bergedorfer unterrichtsideen - leseprobe.buch.de€¦ · welche arten von ausführungen können bei...

15
Achim Rix Bergedorfer Unterrichtsideen 1. Klasse 137 Spielhandlungen zur Schulung der Grafomotorik Den Stift im Griff

Upload: lamkhanh

Post on 17-Sep-2018

221 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Achim RixB

erg

ed

orf

er

Un

terr

ich

tsid

een

1. K

lass

e

137 Spielhandlungen zur Schulung der Grafomotorik

Den Stift im Griff

Den

Stif

t im

Gri

ffA

chim

Rix

Achim Rix

Den Stift im Griff137 Spielhandlungen zur

Schulung der Grafomotorik

© 2016 Persen Verlag, HamburgAAP Lehrerfachverlage GmbHAlle Rechte vorbehalten.

Das Werk als Ganzes sowie in seinen Teilen unterliegt dem deutschen Urheberrecht. Der Erwerber des Werkes ist berechtigt, das Werk als Ganzes oder in seinen Teilen für den eigenen Gebrauch und den Einsatz im Unterricht zu nutzen. Die Nutzung ist nur für den genannten Zweck gestattet, nicht jedoch für einen weiteren kommerziellen Gebrauch, für die Weiterleitung an Dritte oder für die Veröffentlichung im Internet oder in Intranets. Eine über den genannten Zweck hinausgehende Nutzung bedarf in jedem Fall der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlages.

Sind Internetadressen in diesem Werk angegeben, wurden diese vom Verlag sorgfältig geprüft. Da wir auf die externen Seiten weder inhaltliche noch gestalterische Einflussmöglichkeiten haben, können wir nicht garantieren, dass die Inhalte zu einem späteren Zeitpunkt noch dieselben sind wie zum Zeitpunkt der Drucklegung. Der Persen Verlag übernimmt deshalb keine Gewähr für die Aktualität und den Inhalt dieser Internetseiten oder solcher, die mit ihnen verlinkt sind, und schließt jegliche Haftung aus.

Grafiken: Achim Rix / Katharina Reichert-ScarboroughFotos: Olaf BallnusÜberarbeitung: Satzpunkt Ursula Ewert GmbH, Bayreuth

ISBN: 978-3-403-50504-4

www.persen.de

Der Autor

Achim Rix studierte Sport und Sonderpädagogik in Kiel und arbeitet zurzeit als Studienleiter am Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen in Schleswig-Holstein (IQSH), in der Aus-, Fort- und Weiterbildung vor allem von Sonderschullehrkräften, insbesondere unter den Aspekten von Inklusion.

Dieses Werk ist eine Überarbeitung des bisherigen Titels „Den Stift im Griff 1“ (ISBN 978-3-8344-3820-1).

Achim Rix: Den Stift im Griff© Persen Verlag 3

Inhaltsverzeichnis Seite

1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2 Grafomotorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.1 Definition „Grafomotorik“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.2 Analyse des Lerngegenstandes „Grafomotorik“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.2.1 Hand/Griff- und Haltetechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.2.2 Bewegungsführung/Stütz- und Unterstützungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.2.3 Bewegungsrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2.2.4 Art der Ausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.2.5 Schreibgerät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.2.6 Untergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.2.7 Zusätzliche Koordinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.2.8 Beurteilungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.2.9 Handlungsstrukturanalyse „Grafomotorik“: Malen – Zeichnen – Schreiben . . . . . . . . . . . . . 15

3 Diagnostisch-didaktische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

3.1 Pädagogische Konsequenzen aus der Analyse des Lerngegenstandes Grafomotorik . . . . 16

3.2 Diagnostik und Förderung: Arbeiten mit der Handlungsstrukturanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3.3 Diagnostik mit dem Kieler grafomotorischen Bogen (KgB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

4 Didaktisch-methodische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

4.1 Zum allgemeinen Aufbau der Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

4.2 Anmerkungen zur pädagogischen Grundstruktur von Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

4.3 Phasen einer Fördersequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

5 Ziffern und Buchstaben

Analyse der sensomotorischen Anforderungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

5.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

5.2 Ziffern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

5.3 Druckbuchstaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

5.4 Schreibschrift – Lateinische und Vereinfachte Ausgangsschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

5.5 Analyse von Schulschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

6 Arbeitsbögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Maus (33 Bögen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

Rennwagen (35 Bögen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

Zirkus (25 Bögen). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

Segelboot (14 Bögen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

Feuerwehr (14 Bögen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

Briefträger (3 Bögen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

Luftballon (3 Bögen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

Fahrrad (2 Bögen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

Postauto (1 Bogen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

Lineatur (1 Bogen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

7 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

8 Kieler grafomotorischer Bogen (KgB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

Kurzanleitung zur Handhabung des KgB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

Kieler grafomotorischer Bogen (KgB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

Protokollbögen zum Kieler grafomotorischen Bogen (KgB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Achim Rix: Den Stift im Griff© Persen Verlag 5

1 Einführung

Die Bedeutung des Bereiches „Grafomotorik“ erscheint

insgesamt unumstritten. Sich die notwendige senso-

motorische Kompetenz, also die erforderlichen Wahr-

nehmungs- und Bewegungsleistungen für den Schreib-

lernprozess anzueignen, stellt für viele Kinder eine er-

hebliche Schwierigkeit dar.

Eine Vielzahl an Förderkonzepten und Aufgabensamm-

lungen in Übungsheften versucht, den in der Praxis er-

lebten Problemen zu begegnen. Allein das Angebot für

den Bereich der Vorschulerziehung zum Malen-, Zeich-

nen-, Schreibenlernen erscheint unübersichtlich und

gewaltig. Gemeinsames Merkmal der meisten praxis-

orientierten Veröffentlichungen ist meines Erachtens,

dass die angebotenen Sammlungen eher zufälligen

Charakter zu besitzen scheinen. Die Zusammenstel-

lungen thematisieren zwar viele relevante Strichführun-

gen, oftmals gleich mehrere auf einer Seite, sie entbeh-

ren aber einer systematischen Analyse des Lerngegen-

standes.

