druck h und dem Krfimmun0sradius R, um0ekehrt proportional der Hornhautdicke ~. Da das Verh/]ltnis.

R/~ Wer te von 8,4/0,4 bis 7,2/1,2

annehmen kann, so k6nnen Llnterschiede von 10,5 his 3, das sind 350 % vorkommen, rWenn zum Beispiel bei gleichem intraokul~ren Druck, nehmen wir an von 20 mm HO fiir ein Auoe mit

R ~ 7 . 2 , ~ - - 1 ,2 , % ~ 6 0 mm Hg

betr/iflt, so muss ffir ein Auoe mit

R ~ 8,4, ~ ~ 0,4, r ~ 210 mm Hg

sein. Das will also sagen, dass mit der Zunahme der Kriimmunfl~-

222

radien und der Abnahme der Wanddicke die Dehnungsspannung zunimmt. Das hat weitgehende Konsequenzen fiir die Pathologie, auf die wir sp/iter noch zuriick kommen.

Wenn die Hornhaut quillt, so veriindert sie ihre mechanischen Eigenschaften, indem sie mit zunehmender Quellung de hnbarer wird bei Zunahme der Elastizit/itsgrenzen und Abnahme der Festigkeit. Da die Quellung mit einer sehr erheblichen Dickenzunahme ein- hergeht, so nimmt die Dehnungsspannung ab. Da die Quellung emi- nent anisodimensional ist, wird durch sie die Anisotropie des Horn- hautgewebes in jeder Hinsicht, nicht nut in optischer sehr stark erh6ht. Dabei wird das mechanische Verhalten der Hornhaut aus- schliesslich vom Kollagengehalt b estimmt, ebenso als die Quellung. Das geht auch aus den Deby-Scherrer-Diagrammen von Hertel hervor, und kann durch Versuche, die alsbald bei der Besprechung der Sklera geschildert werden, dargetan werden.

S k l e r a .

Die mechanischen Eigenschaften der Sklera haben die Augen- heilkunde seit etwa 1864, den Messungen von Schelske fiber den Horn~hautastigmatismus bei Glaukom, ausgefiihrt unter Helmholtz, immer wieder interessiert, man hat seit 1867, Weber, auch hin und wieder Messungen an der Sklera angestellt, abet was man tat, tat man wegen etwaiger Beziehungen zum intraokularen Druck, nicht um das mechanische Verhalten der Sklera als solches kennen z,u lernen. Man studierte die Rolle der Sklera bei der Tonometrie, dem Glaukom, im rdrsachenkomplex des intraokularen Druckes, erlangte auch einige Kenntnisse, begniigte sich aber doch mit Hinweisen als ,,dass die Sklera fast garni,cht unter dem ffir gew6hnlich auf sie wirkenden Druck ausgedehnt wird" (Donders) oder ,,ein gewisser Grad yon Rigiditgt angenommen werden m~isse", Wede l (1882), ,.die Ausdehnung der Druckh6he proportional sei", Koster (1895). Gemessen hat dagegen Ischreyt (1898). Seine Versuche sind tech- nisch beispielgebend, auch heute noch grundlegend. Er hatte in Weber einen Vorg~inger, abet Webers Versuche und Gedanken- g~inge sind mit denen von Ischreyt, die wahrhaft klassisch zu nen- nen sind, nicht zu vergleichen. Darum seien seine Ergebnisse hier im Wortlaut zitiert: ,,Die gquatoriellen Limbusstreifen zeigen neben einer grossen Bruahdehnung und grossen Bruchbelastung eine ge- ringe mittlere Dehnbarkeit. In Bezug auf die H6he der Bruchbelas-

223

tung werden sie nicht iibertroffen. Die Anfangsdehnung ist sehr klein.

Den Limbusstreifen stehen die hinteren meridionalen Streifen hin- sichtlich der allgemeinen charakteristischen Kurven am n~ichsten. Bruchdehnung und Bruchbelastung sind gross, die mittlere Dehn- barkeit gering. Anfangsdehnung so gross wie bei den anderen Streifenarten.

Die fiquatoriellen Streifen aus der Aequatorgegend zeigen die gr6sste Bruchdehnung und die geringste Bruchbelastung. Die mitt- iere Dehnbarkeit ist am gr6ssten yon allen Streifen.

Die vorderen meridionalen Streifen unterscheiden sich yon allen anderen durch ihre sehr geringe Bruchdehnung, die Bruchbelastung ist gr6sser als bei den Aequatorstreifen, aber kleiner als bei den hinteren meridionalen und den Limbusstreifen. Bei st~irkerer Belas- tung ist die L~ingenzunahme der hinteren Streifen eine geringere als diejenige der vorderen."

Ischreyt's Ergebnisse sind nicht nur richtig, sie sind auch gewon- nen mit einer einwandfreien Methodik und unter zweckm/issigen Bedingungen. Ischreyt hat nicht nur daf/.ir gesorgt, dass w~ihrend seiner ~/'ersuche die Versuchbedingungen konstant blieben, sondern auch i/Jr solche Bedingungen, die eine Rekonstruktion des Verhal- tens in vivo erm6glichen. Das kann man yon den meisten modernen Llntersuchungen nicht sagen. So hat Ischreyt zum Beispiel seine Sklerastreifen mit sc,hwachen Formoll6sungen (etwa I/5 % ) fixiert. Er wusste bereits vor fast 50 Jahren, dass dadurch der Wasserge- halt festgelegt wird. Das Mizellargef/Jge wird dabei unversehrt er- halten. Casolino (1926) oder gar Heymans (1934) haben ihr Mate- rial in physiologischer Kochsalzl6sung bewahrt und somit w~ihrend der Versuche quellen lassen. Es kann kaum ein unzweckm/issigeres Vorgehen geben und ihre Resultate sind darum auch so wechselnd, dass man mit ihnen kaum etwas anfangen kann.

Casolino kann man eigentlic,h keinen Vorwurf machen, da man 1926 noch nicht allzuviel yon der Quellbarkeit der Sklera wusste, wiewohl 9erade in der itali/inischen Literatur der Quellung der Ge- webe des Auges viel Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Heymans aber wusste urn diese Dinge, denn er zitiert sie, hat sie a,ber miss- verstanden und d,arum die Quellbarkeit der Sklera nicht berfi~:k- sichtigt. Casolino kam immerhin zu der Feststellung, dass die Deh- nung yon Sklerastreifen proportional ihrer Ausgangsl~inge sei und umgekehr proportional ihrer Breite. Jugendliche Skleren sind fester,

224

Glaukomskleren minder dehnbar. Heymans, der einen Festigkeits- prfifer (Firmaname Deforsenk) verwendete, land die Festigkeit ju- gendlicher Skleren hoch, alter niedrig. Die gr6sste Festigkeit hat die limb/ire Sklera, die geringste die Sklera des ,hinteren Bulbusabschnit- tes. Dagegen ist die limb/ire Sklera im geringsten Grade elastisch und dehnbar, im h6chsten Grade die Aequatorsklera. klngleich wertvollere Versuche hat Blum (1938) angestellt. Er wies nach, dass die Festigkeit der Sklera mit zunehmender Quellung ab, mit zunehmender Entquellung zunehme. Seine Ergebnisse ftihrt die folgende Tabelle auf.

Tabelle 1.

Sklera Gewicht in rngr Quellunosorad Reissgewicht kg Festiokeit

Normale 500 1 1,3 1 gequollene 1000 2 0,2 0,15 entquollene 260 0,5 10,6 9

Man sieht die Festigkeitszunahme bei Entquellun 9 ist unverh~ilt- nissm/issi 9 gr6sser als die Festigkeitsabnahme bei der Quellun 9. Blum konnte messend best/itigen, was vor ihm sc,hon Nakamura (1925) und Heesch (1926) [anden, dass der hintere Bulbusabschnitt eine Sklera habe, die quellungs[/i,higer und quellbarer als die des vorderen Bulbusabschnittes ist und daher auch ein entsprechendes mechanisches 'Verhalten besitzt. 1942 hat Becher in anatomisch- histologischen lAntersuchungen nachgewiesen, dass die funktionelle Struktur der Sklera im vorderen Bulbusabschnitt eine Faseranord- nun 9 im Sinne eines Stfitzgewebes, die Sklera des hinteren Bulbus- abschnittes im Sinne eines elastischen D/impfungsgewebes erkennen 1/isst. Der Vergleich yon Spaltlinienbild un, d Spannungsbild (Kraft- felddarstellun9), den Kokott durchftihrte, zeigt, class die Sklera- faserun 9 eine trajektorielle Struktur hat an der Aussenseite dutch den Muskelzu 9, an der Innenseite durch den intraokularen Druck bestimmt.

Alle Llntersucher, die mit Sklerastreifen arbeiteten, haben hervor- gehoben, dass sie eigentlich zu diesem Verfahren als zu einem Aus- we 9 gegrif[en hatten, w/ihrend es in ihren Intentionen la 9, die Skle- r a u n t e r mrtfirlichen Umst/inden ~u untersuchen, wovon sie aber Mangels 9eeigneter Methoden zu ihrem Leid~vesen Abstand tun mussten. Nun gibt es aber Methoden, welche diesem Zweck ent- sprechen. Freilich muss man sich den Umst/inden anzupassen wissen

~a 225

und dort, wo man nicht direkt messen kann, die gesuchten Daten durch Extrapolieren zu gewinnen suchen. Das ist ein Vorgehen, yon welchem man doch fiberall Gebrauch macht, warum also nicht auch in der Augenheilkunde? Man kann die mechanischen Eigenschaften der Sklera direkt und in situ ermitteln durch ballistische Versuche. Man kann auch Vergleichsmessungen mit der Kornea des gleichen Auges anstellen und man kann iiberdies alle Versuche am unbehan- delten, ausgeweideten und intakten Bulbus anstellen. Leider hat Vogelsang diese Versuchsreihen nicht durc'hgeffihrt, sondern sich mit sehr wenigen und sehr unsystematischen Versuchen begnfigt. Vogelsang (1930) arbeitete mit der Apparatur von Richter (1927) nach Steinhausen entworfen, welche ged~impfte Sinusschwingunflen produziert, .deren H6he und Dauer Aussagen fiber die Elastizit/~t und deren Ver~inderungen zulassen. Aus den Kurven kann man: durch Ausmessen die Dauer einer ged~impften Schwingung in ermitteln sowie die Schwingungs,dauer bis zum Erreichen des h6ch- sten Ordinatenwertes. Die folgende Tabelle zeigt die yon Vogel- sang bekannt gegebenen Ergebnisse.

Mit dem n6tigen Vorbehalt, dass n~imlich aus so unsystematisehen Versuchen wenifl Brauchbares geholt werden kann, zeigt die Ta- belle, dass Gerbung, Jodtinktur und Sublimat, die Stosszeiten ver- kfirzt, den elastischen Wiederstand, die Resistenz also erh6ht, Quel- lung durch S~iure und Lauge hingegen die Stosszeiten verl~ingert, die Resistenz also herabsetzt.

Tabelle 2.

Messun 0 Zustand Intraokul. Druck Schwin0ungsdauer Ganze mm H 0 bis zum h6chsten Schwin0ungs-

Ordinatenwert o dauer o Skleral unbehand. 20 16 37

,, jodiert 20 "1,6 9,5 ,, unbehand. 50 11,8 25,6 ,, jodiert 50 3A 7,8 ,, unbehand. 24 9,9 21,5 ,, 30 % Zitrons. 24 13,8 29,4 ,, unbehand. 24 16,5 26,1 ,, 30 % Kalil. 24 18,8 40,2

korneal unbehand. 30 13,8 29,7 ,, 30 % Milchs. 30 I 1,6 25,9 ,, unbehand. 30 15,1 31,9 ,, 10 % Sublim. 30 10,7 28.3

226

Man sieht, dass die korneale Messung kaum Unterschiede gegen- fiber der skleralen anzeichnet. Doch kann man aus so wenig Mes~ sungen keine Folgerungen ziehen. Es ist schade, dass mit der recht empfindlichen Apparatur, die ausgezeichnet ausgearbeitet ist, nicht tieferschfirfende Untersuchungen verrichtet wurden. Wielleicht bietet sich in der Zukunft doch [fir irgendwen die Gelegenheit dies nachzuholen.

