der rechtsstatus des ärztlichen mitarbeiters in der arztpraxis

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Page 1: Der Rechtsstatus des ärztlichen Mitarbeiters in der Arztpraxis

Medizinrecht

| Der Urologe [B] 3•2002224

Bei der Beschäftigung eines Arztes in einer Arztpraxis stellt sich für dieBeteiligten die Frage, ob zwischen demPraxisinhaber und dem zu beschäftigen-den Arzt ein Arbeitsverhältnis begrün-det wird oder ob die Beschäftigung zueiner selbstständigen, freien Mitarbeitdes Arztes führt. Diese Frage ist nichtnur im Hinblick auf die korrekteVertragsgestaltung der Beteiligten(unabhängiger Dienstvertrag oderArbeitsvertrag), sondern insbesonderewegen der aus einem abhängigenBeschäftigungsverhältnis folgendenSozialversicherungspflicht von Bedeu-tung. Im Übrigen finden grundsätzlichnur für den Arbeitsvertrag dasTarifrecht, das Betriebsverfassungs-recht, das Kündigungsschutzrecht unddas Arbeitszeitrecht Anwendung.

Das „Zweite Gesetz zur Neuordnungvon Selbstverwaltung und Eigenverant-wortung in der gesetzlichen Kranken-versicherung vom 23.06.1997“1 (2. GKV-NOG) und die durch das Schlagwort dersog. „Scheinselbstständigkeit“ bekanntgewordenen Gesetze „zu Korrekturen inder Sozialversicherung und zur Siche-rung der Arbeitnehmerrechte vom19.12.1998“ (Korrekturgesetz 1999) sowie„zur Förderung der Selbständigkeit vom20.12.1999“2 (Korrekturgesetz 2000) ha-ben im Hinblick auf die Möglichkeitender Anstellung eines Arztes in einerArztpraxis zu deutlichen Änderungengeführt. In diesem Beitrag werden dieMöglichkeiten der Beschäftigung vonärztlichen Mitarbeitern aufgezeigt unddie Rechtsverhältnisse der Beteiligten inarbeitsrechtlicher und sozialversiche-rungsrechtlicher Hinsicht beleuchtet.

Begriffsbestimmung desArbeitnehmers, der Beschäfti-gung, des freien Mitarbeitersund des Scheinselbstständigen

Zum besseren Verständnis der Proble-matik ist zunächst eine kurze Bestim-mung der Begriffe des „Arbeitnehmers“,des „freien Mitarbeiters“ und des„Scheinselbstständigen“ sinnvoll.

Der Arbeitnehmerbegriff

Der aus dem Arbeitsrecht stammendeBegriff des „Arbeitnehmers“ ist in denarbeitsrechtlichen Gesetzen nicht genau

definiert.Eine allgemein anerkannte De-finition ist aber von der Rechtsprechungund dem Schrifttum entwickelt wor-den.3 Danach muss eine Person auf-grund eines privatrechtlichen Vertragesfür einen anderen unselbstständigeDienste leisten und von seinem Arbeit-geber persönlich abhängig sein.4

Für diese Abhängigkeit soll insbe-sondere eine zeitliche,örtliche und fach-liche Weisungsgebundenheit sowie dieorganisatorische Eingliederung in denBetrieb des anderen maßgebend sein.5

Zu beachten ist schließlich, dass die vonden Vertragsparteien gewählte Bezeich-nung als Arbeitnehmer nur ein schwa-cher Anhaltspunkt sein kann, maßge-bend ist immer das Gesamtbild der Ar-beitsleistung.6

MedizinrechtUrologe [B]2002 · 42: 224–227 © Springer-Verlag 2002

P.Wigge · M. Frehse · Hamm

Der Rechtsstatus des ärztlichen Mitarbeiters in der Arztpraxis

3 Vgl. BAG AP 43, 45 zu § 611 BGB Abhängig-keit; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch,9. Aufl. 2000, § 8 I; Ehlers, NZA 1989, 832, 834m.w.N..

4 Die h.M. geht davon aus, dass die Entgelt-lichkeit keine Begriffsvoraussetzung ist;vgl. Schaub, a.a.O., § 8 Rn. 37.

5 Vgl. BAG, NZA 1998, 364, 365; NZA 1999,205, 206 f.

6 Vgl. BAG, NZA 1992, 899, 900; NZA 1994,169.

Mit freundlicher Genehmigung des pmi

Verlages, Frankfurt a. M. Der Originalartikel

erschienen in der Zeitschrift

„Der Arzt und sein Recht“ 5/2001.