Genau dies ist das Anliegen dieser Publikation. Erst

eine differenzierte Analyse des Lerngegenstandes Gra-

fomotorik ermöglicht einerseits Diagnostik und ande-

rerseits die Bereitstellung individualisierter Förderan-

gebote.

In Kapitel 2 „Grafomotorik“ erfolgt eine Bestimmung

dessen, was „grafomotorische Grundkompetenz“ ist.

Geleitet wird die Analyse von der Frage nach den As-

pekten, welche den Aneignungsprozess der Produktion

grafischer Zeichen bestimmen. Über eine sogenannte

Handlungsstrukturanalyse sollen alle Einfluss neh-

menden Aspekte einzeln in ihrem hierarchischen Auf-

bau, d. h. von leicht nach schwer strukturiert werden. Im

Ergebnis der Handlungsstrukturanalyse liegt der Lern-

gegenstand „Grafomotorik“ auf einer Seite zusammen-

gefasst vor.

In Kapitel 3 „Diagnostisch-didaktische Aspekte“

finden sich Antworten auf die Fragen: � Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Stift-

haltung und der Handschrift? � Was kennzeichnet einen geeigneten Stift im An-

fangsunterricht? � Was definiert eine geeignete Ausgangsschrift?

Die Faktengrundlage zur Beantwortung liefert die Ana-

lyse des Lerngegenstandes. Es wird aufgezeigt, wel-

che Effekte bestimmte Grifftechniken auf die Bewe-

gungsführung haben, warum der Zangengriff deshalb

die optimale Stifthaltung darstellt und welche Kriterien

vernünftigerweise zur Beurteilung einer Handschrift an-

gelegt werden sollten. Die Ausgangsschriften werden

ebenso kriteriengeleitet analysiert und kommentiert.

Ferner wird anhand von Beispielen demonstriert, wie

die Handlungsstrukturanalyse „Grafomotorik“ über Be-

obachtung diagnostisch genutzt werden kann bzw. wie

Förderung aus dieser Beobachtung abgeleitet werden

kann.

Dieses Testverfahren findet sich in Kapitel 8 „Kieler

grafomotorischer Bogen (KgB)“.

In Kapitel 4 „Didaktisch-methodische Aspekte“ wird

beschrieben, wie aus der Handlungsstrukturanalyse

auch Förderangebote abgeleitet werden können.

Wenn die Leistung eines Kindes in Bezug auf den

1. Aspekt, den 2. Aspekt, den 3. Aspekt usw. genau

diagnostiziert ist, dann kann die nächst schwierigere

Aufgabenstellung abgeleitet und angeboten werden.

Diese kann aus der hierarchisierten Struktur abgelesen

werden (oder es wird überprüft, in welcher Qualität die

leichteren Anforderungen bewältigt werden).

Ferner finden sich hier Aussagen darüber, wie Förde-

rung strukturiert werden kann (Phasen einer Förderse-

quenz) und welche allgemeinen Aspekte zu bedenken

sind (Motivation, Sensibilisierung, Lockerung, Deh-

nung, Fingerbeweglichkeit, Kräftigung).

Es wird zudem beschrieben, wie die Arbeitsbögen des

Förderprogramms aufgebaut sind und wie diese einge-

setzt werden können.

In Kapitel 5 „Ziffern und Buchstaben“ erfolgt eine

Analyse der sensomotorischen Anforderungsstruktur

dieser grafischen Zeichen.

Dass es sich bei diesem Buch nicht um einen Schreib-

lehrgang handelt, dürfte inzwischen schon deutlich ge-

worden sein. Um aber nachzuweisen, dass mit den in

den Arbeitsbögen thematisierten Strichführungen ge-

nau die Bewegungen trainiert werden, die auch beim

Schreiben von Ziffern und Buchstaben eingesetzt wer-

den, wurden die Buchstaben und Ziffern in der Druck-

schrift und exemplarisch in den Schreibschriften Latei-

nische Ausgangsschrift und Vereinfachte Ausgangs-

schrift genauer analysiert. Die Analyse mündet in einen

bewertenden Vergleich. Zudem werden die Schulaus-

gangsschrift und die Grundschrift betrachtet und eine

Empfehlung für den Einsatz einer Ausgangsschrift ab-

geleitet.

In Kapitel 6 „Arbeitsbögen“ werden als grafomotori-

sches Förderprogramm 137 Arbeitsbögen vorgestellt,

die alle relevanten Bereiche des Lerngegenstandes im

Hinblick auf die Zielgruppe thematisieren.

1 Einführung

Achim Rix: Den Stift im Griff© Persen Verlag6

2 Grafomotorik

2.1 Definition „Grafomotorik“

Unter dem Begriff Grafomotorik lassen sich alle

Prozesse einordnen, die zu einer Produktion von

grafischen Zeichen mittels der Hand und einem

Schreibgerät auf einem Untergrund führen.

Die Produktion des grafischen Zeichens ist dadurch

charakterisiert, dass eine direkte Entsprechung zwi-

schen der ausgeführten Bewegung und dem gra-

fischen Zeichen besteht, also alle Elemente des

Zeichens sukzessiv oder fließend vollzogen werden.

Um Diagnostik betreiben und um Förderung ableiten

bzw. planen zu können, bedarf es einer über diese De-

finition hinausgehenden Analyse, die den Lerngegen-

stand weiter aufschlüsselt. Folgende Aspekte lassen

sich differenzieren:

3 Hand/Griff- und Haltetechnik

� Wird die linke oder die rechte Hand eingesetzt? � Welche Griff- und Haltetechniken werden ange-

wandt?