Aufschlussreicher sind die Untersuchungen yon Koch und Fischer (1933). In diesen ~%rersuchen wurden Kanichen'bulbi verwendet und zwar intakt und ausgeweidet. In die Bulbuswand wurde eine Lud- wig'sche Kanfile wasserdicht eingelassen mit einem Manometer und einer Druckeinrichtung verbunden und tier Bulbus in ein Gefhss eingeffigt, das mit Toluol geffillt wurde und dessen Inhaltsvolumen dutch eine kalibrierte Steigr6hre gemessen werden konnte. Wurde der Bulbus unter Druck gebracht, so konnte die Volums~inderung des Bulbus an der Steigr6hre in mm 3 abgelesen werden. Auf diese Weise konnten Druck-Volums~inderungskurven gewonnen werden. Aehnliche Kurven hatten schon frfihere Llntersucher gewonnen, doch hatten diese sich, wie schon erw~ihnt, nicht direkt mit den me- chanischen Eigenscha[ten der husseren Bulbu~hfillen beschhftigt, sondern mit dem intraokul~iren Druck. Dies hatte zur. Folge, dass, sie die eigentlich recht naheliegenden '~ersuche, so wie sie Koch und Fischer ausffihrten, nicht in Erwhgung zogen. Diese Autoren wiederholten n~imlich in regelm~issigen Intervallen dieselbe Messung am selben Objekt und konnten so nachweisen, welche Rolle eine Be- anspruchung auf die folgende hat. Dass die Vorgeschichte bei quel- baren Gebilden von geradezu detern~inieren, dem Einfluss ist, war diesen Forschern sehr gut bekannt. Es zeigte sich nun in ihren Ver- suchen, dass die ~iusseren Bul,bushfillen des erwachsenen Kanin- chens, wenn die Drucksteigerung 150 mm Hg nicht iiberschritt, bei der zweiten Messung niedrigere Volumenshnderungen aufwiesen als bei tier ersten, bei tier dritten wieder niedrigere als bei der zwei- ten und so welter fort, was nicht anders gedeutet werden kann als eine Dehnungabnahme bei wiederholter Dehnungsbeanspruchung. Wurde der Druck aber fiber 150 mm Hg erh6'ht, so trat das Llmge- kehrte in Erscheinung, durch Ueberdehnung wurden die ~iusseren Bulbushfillen dehnbarer. Wurde das Zeitintervall zwischen den ein~ zelnen Messungen verlhngert, so waren die Llnterschiede im obigen Sinne in jedem Falle zwar vorhanden, abet quantitativ viel geringer. Man kann daher sagen, dass sich die husseren Bulbushiillen wie un-

227

vollkommen elastische, dehnbare Gebilde verhalten, die beansprucht eine Erscheinung aufweisen, welche im Gegensatz zur elastischen Nachwirkung steht. Diese Erscheinung ist yon technischen ~Werk- stoffen her bekannt und wird in der Technik der Materialuntersu- chung als Materialermiidung bezeichnet, ihr Ausbleiben nach einem Intervall als Materialerholung, oder als Rekristallisation. Natiirlich handelt es sich bei den ~iusseren Bulbushfillen nicht urn Vorg~inge wie sie etwa bei Stahl ablaufen, wo tats~ichlich eine Rekristallisation be- obachtet wird. Hier handelt es sich um Verformung der Mizellen, ihrer Verb~inde und ihrer Raumlage. Es ist nun sehr wichtig, dass die ~iusseren Bulbushfillen jugendlichet" Kaninchen diese Erschei- nung der Materialermiidung nicht aufweisen. Das beweist, dass die Mizellenstruktur der jugendlichen Bulbus'h/illen ohne tieferen Um- bau einer Dehnungsbeanspruchung entgegen zu wirken vermag.

In allen diesen Versuchen an ganzen Auffen oder an den ~iusseren Butbushfillen trat kein Unterschied im mechanisehen Verhalten zwischen Kornea und Sklera an den Tag. Nun haben Heringa und seine Mita;beiter (1940) dargelegt, dass die Quellbarkeit der Hornhaut nicht nut dutch ihren Gehalt an Kollagen, sondern auch dutch ihren Mukoidgehalt (20 ~ ) bestimmt werde, was f/fir das mechanische Verhalten ebenfall.s bedeutungsvoll sein muss. Veran- lasst wurden diese Feststellungen durch Versuche von Lyns und Gaulhofer (1939) an formolfixierten Korneae. Nun hat schon 1919 Ewald gezeigt, dass formolfixiertes Kollagen ein /iberaus charakte- ristisches Verhalten zeigt, welches geradezu als Kollagentest von ihm angesprochen wurde, den genannten Autoren abet unbekannt

geblieben zu sein scheint. Bringt man n~iml,ich formolfixiertes Kolla- gen, besonders anschaulich in Faserform, in kochendes Wasser , so schnurrt das Kollagen zusammen, um sich in kaltem Wasser wieder nahezu reversibel auszudehnen. Dabei ist im kochenden Wasser Kollagen dehnbar wie Gummi. Sehneidet man aus formolfixierter Hornhaut Streifen und bringt diese in kochendes 'Wasser, so schnurrt die Hornhaut auf etwa die H~ilfte ihrer L~inge zusammen, wird gummiartig dehnbar, um in der K~ilte sogleich auf 3['~ ihrer Aus- gangsl~inge zu kommen und langsam ihre alte L~inge zur/ick zu er- halten. Ira kochenden Wasser wird die Hornhaut auch nac,h ihrer Fixation trfib, weil die Mukoide ausgef~iIlt werden. Trotzdem macht aber die K~ilte die L~ngenver~inderung riickgfingig. Wenn man nun vor der Formolfixation die Horn'haut in TrypsinlSsungen legt und alles E/weiss verdaut wird mit Ausnahme von Kollagen, dann in

228

Formol fixiert und nunmehr in kochendes 'Wasser einle~t, dann ver- h~ilt sich die Horn haut ohne Mukoide in mechanischer Hinsicht 9e- nau so wie eine Hornhaut mit normalem Mukoidgehalt. Die Sklera da, hingegen, die nahezu frei ist von Mukoiden ble~bt in solchen Ver- suchen in h6herem Grade verkfirzt alrs die Kornea. In der W~irme ist die formolfixierte Sklera auch minder dehnbar als die Kornea. Zu erkl~iren ist das mechanische Verhalten der formolfixie:ten Kor- nea und Sklera aus der Kettenbindun 9 der Polypeptide. In der W~irme 16sen sich die Endgruppen aus der Bindun9 und schnurren wie die makroskopische Faser, die sie bilden, zusammen. Die L6sun9 der Kettenbindungen auch der Nebenketten, verursacht die grosse Dehnbarkeit. Der Vorgan ~ ist in weiten Grenzen reversibel und durch entsprechen, de Temperaturen herzustellen. Die Debye-Scher- rer-Diagramme von Hertel lassen diese Deutun 9 unmittelbar zu.

L i n s e .

Vogelsan 9 (1934) hat das mechanische Verhalten der explantier- ten Linse mit dem Ballistometer von Richter untersucht und an der austrocknenden Linse recht demonstrative Kurven erhalten. Die Kurve b in .Abb. 13 ist eini~je Stunden nach a aufgenommen, die Kurve c einen Taft nach b und die Kurve d endl'ich nach Schrumpfen des Linsenvolumens auf die H~ilfte, Wiewohl keinerlei quantitative Schlfisse aus diesen Kurven 9ezogen werden k6nnen, erkennt man deutlich wie mit zunehmendem Wasserverlust die Hhrte und Elasti~ zit~it der Linse zunimmt. In der folgenden Abbildun 9 14 ist die obere Kurve von einer frischen Linse erhalten, die untere nach Er6[fnun9 der Linsenkapsel. Der Resistenzverlust nach dem Wegfall der Kap- selspannun 9 ist ohne weiteres erkennbar.

Einflehend untersucht wurden auch die mechanischen Eigenschaf- ten der Linsenkapsel und der Zonulafasern. Leider wurden diese Untersuchungen von v. Pflugk mit dem Festigkeitspriifer Deforden ausgeffihrt, nicht unvoreinfenommen ,bezweckt, sondern in Hinsicht auf die These yon v. Pflugk fiber den Mechanismus der Akkommo- dation. Es soll hiermit keineswegs die Zuverlhssigkeit der von Pflugk ausgeffihrten Versuche bezwei[elt werden. W a s unzul~issi 9 war, war die Absicht yon Pflufk zu zeigen, dass seine These richti9 sein mfisse, da die Linsenkapsel so dehnbar sei, dass die Gefen- meinun 9 nicht Ihnger aufrecht erhalten werden k6nne. Pfluflk be- n6tigte also die Dehnbarkeit der Linsenkapsel und such.re daher so-

229

lange, bis er sie auch land. Das tat er nat/irlich nicht bewusst, aber de facto. Die Linsenkapsel wird tats~ichlich so dehnbar als Pflugk angab, wenn sie einen h6heren Wassergehalt hat. Das war Pflugk bekannt. Er schreibt n/imlieh, dass von gr6sster Wichtigkeit das

Abbildung 13.

Ballistometerkurven yon vertrocknenden Linsen nach Vogelsang. a. frische Linse. b. einige Sunden nach a. c. nach einem Tag. d nach Schrumpfen auf das halbe

Ausgangsvolumen aufgenommen.

w/ihrend der Schittfiihrung dauernd n6tige Feuchthalten des Ge- webestreifens sei, da das Austrocken der Gewebe die Dehnbarkeit weitgehend beeinflusst. Er hat sich aber in seinen Wersuchen keines- wegs an normale physiologisohe Feuchtigkeitsbedingungen gehalten.

230

Kapsel und Zonulafasern wurden in 0,9 % Kochsalzl6sung unterge- taucht gedehnt. H~itte Pflugk die Versuchsbedingungen variiert, dann h~itte man einen Einblick erhalten in die sich abspielenden Ver~nderungen der physikaIisch-chemischen Beschaffenheit und

Abbildun0 14.

BaUistische Kurven yon Linsen nach Vogelsan 0 a. intakte Linse. b. nach Kapsel6ffnung.

diese in Zusam~nenhang mit den Verhnderungen des mechanischen Verhaltens bringen k6nnen. So aber kann man mit den Zahlenan- g~ben von Pflugk garnichts anfangen und ihnen nicht einmal einen informativen W e f t zu erkennen. Sie sind [fir eine Darstellung der mechanischen Eigenschaffen, kber auch [fir die Theorie von Pflugk wertlos, lmmerhin kann man aus seiner Arbeit entnehmen, dass die Kapsel in vivo keineswegs masslos dehnbar ist, wie das ja auch die klinische Erfahrung zeigt, man denke doch nut an die intrakapsu~ f~ire Extraktion und von der Zonula hebt Pflugk selbst hervor, class sie in vivo toni sch gespannt ist. Freilich muss man die eigenartige Schreibweise dieses Autors berficksichtigen. S~itze wie dieser: ,,Die Zonula befindet sich wegen der ihr eigentfimlichen hohen Dehnbar- keit st~indig in einem Zustande tier Spannung (Tonus), der auch fiber den Tod hinaus dauert", sind zu mindest in Streit mit jeder Nomenklatur und ermangeln den m6glichen De[initionen von Dehn- barkeit und Spannung zufolge jegIichen Sinnes.

