die herstellungsverfahren für propylenoxid und ihre elektochemische alternative

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48. Jahrgang - Dezember-Heft 1976 - Nr. 12 . Seite 1085-1238 CHEMIE INGENIEUR TECHNIK Verfahrenstechnik Technische Chemie Apparatewesen Die Herstellungsverfahren fur Propylenoxid und ihre elektro- chemische Alternative Karl Hans Simmrock. Alle derzeit betriebenen oder vorgeschlagenen Verfahren zur Erzeugung von Propylen- oxid sind mit erheblichen, in molarem Verhaltnis stets uber eins liegenden Nebenprodukt- mengen gekoppelt, die das Abwasser belasten (Propylenchlorhydrin-Verfahren), in auf- wendig zu trennenden Vielstoff gemischen mit mengenmai3ig nur geringem Propylenoxid- anteil anfallen (Propan-Oxidation) oder eine Coproduktion liefern, die gewichtsmai3ig das zwei- bis dreifache der entsprechenden Propylenoxid-Herstellung ausmacht (Hydro- peroxid-Verfahren, Peressigsaure-Prozei). Daraus ergibt sich, dai3 neben den direkten Herstellkosten die jeweiligen Absatzmoglichkeiten der Coprodukte, die Verfugbarkeit der Hilfsstoff e sowie besonders die Beherrschung der Umweltprobleme und die Anlagen- kapazitat die Verfahrenswahl bestimmen. Die bekannten Verfahren werden einander gegenubergestellt und schliei3lich gezeigt, dai3 im Rahmen der bestehenden Produktions- alternativen ein elektrochemisches Verfahren, bei dem chlorbestandige Kationenaustau- schermembranen in der Chloralkali-Elektrolyse eingesetzt werden, die Abwasserbelastung des Chlorhydrin-Verfahrens durch Salze stark reduziert. Fur die Prozei3technik ist die elektrochemische Umsetzung grundsatzlich als gleichrangige Synthesemoglichkeit neben anderen Produktionswegen in Betracht zu ziehen. Ob schliei3- lich dem homogenen oder heterogenen, dem katalytischen oder elektrochemischen Verfahren der Vorzug einzuraumen ist, kann nur der umfassende, vorurteilsfreie Vergleich er- geben, wie es deutlich am Beispiel des Propylenoxids zu sehen ist, fur das eine Vielzahl an Synthesewegen existiert. Dabei darf es keine Rolle spielen, dai3 die Elektrolysezelle gegeniiber dem Reaktionskessel, dem Reaktionsrohr oder der Kaskade no& eine - wenn auch unverdiente - Sonder- stellung als Reaktortyp einnimmt. Fur Propylenoxid, das sich bei lange Jahre abnehmenden Preisen seit dem 2. Weltkrieg zu einem Zwischenprodukt von mengenmai3iger Bedeutung entwickelt hat, liefert eine Abschatzung der heutigen Produktionskapazitaten je ca. 1 * Prof. Dr. K. H. Simmrock, Lehrstuhl fur Technische Chemie A der Universitat Dortmund, Postfach 500 500, 4600 Dortmund 50. bis 1,1 Mio. t/a in USA und in Westeuropa, ca. 0,2 bis 0,3 Mio. t/a in Japan sowie ca. 0,1 bis O,2 Mio. t/a in der ubri- gen Welt (ohne Ostblockstaaten), wobei man davon aus- gehen kann, dai3 die Nutzung derzeit nur ca. 60 bis 80 O/o betragt. Diese Weltkapazitat von ca. 2,5 Mio. t Propylen- oxid/a ergibt sich aus einer Zusammenstellung der bekannt- gewordenen Erzeuger, ihrer vermuteten oder angegebenen Kapazitaten und des Herstellungsortes. Fur 1977 rechnet man, dai3 ca. 10 O/O der Propylen-Erzeugung in den USA zu Propylenoxid verarbeitet werden (Tab. 1 und 2) [3]. Obwohl Propylenoxid nicht die Reaktionsfahigkeit des Athylenoxids erreicht, hat es mannigfache Einsatzgebiete gefunden. Es ist Ausgangsprodukt zur Erzeugung des auf vielen Gebieten eingesetzten 1,2-Propylenglykols und seiner Derivate (z. B. ungesattigte Polyesterharze), fur Polypro- pylenglykole, fur Isopropanolamine und in weiterverarbei- teter Form fur oberflachenaktive Produkte sowie in standig steigender Menge zur Herstellung von Polyurethanen, die bis zu 50 Gew.-O/o Polypropylenglykol enthalten [ 301. Chem.-lng.-Tech. 48. lahrg. 1976 I Nr. 12 1085

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Page 1: Die Herstellungsverfahren für Propylenoxid und ihre elektochemische Alternative

48. Jahrgang - Dezember-Heft 1976 - Nr. 12 . Seite 1085-1238 CHEMIE INGENIEUR TECHNIK Verfahrenstechnik Technische Chemie Apparatewesen

Die Herstellungsverfahren fur Propylenoxid und ihre elektro- chemische Alternative

Karl Hans Simmrock.

Alle derzeit betriebenen oder vorgeschlagenen Verfahren zur Erzeugung von Propylen- oxid sind mit erheblichen, in molarem Verhaltnis stets uber eins liegenden Nebenprodukt- mengen gekoppelt, die das Abwasser belasten (Propylenchlorhydrin-Verfahren), in auf- wendig zu trennenden Vielstoff gemischen mit mengenmai3ig nur geringem Propylenoxid- anteil anfallen (Propan-Oxidation) oder eine Coproduktion liefern, die gewichtsmai3ig das zwei- bis dreifache der entsprechenden Propylenoxid-Herstellung ausmacht (Hydro- peroxid-Verfahren, Peressigsaure-Prozei). Daraus ergibt sich, dai3 neben den direkten Herstellkosten die jeweiligen Absatzmoglichkeiten der Coprodukte, die Verfugbarkeit der Hilfsstoff e sowie besonders die Beherrschung der Umweltprobleme und die Anlagen- kapazitat die Verfahrenswahl bestimmen. Die bekannten Verfahren werden einander gegenubergestellt und schliei3lich gezeigt, dai3 im Rahmen der bestehenden Produktions- alternativen ein elektrochemisches Verfahren, bei dem chlorbestandige Kationenaustau- schermembranen in der Chloralkali-Elektrolyse eingesetzt werden, die Abwasserbelastung des Chlorhydrin-Verfahrens durch Salze stark reduziert.

Fur die Prozei3technik ist die elektrochemische Umsetzung grundsatzlich als gleichrangige Synthesemoglichkeit neben anderen Produktionswegen in Betracht zu ziehen. Ob schliei3- lich dem homogenen oder heterogenen, dem katalytischen oder elektrochemischen Verfahren der Vorzug einzuraumen ist, kann nur der umfassende, vorurteilsfreie Vergleich er- geben, wie es deutlich am Beispiel des Propylenoxids zu sehen ist, fur das eine Vielzahl an Synthesewegen existiert. Dabei darf es keine Rolle spielen, dai3 die Elektrolysezelle gegeniiber dem Reaktionskessel, dem Reaktionsrohr oder der Kaskade no& eine - wenn auch unverdiente - Sonder- stellung als Reaktortyp einnimmt.

Fur Propylenoxid, das sich bei lange Jahre abnehmenden Preisen seit dem 2. Weltkrieg zu einem Zwischenprodukt von mengenmai3iger Bedeutung entwickelt hat, liefert eine Abschatzung der heutigen Produktionskapazitaten je ca. 1

* Prof. Dr. K. H. Simmrock, Lehrstuhl fur Technische Chemie A der Universitat Dortmund, Postfach 500 500, 4600 Dortmund 50.

bis 1,1 Mio. t/a in USA und in Westeuropa, ca. 0,2 bis 0,3 Mio. t/a in Japan sowie ca. 0,1 bis O,2 Mio. t/a in der ubri- gen Welt (ohne Ostblockstaaten), wobei man davon aus- gehen kann, dai3 die Nutzung derzeit nur ca. 60 bis 80 O / o

betragt. Diese Weltkapazitat von ca. 2,5 Mio. t Propylen- oxid/a ergibt sich aus einer Zusammenstellung der bekannt- gewordenen Erzeuger, ihrer vermuteten oder angegebenen Kapazitaten und des Herstellungsortes. Fur 1977 rechnet man, dai3 ca. 10 O/O der Propylen-Erzeugung in den USA zu Propylenoxid verarbeitet werden (Tab. 1 und 2) [3].

