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105 Computerbasierte Intelligenzförderung Empirische Sonderpädagogik, 2011, Nr. 2, S. 105-120 Computerbasierte Intelligenzförderung mit den „Denkspielen mit Elfe und Mathis“ – Vorstellung und Evaluation eines Computerprogramms für Vor- und Grundschüler Alexandra Lenhard 1 , Wolfgang Lenhard 2 1 Psychometrica – Institut für psychologische Diagnostik, Dettelbach; 2 Julius-Maximilians-Universität, Würzburg Unter induktivem Denken versteht man das Erkennen von Regelhaftigkeiten. Es stellt einen wichti- gen Aspekt der allgemeinen Intelligenz dar. Die Denkspiele mit Elfe und Mathis sind ein Computer- programm zur Förderung des induktiven Denkens von Vor- und Grundschulkindern. Zur Überprü- fung der Wirksamkeit durchliefen 12 Förderschüler der zweiten Klassenstufe dieses Programm, wäh- rend 18 Kinder einer Kontrollgruppe in der gleichen Zeit Unterricht nach Wochenplan erhielten. Kinder der Experimentalgruppe verbesserten sich durch die Förderung signifikant stärker in der flui- den Intelligenz als Kinder der Kontrollgruppe. Die besten Fördereffekte zeigten dabei Kinder, die vor dem Förderzeitraum besonders niedrige Werte in der fluiden Intelligenz aufwiesen. Hinsichtlich der Auswirkung auf sprachliche Intelligenzleistungen konnten keine Unterschiede zwischen den Grup- pen festgestellt werden. Schlüsselwörter: fluide Intelligenz, Vorschule, Grundschule, computerbasiertes Training Computer Based Intelligence Training with „Denkspiele mit Elfe und Mathis [Thinking Games with Elfe und Mathis]“ – Presentation and Evaluation of a Computer Program for Preschool and Elementary School Inductive reasoning is a process in which regularities are detected. It constitutes a vital part of our general intelligence. “Thinking Games with Elfe und Mathis” is the name of a computer program that is aimed at enhancing inductive reasoning skills in pre- and elementary school children. To test its efficacy, 12 second graders from a special school for students with severe learning difficulties were trained with this software, while 18 comparable subjects of a control group received instructi- on according to an educational concept called “weekly plans”. After the intervention, the children in the experimental group outperformed the children in the control group in their fluid intellectual ability. The greatest improvements were achieved by those subjects, who showed a comparatively low fluid intelligence level before the training. However, the two groups showed no differences in their verbal intelligence after the intervention. Key words: fluid intelligence, preschool, elementary school, computer based training

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Page 1: Computerbasierte Intelligenzförderung mit den „Denkspielen ... · 1 Das ursprüngliche Konzept der fluiden Intelligenz nach Cattell (z. B. Cattell, 1963) konzentriert sich zwar

105Computerbasierte Intelligenzförderung

Empirische Sonderpädagogik, 2011, Nr. 2, S. 105-120

Computerbasierte Intelligenzförderung mit den „Denkspielen mit Elfe und Mathis“ –Vorstellung und Evaluation eines Computerprogramms

für Vor- und GrundschülerAlexandra Lenhard1, Wolfgang Lenhard2

1Psychometrica – Institut für psychologische Diagnostik, Dettelbach; 2Julius-Maximilians-Universität, Würzburg

Unter induktivem Denken versteht man das Erkennen von Regelhaftigkeiten. Es stellt einen wichti-gen Aspekt der allgemeinen Intelligenz dar. Die Denkspiele mit Elfe und Mathis sind ein Computer-programm zur Förderung des induktiven Denkens von Vor- und Grundschulkindern. Zur Überprü-fung der Wirksamkeit durchliefen 12 Förderschüler der zweiten Klassenstufe dieses Programm, wäh-rend 18 Kinder einer Kontrollgruppe in der gleichen Zeit Unterricht nach Wochenplan erhielten.Kinder der Experimentalgruppe verbesserten sich durch die Förderung signifikant stärker in der flui-den Intelligenz als Kinder der Kontrollgruppe. Die besten Fördereffekte zeigten dabei Kinder, die vordem Förderzeitraum besonders niedrige Werte in der fluiden Intelligenz aufwiesen. Hinsichtlich derAuswirkung auf sprachliche Intelligenzleistungen konnten keine Unterschiede zwischen den Grup-pen festgestellt werden.

Schlüsselwörter: fluide Intelligenz, Vorschule, Grundschule, computerbasiertes Training

Computer Based Intelligence Training with „Denkspiele mit Elfe und Mathis [Thinking Games with Elfe und Mathis]“ – Presentation and Evaluation of a Computer Program for Preschool and Elementary School

Inductive reasoning is a process in which regularities are detected. It constitutes a vital part of ourgeneral intelligence. “Thinking Games with Elfe und Mathis” is the name of a computer programthat is aimed at enhancing inductive reasoning skills in pre- and elementary school children. To testits efficacy, 12 second graders from a special school for students with severe learning difficulties were trained with this software, while 18 comparable subjects of a control group received instructi-on according to an educational concept called “weekly plans”. After the intervention, the childrenin the experimental group outperformed the children in the control group in their fluid intellectualability. The greatest improvements were achieved by those subjects, who showed a comparativelylow fluid intelligence level before the training. However, the two groups showed no differences intheir verbal intelligence after the intervention.

Key words: fluid intelligence, preschool, elementary school, computer based training

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Die allgemeine Intelligenz ist das am inten-sivsten untersuchte Persönlichkeitsmerkmalder Psychologie (vgl. Rost, 2009). Sie stelltnicht nur den besten Prädiktor für schulische(z. B. Fraser, Walberg, Welch & Hattie, 1987;Helmke & Weinert, 1997; Leeson, Ciarrochi& Heaven, 2008; Lubinski, 2004; F.M. Spi-nath, B. Spinath & Plomin, 2008, vgl. Rost,2009), akademische (z. B. Lubinski, 2004)und berufliche (z. B. Barrett & Depinet, 1991;vgl. Rost, 2009) Leistungen dar. Vielmehr be-einflusst sie weite Bereiche des Lebens, wiez. B. den sozioökonomischen Status, die De-linquenz, die Partnerwahl, die Gesundheits-fürsorge, die Lebensqualität und die psy-chische Entwicklung (für ausführliche Über-sichten siehe Lubinski, 2004, und Rost,2009). So kommt z. B. Meehl (1993, zitiertnach Lubinski, 2004) zu der Schlussfolgerung“We tend to think of general intelligence as ifit only operated in educational and vocatio-nal contexts, yet it saturates almost every-thing we do.”