G l a s k 6 r p e r '

Der Glask6rper |/isst auch bei genauerer LIntersuchung Form- elastizit~it vermissen. W e r je mit Glask6rper Versuche angestellte,

231

wird sehr begreiflich linden, dass viele Autoren dem Glask6rper ab- sprechen quellbar zu sein und zu den elas~ischen Gelen gerechnet zu werden. Doch kann es nach den Ergebnissen von Duke Elder (1935) nicht mehr bezweifek werden, dass der Glask6rper eine elastische Gelstruktur aufweist. Duke Eider brach.te mit Hilfe eines Mikro- manipulators Eisenfeilsp/ine in den Glask6rper und untersuchte mi~ kroskopisch und ultramikroskopisch, welche Strecke die magneti- sChen Teilchen im Glask6rper zurficklegten, wenn ein magnetisches Feld an den Glask6rper herangebracht wurde. Wurde dieses pl6tz- lich abgestell,t, so kehrten die Teilchen wieder in i/are Ausgangsstel- lung zurfick, wenn der verschiebende Zug nicht zu gross gewesen war. Auf diese Weise konnte die Elastizit/it der submikroskopischen Struktur direkt gemessen werden und Feldst/irke- reversible Dislo- kations-diagramme ausgearbeitet werden. Man kann die erhobenen Befunde zusammenfassend sagen, dass der Zustand des Glask6r- pers seine Struktur- und Formelastizit~-it bestimmt.

b. .Die Bedeutung der mechanischen Edgenscha[ten des gesunden Auges [fir Bau und Funktion der vaskularisierten Gewebe.

N e t z h a u t .

Lleber die mechanischen Eigenschaften der Netzlhaut wurden bis heute noch keine klntersuchungen angestellt, wiewohl in allen Theo- r/en fiber das Entstehen der Netzhautabl6sung die mechanischen Eigensc'haften eine Rolle, meistens sogar eine ausschlaggebende Rol,le spielen. Vogt hat in einigen Worten auf die Eigenschaft der Netzhaut hingewiesen, die sie mit anderen intraokularen Geweben teilt, naclh dem Bulbusinneren flekehrte eingerollte Rissr~inder auf~ zuweisen. V'ogt schrieb diese elastische 'Form~in,derung den Glas- membranen zu, die entspannt sieh zu ihrer ursprfinglichen Form retrahieren. Immer hat man ,die Glas'h~iute als elastisch angesehen. deshalb werden sie ja auc'h laminae elasticae genannt. Ob sie dies aber auch sin.d, hat man den alten Anatomen ohne weitere experi- mentelle Verifikation geglaubt.

Aus diesen Grfindcn haben vcir die ~olgenden Studien angestellt um die Basis f/ir sp~itere lAntersuchungen an der lebenden Netzhaut zu |egen. Nach verschiedenen Vorversuchen ergab sich als das zu- verl/~ssigte Verfahren das Folgende: So frisch als nur erh/iltlich wurden Schafs-Schweins~ und Rinderaugen geh/ilftet, der Glas- k6rper mit einem breiten Spatel aus dem Auge 9ew~ilzt, die Papille

232

mit einem Trepan ausgeschnitten und die Netzhaut mit 2 lrisspateln auf eine Kupferplatte iibergehebelt. Dabei wurde sehr 9enau 9 e- achtet die Lage der Netzhaut in jede,m Versuch festzustellen. Es wurde also 9enau notiert, ob die Sinnesepithelien oder die Nerven- faserschicht au[ der Kup[erplatt~ lagen. Die Kupferplatte hatte eine zentrale kreis[6rmige Bohrun 9 yon 5 mm Durchmesser. Die Netzhaut wurde nun so ausgebreitet, class die Bohrun 9 v o n d e r Netzhaut /iberspannt war. Dann wurde auf die Kup[erplatte eine zweite Kupferplatte 9ele9t, die oben und unten je einen feinen Stilt tru 9, welcher in eine entsprechende Bohrun 9 der ersten Kupferplatte passte, sodass beide 9egen einander unverschieblich test auf ein- ander la9en. Dieses mit Netzhaut beschickte Plattenpaar wurde so- dann in ein Geriit so eingeschoben - - yon oben her - - , dass es dessen Vorderwand biIdete und den R aura A in der schematischen Skizze (Ab'bitdun 9 15) wassevdicht abschloss. Das Gergt bestand

Abbilduno 15. Schema des Druckapparates der Verfasser.

aus zwei kommunizierenden Gefgssen A mit Kupferw/inden, B mit einer eingekitteten kali'brierten Glasr6'hre. Gefiillt wurde das Gef/iss A du, rch eine - - nicht eingezeichnete - - Glaskapillare, aus welcher langsam, aber 91eichmgssig physiologische Kochsalzl6sun 9 str6mte, da die Kapillare mit einem entsprechend 9ef/illten Standgef/iss ver- bunden war. Als Nullpunkt wurde die obere Bohrungsgrenze der zentralen Wand6ffnun9 angenommen un, d mit einem Raumzirkel, wie ihn die Feinmechaniker verwenden auf die Kalibrierun 9 der Glasr6hre ii'bertragen. Die Nulllage wurde iiberdies mit einem Ka- thedometer kontrolliert. Mit diesem einfachen Ger/it war es m69- lich den Druck in mm H~O zu ermitteln, 'bei welchem die sich vor-

233

vc61bende und elastisch beanspruchte Netzhaut einriss. Alsbald konnte man beobachten, dass die Vorw61bung allm/ihlich zunahm und die vorgew61bte Netzhaut deutliche Form/inderungen durch- machte, ehe sie einriss. Es wurde datum fiber alas Ger/it ein Mikros- kop angebracht mit einem Okularmikrometer mit verschieblichem Faden, sodass die Vorw61bung durch den Abstand Bohrunobasis- Blasenscheitel an der Mikrometerskala messend verfolgt werden konnte. Das Resultat soIcher Messungen, die Zuordnung von zuge- h6rigem ScheitelabstarLd zu jedem Druckwert zeigt die Abbil.dung 16. Man sieht eine relativ einfache Beziehung zwischen Dehnung und Druck.

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Abbildung 16. Dehnungskurve der Netzhaut.

Ein sehr kurzes Proportionalit~itsgebiet, hierauf eine regelm:4ssig st/irkere Dehnung als der Druckzunahme entspricht. Das bedeutet, dass die Dehnung der Druckzunahme vorauseik. Die Festigkeit ist sehr gering. Durch Vorbehandlung kann sie erheblich ver~indert werden. ~vV'~ihrend frisohe Netzh~ute direkt dem noch lebenswarmen Auge entnommen eine Zerreissfestigkeit yon 25 mm H20 haben, Einlegen in 96% Alkohol diese auf etwa 50 mm H20 erh6ht, bringt Formolfixation eine Erh6hung der Zerreissgrenze auf 50 cm H20 zu Stan.de.

Mit grosset Genauigkeit konnten wit weiterhin feststellen, dass

234

in jedem Fall die Netzhaut im Blasenscheitel einriss. Das erm6glicht in eiMacher Weise die Wandspannung zu berechnen, welche die Netzhaut noch eben auszuhalten vermag ohne einzureissen. Be- kanntlich gilt fiir den Fall der exakten Messbarkeit des Kriim- mungsradius des Scheitelbogenelementes

W R P - -

2

worin P die Spannung, W der Druck und R der Radius ist. Mit einiger Geduld gelang es uns bei verschiedenem Druck die

gedehnten Netzh/iute wg~hrend der Dehnung zu photographieren, wie Abbildung 17 zeigt und durch Projektion der Negative war es dann m6glich exakt R zu messen. Es ergab sich ein Wer t yon

P = 0,33 g/cm.

Betrachtet man die Photographieen in tier Abbildung 17 genauer, so erkennt man miihelos, dass ,die Netzhaut bei dee Dehnung keine

Abbildung 17.

Photographien yon 9edehnter Netzhaut. Man sieht die Kupferplatte mit der zentralen Bohrun9, welche die Netzhaut abschliesst und die vorgew61bte Netzhaut .

Die Netzhaut ist trtib. a. Druck 2,5 mm H 2 0 b. ,, 3,85 . . . . c. ,, 5,2 ., ,, d. ,, 6,55 . . . . e. ,, 7,9 . . . . i. ., 9,25 . . . .

235

Kugelkalotte bildet, sondern einen ziemlich unregelmiissigen K6rper darstellt, der kein Rotationsprodukt/st. Dies beweist, dass die N e t ~ haut kein gleichartiges Material ist, sondern eine zonendifferente Dehnbarkeit hat. Immerhin kann man abet erkennen, dass die Netz. haut bei der Dehnung einen abgeplatteten K6rper formt. Wir haben getrachtet durch Vergr6sserungen, we]che wir durch Projektion her- stellten, dann nachzeichneten und ausmassen, ja sogar planimetrier- ten, zu einer besseren Darstellung zu gelangen als zu einer Druck- Dehnungskurve, mussten aber yon mathematischen und physikali- sc.hen Autorit/iten erfa,hren, class selbst fiir e inen /.deal elastischen K6rper sich keine yon vornherein angebbare Beziehung aufstellen lasse, da unter den gleichen Versuchsbedingungen immer ungleich~ m~issige Dehnungen auftreten, sodass die Oberfl~iche nicht kugel- f6rmig wird, sondern an jedem Element einen anderen Kriimmungs- radius besitzt.

Deshalb haben wir Versuche mit Kondomgumm/ angestellt. Wi r verwendeten hierzu einen etwas anders gebauten Apparat, dessen Konstruktion abet im '~,Vesen sich vom ersten nicht unterschied. Auch diese Versuche haben wir so eingerichtet, dass wir die Deh- hung photographierten. In der folgen, den A,bbil, dung 18 sie'ht man die Gurrrmimembran bei verschiedenen Drucken, wobei sich zeigt, dass sie viel elastischer, dehnbarer und fester/s t als die Netzhaut. Die meisten Membranen konnten gedehnt werden dutch Drucke fiber 175 mm Hg. Die Netzhaut hat demnach eine mehr als 100 (94,5 im Minimum) Mal geringere Zerreissfestigkeit. Viel wich~ tiger ist aber, class die Netzhaut sich auc;h qualitativ anders verh~ilt als Gummi, diesen als Prototyp eines fast ideal elastischen K6rpers angenommen. Aus A,bbildung 18/st zu sehen, dass bei einem Druck von 140 mm Hg die Membran die Form eines Ellipsoids erlangt hat. Der Scheitel der gedehnten Gummimembran ist dann sehr deutlich abgeplattet. Diese Form nimmt Gt~mmi ziemlich kritisch an, noch bei 120 mm Hg ist die Membran nut ausgedehnt so wie bei 90 mm Hg. Stellt man graphisch die Scheitelh6he in Abh~ingigkeit vom Druck dar, so ergibt sich eine S~f6rmige Kurve mit z~ei Wende- punkten. Abb. 19.

Es liegt nun nahe das Photomater/al weiter auszunfitzen und ver- gleichende Berechnungen ~mzustellen. Die Kurven Abbitdung 20 und 21 geben eine Uebersicfit fiber die Beziehung Oberfl~iche- Druck und Spannung -Druck ffir die Netzhaut und die Gummimem- bran. Immer zeigen die Gummikurven zwei Wendepunkte, die Netz-

236

Abbi ldung 18. Pho tograph ien einer gedehnten Gummimembran

a. D r u c k 10 mm Hg b. ,. 40 ,, c. 60 ,, d. 90 e. 140 [. 145 ,, 9. ,, 150 ,, h. , 1 7 5 . . . .

i. zeigt den Lappenr iss ents tanden nach LIeberschreiten der Zer re i ssgrenze .

