das klassische hodgkin-lymphom und das nodulär lymphozyten ... · kungen auf 1.000.000 personen...

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10/2018 ONKOLOGIE heute UPDATE: HODGKIN-LYMPHOME 47 Das Hodgkin-Lymphom (HL) ist eine maligne Erkrankung des lymphatischen Systems. Insbesondere junge Erwachsene sind betroffen. Das HL kann aber auch im höheren Lebensalter auftreten. Je nach initialer Stadieneinteilung und risikoadaptierter Stratifizierung basiert die Standardtherapie des HL derzeit noch auf Chemo- und Strahlentherapie. Durch diese stadien- und risikoadaptierte Therapie können heute über 90 % der Patienten langfristig geheilt werden [1–3]. Das HL stellt somit eine der am besten behandelbaren onkologischen Entitäten dar. Weniger gutes Ansprechen hingegen zeigt die Therapie von Patienten, die nach der konventionellen Radio- und Chemotherapie rezidivieren oder so- gar einen refraktären Verlauf zeigen (r/r HL). Chemotherapie ist in diesen Fällen häufig nicht mehr aus- reichend wirksam. Mit einer Rezidiv-Therapie können letztlich nur noch 50 % der Patienten eine kom- plette Remission (CR) für einen längeren Zeitraum erreichen [4, 5]. Nach erneutem Progress sind die Ansprechraten auf eine konventionelle Therapie gering und das Ansprechen ist meist nur von kurzer Dauer [6]. Neue Zulassungen für Immuntherapeutika bieten hier seit Kurzem weitere Therapieansätze mit potentiell kurativem Ansatz. Einteilung Das Hodgkin-Lymphom (HL) wird nach der WHO-Klassifikation unter- teilt in das klassische Hodgkin-Lym- phom (cHL) und das noduläre Lym- phozyten-prädominante Hodgkin- Lymphom (NLPHL). Das NLPHL tritt in nur etwa 5–10 % aller HL-Fälle auf. Das cHL wird histologisch zu- dem in vier Subtypen unterteilt ( Abb. 1, S. 48). Der nodulär-skle- rosierende Typ wird in 65 % der Fäl- le, der Mischtyp in 25 %, der lym- phozytenreiche Subtyp in 4 % und der lymphozytenarme Subtyp in 1 % der Fälle diagnostiziert. Anders als bei der Unterscheidung zwischen cHL und NLPHL hat die histologische Unterteilung des cHL in seine Sub- typen therapeutisch keine Konse- quenz. Einen prognostischen Unter- schied gibt es hinsichtlich des Wachs- tumsmusters beim NLPHL. Patienten mit NLPHL, deren Histologie ein ty- pisches Wachstumsmuster zeigt, er- halten eine bessere Prognose als solche, bei denen ein atypisches Wachstumsmuster nachgewiesen wurde [7]. Epidemiologie Das cHL weist in Deutschland eine Inzidenz von zwei bis drei Neuer- krankungen auf 100.000 Personen pro Jahr auf. Mit einem Verhältnis von 3 : 2 sind Männer häufiger be- troffen. Es stellt bei jungen Erwach- senen eine der häufigsten Krebser- krankungen dar. Das mediane Alter bei Erstdiagnose liegt bei 33 Jahren. Einen zweiten Peak der Häufig- keitsverteilung sieht man um das 65. Lebensjahr. Das NLPHL hingegen weist eine In- zidenz von ein bis zwei Neuerkran- kungen auf 1.000.000 Personen pro Jahr auf. Männer sind dreimal häu- figer betroffen. Das mediane Alter bei Erstdiagnose liegt mit 39 Jahren über dem des cHL. Zwischen den beiden Entitäten ist außerdem ein deutlicher Unterschied bezüglich des Stadiums bei Erstdiagnose zu verzeichnen. Während das cHL nur in 22 % der Fälle bereits im frühen Stadium festgestellt wird, sind es beim NLPHL 63 % aller Patienten, die in einem immer noch frühen Stadium diagnostiziert werden [8]. Pathologie Pathognomonisch für das cHL sind die sogenannten Hodgkin- und Reed- Sternberg-Zellen (H-RS-Zellen), die erstmals 1898 durch Carl Sternberg und 1902 durch Dorothy Reed be- schrieben wurden. Sie machen je- doch nur 1 % des Tumors aus. Haupt- sächlich finden sich bei der Unter- suchung des Tumorinfiltrates T- und B-Lymphozyten, Makrophagen und eosinophile Granulozyten. Sie bil- den das sogenannte Microenviron- ment (ME). Den überwiegenden An- teil des ME bilden CD4-positive T- Zellen, die chemotaktisch in die be- fallenen Lymphknoten einwandern CME Das klassische Hodgkin-Lymphom und das nodulär Lymphozyten-prädominante Hodgkin-Lymphom: Standardtherapie, neue Empfehlungen und Ausblick Ruth Scheuvens, Peter Borchmann Deutsche Hodgkin Studiengruppe (DHSG), Klinik I für Innere Medizin, Universitätsklinikum Köln