Obwohl die allgemeine Intelligenz alspsychometrisches Konstrukt gut zu fassen ist(Gottfredson, 1997), erscheint es schwierig,eine prägnante verbale Beschreibung dafürzu finden. Allerdings nimmt sowohl bei Laienals auch bei Experten das logische Schlussfol-gern einen wichtigen Platz innerhalb der Um-schreibungen von Intelligenz ein (Rost,2009). So steht beispielsweise in einem Leit-artikel, der 1997 vom who-is-who der interna-tionalen Intelligenzforscher unterzeichnetwurde, die Fähigkeit zum schlussfolgerndenDenken (engl.: „reasoning“) an erster Stelleeiner verbalen Intelligenzdefinition:

Intelligence is a very general mental capa-bility that, among other things, involvesthe ability to reason, plan, solve problems,think abstractly, comprehend complex ide-as, learn quickly and learn from experi-ence. It is not merely book learning, a nar-row academic skill, or test-taking smarts.Rather, it reflects a broader and deeper ca-pability for comprehending our surroun-

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dings - “catching on”, “making sense” ofthings, or “figuring out” what to do. (Gott-fredson, 1997)

Auch in Intelligenztests nimmt dasschlussfolgernde Denken eine wichtige Stel-lung ein. Genauer gesagt handelt es sich umeine spezielle Form des Schlussfolgerns, dasfür die Psychometrie hauptsächlich von Be-deutung ist, nämlich das induktive Schlussfol-gern. Darunter versteht man im Gegensatzzum deduktiven Schlussfolgern den Schlussvon Einzelfällen auf allgemeine Gesetzmäßig-keiten oder – etwas allgemeiner ausgedrückt– das Erkennen von Regelhaftigkeiten. DieFähigkeit, Aufgaben zu lösen, die induktivesSchlussfolgern erfordern, wird dabei in derRegel als Indikator für die fluide Intelligenzbetrachtet, die ihrerseits hoch mit der allge-meinen Intelligenz korreliert. Deshalb greifenfast alle Autoren von Intelligenztests auf sol-che Aufgaben zurück. Einige klassische Intel-ligenztests, wie beispielsweise der CultureFair Test von Cattell (z. B. Weiß, 2006), ent-halten sogar ausschließlich Aufgaben des in-duktiven Denkens. In anderen bedeutendenVerfahren wie dem WISC (deutsch als HA-WIK-IV von F. Petermann & U. Petermann,2007) und dem K-ABC (K-ABC II von A. S.Kaufman & N. L. Kaufman, 2004) wurde derStellenwert des induktiven Denkens in denzuletzt erschienenen Ausgaben gegenüberden Vorgängerversionen erhöht.

Obwohl Aufgaben des induktiven Den-kens in Intelligenzverfahren in ganz unter-schiedlicher Erscheinung dargeboten werden(vgl. dazu auch A. Lenhard, W. Lenhard &Klauer, im Druck), lässt sich feststellen, dasssich alle diese Aufgaben anhand dreier Para-meter einordnen lassen. Diese drei Parame-ter hat Klauer (1989) in einer einflussreichenSystematik des induktiven Denkens ausführ-lich beschrieben. Abbildung 1 zeigt den voll-ständigen Definitionssatz zum induktivenDenken nach Klauer.

Demzufolge besteht der Kernprozess desinduktiven Denkens immer im Vergleich. Ge-

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genstand des Vergleiches können dabei ent-weder Merkmale von Objekten oder Relatio-nen zwischen Objekten sein. Um Regelhaf-tigkeiten festzustellen, muss zwischen denMerkmalen oder Relationen Gleichheit oderVerschiedenheit festgestellt werden. Werdenmehrere Merkmale oder Relationen parallelmiteinander verglichen, so kann auch hin-sichtlich einiger der Merkmale oder Relatio-nen Gleichheit, zwischen anderen hingegenVerschiedenheit bestehen. Als weitere Facet-te des induktiven Denkens kommt hinzu,dass Vergleiche von Merkmalen und Relatio-nen an ganz verschiedenen Materialiendurchgeführt werden können. Dass das Er-kennen von Regelhaftigkeiten an unterschied-lichem Material tatsächlich unterschiedlicheFacetten der kognitiven Leistungsfähigkeitdarstellt, wurde in wissenschaftlichen Unter-suchungen immer wieder belegt (z.B. Jäger,1982; Jäger, 1984; Schulze, Beauducel &Brocke, 2005). Die Einteilung der Materialfa-cette muss dabei nicht zwingend der Defini-tion von Klauer (1989) folgen. In den Fakto-renanalysen von Jäger (1982; 1984) ergabensich für Intelligenzaufgaben nur drei Inhalts-faktoren, nämlich figural-bildhaft, numerisch

und verbal. Die Untersuchung von Schulze et

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al. (2005) legt hingegen nahe, dass zwischenabstraktem und konkretem Bildmaterial un-terschieden werden sollte. Lässt man also dieMaterialfacette einmal außer Acht, so erge-ben sich 2 (Merkmale vs. Relationen) x 3(Gleichheit vs. Verschiedenheit vs. Gleichheitund Verschiedenheit), also sechs verschiede-ne Aufgabenklassen des induktiven Denkens.Tabelle 1 enthält eine Auflistung dieser Auf-gabenklassen. Angegeben ist außerdem, inwelchen Intelligenztests solche Aufgaben je-weils verwendet werden.

Trainierbarkeit von induktivemDenkenInduktives Denken bzw. fluide Intelligenz1

stellt also eine maßgebliche Facette der allge-meinen Intelligenz dar, welche wiederum einwichtiger Prädiktor für verschiedene Leistun-gen des täglichen Lebens, vor allem aberauch für den Schulerfolg ist. Insofern stelltsich natürlich die Frage, ob man abgesehenvon inhaltsspezifischen Fördermaßnahmen –also z. B. Mathematik- oder Rechtschreibtrai-nings – nicht auch fluide Intelligenz trainierenund damit gegebenenfalls sogar den Schul-

Abb. 1: Definitionssatz zum induktiven Denken nach Klauer.

1 Das ursprüngliche Konzept der fluiden Intelligenz nach Cattell (z. B. Cattell, 1963) konzentriert sich zwar nichtexplizit auf das induktive Schlussfolgern, in der Psychometrie wird allerdings fluide Intelligenz quasi ausschließ-lich mit Aufgaben des induktiven Denkens erfasst. Eine Trennung der beiden Konzepte erscheint deshalb nichtsinnvoll (vgl. "jangle fallacy", Lubinski, 2004).

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erfolg verbessern kann. Schaut man in die Re-gale der Buchhandlungen und Spielwarenlä-den, so findet man zumindest etliche Produk-te, die in dieser Richtung Erfolg verheißen,darunter auch so außergewöhnliche Titel wie„Klug durch Origami: Förderung der Intelli-genz durch asiatische Faltkunst“ (Joosten,2007). Der Wirksamkeitsnachweis fehlt aller-dings bei fast allen diesen Programmen.Auch viele Fachleute stehen dem Versuch, In-telligenz systematisch zu fördern, eher skep-tisch gegenüber (vgl. Rost, 2009, S. 251f).

Trotzdem wurde in jüngerer Zeit wieder-holt der Versuch unternommen, die fluide In-telligenz indirekt durch ein Training des Ar-beitsgedächtnisses zu steigern (z. B. Jaeggi,Buschkühl, Janides & Perrig, 2008; Karbach,2008). Dabei gelang es tatsächlich nicht nur,das Arbeitsgedächtnis zu verbessern, son-dern nach den Trainingseinheiten wurdenauch höhere Werte bei Tests der fluiden Intel-ligenz erzielt. Allerdings erfassten die For-

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scher jeweils nur Kurzzeiteffekte der Trai-ningsmaßnahmen. Ob sich die Effekte auchüber einen längeren Zeitraum als substantiellerweisen, müsste also erst noch gezeigt wer-den.

