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Agrarwirtschaftliche Strukturen in den USA (Aus: Abitur-Wissen Erdkunde: Die USA; S. 37-55) 1 Die Anfänge der Agrarentwicklung 1.1 Natürliche Voraussetzungen der Landwirtschaft Die USA bieten aufgrund ihrer Ausdehnung über mehrere Klimazonen die Möglichkeit, Nutzpflanzen mit sehr unterschiedlichen Wachstumsbedingungen anzubauen. So lässt sich die große Bandbreite der landwirtschaftlichen Produktion in den USA erklären. Vor allem die Steppen- und Grasländer bieten mit ihren fruchtbaren Schwarz- und Braunerden ein hervorragendes Potenzial für eine erfolgreiche Landwirtschaft. Die ausgedehnten Tief- und Tafelländer ermöglichen zugleich einen großflächigen Anbau und den Einsatz modernster Maschinen auf riesigen Nutzungsparzellen. Als klimatische Ungunstfaktoren müssen der reliefbedingte Einbruch von Kaltluftmassen aus dem Norden und das Vordringen von heißer Tropikluft aus dem Süden gesehen werden. So besteht westlich des 100. Längengrades (Trockengrenze) Dürregefahr und in der Südosthälfte des Landes bilden sich Tornados und kommen Hurrikans an. 1.2 Räumliche Strukturen in der Landwirtschaft Mit der im Osten der USA einsetzenden Besiedlung ging eine systematische Entwicklung der Landwirtschaft einher. Bereits um das Jahr 1840 war der 100. Längengrad erreicht und fast die Gesamtheit der zentralen Tiefländer für die Besiedlung und Bewirtschaftung frei. Landnahme und Landvergabe erfolgten durch staatliche Regulierungen und Gesetze. Als vorteilhaft für die Entwicklung der Landwirtschaft erwies sich das Know-how der Einwanderer. So brachten südeuropäische Siedler Kenntnisse zur Erschließung arider Räume durch Bewässerung mit. Der große Bevölkerungszuwachs nach der Unabhängigkeitserklärung und gegen Ende des 19. Jahrhunderts brachte der Landwirtschaft einen kräftigen Aufschwung. Die Nahrungsmittelproduktion für die schnell wachsende Bevölkerung und die Bereitstellung von Futtermitteln für die in der Landwirtschaft und zum Transport eingesetzten Pferde standen im Mittelpunkt. Die unter schiedlichen Naturbedingungen und die mit den Siedlungsschwerpunkten entstandenen Absatzmärkte führten zu einer regionalen Differenzierung der Agrarlandschaft. Die schon früh ausgebauten Verkehrsverbindungen erleichterten den Austausch von Produkten zwischen den einzelnen Wirtschaftsräumen, was die Spezialisierung begünstigte. Auf diese Weise entstanden Agrarräume mit charakteristischen Produkten und Betriebsformen. Diese nach ihren wichtigsten Produkten benannten Landwirtschaftsregionen verlaufen im Osten der USA - entsprechend den klimatischen Bedingungen - breitenkreisparallel. Sie wurden auch als Belts (Gürtel) bezeichnet. Neben den klimatischen Bedingungen spielte auch die Marktnähe eine wichtige Rolle. So entwickelte sich in der Nähe der großen Agglomerationen an der Ostküste eine Landwirtschaft, die leicht verderbliche Waren - z. B. Milchprodukte oder Frischgemüse - erzeugte (Dairy Belt). Erst mit der Einführung von Kühlwaggons und später Kühl-Lkw konnten diese Produkte über größere Entfernungen transportiert werden. Damit war es beispielsweise möglich, auch in Kalifornien Milchprodukte und Gemüse zu erzeugen und sie in die großen Agglomerationen zu transportieren. Aufgrund der Transportkosten spielt die Marktnähe für diese Produkte auch heute noch eine wesentliche Rolle. Neben den Hauptprodukten der Belts, die jeweils zur Namensgebung führten, wurden in diesen Regionen auch andere Produkte angebaut. So stellte der Maisanbau im Corn Belt gleichzeitig die Grundlage für eine erfolgreiche Viehzucht dar. Auch im Cotton Belt war die Baumwolle nicht das einzige landwirtschaftliche Produkt - dem Klima entsprechend wurden auch Tabak, Reis und Zuckerrohr kultiviert. Die im Folgenden erläuterten Strukturwandlungen in der Landwirtschaft führten ebenfalls zu Veränderungen in den Belts. 2 Der Aufschwung im 20. Jahrhundert 2.1 Innovationsschübe in der US-Landwirtschaft Mit der Westwanderung der Siedler wurde immer mehr Land unter den Pflug genommen und die Zahl der Farmen nahm zu. Um das Jahr 1920 erreichte die Zahl der Farmen in den USA mit etwa 6,5 Mio. ihren Höhepunkt. Zu diesem Zeitpunkt begannen auch die entscheidenden Innovationen in der Landwirtschaft, auch „Revolutionen" genannt. Mechanische Revolution Bereits ab 1830 wurden die ersten mechanischen Erntemaschinen entwickelt, die zunächst noch von Pferden gezogen wurden. Ab 1875 kamen die ersten, von Dampfmaschinen angetriebenen Traktoren zum Einsatz. Der um die Jahrhundertwende konstruierte Traktor mit Verbrennungsmotor benötigte allerdings rund 15 Jahre bis zu seinem Durchbruch. Nach Schätzungen gab es um 1920 etwa 300 000 Traktoren in der US-Landwirtschaft, 30 Jahre später waren es schon 3,5 Mio. (BRD: 139 000). In diesem Zeitraum kam es auch zur Entwicklung von weiteren Landmaschinen, wie z.B. Mähdreschern, Erntemaschinen für fast alle Feldfrüchte, Melkmaschinen, die eine große Arbeitserleichterung brachten und die Produktion immer rationeller werden ließen. Es verstärkte sich der Trend zu Monokulturen und Großfarmen, denn kleine Farmen konnten die Kosten für diesen technischen Fortschritt kaum noch aufbringen. Betrug die durchschnittliche Farmgröße um die Jahrhundertwende noch etwa 55 ha und 1930 etwa 60 ha, so schnellte sie bis 1950 auf 87 ha und 1970 auf 160 ha hoch (BRD 1970: 11,7 ha, Deutschland 1995: 30,3 ha). 1