Obwohl Propylenoxid nicht die Reaktionsfahigkeit des Athylenoxids erreicht, hat es mannigfache Einsatzgebiete gefunden. Es ist Ausgangsprodukt zur Erzeugung des auf vielen Gebieten eingesetzten 1,2-Propylenglykols und seiner Derivate (z. B. ungesattigte Polyesterharze), fur Polypro- pylenglykole, fur Isopropanolamine und in weiterverarbei- teter Form fur oberflachenaktive Produkte sowie in standig steigender Menge zur Herstellung von Polyurethanen, die bis zu 50 Gew.-O/o Polypropylenglykol enthalten [ 301.

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Tabelle 1. Welt-Kapazitat an Propylenoxid fur 1976 (ohne Ostblock) in Mio. t/a.

USA Westeuropa

Japan

Sonstige

Chlorhydrin Hydroperoxid Oxidation Peressigsaure Unbekanntes Gesamt Gasphas'e Verfahren

0,239 0,139 0,090 - 0,010 -

0,129 0,126 ? -

1,043 (1,171)" 0,588 0,395 (0,005)" - 0,060 1,059 (1,456)" 0,872 0,187 - - -

- - 0,003

Gesamt:

Gesamt :

2,470 (2,995)" 1,725 0,672 (0,008)" 0,Ol 0,060

100 010 69,s O/o 27,2 O/o 0,l 010 0,4 O/o 2,4 O/o

* Unter Berucksichtigung unsicherer Angaben.

Da es bisher nicht gelungen ist, Propylenoxid durch direkte Gasphasenoxidation mit Sauerstoff oder LuR analog der eleganten Herstellung von Athylenoxid a n Silber-Kataly-

satoren in technisch und wirtschaftlich zufriedenstellender Weise zu erzeugen, wurden zahlreiche andere Synthesewege entwickelt, die teils als Produktionsverfahren realisiert, teils

Tabelle 2. Propylenoxid-Kapazitaten 1976.

Firma Lage Verfahren Kapazitat [t Propylenoxid/a]

Westeuropa Marles-Kuhlmann" SOC. Carbochimique Marles-Kuhlmann-Wyandotte" Naphthachemie Marles-Kuhlmann-Wyandotte" Progil Elektrohimique BASF A G - Chem. Werke Huls Erdolchemie Ugine-Kuhlmann" Dow-Chemical Dow-Chemical Celene, SPA. Montecatini" Mo Och Domasjo AB Shell-Chemical" BP-Chemicals" ICI Ahstrom Oy"

Oxirane Chemie

Montoro SA

Gonfreville (Frankreih) Tertre (Belgien) Rieme-Zelzaete (Belgien) Lavera (Frankreich) Choques (Frankreich) Pont-de-Claix (Frankreich) Ludwigshafen (BRD) Marl (BRD) Dormagen (BRD) Pas-de-Calais (Frankreih) Stade (BRD) Terneuzen (NL) Priolo (Sizilien) Ferrara (Italien) Stenungsund (Schweden) Carrington (England) Bagley Bay (England) (England) Finnland

Rotterdam (NL)

Puertollano (Spanien)

(?) Chlorhydrin Chlorhydrin Chlorhydrin Chlorhydrin Chlorhydrin Chlorhydrin Chlorhydrin Chlorh ydrin

Chlorhydrin Chlorhydrin Chlorhy drin Chlorhy drin Chlorhydrin Chlorhydrin Chlorhydrin Chlorhydrin Chlorhydrin (?)

9 000 20 000 70 000 70 000 70 000 70 000 70 000 35 000 155 000 70 000 250 000 75 000 40 000":' 32 000 7 000 40 000 10 000 80 000 96 000

Hydroperoxid (t-Butanol) Hydroperoxid (Styrol)

155 000

32 000

Propylenoxid-Erzeugung der BRD 1973 320 000 t/a [21] Gesamt: 1059 (1456") Geplant fur 1977 Shell-Chemical Moerdijk (NL) 125 000 bis 155 000 t/a [7,111

USA Olin Dow-Chemical

(?I Freeport (Tex.)

Midland (Mih.)" Plaquemine (La.)

Jefferson-Chemical Port Neches (Tex.) Union Carbide" S. Charleston (W.Va.) Wyandotte - BASF Wyandotte (Mich.)

(?I 60 000 Chlorhydrin 340 000

(geplant 408 000) Chlorhydrin 23 000 Chlorhydrin 100 000 Chlorhydrin 68 000 Chlorhydrin 100 000 Chlorhydrin 80 000

Chlorhydrin 0,648 Mio. (0,771 Mio.)"

(t-Butanol)

Oxidation

Oxirane Bayport (Tex.) Hydroperoxid 395 000 ~3,141

Celanese Bishop (Tex.) Gasphase- 5 000 ~ 5 1

(Propylenoxid-Erzeugung [21] 1974 1978

807 000 t 1 350 000 t (geschatzt))

Gesamt 1,043 Mio. (1,171 Mio.")

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Firma Lage Verfahren Kapazitat [t Propylenoxid/a]

Japan Asahi Electrochemical Asahi Glass Mitsui Toatsu Nippon Soda Nippon Soda Showa Denko Shunan Petrochemical

o g u Yodogawa Nagoya Nihonni Goi Kawasaki Toku yama

Chlorhydrin 11 000- 18 000 [16] Chlorhy drin 9000- 19000 [l] Chlorhydrin 18000- 23000 [l]

Chlorhydrin 9000- 20000 [l] Chlorhydrin 7 300 P I

Chlorhydrin 31 000 P I Chlorhy drin 21 000- 22 000 [l]

Peressigsaure 10 000 P I (?I Hydroperoxid 90 000 (Styrol)

Chlorhydrin 106 000-140 000

30 000 C161 [13, 17, 181

236 000-270000

Daicel Showa Denko Sumitomo-Chem. Nihon Oxirane Corp.

Kawasaki Chiba

Sonstige LHnder (ohne Ostblock) [I, 131 Brasilien Aratu/Santos Canada Edmonton

Venezuela El Tablazo Argentinien Bahia Blanca Indien Thana

Sarnia

Chlorhy drin 45 000 Gasphase Oxid. 3 000 Chlorhydrin 36 000 (?I (25 000) Chlorhydrin (10 000) (?I (1 0 000)

Gesamt (129 000) Polen Brzeg Ddny Chlorhydrin 20 000 [I61

'$ Produktion und Kapazitatsangaben sind unsicher. ** evtl. 32 000 t/a [15].

f PROPY LEN

DIREKT-OXIDATION NIT SAUERSTOFF + DIREKT-OXIDATION NIT SAUERSTOFF + I I O X I D A T I O N N I T PEROXID I OXIDATION HIT HALOGEN UBER H A L O G E I I H Y D R I ; ~ VERBINDUNGEN] ! GASPHASE-VERFAHREN -1 GAS FLUSSIG - V E R F A H R E N ~ FLUSSIGPHASE - VERFAHREN

RGANISCHE RGANISCHE

PEROXIDE HYDROPEROXI DE

t I

SOBUTAN 1 SOBUTANHYDROPER-

ACETALDEHYD CYCLOHEXAN I-PROPANOL I-PROPIONALDEHYD

SOBUTAN)

ELEKTROCHEMISCH

PHENYLCARBINOL- L I

ATHY LBENZOL-ATHYL- BENZOLHYDROPEROXID- PHENYL-METHYL-CARBI NOL

1 PROPAN

1 DI REKT-OXIDATION

NIT SAUERSTOFF I

GASPHASE- ERFAHREN Abb. 1. Verfahren zur Herstellung von Propylenoxid.