237

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Abbildung 19. Dehnungskurve der Gummimembran.

hautkurven abet keinen. Man k6nnte nun einwenden, dass die Netz- haut eben nicht so dehnbar sei wie die Gummimembran und daher f.rtiher risse, ehe sie Spannungen ausgesetzt sei, welche die Gummi- membran zur Ellipsoidblase dehne. Stellt man die gleichen Ver- suche mit formolfixierter Netzhaut an, dann erh~ilt man die gleichen Kurven wie mit [fischer Netzhaut oder mit quellen,der abgestorbener Netzhaut. Nie fin,det sich auch nut eine An,deutung von Wende- punkten. Das bedeutet, dass die Netzhaut ein anderes dehnbares Gebilde ist als Gummi. Dieser Schluss w~ire bedeutungslos, wfissten wit nicht, was die Dehnbarkeit und Elastizit~it yon Gummi bewirkt. Wo. Ostwald hat auf Grund von Debye-Scherrer-Diagrammen von ungedehntem und gedehntem Gummi nachgewiesen, dass die Gitter- struktur der Mizellen bei der Gummi.dehnung eine reversible Aende- run 9 der Maschenweite und -form erf~ihrt. Indem man die Grund- form des Gitters der Einfachheit als Quadrat annimmt, kann man diese Aenderung als rautenf6rmig und schliesslich strichf6rmig be- schreiben und somit das Gitter funktionieren lassen wie eine N tirn- berger Schere. Von einem solchen Feinbau, einer solchen Gitter- struktur ist bei der Netzhaut keine Rede, was ja auch der anato- mische Bau vermuten l~isst. Nun haben die Netzhaut und die Gum- mimembran die Eigenschaft in ganz gleicher Weise zu reissen. Es

238

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Abbildung 21.

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Wandspannungskurven. P Wandspannun o in gr/cm. W Druck in rnm Hg.

a. f/it die Netzhaut. b. fiir die Gummimembran.

240

entsteht ein Riss von der gleichen Form wie bei der Netzhautab- 16sung, n/imlich ein Lappenriss. Er entsteht bei der Gummimembran immer, ganz gleichgiiltig wie man sie dehnt. Ganz anders verhglt sich die Netzhaut. Ein Lappenriss entsteht nut, wenn die Netzhaut aussen-innen gedehnt wird, lAm Missverst~indnisse zu verm,eid~n: aussen ist ,die Sinnesepithelschicht, innen die Nervenfaserschicht. L/iss,t man den Druck prim/ir auf die Nervenfaserschicht einwirken, dann reisst ,die Netzhaut, indem sie das Bild der Schisis darbietet. Beobach, tet man ,diesen Vorgan 9 mit dem Binokularmikroskop, dann sieht man wie die vorgew61bte Netzhaut durch Verschiebung der Schichten diinner wird. dann reisst die Nervenfaserschicht meistens an vielen Stellen zugleich und immer viel weniger kreisrund um~ schrieben ein, sodass eine kribr6se Oberfl/iche entsteht. Die Sinne- sepithelschicht erweist sich in diesen Versuchen als tester. Man kann solche Versuche auch am ganzen Bulbus anstellen, indem man dutch den Opticus eine weite Kan/ile einftihrt, die mit einem Druckapparat verbunden ist, ein Sklerafenster trepaniert, die Chori- oidea vorsichtig spaltet, sodass das Fenster nu.r yon der Netzhaut /iberdeckt ist. Mit Hilfe der Ludwig'schen Kantile kann man solche Versuche sogar am lebenden Auge ausf/ihren. Die Resultate sind immer dieselben.

LIm genaue Einsicht in die feineren Vorg/inge zu erlangen haben wir versucht die gedehnten Netzh~iute zu fixieren, um sie histolo- gisch untersuchen zu k6nnen. Dies gelang nach manchen Fehlschl~i- gen in einfacher Weise dutch Auftropfen yon konzentrierter Sal- peters~iure auf die gedehnte vo,rgew61bte Netzhaut. Die auf solche Weise koagulierte Netzhaut kann aus dem Sklerafenster ausge- schnitten werden und in der gebr/iuchlichen Art zur histologischen ljntersuchung prgpariert werden. Die auf solche Weise gewonnenen Pr/iparate sind nicht vorbildlich, abet zweckentsprechend. Man er- kennt n~imlich deutlich, welche Schichten gerissen sind. Ein ~Ver- gleich der histologischen Pr/iparate mit den Feststellungen am Bi- nokul/irmikroskop ergibt, dass tatsgchlich die Schichten der Netz- haut bei der mechanischen Beanspruchun 9 sich gegen einander verschieben. Es geht dem Einreissen in Form eines Lappenrisses, wobei also die Netz,haut in ihrer ganzen Dicke einreisst oder besser gesagt durchreisst, ein fl~ichenhaftes Zerreissen voraus, das sich in den K6rnerschichten, manchmal nut in der inneren, manchmal nur in der/iusseren, oft :in beiden K6rnerschichten einstellt. Nach diesem Zerreissen, welches eigentlich ein fl/ichenhaftes Abreissen ist, reisst

~6 241

bei der Beanspruchung innen aussen zuerst die Nervenfaserschicht dutch, bei Beanspruchung aussen innen die ganze Netzhaut, wes- hal'b sich nur in letzteren Fall ein Lappenriss entwickelt. Die klini- sche Bedeutung eines sokhen Werh/il,tnisses ist evident.

C~a o r i o i , d ea.

Das mechanische Verhalten hat in einer wa,hrhaft klassischen Arbeit Straub untersucht. In einer ungew6hnlich ideenreichen Arbeit besehreibt Straub Versuche an lebenden Kaninchenaugen, deren Druck messbar variiert werden konnte, nael~dem ein Sklerafenster angelegt war. Straub mass nun den Druck, bei welchem ,die sich aus dem Sklerafenster vorw61bende C,horioidea einriss. Er land im Durchschnitt Werte, die etwa 3 real den intraokularen Druck - - ein Kaninchen hat einen Druck von etwa 20 mm Hg - - fibertrafen. Es fiel St, raub auch auf, dass die Chorioidea sehr verschiebbar ist und somit das vorgew61bte Stiick gr6sser war als das Fenster. Legte er abet dieses dort, wo ,die C,horioidea unverschieblich auf der Sklera sitzt, zwischen der Durchtrittstelle einer Vena vorticosa und dem Limbus, dann w61bte sieh die Ohorioi~dea erst: vor bei LIeber- schreitung ,des normalen Augendrucks. Wi r haben die Versuche Strat~bs wiederholt und konnten sie in jeder Hinsicht bestgtigen. Wir haben mit einer Art Kathedometereinrichtung die W61bungszu- nahme gemessen um Dehnungskurven anlegen zu k6nnen. Es zeigte sieh a, ber, dass die C,horioidea einmal vorgew61bt kaum mehr ge- dehnt wird, bis sie einreisst. Die Chorioidea erweist sich somit als kaum dehnbar. Da sie bei Wiederholung der Versuche immer wie- der ,die gleiche Form annimmt, muss die Chorioidea als sehr elastisch angesehen werden. Da sie erst bei sehr betr/ichtlic,hen Druckwerten reisst als lest. Die Chorioidea ist tats/ichlich im Stande den intrao- kularen Druck zu tragen, wie Straub sagte, wir sprechen heute von aushalten oder entgegen wirken. Dies ist natfirlieh von essentieller Bedeutung ffir das Problem des intraokularen Druckes schlechthin.

c. Die Bedeutun9 der mechanischen Ei#enscha[ten des gesunden Auges [iir Bau und Funktion des Au~qes als Ganzes.

Die Bedeutung der mechanischen Eigenschaften des Augapfels als einer anatomischen und physiologischen Einheit f/Jr die Integritgt yon Form und Funktion des Auges hat man sehr frfi'hzeitig erkannt, yon einem rein klinischen Standpunkt ausgehend abet sich fast aus-

242

schliesslich mit dem Problem des intraokularen Drucks und seiner Messung befasst. Ueber dieses freilic'h grundlegende Problem wur- den sehr viele Messungen und Arbeiten vorgelegt, die sich oft in allen wesentlichen Punkten widersprechen. 1937 wurde dieses Grundproblem durch Friedenwald in jeder Hinsicht gel6st und wir k6nnen nicht besser tun als seiner Darlegung folgen. W i t tun dies umso lieber, well wit leider den Eindruck ,haben, dass die Ar- beiten von Friedenwal, d nicht die Wiirdigung gefunden haben, die i'hnen zukon~mt. Sie sind nicht nur gedanklich un, d methodisch vor- bildlich, sondern sie sind die einzigen Arbeiten, die an den nun zu besprecher~den Problemkreis in klarer Erkenntnis ,der zu 16senden Aufgaben herangingen. W e n n Friedenwald in seiner Einleitung die ,ballistischen Methoden erw/ihnt, deren Autoren den gleichen Gedankengang wie er verfolgten, so ist dies zwar sehr h6flich, aber unzutreffend. Diese Autoren vermeinten neue Methoden gefunden zu 'haben zur Messung des intraokularen Druckes und erst im Zuge ihre LIntersuchungen erkannten sie. dass sie sich mit den mechani- schen Eigenschaften des Auges eingelassen hatten. Dies trifft auch auf Vogelsan9 zu. Friedenwald ist tier einzige, der die Komplexheit der Messungen von Druck un, d Spannung vor Augen nach einem W e g suehte ,die Messungsresultate in mehr als der hergebrachten Weise brauchbar zu machen. Diesen W e g hat er auch gefunden. Dies verleiht seinen Arbeiten den hohen Rang eines Beispiels nicht nur in Plan und Ausfiihrung, sondern - - ein seltener Fall - - der Methodologie.

Der Augapfel ist hydrostatiseh als eine fliissigkeitserfiillte elas- tische Kugel aufzufassen, deren W a n d und In,halt beansprucht wer- den dutch den intraokularen Druck. Dessen H6he h/ingt ab vom Ftillungszustand der Kugel, somit vom Volumen des Glask6rpers, Kammerwassers und vom Blutgehalt der intraokularen Gefgsse. Die elastische Augapfelwand ist durch den auf i hr lastenden intraoku- laren Druck gespannt. Intraokularer Druck und Wandspannung sind nicht 91eich oder identis0h. Ihr Verh/ittnis ist bekanntlich auf volgende Weise darstellbar.

In Abbildung 22 sind ab und ab' zwei Wandelemente, die sich durch die in ihnen ausgel6ste Spannung zu verkiirzen streben, also a nach b in ,der Richtung der Tangente ab an b und zwar mit der Kraft ab zu verschieben trachten, respektive a nach b' mit der ab gleiehen Kraft ab'. Die Kraft ab und ab' kann man in die Kompo- nenten bd und ad respektive b'd und ad zerlegen, yon denen bd und

243

Abbildung 22. Wandspannungschema benachbarter Wandelemente.

b'd entgegengerichtet und gleichgross sich aufheben, w~ihrend die gleichgerichteten Komponenten ad ,beider Kr~ifte sich addieren. Nur diese senkrecht zur W a n d gerichteten Komponenten der Spannunfl wirken dem intraokularen Druck entgegen.

Stellt man nun wie in Abbildung 23 nach dem Vorgang yon Fick t l

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Abbildung 23.

Fick's Schema der Wandspannung in einem Bogenelement.

dutch ab, die im Bogenelement a,b herrschende Spannung dar. welche a nach ,b zu verschieben tradhtet, so wirkt ad dem intraoku- laren Druck entgegen. Da

<) abd = <) acb - - ist, somit

ad = ab sin ~, so ist T', der Tell der Spannung, welcher dem intraokularen Druck das Gleichgewicht h~lt.

244

T ' = T sin ,~, wenn T der Spannungsrest in der Augapfelwand bedeutet. Diese Spannung wirkt nat/irlich im gesammten Kugelabsc, hnitt, als welchen das Oberflachenelement aufgefasst werden muss, alas mit dem Radius db das Bogenelement xb umfasst, welches ja definitionsge- mass den Punkt x zu verschieben - - sich zu verkiirzen - - trach- tet, auf Spannun9 beansprucht.

Da bd ~--- bc sin b d = r

so ist bd ~ r sin

und der Kreisumfang 2 r s in ~) ,a-.

Die Gesamtspannung S, ist dann

S = T 2 r s in ~ ,'r.

Daraus folgt abet auch, dass S' die Summe der dem intraokularen Druck entgegengerichteten Spannungskomponenten

S' = S sin

sein muss und somit

S t ~ T 2r s in 2~) ~.