3 Bewegungsführung/

Stütz- und Unterstützungsfunktion

� Wie gelingt die Bewegungsführung bei der Produk-

tion eines grafischen Zeichens? � Welche Körperteile sind wesentlich an der Bewe-

gungsführung beteiligt? � Wie wird die Bewegungsführung abgestützt? � Welche Körperteile leisten die Unterstützungsfunk-

tion?

3 Bewegungsrichtung

� Welche Bewegungsrichtungen bei der Produktion

von grafischen Zeichen gibt es? � Wie können diese bezüglich ihres Anforderungs-

gehaltes eingeschätzt werden?

3 Ausführung

� Welche Arten von Ausführungen können bei ein und

derselben Strichführung unterschieden werden? � Wie können diese bezüglich ihres Anforderungs-

gehaltes eingeschätzt werden?

3 Schreibgerät

Welche Schreibgeräte beeinflussen den Produkti-

onsprozess und wie?

3 Untergrund

Welche Untergründe (Formate/Lineaturen) beein-

flussen den Produktionsprozess und wie?

3 Beurteilungskategorien

Welche Kriterien eignen sich zur Qualitätsanalyse

bei der Produktion von grafischen Zeichen und beim

fertigen Produkt?

3 Zusätzliche Koordinationsleistungen

In welcher Art nehmen die zusätzlichen sensomoto-

rischen Leistungen wie etwa die Sitzkoordination, die

Standkoordination oder die visuelle Koordination

Einfluss auf den grafomotorischen Produktionspro-

zess?

Deutlich dürfte schon hier werden, dass sich der Lern-

gegenstand Grafomotorik nicht allein auf den Aspekt

Schreiben reduzieren lässt, sondern auch die senso-

motorischen Elemente des Malens oder Zeichnens ent-

hält. Dies soll nun näher untersucht werden.

2.2 Analyse des Lerngegenstandes„Grafomotorik“

Die Analyse des Lerngegenstandes Grafomotorik er-

folgt durch die sogenannte Handlungsstruktur-

analyse. Mit einer Handlungsstrukturanalyse wird ver-

sucht, einen Lerngegenstand in seine verschiedenen

Aspekte aufzugliedern und jeden einzelnen Aspekt von

leicht nach schwer zu hierarchisieren.

Die Hierarchisierung basiert auf Entwicklungslogik und

Sachlogik. Entwicklungslogik meint, dass erste Ausein-

andersetzungen von Kindern mit Stiften nicht gleich in

einer perfekten Stifthaltung münden, sondern sie zu-

nächst mit dem Greifreflex auf einen dargebotenen Stift

reagieren. Sachlogik bedeutet, dass es beispielsweise

aufgrund der jeweiligen Geräteigenschaften einfacher

ist, mit einem Bleistift einen Strich zu ziehen als mit ei-

nem Füllfederhalter.

Der Vorteil der Handlungsstrukturanalyse besteht da-

rin, dass am Ende der Analyse der gesamte Lernge-

genstand auf einer Seite zusammengefasst vorliegt.

Sowohl Fragen der Diagnostik (Was kann das Kind?),

als auch der Didaktik (Welches Angebot stelle ich zur

Verfügung?) können mit dieser Struktur beantwortet

werden.

In diesem Kapitel soll zunächst die Handlungsstruktur-

analyse „Grafomotorik“ erarbeitet werden.

Alle Aspekte, die in der Zusammenschau1 auftauchen,

sind mit Symbolen markiert, wobei

3 einen übergeordneten Aspekt kennzeichnet und

33 für einen Unterpunkt steht.

Wie mit einer Handlungsstrukturanalyse gearbeitet

werden kann, findet sich in Kapitel 3.

1 vgl. Handlungsstrukturanalyse „Grafomotorik“ auf der Seite 15

2 Grafomotorik

Achim Rix: Den Stift im Griff© Persen Verlag 7

2 Grafomotorik

2.2.1 Hand/Griff- und Haltetechnik

Hand

Die beidhändige Produktion grafischer Zeichen kann

vernachlässigt werden. Insofern ist zu unterscheiden,

ob die rechte Hand oder die linke Hand zur Produktion

benutzt wird. Der Rechtshänder fasst den Stift je nach

Handgröße mit einem Abstand von etwa 2–3 cm von

der Spitze1. Er schreibt aufgrund der Schreibrichtung

„von links nach rechts“ mit einer gezogenen Bewegung.

Der Linkshänder dagegen schiebt den Stift und wischt

gleichzeitig mit der Hand über das eben produzierte

Zeichen. Um Letzteres zu vermeiden, kompensieren

Linkshänder häufig mit einer zur Verkrampfung nei-

genden starken Beugung und Auswärtsdrehung2 des

Handgelenkes. Eine Lösung kann das Schreiben mit

einer eher gestoßenen Bewegung von unten sein. Der

Stift wird etwas weiter hinten gefasst und das einwärts-

gedrehte Handgelenk unter die Zeile gelegt. Schreibbe-

wegungen resultieren hier überwiegend aus der Beu-

gung und Streckung der Finger. Diese Lösung bereitet

den Kinder häufig Probleme. Noch geeigneter erscheint

es, durch eine Drehung des Blattes um ca. 30° nach

rechts ein „schräges“ Schreiben, quasi von oben nach

unten, zu initiieren. In diesem Fall kann die Stifthaltung

analog zum Rechtshänder angewandt werden. Die Be-

wegungsführung aus den Fingern ist nicht so zwangs-

läufig notwendig, wie bei der ersten Variante.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Hand/Händigkeit

33 rechts (konstant oder wechselt die Hand)

33 links (konstant oder wechselt die Hand)

Griff- und Haltetechnik

Basierend auf dem Entwicklungsprinzip „von körpernah

zu körperfern“ erschließt sich das Kind im Verlauf der

Entwicklung verschiedene Griff- und Haltetechniken.

Ihre entwicklungsorientierte Hierarchisierung ergibt fol-

gende Reihenfolge:

Greifreflex

Durch Druck auf die Fingergrundgelenke oder die

Hand innenfläche kommt es zum reflexhaften Greifen.