Dr. jur. P.WiggeOstring 15, 59065 Hamm,

E-Mail: [email protected]

Michael FrehseOstring 15, 59065 Hamm,

E-Mail: [email protected]

RedaktionG.H. Schlund, München

1 BGBl. I, S. 3843.

2 BGBl. 2000, I, S. 2.

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Der Beschäftigungsbegriff

Der Arbeitnehmerbegriff des Arbeits-rechts ist zwar nicht mit dem Begriff des„Beschäftigten“ im Sozialversicherungs-recht identisch,7 doch auch das Bundes-sozialgericht sieht das zentrale Kriteri-um der Beschäftigung in der persönli-chen Abhängigkeit des Betroffenen.8 In-soweit nimmt § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IVauch auf das Arbeitsrecht Bezug, indemdiese Vorschrift bestimmt, dass Beschäf-tigung insbesondere die Tätigkeit in ei-nem Arbeitsverhältnis ist. Die Vergleich-barkeit zum Arbeitnehmerbegriff wirdzudem in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV deut-lich,wonach eine Tätigkeit nach Weisun-gen und eine Eingliederung in die Ar-beitsorganisation des WeisungsgebersAnhaltspunkte für eine Beschäftigungsind.

Die selbstständige Arbeit

Den Gegensatz zum Beschäftigungs-und Arbeitnehmerbegriff bildet dieselbstständige Arbeit bzw. die freie Mit-arbeit.9 Anhaltspunkte für eine in jedemEinzelfall zu bestimmende selbstständi-ge Tätigkeit sind neben weiteren mögli-chen Indizien insbesondere die Wei-sungsunabhängigkeit, die selbstbe-stimmte und selbstnützige Arbeit sowiedie grundsätzlich nicht erfolgte Einbin-dung in eine fremde Arbeitsorganisati-on.10 Die alleinige Zugehörigkeit derÄrzte zu den freien Berufen kann dieAnnahme einer Selbstständigkeit dabeinicht begründen.11

Der Scheinselbstständige

Ferner ist durch die Begründung dereingangs erwähnten Korrekturgesetzeder Begriff des „Scheinselbstständi-

gen“12 geprägt worden, ohne dass in die-sen Gesetzen selbst dieses Wort verwen-det wird.

Von Scheinselbstständigkeit wirdgesprochen, wenn Erwerbstätige nachder Ausgestaltung ihrer Rechtsbeziehun-gen wie Selbstständige behandelt wer-den, tatsächlich aber wie abhängig Be-schäftigte arbeiten und sich auch wegenihrer sozialen Schutzbedürftigkeit nichtvon diesen unterscheiden.13

So bestimmt die durch das Korrek-turgesetz 1999 eingeführte Vorschrift des§ 7 Abs.4 Satz 1 SGB IV in der Neufassungdes Korrekturgesetzes 2000, dass bei ei-ner erwerbsmäßig tätigen Person vermu-tet wird, sie sei abhängig beschäftigt,wenn mindestens 3 der in der Vorschriftgenannten Merkmale erfüllt sind. Da dieEinführung dieser Vorschrift nicht mit ei-ner entsprechenden Angleichung in ar-beitsrechtlicher Hinsicht einhergegangenist, ist ihr Einfluss bisher auf die Folge derSozialversicherungspflicht beschränkt.Die einzelnen Merkmale der Vorschrift,deren Anwendung – wie noch aufgezeigtwird – im Einzelfall rechtliche Schwierig-keiten aufweisen kann14, sind:

◗ Die Person beschäftigt im Zusam-menhang mit ihrer Tätigkeit regel-mäßig keinen versicherungspflichti-gen Arbeitnehmer, dessen Arbeits-entgelt aus diesem Beschäftigungs-verhältnis regelmäßig im Monat322,11 EUR übersteigt;

◗ sie ist auf Dauer und im Wesent-lichen nur für einen Auftraggebertätig;

◗ ihr Auftraggeber oder ein vergleich-barer Auftraggeber lässt entspre-chende Tätigkeiten regelmäßigdurch von ihm beschäftigte Arbeit-nehmer verrichten;

◗ ihre Tätigkeit lässt typische Merk-male unternehmerischen Handelnsnicht erkennen;

◗ ihre Tätigkeit entspricht dem äuße-ren Erscheinungsbild nach der Tätig-keit, die sie für denselben Auftragge-

ber zuvor aufgrund eines Beschäfti-gungsverhältnisses ausgeübt hatte.