Andere Förderprogramme zielen hinge-gen direkt auf die fluide Intelligenz ab. So er-schien beispielsweise bereits in den 90er Jah-ren das Programm DenkMit (Sydow & Mein-cke, 1994). Bei diesem Programm lernen Vor-schulkinder anhand von anschaulichem Bild-material, Relationen zwischen zwei Objektenauf neue Objektpaare zu übertragen. Es han-delt sich dabei also um einfache Analogieauf-gaben. In einer eigenen Untersuchung wiesSydow (Sydow & Schmude, 2001) auch 12Wochen nach Ende der Förderung noch po-sitive Effekte auf die Leistung beim CFT 1nach. Das Programm ist allerdings nicht mehrauf dem Markt erhältlich.

Wesentlich umfangreicher evaluiert alsdas DenkMit-Programm wurden die Denk-

Tab. 1: Kernaufgaben des induktiven Denkens

Aufgabenklasse Festzustellen ist… Aufgabenformen Testverfahren

Generalisierung (GE) Gleichheit von Merk-malen

Klassen bilden, Klas-sen ergänzen

IST 2000R, HAWIKIV, KFT, MIT, PSB, BIS

Diskrimination (DI) Verschiedenheit vonMerkmalen

Unpassendes strei-chen

CFT 20 R, CFT 3,MIT, LPS, KABC-II,BIS

Beziehungserfassung(BE)

Gleichheit von Rela-tionen

Folgen ergänzen, Fol-gen ordnen, einfacheAnalogie

CFT 20R mit ZF, CFT3, IST 2000R, KABC-II, MIT, HAWIK IV,HAWIK III, KABC,KFT, BIS

Beziehungsunter-scheidung (BU)

Verschiedenheit vonRelationen

Gestörte Folge LPS

Kreuzklassifikation(KK)

Gleichheit und Ver-schiedenheit vonMerkmalen

Vierfelderschema,Sechsfelderschema

RPM

Systembildung (SB) Gleichheit und Ver-schiedenheit von Re-lationen

Matrix, vollständigeAnalogie

RPM, CFT 20R, CFT3, HAWIK IV

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trainings nach Klauer (Klauer, 1989, 1991 &1993; Marx & Klauer, 2009a, 2009b). Dieeinzelnen Versionen fußen dabei jeweils aufder Definition des induktiven Denkens nachKlauer, wie sie weiter oben vorgestellt wurde.Die ursprünglichen Varianten des Denktrai-nings (Klauer, 1989, 1991 & 1993), die fürKinder verschiedener Altersstufen konzipiertsind, enthalten jeweils 120 Aufgaben, diesich gleichmäßig auf die sechs verschiedenenAufgabenklassen nach Klauer verteilen. Kin-der üben dabei nicht nur das Lösen der Auf-gaben, sondern lernen auch sukzessive, zwi-schen den einzelnen Aufgabentypen zu dif-ferenzieren. Sie eignen sich darüber hinausallgemeine Vergleichsstrategien an, mit Hilfederer das Auffinden von Regelhaftigkeitenund damit auch der Transfer auf beliebigeAufgaben des induktiven Denkens erleichtertwerden sollen. Etwas freier gestalten sich je-weils die Programme von Marx und Klauer(2009a, 2009b). Hier werden jeweils 60 Auf-gaben des induktiven Denkens präsentiert.Die Förderung konzentriert sich stärker aufdas Auffinden der Regelhaftigkeiten, wenigerauf das Vermitteln allgemeiner Strategien.

Bis 2011 erschienen zu den genanntenVarianten der Denkförderung nach Klauer(Klauer, 1989, 1991 & 1993; Marx & Klauer,2009a, 2009b) insgesamt 97 Experimental-studien, an denen mehr als 4000 Kinder teil-genommen haben. Die Untersuchungen wur-den nicht nur in deutschsprachigen Ländern(Deutschland und Österreich), sondern auchin den Niederlanden und den USA durchge-führt. In einer Metaanalyse von 74 Trainings-experimenten (Klauer & Phye, 2008) ergabsich dabei in Bezug auf die Verbesserung derIntelligenzleistung eine durchschnittliche ge-wichtete Effektstärke von d = .52. Die Kinderin den Experimentalgruppen verbessertensich im Laufe des Trainings also etwa um ei-ne halbe Standardabweichung mehr als dieKinder in den Kontrollgruppen. Klauer undPhye konnten in dieser Meta-Analyse außer-dem von anderen Forschern geäußerte Zwei-fel an der nachhaltigen und auch für schuli-

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sche Leistungen bedeutsamen Wirkung derDenktrainings ausräumen. So zeigten sienicht nur, dass ein Training des induktivenDenkens die fluide Intelligenz signifikant ver-bessert, sondern auch, dass die Effekte nichtdurch eine reine Placebo-Wirkung erklärbarsind, dass die Effekte langfristig bestehen blei-ben oder sogar mit der Zeit noch leicht an-steigen und dass durch das Training auch dieSchulleistung bedeutsam verbessert wird. Tat-sächlich lag der Transfer auf schulische Leis-tungen mit einer durchschnittlichen gewich-teten Effektstärke von d = .69 sogar signifi-kant über dem Effekt auf die fluide Intelli-genz.

Aufgrund dieser sehr überzeugenden Eva-luationen erfuhren die Denktrainings nachKlauer breite Akzeptanz:

Die empirische Evaluation der Trainings-programme zeigt, dass das (hoch gesteck-te) Ziel einer systematischen Förderunghäufig benötigter Denkprozesse erreichtwird. Insbesondere der Lerntransfer unddie Dauerhaftigkeit der Trainingseffektedürften für den Anwender des Denktrai-nings von großem Interesse sein… [In Be-zug auf die genannten Kriterien] … kanndas Denktraining insbesondere hinsicht-lich seiner theoretischen Fundierung undder empirischen Evaluation seiner Wirk-samkeit als beispielhaft gelten (Souvignier,2003, S. 148).

Zu Recht gilt im deutschen Sprachraumdas von Klauer … entwickelte Programm‚Denktraining‘, in seinen unterschiedli-chen Versionen für Kinder, Jugendlicheund Senioren, als besonders einschlägig.An der potenziellen Wirksamkeit der ver-schiedenen Varianten des Klauer-Trainingskann es keinen Zweifel geben – kein ande-res Denktraining ist auch nur annäherndoft und umfassend evaluiert worden. (Has-selhorn & Gold, 2006, S. 385)

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Immer wieder wurde versucht, den IQdurch systematische Trainings zu erhöhen– zumeist erfolglos oder ohne langfristigeWirkung … Bislang liegen lediglich für dieDenktrainings von Klauer (z. B. Klauer1993) Evaluationen … vor, die einen nicht-trivialen Trainingseffekt … – direkt im An-schluss an das Training und über einigeMonate hinweg – belegen (Rost, 2009, S.525).