Der Daumen liegt überwiegend unbeteiligt neben der

geschlossenen Faust.

1 Siehe ausführlich Seite 15 ff.2 Bei der Beschreibung von Körperpositionen, Bewegungsrichtungen und

-mustern werden in der Literatur in der Regel medizinische Fachbegriffe ver-wendet. Hier eine kleine Übersetzungshilfe:

Einwärtsdrehung = Pronation Auswärtsdrehung = Supination (Merkhilfe: Suppe löffeln) gebeugt = fl ektiert gestreckt = extendiert

Palmargriff

Das Objekt wird mit gebeugten Fingern und gebeugtem

oder gestrecktem Daumen (keine Oppositionsstellung!)

gegen die Handfläche gedrückt.

Tunnelgriff

Das Objekt wird mit gebeugten Fingern und opponier-

tem Daumen quer gegen die Handfläche gedrückt.

Varianten des Tunnelgriffs sind der Kammgriff (Klimm-

zug am Reck) und der Ristgriff (Klettern an der Spros-

senwand).

Achim Rix: Den Stift im Griff© Persen Verlag8

2 Grafomotorik

Pfötchengriff

Das Objekt wird mit mehreren leicht gebeugten Fingern

und gestrecktem, opponiertem Daumen mit den Finger-

spitzen ergriffen.

Scherengriff

Das Objekt wird bei einwärtsgedrehter Hand mit ge-

strecktem Zeigefinger und gestrecktem, opponiertem

Daumen ergriffen.

Pinzettengriff

Das Objekt wird bei auswärtsgedrehter Hand mit ge-

strecktem Zeigefinger und gestrecktem, opponiertem

Daumen ergriffen.

Zangengriff

Das Objekt wird bei auswärtsgedrehter Hand mit ge-

beugtem Zeigefinger und weitgehend gestrecktem, op-

poniertem Daumen mit den Fingerspitzen ergriffen.

Der Zangengriff stellt den eigentlichen Schreib-

griff dar.

Die erweiterte Kuppe des gebeugten Zeigefingers

und der leicht gebeugte, opponierte Daumen ergrei-

fen den Stift je nach Größe der Hand ca. 2–3 cm von

dessen Spitze entfernt, während der Mittelfinger hin-

terlegt nur Hilfs- bzw. Stützarbeit leistet. Die übrigen

Finger werden leicht gebeugt, in Richtung Handflä-

che gehalten. Der Stift selbst sollte mit ca. 45° zur

Schreibrichtung gehalten werden.

Während des Schreibprozesses selbst kommt es un-

ter dem Aspekt Bewegungsführung zu einer Kombi-

nation von Zangengriff (Beugung) und Pinzettengriff

(Streckung). So lassen sich kleinräumige Bewegun-

gen aus den Fingern optimal steuern.

Achim Rix: Den Stift im Griff© Persen Verlag 9

2 Grafomotorik

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Griff- und Haltetechnik

33 Greifreflex

33 Palmargriff

33 Tunnelgriff

33 Pfötchengriff

33 Scherengriff

33 Pinzettengriff

33 Zangengriff

2.2.2 Bewegungsführung/Stütz- und Unterstützungsfunktion

Bei der Produktion grafischer Zeichen sind bezogen auf

die Bewegungsführung bzw. die Stütz- und Unterstüt-

zungsfunktion vier Komponenten beteiligt:

das Schulter- und Ellenbogengelenk

der Unterarm

das Handgelenk

die Finger

Der Anteil dieser vier Komponenten am grafomotori-

schen Produktionsprozess fällt unterschiedlich aus. Er

ist abhängig vom Stand der allgemeinen Entwicklung

nach dem Prinzip „von körpernah zu körperfern“ und

dem zu produzierenden Zeichen. Dies soll nachfolgend

für die vier Komponenten beschrieben werden.

Schulter- und Ellenbogengelenk

Schulter- und Ellenbogengelenk leisten zunächst bei

den ersten grafischen Produktionen des Kindes die we-

sentliche Arbeit bei der Bewegungs(aus)führung.

Die Kinder vollführen weit ausfahrende Bewegungen

aus dem Schulter- und Ellenbogengelenk. Eine Bewe-

gungsführung aus dem Handgelenk oder den Fingern

kann noch nicht oder kaum geleistet werden. Dies kor-

respondiert natürlich mit dem Stand der Griffentwick-

lung. In dieser ersten Phase wird vornehmlich der

Palmargriff oder der Tunnelgriff angewandt.

Später leisten das Schulter- und Ellenbogengelenk

eher Unterstützungsfunktion. Etwa bei einer Malauf-

gabe, die vorsieht, dass ein kleines Feld ausgemalt

werden soll, wird die Bewegungsführung aus dem

Schulter- und Ellenbogengelenk nur noch unterstützt.

Dabei besteht eine Abhängigkeit von der Aufgabenstel-

lung.

Räumlich/zeitlich längere grafische Zeichen, also groß-

räumige Strichführungen in alle Bewegungsrichtungen,

provozieren eine Bewegungsführung aus dem Schul-

ter- und Ellenbogengelenk.

Bei räumlich/zeitlich kürzeren grafischen Zeichen, also

mittelräumigen oder kleinräumigen Strichführungen,

leistet das Schulter- und Ellenbogengelenk eher unter-

stützende Funktion. Die Bewegungsführung wird hier

entweder vom Handgelenk oder von den Fingern über-

nommen.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Schulter- und Ellenbogengelenk

33 leisten überwiegend die Bewegungsführung

33 leisten überwiegend Unterstützungsfunktion

Unterarm

Der Unterarm wird zu Beginn des grafomotorischen

Kompetenzerwerbs nicht aufgestützt. Später sollte er

beim Schreiben etwa zu 2/3 aufgestützt werden. Zur

Veranschaulichung dieses Prozesses kann auf das

oben gegebene Beispiel verwiesen werden.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Unterarm

33 wird nicht aufgestützt

33 (zu 2/3) aufgestützt

Handgelenk

Das Handgelenk ist zunächst kaum an der Bewegungs-

führung beteiligt und wird in der Regel nicht aufgestützt.