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Agrarentwicklung

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  • Agrarwirtschaftliche Strukturen in den USA(Aus: Abitur-Wissen Erdkunde: Die USA; S. 37-55)1 Die Anfnge der Agrarentwicklung

    1.1 Natrliche Voraussetzungen der LandwirtschaftDie USA bieten aufgrund ihrer Ausdehnung ber mehrere Klimazonen die Mglichkeit, Nutzpflanzen mit sehr unterschiedlichen Wachstumsbedingungen anzubauen. So lsst sich die groe Bandbreite der landwirtschaftlichen Produktion in den USA erklren. Vor allem die Steppen- und Graslnder bieten mit ihren fruchtbaren Schwarz- und Braunerden ein hervorragendes Potenzial fr eine erfolgreiche Landwirtschaft. Die ausgedehnten Tief- und Tafellnder ermglichen zugleich einen groflchigen Anbau und den Einsatz modernster Maschinen auf riesigen Nutzungsparzellen. Als klimatische Ungunstfaktoren mssen der reliefbedingte Einbruch von Kaltluftmassen aus dem Norden und das Vordringen von heier Tropikluft aus dem Sden gesehen werden. So besteht westlich des 100. Lngengrades (Trockengrenze) Drregefahr und in der Sdosthlfte des Landes bilden sich Tornados und kommen Hurrikans an.

    1.2 Rumliche Strukturen in der Landwirtschaft

    Mit der im Osten der USA einsetzenden Besiedlung ging eine systematische Entwicklung der Landwirtschaft einher. Bereits um das Jahr 1840 war der 100. Lngengrad erreicht und fast die Gesamtheit der zentralen Tieflnder fr die Besiedlung und Bewirtschaftung frei. Landnahme und Landvergabe erfolgten durch staatliche Regulierungen und Gesetze. Als vorteilhaft fr die Entwicklung der Landwirtschaft erwies sich das Know-how der Einwanderer. So brachten sdeuropische Siedler Kenntnisse zur Erschlieung arider Rume durch Bewsserung mit.Der groe Bevlkerungszuwachs nach der Unabhngigkeitserklrung und gegen Ende des 19. Jahrhunderts brachte der Landwirtschaft einen krftigen Aufschwung. Die Nahrungsmittelproduktion fr die schnell wachsende Bevlkerung und die Bereitstellung von Futtermitteln fr die in der Landwirtschaft und zum Transport eingesetzten Pferde standen im Mittelpunkt. Die unter schiedlichen Naturbedingungen und die mit den Siedlungsschwerpunkten entstandenen Absatzmrkte fhrten zu einer regionalen Differenzierung der Agrarlandschaft. Die schon frh ausgebauten Verkehrsverbindungen erleichterten den Austausch von Produkten zwischen den einzelnen Wirtschaftsrumen, was die Spezialisierung begnstigte. Auf diese Weise entstanden Agrarrume mit charakteristischen Produkten und Betriebsformen.Diese nach ihren wichtigsten Produkten benannten Landwirtschaftsregionen verlaufen im Osten der USA - entsprechend den klimatischen Bedingungen - breitenkreisparallel. Sie wurden auch als Belts (Grtel) bezeichnet.