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Page 1: Das klassische Hodgkin-Lymphom und das nodulär Lymphozyten ... · kungen auf 1.000.000 Personen pro Jahr auf. Männer sind dreimal häu-figer betroffen. Das mediane Alter bei Erstdiagnose

10/2018 ONKOLOGIE heute

UPDATE: HODGKIN-LYMPHOME 47

Das Hodgkin-Lymphom (HL) ist eine maligne Erkrankung des lymphatischen Systems. Insbesonderejunge Erwachsene sind betroffen. Das HL kann aber auch im höheren Lebensalter auftreten. Je nachinitialer Stadieneinteilung und risikoadaptierter Stratifizierung basiert die Standardtherapie des HLderzeit noch auf Chemo- und Strahlentherapie. Durch diese stadien- und risikoadaptierte Therapiekönnen heute über 90 % der Patienten langfristig geheilt werden [1–3]. Das HL stellt somit eine der ambesten behandelbaren onkologischen Entitäten dar. Weniger gutes Ansprechen hingegen zeigt dieTherapie von Patienten, die nach der konventionellen Radio- und Chemotherapie rezidivieren oder so-gar einen refraktären Verlauf zeigen (r/r HL). Chemotherapie ist in diesen Fällen häufig nicht mehr aus-reichend wirksam. Mit einer Rezidiv-Therapie können letztlich nur noch 50 % der Patienten eine kom-plette Remission (CR) für einen längeren Zeitraum erreichen [4, 5]. Nach erneutem Progress sind dieAnsprechraten auf eine konventionelle Therapie gering und das Ansprechen ist meist nur von kurzerDauer [6]. Neue Zulassungen für Immuntherapeutika bieten hier seit Kurzem weitere Therapieansätzemit potentiell kurativem Ansatz.

Einteilung

Das Hodgkin-Lymphom (HL) wirdnach der WHO-Klassifikation unter-teilt in das klassische Hodgkin-Lym-phom (cHL) und das noduläre Lym-phozyten-prädominante Hodgkin-Lymphom (NLPHL). Das NLPHL trittin nur etwa 5–10 % aller HL-Fälleauf. Das cHL wird histologisch zu-dem in vier Subtypen unterteilt(� Abb. 1, S. 48). Der nodulär-skle-rosierende Typ wird in 65 % der Fäl-le, der Mischtyp in 25 %, der lym-phozytenreiche Subtyp in 4 % undder lymphozytenarme Subtyp in 1 %der Fälle diagnostiziert. Anders alsbei der Unterscheidung zwischencHL und NLPHL hat die histologischeUnterteilung des cHL in seine Sub-typen therapeutisch keine Konse-quenz. Einen prognostischen Unter-schied gibt es hinsichtlich des Wachs-tumsmusters beim NLPHL. Patientenmit NLPHL, deren Histologie ein ty-pisches Wachstumsmuster zeigt, er-halten eine bessere Prognose als

solche, bei denen ein atypischesWachstumsmuster nachgewiesenwurde [7].

Epidemiologie

Das cHL weist in Deutschland eineInzidenz von zwei bis drei Neuer-krankungen auf 100.000 Personenpro Jahr auf. Mit einem Verhältnisvon 3 : 2 sind Männer häufiger be-troffen. Es stellt bei jungen Erwach-senen eine der häufigsten Krebser-krankungen dar. Das mediane Alterbei Erstdiagnose liegt bei 33 Jahren.Einen zweiten Peak der Häufig-keitsverteilung sieht man um das65. Lebensjahr.

Das NLPHL hingegen weist eine In-zidenz von ein bis zwei Neuerkran-kungen auf 1.000.000 Personen proJahr auf. Männer sind dreimal häu-figer betroffen. Das mediane Alterbei Erstdiagnose liegt mit 39 Jahrenüber dem des cHL. Zwischen denbeiden Entitäten ist außerdem ein

deutlicher Unterschied bezüglichdes Stadiums bei Erstdiagnose zuverzeichnen. Während das cHL nurin 22 % der Fälle bereits im frühenStadium festgestellt wird, sind esbeim NLPHL 63 % aller Patienten,die in einem immer noch frühenStadium diagnostiziert werden [8].