Später kann die Bewegungsführung zunehmend mit

dem nun aufgestützten Handgelenk gestaltet werden.

Erfolgen Mal- und Kritzelbewegungen aus dem Hand-

gelenk, treten das Schulter- und Ellenbogengelenk bei

der Bewegungsführung etwas zurück. Oft sind es Dreh-

bewegungen aus dem Handgelenk, die z. B. mit dem

Tunnelgriff oder bereits mit dem Pfötchengriff ausge-

führt werden. Aufgrund dieser Grifftechniken wird das

Handgelenk dabei noch nicht aufgestützt. Erst wenn

eine Auswärtsdrehung des Handgelenkes (Supination)

erfolgt ist (Pinzettengriff und Zangengriff), kann das

Handgelenk sinnvoll aufgestützt werden.

Auch später (selbst bei sechsjährigen Kindern) ist im-

mer wieder zu beobachten, dass bei langen, aus dem

Schulter- und Ellenbogengelenk geführten Bewegun-

gen das Handgelenk wieder angehoben wird.

Neben diesen entwicklungsorientierten Aspekten be-

steht auch hier eine Abhängigkeit zur Aufgabenstel-

lung:

Bei räumlich/zeitlich längeren grafischen Zeichen, also

großräumigen Strichführungen in alle Bewegungsrich-

tungen, wird das Handgelenk zumeist fixiert gehalten

und ist so an der Bewegungsführung kaum beteiligt.

Räumlich/zeitlich kürzere grafische Zeichen, also mit-

telräumige Strichführungen, provozieren eher eine Be-

wegungsführung aus dem Handgelenk.

Bei Rechtshändern erfolgt die Bewegungsführung zu-

dem zumeist aus dem Handgelenk, wenn eine diago-

nale Strichführung „von links unten nach rechts oben“

und umgekehrt gefordert wird sowie immer dann, wenn

das Handgelenk parallel zum Strich ausgerichtet plat-

ziert wird (unter dem Strich bei waagerechter, seitlich

neben dem Strich bei senkrechter Strichführung usw.).

Die Bewegungsführung bei Linkshändern ist bei den

Diagonalen genau umgekehrt.

Achim Rix: Den Stift im Griff© Persen Verlag10

2 Grafomotorik

Weitere Beurteilungskriterien ergeben sich aus der Ein-

schätzung der Bewegungsqualität des Handgelenks.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Handgelenk

33 nicht aufgestützt/aufgestützt

33 an der Bewegungsführung kaum beteiligt/

an der Bewegungsführung wesentlich beteiligt

33 gut beweglich/steif/verkrampft

33 stark einwärtsgedreht/stark auswärtsgedreht

Finger

Die Finger sind zunächst kaum an der Bewegungsfüh-

rung beteiligt. Später können sie wesentlich die Bewe-

gungsführung übernehmen. Dies korrespondiert wiede-

rum mit der Griffentwicklung. Erst die Kombination von

Pinzetten- und Zangengriff erlaubt eine echte Bewe-

gungsführung aus den Fingern.

Die Abhängigkeit zur Aufgabenstellung stellt sich hier

wie folgt dar: Bei großräumigen, zum Teil auch bei mit-

telräumigen Bewegungsführungen werden die Finger

überwiegend fixiert gehalten, d. h., die Finger sind an

der Bewegungsführung kaum beteiligt. Räumlich/zeit-

lich kurze grafische Zeichen, also kleinräumige Strich-

führungen, provozieren dagegen eine Bewegungsfüh-

rung aus den Fingern.

Bei Rechtshändern erfolgt die Bewegungsführung zu-

dem aus den Fingern, wenn eine diagonale Strichfüh-

rung „von rechts unten nach links oben“ und umgekehrt

gefordert wird.

Die Bewegungsführung bei Linkshändern ist bei den

Diagonalen genau umgekehrt.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Finger

33 an der Bewegungsführung kaum beteiligt

33 an der Bewegungsführung wesentlich beteiligt

33 gut beweglich/steif/verkrampft

Zusammengefasst gilt:

Die Bewegungsführung beim Schreiben erfolgt auf-

grund der Kleinräumigkeit normaler schriftlicher Äu-

ßerungen aus dem Handgelenk und den Fingern.

Schulter- und Ellenbogengelenk leisten dabei Unter-

stützungsfunktion bzw. bewirken das seitliche Ver-

setzen des Handgelenkes, wobei der Stift zumeist

vom Untergrund abgehoben wird.

Der Anteil der einzelnen Komponenten ist bei geüb-

ten Schreibern unterschiedlich ausgeprägt. In der

Regel dominiert entweder eine Bewegungsführung

aus den Fingern oder aus dem Handgelenk.

2.2.3 Bewegungsrichtung

Zur Darstellung der möglichen Bewegungsrichtungen

der Strichführungen werden hier Piktogramme benutzt,

die dann auch auf den Arbeitsbögen erscheinen (ab

Seite 47). Auch bei diesem Aspekt wurde wiederum

versucht, von „leicht nach schwer“, also im Sinne der

Sach- und Entwicklungslogik zu hierarchisieren.