    Neben den klimatischen Bedingungen spielte auch die Marktnhe eine wichtige Rolle. So entwickelte sich in der Nhe der groen Agglomerationen an der Ostkste eine Landwirtschaft, die leicht verderbliche Waren - z. B. Milchprodukte oder Frischgemse - erzeugte (Dairy Belt). Erst mit der Einfhrung von Khlwaggons und spter Khl-Lkw konnten diese Produkte ber grere Entfernungen transportiert werden. Damit war es beispielsweise mglich, auch in Kalifornien Milchprodukte und Gemse zu erzeugen und sie in die groen Agglomerationen zu transportieren.

    Aufgrund der Transportkosten spielt die Marktnhe fr diese Produkte auch heute noch eine wesentliche Rolle. Neben den Hauptprodukten der Belts, die jeweils zur Namensgebung fhrten, wurden in diesen Regionen auch andere Produkte angebaut. So stellte der Maisanbau im Corn Belt gleichzeitig die Grundlage fr eine erfolgreiche Viehzucht dar. Auch im Cotton Belt war die Baumwolle nicht das einzige landwirtschaftliche Produkt - dem Klima entsprechend wurden auch Tabak, Reis und Zuckerrohr kultiviert. Die im Folgenden erluterten Strukturwandlungen in der Landwirtschaft fhrten ebenfalls zu Vernderungen in den Belts.

    2 Der Aufschwung im 20. Jahrhundert

    2.1 Innovationsschbe in der US-LandwirtschaftMit der Westwanderung der Siedler wurde immer mehr Land unter den Pflug genommen und die Zahl der Farmen nahm zu. Um das Jahr 1920 erreichte die Zahl der Farmen in den USA mit etwa 6,5 Mio. ihren Hhepunkt. Zu diesem Zeitpunkt begannen auch die entscheidenden Innovationen in der Landwirtschaft, auch Revolutionen" genannt.

    Mechanische RevolutionBereits ab 1830 wurden die ersten mechanischen Erntemaschinen entwickelt, die zunchst noch von Pferden gezogen wurden. Ab 1875 kamen die ersten, von Dampfmaschinen angetriebenen Traktoren zum Einsatz. Der um die Jahrhundertwende konstruierte Traktor mit Verbrennungsmotor bentigte allerdings rund 15 Jahre bis zu seinem Durchbruch. Nach Schtzungen gab es um 1920 etwa 300 000 Traktoren in der US-Landwirtschaft, 30 Jahre spter waren es schon 3,5 Mio. (BRD: 139 000). In diesem Zeitraum kam es auch zur Entwicklung von weiteren Landmaschinen, wie z.B. Mhdreschern, Erntemaschinen fr fast alle Feldfrchte, Melkmaschinen, die eine groe Arbeitserleichterung brachten und die Produktion immer rationeller werden lieen. Es verstrkte sich der Trend zu Monokulturen und Grofarmen, denn kleine Farmen konnten die Kosten fr diesen technischen Fortschritt kaum noch aufbringen. Betrug die durchschnittliche Farmgre um die Jahrhundertwende noch etwa 55 ha und 1930 etwa 60 ha, so schnellte sie bis 1950 auf 87 ha und 1970 auf 160 ha hoch (BRD 1970: 11,7 ha, Deutschland 1995: 30,3 ha).

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  • Revolution durch Hybridzucht Durch Kombination von verschiedenen Eigenschaften ausgewhlter Nutzpflanzensorten - auch Hybridisieren genannt - gelang es, Sorten zu zchten, die widerstandsfhig gegenber Schdlingen, Trockenheit oder extremen Temperaturschwankungen und zudem uerst ertragreich waren. Die ersten Hybridmaissorten kamen 1930 in den Anbau. Sie steigerten den Hektarertrag auf Anhieb um 30 %, von 1930 bis 1950 konnte er sogar verdoppelt werden. Weitere Zchtungserfolge sowie angepasste Pflanzenschutz- und Dngemittel verdoppelten den Ertrag noch einmal bis 1970. hnliche Erfolge wurden bei Sorghum, Baumwolle, Sojabohnen, Erdnssen und seit einigen Jahren auch bei Weizen erzielt. Die guten Ergebnisse bei der Pflanzenzucht veranlassten die Agrarwissenschaftler, auch bei der Tierzucht die Hybridmethode einzusetzen. Auch in diesem Bereich war die Methode erfolgreich und so kamen beispielsweise 1940 die ersten Hybridkken in die Geflgelmast.