Ist P' der Tell des intraokularen Drucks, der auf der Flache

r z s in z ~ lastet, dann gilt

P / ~ - P r 2 sin zj) ~-,

worin P .der auf tier Flacheneinheit lastenden intraokulare Druck ist.

S' ~- P' Da ist, so gilt auch

und somit auch T 2r sin 257r ~ P r z sin 2p ~r

T 2r = P r 2.

Lind hieraus folgt endlich:

T = P r/2. Mit anderen Worten: bei gleichem intraokularen Druck ist die

Wandspannun9 direkt proportional dem Kriimmungradius. Je 9r6s- ser dieser, desto gr6sser die Spannung. Bei Unstetigkeit des Kriim~ mungsradius wird somit auch die Spannung unsteti9. In ein und demselben Auge, ja in demselben Wandteil muss die Wandspan- nunfl verschieden sein, wenn die Flachenelemente verschiedenen Kr/immungsradius haben.

245

Wit haben oben bei der Besprechun o der Hornhaut hingewiesen auf die Ab'h/ingigkeit der Spannung yon der Wanddicke, Ratschew- sky, und zwar ist die Abh~ingigkeit eine umgekehrte proportionale. Von der Wandelastizit~it/st die 'Wandspannung unabh/ingig.

Dahingegen h~ingt die Dehnung, welche die Bulbuswand bei Er- h6hung des intraokularen Druckes erleiden kann und die hierdurch bewirkte Volumszuna;hme vonde r Wan,delastizit~it ab. Je gr6sser die Volumszunahme, desto geringer die Elastizit~it. Die Bulbus,deh- nung ist nicht der Druckzunahme proportional, sondern sie wird mit zunehmendem Druck geringer. Drfickt man an umschriebener Stelle ein, so erzielen gleic,he Drucksteigerungen immer geringere Impres- sionen bis schliessliCh der Augapfel nicht mehr eingedrfickt werden kann. Es nimmt in diesen Dehnungsversuchen die Dehnbarkeit mit der Dehnungsbeanspruchung ab. Da der Bulbusin'halt inkompressi~ bel ist, so muss aus der eingedrfickten Stelle Flfissigkeit verdr~ingt werden, welche in dem nioht eingedriickten Bulbusteil untergebracht werden muss, was nur m,6glic.h ist dutch eine entsprechende Aende- rung der Bulbusform. Diese muss sich also der Kugelgestalt an- n~ihern, ,da bekanntlic'h diese die einzige M6glichkeit ist bei gleicher Oberfl~iche .den gr6ssten Inhalt zu haben. Eine solche Formver~inde- rung, respektive Dehnun 9 h~ingt natfirlich ab von der Elastizit~it und Bieflsamkeit, respektive Biegungsfestigkeit, also R, igidit/it der Bul- buswand. Ausgehend vonder elementaren Tatsache, dass bei der Tonometrie die Kornea eingedrtickt und der Augapfel deformiert wird, wobei die K, orneaeindellung den Messwert bestimmt, dieser aber nicht nur yon dem vor der Messung bestehenden Druck, son- dern gleichfalls yore Wandwiderstand gegen die Deformation ab- h~ingt, hat Friedenwald nachgewiesen, dass durch Differential,tono- mettle der Wandwiderstand in r~rerten, welc,he als Rigidit~itskoeffi- zient bezeichnet werden k6nnen, messend fes,tgelegt werden kann. Man verwechsel diese Differentialtonometrie nicht mit der Korneo- skleraldifferentialtonometrie yon Bader, 1918, wiewohl auch diese Anhaltspunkte fiber die Rigidifiit ergibt. Friedenwalt begann seine LIntersuchungen mit einer Durchrechnung der in tier Litteratur vor~ liegenden Versuc,he yon Schulten, 189't, Koster, 1895, Schi6tz, 1911. Ridley 1930 und Clark, 1932, denen die von Koch und Fischer 1933 zugez/ihlt werden k6nnen, in welc hen kurvenm/issig die Beziehung yon Volumen und Druck dargestel]t wurde auf Grund experimen- teller LIntersuchungen. Es zeigte sich, Abbildung 29, dass bei Schwein, Hun,d, Kaninchen, Katze, Affe und Mensch man eine

246

Abbildung 24. Dehnbarkeitskurven des Bulbus yore Schwei'n, Kaninchen, Mensch, Katze und Hund. Ordinate Valumen, Abszisse Logarithmus. des

Druckes. Die Steilheit der Geraden ist ein Mass der Dehnbarkeit. Nach Friedenwald.

Gerade als Volumen-druck-~kurve erhalt, wenn man das Volumen als Ordinate auftr~igt und den Logarithmus des Druckes als Ab~ szisse. Die Steilheit der Geraden gegeniiber der positiven Richtung der Abszissenachse, respektive die Gr6sse des Winkels, welchen die Gerade mit dieser einschliesst, gibt die Dehnbarkeit an. Je steiler die

247

Gerade, je gr6sser der Winkel, desto 9eringer die Dehnbarkeit. Aus diesen Daten ergibt sich nach kurzer Zwischenrechnung

log P ~ C - ~ K v , worin P der Druck, C eine Konstante, in welcher das Ausgangsvo- lumen, K, eine Konstante, in welche das Gesamtvolumen enthalten ist und v das verdr~ingte Volumen bedeutet. Die Stei]heit der Gera~ den kann ausgedJ:fickt werden durch K, welches somit eirl Mias,s ist des Widerstandes, den die Bulbuswan,d der Dehnungsbeanspru- chung entgefen setzt. Es ist also K der Rigidit~itskoeffizient. Friedenwald konnte weiterhin zeigen, dass die gleiche Formel auf die Tonometermessungen angewendet werden kann, wenn als Druck der Druckwert w/ihrend der kornealen Messun 9 angenommen wird und als Volumen das Volumen der kornealen Einde]lung. Dies f/ihrte Frieclenwald zur Errechnun~j eines Nomograms, Abbildung 25, aus welc, hem tier Rigidit~tskoeffizient aus 2 Tonometerablesun-

v a t u M t Cumr ~

248

Abbildun9 25. Nomo~jram yon Friedenwald, zur graphischen Bestimmung des Rigidit~tskoeffizienten aus mehreren Tonometermes- sungen. A~szisse Tonometerausschlag. respektive Korrektur fiir das Tonometergewicht, resp. Volt, men in ram 3. Ordi- nate mm Hfj. Der Rigidit~tskoeffizient ist abzulesen nach der Steilheitslage ,con AB als Beispiel, also yon der gegen-

seitigen ]:,age der Tonometermcssnngen.

gen mit 2 versc,hiedenen Gewichten abgelesen werden kann. In der Abbildung verbindet die Gerade A B die Tonometerablesungen, ihre Steilhe~t f~llt zusammen mit einem Rigidit~ttskoeffizienten yon 0,021, dem durchschnittlichen Normalwert. Vereinfachte und zu- gleich korrigierte Werte sind der folgenden Kurvenschar der Tono- meterablesungen, gemessen wurde mit dem Tonorneter yon Schi6tz. zu Grunde gelegt, Abbildung 26, die freilich nicht die nomographi-

b ~

20 10 0

Abbildun 0 26. Korrigiertes Tonometerdiagram nach Friedenwald

zur Schtitzung der Bulbusrigidittit aus zwei Tonometerablesu'ng en.

sche Bestimmun.g des Rigidit~tskoeffizienten gestattet, sondern nur dessen relativen Weft in Bezug auf die Norm. ~V'enn ngmlich das schwerere Gewicht einen hOheren Druckwert erzielt, dann ist das Auge abnorm rigide und der Intraokulardruck niedriger als beide Ablesungen anzeigen. Ergibt das schwerere Gewicht den niedrige- ten Druckwert, dann ist das Auge abnorm dehnbar und der intrao- kulare Druck 'h6her als in ,beiden Messungen. Man kann allgemeiner und doch recht deutlich formulieren: Man fi'bertrage die Messungen mit 2 verschiedenen Gewichten auf das korrigierte Schi6tznomo- gram, P~bbildung 26, und verbinde die Messpunkte dutch eine Ge- fade. Wenn diese Gerade sich nach rechts senkt, dann ist das Auge

249

abnorm rigid, wenn sie nach rechts steigt, abnorm dehnbar. Ihr Schnittpunkt mit der O;dinate, den Druckwerten, ist ein approxima- rives Mass des intraoku]aren Druckes, n~imlieh des faktisch im Auge herrschenden Druckes vor der dutch die Messung bewirkten Druckerh6hung. Die ausserordentlich interessante Ableitung yon Friedenwa]d und seine Ausarbeitung der Nomogramme vergesse man nicht im Original nachzulesen!

In d,iesem Zusammenhange erscheint es zweckm~ssiger auE die Re- sultate seiner Messungsreihen einzugehen. Won besonderer Wichtig- keit sind die Frequenzkurven in Abh~ngigkeit vom Alter, welche die Abbildung 27 vorffihrt. Als Abszisse erscheint der Rigidit~tskoeffi- zient als Ordinate die Frequenz. 4 Altersgruppen wurden ausgew~hlt.

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0 .010 .020 .030 .0~0 .0~0 RigidlY" w

Abbildung 27. Rigidit~tsfrequenzkurven bei 4 AI t e r sk l a~en .

O r d i n a t e Frequenz , Absz isse Rigidi tw

250

Man sieht, dass die beiden ersten Gruppen symmetrische Kurven aufweisen, die beiden letzten aber stark unsymmetrische. Dabei verschiebt sich der Mittelwert nach rechts, die Rigiditfit nimmt also mit dem Alter zu, was aber erst mit dem 50. Lebensjahr evident wird. Es besteht aber keine kIni[ormitgt aller Gleichalterigen. Auch bei 80-]fi, hrigen finder man mitunter Rigiditgtskoeffizienten wie bei Jugendlichen. Die Rigiditgt nimmt [erner ab mit der Bu|buslgnge, sodass hohe Grade von Myopie kleine Rigiditgtskoeffizienten haben. Dieses Verhalten zeigt sich auch beim Kornearadius. Dabei muss berficksichtigt werden, dass in normalen gesunden Augen die Varia- tion des Rigiditgtskoeffizienten sehr gering ist, sodass den eben zi- tierten Feststellungen ein statistisch festgegriindete Bedeutung zu- kommt. In dieser t-Iinsicht ist es yon Wichtigkeit, dass in Augen mit tiefer physiologischer Exkavation im AIlgemeinen niedrige Rigi- dit~itskoeffzienten ge[unden werden. Nachdrticklich sei auch in Er- innerung gebracht, dass die Rigiditgtsbestimmungen nicht eine LIn- terscheidung zulassen zwischen der Dehnbarkeit der Wand und der Komp~ssibilit/it der intraokul/iren Blutgef/isse. Im Falle der hohen Myopie wird aller Wahrscheinlichkeit nach die Wandbescha[fen- heit die ausschlaggebende Rolle spielen, im Alter m6gen wohl be/de Faktoren beteiligt sein. Die Bedeutung des Rigiditgtskoe[[izienten fiir die Pathologie wird uns spgter beschgftigen.

Aus dem Vorgetragenen folgt, dass die mechanisc.hen Eigen- schaften des Bulbus als ein einheitliches Ganze vorallem in der Zeit des Wachstums von Bedeutung sein m6gen, freilich muss man sieh vor Augen halten, class die Gestaltsver/inderung des Au.ges durch das Wachstum verschwindend gering ist. In derselben Weise ist die Beanspruchung des Bulbus durch die pulsatorischen Blutdruck- schwankungen quantitativ nur sehr un'bedeutend. Die Pathologie ist reichhaltiger.

Vor Friedenwald hatten schon Vogelsang {1930) und Wieger- sma (1932) sich damit besch~iftigt Konstanten ffir die Rigidit/it aus~ findig zu machen. Vogelsang hat sich aber schon mit dem ttinweis au[ eine solche M6glichkeit begniigt, wghrend Wiegersma trotz der Mithilfe yon Weve und Focker fiber Modellversuche nicht hinaus kam, aus diesen den Riickschluss zog, class der Ballistometer kombi- niert mit einem Tonometer geeignet erscheine zur Bestimmung der Rigiditfit, f/ir welche der Stossquotient gew/ihlt wur.de, eine Kon- stante, die dem RestitutionskoeI[izienten des geraden Stosses gleich- kommt. Dieser ist beim unelastischen Stoss gleich Null, beim elasti-

251

schen gleich eins. Der Stossquotient wird also Werte zwischen Null und Eins annehmen k6nnen.

