cadmium- und kupferausscheidung nach aufnahme von champignon-mahlzeiten

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Z. Lebensm.Unters. Forsch. 171,189 192 (1980) Zeitschrift fur Lebensmittel- Untersuchung und-Forschung ©J, F. BergmannVerlag1980 Cadmium- und Kupferausscheidung nach Aufnahme von Champignon-Mahlzeiten Burghard Schellmann, Max-Josef Hilz und Otto Opitz Institut f/Jr Rechtsmedizin der Universit/itErlangen-Nfirnberg, Universitfitsstral3e 22, D-8520 Erlangen, Bundesrepublik Deutschland Fecal Excretion of Cadmium and Copper after Mushroom (Agaricus) Diet Summary. High contents of cadmium in some agaricus species led to the warning that the eating of wild-grown mushrooms may bear the possibility of cadmium-in- toxication. The low digestion rate due to the chitin membrane of fungi was not discussed. Therefore, in this investigation the cadmium- and copper-concen- trations in feces of five subjects were estimated before and after a three days mushrooms diet. The high amount of fecal cadmium and copper increasing after the diet confirm the suggestion, that eaten fungi mostly pass through the intestinal tract unscathed without re- sorption. By this even larger ingestions of agaricus fun- gi may not cause cadmium intoxication in humans. Zusammenfassung. Der Nachweis hoher Cadmium- Konzentrationen in einigen wildwachsenden Champi- gnon-Arten hatte zu Warnungen vor der m6glichen Gefahr einer Cadmium-Intoxikation durch Aufnahme der Pilze geffihrt. In den Untersuchungen blieb unbe- riicksichtigt, dab h6here Prize im menschlichen Darm kaum verdaut werden k6nnen. Von 5 Probanden, die drei Tage eine Champignon- difit aufgenommen hatten, wurden daher Stuhlproben vor und nach der Pilzdi/it auf ihren Cadmium- und Kupfergehalt untersucht. Die in den Faeces nachgewie- senen hohen Schwermetallkonzentrationen bestfitigten die Annahme, dal3 Speisepilze, deren Geriistsubstanz, das Chitin, enzymatisch nicht angreifbar ist, weitge- hend unverdaut den Darm passieren, ohne dab es zu ei- ner wesentlichen Resorption kommt. Daher scheint die Gefahr einer Cadmium-Intoxikation auch nach Auf- nahme gro6er Champignon-Mahlzeiten ffir den Men- schen nicht gegeben. Auf Akkumulation von Cadmium und anderen Schwermetallen in Nahrungsmitteln wurde wiederholt hingewiesen. (z. B. [14, 3]). In Speisepilzen, insbesondere in den freiwachsen- den Champignons, wurden teilweise stark erh6hte Cadmiumkonzentrationen gefunden [4-8]. Offenbar sind einige Champignonarten und Untergattungen wie Anisegerlinge (Psalliota abruptibula), Schafegerlinge (Psalliota arvensis) und Riesenchampignonarten (aga- ricus 9iganticus) in der Lage, Cadmium und Kupfer in besonders hohem Mage anzureichern [5, 6]. Vom Verzehr gr613erer Mengen dieser Pilze wurde deswegen abgeraten. Da nach den Richtlinien der WHO die t~ig- liche Cadmiumaufnahme 0,07 mg nicht tiberschreiten sollte, wurde maximal eine Aufnahme von etwa 200- 250 g wildwachsender Champignons pro Woche emp- fohlen [9]. Pilze gelten als Tr~iger wertvoller Eiweil3stoffe und wichtiger Spurenelemente. Es liegen aber nur wenige Mitteilungen vor, die sich mit der Verdaubarkeit der Pilze, insbesondere mit dem Aufschlul3 der chitinum- mantelten Pilzzelle besch~iftigen. Sie soll jedoch auch bei starker mechanischer Zerkleinerung nur gering sein [1012]. Ziel unserer Untersuchung war, anhand der Aus- scheidung von Cadmium und Kupfer in den Faeces zu /iberprfifen, inwieweit kfichentechnisch und durch Kauakt zerkleinerte Champignons verdaut werden und damit das in ihnen enthaltene Cd und Cu im menschli- chen Magen-Darm-Trakt resorbiert, also auch toxiko- logisch wirksam werden kann. Material und Methode Ffir die Untersuchungen standenzweiweibliche und drei mfinnliche Probandenim Altervon 19 bis 28 Jahrenzur Verffigung. Nebender Bereitschaft, 3 Tagelangnur Pilzezu essen,galt als Auswahlkriteri- urn, dab die VersuchsteilnehmergeregeltenStuhlgang(mindestens einmalt~iglich) battenund auchw/ihrend der Versuchsdauer um trig- 0044- 3026/80/0171/0189/$1.00