    Organisatorische Revolution Die nach dem homestead act regulierte Landvergabe im 19. Jh. hatte dazu gefhrt, dass ein groer Teil der amerikanischen Farmen die damals festgelegte Gre von 160 acres besa und von einer Familie bewirtschaftet wurde. Diese mittelgroe family farm konnte sich ber viele Jahrzehnte hinweg halten. Zahlenmig berwiegt sie heute noch, wirtschaftlich jedoch nicht mehr. Dazu trugen auch vernderte Organisationsformen in der US-Landwirtschaft bei. Der Einsatz von teurem Saatgut und teuren Maschinen zwang viele Farmer zur Aufgabe ihres Betriebes und fhrte zur Zusammenlegung von Flchen und damit zur Industrialisierung der Landwirtschaft. Ab 1950 kam es deshalb verstrkt zur Kooperation von Betrieben, um Anschaffungs- und Betriebskosten gemeinsam zu tragen. Auch Verwaltung und Betriebsleitung lieen sich durch Synergieeffekte optimieren. Derartige Kooperationen werden als horizontale Integration bezeichnet. Seit 1960 ist ein Trend zur vertikalen Integration zu verzeichnen. Dabei gehren zu einem Agrarunternehmen im Bereich der Tiermast zum Beispiel der Aufzuchtbetrieb, der Mastbetrieb, die Schlachterei sowie der Futtermittelbetrieb. Mit dem Trend zu agroindustriellen Unternehmen ging der Einsatz von agrarfremdem" Kapital einher. Rechtsanwlte, Arzte und andere kapitalkrftige Berufsgruppen investierten in Agrarunternehmen. Hinzu kamen nicht-agrarische Firmen (z. B. Coca Cola), die mit ihrem Kapital riesige vertikal integrierte Unternehmen bildeten, in denen von der Feldfrucht bis zur verpackten Tiefkhlware, von der Dngerherstellung bis zur Landmaschinenentwicklung alles unter einem Dach" vereint ist.

    Gentechnische Revolution Noch steckt die Erzeugung gentechnisch vernderter Pflanzen und Tiere in den Anfngen, doch sind einige Entwicklungen bereits absehbar. 1994 kam die erste gentechnisch

    vernderte Tomate in den Handel. Bei ihr hatte man ein Enzym blockiert, das zur Auflsung der Zellwnde fhrte. So erhielt man reife, rote Tomaten, die trotzdem lngere Zeit fest blieben. Als ein groer Erfolg gilt schon heute die Isolierung und Verpflanzung eines Gens, welches das Bodenbakteriengift Phosphinotricin (PT) unschdlich macht. bertrgt man dieses Gen z. B. auf Sojapflanzen, so knnen Sojabohnen mit PT gespritzt werden, ohne selbst Schaden zu nehmen. Man kann nun Sojabohnen-Felder spritzen, wobei alle Unkruter eingehen, die Sojapflanzen aber nicht geschdigt werden. Bereits 1998 waren 50% aller amerikanischen Sojapflanzen auf diese Weise gentechnisch verndert. Inzwischen ist es Wissenschaftlern gelungen, das Gen u. a. auch auf Mais, Raps, Gerste, Reis, Tomaten und Gemse zu bertragen. Weitere gentechnische Vernderungen machen Pflanzen immun gegen Schdlinge. So gibt es mittlerweile Kartoffeln, die gegen den Kartoffelkfer, und Erbsen, die gegen den Kornwurm immun sind.

    Die oben genannten Innovationen sind kostspielig und knnen nur von Farmern finanziert werden, die ber entsprechendes Kapital verfgen. Neben dem Verkauf seiner Farm bleiben dem family farmer zwei Anpassungsmglichkeiten: Er lsst die Arbeiten auf den Feldern von spezialisierten Agrar-Dienstleistungsunternehmen ausfhren. Diese haben rationelle, groe Maschinen, mit denen sie auf vielen Farmen pflgen, eggen, dngen und ernten. Die Schdlingsbekmpfung erfolgt meist vom Flugzeug aus. Allerdings schmlern die Kosten fr diese Arbeiten den Gewinn des Farmers. Eine weitere Mglichkeit bietet sich ihm, wenn er sich bei der Fleischproduktion in die vertikalen Unternehmen durch Kontrakte integrieren lsst. So kann er beispielsweise die Aufzucht der Tiere bernehmen und sie bei einem bestimmten Gewicht an die Mastbetriebe des Unternehmens weitergeben. Er ist dann aber nicht mehr am Gewinn beteiligt, sondern erhlt pro Tier einen bestimmten Betrag.