Messende lAntersuchungen an Augen, auf die es einzig und allein doch ankommt, hat Wiegersma abet bisher nicht bekannt ge~ geben. Er ist auch dutch Friedenwald in jeder Hinsicht /iberholt. Immerhin kann man aus seinen Arbeiten ersehen, dass er sich schliesslich zur Erkenntnis durchgearbeitet hat, dass ,ballistisch die Elastizit~t, nicht der intraokulare Druck gemessen wird. In seiner letzten Arbeit gibt er eine Kurve aus einer friiheren, in welcher die Abh~ingigkeit des Stossquotienten yon der Hornhautdicke de- monstriert wird. Die Korneae waren aber Zellophanmembranen verschiedener Dicke, was zwar im Text erz~ihlt wird, an den Kur- yen abet nicht vermerkt ist.

III, DIE B E D E H T H N G DER M E C H A N I S C H E N E I G E N S C H A F T E N DES KRANKEN AHGES

a. bei Erkrankungen tier nicht uaskularisierten Gewebe.

H o r n h a u t .

Wenn man sich mit dem mechanischen Verhalten der Kornea unter pathologischen Umst~inden besc,h~iftigt, dann versucht man unwillkfirlich krankhafte Zust~inde, etwa Formver~inderungen, Kri~mmungsabweichungen aus den mec~hanischen Eigenschaften ab- zuleiten. So schloss man aus der Fo,rm des Keratokonus z.B. auf ab- norme anisodiametrische Dehnbarkeit. Es ist v611ig miissig hier Theorien aufzustellen oder Zust~inde zu interpretieren von einem Als-ob~standpunkt oder was wohl noch am ehesten duldbar w~ire, sie abzuleiten aus dem gegebenen Zustand, auf welchen mechani- sc,hen Voraussetzungen er etwa beruhen k6nnte. Leider besteht fast die gesamte Literatur aus solchen lAeberlegungen, denen ein winzig kleines Tatsachenmaterial gegen/iber steht.

Gesichert ist die Ab'h~ngigkeit der mechanischen Eioenschaften, der Elastizit~t, der Dehnbarkeit und tier Festigkeit vom Quellungs- grad. T/~glich kann der Kliniker sich hiervon fiberzeugen und mit recht einfachen Hilfsmitteln sogar messende Beobachtungen anstel- fen. Dies ist im Allgemeinen so gut a.ls unbekannt. Der eine yon uns hat mehrfach, zuletzt 1931 hierauf hingewiesen. Man kann sich n~imlich aus Glas oder einem anderen geeigneten Material feine F;~den herstellen, welche man nach der-Art der v. Frey'schen Reiz-

252

haare eichen kann. Man setzt diese feinen, an der Spitze kolbig ver- dickten Glasf~iden auf die Hornhaut, Anaesthesie ist nicht n6tig und beobachtet an der Spaltlampe, welcher Faden die Kornea an um- schriebener Stelle einzudellen vermag, klmschriebene Quellungs- trfibungen z.B. sind abnorm eindri.ickbar, also wenig rigid. Llmge- kehrt sind Korneanarben im allgemeinen rigid und doch dehnbar. Dies vorallem in Abh~ingigkeit von ihrer Dicke. Wenn die Hornhaut an umschriebener Stelle narbig verdfinnt ist, so verh~ilt sie sich dem intraokularen Drucke gegeni.iber anders als ihre Llmgebung. Es entstehen in ihr auch andere Spannungen. Beobachtet man mit dem Reflektographen, den der eine yon uns seiner Zeit (1927) angab, so sieht man die verdiinnte Stelle pulsieren, was nach dem, was wit unter Kornea und be/ Besprechung von Druck und Spannung auseinander setzten, wohl ohne weiteres verst/~ndlich ist.

Ebenso ist wohl von vornherein klar, wie es zu umschriebener Faltenbildung kommt ,bei ungleichseitigem Druck und ungleichseiti- ger Spannung, etwa bei Keratokonus und ,bei Hypotonie.

Dass bei Keratokonus und Buphthalmus die Kornea tats~ichlich abnorm dehnbar ist, zeigt neben der Differentialtonometrie nach Friedenwald der therapeutische Effekt der Kiontaktgliiser, die nach l~ingerem Tragen, etwa nach 3--6 Monaten eine Abflachun 9 der Keratokonusspitze bewirken k6nnen.

Welche grosse Bedeutun 9 den mechanischen Eigenschaften der Kornea a'ber auch dort zu kommt, wo man 9ar nicht in tier Lage ist unmittelbar auf sie aufmerksam zu werden, zeigen Vorf~ille wie der Sklerakollaps bei Personen mittleren Alters, welcher sich bei bulbus- er6ffnenden Operationen oft sehr unerwartet einstellt. Die Kornea ist dann formrigid und beh~ilt ihre W61bun 9 auch bei einem Druck um Null, ja selbst dann, wenn sie teilweise, wie eben beim Star- schnitt, yon der Sklera losgetrennt wird. Die weiche Sklera gib,t abet nach und kollabiert. Diese Formelastizit~it spielt auch eine ausschlaggebende Rolle bei perforierenden Verwundungen. beim Einklemmen eines Irisprolapses und beim Festhalten eindrinffender Fremdk6rper.

Solange der Bulbusinhalt und der intra6kulare Druck die Kornea spannt, ist sie keineswegs [alti 9 respektive faltbar, sondern hart, wie jedermann weiss, der je einen eingebrannten Fremdk6rper zu entfernen hatte. ~Wenn die Aufmerksamkeit auf das mechanische Verhalten der Hornhaut gerichtet sein wird, dann werden sich die Beispiele iiberrasc,hend vermehren! Doch hake man sich auch hier

253

an die Tatsac.hen, sie sind ~berreichlich in jeder Sprechstunde zu linden. Wir glauben beim gegenwiirtigen Stand der Kenntnisse mit Hinweisen als Staphylom, Myopie, Ektasie, Narbenastigmatis- mus auszukommen.

Einen etwas tieferen Einblick haben wir in das Verhalten der Hornhaut bei Glaukom, doch erscheint es uns ratsam die Hornhaut mit der Sklera abzuhandeln, was diesen Punkt angeht, da die Ver- iinderungen beider Gewebe g]eich sind, jedenfalls wesensgleich sind, m6gen sich auch gewisse quantitative Hnterschiede nachwei- sen lassen. Dass beim G/aukom die beiden Gewebe, welche als die Bulbush/illen anzusehen sind, rigider, starter also fester sind und w,einiger elastisch, unterliegt keinem Zweifel.

S k l e r a .

Die Sklera yon Augen mit Drucksteigerung ist h~irter und starrer als die Lederhaut von Augen ohne Drucksteigerung und w~dde~- steht einer Deformation. Gleiches gilt, freilich in geringerem Grade yon der Kornea. Die Llrsache dieser Ver~inderung der mechanischen Eigenschaften ist die ver~inderte Wasserbindung. Die Sklera druck- gesteigerter Augen hat eine andere Form ur~d eine h/~here Intensi- t~t der Wasserbindung. Be/de werden 'hervorgerufen dutch die ge- ~inderten Dispersitatsverh~ltnisse der Sklera, die wiederum bedingt sind durch eine lyophobe Denaturation und Aggregation der zerteil- ten Phase. Genauere kolloidchemische lAntersuchungen, welche der eine von uns 1930 ausf/.ihrte, erga,ben, dass die Sklera druckgestei- gerter Augen anzusehen ist als ein anderes System im Gelzustand als die normale Sklera oder die yon Augen mit Hypotonie. D'ie Glaukomsklera enth~ilt ~mehr locker gebundenes, sogenanntes freies Gewebswasser und hat eine erh6hte Intensit~it der Vv'asserbindung. Intensit~it der Wasserbindung l:md deren Form sind abhiingig vom Dispersit~ltsgrad. Dieser ist bei den Glaukomskleren deutlich herab- gesetzt. Dies fii,hrt zur Teilchenaggregation bei lyophober Denatu- ration. Deren klrsache ist tins noch unbekannt. Nur eines steht lest, dass n~imlic;h nicht ,die Drucksteigerung diese Ver~inderungen er- zeugt, sondern nur begleitet. Im lArsachenensemble des Glaukoms spielen die mechanischen Eigenschaften der iiusseren Bulbushfillen natLirlich eine grosse Rolle, da sie ja schon unter physiologischen LImst~inden die Aufgabe eines elastischen D~impfungsgewebes zu erfiillen haben. Das hat man auch immer gewust und die Wichtig- keit der mechanischen Faktoren nic,ht aus dem Auge verloren, wie

254

die folgende Tabelle zeigt, die der Arbeit yon Blum (1938) entnom- men ist. In dieser Tabelle i,qt nicht alles aufgef/ihrt, was die Litera- tur enthglt, sondern nut kennzeichnende Beispiele. Darum enth~ilt die Tabelle auch Autoren, die in einem Zeitraum von mehr als 70 Jahren 9earbeitet haben.

Methodik (Autor)

A. Theoretische Auffassungen v. Graefe

Schmidt-Rimpler

B. Klinische Befun- de Druckbelas- tung Kalfa

Differentialtono- metrie (Bader) Friedenwald

Schnitt bei Glauk. Burnwald

C. Laboratoriums~ befunde. Dehnbarkeits- bestim. Casolino

Wasserbindu'ng, Wasser, Salz, Aschengehalt F. P. Fischer

D. Histologie Weichselbaum

Coccius

Schnabel

Ergebnis

Kurve steiler als normal

kein IAnterschied h6herer Rigiditgtskoeffi- zient

Messer schneidet schlecht, man fiihlt Sklera ver~indert

Dehnbarkeit geringer

Ver~inderte Form und In- tensitgt d. Wasserbindun 9. Wassergehalt geringer, Salz, Aschegeh. erh6ht.

Homogenisierung, Lamel- lenverdichtun 9, Zellarmut

Halbierter Bulbus klafft wie eine Nussschale

Erkl/irun 9

Dass die Rigidit~t der Skle- ra einen pr~idisponierenden Platz einnimmt, kann nicht bestritten werden.

Hypertonie kann auch durch Verminderung der Elastizitgt der Kapsel her- vorgerufen werden.

Zunahme der Elastizit~its- krfifte.

\Sklera beim Glaukom norm. h6here Rigidit~it

Sklera unelastisch

Rigidit~itszunahme spielt bei der Genese des prim- Glaukoms eiue Rolle.

lyophobe Denaturation u. Teilchenaggregation.

Elastizit~itsabn ahm e.

Rigiditgtszunahme.

Rigiditgtszunahme.