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Page 1: Cadmium- und Kupferausscheidung nach Aufnahme von Champignon-Mahlzeiten

Z. Lebensm. Unters. Forsch. 171,189 192 (1980) Zeitschrift fur

Lebensmittel- Untersuchung

und-Forschung ©J, F. Bergmann Verlag 1980

Cadmium- und Kupferausscheidung nach Aufnahme von Champignon-Mahlzeiten

Burghard Schellmann, Max-Josef Hilz und Otto Opitz

Institut f/Jr Rechtsmedizin der Universit/it Erlangen-Nfirnberg, Universitfitsstral3e 22, D-8520 Erlangen, Bundesrepublik Deutschland

Fecal Excretion of Cadmium and Copper after Mushroom (Agaricus) Diet

Summary. High contents of cadmium in some agaricus species led to the warning that the eating of wild-grown mushrooms may bear the possibility of cadmium-in- toxication. The low digestion rate due to the chitin membrane of fungi was not discussed. Therefore, in this investigation the cadmium- and copper-concen- trations in feces of five subjects were estimated before and after a three days mushrooms diet. The high amount of fecal cadmium and copper increasing after the diet confirm the suggestion, that eaten fungi mostly pass through the intestinal tract unscathed without re- sorption. By this even larger ingestions of agaricus fun- gi may not cause cadmium intoxication in humans.

Zusammenfassung. Der Nachweis hoher Cadmium- Konzentrationen in einigen wildwachsenden Champi- gnon-Arten hatte zu Warnungen vor der m6glichen Gefahr einer Cadmium-Intoxikation durch Aufnahme der Pilze geffihrt. In den Untersuchungen blieb unbe- riicksichtigt, dab h6here Prize im menschlichen Darm kaum verdaut werden k6nnen.

Von 5 Probanden, die drei Tage eine Champignon- difit aufgenommen hatten, wurden daher Stuhlproben vor und nach der Pilzdi/it auf ihren Cadmium- und Kupfergehalt untersucht. Die in den Faeces nachgewie- senen hohen Schwermetallkonzentrationen bestfitigten die Annahme, dal3 Speisepilze, deren Geriistsubstanz, das Chitin, enzymatisch nicht angreifbar ist, weitge- hend unverdaut den Darm passieren, ohne dab es zu ei- ner wesentlichen Resorption kommt. Daher scheint die Gefahr einer Cadmium-Intoxikation auch nach Auf- nahme gro6er Champignon-Mahlzeiten ffir den Men- schen nicht gegeben.

Auf Akkumulation von Cadmium und anderen Schwermetallen in Nahrungsmitteln wurde wiederholt hingewiesen. (z. B. [14, 3]).

In Speisepilzen, insbesondere in den freiwachsen- den Champignons, wurden teilweise stark erh6hte Cadmiumkonzentrationen gefunden [4-8]. Offenbar sind einige Champignonarten und Untergattungen wie Anisegerlinge (Psalliota abruptibula), Schafegerlinge (Psalliota arvensis) und Riesenchampignonarten (aga- ricus 9iganticus) in der Lage, Cadmium und Kupfer in besonders hohem Mage anzureichern [5, 6]. Vom Verzehr gr613erer Mengen dieser Pilze wurde deswegen abgeraten. Da nach den Richtlinien der WHO die t~ig- liche Cadmiumaufnahme 0,07 mg nicht tiberschreiten sollte, wurde maximal eine Aufnahme von etwa 200- 250 g wildwachsender Champignons pro Woche emp- fohlen [9].