Pathologie

Pathognomonisch für das cHL sinddie sogenannten Hodgkin- und Reed-Sternberg-Zellen (H-RS-Zellen), dieerstmals 1898 durch Carl Sternbergund 1902 durch Dorothy Reed be-schrieben wurden. Sie machen je-dochnur1 %desTumorsaus.Haupt-sächlich finden sich bei der Unter-suchung des Tumorinfiltrates T- undB-Lymphozyten, Makrophagen undeosinophile Granulozyten. Sie bil-den das sogenannte Microenviron-ment (ME). Den überwiegenden An-teil des ME bilden CD4-positive T-Zellen, die chemotaktisch in die be-fallenen Lymphknoten einwandern

CME

Das klassische Hodgkin-Lymphom und das nodulärLymphozyten-prädominante Hodgkin-Lymphom:

Standardtherapie, neue Empfehlungen und AusblickRuth Scheuvens, Peter Borchmann

Deutsche Hodgkin Studiengruppe (DHSG), Klinik I für Innere Medizin, Universitätsklinikum Köln

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und sich anschließend rosettenför-mig um die Tumorzellen anordnen.Die Wechselwirkungen zwischenden Tumorzellen und dem ME sindnoch nicht im Detail verstanden,scheinen aber ein essentieller Be-standteil der Pathogenese zu sein[9]. Beim NLPHL findet man histo-pathologisch sogenannte LP-Zellen,für die aufgrund ihres Erscheinungs-bildes durch ihre lobulierten Kernehäufig das Synonym Popcorn-Zellenverwendet wird. Auch bezüglich derExpression bestimmter Oberflächen-

antigene unterscheidet sich das cHLvom NLPHL. Während das cHL haupt-sächlich CD15 und CD30 exprimiert,zeigen die pathognomonischen LP-Zellen des NLPHL eine deutlich ge-steigerte Expression von CD20 undCD79a.

Klinik

Die Patienten stellen sich meist auf-grund einer Lymphknotenschwel-lung vor. Häufigste Manifestations-lokalisation ist zervikal. Die Lymph-knotenschwellungen sind schmerz-

los und können zum Teil undulie-rend sein. Zusätzlich kann beglei-tend eine B-Symptomatik auftreten.B-Symptome umfassen Fieber, wel-ches auch in Form von Pel-Ebstein-Fieber auftreten kann, Nachtschweißmit Wechsel der Wäsche und/oderGewichtsverlust, definiert als Ab-nahme von . 10 % des Körperge-wichts innerhalb der letzten sechsMonate. Charakteristisch sind fürdas HL außerdem das Auftreten ei-nes Pruritus und des sog. Alkohol-schmerzes. Ein Teil der Patienten be-schreiben, dass sie nach dem Genussvon Alkohol Schmerzen in den auf-fälligen Lymphknoten empfinden.Uncharakteristische Laborveränder-ungen wie z. B. eine CRP-Erhöhung,eine Leukozytose mit führenderNeutrophilie und/oder Eosinophiliesind häufig zu beobachten. DieseParameter können jedoch nicht zurDiagnostik oder Verlaufskontrolleherangezogen werden. Eine BSG-Erhöhung hingegen stellt einenRisikofaktor im Rahmen der Risiko-stratifizierung des initialen Stagingsdar.

Diagnostik

Die Diagnose des cHL als auch desNLPHL wird histologisch gestellt.Hierfür sollte eine Exstirpation einesganzen Lymphknotens angestrebtwerden. Das gewonnene Materialmittels Feinnadelaspiration reichthäufig nicht zur Detektion der H-RS-Zellen aus, da diese nur ein geringesAufkommen im Tumorinfiltrat auf-weisen. Bei Unsicherheiten sollte ei-ne referenzpathologische Beurtei-lung angestrebt werden.

Die Stadieneinteilung des cHL undauch des NLPHL zur Bestimmung derLymphomausbreitung und des Vor-handenseins von B-Symptomatik er-folgt anhand der Ann-Arbor-Klassi-fikation (� Abb. 2). Sie soll anhandder Anamnese, körperlichen Unter-suchung und einer Kontrastmittel-verstärkten CT-Aufnahme (ceCT) von

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Abb. 1: Definition der Lymphknoten-Areale und Lymphknoten-Regionen. CAVE: DieDefinition von Lymphknoten-Arealen deckt sich nicht mit der Definition von Lymph-knoten-Regionen nach Ann Arbor, sondern fasst z. T. mehrere Lymphknotenregionenzusammen. Dies ist bei der Bestimmung des Risikofaktors (/ 3 Lymphknoten-Areale)unbedingt zu beachten.

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Hals, Thorax und Abdomen eruiertwerden in Kombination mit einer18F-Fluordesoxyglukose-Positronen-emissionstomographie-Untersuchung(FDG-PET). Eine Risikoklassifikationwird zusätzlich anhand vier definier-ter Risikofaktoren stratifiziert:

1. Dem Vorhandensein eines großenMediastinaltumors, der im Rönt-gen-Thoraxgemessenmindestensein Drittel des Thorax-Durchmes-sers einnehmen muss.

2. Einem Extranodalbefall (E-Befall),deralsein lokalisierterBefall einesextralymphatischen Organs oderals Infiltration eines Lymphkno-tens in ein extralymphatisches Or-gan definiert ist.

3. Einer hohen Blutsenkungs-geschwindigkeit von 50 mm/h. Be-richtetderPatientüberB-Sympto-matik wird eine BSG von 30 mm/hschon als Risikofaktor gewertet.