wurden und die in den meisten Fallen uber das Laborstadium weder die Aufarbeitung schlecht zu trennender organischer bzw. die Patentanmeldung nicht hinausgekommen sind. Wah- Vielstoff gemische bei den Oxidationsverfahren erforderlich rend die Xthylen-Oxidation auder COz und geringfugigen machen oder den Anfall groder Salzmengen beim Chlor- Mengen organischer Verunreinigungen nur Xthylenoxid lie- hydrin-Verfahren bedingen. Immer ist infolge des groflen fert, sind alle vorgeschlagenen und betriebenen Propylen- Hilfsstoff einsatzes (z. B. Chlor, organische Peroxide) oder oxid-Verfahren mit erheblichen, im molaren Verhaltnis stets der unerwunschten Nebenprodukte (Oxidationsprodukte) > 1 liegenden Nebenproduktmengen belastet, welche ent- die Propylenoxid-Erzeugung mengenmaflig der kleinere An-

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teil. Daraus ergibt sich, dai3 neben den direkten Herstell- kosten die jeweilige Verwendungsmoglichkeit der Copro- dukte, die Verfugbarkeit der Hilfsstoffe und die Entsorgung die Verfahrenswahl stark beeinflussen. Eindeutige Praferen- Zen konnten sich bisher nicht herausbilden. Die bisher vor- geschlagenen Verfahren lassen sich unabhangig von ihrer technischen Realisierbarkeit wie folgt einteilen (Abb. 1):

Direktoxidation von Propylen bzw. Propan mit mole- kularem Sauerstoff oder in situ erzeugten Peroxid-Ver- bindungen,

Direkt-Oxidation von Propylen mit Peroxid-Verbindun- gen, die in einem extra Verfahrensschritt erzeugt werden,

die indirekte Oxidation von Propylen mit Halogen iiber Halogenh y drine.

In dieser Darstellung der Alternativprozesse zur Herstellung von Propylenoxid wird auf die wichtigsten, teils technisch genutzten Verfahren. [ dick umrandet] eingegangen, um zu zeigen, dai3 zumindest der Reaktionsgleichung nach elegante Verfahren mitunter sehr aufwendig und deshalb energie- intensivere Prozesse, wie elektrochemische Verfahren, nicht a priori abzulehnen sind.

Direktoxidation mit Sauerstoff

Weder katalytische noch nichtkatalytische Direkt-Oxida- tionsverfahren analog der Athylen-Oxidation liefern Propy- lenoxid-Ausbeuten > 40 O / o ; meist betragen die Ausbeuten nur 25 O / o , bezogen auf den Propylen-Umsatz. Wahrend bei Athylen praktisch nur C02 anffllt, entstehen bei der Pro- pylen-Oxidation infolge bevorzugten Angriffs der Methyl- gruppe hauptsachlich entweder Acrolein (technisch zur Acro- lein-Erzeugung in USA betrieben) oder Acetaldehyd, Form- aldehyd sowie CO&O als Nebenprodukte.

Oxidation von Propan

Ca. 5000 bzw. 3000 t Propylenoxid/a werden (wurden?) in zwei Anlagen (USA und Canada) als kleine Nebenprodukt- menge durch Oxidation von Propan bei 400 OC und 20 bar zu Methanol, Formaldehyd, Acetaldehyd und Essigsaure er- zeugt.

Das FlieBbild (Abb. 2) zeigt vereinfacht den Ablauf des Ver- fahrens, bei dem das anfallende Propylenoxid nur eines unter vielen Produkten darstellt. Ca. 1/4 der eingesetzten KW werden zu C02 verbrannt, ca. 1/4 werden zu Propylen- oxid umgesetzt, der Rest liefert naherungsweise je zur Halfie Acetaldehyd und Formaldehyd. Das Verfahren ist auger- ordentlich aufwendig in den Reinigungsoperationen. Die rnit gifiigen organischen Substanzen beladene Abwassermenge (ca. 12 t/t Propylenoxid) bringt nach heutigen Vorstellungen erhebliche Belastungen. Fur die zukunfiige Entwicklung er- scheint der Prozei3 ohne Bedeutung im Hinblick auf eine mengenmai3ig groi3e Produktion an Propylenoxid.

Oxidation in Riissiger ,Phase ohne Katalysator

Ebenfalls mit molekularem Sauerstoff la& sich die Oxida- tion von Kohlenwasserstoff en (Propylen) auch in fliissiger

Phase ausfuhren (Abb. 3). Dieser Prozei3, bei ca. 160 O C und 50 bis 60 bar mit Sauerstoff betrieben, wird stark von der Wahl des Losungsmittels beeinfluat. Beispielsweise dient in einem von Monsanto angeblich zur Produktionsreife ent- wickelten Verfahren Propylenglykoldiacetat als Losungs- mittel (F.P. 1424689); Petrocarbon Development schlagt da- gegen ein Gemisch aus Isopropanol und Essigsaure vor. Von dem umgesetzten Propylen werden nach Monsanto ca. 40 o/d als Propylenoxid, 11 o/o als Essigsaure und der Rest in Ge- stalt von 30 bis 40 Verbindungen in unterschiedlicher Menge erhalten. Obwohl sich ein groi3er Teil dieser Nebenprodukte als ,,Mischlosungsmittel“ vermarkten liefie, bleibt die Pro- dukttrennung aui3erordentlich aufwendig. Nach anderen An- gaben liegen die Ausbeuten solcher Verfahren > 50 O / o Pro- pylenoxid und > 60 o/o Propylenoxid + Essigsaure, bezogen auf umgesetztes Propylen.

S O N S T I U S A f f l A l a H Y E S I R PIWYLtWxIu Y S I E R SOHSilGLS 167 W n 3 78a i s m 3 460 k 9 I i? loo ,gin IOQUNEHIO 1 115 l g i n

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Abb. 2. Fliedbild der Propan-Oxidation. Propylenoxid in der Dampfphase (ohne Katalysator), 100 000 t/a, Betriebsfaktor 0,9.

Damit liefern diese Prozesse bessere Propylenoxid-Ausbeu- ten als einfache Gasphasenverfahren; die Nebenprodukt- belastung ist aber noch immer sehr hoch und die Trenn- und Reinigungsoperationen sind auflerordentlich aufwendig, wo- bei zu beachten ist, dai3 die stark gekoppelten internen Kreislaufe zwar ein technologisch eindrudrsvolles Bild lie- fern, in der Praxis jedoch bei Storungen stark voneinander abhangige Auswirkungen zeigen werden. Daruber hinaus sind Korrosionsprobleme im Essigsaure/Ameisensaure-Teil zu erwarten. Wahrscheinlich aus diesen Grunden ist eine Realisierung dieser Herstellungsvariante bisher nicht be- kannt geworden.

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Oxidation in flussiger Phase rnit Katalysatoren (ohne Cooxidation)

Bei Verwendung von Katalysatoren zur Oxidation in flus- siger Phase sollen die Selektivitaten (d. h. O/O Propylenoxid bezogen auf umgesetztes Propylen), insbesondere bei hoheren Propylen-Umsatzen, uber denen der nichtkatalytischen Um- setzung liegen. Anorganische und organische Verbindungen des Kobalts, Mangans, Chroms, Neodyms, Rhenium und Kupfers, Arsenite, Phosphor-Verbindungen, Chloressigsaure, Borsaureester u. a. wurden als Katalysatoren vorgeschlagen. Wahrend allgemein die in den Patenten mitgeteilten Selek- tivitaten dieser Verfahren 50 bis 70 O/O Propylenoxid be- tragen, sol1 eine feinverteilte Silber-Suspension in Phthal- saureestern bei 160 "C eine Selektivitat von 87 o/o Propylen- oxid liefern (USP 2985668), wahrend fur ahnliche Bedin- gungen (Fr.P. 1506303) nur 36 O/o als Selektivitat mitgeteilt werden. WStR 4. PRlWlt l

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Abb. 3. Oxidation von Propylen in flussiger Phase. Propylenoxid- Synthese nach dem Monsanto-Verfahren, 100 000 t/a, Betriebs- faktor 0,9.