    Die so genannten Revolutionen" oder Innovationsschbe haben zwar nacheinander eingesetzt, sind aber noch keineswegs abgeschlossen. Die Mechanisierung der US-Landwirtschaft geht auch heute noch weiter. Bei den modernen Erntemaschinen haben (opto-)elektronische Steuerungen ihren Einzug gehalten. Die neuesten Weintraubenernter schtteln die Trauben nicht mehr mechanisch vom Rebstock, sondern ein Photoelement tastet die Trauben ab, stellt ihren Reifegrad fest und gibt dann einen Impuls an einen Greifarm, der die Traube abschneidet und in einen Vorratsbehlter legt. Mit hnlich ausgefeilter Technik ist es gelungen, Erntemaschinen an die Frchte anzupassen und so auch Tomaten, Salatkpfe und andere empfindliche Frchte maschinell zu ernten. Die hohen Kosten dieser Maschinen haben einerseits den Konzentrationsprozess in der Landwirtschaft verstrkt und andererseits den Anteil der Lohnkosten deutlich verringert.

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  • 2.2 Bewsserung - Garantie fr hohe Ertrge?

    Mit den sdeuropischen Einwanderern kamen Landwirte in die USA, die aus ihrer Heimat verschiedene Systeme der Bewsserung kannten. So konnten schon sehr frh Teile der Trockenrume in den USA intensiv landwirtschaftlich genutzt werden. Die Verwendung leistungsfhiger Pumpen und das Angebot relativ preisgnstiger Energie fhrten vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer starken Ausweitung der Bewsserungsflchen.

    Die Staaten mit den grten Bewsserungsarealen sind Kalifornien (3,5 Mio. ha), Nebraska (3,1 Mio. ha), Texas (2,1 Mio. ha), Idaho (1,3 Mio. ha), Colorado (1,3 Mio. ha) und Arkansas (1,7 Mio. ha). Auf diese sechs Staaten entfallen rund 60 % der gesamten Bewsserungsflche. Die wichtigste Frucht im Bewsserungsfeldbau ist der Mais (3,8 Mio. ha), es folgen Alfalfa (2,2 Mio. ha), Baumwolle (1,8 Mio. ha) und Obst (1,5 Mio. ha).

    In der Landwirtschaft werden vier Bewsserungstechniken angewandt: Beregnung (auf 3 9 % der bewsserten Flche) Oberflchen-, Furchenbewsserung (58 %) Trpfchenbewsserung (1,8%) Unterirdische Trpfchenbewsserung (1,2 %)

    Bei der Beregnung wird Wasser ber Rohrleitungen zu den Feldern geleitet und dort ber verschiedene Systeme versprht (z. B. Kreisberegnungsmaschinen), wobei eine gleichmige Wasserverteilung und die Zugabe von Dnge- oder Pflanzenschutzmitteln mglich sind. Allerdings sind diese Systeme windempfindlich und weisen groe Verdunstungsverluste auf, zudem sind die bentigten Pumpen sehr teuer. Bei der Oberflchenbewsserung leitet man Wasser in Furchen oder groflchig auf die Felder. Zu den Vorteilen dieser Bewsserungstechnik gehren die gleichmige Wasserverteilung sowie die geringeren Kosten. Als Nachteile sind hohe Verdunstungsverluste und die Verdichtung des Oberbodens zu nennen. Die Systeme der Tropf- und Unterflur-Bewsserung leiten das Wasser ber Schluche direkt in den Wurzelbereich der Pflanzen und arbeiten mit sehr geringen Wasserverlusten. Allerdings ist die Anlage dieser Systeme sehr kostenaufwendig.

    In Trockenrumen ist eine ertragreiche Landwirtschaft berhaupt erst durch die Bewsserung mglich. Hinzu kommt, dass auch in Rumen, in denen Anbau ohne Bewsserung stattfinden kann, die Bewsserung wesentlich hhere Ertrge erbringt:

    Ernteertrge in den USA1997Frucht ohne Bewsserung mit Bewsserung

    Weizen 100 183Alfalfa 100 170Baumwolle 100 163Kartoffeln 100 155Mais 100 143Hirse 100 142Soja 100 137