Zu Klauers Denktraining wurden zahlrei-che Wirksamkeitsstudien durchgeführt,die teilweise beeindruckende Ergebnisseerzielen konnten … Als Fazit kann festge-halten werden, dass der theoretische An-satz des Trainings überzeugend und gutbegründet wirkt. Die Wirksamkeit desDenktrainings ist darüber hinaus empi-risch hinreichend belegt (Berger & Schnei-der, 2011, S. 40 f.).

Trotz dieser erstaunlichen Erfolge werdendie Denktrainings nach Klauer aktuell eherselten zur Förderung eingesetzt. Ein Grundhierfür mag darin liegen, dass die grafischeGestaltung der Aufgaben nicht mehr ganzzeitgemäß erscheint. Potenzielle Käufer ach-ten vermutlich eher auf Optik und Preis alsauf wissenschaftlichen Erfolg. Mit den Denk-

spielen mit Elfe und Mathis haben wir deshalbden Versuch gestartet, die Prinzipien eines

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erfolgreichen Trainings des induktiven Den-kens nach Klauer in ein aktuelles grafischesGewand zu kleiden. Das Denktraining I(Klauer, 1989), das für Vor- und Grundschul-kinder konzipiert wurde, haben wir hierfüraktualisiert und als Computerprogramm um-gesetzt. In einem ersten Schritt wurden zudiesem Zweck die 120 Aufgaben des Trai-nings grundlegend überarbeitet. So wurdenObjekte wie z. B. Schreibmaschinen oderWählscheibentelefone, die nicht mehr demErfahrungsschatz von heutigen Kindern ent-sprechen, durch aktuelle Gegenstände aus-getauscht (siehe Abbildung 2).

Aufgaben mit mehreren möglichen Lö-sungen wurden außerdem durch eindeutige-re Aufgaben ersetzt. Das auf diese Weiseüberarbeitete Förderprogramm wurde an-schließend an zwei Kleingruppen von Vor-schulkindern (insgesamt 9 Kinder) getestet.Aufgaben, die sich bei dieser Pilotuntersu-chung als ungeeignet erwiesen (z. B. weilKinder die Gegenstände nicht erkannten,oder weil die Aufgaben zu leicht waren) wur-den einer erneuten Revision unterzogen. Ausden 120 Aufgaben der Denkspiele mit Elfe

und Mathis stimmen deshalb nur noch 50Aufgaben inhaltlich komplett mit Aufgabenaus dem Denktraining I überein und wurdenlediglich grafisch neu aufbereitet. Bei weite-ren 44 wurden abgesehen von der grafischenNeugestaltung geringe bis mittelstarke inhalt-

Abb. 2: Aufgabe zur Diskrimination ("Welches passt nicht dazu?") vorher (links) und nachher

(rechts). Die Bilder erscheinen in den originalen Trainingsprogrammen in Farbe.

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liche Veränderungen vorgenommen. So wur-den beispielsweise ein oder mehrere Gegen-stände ersetzt oder weggelassen. Bei denverbliebenen 26 Aufgaben wurden die Inhal-te komplett ausgetauscht und lediglich Auf-gabenklasse und Aufgabenform stimmen mitden Aufgaben des Denktrainings I überein.Im Vergleich mit dem Denktraining I wurdeaußerdem die Abfolge der Aufgaben stärkeran die Schwierigkeit angepasst, die die Kin-der beim Lösen der Aufgaben gezeigt hatten.

Zusätzlich zur Überarbeitung der Aufga-ben wurde außerdem eine Rahmenhandlungeingefügt, die im Elfenland spielt. Entschei-dend ist hierbei, dass die Kinder sich auf dieSuche nach einem fiktiven „blauen Diaman-ten der Weisheit“ machen, der erst gefundenwerden kann, wenn alle Aufgaben gelöstwurden. Somit soll eine überspannende Mo-tivation erzeugt werden, auch schwierigeAufgaben zu lösen und bis zum Ende mitzu-arbeiten. Zwei Elfenkinder (Elfe und Mathis)begleiten die Kinder dabei und führen durchdas Computerspiel. Außerdem gibt der alteund weise Elf Osarion Tipps zum Lösen derAufgaben.

Der Erfolg von Trainingsprogrammen, dieauf der Systematik des induktiven Denkensnach Klauer beruhen, wurde, wie bereitsoben ausführlich dargelegt, empirisch vor-bildlich nachgewiesen. Es ist also anzuneh-men, dass auch die Denkspiele mit Elfe und

Mathis die fluide Intelligenz sowie die schuli-schen Leistungen nachhaltig verbessern kön-nen. Allerdings wurde das ursprünglicheDenktraining I in nicht unerheblichem Maßeverändert. Die im Folgenden vorgestellte Un-tersuchung wurde deshalb durchgeführt, umsicherzustellen, dass auch die neue compu-terbasierte Version die fluide Intelligenz inbedeutsamem Maße verändert. Dabei mussallerdings berücksichtigt werden, dass es sichhier um eine erste Überprüfung handelt, fürdie nur eingeschränkt Mittel zur Verfügungstanden. Wir mussten uns deshalb auf diekurzfristigen Verbesserungen der fluiden In-telligenz konzentrieren. Langzeiteffekte und

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Auswirkungen auf schulische Leistungenkonnten in dieser Untersuchung hingegennicht überprüft werden.

Eine weitere Untersuchungsfrage war au-ßerdem die, ob sich das Denktraining I nachKlauer (1989) auch auf sprachgebundene In-telligenzleistungen auswirkt. In der Regel fin-den sich nur mittelhohe Korrelationen zwi-schen sprachgebundenen und sprachunge-bundenen Intelligenzleistungen (z. B. im HA-WIK IV). Effekte des Trainings auf sprachlicheIntelligenzleistungen sollten also, falls über-haupt vorhanden, wesentlich kleiner ausfal-len als solche auf die fluide Intelligenz.

MethodeStichprobe

An der Untersuchung nahmen drei zweiteKlassen aus verschiedenen bayerischen För-derschulen teil. Die zuständigen Behörden,die Eltern und die Kinder gaben vor der Un-tersuchung das Einverständnis zur Teilnahme.Eines der Kinder verpasste wegen Krankheitallerdings 20% der Förderung, bei drei weite-ren Kindern konnte kein Nachtest durchge-führt werden. Diese Kinder wurden deshalbnicht in die weitere Auswertung aufgenom-men. In der Stichprobe verblieben 30 Kinder,die zum Zeitpunkt der Vortestung im Mittel 9Jahre und 1 Monat alt waren. Da die Förde-rung in Kleingruppen durchgeführt wurdeund in jeder Schule nur eine Gruppentutorinzur Verfügung stand, konnten allerdings nur12 der Kinder an der Förderung teilnehmen,darunter 3 Mädchen und 9 Jungen. DasDurchschnittsalter der Experimentalgruppebetrug 9 Jahre und 0 Monate. Unter den 18Kindern der Kontrollgruppe waren 4 Mäd-chen und 14 Jungen mit einem Durch-schnittsalter von 9 Jahren und 2 Monaten.Zwischen Experimental- und Kontrollgruppegab es keine signifikanten Unterschiede hin-sichtlich des Alters und der Geschlechtsver-teilung.