Doch ist das Glaukom nicht die einzi9e Domgne der Wirksam- keit der mechanischen Einfliisse auf das k,rankhafte Geschehen. Eine sehr wichtige Rolle spielen die mechardschen Eigenschaften der

255

Sklera bei Traumen, vorallem bei der direkten Gewalteinwirkun 9, 91eichg/iltig, ob diese zur Perforation f/ihrt oder nicht. In jedem Fall wird die Sklera beansprucht auf Eindringungs- und Biegungs- festigkeit, wobei Elastizitiit und Dehnbarkeit mit beansprucht wet- den. ]e nach dem Zustand der ~iusseren Bulbushfillen, denn das gleiche gilt vice versa auch ffir die Kornea, ihren Wassergehalt und den submikroskopischen Feinbau, wird die Zerreissgrenze verscho- ben und somit der Effekt der Gewalteinwirkung bestimmt. Das gilt nicht nur ffir die traumatischen Deformationen, sondern auch ftir Messungen, deren Ger~ite ja fast alle die Sklera au[ Biegungsfestig- keit beanspruchen. Der eine yon uns hat 1940 gemeinsam mit Dubois gezeigt, dass die mechanischen Eigenschaften der Sklera bei der Messung nach Kukan, aber auch be/der gew6hnlichen Dynamome- trie in h6herem Masse die Messresultate beinflussen, ja beeintr/4ch- tigen, als man sich das bisher vorgestellt hat und dass Nichtbeach- tung zu Fehlschlfisse ftihren muss. Gemeinsam mit der Vertrautheit mit Dehnungsdiagrammen haben diese Llntersuchungen uns damals den Schltissel zur L6sung der Frage an die Hand gegeben, ob dutch negativen Druck, wie ihn Kukan auf die Sklera einwirken 1/~sst, der intraokulare Druck erh6ht werde. Wit konnten nachweisen, dass hierbei infolge Di~hnungs- und Rigidit~tsbeanspruchun 9 eine Bul- busdeformation auftritt, welche die scheinbare Drucksteigerung in- auguriert.

L i n s e .

Die Linse wird auf Dehnung beansprucht be/ einem Trauma, w/ihrend der Cataractentwicklun 9 und bei der intrakapsul~iren Ex- traktion. In alien 3 F~illen hat zwar die Kapsel die gr6sste Kraft- einwirkun 9 zu bestehen, aber keineswegs nur sie allein. Denn die Kapsel/st so lest mit den Linsenfasern verbunden, dass eine isoIierte Beeinflussung niemals reaIisiert sein kann.

Traumata, die seltenen perforierenden so wie die h~iufigeren indi- rekten, alterieren den Zusammenhang der Linse mit ihrer Umge- bung, vor allem der Zonula und dem Glask6rper. Bekanntlich muss man diese mit der Linse als eine funktionelle Einheit auffassen, deren gegenseitige Sttitz- und Haltefunktion die Spaltlampe so tiberzeugend offenbart. Zonuladefekte deformieren die Linse durch partielle Wandspannung und Elastizit~tsbeanspruchung. Linsen- luxationen haben die gleichen Voraussetzungen.

Im Gegensatz zu traumatischen Deformationen ohne Kapselriss,

256

die meistens einen umschriebenen asymmetrisohen Charakter haben, sind die bei Cataract auftretenden Formver~inderungen symmetri~ scher Art. Im Stadium der Tumeszenz kommt es bei Volumsver- mehrung zu Kapselspannung respektive bei Lleberschreiten der Elastizithtsgrenzen zur Dehnung. Wenn, was selten vorkommt, in solchem Zustand eine Kapselwunde entsteht, dann rollen sich die Rissr~inder nach aussen, was man sonst an der Linsenkapsel kaum sieht. Die Mehrschichtigkeit der Kapsel. die sich z.B. bei der Ab- 16sung der Zonulalamelle so eindringlich mani{estiert, l~isst ein solches Einrollen nut dann zustande kommen, wenn die Kapsel in ihrer 9anzen Dicke in gleicher Weise 9espannt ist. Abet auch dann kann sich ein Ausw~irtsrollen der Kapselr~inder nut ereignen, wenn die Kapsel laicht lest mit den unter ihr liegenden Linsenfasern ver- bunden ist. Dies ist nun bei der tumeszierten Cataract auch nicht mehr der Fall.

Bei der intrakapsul~iren Extraktion h~ingt alles yon der Dehnbar- keit und Elastizit~it der Kapsel ab. Denn, wenn die Zerreissgrenze erreicht wird, ehe die Linse enl:bunden ist, dann reisst die Kapsel und die intrakapsul~ire Extraktion misslingt. Bei der intrakapsulhren Extraktion treten nicht nur grosse individuelle LInterschiede an den Tag, sowie die Differenzen de,r Kapseldehnbarkeit - - und elastizi- tht, sondern auch IAnterschiede zwischen den verschiedenen Formen und Arten der Cataract. Man vergesse abet auch nicht die Rolle, welche der Operateur spielt. Man kann ein sehr guter Operateur sein und doch eine harte Hand haben und umgekehrt ein schlechter Operateur sein mit einer sanften Hand. Aus dem prozentuellen An- teil der gelungenen intrakapsul~iren Extraktionen kann man daher nicht ohne weiteres auf die Zerreisslichkeit der Kapsel schliessen.

Ein v611ig mechanisches Problem ist schliesslich die Presbyopie. Die Zuordnung von Rigidit~itskonstanten zu Lebensalterklassen, eine mit ballistischen Methoden zu 16sende Aufgabe, w~ire eine h6chstbedeutsame Arbeit, die schliesslich eine Kurvenschar liefern w/irde vergleichbar der schematischen Kurve von Donders fiber die Beziehung der Akkommodationsbreite zum Lebensalter. Der Ver- gleich beider Kurven brhchte einen immensen Fortschritt unserer Einsicht in das Wesen der Altersichtigkeit.

G l a s k 6 r p e r .

Es ist eine betr/,ibliche Tatsache, dass gerade dort, wo die Frage der mechanischen Eigenschaften fast zur Selbstverst~indlichkeit wur-

17 257

de und immer wieder und yon jedermann er6rtert wird, Zahl und Mass fehlen, ernsthafte Experimente garnicht angestellt wurden, an ihre Ste|le vielmehr fehlerhafte Verallgemeinerungen traten,, die va- get und dilletantischer Phantasterei Tfir und Tor 6[fnen. Meistens haben diese unwissenschaftlichen Machenschaften das Gewand yon Modelversuchen. Namen wie Glask6rperschrumpfung, die einen tat- s~ichlichen Zustand falsch auslegen, werden als Tatsachen hinge- steIlt und zum Ausffangspunkt der Betrachtung gemacht, die bei fippigem Hypothesenbau jeder Basis entbehrt. Als abschreckendes Beispiel solcher Art seien hier nut die Ansichten van Lindner (:1943) fiber die Rolle des Glask6rpers in der Pathoffenese der Netzhautab- 16sung genannt. Der eine von uns hat wiederholt auf diese Uebel- st~inde hingewiesen und gezeigt, dass man ,den Glask6rper aufzu- fassen hat als ein kolloidales Gebilde und nicht als Gewebe, dass die supponierte Schrumpfung eine echte Entmischung ist im Sinne der Syn~iresis und dass ,die Fo,rm und Lage der Netzhautrisse nicht ein- fach aus Adh~isionen respektive Pr~iretinitiden erkl~irt werden k6n- nen, worauf wir alsbald zu sprechen kommen werden. Hier gilt es nachdrficklich auszusprechen, dass uns die so n6tigen Kentnisse fiber die Natur des Glask6rpers, sein mechanisches Verhalten und dessen Abh~ingigkeit nahezu v611ig fehlen, ein Llmstanc~ der ra- sehestr Wer~inderung heischt, soll ein Fortschritt in der Erkenntnis yon der Pathogenese der Netzhautabl6sung erzielt werden. H6chst wahrscheinlich werden sich dann auch unsere Anschauunffen vom 'Wesen des Glaukoms vertiefen. W~ihrend bei anderen Teilen des Auges die Aufmerksamkeit erst auf die Bedeutung der mechanischen Faktoren hingelenkt werden muss, ist man sich fiber i hre Bedeutung f/Jr den Glask6rper allgemein bewusst, was aber leider bisher sehr zum Nachteil der Augenheilkunde, wahrscheinIich auch der Augen- kranken nicht zur wissensc'haftlichen Besc h~ftiffung mit diesem wichtigen Problemkreis gefiihrt hat.

b. . Die Bedeutung der mechanischen Eigenschaften bei Erkrankun- gender vaskularisierten Gewebe.

I r i s .

Dehnbarkeit, Elastizitht und Rigidit/it der Iris wurden bisher noch nicht untersucht. Sie spielen in der Irispathologie eine grosse Rolle, sie sind grossen Schwankungen unterwoHen in der Wirbeltierreihe

258

und variieren in gesetzm/issiger Weise mit dem Lebensalter. Dass diese Eigenschaften auch fiJr die Chirurgie der Iris und der Linse von fundamentaler Bedeutun 9 sind wird )edem Operateur gel/iu[ig sein. Minder bekannt d/Jrfte sein, dass p'harmakodynamische Reak- tionen in hohem Masse von diesen Eigenschaften beeinflusst wet- den. Die Muskellager der Iris sind eingebettet in paraplastische Ge- webe und ihr Kontraktionseffekt ist yon diesen abh~ingig. Hier kann nicht mehr getan weeden als auf diese interessanten und wichtigen IJmstgnde hinzuweisen als auf ein Neuland [iir Forschun 9 und Klinik,

C h o r i o i d e a .

Die Chorioidea ist als Ganzes betrachtet verschieblich, abet nicht dehnbar. Sie wird also im Gegensatz zur Sklera als nic'ht elastischer Stossd/impfer wirken, da sie als Schwellk6rper des Auges variable Rigiditgt hat. Bei den Dehnungsversuchen, wie sie yon Straub und spgter von uns ausgef/jhrt wu,rden, kam die Gefgtssf/jllung und somit auch ihre Variabilitgt nicht in Betracht. In vivo ist sie natiirlich der wichtigste Faktor. Ihre mechanische Bedeutung hat man bisher gar- nicht ins Kalkiil gezogen. Sie ist aber von fundamentaler Wichtig- keit. Nicht nut den intraokularen Druck und dessen pulsatorische Schwankungen tr/igt dieser Schwellk6rper, er reguliert auch bei jeder Gleichgewichtsst6run 9 wie sie Entziindungen im Auge, Ab- hebungen, raumbeschr,inkende Prozesse hervorrufen, Druck uud Spannun 9, zu welcher Funktion er gerade durch seine mechanischen Eigensc~haften in Stand gesetzt wird. Bei sklerosierten Chorioidalge- f/issen, bei Chorioideremie, bei hohen Graden yon Myopie mit aus- gebreiteten Staphylomen, Zust/inden, bei welchen diese Regulation teilweise oder g/inzlich verloren gegangen ist, machen sich Insta'bili- t/iten des intraokularen Druckes geltend und ist die delet/ire Wir- kung der Pulsrythmik auf Architektonik und Funktion des Auges evident. Die grosse Rolle der Rigidit~itsvariabilit~it bei Glaukom hat Friedenwald mittels seiner Differentialtonometrie dargetan. Auch bei Traumata, voraUem bei der Contusio bulbi l~ritt die Prellbock- funktion- sit venia verbo- des ChorioideaschweUk6rpers deutlich zu Tage. Das Fehlen der Dehnbarkeit und ihre lJnelastizit~it verr/it die Chorioidea sehr sinnfiilli 9 bei C'horioidearissen, die immer glattran- dig sind und h6chstens eine Retraktion zeigen, niemals aber Ph/ino- mene wie sie f/Jr die Netzhautrisse so charakteristisch sind.

259

Z i l i a r k 6 r p e r .

Vom Ziliark6rper ist nichts bekannt. Wet aber gonioskopische Studien gemacht hat, der weiss, dass der Ziliark6rper als Ganzes mechanische Ei~qenschaften hat, die m6glicherweise auch far seine Funktion und ftir das Glaukom yon einiger Bedeutung sein m6gen, es aber zweifellos in hohem Masse f/ir den operativen Erfolg zum Beispiel der Zyklodialyse sind2 Wenn n/imlich der Ziliark6rper bei der Zyklodialyse abgel6st ist, dann zieht er sich zusammen, als w/ire er vorher unter Spannung gestanden, was den Operationserfolg ge- wfihrleistet. Gleiches sieht man gonioskopisch oft auch nach Iridek- tomien und vorallem dann, wenn diese den Druck auf lange Zeit regulieren.

R e t i n a .