Grundsatzlih verlauft die Aufarbeitung dieser bisher tech- nisch nicht ausgefuhrten Verfahren ahnlich dem in Abb. 3 dargestellten Monsanto-Verfahren.

Einstufige Oxidation von Propylen dvrch Cooxidation

Auf der Grenze zu den Oxidationen des Propylens mit zu- vor definiert produzierted Peroxiden stehen die einstufigen

Cooxidationsverfahren. Hierbei werden sowohl in Gegen- wart als auch in Abwesenheit von Katalysatoren in situ leicht zu Peroxiden oxidierbare organische Substanzen er- zeugt, die sofort als Oxidationsmittel weiterreagieren (Abb. 1).

PROPYLEN/PROPRN

REAKTION PRWRN 535 kgln

QROPYLEN 287W kglh

PAOPYLLNOXIO -IBIRLNNUNG

-0-

ESSlGSlUREIRENNUllG

GLYKOLESTER h d [SS I GSRURE Q 0 12 700 k g l h

Abb. 4. MaterialflieBbild der Propylenoxid-Synthese nach dem Peressigsaureverfahren (nach DP 1 923 392), 100 000 t/a, Betriebs- faktor 0,9.

Zur Oxidation von Propylen in flussiger Phase mit mole- kularem Sauerstoff unter gleichzeitiger Cooxidation wird am haufigsten Acetaldehyd, daneben auch Cyclohexan, Iso- propanol und iso-Propanal eingesetzt. Beispielsweise liefert Acetaldehyd die Essigsaure als Coprodukt (USSR-Verfah- ren), i-Propionaldehyd fuhrt zu Isopropanol und Aceton (BASF), wahrend Isopropanol nur Aceton bildet (Petrocar- bon Development). Allen Verfahren gemeinsam ist, da8 der Sauerstoff -Obertrager uber die Stufe der Peroxid-Verbin- dung in mindestens den gleichen Molmengen zu Coproduk- ten umgewandelt wird, wie Propylenoxid entsteht. Es exi- stiert eine Vielzahl von Patenten, und obwohl die Selek- tivitaten bei 70 bis 80 O/O (allerdings bei niedrigen Umsatzen von 4 bis 6 O/o) liegen sollen und die Aufarbeitung des Pro- duktspektrums einfacher als bei den vorher beschriebenen Direktoxidationsverfahren erscheint, wurde bisher keine technische Anwendung bekannt.

Zusammenfassend kann man feststellen, da8 die Oxidatio- nen mit molekularem Sauerstoff sowohl in der Gasphase als auch in der flussigen Phase im allgemeinen geringe Selek- tivitat fur Propylenoxid zeigen und das Spektrum der Nebenprodukte selbst bei einstufigen Cooxidationsverfahren viele Stoffe urnfaat, deren Aufarbeitung - wenn auch zu losen - apparativ und wirtschaftlich sehr aufwendig ist.

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Oxidation von Propylen in flussiger Phase durch Peroxide

Bei den zuvor beschriebenen einstufigen Cooxidationsver- fahren erfolgte die Obertragung des molekularen Sauer- stoffes auf das Propylen, indem zunachst in situ die Zusatz- komponente in das Peroxid iibergefuhrt wird und dieses dann unmittelbar als Oxidationsmittel wirkt. Dabei mussen Propylenoxid und Coprodukt stets mindestens im molaren Verhaltnis 1 : 1 auftreten, wobei das Verhaltnis stets noch hinsichtlich Propylenoxid verschlechtert wird, da die Zusatz- komponenten bei der Bildung der Peroxid-Verbindung zum Teil unerwunschte Nebenreaktionen eingehen. So fallen neben dem, dem Propylenoxid aquivalenten Coprodukt u. U. betrachtliche Mengen an unerwunschten Nebenproduk- ten an. Es liegt deshalb nahe, die Sauerstoff -Obertrager unter dafiir speziellen und optimalen Bedingungen getrennt zu produzieren und diese Peroxide zur Propylen-Oxidation unter den dann besten Bedingungen einzusetzen. Im Ideal- falle ist das entstehende Coprodukt in groi3en Mengen ab- zusetzen oder direkt im Kreislauf zu fuhren. Vornehmlich werden fur diese auf Prilschajev zuruckgehende Reaktion Wasserstoffperoxid, Persauren und organische Hydroper- oxide vorgeschlagen (Abb. 1).

Oxidation mit Wasserstoffperoxid

Wasserstoff peroxid reagiert mit Propylen nur in Gegenwart organischer Sauren (Essigsaure, Ameisensaure) oder beson- derer Katalysatoren (Osmium, Rhenium, Molybdan), wobei die Anwesenheit spezieller organischer Losungsmittel erfor- derlich erscheint. Man geht davon aus, dai3 im einen Falle die intermediar gebildeten Persauren und im anderen Falle die hochsten Oxidationsstufen der Metalle als Oxidations- mittel wirken. Die Temperaturen liegen zwischen 15 und 80 O C .

Theoretisch liefert die Reaktion mit H 2 0 2 in Gegenwart von Carbonsauren nur Propylenoxid und Wasser. Praktisch mui3 man jedoch infolge auftretender Konsekutivreaktionen mit Glykolen und Glykolestern rechnen, die den Anteil des Propylenoxids betrachtlich iiberschreiten und dazu als Hoch- sieder eine unwirtschaflliche Abtrennung erwarten lassen. Die Realisierungsmoglichkeit dieses Verfahrens hangt in sehr starkem Mai3e von den Einsatzkosten des Wasserstoff per- oxids ab. Zur Zeit wird von Propylox SA in Jemeppe (Bel- gien) eine halbtechnische Anlage zur Herstellung von Pro- pylenoxid nach diesem Prozei3 errichtet [29].

Oxidation mit organischen Persauren

Organische Persauren wie Perameisensaure, Peressigsaure, Permaleinsaure, Perphthalsaure usw. reagieren mit Propylen zu Propylenoxid und der entsprechenden Carbonsaure. Da die Epoxidationsgeschwindigkeit in unterschiedlichen Lo- sungsmitteln in der Reihenfolge Essigsaure > Tetrachlor- kohlenstoff > Benzol > Methylathylketon > Methanol > Aceton variiert und insbesondere in Essigsaure sehr vie1 hoher als in Athylacetat ist, kommt der Wahl des Losungs- mittels eine ausschlaggebende Bedeutung zu. Bevorzugt wird

der Einsatz von Peressigsaure, wobei man zwei Gruppen un- terscheiden kann: a) die Oxidation in Hthylacetat, B) die Oxidation in Essigsaure. Katalysatoren sind nicht erforder- lich; die Ausbeuten an Propylenoxid erreichen bei ca. 20 O/O

Propylen-Umsatz bis zu > 90 o/o bezogen auf die eingesetzte Persaure. Obwohl das von der Daicel (Japan) mit ca. 10 000 t/a betriebene Peressigsaure-Verfahren als Coprodukt ca. 1,3 t Essigsaure/t Propylenoxid liefert, gehort es zu den moglichen Verfahren der Zukunfl. Oxirane, eine Gesellschafl, die nur dem Betrieb von Propylenoxid-Synthesen dient, nimmt 1977 ein gegenuber dem Celanese-Verfahren verbes- sertes Verfahren zur Herstellung von zunachst 7000 bis 8000 t Peressigsaure/a in Betrieb, die moglicherweise zur Er- zeugung von Propylenoxid Verwendung finden konnten.

Das Pereasigsaureverfahren

Das Fliei3bild (Abb. 4) beruht auf vagen Patentangaben der japanischen Daicel Company, erganzt durch Oberlegungen des Stanford-Research-Instituts, da in dem Patent selbst keine Mitteilungen iiber die Aufarbeitung gemacht werden.