4. Einem Befall von drei oder mehrLymphknotenarealen. Dabei ist zubeachten, dass die Lymphknoten-areale nicht der Lymphknotenre-gionen aus der Ann-Arbor-Klas-sifikation entsprechen. Ein Arealumfasst teilweise mehrere Lymph-knotenregionen (Vgl. � Abb. 1).

Da eine adäquate Stadieneintei-lung und Risikostratifizierung ent-scheidend für die Therapie ist, solltedas initiale Staging so präzise wiemöglich erfolgen. Daher wird be-reits vor Therapie eine PET/CT-Auf-nahme zur genauen Bestimmungder Befallslokalisationen empfohlen[10, 11]. Der negativ-prädiktive Wertder PET/CT liegt bei 99 %. PositiveBefunde sollten stets ein CT-mor-phologisches Korrelat aufweisen.Fragliche PET-positive Herde solltenklinisch abgeklärt und ggf. biopsiertwerden. Bei Durchführung einerPET/CT-Aufnahme kann außerdemzunächst auf eine Knochenmarks-punktion (KMP) verzichtet werden[12]. Dem Patienten bliebe somitein äußerst unangenehmer Eingriff

erspart. Im Falle einer Knochen-marksbeteiligung stellt sich diesemeist in Form fokaler Läsionen dar,die u. U. bei blinder Punktion ver-fehlt worden wären.

Vor Therapie sollten die Lungen-und Herzfunktion mittels DLCO,Herzecho und EKG ermittelt wer-den. Je nach Stadium bzw. Thera-pieintensität und Patientenwunschsollte dieser in der Reproduktions-medizin vorstellig werden. Hierkönnen fertilitätsprotektive Maß-nahmen, wie z. B. die Kryokonser-vierung von Spermien oder Ovar-gewebe, die ovarielle Stimulationmit Eizellentnahme und die Pro-tektion durch GnRH-Analoga be-sprochen werden. Alle Staging-Un-tersuchungen einschließlich Anam-nese, körperlicher Untersuchung,Labor, ceCT, RÖ-Thorax und PET/CTbzw. KMP sollten innerhalb vonvier Wochen abgeschlossen sein.Bei unklarem extralymphatischemOrganbefall sollen ergänzende Un-tersuchungen wie z. B. eine Sono-graphie oder eine MRT-Aufnahmedurchgeführt werden.

Die Diagnostik und das Staging desNLPHL erfolgt analog zum cHL.

Therapie

Patienten mit cHL oder auch NLPHLsollten − wenn möglich − im Rahmenvon klinischen Studien behandeltwerden.

Standardtherapie für Patienten infrühen und intermediären Stadienist weiterhin eine Kombination ausChemo- mit anschließender konso-lidierender Strahlentherapie. FrüheStadien des cHL werden mit zweiZyklen des ABVD-Schemas (Doxoru-bicin, Bleomycin, Vinblastin, Dacar-bazin) behandelt und es folgt eineBestrahlung aller initial befallenenLokalisationen mit insgesamt 20 Gy[1]. Intermediäre Stadien erhaltenvierZyklenChemotherapie.DieGHSGempfiehlt gemäß der „hit hard andearly“-Strategie zunächst zwei Zy-klen des intensiveren eBEACOPP-Regimes (Bleomycin, Etoposid, Do-xorubicin, Cyclophosphamid, Vin-cristin, Procarbazin und Prednison),anschließend zwei Zyklen ABVD undzuletzt wird konsolidierend mit30 Gy nachbestrahlt [2]. Ältere Pati-enten (. 60 Jahre) hingegen solltenlediglich mit zwei Zyklen ABVD undzwei Zyklen AVD sowie anschlie-ßender 30-Gy-Bestrahlung behan-delt werden. Das intensivere Re-

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Risikofaktoren Modifiziertes Ann-Arbor-Stadium

IA IB, IIA IIB IIIA/B, IVA/B

Keine NLPHL IA: 30 Gy IS-RT Frühe Stadien:

2x ABVD + 20 Gy IS-RTFortgeschrittene

Stadien: PET-2 adaptiert 4x oder 6x eBEACOPP + 30 Gy RT PET-positiver

Reste

> 60 Jahre: 6x A(B)VD + 30 Gy RT

PET-positiver Reste

≥ 3 LK-Areale

Intermediäre Stadien: 2x eBEACOPP + 2x ABVD

+ 30 Gy IS-RT

> 60 Jahre: 4x A(B)VD + 30 Gy IS-RT

Hohe BSG

EN-Befall

Großer Media-stinaltumor

B: B-Symptome; NLPHL: Nodulär Lymphozyten-prädominantes HL; LK: Lymphknoten; BSG: Blutsenkungsgeschwindigkeit > 50 mm/h ohne, > 30 mm/h mit B-Symptomen; EN: Extrano-dal; Großer Mediastinaltumor: Tumor > 1/3 des Thoraxdurchmessers im Röntgenbild oder CT

Abb.2:EinteilungnachRisikogruppen inderErstlinientherapiedesHodgkin-Lymphoms.