Netzhautrisse bei der Netzbautabl6sung und im Experiment rol- len sich glask6rperw/irts ein, was, wie Vogt (1936) hervorhob, auf die Anwesenheit innerer Spannungen hinweist. Vogt (1930) hat sich fiber die Natur solcher innerer Spannungen anscheinend mys- tische Vorstellungen gemacht, Wachstumkr/ifte in der Netzhaut an qenommen, welche zum Beispie/ die progressive Myopie erzeu- oen sollten, Denkbilder, welche bedenklich nahestehen der vis vita- lis unrfihmlichen Angedenkens. Wir haben die Natur solcher Span- nungen mehrfach gekennzeichnet w/ihrend dieser Ausffihrungen. Es sind teils durch den intraokularen Druck hervorgerufene echte Wandspannunoen, tells mizellare, im geschichteten Feinbau der Netzhautelemente gegr/.i~dete Feldkr/ifte, Durch Kontinuit/itstren- nungen, welche Gleichgewichte aufheben, werden Kraftfelder und Feldkr/ifte nach Richtung und Gr6sse manifest.

Nicht nut der Netzhautriss, die gesamte Pathologie der Netz- haatabl6sung zeigt die Bedeutung der mechanischen Eigenschaften &'r Netzhaut. Im ophthalmoskopischen Bild kann bisweilen mit der E;ndringlichkeit eines Experimentes Zugwirkung, Zugfaltung, Zug- festigkeit sichtbar werden und zwar so deutlich, dass man die Gr6s- se der Beanspruchung der Netzhaut auk Zug und Dehnung abzu- sch/itzen vermag. Ftir die operative Behandlung der Netzhautabhe- bung sind diese Umst~inde ausschlaggebend. Jeder kennt zum Bei- spiel F/ille, in denen ein Riss operativ verschlossen doch keine Hei~ lung erwirkt, da im gleichen Meridian ein neuer Riss entsteht, des- sen Lage, Form und Ausbreitungsrichtung eine intraretinale Zug-

260

wirkung erkennen lassen. Dass Sternfalten dutch Schrumpfungszug die Netzhaut abheben respektive an priidisponierten Stelle ein- reissen, ist leider eine h~iufige Erscheinung.

Nicht nur Netzhauterkrankungen auch solche der Umgebung, ja ausserhalb des Bulbus beanspruchen die mechanischen Eigenschaf- ten der Netzhaut in signifikanter Weise. Man denke als Beispiel an die Druckfalten der Netzhaut bei extrabulb/iren Tumoren und an die Speckreflexe in der Macula bei int,raretinalen Spannungen.

c. Die Bedeutung der mechanischen Eigenscha[ten bei Erkrankun- 9en des Auges als Ganzes.

Zur Geniige haben wir auf den intraokularen Druck hingewiesen und auf die vielfachen Beziehungen, die das Glaukom mit unserem Problemkreis verkn/ipft. Es er/Jbri9t sich nut noch auf die Ri9idit/its- ver/inderungen bei Glaukom einzugehen. Beim akuten Anfall ist an- fangs die Rigidit/it meistens normal, nimmt mit der Dauer des An- falls zu, wird dutch Miotica oder Operation meistens schnell wieder normalisiert. Beim behandelten chronischen kongestiven Glaukom ist die Rigidit~it ebenfalls im Allgemeinen normal. Sie kann bei 9uter Fistulation sogar unternormal sein. Bei den nicht behandelten F~llen dagegen ist sie hoch. Werden sie mit Miotica behandelt, dann f/ilk die Rigidit~it j/ih ab, w/ihrend der Dlruck otEt hoch bleibt oder sogar noch steigt. Nach einigen Stunden beginnt auch der Druck zu fallen und wean Miotica wirksam sind, werden Druck und Rigidit/it nor- mal. Gleichen Effekt haben die Miotica am normalen Auge, w/ih- rend die Mydriatica umgekehrt wirken, wie Abbildun 9 28 zeigt. Es erweist sich demnach, dass Miotica wie Eserin und Pilokarpin Va- sodilatoren sind, denn ihre prim~ire Wirkun 9 ist eine Elastizit/itser~ h6hun 9 des Auges. Damit stimmt die Interpretation des primgtren Effekts einer Glaukomoperation als einer kongestiven Anschoppun 9 der intraokularen Gef/isse gut /.iberein, welcher Zustand hohen Druck bei niedriger Rigidit~it hervorrufen muss. Auch die Wirkun 9 von Glaukosan, wie sie Friedenwald in der folgenden Abbildun 9 29 demonstriert, beweist, dass An/imie eine ErhShun 9 der Rigidit/it verursacht. Man sieht in der Abbildun 9 eine Druckkurve P oben, eine Rigidit/itskurve R unten, die/~'bzisse bedeutet Tage, wabei die ~vVerte vom zweiten Tage an stark verkiirzt sind. Man sieht nach der Anwendun 9 von Glaukosan einen steilen Druckabfall und Rigi- dit~itszunahme, dann ein Absinken der Ri9idit/it so9ar unter den

-261

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Abbil&mg 28. Einfluss yon Miotica und Mydriatica auf Druck, P, und Rigidit~it, R, eines gesunden Auges. Der Pfeil gibt den Zeitpunkt der Anwendung an. Ordinate mm Hg

fiir P, Rigiditiitskoeffizient ffir R. Abzisse Stunden.

Normalwert, w~ihrend der Druck sich langsam der Norm nghert. Nach neuerlicher Anwendung - - zweiter Pfeil in der Abbildunfl 29

sinkt ,der i_)ruck und steigt die Rigidit~it.

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Abb~Idtmg 29. Einfluss yon Glaukosan auf Druck, P, und Rigiditfit, R, bel einem chronischen Glaukom. Zu lesen wie Abb. 28.

Vom zweiten Tag stark verkiirzt.

Von ganz besonderer Bedeutung ist die ebenfalls yon Frieden- wald entdeckte Tatsache, dass ,bei Llveitiden die Rigidit/it des Auges stark erhSht wird. Im Mitte] zu 0,34 gegenfiber einem Normalwert yon 0,21 und dem H6chstwert yon 0,37. Diese Riflidit/itszunahme

262

ist nicht leicht zu erkl~iren. Friedenwald denkt an eine chemische Beeinflussun 9 der Skleraelastizit~it du,rch bei Llveitiden produzierte toxische Stoffe. Friedenwald macht sehr zu Recht auf die klinische Bedeutung dieser Riqidit~itszunahme aufmerksam. In nicht weniger als 6 von seinen 38 Messungen fand er n~mlich Werte mit dem Gewicht 5,5, die zur falschen Diagnose Sekund,irglaukom gef/ihrt h~itten, wiewohl der intraokulare Druck normal war, wie die Diffe- rentialtonometrie erwies.

Wir sind iiberzeugt, dass die Zahl der Beispiele [iir die Bedeu- tung tier mechanischen Eigenscha[ten des Auges und seiner Gewebe sich in der nahen Zukunft betr~iehtlich vermehren wird und erwar- ten, dass die Klinik und die pathologische Physiologie Fortschritt und Vorteil hiervon haben werden.

IV. Z U S A M M E N F A S S E N D E UEBERSICHT.

Der Zweck dieser Abhandlung war voraussetzungslos die mecha- nischen Eigenschaften des Auges und seiner Gewebe darzustellen, unabhgn0ig yon der klinischen und theoretischen Anwendbarkeit. Dies ist bisher niemals geschehen, woraus viel Irrt/imer und Fehl- schliisse herzuleiten sind.

Ausfleganfen wird von einer ganz allflemeinen Darstellun 9 der Mechanik organischer Gebilde, wobei als mechanische Eigenschaf~ ten die F~ihigkeit auf gegebene Krgfte in charakteristischer Weise zu reagieren definiert wird. Die Ursache dieser Fghigkeit wird in die Masseteilc,hen verlegt und yon homogenen K6rpern ausge- gangen.

Elastizit~it i.e. Formherstellung, Dehnbarkeit i.e. Formnachgiebig~ keit, Rigidit~t i.e. Biefungssteifigkeit, Festigkeit i.e. Zerreissbelas- tung und H~irte i.e. EindringunflsEestigkeit werden definiert, abge- leitet und soweit m6glich Konstantengleichungen aufgestellt.

Lira diese Begriffe sinnvoll auf das Auge und seine Gewebe anzu- wenden, m/issen Gewebebau und -zusammensetzung als Materialbe- schaffenheit dargestellt und erkl~irt werden. Dazu muss wiederum ausfiihrlich der Begriff des mizellaren Feinbaus auseinandergesetzt und seine Anwend,barkeit auf die Gewebe des Auges darfletan werden.

D~r mizellare Bau der Gewebe wird hierauf allgemein besprochen und gezeigt, wie die Mizelle die mechanischen Eigenschaften der Gewebe determiniert. Die mizellaren Wasserbindungsverhiiltnisse

263

werden dann dargelegt und entwickelt, dass die Gewebe des Auges aus Fa.denmolektilen aufgebaut sein mtissen, die sich mizellar zu Fasern zusammenschliessen und somit die mikroskopische Textur submikroskopisch grtinden. Die Bedeutung des mizella.ren Feinbaus ftir das mechanische Verhalten wird eingehend beschrieben. Hierauf werden die M6glichkeiten und Grundlagen der Messung mechani- scher Eigenschaften dargelegt und die klnterscheidung von stati- schen und dynamischen Methoden begrtindet. Hieraus ergibt sich .die Zweckm~ssigkeit bestimmte Methoden anzuwenden ftir be- stimmte Fragestellungen.

Die Bedeutung der mechanischen Eigenschaften der Gewebe des gesunden Auges ftir Bau und Funktion wird im Einzelnen abgehan- delt und f/it jedes Gewebe ausftihrlich beschrieben. Diese Erltiute- rungen bilden die Grundlage einer Besprechung der mechanischen Eigenschaften des Bulbus, diesen als ein einheitliches Ganze be- trachtet, und deren Bedeutung ftir die Aufrechterhaltung normal~ physiologischen Zustands.

In gleicher Weise wird die l~olle der mechanischen Eigenschaften ftir das mechanische Verhalten der Gewebe des Auges und des ganzen Auges in krankem Zustand auseinandergesetzt.

R~sumd.

Ce travail poursuit le but d'exposer ]es caract6res m6caniques de l'oeil et de ses tissus, sans pren.dre en consi.d~ration l'application pratique ou th6orique. Cela n'a ]amais ~t~ fait jusqu'ici, d'o~ i] d~coule de nombreuses conclusions erron~s.

Partant d'une description tout ~ fait g~n~rale de la mt-canique de tissus organiques, nous d6finissons d'abord comme caract6re m6ca- nique la capacit6 de r6agir d'une faqon d6finie ~ des forces donn6es.

Les termes tels que: 6lasticit6, rigiditY, duret6, soliditY, sont d6finis avec precision. Puis leur application aux tissus de I'oeil est envisa- g6e; pour cela, on d~crit en .d6tail ces tissus et leur composition, en ajoutant une importance particuli~re ~ la structure micellaire.

C'est la micelle qtd d6termine les caract~res m~caniques des tissus. En exposant les liaisons micellaires de l'eau, on montre que les tissus de l'oeil sont form,s par des molecules filiformes, qui se r~unissent en fibres. La structure microscopique est ainsi conditionn6e par l'6tat submicroscopique.

On souligne l'importance de la fine structure micellaire pour le

264

comportement m6canique, et l'on montre les bases et les possibilit6s de mesures des caract~res m6caniques. La diff6rence entre les m6- thodes statiques et dynamiques est bien anise en 6vidence. I1 s'ensuit que suivant le probl~me pos6, il faut plut6t choisir telle m6thode que telle autre.

L'importance des caracteres m6caniques des tissus de l'oeil sain du point de rue anatomique et fonctionnel est trait6e ensuite et longue~ ment comment6e pour chacun de ces tissus. Ces caract~res indivi~ duels forment la base pour des consid6rations sur les caract~res m6- caniques du globe dans son ensemble et sur le mainien de l'6tat phy- siologique.

Apr~s avoir envisag6 l'oeil normal, on s'adresse h l'oeil patholo- kique, pour y faire ressortir 6galement le r61e des caract~res m6ca- niques des tissus isol6s ou du globe dans son ensemble.

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