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Ablauf des Trainings

Die Untersuchung nahm insgesamt einenZeitraum von sechs Wochen in Anspruchund fand zu Beginn des zweiten Schulhalb-jahres statt. Zunächst wurden bei allen Kin-dern die Leistungen in drei verschiedenenUntertests des Hamburg-Wechsler-Intelli-genztests für Kinder IV (HAWIK IV, F. Peter-mann & U. Petermann, 2007) erhoben (für ei-ne genaue Beschreibung siehe Abschnitt Er-

hobene Variablen). Um Vorabunterschiededer Intelligenzleistung zwischen Experimen-tal- und Kontrollgruppe zu verhindern, wur-den die Kinder anhand dieser Daten paralle-lisiert auf Experimental- und Kontrollgruppeverteilt. Hierfür wurden die Rohwerte in dendrei Untertests zunächst in HAWIK-Wert-punkte transformiert und addiert. Anschlie-ßend wurden in jeder Klasse Zweier- oderDreiergruppen an Kindern mit etwa gleichenVortestleistungen gebildet (eine exakte Paral-lelisierung war aufgrund der geringen Stich-probengröße nicht möglich). Aus jeder Zwei-er- bzw. Dreiergruppe wurde ein Kind perZufall der Experimentalgruppe zugewiesen.Wegen der unterschiedlichen Klassengrößenresultierten daraus drei Kleingruppen mitdrei, vier bzw. fünf Kindern pro Gruppe. Alleanderen Kinder kamen in die Kontrollgruppe.Es handelt sich also um eine echte experi-mentelle Herangehensweise. Die Kinder derExperimentalgruppe wurden anschließendfür zwei Unterrichtsstunden pro Woche (je-weils 45 min.) in den Kleingruppen mit denDenkspielen mit Elfe und Mathis gefördert.Sie arbeiteten dabei zusammen mit einer Tu-torin gemeinsam am Computer. Zu Beginnjeder Stunde wurde ein Kind bestimmt, das indieser Stunde den Computer bedienen durf-te. Die Aufgabenlösungen wurden zusam-men erarbeitet. Dabei wurde die Methodedes Gelenkten Entdeckenlassens (z. B. A.Lenhard, W. Lenhard & Klauer, im Druck) an-gewandt. Nach erfolgreicher Aufgabenlö-sung wurden mit den Kindern jeweils mögli-che Lösungswege diskutiert und allgemeine

112 A. Lenhard, W. Lenhard

Strategien zum Auffinden von Regeln erarbei-tet. Nach 10 bis 12 Förderstunden war dasProgramm in allen Gruppen einmal komplettdurchlaufen.

Die Kinder der Kontrollgruppe erhieltenim gleichen Zeitraum Unterricht nach Wo-chenplan. Bei einem Teil der Kinder wurdendabei Texte gelesen oder behandelter Unter-richtsstoff wurde vertieft. Die restlichen Kin-der wurden in den Fächern Religion oderWerken unterrichtet.

Nach dem Föderzeitraum wurden diedrei Untertests des HAWIK IV bei allen Kin-dern erneut durchgeführt.

Erhobene Variablen

Zur Ermittlung der fluiden Intelligenz wurdendie beiden Untertests Bildkonzepte und Ma-

trizentest aus der Skala Wahrnehmungsge-bundenes logisches Denken des HAWIK IV(F. Petermann & U. Petermann, 2007) heran-gezogen. Beim Untertests Bildkonzepte wer-den den Kindern Abbildungen gezeigt, aufdenen zwei bis drei Zeilen mit jeweils zweibis vier Objekten des Lebensalltags darge-stellt sind. Die Kinder müssen aus jeder Zeileein Objekt auswählen, so dass alle ausge-wählten Objekte „zusammenpassen“. Dieauszuwählenden Objekte passen dabei je-weils deshalb zusammen, weil sie gemeinsa-me Merkmale teilen bzw. zu einer gemeinsa-men Klasse von Objekten gehören. Gemäßder im Einleitungsteil beschriebenen Definiti-on von Klauer stellt der Untertest Bildkonzep-te also eine Generalisierungsaufgabe der Auf-gabenform Klassen bilden dar. Beim Matri-zentest werden hingegen Aufgaben präsen-tiert, bei denen Relationen zwischen Objek-ten erfasst werden müssen. Dabei werdenhauptsächlich die Aufgabenformen Einfache

Analogie (Aufgabenklasse: Beziehungserfas-sung) und Matrix (Aufgabenklasse: Systembil-dung), zu einem geringen Anteil auch dieAufgabenform Folgen ergänzen (Aufgaben-klasse: Beziehungserfassung) verwendet. Im

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Gegensatz zum Untertest Bildkonzepte undauch zu den Aufgaben aus den Denkspielen

mit Elfe und Mathis besteht allerdings der Ma-trizentest hauptsächlich aus abstrakten geo-metrischen Figuren – nur zu einem geringenTeil aus anschaulichen Alltagsobjekten. Mitden beiden Untertests zusammen wird alsodie Fähigkeit zum Vergleich von Merkmalenund Relationen und damit die Fähigkeit zuminduktiven Denken gemäß Klauer erfasst, diein der Psychometrie im Allgemeinen als Indi-kator der fluiden Intelligenz verwendet wird.Expressive Sprachleistungen sind in keinemder Untertests notwendig, da die Kinder auchjeweils auf die richtige Antwort deuten kön-nen.

Zusätzlich wurde der Untertest Gemein-

samkeiten finden aus der Sprachverständnis-skala des HAWIK IV erhoben. Bei diesem Un-tertest werden Kinder mündlich gefragt, waszwei bestimmte Begriffe (z. B. Maler undDichter) gemeinsam haben. Die Antwortmuss ebenfalls verbal erfolgen. Zwar erfasstdieser Test auch Generalisierungsleistungen.Im Gegensatz zum Untertest Bildkonzepte

steht dabei allerdings die sprachliche Umset-zung im Mittelpunkt. Darüber hinaus sind diegemeinsamen Merkmale, die bei den einzel-nen Aufgaben gesucht werden, beim über-wiegenden Teil der Aufgaben von sehr abs-trakter Natur oder setzen bestimmtes inhaltli-ches Wissen voraus (z. B. „Was haben Gum-mi und Papier gemeinsam?“). Der Untertesterfasst also hauptsächlich expressive Spracheund kristalline Intelligenz.

Auswertung

Die Rohwerte aller drei Unterskalen wurdenzunächst für alle Schülerinnen und Schüler inHAWIK-Wertpunkte umgerechnet (Norm-wertskala mit M = 10 und SD = 3). Von Inte-resse für die vorliegende Untersuchung warvor allem der nahe Transfer, d. h. es sollte un-tersucht werden, wie sich die Förderung aufdie Fähigkeit auswirkt, andere Aufgaben des

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induktiven Denkens zu lösen. Die Ergebnisseder Untertests Bildkonzepte und Matrizentest

wurden deshalb zu einer Skala Fluide Intelli-

genz zusammengefasst, indem die Wertpunk-te beider Skalen für jeden Schüler addiertwurden. Um zu überprüfen, ob sich die För-derung auch auf sprachgebundene Intelli-genzleistungen auswirkt, wurde das Ergebnisdes Untertests Gemeinsamkeiten finden alsIndikator für das Sprachverständnis herange-zogen. Da es sich hierbei um weiten Transferhandelt, musste angenommen werden, dassdie Effekte der Förderung zumindest kleinerausfallen als für die fluide Intelligenz. DieAuswertung wurde deshalb getrennt vorge-nommen. Für beide Skalen – also Fluide Intel-ligenz und Sprachverständnis – wurden dieNachtestergebnisse von Experimental- undKontrollgruppe per Varianzanalyse miteinan-der verglichen. Da Experimental- und Kon-trollgruppe vor der Förderung aufgrund dergeringen Stichprobengrößen nicht perfektparallelisiert werden konnten, wurden die je-weiligen Vortestergebnisse als Kovariaten indie Analysen mit aufgenommen. Das statisti-sche Signifikanzniveau betrug α = .05.