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gime eBEACOPP sollte bei Patien-ten, die älter als 60 Jahre sind hin-sichtlich des Nutzen-Risiko-Profilsnicht mehr eingesetzt werden. Eben-so sollte Bleomycin bei älteren Pa-tienten in nicht mehr als zwei Zy-klen verabreicht werden, da mit ei-ner erhöhten Lungentoxizität zurechnen ist [13].

Für fortgeschrittene Stadien gibtes aktuell einen neuen Standard,der auf der Idee basiert, das An-sprechen im Verlauf als Parameterfür die individuell erforderlicheTherapieintensität zu verwenden.In der HD18-Studie für HL im fort-geschrittenen Stadium wurde einePET/CT-AufnahmenachzweiZykleneBEACOPP eingeführt. Patientenmit PET-negativem Befund (Deau-ville-Score I 4 definiert als Tracer-Uptake unterhalb des Uptakes derLeber) wurden zufällig auf zweiArme verteilt. 504 Patienten erhiel-ten 6–8 Zyklen eBEACOPP und 501Patienten wurden im experimen-tellen Arm mit nur vier ZykleneBEACOPP behandelt. Das 5-Jahres-progressionsfreie Überleben in denbeiden Armen betrug 90,8 % und92,2 %. Außerdem litten Patienten,die im Vergleich zum Standardarmmit 6−8 Zyklen eBEACOPP nur vierZyklen eBEACOPP erhielten, unterzahlenmäßig weniger schweren In-fektionen (15 % vs. 8 %) und weni-ger Organ-Toxizität (18 % vs. 8 %).Aufgrund gleich guter Wirksamkeitund deutlich verbessertem Neben-wirkungsprofil bei PET-2-negativemBefund und vier Zyklen eBEACOPPgilt als neuer Standard die PET-2-gesteuerte Therapie des HL im fort-geschrittenen Stadium. Patientenmit PET-2-positivem Befund wer-den weiterhin mit sechs ZykleneBEACOPP therapiert. Ob eine Be-strahlung indiziert ist, wird im Ab-schluss-Staging bestimmt. In fortge-schrittenen Stadien werden nurPET-positive Restbefunde nachbe-strahlt. Eine PET/CT-Aufnahme soll-

te mindestens dann durchgeführtwerden, wenn Reste . 1,5 cm imceCT nachzuweisen sind.

Das NLPHL wird prinzipiell analogdem cHL therapiert. Eine Ausnahmebildet das NLPHL im Stadium IAohne Risikofaktoren. Bei Befall ei-ner einzelnen Lymphknotenregiondurch ein NLPHL kann diese aus-schließlich mit 30 Gy bestrahlt wer-den [14, 15].

Das NLPHL zeigt generell ein weni-ger aggressives Wachstum und auchweniger Spätrezidive. Daher gilt esals prognostisch günstiger. Dennochbeobachtet man bei einem geringenTeil der NLPHL eine Transformationin ein aggressiveres B-NHL [16].

Second-line Therapie des cHLDie Erstlinientherapie des HL istsehr effektiv und mit den Konzeptender GHSG können etwa 90 % derPatienten dauerhaft geheilt werden[1, 2, 15, 17]. Dennoch kann das Lym-phom bei einigen Patienten rezi-divieren, ohne dass dies mittels eta-blierter klinischer Risikofaktorenvorhergesagt werden könnte. DieStandardtherapie im Rezidiv jungerPatienten, die sich für eine Hoch-dosis-Chemotherapie (HDCT) mit an-schließender autologer Stammzell-transplantation (APBSCT) qualifizie-ren, besteht aus aggressiveren Sal-vage-Therapieschemata, wie bspw.zwei Zyklen des DHAP-Regimes (De-xamethason, Hochdosis-Ara-C, Cis-platin) mit anschließender BEAM-Hochdosis-Chemotherapie (BCNU,Etoposid, Cytarabin, Melphalan).Auch wenn mit dieser sehr intensi-ven Therapie ein potentiell kurativerAnsatz verfolgt wird [4, 5], könnennur ca. 50 % aller Patienten dauer-haft geheilt werden [18].

Ziel einiger Studien war es, Hochrisi-ko-Patienten zu identifizieren, umin der Folge durch Therapieerweite-rung ein besseres Outcome zu errei-

chen. Die AETHERA-Studie testeteBrentuximab-Vedotin (BV) als Kon-solidierung nach APBSCT [19]. Hoch-risiko-PatientenwurdendefiniertalsPatienten mit primär refraktäremHL, einem Frührezidiv (I 12 Monatenach Ende der Erstlinientherapie)oder Extranodalbefall im Rezidiv.Das mediane progressionsfreie Über-leben (PFS) zeigte einen signifikan-ten Vorteil für die Konsolidierungs-therapie mit BV gegenüber Placebo(42,9 vs. 24,1 Monate). BV ist somitindiziert bei Hochrisiko-Patientenzur Konsolidierung nach einer HDCTmit APBSCT.