Zunächst ist zwischen einer Strichführung ohne Um-

kehrpunkte und einer mit Umkehrpunkten zu unter-

scheiden. Ein Beispiel:

Ein Quadrat kann aus lauter Einzelstrichen zusammen-

gesetzt werden. Zeichnet man es hingegen in einem

Zug, so sind Umkehrpunkte (Bewegungsendpunkte)

mit Richtungsänderungen in die Strichführung zu inte-

grieren. Letztere Aufgabe ist deutlich schwieriger.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

Strichführung ohne Umkehrpunkte

Ohne Umkehrpunkte heißt: Nach einem Bewe-

gungsendpunkt erfolgt keine weitere Strichführung

Abstrich1

Aufstrich

Strich nach rechts

Strich nach links

Kreis/kreisförmig nach links

Kreis/kreisförmig nach rechts

Strich von links unten nach rechts

oben bzw.

von rechts oben nach links unten

Strich von rechts unten nach links

oben bzw.

von links oben nach rechts unten

punktieren

1 Für alle Bewegungsrichtungen gilt, dass die Strichführung im weitesten Sinne das Kriterium erfüllt.

Achim Rix: Den Stift im Griff© Persen Verlag 11

2 Grafomotorik

Strichführung mit Umkehrpunkt

Umkehrpunkt heißt: mit Bewegungsendpunkt und

Richtungsänderung bei fortlaufender Strichführung1

durchgehende Strichführung mit

integrierten Bewegungsendpunkten

Dieser Aspekt kann alle oben aufgeführten Bewe-

gungsrichtungen umfassen. Ausnahmen sind das

Punktieren und eine Kombination sich anschließender

Kreisbewegungen, wo zwar eine Richtungsänderung

vorgenommen wird, hingegen kein Bewegungsend-

punkt innerhalb der Strichführung zu verzeichnen ist –

zum Beispiel beim S oder L.

2.2.4 Art der Ausführung

Eine Kategorie der Ausführung ist das Anmalen oder

Ausmalen. Diese Form nimmt eine gewisse Sonder-

stellung ein. Einerseits entspricht sie etwa den ersten

Kritzelbewegungen der Kinder, ist also dementspre-

chend leicht, andererseits repräsentiert diese Form je

nach Aufgabe eine sehr anspruchsvolle Art der Ausfüh-

rung.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

an-, ausmalen

Diese Art der Ausführung provoziert alle Bewe-

gungsrichtungen, besonders eine Strichfüh-

rung mit integrierten Bewegungsendpunkten

(hin und her).

Ferner kann ein grafisches Zeichen, z. B. ein Strich, bei

gleicher Bewegungsrichtung – z. B. von links nach

rechts – auf unterschiedliche Arten ausgeführt werden:

frei

Die Art der Ausführung ist freigestellt. Anfangs-

und Endpunkt können vorgegeben sein.

in der Spur

Die Ausführung hat in einer Spur zu erfolgen,

deren Begrenzung nicht berührt oder übermalt

werden darf.

auf dem Strich

Die Ausführung soll möglichst exakt auf dem

vorgegebenen Strich erfolgen.

auf dem gestrichelten Strich

Die Ausführung soll möglichst exakt auf dem

vorgegebenen Strich erfolgen.

neben dem Strich

Die Ausführung soll möglichst parallel neben

dem vorgegebenen Strich erfolgen.

1 Für alle Bewegungsrichtungen gilt, dass die Strichführung im weitesten Sinne das Kriterium erfüllt.

2.2.5 Schreibgerät

Gerät

Zunächst ist das Gerät, mit dem geschrieben wird, zu

betrachten.

Zu Beginn werden Kinder ohne Gerät, also mit der

Hand selbst, Spuren hinterlassen. Zuerst vielleicht im

Essen, später etwa beim Malen mit Fingerfarbe oder im

Sand. Dies kann mit der gesamten Handfläche oder mit

den Fingern erfolgen, mit allen Fingern, mit 4, 3, 2 Fin-

gern oder mit einem Finger.

Ferner lassen sich die Schreibgeräte im eigentlichen

Sinne differenzieren.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Gerät

33Wachsmalkreiden

als Wachsmalbirnen, Wachsmalblöcke oder als

Stifte

33 Pinsel

33 Bleistifte

Stifte mit der Härtegradklassifikation „weich“ (2B)

vor solchen mit der Klassifikation „hart“ (HB)

33 Buntstifte

33 Filzstifte

33 Tintenroller

33 Kugelschreiber

33 Füller

33 Feder

Die Kriterien dieser Einteilung ergeben sich aus den be-

nötigten bzw. in der Regel angewandten Grifftechniken

und den Geräteigenschaften.

Geräteigenschaften

Griffunterstützung: Stifte, die aufgrund ihrer Konstruk-

tion Flächen für die drei am Halteprozess beteiligten

Finger aufweisen, unterstützen das Ergreifen im Zan-

gengriff. Gleiches gilt für Stifte, bei denen die Gestal-

tung der Griffmulden so angelegt ist, dass beim Ergrei-

fen die Einnahme des Zangengriffes deutlich provoziert

wird. Sie sind somit, wenn Unterstützung notwendig ist,

geeigneter als solche, denen diese Hilfen fehlen.

Durchmesser der Stifte: In Grenzen „dickere“ Stifte sind

für Schreibanfänger einfacher zu handhaben.

„Dicke“ der Mine: Der Durchmesser der Mine beein-

flusst die Breite des Striches. Für Schreibanfänger, die

sehr starken Druck ausüben, sind dickere Minen gut

geeignet. Eine Minenstärke in der „Dicke“ eines einfa-

chen Bleistiftes ist am besten geeignet, den Schreiban-

forderungen „Druckresistenz“ und „handhabbare Spur-

breite“ zu genügen. Zu dünne Minen sind es eher nicht.

Schreibmedium: Wachs? Blei? Tinte? Kriterien zur Be-

urteilung sind Druckempfindlichkeit des Stiftes bzw.

des verwendeten Mediums, Ansatz der Stiftspitze auf

dem Blatt (Winkel), Reibungswiderstand des Stiftes,

Verwischbarkeit und Korrekturmöglichkeit des Ge-

schriebenen. Aus diesen Gründen ist der Bleistift für

den Anfangsunterricht Schreiben am geeignetsten.

Achim Rix: Den Stift im Griff© Persen Verlag12

2 Grafomotorik

Tintenschreiber mit Faserkopf sind solchen mit Kugel-

kopftechnik (auch Kugelschreibern) vorzuziehen. Hier

ist der Reibungswiderstand eher zu gering. Dieser ist

beim Füller sehr gut.