Ergebnisse

Um zu überprüfen, ob durch die Parallelisie-rung gleiche Ausgangsbedingungen in Expe-rimental- und Kontrollgruppe vorlagen, wur-den zunächst die Vortestleistungen beiderGruppen in der fluiden Intelligenz und imSprachverständnis per t-Test miteinander ver-glichen. Es ergaben sich wie erwartet in kei-ner der Skalen Hinweise auf bedeutsame Un-terschiede zwischen Experimental- und Kon-trollgruppe (Induktives Denken: t [28]= 0.06,p = .95; Sprachverständnis: t [28]= -0.82, p =.42).

Die für die Ermittlung der Fördereffekteentscheidende Analyse der Nachtestergeb-nisse ergab in Bezug auf die fluide Intelligenzsignifikant bessere Leistungen der Experimen-tal- im Vergleich zur Kontrollgruppe (F[1, 2] =

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4.67, p = .04). Die Experimentalgruppe er-zielte im Nachtest im Mittel eine Punktsum-me von 20.50 (SD = 3.78). Dies entspricht ei-ner Verbesserung um 3.8 Punkte vom Vor-zum Nachtest. Rechnet man die Ergebnisseder beiden Untertests Matrizentest und Bild-

konzepte unter Berücksichtigung ihrer Inter-korrelation in einen IQ-Wert um, so wäredies eine Steigerung von IQ 90 (Prozentrang27) vor der Förderung auf IQ 101 (Prozent-rang 54) nach der Förderung. Dabei zeigten8 der 12 Kinder im Nachtest bessere Leistun-gen in der fluiden Intelligenz als im Vortest.Lediglich bei zweien der 12 Kinder fiel derNachtest geringfügig schlechter aus als derVortest (jeweils um 2 Punkte), was allerdingsaufgrund der Standardmessfehler der beidenTests in dieser Altersgruppe (Matrizentest: SE

= 1.02, Bildkonzepte: SE = 1.46) innerhalbder normalen Messunsicherheit liegt. Weite-re zwei Kinder zeigten keine Vor-Nachtest-Unterschiede.

Die Kontrollgruppe lag nach der Förde-rung nur bei 17.83 Punkten (SD = 5.71), wasim Vergleich zum Vortest einer Verbesserungvon 1.1 Punkten entspricht. In IQ-Wertenausgedrückt ist dies eine Verbesserung von

114 A. Lenhard, W. Lenhard

IQ 91 (Prozentrang 27) auf IQ 94 (Prozent-rang 34). Durch die Gruppenzugehörigkeitwurde 14.7% der Gesamtvarianz aufgeklärt.Dies entspricht nach Cohen (1988, S. 281ff)einer Effektstärke von d = 0.83. Hierbei kannvor allem für den Bereich schulischer Inter-ventionsstudien von einem großen Effekt ge-sprochen werden (Hattie, 2009, S. 16ff).

Abbildung 3 zeigt die Vor- und Nachtest-ergebnisse von Experimental- und Kontroll-gruppe in der fluiden Intelligenz.

Die Korrelation zwischen der fluiden In-telligenz im Vortest und der Verbesserungder fluiden Intelligenz während des Förder-zeitraumes betrug in der Experimentalgrupper = -.72 (p < .01). Kinder mit schlechten Aus-gangsleistungen profitierten vom Training al-so deutlich stärker als Kinder mit guten Aus-gangsleistungen (siehe Abbildung 4). Wäh-rend vor der Förderung noch 7 der 12 Kindereine Punktleistung von 16 oder niedriger (IQ< 90 bzw. PR < 25) erzielten, war dies nachder Förderung nur noch bei einem Kind derFall. Bei diesem Kind ist allerdings zu sagen,dass es im Vortest mit 6 Punkten (IQ 59)deutlich im Bereich der Minderbegabung lag.Nach der Fördermaßnahme erbrachte es im-

Abb. 3: Mittelwerte und Standardfehler der Skala Fluide Intelligenz (Matrizentest plus Bildkon-

zepte aus dem HAWIK IV) in Vor- und Nachtest

Page 11: Computerbasierte Intelligenzförderung mit den „Denkspielen ... · 1 Das ursprüngliche Konzept der fluiden Intelligenz nach Cattell (z. B. Cattell, 1963) konzentriert sich zwar

merhin eine Leistung von 10 Punkten (IQ71).

Für die Kontrollgruppe ergab sich kein sig-nifikanter Zusammenhang zwischen der Vor-testleistung und der Verbesserung der fluidenIntelligenz im Förderzeitraum (r = -.08, p =.76). Während vor der Testung 10 der 18 Kin-der eine Leistung im unteren Viertel erzielten,waren es nach dem Förderzeitraum immernoch 8 Kinder.

Die quantitative Auswertung der Ergeb-nisse im Untertest Gemeinsamkeiten finden

ergab im Gegensatz zur fluiden Intelligenzkeine bedeutsamen Unterschiede zwischenExperimental- und Kontrollgruppe (F[1, 27] =0.00, p = .98). Die Experimentalgruppe er-reichte im Nachtest im Mittel 10.08 Wert-punkte (SD = 2.84), die Kontrollgruppe kamauf 9.44 Wertpunkte (SD = 2.23). Dies ent-sprach in beiden Gruppen einer Verbesse-rung um 1.3 Wertpunkte im Vergleich zumVortest.

Diskussion

Das Ziel der vorliegenden Untersuchung wares zu überprüfen, ob die Denkspiele mit Elfe

und Mathis, die eine umfassende Überarbei-

115Computerbasierte Intelligenzförderung

tung des Denktrainings für Kinder I (Klauer,1989) darstellen, in der Lage sind, die fluideIntelligenz – zumindest kurzfristig – zu ver-bessern. Darüber hinaus wurde untersucht,ob die Förderung auch eine Verbesserungsprachlicher Intelligenzleistungen nach sichzieht.

Hierfür erhielten zwölf Förderschülerin-nen und -schüler zwei Mal pro Woche je-weils eine Trainingssitzung mit den Denkspie-

len mit Elfe und Mathis. Die 18 Kinder derKontrollgruppe wurden in dieser Zeit nachWochenplan unterrichtet.