Beschäftigung eines Arztes in der Vertragsarztpraxis

Mit dem 2. GKV-NOG hat der Gesetzge-ber das Recht der Anstellung eines aufDauer beschäftigten Arztes (sog. Dauer-assistent) in der Vertragsarztpraxis mitWirkung vom 01.07.1997 neu geordnetund abschließend geregelt. Nach der Re-gelung in § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB Vi.V.m. § 32b Ärzte-ZV kann jeder Ver-tragsarzt nach Genehmigung durch denZulassungsausschuss einen ganztagsoder zwei halbtags beschäftige Ärzte an-stellen. Im Gegensatz zur früherenRechtslage15 kann die Anstellung nun-mehr auch im überversorgten Planungs-bereich vorgenommen werden. Das be-deutet, dass die Neuregelungen sowohlfür überversorgte als auch für noch offe-ne Planungsbereiche gelten.16.

Die Anstellung von Ärzten setzt je-doch voraus, dass der Leistungsumfangder Arztpraxis durch die Anstellung desArztes nicht wesentlich erweitert wird.Ziel der Regelung ist nämlich, den Be-dürfnissen vieler Ärzte nach individuel-ler Festlegung ihres Arbeitseinsatzesnachzukommen und zusätzliche Be-schäftigungsmöglichkeiten für Ärzte zuschaffen, ohne dabei zu einer Leistungs-ausweitung beizutragen.17

Zur Regelung der Einzelheiten hatder Bundesausschuss der Ärzte undKrankenkassen aufgrund der Ermächti-gung in § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und § 95Abs. 9 Satz 2 SGB V die Richtlinien überdie Beschäftigung von angestelltenPraxisärzten in der Vertragsarztpraxis(Angestellte-Ärzte-Richtlinien) vom01.10.199718 erlassen. Der Bundesaus-schuss hat in diesen Richtlinien konkre-tisiert, dass der Praxisumfang dannnicht wesentlich erweitert wird, wenndie Gesamtpunktzahlen der vergange-nen 4 Quartale um nicht mehr als 3%überschritten werden.19 Unter Umstän-

7 Zu Unterschieden vgl. Schulin/Igl,Sozialrecht, 6. Aufl. 1999, Rn. 133 ff.;Waltermann, Sozialrecht, 2000, Rn. 109 ff.

8 Vgl. beispielhaft BSG SozR 2200 § 165 RVONr. 61; SozR-3 2400 § 7 SGB IV Nr. 4.

9 Vgl. dazu auch Seewald, in: Kasseler Kommentar, Stand 2000, § 7 SGB IV Rn. 106.

10 Vgl. Brandenburg, in: Wannagat, SGB IV,Stand 2000, § 7 Rn. 102.

11 Vgl. auch Rundschreiben der Spitzen-organisationen der Sozialversicherung vom16.09.1999, NZS 1999, 384.

12 Der Begriff wird in der Begründung zum Korrekturgesetz 1999 verwendet,vgl. BT-Drs. 14/45 vom 17.11.1998.

13 Schaub, a.a.O., § 8 Rn. 10.

14 Vgl. dazu nur beispielhaft Söhnlein/Mocellin, NZS 1999, 280 ff.; Hans, SGb 2000,399 ff.; Bauer/Diller/Lorenzen, NZA 1999,169 ff.

15 Vgl. dazu BSG, Urteil vom 02.10.1996,Az.: 6 R Ka 82/95.

16 Vgl. Hess, in: Kasseler Kommentar,Stand 2000, § 101 SGB V Rn. 20.

17 Vgl. BT-Drs. 13/7264, S. 111.

18 BAnz. Nr. 9 vom 15.01.1998, S. 371.

19 Zu weiteren Einzelheiten vgl. Gleichner,MedR 2000, 399 ff.

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den wird dies auch am Umfang desFachgruppendurchschnitts bemessen.20

Die Ärzte müssen sich gegenüber derKassenärztlichen Vereinigung zur Ein-haltung der Leistungsgrenze schriftlichverpflichten.