Bei Auftreten eines erneuten Rezi-divs oder bei refraktärer Erkrankunggalt die Prognose dieser Patientenbis vor wenigen Jahren als äußerstungünstig.

Third-line Therapie des cHLBrentuximab-Vedotin (BV) ist ein An-tikörper-Wirkstoff-Konjugat (AWK).Es besteht aus einem gegen CD30gerichteten monoklonalen Immun-globulin,anwelchesdaszytotoxischeMonomethylauristatin E (MMAE) ko-valent gebunden ist. Bindet das AWKan eine Tumorzelle, so wird es indie Zelle aufgenommen und MMAEkann nach proteolytischer Abspal-tung vom Komplex gezielt seineApoptose-induzierende Wirkung ent-falten. Das Antigen CD30 wird insbe-sondere beim cHL überexprimiert[20] und macht somit eine Bindungvon BV vorzugsweise an H-RS-Zellenmöglich.

BV wurde in intensiv vorbehandeltenPatienten mit einem Rezidiv nachHDCT getestet [21, 22]. In zwei Phase-II-Studien in r/r HL zeigten 34 % bzw.33 % der Patienten eine CR und 40 %bzw. 38 % eine PR nach der Behand-lung mit BV. Etwa 10 % dieser Patien-ten können langfristig geheilt wer-den. BV ist daher bei der Behandlungvon erwachsenen Patienten mit rezi-diviertem oder refraktärem CD30-po-

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sitivem HL nach einer APBSCT odernach mindestens zwei vorangegan-genen Therapien zugelassen, wenneineAPBSCTodereineKombinations-chemotherapie nicht als Behand-lungsoption in Frage kommt.

Das Nebenwirkungsprofil von BV istgünstig. Dennoch stellen Neutrope-nien und periphere Neuropathienhäufig beschriebene und klinisch re-levante Nebenwirkungen dar [21].

BV wird in einer Dosierung von1,8 mg/kg Körpergewicht alle dreiWochen für 16 Zyklen verabreicht.

Fourth-line Therapie des cHLTumorzellen können einen Immun-checkpoint-Signalweg nutzen, umder Elimination durch das eigene Im-munsystem zu entkommen. Immun-checkpoint-Inhibitoren (z. B. anti-PD-1-Antikörper) verhindern durch Blo-ckade von PD-1 auf T-Zellen die Bin-dung des Liganden PD-L1 der Tu-morzellen, reaktivieren T-Zellen undermöglichen somit erneut die T-Zell-vermittelteZelllysederTumorzellen.

Beim cHL exprimieren die H-RS-Zel-len vermehrt PD-L1 auf ihrer Zell-oberfläche. Diese Überexpressionist meist bedingt durch eine aber-rante Amplifikation eines geneti-schen Abschnitts auf Chromosom9p24.1 [23]. Darüber hinaus werdenEBV-assoziierte Transkriptionsfak-toren als Ursache diskutiert [24].

NivolumabNivolumab, ein anti-PD-1-Antikör-per, wurde zunächst in der klini-schen Phase-Ib-Studie CheckMate-039 getestet. Mit einer objektivenAnsprechrate (ORR) von 87 % zeig-ten 17 % der insgesamt 23 Patien-ten in dieser Studie eine komplette(CR) und 70 % eine partielle Remis-sion (PR) [25]. In der Phase-II-StudieCheckMate-205 zeigten Patientenmit r/r HL nach einem Jahr ein PFSvon 54,6 % und ein Gesamtüberle-

ben (OS) von 94,9 % [26]. SpätereAuswertungen zeigten unabhängigvon einer BV-Vorbehandlung hoheAnsprechraten (ORR) in allen Kohor-ten: Die ORR lag bei 65 % in BV-naiven Patienten (Kohorte A), bei68 % in Patienten, die mit BV nachAPBSCT behandelt wurden (Kohor-te B) und bei 73 % in Patienten mitBV-Therapie vor/nach APBSCT (Ko-horte C). Eine CR zeigte sich bei29 %, 13 % und 12 % der Patienten.Das mediane PFS für alle 3 Kohortenbei CR lag bei . 17 Monaten [27].

Nivolumab wurde im Mai 2016 vonder Food and Drug Administration(FDA) und im Oktober 2016 von derEuropäischen Arzneimittel-Agentur(European Medicines Agency; EMA)für die Therapie von Patienten mitcHL, die einen Progress oder ein Re-zidiv nach der Behandlung mitAPBSCT und BV erlitten haben, zu-gelassen und wird mit 3 mg/kg allezwei Wochen über einen Zeitraumvon 60 Minuten infundiert.