Komprimiertes Propylen wird in einem Reaktor mit einem Gemisch aus ca. 34proz. Peressigsaure in Athylacetat + Es- sigsaure bei 10 bar umgesetzt. Dabei werden 90 O/O der Per- essigsaure verbraucht, wovon allerdings nur ca. 90 O/O Pro- pylenoxid liefern. Der Umsatz des Propylens betragt unge- fahr 250/0 pro Durchlauf; es ist also ein betrachtlicher Propylenkreislauf erforderlich. Der Reaktoraustrag wird in einer Folge von Entspannungs-, Destillations- und Kom- pressionsstufen in einen Propylenoxid-Strom, Propylen/ Propan-Strom und Athylacetat-Essigsaure-Strom aufge- trennt; durch Rektifikation unter DruB befreit man das Kreislauf-Propylen vom Propan. In der Athylacetat-Kolonne wird das Losungsmittel Athylacetat uber Kopf abgezogen, wahrend die nicht umgesetzte Peressigsaure zusammen mit der Essigsaure im Sumpf verbleibt und dort durch Erhitzen unter gleichzeitigem Einblasen von N2 zersetzt werden mug. Das Rohpropylenoxid ist anschliei3end mehreren Reinigungs- prozessen zu unterwerfen. Die Materialbilanz entspricht etwa:

E i n s a t z s t o f f e :

Propylen 0,766 kg/kg Propylenoxid Peressigsaure 1,606 kg/kg Propylenoxid Athylacetat 0,025 kg/kg Propylenoxid Essigsaure 0,472 kg/kg Propylenoxid

P r o d u k t e :

Propylenoxid 1 kg Essigsaure 0,69 kg/kg Propylenoxid (davon 0,47 im

C3-KW 0,043 kg/kg Propylenoxid

Das Verfahren wird in einer 10 000 t/a-Anlage betrieben.

Kreislauf)

Oxidation mit organischen Hydroperoxiden

Die Oxidation von Propylen rnit organischen Hydroper- oxiden in Gegenwart von Katalysatoren gehort zu den aus-

1090 Chern.-lng.-Tech. 48. lahrg. 19761 Nr. 12

Page 7: Die Herstellungsverfahren für Propylenoxid und ihre elektochemische Alternative

sichtsreichen ,Propylenoxid-Synthesen und hat sich bereits grofltechnisch in mehreren Anlagen bewahrt [l]. Bei diesen Verfahren wird ein organisches Hydroperoxid zur katalyti- schen Oxidation des Propylens eingesetzt. Beispielsweise tre- ten mit Isobutan und dem intermediar gebildeten t-Butyl- hydroperoxid stochiometrisch folgende Hauptreaktionen auf :

a) 2 CH3-A-H + 11/002+ CH3

CH3 I

CH3 CH3

CH3 CH3

1 + CH3-k-OOH + CH3-C-OH

I I

t-Butylhydroperoxid t-Butanol CH3 I

I b) CH3-C-OOH + CH3-CH=CH2-t

CH3 CH3 I

I + CH3-CH-CH2 + CH3-C-OH

'0' CH3

1 2

2 Isobutan + I- 0 2 + Propylen -t

+ Propylenoxid + 2 t-Butanol

Pro Mol Propylenoxid entstehen demnach theoretisch 2 mol t-Butanol oder anders ausgedruckt: Man erhalt pro t Pro- pylenoxid mindestens 2,51 t t-Butanol.

Da in der Praxis tatsachlich ca. 3 t t-Butanol anfallen, ist es wirtschafilich gesehen ungerechtfertigt, von einer Propylen- oxid-Synthese zu sprechen, wenn t-Butanol als ,Coprodukt" in dreifacher Menge anfallt und die Wirtschafilichkeit des Verfahrens vom Erlos dieses Coproduktes abhangt. Das ist urn so bedenklicher, solange das Coprodukt auf anderen, technisch bereits hochentwickelten Wegen hergestellt wird. Gleiche Oberlegungen gelten beim Einsatz von Xthylbenzol als Sauerstoff -Obertrager.

Hthylbenzol als Ausgangsprodukt liefert praktisch ca 2,8 t (theoretisch 1,8 t) Styrol/t Propylenoxid. Die Hauptreak- tionen sind dabei:

C&I&H2CH3 + 0 2 + C G H ~ C H ( O O H ) C H ~ Hthylbenzolhydroperoxid

C G H ~ C H ( O O H ) C H ~ + CH3 - CH = CH2 -+ +- CH3- CH - CH2 + CsH5CH(OH)CH3

'0' Methylphenylcarbinol

C G H ~ C H ( O H ) C H ~ + CGH~CH=CH~ + H2O Styrol

1 ibithylbenzol + 1 0 2 + 1 Propylen-t + 1 Propylenoxid + 1 Styrol + 1 Wasser

Die Abb. 5 zeigt stark vereinfacht das Fliei3bild des t-Buta- nol-Verfahrens der Oxiran-Gesellschaft. Durch einen vor- geschalteten Isomerisierungsprozefl erhaltenes Isobutan wird mit Lufi ohne Katalysator in flussiger Phase zu t-Butyl- hydroperoxid und t-Butapol umgesetzt. Mit der erhaltenen Rohperoxid-Losung oxidiert man, ebenfalls in flussiger

Phase, Propylen zum Propylenoxid, wobei als Coprodukt wiederum t-Butanol anfallt. Die Produkte werden durch Rektifikation getrennt und gereinigt. Falls das anfallende t-Butanol nicht abzusetzen ist, laflt es sich nach Dehydrati- sierung als Isobuten gewinnen oder durch Hydrierung des Isobutens wieder in Isobutan, den Ausgangsstoff uberfuhren. Diese Alternativen haben allerdings nur theoretische Bedeu- tung, da Isobuten ausreichend aus anderen Quellen zur Ver- fugung steht und Isobutan durch Isomerisieren von Butan- gemischen aus Raffinerien billiger als uber die Dehydratisie- rung des t-Butanols zu gewinnen ist.

Tiefsieder und Restpropen

+ und Ruckfuhrung

Peroxidations- Epoxidations-

tuft P r o m c3 I I

t-Butanol lietsieder

und Reinigung

Hochsieder I s 1 Abb. 5. t-Butanol-Verfahren zur Erzeugung von Propylenoxid.

Das elegante Fliegschema verliert an Attraktivitat, wenn man den Aufwand des tatsachlichen Verfahrensablaufs - nach Literatur und Patentangaben dargestellt - verfolgt (Abb. 6):

Isobutan wird mit Lufisauerstoff bei ca. 120 bis 140 OC und 25 bis 35 bar ohne Katalysator zur Reaktion gebracht. Der Umsatz sol1 ca. 48 O/O mit einer Selektivitat von 50 O/o, be- zogen auf das Hydroperoxid und 46 O/o, bezogen auf t-Buta- no1 betragen. Die Abgase des Reaktors, hauptsachlich aus dem inerten Luftstickstoff und Kohlenwasserstoff en beste- hend, werden mit Wasser gewaschen, um Carbonyl-Verbin- dungen und Sauren zu entfernen. An dieser Stelle ist rnit ernsten Abwasserproblemen zu rechnen.

Der Peroxid-Losung, bestehend aus t-Butylhydroperoxid, t-Butanol und kleineren Mengen Aldehyden und Ketonen, mischt man Toluol und Katalysator (Mo2O3) zu; der pH- Wert wird mit Natriumnaphthenat geregelt. Dieser Strom wird dem Epoxidierungsreaktor zusammen rnit Propylen zugefuhrt.

Man arbeitet wahrscheinlih mit 4 bis 5 Reaktoren, wobei die Temperatur in den beiden letzten Stufen von 160 auf 180 O C angehoben wird, um den vollstandigen Umsatz des Hydroperoxids zu gewahrleisten. Die Selektivitat des Per- oxid-Verbrauchs fur Propylenoxid betragt ca. 80 o/o, falls man mit einem lofachen molaren Oberschufl an Propylen fahrt. Der Umsatz des Propylens erreicht ca. 9 o/o pro Durch- lauf, von denen 98 O/O zu Propylenoxid umgesetzt werden.