Da die Begrenzung der Leistungs-menge auch für nicht gesperrte Pla-nungsbereiche gilt, dürfte es in diesenGebieten wirtschaftlich vorteilhaftersein, statt der Anstellung eines Arztes dieKooperation im Rahmen einer Gemein-schaftspraxis zu wählen.21

Beschäftigung eines angestellten Arztes

Der Status des angestellten Arztes als Ar-beitnehmer bzw. abhängig Beschäftigterist unproblematisch.Auch wenn ein an-gestellter Arzt in seiner medizinischenEntscheidung letztendlich unabhängigist, ist der angestellte Arzt gegenüberdem Praxisinhaber zumindest zeitlichund örtlich weisungsgebunden und indessen Praxisorganisation vollständigeingebunden. Dementsprechend müs-sen die Parteien einen schriftlichen Ar-beitsvertrag abschließen und diesen zurGenehmigung der Anstellung der Kas-senärztlichen Vereinigung vorlegen.22

Beschäftigung eines Assistenten

Möglich ist nach § 32 Ärzte-ZV auch dieBeschäftigung eines Ausbildungs-, Wei-terbildungs- sowie Entlastungsassisten-ten. Auch hier bereitet die rechtlicheEinordnung der Beschäftigungsverhält-nisse keine großen Schwierigkeiten.Zwischen dem Vertragsarzt und dem be-schäftigten Assistenten, der unter Lei-tung und Aufsicht des Vertragsarztes ne-ben diesem oder gleichzeitig mit diesemtätig wird, besteht grundsätzlich ein Ar-beits- bzw. Beschäftigungsverhältnis.23

Unabhängig davon,wie weit der Assis-tent aufgrund eigener Erfahrungen undKenntnisse selbstständig ärztlich behan-delt,schließt insbesondere,neben der ört-

lichen und zeitlichen, die fachliche Wei-sungsgebundenheit des Assistenten ge-genüber dem für die Behandlung der Pa-tienten verantwortlichen Praxisinhaberund die Eingliederung des Assistenten indie Vertragsarztpraxis eine sozialversiche-rungsfreie Tätigkeit im Rahmen einerfreien Mitarbeit aus.24 Das gilt auch dann,wenn die Parteien als Entgelt einen Anteilam Umsatz der Praxis vereinbart haben.25

Zu beachten ist bei der Anstellung von As-sistenten aber,dass deren Anstellung nichtzu einer Ausweitung der Vertragsarztpra-xis missbraucht werden darf.26

Beschäftigung eines Praxisvertreters

Die Tätigkeit des Praxisvertreters nach§ 32 Abs. 1 Ärzte-ZV, der die vertrags-ärztliche Tätigkeit in Abwesenheit desPraxisinhabers an dessen Stelle eigen-verantwortlich und selbstständig aus-übt, wird hingegen grundsätzlich alsselbstständige und freie Mitarbeit quali-fiziert werden können.27 Er unterliegt inder Regel keinem Weisungsrecht desVertragsarztes, übernimmt selbstnützi-ge und selbstständige Arbeit und istauch nicht in eine fremde Arbeitsorga-nisation eingegliedert.28

Eine Abhängigkeit besteht nur inso-weit,als der Vertreter seine Tätigkeit ört-lich und sachlich in den Räumen desPraxisinhabers auszuüben hat. DieseGesichtspunkte treten aber hinter derfachlichen Weisungsunabhängigkeit zu-rück. Zwischen den Parteien ist daherein unabhängiger Dienstvertrag im Sin-ne des § 611 BGB zu schließen.29

Beschäftigung eines Arztes in der Privatarztpraxis

Auch niedergelassenen Privatärzten istes im Rahmen ihrer Tätigkeit erlaubt,

weitere Ärzte zu beschäftigen.Dabei gel-ten für sie nicht die einschränkendenVoraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1Nr. 5 SGB V, sodass sowohl eine Anstel-lung als auch die Begründung eines frei-en Mitarbeiterverhältnisses in Betrachtkommt. Berufsrechtlich folgt aus der Be-schäftigung des Arztes, ebenso wie beimVertragsarzt, für den Praxisinhaber nurdie Verpflichtung, die Praxis auch per-sönlich auszuüben, sie weiterhin zu lei-ten und die Beschäftigung eines ärztli-chen Mitarbeiters der Ärztekammer an-zuzeigen.