In der CheckMate-205 wurden au-ßerdem Daten zur Lebensqualitätmithilfe von zwei Fragebögen „Eu-ropean Organisation of Researchand Treatment of Cancer Quality-of-Life Questionnaire – Core 30“(EORTX-QLQ-C30) und „EuroQolFive Dimensions Questionnaire“(EG-5D) erhoben. Patienten berich-teten eine signifikante Verbesse-rung ihrer Symptomatik hinsicht-lich Fatigue, Dyspnoe, Gewichts-verlust, körperlicher Funktion undAllgemeinzustand [28].

PembrolizumabIn der klinischen Phase-Ib-StudieKEYNOTE-013 wurde Pembrolizu-mab, ebenfalls ein anti-PD-1-Anti-körper, hinsichtlich Sicherheit undWirksamkeit geprüft. Eingeschlos-sen wurden Patienten mit r/r HL, diewährend oder nach einer BV-Thera-pie progredient waren. Keine Grad-4-Toxizitäten oder therapiebezoge-

nen Todesfälle wurden beobachtet.Mit einer ORR bei 65 % zeigten 16 %der Patienten eine CR und 48 % einePR. Das PFS lag bei 69 % nach 24 undbei 46 % nach 52 Wochen [29]. In derPhase-II-Studie KEYNOTE-087 wur-den Patienten nach APBSCT und BV(Kohorte 1), Patienten nach Salvage-Therapie sowie BV, aber APBSCT-ungeeignet (Kohorte 2) und Patien-ten nach APBSCT ohne BV-Therapie(Kohorte 3) eingeschlossen. Die ORRlag bei 69 % mit einer CRR von22,4 %. Das Therapieansprechen aufPembrolizumab schien unabhängigvon einer vorausgegangenen BV-Therapie zu sein. Es wurde auch keinTodesfall im Zusammenhang mitPembrolizumab beschrieben [30]. ImMai 2017 erhielt Pembrolizumab dieEU-Zulassung für erwachsene Pati-enten mit r/r HL nach Versagen einerAPBSCT und BV oder nach Versageneiner BV-Monotherapie, wenn derPatient nicht für eine APBSCT in Fra-ge kommt. Das Medikament wirdalle drei Wochen in einer Dosierungvon 200 mg bis zum Progress oderdem Auftreten nicht zumutbarerNebenwirkungen verabreicht.

Rezidivtherapie des NLPHLDie Rezidivtherapie des NLPHL istabhängig vom Auftreten (Früh-oder Spätrezidiv), Stadium und An-zahl des Rezidivs. Weitere zu be-rücksichtigende Faktoren sind Alterund Allgemeinzustand des Patien-ten, Vortherapien und Risikofak-toren wie u. a. BSG-, LDH-Erhöhungoder B-Symptomatik. Prinzipiell isteine HDCT mit ASCT bei jungenund fitten Patienten analog descHL indiziert. Da das NLPHL in derRegel jedoch eine geringere Tumor-masse und eine geringere Wachs-tumsdynamik aufweist, ist im Ein-zelfall unklar, ob eine solch aggres-sive Therapie wirklich nötig ist. EineCombined Modality Therapy (CMT)aus Rituximab und Chemotherapie(BR, R-CVP [31]) oder Bestrahlungsind je nach Situation auch möglich.

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UPDATE: HODGKIN-LYMPHOME52

Ausblick

Die First-line-Therapie sowohl descHL als auch des NLPHL, bestehendaus Chemotherapie-Schemata undggf. konsolidierender Bestrahlung,zielt zwar auf die Kuration einersonst letalen Tumorerkrankung ab,kann aber aufgrund der Intensitätder Therapie zu relevanten Kurz-und Langzeit-Folgen führen. Haupt-ziel der laufenden Studien in derFirstline-Therapie ist es daher, diegute Wirksamkeit zu erhalten unddie Nebenwirkungsrate zu senken.

Hinsichtlich des cHL wurden die neu-en Immuntherapeutika aufgrundihres besseren Nebenwirkungsprofilsim Vergleich zur klassischen Chemo-therapie, und ihrer in ersten Studi-en nachgewiesenen guten Wirksam-keit zur Behandlung des r/r HL zu-gelassen (Brentuximab Vedotin [BV]in 2012, Nivolumab in 2016 undPembrolizumab in 2017). Vielver-sprechende Daten der Rezidivthera-pien lassen auf neue Kombinations-möglichkeiten auch für die Erst- undZweitlinientherapie hoffen.