Aus dem Reaktionsgemisch wird Rohpropylenoxid abdestil- liert und der Reinigung unterworfen. Das Sumpfprodukt

Chem.-lng.-Tech. 48. lahrg. 19761Nr. 12 1091

Page 8: Die Herstellungsverfahren für Propylenoxid und ihre elektochemische Alternative

dieser Kolonne besteht aus einem Gemisch von Toluol, t-Bu- tanol, Katalysator, sowie mittel- und hochsiedenden Kom- ponenten.

LWT lylB"1l" 'orpp.~n._?m

Abb. 6. zed), 100 000 t/a, Betriebsfaktor 0,9.

Materialfliedbild des Oxiran-Verfahrens (Isobutan-Pro-

Der Rohpropylenoxid-Strom enthalt neben Kohlenwasser- stoffen als Verunreinigungen Carbonyl-Verbindungen und Athylenoxid, die durch Rektifikation und Extraktivdestil- lation mit Xthylenglykol entfernt werden. Dabei gelangt ein Teil des Propylenoxids in die Rohpropylenoxid-Kolonne zuruck. Fur die weitere Reinigung des von Carbonyl-Ver- bindungen befreiten Propylenoxid-Stromes wird eine Rekti- fikation mit n-Octan vorgeschlagen, wobei sich infolge des Gehaltes an anderen Kohlenwasserstoff en im n-Octan solche Bedingungen einstellen, dai3 iiber Kopf reines Propylenoxid abgeht, wahrend die im Rohpropylenoxid enthaltenen Koh- lenwasserstoff e anschliei3end aus dem Octan-Kreislauf ent- fernt werden.

Das technisch bereits seit Jahren betriebene Verfahren wird nicht unbedingt in allen Stufen mit dieser Darstellung

(Abb. 6) ubereinstimmen, da Oxiran noch keine entsprechen- den Verfahrensangaben veroffentliht hat. Aus Erfahrungen mit Kohlenwasserstoff -0xidationen ist zu erwarten, dai3 hier noch eine vereinfachte Version konzipiert wurde, fur die an einzelnen Stellen weitere Reinigungsoperationen erforderlich werden.

Die Materialbilanzierung des Prozesses lautet pro Tonne erzeugtes Propylenoxid:

V e r b r a u c h :

P r o d u k t e :

2,90 t Isobutan 5,55 t Lufl (ca. 4800 mN) 0,88 t Propylen

2,98 t t-Butanol 0,15 t Rohaceton 1,OO t Propylenoxid

Das umfangreiche, auf zwei einfachen Reaktionsgleichungen beruhende Verfahrensbild zeigt deutlich, warum Verfahren als Gesamtkonzepte zu bewerten sind, wenn man Vergleiche vornehmen will und dai3 einfache Reaktionsgleichungen nichts iiber den Umfang des endgiiltigen Verfahrens aus- sagen.

Als weitere peroxid-bildende Reaktionssysteme wurden bis- her u. a. die in Tab. 3 aufgefuhrten Sauerstoff-Ubertrager vorgeschlagen.

Zum Vertrieb der Hydroperoxid-Verfahren, denen man zu- nachst einen schnellen Siegeszug vorausgesagt hatte, wurde eine eigene Gesellschafll) gegrundet, die z. 2. die in Abb. 7 zusammengestellten Anlagen betreibt.

- ATLANTIC RlCHfIflD SCIfNIIflC COMPANY OlSlGN I INC dRC0 I CHfMlCAL HALCON COMPANY INTf ANAIIONAL

fMPRESSA

CALVO U)TfLO

33 10% SHOWA SUHlIOHf MNKO CHfMlCL 50% 33 1/3%

20% 30% 100% I

COMPANY

_I OlSlGN

HALCON

m 50 %

20% 30% (100% '7 1 1 IAPAN p!J pEF-1

ROTIfROAM ISPANIENI

900001 PROPYLfNOXIO/A 227000 I PROPYLfNOXIO/A 1550001 PROPYLfNOWO/A 320001PROP'ilENOXlO/A 2250001 SIVROLlA 15900001 t-BUTANOL/AI 13300001 t-BUIANOLIII I BOMOtSTVROL/d

fRWfITfRUNG3800001 PROPVLfNOXIO/A

Abb. 7. Propylenoxid-Kapazitaten nach dem Hydroperoxid-Ver- fahren: 504 000 t/a Propylenoxid, Coprodukt: 305 000 t/a Styrol, 910 000 t/a t-Butanol.

1) Oxirane-Corporation, Rotterdam/Holland.

Tabelle 3. Als Reaktionssysteme fur die Propylenoxid-Synthese wurden vorgeschlagen [22] : ~ ~~~

Rohstoff fur den Peroxidische Verbindung Nebenprodukt Endprodukt bei der Aufarbeitung Sauerstoff -0bertrager Acetaldehyd Peressigsaure Essigsaure - Isopropylalkohol Isobutan Tert. Butylhydroperoxid Tert. Butanol Isobuten Isopentan Tert. Pentylhydroperoxid Tert. Pentanol Isopentan, Isopren Athylbenzol Athylbenzolhydroperoxid Methylphenylcarbinol Styrol Cumol Cumolhy droperoxid Dimethylphenylcarbinol a-Methylstyrol Cyclohexan Cyclohexylperoxid Cyclohexanol Cvclohexanon

Per e s s i g s a u r e Aceton Isopropylalkohol (im Kreislauf)

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Page 9: Die Herstellungsverfahren für Propylenoxid und ihre elektochemische Alternative

Die in jungster Zeit von der Dow Chemical vorgenommene Errichtung einer Chlorhydrin-Anlage zeigt aber, dai3 das im folgenden Abschnitt beschriebene konventionelle Chlor- hydrin-Verfahren, ausgehend von Propylen und elektro- chemisch erzeugtem Chlor, durchaus nicht uberholt ist, und unsere eigenen Forschungsarbeiten lassen erwarten, dai3 Fort- schritte in der Elektrochemie die Frage der Weiterentwick- lung z. 2. vollig offen gestalten.

Oxidation des Propylens uber die Halogenhydrine

Das Propylenchlorhydrinverfahren

Die alte Propylenoxid-Synthese beruht analog der des Athy- lenoxids auf der Hydrolyse des Chlorhydrins rnit Alkali Abb. 1. Dabei kam gelegen, dai3 die erfolgreiche Direkt- oxidation des Athylens zu Athylenoxid innerhalb kurzester Zeit groi3e Produktionskapazitaten, die bisher zur Athylen- oxid-Erzeugung uber Chlorhydrin benutzt worden waren, fur Propylenoxid freistellte. Infolge der wachsenden Bedeu- tung des Propylenoxids ging man dann sogar dazu uber, weitere Anlagen nach dem Chlorhydrin-Verfahren zu instal- lieren oder auszubauen. Die wichtigsten stochiometrischen Umsatzgleichungen des Chlorhydrinverfahrens zeigt Abb. 8 ; den tatsachlichen Reaktionsmechanismus haben Bavtholomk und Mitarb. nach Auswertung fruher Literaturangasen ver- offentlicht [27].

C H3-C H-CHZ I I -90%

OH C1

CH,-C H-CH I I -10%

C1 OH

Z-Chlorpropanol-( 1) B -Propenchlorhydrin

7H3 7H3 C H + CH-OH + Clz ___+

II I CH2 CHzCl

7 H3 2 H - O H + Ca(0H)z -

ZHzCl

C H3-CH-CHz I I c1 c1

1.2 -Dichlorpropan

+ HC1

7H3 y 3 HC-0-CH + HC1

I I CHzCl CHzCl

p, B'- Dichlordiisopropylather

7H3 + CaClz + 2 HzO g 0

Propylenoxid

CH3-CH-CHz + HzO - CH3-CH-CHz - Polyole b H b H

Propandiol-( 1.2)

Die wichtigsten Reaktionen des Chlorhydrin-Verfahrens.

\ / 0

-4048.81 Abb. 8.