    Index: ohne Bewsserung = 100

    Der Anbau von Kulturen im Bewsserungsfeldbau ist indes kein Allheilmittel fr eine ertragreiche Landwirtschaft. Schon bald zeigte sich, dass in den Tro ckenrumen durch die Bewsserung mit Brunnenwasser der Grundwasserspiegel erheblich abgesenkt wurde. In den Great Plains fiel er beispielsweise zwischen 1940 und 1980 um mehr als 30 m. Die Ableitung von Colorado-Wasser fr Bewsserungszwecke brachte den USA jahrelange Streitigkeiten mit Mexiko, das sich ber die geringe Wasserfhrung des Colorado an der Grenze beschwerte. In Kalifornien wird das Wasser ber lange Kanalsysteme aus den Gebirgen und dem feuchteren Nordteil des Staates nach Sden gefhrt. Das immer knapper und teurer werdende Wasser hat der Zunahme der Bewsserungsflchen ein Ende gesetzt und in den Great Plains mussten Bewsserungs -felder aufgegeben werden, was z.T. zur Abwanderung von Landbewohnern gefhrt hat.

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  • 3 Strukturwandel in der US-Landwirtschaft

    3.1 Vernderung landwirtschaftlicher StrukturenDie technische Entwicklung in der Landwirtschaft hat im Laufe des 20. Jahr hunderts zu einem Konzentrationsprozess gefhrt, der die horizontale und vertikale Integration gefrdert hat. Auerdem mussten immer mehr kleine und mittlere Farmen aufgeben, weil sie den Fortschritt nicht bezahlen konnten. Hinzu kam das so genannte Farmsterben Anfang der 1980er-Jahre.

    Vorausgegangen war ein Exportboom bei Getreide, ausgelst durch sowjetische Importe, die durch ein Getreideabkommen zwischen den USA und der Sowjetunion abgesichert waren. Viele Farmer investierten daraufhin in neue Maschinen, Ausrstungen usw. Dazu nahmen sie teilweise auch hohe Kredite auf. Als sowjetische Truppen in Afghanistan einmarschierten, verhngte der damalige US-Prsident Jimmy Carter ein Getreideembargo gegen die Sowjetunion. Zwar lieferten die USA auch weiterhin die im Vertrag vereinbarte Getreidemenge, aber das waren rund 7 Mio. t weniger als in den Jahren zuvor. So blieben die US-Farmer auf einem Teil ihrer Getreideernte sitzen und mussten drastische Einnahmeverluste hinnehmen.Hinzu kam, dass andere Lnder wie z.B. Argentinien und Brasilien ihre Exporte verstrkten und ehemalige Getreideimporteure wie z. B. Indien und China durch groe Fortschritte in der Landwirtschaft kaum noch auf Importe angewiesen waren. Obendrein fhrte ein hoher Dollarkurs dazu, dass amerikanisches Getreide nur noch mit Abschlgen auf dem Weltmarkt abzusetzen war. Da aufgrund der Absatzschwierigkeiten fr Getreide auch der Wert des Getreidelandes sank, verlangten die Banken als Ausgleich fr die verminderte Banksicherheit hhere Zinsen. Von 1978 bis 1984 verdoppelte sich so die Verschuldung der Farmer. Zwar wurde das Getreideembargo 1981 abgebrochen und ab 1983 nahm die Sowjetunion aufgrund eines neuen Abkommens wieder mehr US-Getreide ab, aber von 1980 bis 1985 war der Weltmarktpreis z. B. fr Weizen um 40 % gefallen und viele kleinere Farmen mussten aufgrund ihrer Verschuldung aufgeben. Daran konnten auch staatliche Hilfsprogramme und Subventionen fr die Landwirtschaft nur wenig ndern.

    Die Entwicklungen in Agrartechnik und -Wirtschaft haben die Zahl der Farmen in den USA seit den 1930er-Jahren drastisch sinken lassen. Nach einer Konsolidierung zwischen 1974 und 1982 setzte sich das Farmsterben bis ca. 1992 fort. Seitdem scheint sich die Zahl der Farmen wieder zu stabilisieren.

    Anders als die deutsche Agrarstatistik, die die Betriebe nach der Gre der Nutzflche klassifiziert, differenziert die US-Statistik nach Einkommensklassen. Die nachfolgende Abbildung zeigt den Dualismus bei den US-Farmen: Die Hlfte aller Farmen erzielt einen jhrlichen Bruttoerls von unter 10 000 US-$. Zusammen erwirtschaften sie nur etwa 1,8% des gesamten Produktionswertes. Auf der anderen Seite haben nur 3 % aller Farmen einen Bruttoerls von ber 500 000 US-$. Sie erwirtschaften insgesamt fast 45

    % des Produktionswertes. Merkwrdig erscheint, dass seit Jahren der Anteil der Farmen mit geringem Einkommen fast konstant bleibt. Das Farmsterben hat nicht bei den ganz kleinen Betrieben stattgefunden, sondern bei den mittleren Farmgren. Dass die ganz kleinen Farmen immer noch existieren liegt daran, dass sie im Nebenerwerb, teilweise sogar als Hobbyfarm, betrieben werden. Da ihre Eigentmer nicht auf das Farmeinkommen angewiesen sind, knnen sie weiter bestehen.