Pilze gelten als Tr~iger wertvoller Eiweil3stoffe und wichtiger Spurenelemente. Es liegen aber nur wenige Mitteilungen vor, die sich mit der Verdaubarkeit der Pilze, insbesondere mit dem Aufschlul3 der chitinum- mantelten Pilzzelle besch~iftigen. Sie soll jedoch auch bei starker mechanischer Zerkleinerung nur gering sein [1012].

Ziel unserer Untersuchung war, anhand der Aus- scheidung von Cadmium und Kupfer in den Faeces zu /iberprfifen, inwieweit kfichentechnisch und durch Kauakt zerkleinerte Champignons verdaut werden und damit das in ihnen enthaltene Cd und Cu im menschli- chen Magen-Darm-Trakt resorbiert, also auch toxiko- logisch wirksam werden kann.

Material und Methode

Ffir die Untersuchungen standen zwei weibliche und drei mfinnliche Probanden im Alter von 19 bis 28 Jahren zur Verffigung. Neben der Bereitschaft, 3 Tage lang nur Pilze zu essen, galt als Auswahlkriteri- urn, dab die Versuchsteilnehmer geregelten Stuhlgang (mindestens einmal t~iglich) batten und auch w/ihrend der Versuchsdauer um trig-

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190 B. Schellmann et al.: Cadmium- und Kupferausscheidung nach Aufnahme yon Champignon-Mahlzeiten

Tabelle 1. Cd- und Cu-Konzentration der im Versuch verwendeten gemischten Proben wildwachsender Champignons (z.B. Psalliota abruptibula, arvensis, giganticus sowie campestris)

Pilzproben Gehalt in gg/g Feuchtgewicht

Cd Cu

a) Stiel undHut

Probe 1 3,31 Mittelwert 6 , 8 2 Mittelwert Probe 2 0,07 1,54 2,14 3,85 Probe 3 2,29 5,60 Probe 4 1,90 2,03 Probe 5 0,11 2,68

b) Lamellen Probe 1 4 ,08 Mittelwert 6,61 Mittelwert Probe 2 3,78 3,84 7,16 6,63 Probe 3 3,78 5,47 Probe 4 3,75 6,03 Probe 5 3,82 7,87

Tabelle 2. Cd- und Cu-Konzentration in Proben der homogenisier- ten Zutaten (Butter, Zwiebel, Pfeffer, Salz), der Heidelbeeren und des Mineralwassers

Versuchstagen 4, 5 und 6 eine Pilzdifit yon 750 bis 3250 g ges/iuberter und von ihren Lamellen befreiten Champignons verteilt fiber 1-2 Mahlzeiten pro Tag aufnahmen. Die Pilze wurden gebraten, dabei le- diglich mit etwas Salz und Butter sowie Zwiebeln schmackhaft ge- macht. Als Getrgnk war Mineralwasser (Frankenbrunnen) ad libi- dum erlaubt.

8 Std vor der ersten und nach der letzten Champignon-Mahlzeit diente die aufgenommene Portion yon 300 g Heidelbeerkompott zur farblichen ,Markierung" des Stuhls, um Beginn und Ende der Pilz- mahlzeiten auch makroskopisch durch sichtbare Verf~rbung des Darminhaltes einzugrenzen. Die Zuverl~issigkeit dieser Markierung wurde in einem Vorversuch fiberpriift.

Bei den Pilzmahlzeiten handelte es sich um ein Gemisch verschie- dener wildwachsender Champignons, die aus Ober- und Mittelfran- ken stammten, und unter denen sich Anisegerlinge (Psalliota abrup- tibula), Wiesenchampignons (Psalliota campestris), Riesenchampi- gnons (Agaricus giganticus) sowie Schafchampignons (Psalliota ar- vensis) befanden. Stichproben zu je 50 g dieser Pilze wurden getrennt nach gereinigtem Fruchtfleisch und Lamellenabfall auf ihren Cadmi- um- und Kupfergehalt untersucht, ebenso die ffir die Zubereitung verwandten Zutaten, Heidelbeerkompott und Mineralwasser. Nach der Frischeinwaage der Proben erfolgte die nasse Veraschung und ei- ne polarographische Bestimmung der Metalle. Prfizision und Rich- tigkeit der Methode: relative Standardabweichung v = _+ 5%, Wie- derfindungsrate 95% [7].