Technisch werden Propylen sowie meist elektrochemisch er- zeugtes Chlor in Gegenwart von Wasser umgesetzt (Abb. 9) und das entstandene Propylenchlorhydrin mit einer Auf- schlammung von uberschussigem Ca(OH)2 durch Abspaltung von HCl in Propylenoxid und CaCl2 uberfuhrt. Die CaC12- Losung geht in das Abwasser, das Propylenoxid wird durch Rektifikation gereinigt. Das technisch verifizierte Verfahren ist nahezu so einfach wie es das Materialfliekchema (Abb. 10) zeigt. Im Propylenchlorhydrin-Reaktor setzt man den Kohlen- wasserstoff mit Chlor zu einer 4 bis 5 Gew.-proz. Propylen- chlorhydrin-Losung um. Ein Oberschui3 an Propylen/Propan mui3 ausgeschleust werden, um die Anreicherung von Propan aus dem eingesetzten Propylen und von 0 2 aus dem um- gesetzten Chlor vor Erreichen des explosiven Gebietes zu vermeiden. Bei der Dehydrochlorierung der wagrigen Chlorhydrin-Losung mit Kalkmilch (oder evtl. NaOH) ist es wichtig, das gebildete Propylenoxid schnell aus dem Ver- seifer auszutreiben, um die Weiterreaktion des Propylenoxids zu Propylenglykol zu unterbinden. In einer anschliei3enden Rektifikation (wobei mehrere Varianten bestehen) werden die Chlorkohlenwasserstoff e (Dichlorpropan, Dichlordiiso- propylather und andere) abgetrennt, die Leichtsieder und die Mittelsieder (oRmals als Seitenstrom) entfernt und schliefllich reines Propylenoxid (> 99 Gew.-O/o) erhalten. Den Nachteil dieses Prozesses erkennt man in dem aus der Verseifer- kolonne ablaufenden Abwasserstrom, in dem nahezu das gesamte eingesetzte Chlor als CaClz enthalten und damit verloren ist. Je Tonne Propylenoxid fallen ca. 2,l t CaC12 an, die in 43 t Abwasser/t Propylenoxid enthalten sind [24]. Auf diese Weise liefert eine 150 000 t/a-Anlage ca. 1 Gew.-o/o der Salzbefrachtung des Mittelrheins, wobei erschwerend hin- zukommt, dai3 dieses Abwasser nur biologisch abzubauendes Propylenglykol enthalt, wahrend die Chlorkohlenwasser- stoffe durchaus mittels Rektifikation zu entfernen sind. Fur jede Tonne Propylenoxid erhalt man ca. 0,11 t Propan- dichlorid, fur das ausreichende Verwendungszwecke, ins- besondere in der Perchlorierung, vorhanden sind.

Natrium chlorid

Abgas , Tiefsieder

Soda- losung

Wasser

wasser Oampl Abwasser

ICalcium- chloridhaittg I

Propenorid IL Oichlorpropen

zur Reinigung

seitiqung oder Abtallbe-

Wasserstotf 4 4 Natronlauge

Elehtrolyse Chlorhydrin-Reaktor Chlorhydnn-Hydmlyse Propenoxid-Reinigung

Abb. 9. Propylenoxid nach dem Chlorhydrin-Verfahren.

Bei der Beurteilung dieses Flieabildes ist allerdings zu beach- ten, dad dem hier dargestellten Verfahrensablauf (100 000 t Propylenoxid/a) eine Chloralkali-Elektrolyse fur ca. 150 000 t Chlor/a mit entsprechendem NaC1-Verbrauch vorgeschaltet sein mu& d. h. dieses Verfahrensschema ist um den in Abb. 11 dargestellten Aufwand, z. B. eine Membranelektrolyse zur Chlor-Erzeugung, zu erweitern. Dieses auf der Basis von

Chem.-lng.-Tech. 48. lahrg. 1976 INr . 12 1093

Page 10: Die Herstellungsverfahren für Propylenoxid und ihre elektochemische Alternative

PROPAN PROPEN CHLOR UASSER OMPF CaO UASSER 570 10700 18OW 411000 21400 35700 nsnm

ABUASSER UASSER 518000 OCL, 26WO

D i o ~ 650 DCP 160 DlPE 120 PO 80

ca (owZ 1700

u a b ' a NEBENPRODUKTE PROPYLENOXID ALDEHYD 13 I i l ~ W l S S t h ' l P ~ C P Y l I N O Y I O DCP ' 1450 12700 DIE 250 OlOL 1 w 3J Abb. 10. Materialfliegbild fur die Herstellung von Propylenoxid nach dem Chlorhydrin-Verfahren, 100 000 t/a, Betriebsfaktor 0,9.

Ionenaustauscher-Membranen konzipierte Hg- und asbest- freie Verfahren urnfafit: Solereinigung (1 - 7), Elektrolyse (8 - 1 l), Chlor-Austreibung (12 - 16), NaOH-Konzentrie- rung (32 - 35), Wasserstoff-Reinigung (Trocknung) (36- 41), Chlor-Aufarbeitung (1 7 - 27), Salzausschleusung (29).

Abb. 11.

Betrachtet man die vereinfachte Darstellung (Abb. 9) des technisch betriebenen Chlorhydrin-Verfahrens unter Einbe- ziehung der Chlor-Erzeugung, dann liegt es technologisch nahe, die zur Dehydrochlorierung eingesetzte Kalkmilch durch die Natronlauge aus der Elektrolyse zu ersetzen und die zuriickgebildete NaC1-Sole erneut zur Chlor-Erzeugung einzusetzen. Dadurch wurde zunachst einmal die Abwasser- belastung mit ca. 43 t 5 bis 6 Gew.-proz. Calciumchlorid- Lauge pro t Propylenoxid entfallen.

Eine einfache Einschleusung der Rucksole in die konventio- nelle Diaphragma-Chloralkalielektrolyse zur Erzeugung einer Verkaufsqualitat von Chlor und Natronlauge ist nicht moglich, da es zur Anreicherung organischer Bestand- teile, wie Propandiol, Estern und Polypropylenglykolen kommt. Nur wenn die Chloralkali-Elektrolyse allein zur Aufrechterhaltung des Chlor- und Natronlauge-Kreislaufes betrieben wird, erscheint dieser Weg ohne aufwendige Reini- gungsoperationen der Rucksole bei entsprechender Ausschleu- sung gangbar (Verfahren von Kellog und Buyer [26]).

Chlolrhydrin-Erzeugung in der Elektrolysezelle

Nach unseren Untersuchungen erscheint ein solches Verfahren jedoch attraktiv, wenn man anstelle der Diaphragmen mit Membranzellen arbeitet. Anoden- und Kathodenraum sind durch Ionenaustauschermembranen getrennt, die Propylen- chlorhydrin-Losung wird als Anolyt im Kreislauf gefuhrt und kann dabei standig mit einer geringen Menge an frischem Clz beladen werden, Abb. 12.

1 094 Chern.-lng.-Tech. 48. lahrg. 1976 I Nr. 12

Page 11: Die Herstellungsverfahren für Propylenoxid und ihre elektochemische Alternative

Gasausschleusunq

Rohpropen - oxtd zur Reindestil- lat ion

I - Propen I Solerucbtuhrung - Soleausschleusung . IGIykol - ha l t i g l

Chloralhali - Elektrolyse Chlorhydin - Reaktor Chlorhydrin -Hydrolyse und Propenoxid - Vorkonzentrierung

Abb. 12. fahren.

Propylenoxid-Herstellung nach dern Mernbranzellenver-

Durch die Verwendung von stromungsundurchlassigen Ionen- austauschermembranen anstelle von Diaphragmen nutzt man den Vorteil, dai3 Propylenchlorhydrin in saurer Losung weit- gehend bestandig ist und schaltet gleichzeitig den Diaphrag- mazellen anhaftenden Nachteil der unkontrollierten Dehy- drochlorierung des gebildeten Propylenchlorhydrins im stark alkalischen Medium des Katholyten aus. Eine solche Mem- bran, z. B. eine Kationenaustauschermembran‘4, 1aGt dann zwar die Wanderung der Na+-Ionen und H+-Ionen zu, sie verhindert aber im Idealfall, dai3 Chlor oder bereits gebil- detes Propylenchlorhydrin in den alkalischen Katholyten gelangen. Auf diese Weise 1ai3t sich, analog dem konventio- nellen Prozei3 und im Gegensatz zu den Verfahren von Kellog und Buyer das im Anodenraum gebildete Propylen- chlorhydrin mit der an der Kathode gebildeten Natronlauge gezielt in speziellen Verseifertiirmen mit verteilter NaOH- Dosierung zu Propylenoxid umsetzen (Abb. 12). Diese ge- zielte Umsetzung ist Voraussetzung, um zu gleichen Ausbeu- ten wie beim Arbeiten mit Kalkmilch zu kommen.