Die DHSG testet derzeit in der HD21-Studie (NCT02661503) BV in Kombi-nation mit einem modifizierten Che-motherapie-Regime in der Erstlini-entherapie von Patienten mit fort-geschrittenen Stadien, die jünger als60 Jahre sind. In dieser Studie wirddie Standardtherapie (PET-2 gesteu-ert 4–6x eBEACOPP) mit dem Kom-binationsschema BrECADD (BV, Eto-posid, Cyclophosphamid, Doxorubi-cin, Dacarbazin und Dexamethason)verglichen. In einer großen Phase-II-Studie wurde BrECADD bereits ge-testet und zeigte vielversprechendeErgebnisse hinsichtlich Sicherheitund Wirksamkeit [32]. Aufgrund derbekannten Nebenwirkungen von BV,z. B. der Entwicklung von Polyneuro-pathien und pulmonaler Toxizität,wurde in BrECADD auf Vincristinund Bleomycin verzichtet. Ziel derStudie ist es, die Nicht-Unterlegen-

heit der Wirksamkeit von BrECADDgegenüber eBEACOPP und außer-dem ein insgesamt günstigeres Ne-benwirkungsprofil durch wenigerHämato- und Organtoxizität vonBrECADD zu zeigen.

Für Patienten, die älter als 60 Jahresind, existiert derzeit keine Stan-dardtherapie. Etablierte Schematafür jungeundfittePatienten, sind indiesem Kollektiv nicht (eBEACOPP)oder nur sehr eingeschränkt (ABVD)machbar. Demzufolge ist das Out-come dieser Patienten selbst in derFirstline relativ schlecht [33, 34]. Inder B-CAP-Studie (NCT02191930)haben genau diese Patienten dieMöglichkeit, mit BV behandelt zuwerden. Im B-CAP-Arm erhalten sieeine Kombination aus BV und ei-nem modifizierten CHOP-Regime(B-CAP; BV, Cyclophosphamid, Do-xorubicin, Prednison). Patienten, dienicht Chemotherapie-fähig sind, ha-ben die Möglichkeit im Rahmen derStudie eine BV-Monotherapie zuerhalten.

In der NIVAHL-Studie (NCT03004833),eine Phase-II-Studie der DHSG, wirdin der Erstlinientherapie für inter-mediäre Stadien Nivolumab in Kom-bination mit AVD getestet. Auch indieser Studie wird aufgrund des er-höhten Risikos für Pneumonitidenbei einer Therapie mit Nivolumabauf Bleomycin verzichtet. Mithilfeverschiedener Behandlungsarme(simultane oder versetzte Gabe desAntikörpers Nivolumab und der Che-motherapie AVD) und intensiverBegleitforschung soll außerdem einbesseres Verständnis für den Wirk-mechanismus geschaffen werden.

Nach einem Progress eines r/r HL un-ter Nivolumab könnte ein erneutesAnsprechen auf die Antikörper-therapie durch zusätzliche Bestrah-lung erzielt werden. Die Rationalefür dieses Konzept bildet der sog.Abscopal-Effekt: Die Bestrahlung

induziert den Zelltod der Tumorzel-len und führt somit zur Freisetzungund Präsentation neuer Tumor-Antigene und entsprechender An-griffspunkte für zytotoxische T-Zel-len. Die DHSG plant eine Studie fürgenau diese Patienten mit r/r HLnach bereits erfolgter Therapie mitBV und Nivolumab.

In der IRENO-Studie (NCT02626884)wird der Einsatz des oralen Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitors (BTK-Inhi-bitor) Ibrutinib getestet. Durch Wir-kung auf den B-Zellrezeptor (CD79a),den LP-Zellen konsistent exprimie-ren, und folglich veränderter Aus-schüttung Proliferations-relevanterZytokine, beeinflusst Ibrutinib dasTumorwachstum. Die orale Thera-pie mit Ibrutinib zeigte bereits beider chronisch lymphatischen Leu-kämie (CLL) und beim Mantelzell-lymphom (MCL) vielversprechendeErgebnisse und wurde entspre-chend für diese Indikationen zuge-lassen.

Ziel der Studie ist es, NLPHL-Patien-tin mit einem eher indolenten Ver-lauf und geringer Tumormasse, eineunnötig aggressive Therapie mit po-tentiell schweren Kurz- und Lang-zeit-Nebenwirkungen zu ersparen.

Zusammenfassung

Die Zulassungen neuer Agenzienhaben die Therapieoptionen desr/r HL bereits revolutioniert. Inwie-fern diese Wirkstoffe auch in ande-ren Settings einsetzbar sind, wer-den die aktuell laufenden Studienzeigen. Sie scheinen aber das Poten-tial zu haben, die derzeitige Stan-dardtherapie für HL-Patienten we-sentlich zu verändern.

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10/2018 ONKOLOGIE heute

UPDATE: HODGKIN-LYMPHOME 53

Dr. Ruth Scheuvens

Prof. Dr.Peter Borchmann

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Korrespondenzadresse:Dr. Ruth Maria Christine ScheuvensStudienärztin der Deutschen HodgkinStudiengruppe (DHSG)Assistenzärztin der Klinik I für InnereMedizinUniversitätsklinikum Köln (AöR)Kerpener Str. 6250937 Kö[email protected]

Prof. Dr. Peter BorchmannCo-Chairman der Deutschen HodgkinStudiengruppe (DHSG)Oberarzt der Klinik I für Innere MedizinUniversitätsklinikum Köln (AöR)Kerpener Str. 6250937 Köln

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