Trotz gleicher Ausgangsleistungen zeig-ten die Kinder der Experimentalgruppe nachder Förderung signifikant höhere Werte inder fluiden Intelligenz. Der Effekt des Grup-penvergleichs betrug dabei d = .83. Es zeigtesich außerdem, dass vor allem solche Kinderprofitierten, die zu Beginn der Förderung ei-ne schlechte Leistung in der fluiden Intelli-genz erbrachten. Während vor der Förde-rung in beiden Gruppen noch mehr als dieHälfte der Kinder eine Leistung im unterenViertel aufwiesen, war dies nach der Förde-rung in der Experimentalgruppe nur noch beieinem einzigen Kind der Fall. In der Kontroll-gruppe lagen die Leistungen hingegen nachdem Förderzeitraum immer noch bei über

Abb. 4: Zusammenhang zwi-

schen Vortestleistung in flui-

der Intelligenz und deren trai-

ningsbedingter Verbesserung

in der Experimentalgruppe

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40% der Kinder nur im unteren Viertel. DasTraining scheint also zumindest bei Kindernder hier untersuchten Altersgruppe haupt-sächlich kompensatorische Wirkung zu ha-ben. Tatsächlich traten ausbleibende Förder-effekte in der Experimentalgruppe nur beisolchen Kindern auf, die bereits vor der För-derung einen Prozentrang der fluiden Intelli-genz von mindestens PR 50 aufwiesen. Auchin den bisherigen Untersuchungen der Denk-trainings nach Klauer (vgl. Klauer & Phye,2008) profitierten eher leistungsschwacheSchüler von der Förderung. So lagen die mitt-leren Effektstärken im Sonderschulbereichmit d = 0.94 über den Effekten an der Regel-grundschule (d = .63). Mit durchschnittlichknapp über 9 Jahren befanden sich allerdingsdie Schüler der hier berichteten Untersu-chung eher am oberen Rand des für dieDenkspiele mit Elfe und Mathis anvisierten Al-tersbereichs von etwa 5 bis 10 Jahren. Im Be-reich der vorschulischen Förderung (Aliza-deh, Becker & Esser, 1990) zeigten sich hin-gegen für das Denktraining für Kinder I (Klau-er, 1989) bei hochbegabten Kindern sogarwesentlich höhere Effektstärken (d = .95) alsfür normal begabte Kinder (d = .27). Auch inder Pilotstudie, die für die Überarbeitung desDenktrainings für Kinder I an neun 5-jährigenVorschulkindern durchgeführt wurde, konn-ten wir beobachten, dass vor allem die leis-tungsstärkeren Kindergartenkinder mit hoherMotivation und sehr guten Leistungen an derTrainingsmaßnahme teilnahmen. Systemati-sche Untersuchungen der Leistungen vor undnach der Förderung waren hier allerdings auf-grund des Pilotcharakters nicht möglich. In ei-ner groben Zusammenschau der Ergebnissekönnte man deshalb vermutlich den Altersbe-reich, in dem bei durchschnittlicher Bega-bung mit optimalen Förderergebnissen zurechnen ist, bei 6 bis 8 Jahren ansetzen.

In Bezug auf sprachgebundene Intelli-genzleistungen erbrachten die Kinder der Ex-perimentalgruppe nach der Förderung keinebesseren Leistungen als Kinder der Kontroll-gruppe. Dabei muss allerdings beachtet wer-

116 A. Lenhard, W. Lenhard

den, dass bei dem verwendeten UntertestGemeinsamkeiten finden des HAWIK IV (F.Petermann & U. Petermann, 2007) zwar Ge-neralisierungsleistungen – und damit Leistun-gen des induktiven Denkens – mit erfasstwerden. Allerdings war das Ergebnis der un-tersuchten Schülerinnen und Schüler bei die-sem Untertest stark durch mangelnde Sprach-kenntnisse dominiert. Ein Grund hierfür ist si-cherlich darin zu suchen, dass bei 5 Kindernder Experimentalgruppe ein Migrationshinter-grund vorlag. Einigen der Kinder war deshalbein Teil der im Test verwendeten Begriffe un-bekannt (z.B. „Ellbogen“, „Stirnrunzeln“,„Dürre“). Darüber hinaus lassen sich man-che Items der Skala Gemeinsamkeiten finden

nur mittels spezifischem erlerntem Wissen lö-sen (z. B. „Was haben Gummi und Papier ge-meinsam?“ → beides sind Nebenproduktevon Bäumen). Ein Training des induktivenDenkens könnte bei solchen Aufgaben alsonur dann wirksam werden, wenn dieses Wis-sen anderweitig erworben wurde. Ein weite-rer Faktor, der dazu beigetragen haben könn-te, dass Effekte auf sprachgebundene Intelli-genzleistungen nicht beobachtet wurden, er-gibt sich daraus, dass die meisten Kinder imverwendeten Untertest bereits vor der Förde-rung im Normalbereich abschnitten. Wenndie obigen Annahmen stimmen, dass sich imhier untersuchten Altersbereich deutliche Ef-fekte nur dann zeigen, wenn Kinder zuvorunterdurchschnittliche Intelligenzleistungenerbringen, war in diesem Fall nicht mit gro-ßen Effekten zu rechnen. Dass sich das Denk-training I nach Klauer (1989) im vorschuli-schen Bereich sehr wohl auch auf sprachlicheLeistungen auswirken kann, zeigten hingegenMarx und Kollegen (Marx 2006; Marx & Kel-ler, 2010). In diesen Untersuchungen genera-lisierten Effekte des Denktrainings I mittel-hoch bis stark auf sprachliche Leistungen.Trainingsbedingte Verbesserungen in den Be-reichen Syntax, Morphologie und Semantikwaren signifikant höher als in einer untrainier-ten Kontrollgruppe und genauso hoch wie ineiner Gruppe, die gezielte Sprachförderung

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erhielt. Die verwendeten Tests waren dabeiallerdings keine sprachgebundenen Intelli-genztests, sondern reine Sprachtests. DieseErgebnisse sind umso erstaunlicher, da essich hierbei um extrem weiten Transfer han-delt.

Mögliche Wirkmechanismen

Bereits in der Vergangenheit wurde viel überdie möglichen Wirkmechanismen der Denk-trainings nach Klauer spekuliert. So wurdebeispielsweise angenommen, die Leistungs-steigerungen seien eine Folge der sozialen In-teraktion zwischen Tutor und Kind und trätengleichermaßen bei unspezifischen Förderpro-grammen auf (z. B. Hager & Hasselhorn,1995; Hager, Hübner & Hasselhorn, 2000).In der Metaanalyse von Klauer und Phye(2008) konnte hingegen gezeigt werden,dass die Wirkung der Denktrainings nachKlauer die Wirkung anderer Trainingsmaß-nahmen, die ebenfalls mit sozialer Zuwen-dung einhergehen, klar übersteigt.

Des Weiteren wurde vermutet, dass essich um reine Coaching-Effekte handelt, dienur von kurzfristiger Dauer sind (z. B. Hager,Hübner & Hasselhorn, 2000). Auch hier zeig-ten Klauer und Phye in ihrer Metaanalyse,dass die Wirkungen der Denktrainings lang-fristig anhalten und deshalb nicht alleinedurch kurzfristige Coaching-Effekte erklärtwerden können.