Handelt es sich um die Beschäfti-gung von Assistenten und den Einsatzvon Vertretern,30 so entspricht dieRechtslage sowohl in arbeitsrechtlicherals auch in sozialversicherungsrechtlicherHinsicht der einer Vertragsarztpraxis.31

Auf die Beschäftigung von Ärztenim privatärztlichen Bereich, die nicht alsAssistenten oder Vertreter tätig werden,haben insbesondere die Korrekturgeset-ze erheblichen Einfluss ausgeübt. Wäh-rend bisher häufig zwischen Praxisinha-ber und dem mitarbeitenden Arzt einsozialversicherungsfreies Mitarbeiter-verhältnis gewählt worden ist, mussnunmehr der Vorschrift des § 7 Abs. 4SGB IV besondere Beachtung geschenktwerden. Sofern nämlich das zu beurtei-lende Beschäftigungsverhältnis minde-stens 3 der in der Vorschrift genanntenKriterien erfüllt, so wird unabhängigvon der arbeitsrechtlichen Beurteilung32

ein sozialversicherungspflichtiges Be-schäftigungsverhältnis widerlegbar33

vermutet. Das Vorliegen der erforderli-chen 3 Kriterien kann je nach den Be-sonderheiten des Einzelfalles bei denüblicherweise als freie Mitarbeiter be-schäftigten Ärzten gegeben sein.34

Diese Schlussfolgerung basiert auffolgenden Überlegungen:

20 Vgl. auch Schallen, Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, 3. Aufl. 2000, Rn. 645.

21 Vgl. auch Schallen, a.a.O., Rn. 632.

22 Vgl. Hess, in: Kasseler Kommentar,Stand 2000, § 101 SGB V Rn. 20.

23 Vgl. Plagemann/Niggehoff,Vertragsarztrecht, 2. Aufl. 2000, Rn. 331.

24 Vgl. auch Schallen, a.a.O., Rn. 624.

25 Vgl. Plagemann/Niggehoff, a.a.O.,Rn. 331; Hille, Freie Mitarbeit, 3. Aufl. 1996Rn. 108.

26 Vgl. auch § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV.

27 Daran ändert auch die Vorschrift des § 7Abs. 4 SGB IV nichts; vgl. dazu weiter untenoder Kamps, DÄBl. 96, A-1051 zur Rechtslagenach dem Korrekturgesetz, 1999.

28 Vgl. Kamps, DÄBl. 96, A-1050.

29 Vgl. auch Schallen, a.a.O., Rn. 602;BSGE 35, 212, 213.

30 Im privatärztlichen Bereich gilt § 32 Ärzte-ZV nicht.

31 Vgl. dazu oben: Beschäftigung einesangestellten Arztes oder Assistenten.

32 Vgl. Hohmeister, NZS 1999, 179, 181.

33 Nach der Gesetzesbegründung beinhaltetdie Regelung eine Beweislastumkehr vonden Trägern der Sozialversicherung auf den Beschäftigten bzw. seinen Auftraggeber,vgl. BT-Drs. 14/45, S. 11.

34 Vgl. auch Kamps, DÄBl. 96, A-1050 ff.

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◗ Das erste Kriterium der Vorschriftwird ein in der Privatpraxis frei mit-arbeitender Arzt in der Regel erfül-len, da er im Normalfall selbst keinenversicherungspflichtigen Arbeitneh-mer beschäftigt.

◗ Auch das zweite Merkmal, die imWesentlichen nur für einen Auftrag-geber erfolgende Tätigkeit, kann imEinzelfall vorliegen. Dieses Merkmalsoll nämlich dann gegeben sein,wenn eine Person vertraglich oderfaktisch ausschließlich an einemAuftraggeber gebunden ist.35

Dabei liegt diese Bindung aber auchvor, wenn daneben eine Tätigkeit füreinen oder mehrere andere Auftrag-geber in nur unbedeutendem Um-fang erfolgt, d. h. insbesondere vomzeitlichen Umfang und den erzieltenEinnahmen im Verhältnis zur Tätig-keit für den Hauptauftraggeber nichtins Gewicht fällt.36

Die Neufassung des zweiten Merk-mals verlangt zudem die dauerhafteTätigkeit für den Auftraggeber, wo-mit eine zeitlich unbegrenzte odereine begrenzte aber regelmäßig wie-derkehrende Tätigkeit gemeint seinsoll37 Diese Voraussetzungen werdenaber gerade bei dem freien ärztli-chen Mitarbeiter vorliegen, da derenBeschäftigung grundsätzlich unbe-fristet und nur bei einem Arzt er-folgt. Bei einem Praxisvertreter hin-gegen, der sowohl im vertragsärztli-chen als auch im privatärztlichen Be-reich bereits als selbstständig tätigerfreier Mitarbeiter qualifiziert wurde,

wird man dieses Merkmal als nichterfüllt ansehen.