Probe Gehalt in gg/g Feuchtgewicht

Cd Cu

Zutaten 1 0,04 0,48 2 - - 0,52

Heidelbeeren 1 - - 0,26 2 - - 0,21

Mineralwasser 1 - - 0,01 2 - - 0,01

Tabelle 3. Gewicht der aufgenommenen Pilzdi~it pro Versuchsper- son und Tag, Gesamtmenge der aufgenommenen Pilze und gesch~itzte Gesamtaufnahme an Cd und Cu pro Versuchsperson

V.P. Champignon-Diiit in g Frischgewicht

Gesch~itzte Gesamt- aufnahme wghrend der Versuche in mg

4. Tag 5. Tag 6. Tag Gesamt Cd Cu

26 500 1000 500 2000 3,1 7,7 24 1000 1000 1000 3000 4,6 11,6 27 1250 1000 1000 3250 5,0 12,5 29 750 - - - - 750 1,2 2,9 19 750 - - - - 750 1,2 2,9

liche Def/ikationen bemiiht sein wollten. An 9 aufeinanderfolgenden Tagen wurden jeweils das Gesamtgewicht des 24-Stunden-Urins und der einzelnen Defgkationen gemessen und homogenisierte Proben al- let Stuhl- und Urinausscheidungen in PVC-Flaschchen gesammelt, insgesamt 51 Stuhl- und 43 Urinproben, und ausgewertet.

Im Verlauf der ersten und letzten drei Versuchstage hielten die Probanden ihre iiblichen EBgewohnheiten ein, w~ihrend sie an den

Ergebnisse

In Tabelle 1 sind die gefundenen Cadmium- und Kup-

ferwerte aus Proben der Champignon-Mahlze i t en auf- geftihrt, daneben sind auch die Werte der Lamellen an- gegeben (in mg/g Feuchtgewicht). Die Mittelwerte der C a d m i u m k o n z e n t r a t i o n e n lagen im Pilzfleisch bei 1,54 ~g/g und bei den Lamellen bei 3,84 gg/g. Ffir Kupfer wurde im Pilzfleisch eine Konzen t r a t i on yon 3,85 ~g/g und in den Lamel len eine yon 6,63/~g/g er- mittelt.

Tabelle 2 zeigt den Cadmium- und Kupfergehal t in den Zuta ten (Butter, Zwiebeln und Gewfirze), der bei 0,0 big 0,04 gg/g Frischgewicht (Cadmium) und bei 0,48 bis 0,52 gg/g Frischgewicht (Kupfer) lag. Der Cadmiumgeha l t der zur Mark ie rung der Faeces ver- zehrten Heidelbeeren lag un te r der Erfassungsgrenze unseres Megveffahrens, der Kupfergehal t bei 0,21 bzw. 0,26 ~tg/g Heidelbeerkompott . Im Mineralwasser wur- de ffir C a d m i u m eine nicht mel3bare Konzen t r a t i on ge- funden, die des Kupfers lag bei 0,01 ~Lg/g.

Die 5 P r oba nde n n a h m e n pro Versuchstag unter- schiedliche Pi lzmengen auf. Tabelle 3 enthfilt die Ge- wichte der wfihrend der 3 Versuchstage (4 , 5. und 6, Tag) au fgenommenen C h a m p i g n o n m e n g e n und die hieraus aus den mit t leren Tei lkonzent ra t ionen der Pilz- p roben bes t immten Gesamtmengen an aufgenomme- nero C a d m i u m bzw. Kupfer. Versuchsperson Nr. 4 (mfinnlich, 29 Jahre) mugte wegen eines grippalen In- fektes den Versuch vorzeitig abbrechen, bei der 5. Ver- suchsperson (weiblich, 19 Jahre) stellten sich nach er- sten Champignonmahlze i t en Ubelkei t und Erbrechen ein, was zu einem A b b r u c h des Versuchs am 4. Tage

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B. Schellmann et al. : Cadmium- und Kupferausscheidung nach Aufnahme yon Champignon-Mahlzeiten 191

ffihrte. Stuhl- und Urinproben wurden jedoch auch yon diesen Personen weiter asserviert.