Es erscheint uns deshalb angebracht, an-statt über unspezifische Wirkfaktoren überkognitive Wirkfaktoren nachzudenken. Einenaheliegende Erklärung besteht sicherlich da-rin, dass Kinder sich bewusst anwendbareVergleichsstrategien aneignen, mit Hilfe de-rer sie in der Lage sind, beliebige Aufgabendes induktiven Denkens zu lösen. Allerdingsstellt sich dann die Frage, wieso sich der Er-werb solcher Strategien auch auf sprachliche(z. B. Marx 2006; Marx & Keller, 2010) odermathematische (z. B. Sonntag, 2002, 2004)Leistungen positiv auswirkt.

117Computerbasierte Intelligenzförderung

Eine weitere mögliche Erklärung bestehtdarin, dass durch das induktive Training nichtnur Strategien erworben werden, sonderndass sich hierdurch auch exekutive Funktio-nen des Arbeitsgedächtnisses verbessern. Sokann die Leistung der fluiden Intelligenz, wiebereits weiter oben beschrieben, durch einTraining des Arbeitsgedächtnisses zumindestkurzfristig verbessert werden (Jaeggi, Busch-kühl, Janides & Perrig, 2008; Karbach, 2008).Ein eher indirektes Indiz dafür, dass mögli-cherweise durch das Denktraining exekutiveFunktionen des Arbeitsgedächtnisses verbes-sert werden, erhält man, wenn man sich diedifferentiellen Effekte der Wirkung der Förde-rung auf die beiden verwendeten TestskalenBildkonzepte und Matrizentest des HAWIK IVanschaut. Tatsächlich dominieren im Matri-

zentest geometrisch-abstrakte Aufgaben,während es sich im Untertest Bildkonzepte –wie auch in den Denkspielen mit Elfe und Ma-

this – durchweg um anschauliche Abbildun-gen handelt. Ginge man von einem reinenCoaching-Effekt aus, der maßgeblich durchdie Ähnlichkeit der Anforderungen erklärtwird, so würde man höhere Effekte für denUntertest Bildkonzepte erwarten. Genau dasUmgekehrte war allerdings der Fall: Währenddie Effektstärke für Bildkonzepte alleine nurbei d = 0.38 lag, ergab sich für den Matrizen-

test alleine d = 0,78. Gleichzeitig korreliertder Matrizentest mit Leistungen des Arbeits-gedächtnisses durchweg höher als Bildkon-

zepte (wie z. B. aus dem Handbuch des HAWIK IV ersichtlich). Somit könnte also ei-ne Verbesserung der fluiden Intelligenz zu-mindest zusätzlich zu anderen Wirkmecha-nismen indirekt über Verbesserungen des Ar-beitsgedächtnisses erreicht worden sein. Al-lerdings handelt es sich hierbei bislang eherum Spekulationen, die durch weitere Unter-suchungen erhärtet werden müssten. Auf-grund der geringen Fallzahlen in der vorlie-genden Untersuchung sowie der Tatsache,dass keine expliziten Arbeitsgedächtnismaßeerhoben wurden, konnte die formulierte Hy-

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pothese von uns nicht quantitativ geprüftwerden.

Ein weiteres Element, das in der vorliegen-den Studie zur Wirksamkeit beigetragen ha-ben könnte, ist das der Motivation. So wurdedem Denktraining mit der Rahmenhandlung,nämlich der Suche nach dem „blauen Dia-manten der Weisheit“ ein motivationales Ele-ment zugefügt, das es erforderlich macht, dieAnstrengung bei der Lösung der Aufgabenbis zum Ende der Fördermaßnahme aufrecht-zuerhalten. Bereits in vergangenen Untersu-chungen (Fries, Lund & Rheinberg, 1999)konnte gezeigt werden, dass sich die Wir-kung des Denktrainings unter optimalen mo-tivationalen Bedingungen noch steigern lässt.

Methodische Limitierungen der Studie

Die vorliegende Untersuchung wurde durch-geführt, um zu überprüfen, ob zumindest diekurzfristigen Effekte der Denkspiele mit Elfe

und Mathis mit denen vergleichbar sind, diebisher in der Literatur berichtet wurden. Diesist tatsächlich der Fall. So berichten Klauerund Phye (2008) für das Denktraining 1 voneiner mittleren Effektstärke von d = 0.64(95%-Konfidenzintervall: 0.49 – 0.80). Mit d = 0.83 für die fluide Intelligenz wurde diesin der vorliegenden Untersuchung also sogarleicht übertroffen. Dennoch lässt sich nichtmit Sicherheit sagen, ob alle in der Vergan-genheit belegten Effekte der Denktrainingsnach Klauer auch für die Denkspiele mit Elfe

und Mathis vorhanden sind. So konnten zumBeispiel im Rahmen dieser Untersuchung kei-ne Follow-up-Daten erhoben und damit keinelangfristigen Effekte gezeigt werden. Auchdie Anzahl der Untersuchungsteilnehmer warmit insgesamt 30 Kindern relativ niedrig. Ein-zelne Wirkfaktoren konnten damit nicht sinn-voll isoliert werden.

Eine weitere Limitierung der Untersu-chung bestand darin, dass die Leistung in derfluiden Intelligenz bei einzelnen Kindern

118 A. Lenhard, W. Lenhard

trotz des Umstandes, dass die Untersuchungan Förderschulen durchgeführt wurde, be-reits im Vortest relativ hoch war. Dabei han-delte es sich vor allem um Kinder mit ADHS,die vermutlich aufgrund ihrer Erkrankungtrotz normaler sprachlicher und fluider Intelli-genzleistung nur unterdurchschnittlicheSchulleistungen erbringen konnten. Die ver-wendeten Aufgaben waren deshalb womög-lich für das Leistungsprofil dieser Kinder ten-denziell zu leicht.

Ausblick

Mit den Denkspielen mit Elfe und Mathis ha-ben wir ein Computerprogramm entwickelt,das auf einem der am besten evaluierten ko-gnitiven Förderprogramme weltweit aufsetzt.Dennoch sind nach über 20 Jahren For-schung und nach annähernd 100 Wirksam-keitsstudien noch nicht alle Fragen geklärt.Vor allem die Frage nach einem möglichenWirkfaktor des Arbeitsgedächtnisses wurdebislang in der Literatur unseres Wissens nochnicht thematisiert. Wir wollen dies in naherZukunft nachholen.

Trotz der verbliebenen offenen Fragenglauben wir, mit den Denkspielen mit Elfe

und Mathis ein Programm geschaffen zu ha-ben, welchem das hohe Förderpotenzial in-newohnt, das die bisherigen Denktrainingsnach Klauer bereits unter Beweis gestellt ha-ben. Wir hoffen, dass es uns durch die opti-sche und technische Neugestaltung gelun-gen ist, dieses Potenzial für die Gegenwartund Zukunft zu bewahren.

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Hinweise der Autoren:

Unser Dank gilt Melanie Feldmann, Anja Ka-ter und Lisa Steinberger für die Datenerhe-bung und Durchführung der Fördermaßnah-men sowie den teilnehmenden Schulen undKindern für die Bereitschaft, an der Untersu-chung mitzuwirken.

Die den Artikel betreffende Korrespon-denz sollte an die Autorin gesendet werden.

Anschrift der Autorin:

DR. ALEXANDRA LENHARD

Am Kreuz 14

97337 Dettelbach

[email protected]