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Symposium 30.10.2004 Registerstelle Die Aufgaben der Krebsregister bei der Evaluation von Screeningprogrammen J. Kieschke Registerstelle des EKN

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Page 1: Die Aufgaben der Krebsregister bei der Evaluation von ... · Symposium 30.10.2004 Beurteilung von Screening-Programmen Registerstelle Unterteilungsmöglichkeit der Evaluation •

Symposium 30.10.2004

Registerstelle

Die Aufgaben der Krebsregister bei der Evaluation von Screeningprogrammen

J. KieschkeRegisterstelle des EKN

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleÜbersicht

• Einführung

• Screening-Beurteilung: Möglichkeiten der

Fehlinterpretation (Bias)

• Übersicht über Auswertungsansätze und Beispiele

von Screeningevaluation unter Nutzung von

Krebsregisterdaten

• Besonderheiten beim Vorhaben der

Darmkrebsfrüherkennung mittels Koloskopie

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleBeurteilung von Screening-Programmen

Unterteilungsmöglichkeit der Evaluation

• Organisation: Einlademodell, Teilnahmerate ….

• Qualitätssicherung des Screening-Prozesses

• Auswirkung des Screenings auf die

Krebsepidemiologie (effectiveness)

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleQuote Hakama 2001aus: European Commission: Evaluation and monitoring of

screening programmes, Brussels-Lumxembourg 2000; S. 13-28

• Cancer registries should be involved in the planning of a screening programme from the very beginning

• The effectiveness of screening cannot be evaluated solely on the basis of the cancers found at screening: The cancer registry is essential in identifying the cancers diagnosed among the screenees outside the programme (false negative, interval cancers), among the non-responders, and among the controls.

• In the absence of a control group a registry provides the expected incidence and mortality assuming no screening

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleScreening - Zeitachse

Entstehungvon Krebszellen

Krebs diagnostischerkennbar

Diagnose aufgrund von Symptomen

Sterbezeitpunkt

Zeitspanne fürFrüherkennungs-untersuchungen

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleScreening

Entstehungvon Krebszellen

Krebs diagnostischerkennbar

Diagnose aufgrund von Symptomen

Sterbezeitpunkt

„falsch negativ“

negativ

Früherkennungs-untersuchung

positiv

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleInterpretationsprobleme

folgende Faktoren können zuFehlinterpretationen führen (“biases”):

1. “lead-time bias”2. “overdiagnosis”3. “length bias”4. “self selection”

Sie werden im Folgenden einzeln erklärt

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleScreening

Überlebens-zeit ohneScreening

„lead time“

Entstehungvon Krebszellen

Krebs diagnostischerkennbar

Diagnose aufgrund von Symptomen

Sterbezeitpunkt

„falsch negativ“

negativ

Früherkennungs-untersuchung

positiv

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleScreening: 1. „lead time“

„Benefit“

Sterbezeitpunktmit Screening

Entstehungvon Krebszellen

Krebs diagnostischerkennbar

Diagnose aufgrund von Symptomen

Sterbezeitpunkt

„falsch negativ“

negativ

Früherkennungs-untersuchung

Überlebens-zeit ohneScreening

„lead time“

positiv

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleScreening: 2. „Overdiagnosis“

Sterbezeitpunktunabhängig von Krebszellen

Entstehungvon Krebszellen

Krebs diagnostischerkennbar

Diagnose aufgrund von Symptomen

Früherkennungs-untersuchung

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleScreening: 3. „Length bias“

Entstehungvon Krebszellen

Krebs diagnostischerkennbar

Diagnose aufgrund von Symptomen

Früherkennungsuntersuchung

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleScreening: 3. „Length bias“Früherkennungsuntersuchung

Entstehungvon Krebszellen

Krebs diagnostischerkennbar

Diagnose aufgrund von Symptomen

2.1.

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleScreening: 4. „Self-selection-bias“

Screeningteilnehmer sind evtl. gesundheits-bewusster und haben aufgrund wenigerRisikofaktoren potentiell eine bessere Prognose(Unterschiede z.B. in der Ernährung, derkörperlichen Bewegung, im Rauchverhalten, derCompliance während einer Behandlung u.a.m.)

Dieser Faktor wirkt sich insbesondere bei Früh-erkennungsuntersuchungen aus, die nur von einemTeil der Berechtigten wahrgenommen werden.

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleBeurteilung von Screeningerfolgen

Veränderung der Inzidenz oder Mortalität nach Einführung des Screenings

Vorteil: Routineangaben der KrebsregisterNachteil: schwierig in der Interpretation

(gleichzeitige Änderung anderer Faktoren ?)