Abbildung 1 zeigt als Diagramm die Cadmium- und Kupferkonzentrationen der Stuhlproben der Test- personen im Verlauf der insgesamt 9 Versuchstage (in ~tg/g Feuchtgewicht). W/ihrend bei Versuchsbeginn die gemessenen Kupferkonzentrationen deutlich unter 15 pg/g lagen, und die Cadmiumwerte meist nicht mel3- bar waren, stiegen die Konzentrationen von Cadmium und Kupfer entsprechend den aufgenommenen Pilz- mengen ab dem 4. Versuchstag deutlich an. Die h6ch- sten Cd- und Cu-Werte lagen zwischen dem 5. und 8. Versuchstag. Die Kupferkonzentrationen erreichten ei- nen H6chstwert yon 63 pg/g, die Cadmiumkonzentra- tionen stiegen im Stuhl bis auf maximal 12,91 ~tg/g. Auch bei den Probanden 4 und 5, die nach den ersten Pilzmahlzeiten den Versuch abbrechen mul3ten (in Abb. 1 mit * markiert) erreichten die Cd- und Cu-Kon- zentrationen im Stuhl noch Werte von 3,1 pg/g bzw. 63 #g/g. Am 9. Versuchstag waren die Cadmium- und Kupfergehalte im Stuhl wieder deutlich abgesunken. Die im Urin gemessenen Kupferkonzentrationen lagen im Verlauf des Versuchs zwischen 0,01 und 0,10 pg/ml. Die Cadmiumkonzentrationen in den Urinproben la- gen unterhalb der Nachweisgrenze unseres Mel3verfah- rens.

Diskussion

Cu Cd D I (Feuchtgewicht) pg./g pg/g

75 10 ~26Jhr 6O 45

, , ,

1 2 3 4 5 6 7 8 9 I ~ Tage

60 o ~ 24 Jht: 45

I q , I~ n r i l l ~ [~ ,Tag e 3

", ", ~ , o , , Illn-, m ,Vage 1 2 3 4 5 6 7 8 9

I i i i i

3 4 5

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6 7

6 7

*

I I

8 9

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. Tage

0: 45 o~2g ,ihr. 30

15 j I ~ i i I

1 2

30 ~19 dhr. 15

q ,q , 1 2

In den bisher vorliegenden Arbeiten fiber die Cadmi- um-Konzentration in wildwachsenden Champignonar- ten und zur Frage einer eventuellen Toxicitfit ffir den Menschen wurde das Problem der Verdaubarkeit der Pilze aul3er acht gelassen [7].

Nach in vitro Untersuchungen, die sich mit der bio- logischen Wertigkeit des Pilzeiweil3es beschfiftigten, liegt die Eiweil3verdaulichkeit z.B. von Champignons bei 88%, wobei das Gesamteiweil3 bei Champignons nur ca. 6% des Gesamtgewichtes ausmachen kann [1]. Mfiller u. Loeffler [13], B6tticher [10] und andere Auto- ren weisen jedoch darauf hin, daft Prize trotz ihres bio- logisch hochwertigen EiweiBes infolge ihrer Schwerver- daulichkeit als Difitkost wenig geeignet sind. Die Ge- rfistsubstanz der meisten h6heren Pilze, das Chitin, das sich chemisch wie das tierische Chitin verhfilt, ist im menschlichen Magen-Darm-Kanal nicht aufschliel3bar [14]. So liegt die Verdaubarkeit der Pilze bzw. die Re- sorption des Pilzeiweiges nach der Verkleinerung der Pilze und dem mechanischen Aufschlu6 der Zellen nur in der Gr66enordnung yon 10% [12].

Ziel unserer Untersuchung sollte es sein, zu prfifen, inwieweit auch nach dem Genul3 gr613erer Mengen Champignons das in den Pilzen enthaltene Cadmium mit dem Stuhl wieder ausgeschieden wird. Zum Ver- gleich wurde mit Kupfer ein weiteres Schwermetall in

Abb. 1. Cd- und Cu-Konzentrationen aller 51 Stuhlproben der Pro- banden aus den 9 Versuchstagen. Die Aufnahme der Pilzmahlzeiten erfolgte an den Tagen 4, 5 und 6. Versuchsperson c~29" und ~19" mul3ten wegen eines grippalen Infektes bzw. Unvertr/iglichkeitser- scheinungen nach 2 Pilzmahlzeiten den Versuch abbrechen (4. Tag), die Faeces wurden bis zum 7. Tag ausgewertet