Abstand von der Stiftspitze zum Griffansatz: Bleistifte

werden in der Regel am Übergang zur Anspitzzone ge-

halten. Das ist mit 1,5 cm deutlich zu niedrig (die mögli-

che Schreibamplitude ist eher gering, die Sicht auf die

Stiftspitze eingeschränkt, die Sitzhaltung oft schräg

bzw. seitlich). Füller erfordern aufgrund ihrer Bauart,

deutlich höher angefasst zu werden. Hier sind es

2,4 cm. Dieser Abstand sollte als Referenz gelten.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Geräteigenschaften

33 Griffunterstützung

– dreieckige Form

– definierte Flächen

– ohne

33 Stiftdurchmesser

– angemessen (Referenz = Füller)

– zu dünn/dick

33 Mine

– Referenz = Bleistift

– zu dick/dünn

33 Abstand Stiftspitze zu Griffansatz

– ~ 2,5 cm angemessen (wie Füller)

– ~ 1,5 cm zu gering

2.2.6 Untergrund

Bezogen auf den Untergrund, auf dem geschrieben

wird, ist zu unterscheiden zwischen dem Material, der

Lage des Materials und der Fläche.

Material

Das Material hat nicht unwesentlichen Einfluss auf die

Art und Weise, wie geschrieben wird, und auf das Pro-

duktionsergebnis. Zu unterscheiden sind ganz allge-

mein: Papier, Sand, Holz, Leinwand. Auch die Tafel

kommt in Betracht.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Material

33 Papier

– glatt/rau/gewachst

– saugfähig/wenig saugfähig

33 Sand, Holz, Leinwand usw.

33 Tafel

Lage

Es kann im Wesentlichen am Boden, auf einem Tisch

und an der Wand geschrieben werden. Da an der Wand,

also auch an der Tafel, die Bewegungsausführung

überwiegend aus dem Schulter- und Ellenbogengelenk

ohne Unterstützung von Unterarm und Handgelenk ge-

leistet wird, haben viele Kinder (und Erwachsene) er-

hebliche Probleme, die letztlich unter anderen Bedin-

gungen am Tisch gelernten Buchstaben an der senk-

rechten Fläche zu reproduzieren.

Der Aspekt Lage schließt auch ein, dass das Blatt auf

dem Tisch zur Erleichterung des Schreibens um ca. 15°

bis 30° geneigt sein sollte (für Rechtshänder nach links,

für Linkshänder nach rechts). Eine auf dem Tisch auf-

geklebte Hilfslinie kann die Kinder hieran erinnern und

die Ausrichtung unterstützen.

Ferner kann es hilfreich sein, das Blatt auf dem Tisch

zu fixieren. Dies gilt insbesondere für Kinder, die bei-

spielsweise aufgrund einer Körperbehinderung nicht in

der Lage sind, das Blatt selbst festzuhalten.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Lage

33 Boden

33 Tisch

33Wand

33 Blatt ca. 15–30° geneigt (Hilfsmittel: Anlegelinie)

– Rechtshänder nach links (15–25°)

– Linkshänder nach rechts (bis ca. 30°)

33 Blatt fixiert

33 Blatt nicht fixiert

Fläche

Hier ist zu unterscheiden zwischen einer weitgehend

unbegrenzten Fläche, Format und Lineatur. Da Linea-

tur im Sinne von Hilfslinien fungiert, ist es am schwie-

rigsten, ohne Lineatur zu schreiben.

Zudem ist ein Phänomen anzusprechen, das hier

„Freier Tisch“ genannt werden soll.

Gerade in den Klassenstufen 1 und 2, also dort, wo das

Schreiben erlernt wird, sollte darauf geachtet werden,

dass die Arbeitsfläche beim Schreiben frei von über-

flüssigen, platzraubenden Dingen ist.

Häufig legen die Kinder am Anfang der Stunde alle

Hefte und Bücher, die für die Stunde benötigt werden,

auf den Tisch. So kann es vorkommen, dass sich die

Kinder durch die Hefte und Bücher, die Federtasche,

womöglich noch durch die Trinkflasche oder andere

Dinge derart zugebaut haben, dass für den Arbeitsbo-

gen oder das Heft kaum noch Platz vorhanden ist. Das

hat dann zur Folge, dass das Blatt nicht mehr im

30°-Winkel ausgerichtet werden kann und der Unter-

arm nicht mehr angemessen im Sinne der Unterstüt-

zungsfunktion eingesetzt werden kann. Die Kinder kön-

nen zum Teil gerade noch ihr Handgelenk auf dem

Tisch platzieren. So schreiben die Kinder in der Schreib-

lernphase unter ungünstigen bis kontraproduktiven

Ausgangsbedingungen.

Achim Rix: Den Stift im Griff© Persen Verlag 13

2 Grafomotorik

Bei der Verwendung von DIN-A4-Bögen sollte be-

obachtet werden, ob die oben auf dem Blatt befind-

lichen Aufgaben gegebenenfalls räumlich zu weit ent-

fernt sind. Das ist dann der Fall, wenn das Kind den

gesamten Arm zum Teil sogar weit auf den Tisch legen

muss, um hier eine Aufgabe bearbeiten zu können. In

diesem Fall können die Blätter in der Mitte gefaltet wer-

den. Dieses Vorgehen wird auch für die Arbeitsbögen

dieses Förderprogramms vorgeschlagen.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Fläche

33 unbegrenzt

33 begrenzt: DIN A1/2/3/4/5/6 usw.

33 Lineatur

– vergrößerte Lineatur

– ELBI-Hefte

– Heft mit Lineatur Nr. 1/2/3/4

– Karopapier

– ohne Lineatur

33 Tischfläche frei von störenden Materialien, sodass

der Unterarm und das Handgelenk eine angemes-

sene Unterstützungsfunktion leisten können.