Beispiel: zytologische Abstrichuntersuchungen beim Zervix-Carcinom (Hakama et al. 1991)

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleBeurteilung von Screeningerfolgen

Veränderung der Stadienverteilung nach Einführung des Screenings

Vorteil: über Krebsregister erhältlich Nachteil: vorteilhaftere Stadienverteilung

sind Voraussetzung aber kein Beweis für den Nutzen eines Screenings

Beispiel: Magenkrebs (Hisamichi et al. 1991)

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleBeurteilung von Screeningerfolgen

Verlängerung der Überlebenszeit nach Einführung des Screenings

Vorteil: über Krebsregister erhältlichNachteil: Verlängerung evtl. nur vorgetäuscht

(„lead time bias“, „stage migration“) oder außerhalb des Screeningsbegründet (z.B. Therapieverbesserung)

Beispiel: Brustkrebs (Chu et al., 1996)

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleBeurteilung von Screeningerfolgen

Korrelationsstudien („ökologische Studien“)

Vorteil: einfach durchführbarNachteil: Aussagefähigkeit sehr eingeschränkt,

besonders wenn auch andere Faktoren abweichen

Beispiel: Zervix-Carcinom (Fouquet & Gage 1996)

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleBeurteilung von Screeningerfolgen

Personenbezogene Verknüpfung von Erkrankungs- und Screeningdaten

Vorteil: Differenzierte Auswertung nach Screening-Status möglich

Nachteil: datenschutzrechtliche Auflagen; oft keine randomisierteKontrollgruppe vorhanden

Beispiel: Zervix-Karzinom (Pettersson et al. 1986)

Mammographie-Screening in D ?

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleDarmkrebserkrankungen in Weser-Ems

Regierungsbezirk Weser-Ems Darmkrebs (C18-C21) im Diagnosejahr 2003

insgesamt Männer Frauenerfasst 1925 994 931

RKI erwartet (für 2001) 2062 985 1076

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleDarmkrebserkrankungen in Weser-Ems

Regierungsbezirk Weser-Ems Darmkrebs (C18-C21) im Diagnosejahr 2003

Alters-

gruppe

Fallzahl Männer

altersspez. Rate Männer

Fallzahl Frauen

altersspez. Rate Frauen

30 - 34 5 5,7 4 4,735 - 39 6 5,5 11 10,640 - 44 16 15,6 20 20,245 - 49 22 25,4 25 29,750 - 54 40 50,2 35 45,655 - 59 79 126,3 50 81,760 - 64 153 205,3 104 137,965 - 69 211 313,2 134 185,470 - 74 166 372,6 151 276,275 - 79 161 500,5 149 291,380 - 84 86 494,4 153 390,9

85 u.m. 49 520,2 95 332,7

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleModell zu Teilnahmequoten am ScreeningMänner,Bev.struktur W-E 2003

Teilnahme-quote * Modell A Modell B Modell C

55 J. - 59 J. 1,28% 2,28% 3,28% 6,28%60 J. - 64 J. 1,89% 2,89% 3,89% 6,89%65 J. - 69 J. 1,79% 2,79% 3,79% 6,79%70 J. - 74 J. 1,25% 1,25% 2,75% 4,25%75 J. - 79 J. 0,85% 0,85% 1,85% 2,85%80 J. u.m. 0,35% 0,35% 0,85% 1,35%

Teilnahmeqoute 55 J. u.m. 1,41% 2,07% 3,10% 5,46%

kumulativ n. 10 J. teilg. in

% d. Bev. 55 +11,85% 17,85% 26,32% 46,78%

kumulativ 10 J. Anteil

erw. Darmkrebsfälle12,93% 18,61% 28,33% 49,42%

kumulativ n. 20 J. teilg. in

% d. Bev. 55 +17,57% 26,92% 39,23% 70,25%

kumulativ 20 J. Anteil

erw. Darmkrebsfälle21,53% 32,10% 47,54% 84,12%

* Schätzung für das erste Jahr

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleBeobachtbare Veränderungen

frühere Screeningteilnehmer ↓↓↓ ↓↓↓ ↓↓ ↓↓

Früh-stadien

kleine Stadien

fortgeschrit-tene Stadien

Inzidenz invasiver Tumore (C18-C21)

↑↑aktuelle Screeningteilnehmer

(1. Runde) ↑↑↑ ↑↑ ↑

Auswirkungen des Screenings auf die Erfassungsraten im Krebsregister

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleBeobachtbare Veränderungen

frühere Screeningteilnehmer ↓↓↓ ↓↓↓ ↓↓ ↓↓

Früh-stadien

kleine Stadien

fortgeschrit-tene Stadien

Inzidenz invasiver Tumore (C18-C21)

↑↑aktuelle Screeningteilnehmer

(1. Runde) ↑↑↑ ↑↑ ↑

Auswirkungen des Screenings auf die Erfassungsraten im Krebsregister

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleBeobachtbare Veränderungen

frühere Screeningteilnehmer ↓↓↓ ↓↓↓ ↓↓ ↓↓

Früh-stadien

kleine Stadien

fortgeschrit-tene Stadien

Inzidenz invasiver Tumore (C18-C21)

↑↑aktuelle Screeningteilnehmer

(1. Runde) ↑↑↑ ↑↑ ↑

Auswirkungen des Screenings auf die Erfassungsraten im Krebsregister

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Symposium 30.10.2004

RegisterstelleSchlussfolgerungen und Empfehlungen1. Zur Beurteilung des Erfolges des Screenings für die

Bevölkerung (effectiveness) ist die Einbindungepidemiologischer Krebsregister in die Evaluation unverzichtbar

2. Die derzeitige Teilnahmequote ist viel zu niedrig, um

deutlich sichtbare bevölkerungsbezogene Effekte

erwarten zu können

3. Den Krebsregistern müssen personenbezogene

Angaben zum Screeningstatus vorliegen, z.B. über

pseudonymisierte Kontrollnummern (wie beim

Mammographie-Screening).