    4 Die Stellung der Landwirtschaft in der US-WirtschaftDie amerikanische Landwirtschaft bietet lediglich 2,4 % der Beschftigten der USA einen Arbeitsplatz. Zum Bruttoinlandsprodukt steuert die Landwirtschaft sogar nur 1,4 % (2001) bei. Ist ihre wirtschaftliche Bedeutung deshalb gering?

    Betrachtet man nur den prozentualen Anteil der Landwirtschaft am Brutto-sozialprodukt (BSP), so scheint sie eher eine untergeordnete Rolle zu spielen. Dabei wird aber bersehen, dass auch die Erzeugung von Nahrungsmitteln und agrarischen Rohstoffen mit dem Agrarsektor zusammenhngt. Insgesamt sind in diesem Wirtschaftssektor ca. 20 Mio. Menschen beschftigt, die immerhin 16% des BSP erwirtschaften. Das Gewicht der US-Landwirtschaft wird auch deutlich, wenn man ihre Produktion mit der anderer Staaten vergleicht. Mit Ausnahme von tropischen Produkten nimmt die US-Landwirtschaft bei den meisten Agrargtern vordere Pltze in den weltweiten Statistiken ein.

    Entsprechend den klimatischen Unterschieden und der rumlichen Verteilung der landwirtschaftlichen Produktionssysteme erwirtschaften die Bundesstaaten der USA unterschiedliche Erlse auf dem Agrarsektor. Die fnf fhrenden Staaten in der Agrarproduktion sind (Wert der Agrargter 2002 in Mrd. US-$):

    1. Kalifornien 25,7; 2. Texas 14,1; 3. Iowa 12,3; 4. Nebraska 9,7; 5. Kansas 8,8

    Die USA produzieren von vielen wichtigen Agrargtern mehr als sie selbst verbrauchen knnen und gehren deshalb zu den grten Agrarexporteuren der Welt. Dies gilt vor allem fr Getreide, Obst (v. a. Zitrusfrchte), Fleisch, Zucker, lfrchte, Futtermittel. Seit vielen Jahren ist die US-Handelsbilanz negativ, d. h., dass die Importe wertmig hher sind als die Exporte. Dies ist vor allem auf eine negative Bilanz bei Industriegtern und mineralischen Rohstoffen zurckzufhren, whrend der Export von Agrarprodukten den Import bersteigt. Ohne die berschsse aus der Landwirtschaft she die US-Handelsbilanz noch schlechter aus.

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  • 5 Probleme der US-LandwirtschaftDer Trend zu Monokulturen und immer greren Anbauflchen fhrte dazu, dass im Frhjahr, zu Beginn der Feldbestellung, riesige Ackerflchen brach lagen. Trocknete der Boden wie z. B. in den Great Plains bei ausbleibendem Niederschlag aus, so konnte der Oberboden vom Wind oder bei Starkregen vom abflieenden Wasser abgetragen werden. Als es in den 30er-Jahren in den Great Plains zu Drreperioden kam, richteten die Staubstrme groe Schden an. In der so genannten dust bowl, wie die Region bald genannt wurde, mussten aufgrund des abgetragenen Oberbodens bis 1939 schtzungsweise 350000 Familien ihre Farm aufgeben. In Kansas gingen beispielsweise in nur 20 Jahren 25 cm des Oberbodens verloren. Inzwischen knnen weite Teile der dust bowl wieder landwirtschaftlich genutzt werden, doch muss man feststel len, dass heute wieder groe Flchen vom Weizenanbau eingenommen werden und im Frhjahr und Herbst bei Drren die Gefahr der Bodenerosion besteht.

    Grere Probleme zeigen sich seit einiger Zeit auch in der Bewsserungslandwirtschaft. Trotz aller Gegenmanahmen (z. B. Drainage und Ableitung des Bewsserungs-wassers nach dem Einsickern in den Boden) kommt es auf einigen Flchen zu Versalzungen. Da die meisten Pflanzen wenig salztolerant sind, knnen die Flchen nicht mehr genutzt werden.