33 Tischfläche nicht frei von störenden Materialien, so-

dass der Unterarm und das Handgelenk keine oder

nur eine eingeschränkte Unterstützungsfunktion leis-

ten können.

2.2.7 Zusätzliche Koordinationen

Grafomotorik ist der Dynamischen Teilkörperkoordina-

tion zuzuordnen. Zur Unterscheidung:

Statische Gesamtkörperkoordination ist definiert als

„den gesamten Körper auf einer Fläche halten“ und

umfasst folglich alle Lage-, Sitz- und Standpositionen.

Dynamische Gesamtkörperkoordination ist definiert als

„den gesamten Körper über eine Fläche bewegen“

und umfasst folglich alle Fortbewegungsarten von der

Rotation über das Robben und Krabbeln bis zum Ge-

hen, Laufen, Klettern, Steigen und Springen. Statische

Teilkörperkoordination ist definiert als „Teile des Kör-

pers halten“ (z. B.: einen Stift halten).

Die Dynamische Teilkörperkoordination ist definiert als:

„Teile des Körpers bewegen“ (z. B.: schreiben).

Jede Teilkörperkoordination setzt logischerweise eine

Gesamtkörperkoordination voraus.

Sitzkoordination/Standkoordination

Um schreiben zu können, bedarf es in der Regel einer

statischen Gesamtkörperkoordination, etwa der Sitzko-

ordination oder der Standkoordination. Viele Kinder ha-

ben Schwierigkeiten, das Sitzen derart angemessen zu

koordinieren, dass sie sich auf das Schreiben konzen-

trieren können. Sie sind sozusagen derart mit dem Sit-

zen beschäftigt, dass sie sich nur zu einem (geringen)

Teil auf das Schreiben konzentrieren können. Einige

Kinder suchen dann subjektiv sichere Positionen, in-

dem sie sich auf ihren Stuhl knien oder gar auf den Bo-

den ausweichen.

Hier kann das Mobiliar zusätzlich stützen oder behin-

dern. Sind Tische und Stühle der Körpergröße des Kin-

des nicht angepasst, kann eine vernünftige Unterstüt-

zungsfunktion von Unterarm und Handgelenk nicht

oder nur unzureichend geleistet werden. Sind die Mö-

bel zu groß, schreiben die Kinder quasi mit erhobenen

Armen, womöglich fast parallel zur Schulterhöhe. Im

entgegengesetzten Fall hängt der Unterarm in der Luft

über der Tischfläche.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Sitzkoordination

33 Sitzkoordination bereitet keine Probleme

33 Sitzkoordination bereitet Probleme

33 Tisch und Stuhl sind der Körpergröße angepasst

33 Tisch und Stuhl sind nicht angepasst

3 Standkoordination

33 Standkoordination bereitet keine Probleme

33 Standkoordination bereitet Probleme

Visuelle Koordination

Auge-Hand-Koordination

Der Schreiblernprozess ist zunächst dadurch gekenn-

zeichnet, dass während des Schreibens eine vollstän-

dige visuelle Kontrolle durchgeführt wird. Erst allmäh-

lich durch den Übungs- und Automatisierungsprozess

gelingt es dem Lernenden, diese unmittelbare Kontrolle

in Teilen abzubauen. Später kann sogar ohne visuelles

Begleiten geschrieben werden. Auch wenn die letzte

Leistung nicht praxisrelevant ist, kann aber aus der

grundsätzlich vorhandenen Kompetenz auf den allge-

meinen Automatisierungsgrad geschlossen werden.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Visuelle Koordination

Auge-Hand-Koordination

33 mit vollständiger visueller Kontrolle

33 in Teilen losgelöst

33 vollständig gelöst

2.2.8 Beurteilungskriterien

Die grafomotorische Kompetenz ergibt sich natürlich

aus der Beschreibung und Einschätzung der bisher

dargestellten Aspekte.

Zudem können weitere Kategorien zur Beurteilung her-

angezogen werden. Sie beziehen sich einerseits auf die

unmittelbare Einschätzung der Bewegungsausführung

und andererseits auf das Ergebnis, das Produkt.

Nicht immer können bzw. müssen alle Kriterien gleich-

zeitig angewendet werden.

Für die Handlungsstrukturanalyse ist zu notieren:

3 Dauer

33 eher kurze Strichführung

33 eher lange Strichführung

Achim Rix: Den Stift im Griff© Persen Verlag14

2 Grafomotorik

3 Krafteinsatz

33 angemessen

33 (zu) stark

33 (zu) gering

3 Steuerung der Bewegungsimpulse

33 Strichführung flüssig/unflüssig

33 gezielt/ungezielt

33 Bremsen gelingt/gelingt nicht

3 Formkonstanz

33 eher geringe Abweichungen bei der wiederholten

Produktion eines Zeichens

33 eher starke Abweichungen bei der wiederholten Pro-

duktion eines Zeichens

3 Geschwindigkeit

33 angemessen

33 (zu) langsam

33 (zu) schnell

3 Produktqualität

33 Beschreibung des Ergebnisses

Die Einschätzung der Produktqualität ist individuell vor-

zunehmen und kann aus einer Beschreibung des grafi-

schen Zeichens bestehen.

Zum Beispiel können bei einem Quadrat die Bewe-

gungsendpunkte in die Strichführung integriert werden

oder die Ecken werden rund verschliffen.

Die Zusammenschau aller Aspekte ergibt die Hand-

lungsstrukturanalyse zur dynamischen Teilkör-

perkoordination „Grafomotorik“: Malen/Zeichnen/

Schreiben (vgl. die Tabelle auf Seite 15).

Fazit:

Die Analyse dürfte deutlich gemacht haben, dass sich

der Lerngegenstand „Grafomotorik“ nicht allein auf das

Schreiben reduzieren lässt. Letztlich sind alle senso-

motorischen Produktionen von Zeichen im weitesten

Sinne in der Analyse erfasst, also auch das Malen bzw.

Zeichnen. Hieraus begründet sich dann auch die obige

Bezeichnung.