Der Sumpfablauf der Dehydrochlorierungsstufe wird zur Elektrolyse zuriickgefiihrt ; das Abwasserproblem ist damit weitgehend entscharfl und die stochiometrische Bruttoglei- chung kommt dem Ideal der Direktoxidation in der Form

C3H6 + H20 + C3HG0 + He t

nahe.

Dieses Verfahren war bisher nicht durchfiihrbar, da die auf Polystyrol-Basis gefertigten Kationenaustauschermembranen weder eine ausreichende Chlor-Bestandigkeit noch Losungs- mittelbestandigkeit hatten. Diese Eigenschaften besitzen nun die vor kurzer Zeit auf den Markt gekommenen Nafion- Membranen, ein Polytetrafluorathylen-Produkt, das in der Kette auf ca. 10 bis 12 Polytetrafluorathylen-Molekiile eine - SOsH-Gruppe [ 251 bzw. eine Carboxylgruppe [28] be- sitzt.

Das vorlaufige Fliei3bild dieses Prozesses einschliei3lich der Chlor-Erzeugung zeigt Abb. 13. Die Vakuumentgasung der Sole, die Chlor-Trocknung und Chlor-Verfliissigung sowie

2) auf Teflon-Basis.

Chem.-/ng.-Tech. 48. Jahrg. 1976 I Nr. 12

die NaOH-Konzentrierung der Chloralkali-Elektrolyse ent- fallen, nur der elektrische Teil wird beibehalten. Der stets lastige Restchloranteil (02-reicherer Chlor-Anteil aus der Chlor-Verfliissigung) tritt nicht mehr auf, die Salzreinigungs- anlagen werden auf ein Minimum reduziert und die Abwas- sermenge sinkt von 43 t auf 0,5 t/t Propylenoxid, wobei diese Restabwassermenge vornehmlich durch den Chlorat- Spiegel bestimmt wird.

PrODen HC,

NoCl 5 2 8 0 0 DCP 28LO DIPE 210

MOnTlob 1 10

DCP 2 860 OIPE PIC 210

Abb. 13. Herstellung von Propylenoxid nach dern elektrochemi- schen Chlorhydrin-Verfahren, 100 000 t/a, Betriebsfaktor 0,9.

Tabelle 4. Verbrauchszahlen in kg/kg erzeugtes Propylenoxid.

Eingang Cn-KW 0; Prozei3-Wasser Peressigsaure Kalk i-Butan

HCI NaCl A u s g a n g Acetaldehyd Formaldehyd Aceton

Essigsaure Ameisensaure Sonstige Dichlorpropan Chlor-Verbdgg. Diol Abwasser

C12

co,/co

Gas- Flus- Per- Oxi- Chlor- Elek- phase- sig- essig- ran hydrin tro- Oxi- phase- saure- i-Bu- &em.

dation Oxi- Verf. tan dation

3,11 1,91 4,17 2,26

10,14 0,20 - -

0,02 - - - - -

- -

0,88 1,24 - - -

2,90 - -

0,89 (0,90)‘F’’ -

39,lO (55,O)

1,24 (1,30)

1,42 (1,50)

-

-

-

0,77 0,66

2,43 -

- - 0,lO - - -

11,63

0,90

0,70

-

- - - -

0,15 0,07

- - -

- - - -

0,22” 0,02 0,Ol 0,46

* Abhangig vom Propylen- und Strompreis. ‘‘‘t Petrocarbon-Garantie.

*“* Bis 0,20 ansteigend (20).

1095

Page 12: Die Herstellungsverfahren für Propylenoxid und ihre elektochemische Alternative

Der Energiebedarf betragt nach unseren Versuchen ca. 5 bis 6 kWh/kg Propylenoxid; sicherlich ein hoher Wert, der aber durchaus dem konventionellen Verfahren .entspricht, wenn man davon ausgeht, dai3 die Erzeugung von Chlor 3200 kWh/t Cls benotigt und damit unter Berucksichtigung der Nebenreaktionen ein Verbrauch von 0,5 kWh/kg Propylen- oxid in der Propylenoxid-Stufe ein Gesamtstrombedarf von 5,3 kWh/kg Propylenoxid erforderlich ist.

AbschlieOende Bemerkung

In Tab. 4 sind die Materialbilanzen fur die behandelten Verfahren gegeniibergestellt. Man erkennt, dai3 fur die Syn- thesemoglichkeiten eines Produktes (hier Propylenoxid) die elektrochemische Prozei3technik a priori durchaus in die Oberlegungen mit einzubeziehen ist und erst aufgrund ande- rer, evtl. wirtschaftlicher, technologischer oder okologischer Oberlegungen als Alternative ausgeschaltet oder aber durch- gefuhrt werden sollte.

Eingegangen am 13. Juli 1976 [B 40481

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S. 7/11.

Elektrochemische und katalytische Hydrierungen Gemeinsamkeiten und Spezifitaten*

Fritz Beck'*

Katalytische Heterogen-Hydrierungen in Losung werden mit elektrochemischen Hydrie- rungen an Kathoden mit hoher Wasserstoff-Uberspannung verglichen. Die katalytische Hydrierung iauft nach einem radikalischen Mechanismus ab, wobei adsorbierte H-Atome als zentrales Zwischenprodukt auftreten. Sie sind im allgemeinen zugleich potential- bestimmend. Die Messung des Katalysator-Potentials erlaubt also Aussagen iiber die Aktivitat aH . Bei der elektrochemischen Hydrierung werden aus dem Substrat bei nega- tiven Potentialen primar Radikalanionen generiert, die nach einem ionischen Mechanismus zum Hydrierungsprodukt abreagieren. Sie erganzt die katalytische Hydrierung, z. B. bei gewissen Partialhydrierungen und stereochemisch. Auch die beiden Falle, bei denen die katalytische Hydrierung elektrochemisch an Katalysator-Elektroden bzw. die elektro- chemische Hydrierung nach der katalytischen Methode durchgefuhrt wird, sind gut bekannt. Die Frage, ob Elektrolyse-Wasserstoff fur Gasphasen-Hydrierungen wirtschaft- lich sein kann, wird abschliei3end noch kurz diskutiert.

Hydrierungsreaktionen in der Technik bestehen gewohnlich in einer Reaktion des molekularen Wasserstoff s mit einem Substrat X: x + H? 2 . (1) K a t a l m , XH

'> Auszugsweise vorgetragen auf dem 13. Tutzing-Symposium der DECHEMA am 10. Marz 1976 in Tutzing am Starnberger See.

*'> Dr. F. Be&, BASF Aktiengesellschafl, Hauptlaboratorium, 6700 Ludwigshafen/Rh.

Die Reaktion mui3 durch K a t a 1 y s e beschleunigt werden. Das Wasserstoff -Molekiil wird hierbei durch dissoziative Adsorption oder durch Komplexierung am Katalysator akti- viert (heterogene oder homogene Katalyse). Jeder der beiden Reaktionspartner kann auch in reduzierter Form, als Radikal- Anion X-- bzw. als Hydrid-Ion H-, glatt reagieren. - Der Bezug zur E 1 e k t r o c h e m i e ist schon aus der Definition einer Hydrierung als Reduktionsprozei3 gegeben. Ganz all- gemein besteht die Moglichkeit, dai3 sich jeder der Reaktan-

1096 Chem.-lng.-Tech. 48. lahrg. 1976 I Nr. 12