◗ Schließlich kann das ebenfalls neugefasste vierte Kriterium bei freienärztlichen Mitarbeitern vorliegen,sodass u. U. bereits ein drittes Merk-mal und damit die Vermutung für ei-ne Scheinselbstständigkeit gegebensein kann. Die freie ärztliche Mitar-beit lässt nämlich im Hinblick aufdas vierte Merkmal nicht zwingendunternehmerisches Handeln erken-nen. Für die Feststellung eines unter-nehmerischen Handelns wird näm-lich letztendlich auf das Hauptmerk-mal der abhängigen Beschäftigung,die persönliche Abhängigkeit, abzu-stellen sein.38 Demnach muss eineGesamtbetrachtung aller Umständedes Einzelfalles erfolgen, die alle Fak-toren, wie insbesondere die Wei-sungsgebundenheit sowie die Ein-gliederung in die Arbeitsorganisati-on, zu berücksichtigen hat.Dabei ist festzustellen, dass der freimitarbeitende Arzt in der Regel zu-mindest örtlich und zeitlich wei-sungsgebunden und in die Arbeits-organisation des Auftraggebers ein-gebunden sein wird. Ein Abbedingender Weisungsgebundenheit ist, wennüberhaupt, nur in zeitlicher Hinsichtdenkbar. Dies könnte u. U. dadurchgeschehen, dass die Mitarbeit so or-ganisiert wird, dass der Arzt an keinefesten Arbeitszeiten gebunden ist. Obin diesem Fall das Vorliegen des vier-ten Merkmals der Vorschrift des§ 7 Abs. 4 Satz 1 SGB V vermiedenund damit die Vermutung für dasVorliegen eines abhängigen Beschäf-tigungsverhältnisses ausgeschlossenwerden kann, bleibt dennoch äußerstfraglich und einer Prognose nurschwer zugänglich. Denn letztendlichkommt es auf eine Gesamtschau allerUmstände des Einzelfalles an.

◗ Das dritte und fünfte Merkmal wirdschließlich bei ärztlichen Mitarbeiterregelmäßig nicht von Bedeutungsein.

Fazit für die Praxis

Die Möglichkeit der Anstellung eines ärzt-lichen Mitarbeiters in der Vertragsarztpra-xis ist durch die gesetzlichen Vorgabenübersichtlich und abschließend geklärtworden. Deutlich weniger eindeutig hin-gegen sind die Bestimmungen des Gesetz-gebers für die ärztlichen Mitarbeiter in ei-ner Privatpraxis zu interpretieren. Insbe-sondere die sozialversicherungsrechtlicheRegelung des § 7 Abs. 4 SGB IV wirftsowohl in Bezug auf ihr Verhältnis zumArbeitsrecht als auch hinsichtlich derAnwendung der 5 maßgeblichen Kriterienzahlreiche Rechtsfragen auf. Insoweit istbei der Anstellung eines Arztes als freierMitarbeiter Vorsicht geboten, da durch dasVorliegen einer Scheinselbstsständigkeiteine unter Umständen nicht gewünschteSozialversicherungspflicht eintreten kann,die eine Nachzahlung der Beiträgeerforderlich macht.39

Wegen der unklaren gesetzlichen Kriteriensollten sich die Parteien im Zweifel vorAufnahme der Beschäftigung rechtlichenRat einholen oder das nach § 7a SGB IVmögliche Anfrageverfahren bei der BfAeinleiten, mit dem in Zweifelsfällen einezügige Klärung der Statusfrage aufgrundeiner Gesamtwürdigung aller Umständeerreicht werden soll.

35 Vgl. BT-Drs. 14/45, S. 43; Seewald, in:Kasseler Kommentar, Stand 2000, § 7 SGB IVRn. 207.

36 Vgl. BT-Drs. 14/45, S. 37; Hans, SGb 2000,399, 401.

37 Vgl. Seewald, a.a.O., § 7 SGB IV Rn. 209,210.

38 Vgl. Seewald, a.a.O., § 7 SGB IV Rn. 221;Bieback, SGb 2000, 189, 195.

39 Zu weiteren Konsequenzen Kamps,DÄBL. 96, A-1051.