    In meernahen Bewsserungsgebieten (z. B. in Kalifornien) kommt es aufgrund des Absinkens des Grundwassers zum Einsickern von Meerwasser in den nun tiefer gelegenen Grundwasserkrper. Eine Versalzung des Grundwassers hat fr Mensch und Bewsserungspflanzen fatale Folgen. (Diese und die bereits angesprochenen Probleme der Grundwasserabsenkung machen die Bereitstellung von Bewsserungswasser immer schwieriger und kostspieliger. In den Great Plains hat der Raubbau am Grundwasser des Ogallala-Aquifers bereits dazu gefhrt, dass fr die Bewsserung von Mais, der im Sommer relativ viel Feuchtigkeit braucht, nicht mehr gengend Wasser zur Verfgung steht. Die Farmer werden nur noch Hirse und Weizen bewssern knnen, die geringere Wasseransprche haben. In den nchsten 10 bis 20 Jahren werden weite Teile der Great Plains nur noch als Grasland genutzt werden knnen.

    Hier findet also eine Extensivierung der Landwirtschaft statt, die zur wei teren Aufgabe von Farmen fhren wird, da nur noch die Farmen berleben knnen, die durch Zukauf oder Pacht ber so groe Flchen verfgen, dass sie trotz Trockenfeldbau oder extensiver Weidewirtschaft noch gewinnbringend produzieren knnen. Mit der Zahl der Farmen wird auch die Zahl der Einwohner in den Great Plains weiter sinken.

    Schon im Zeitraum von 1980 bis 1995 haben die Great Plains durch Aufgabe von Farmen und Abwanderung viele Einwohner verloren. Dies hat auch fr die verbliebene Bevlkerung gravierende Konsequenzen, denn wenn die Einwohnerzahl einer Region unter einen kritischen Wert sinkt, lohnt sich die Aufrechterhaltung von Infrastruktureinrichtungen (z. B. Post, Einkaufszentren, rzte) nicht mehr.

    Aus dem verstrkten Einsatz von Agrarchemikalien ergeben sich ebenfalls in zunehmendem Mae Probleme. Dnger und Pestizide gelangen ins Grundwasser und in die Flsse. So transportiert z. B. der Mississippi eine groe Fracht an Agrarchemikalien und setzt diese im Golf von Mexiko ab. Dort fhrt die berdngung zum Umkippen des kologischen Gleichgewichts und zum Abbau von Sauerstoff.

    6 Chancen und Perspektiven der US-LandwirtschaftDie amerikanische Landwirtschaft hat sich durch Innovationsschbe und stndige Weiterentwicklung in der Agrarforschung und -technologie zu einem leistungs- und zukunftsfhigen Wirtschaftszweig entwickelt. Die erst in Anstzen umgesetzten Forschungsergebnisse in der Bio- und Gentechnologie machen deutlich, dass die Agrarproduktion in den nchsten Jahren weiter an Effizienz zunehmen wird. Schon jetzt zeigt sich, dass die farm-inputs sich in den letzten Jahrzehnten gnstig entwickelt haben, da teure Arbeitskrfte und auch die teuren Maschinen bei den Kosten der Produktion anteilsmig rcklufig sind, wie folgende bersicht zeigt:

    Entwicklung der farm-inputs in den USA (Indexwerte, Basis 1977 = 100)6

    1960 1970 1980 1990

    Arbeitskrfte 206 112 96 76Maschinen/Gerte 83 85 101 73Chemikalien 32 75 123 122Futtermittel 77 96 114 119

    Weitere Chancen erffnen sich der US-Landwirtschaft durch Fortschritte in der Kommunikationstechnologie. Im United State Departement of Agriculture (USDA) werden u. a. mithilfe von Satelliten Informationen ber alle landwirt schaftlichen Aktivitten und agrarkonomischen Fakten in allen Staaten der Welt gesammelt und analysiert. So knnen z. B. die Auswirkungen von Naturkatastrophen auf Ernten, die erwarteten Erntemengen fr wichtige Agrarprodukte und die abzuschtzenden Angebots- und Nachfragemengen sowie die daraus resultierenden Tendenzen bezglich der Weltmarktpreise prognostiziert werden. Diese Analysen stellt der Economic Research Service (ERS) des USDA den Farmern per Internet zur Verfgung. Ebenso knnen sich die Farmer aus dem Internet von speziellen Gesellschaften (z. B. soybean association) gezielt Informationen zu den Marktchancen einzelner Agrarprodukte besorgen. Mit diesen Informationen knnen die Farmer, rechtzeitig auf Markttrends reagieren und gegebenenfalls auf lukrativere Produkte umstellen.

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    Agrarwirtschaftliche Strukturen in den USARevolution durch HybridzuchtOrganisatorische RevolutionGentechnische Revolution

    4 Die Stellung der Landwirtschaft in der US-Wirtschaft6 Chancen und Perspektiven der US-Landwirtschaft