Pilzen und Faeces bestimmt. Die Cadmium-Konzen- tration in den Proben aus den Pilzmahlzeiten lagen teil- weise um ein Vielfaches fiber denen, die bei ,,normalen" Wiesenchampignons gefunden werden (s. Tabelle 1). Die ffir die Zubereitung der Pilze verwandten Zutaten und die zur Markierung hilfreichen Heidelbeerportio- hen hatten so niedrige Cadmium- bzw. Kupferkonzen- trationen, dab diese keinen wesentlichen Einflul3 auf die MeBergebnisse haben konnten.

Bei normaler Mischkost werden Cadmium-Kon- zentrationen yon 1,27-2,17 gg/g Stuhl angegeben, was einer t/iglichen Cadmiumausscheidung von 41,1- 79,4 gg/g Tag entsprach [15]. Essing [1] und Tipton [16] fanden tfigliche Cadmium-Ausscheidungen von 31 gg bzw. 30 und 47 Ixg. Unsere Messungen ergaben an den ersten zwei Versuchstagen noch niedrigere Werte. Nach dem GenuB der ersten Pilzmahlzeiten wurde dann ein promptes und steiles Ansteigen der Cadmi- um- und Kupferkonzentrationen in den Stuhlproben

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beobachtet. Die schlecht verdauten, grob gehackten Pilzstficke waren deutlich im Stuhl zu identifizieren und auch durch die Heidelbeermarkierung zeitlich und farblich abgegrenzt. Nach Absetzen der Pilzdifit er- reichten die Cadmium- und Kupferkonzentrationen im Stuhl im Verlaufe yon drei Tagen wieder normale Wer- te (s. Abb. 1). Im Urin lagen die Cadmium-Konzentra- tionen wfihrend des gesamten Versuchs unter der Nachweisgrenze unseres Megverfahrens.

Der von uns gewfihlte Versuchsaufbau und die deutlichen Schwankungsbreiten der Cadmium- und Kupferkonzentration in den Pilzproben lassen keine exakte Bilanzierung yon Aufnahme und Ausscheidung der Metalle zu. Auch wurden keine Messungen der Cadmium- und Kupferspiegel im Blut der Probanden vorgenommen. Dennoch 1/il3t der eindrucksvolle An- stieg der Cadmium- und Kupferausscheidung nach den Pilzmahlzeiten den SchluB zu, dab die aufgenommenen Schwermetalle mit den unverdauten Pilzstficken weit- gehend unresorbiert den Magen-Darm-Trakt wieder verlassen haben.

Man kann einen absch/itzenden Vergleich von Ein- fuhr und Ausfuhr der beiden Schwermetalle vorneh- men: werden die mittleren Cadmium- und Kupferkon- zentrationen aus den Pilzproben (Tabelle l a) zu- grundegelegt, und aus der jeweiligen Menge der aufge- nommenen Pilze auf die Gesamtzufuhr von Cadmium und Kupfer geschlossen (Tablle 3), so liegt die Gesamt- aufnahme der Schwermetalle bei den Probanden in der gleichen Gr613enordnung, wie sie sich aus den Cadmi- um- und Kupfergehalten der jeweiligen Stuhlproben, also der wesentlichen Ausfuhr fiber die Versuchsdauer aufsummieren 1/il3t (2,5-15 mg).

Man kann bei der Beurteilung einer m6glichen To- xicitfit des in den Pilzen enthaltenen Cadmiums nicht yon analytischen in vitro Bestimmungen des Schwer- metallgehaltes der Pilze ausgehen, sondern muB die re- lativ geringe Resorptionsm6glichkeit durch den menschlichen Darm berficksichtigen.

/,Jberdies werden Champignons, Brennwert ca. 80 Joule/100 g [17], gew6hnlich nur in geringen Mengen als Beikost gegessen.

Zusammenfassend scheint uns deshalb keine Ge- fahr einer Cadmium-Intoxikation durch Pilze, selbst bei

Aufnahme gr6gerer Mengen wildwachsender Champi- gnons, vorzuliegen.

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