beiträge zur frage der “botryomykose”

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Beitriige zur Frage der ,,Botryomykose". Von Priv.-Doz. Dr: phil. et ~ned. Johann IIammerschlnidt und Dr. reed. Bruno Lndovici. (Aus dem hygienischen Institut der Universit~t Graz [Vorstand: ttofrat Prof. Dr. Prausnitz] und der tteilanstalt ]~ggenberg-Graz [Abteilungsvorstand: Ob.-St.-Arzt Dr. Poll~k].) Die Frage der merkwiirdigen, gewShnlich als Botryomykose be- zeichneten Gr~nulationsgeschwulst ist trotz zahlreicher Arbeiten bisher weder gtiologisch noch klinisch gekl~rt. Die Arbeiten von Bennec ke und Kfittner schienen Licht in das dunk]e Kapitel zu bringen, doch haben die letzten ]3efunde yon Schridde und Konjetzny neue Gesichtspunkte gebracht, welche die Sache wieder weniger klar er- scheinen lassen. Es ist daher berechtigt, zu dieser Frage neues Material zusammenzutragen, um so mehr als die Krankheit keine so seltene, dafiir aber meist verkannte ist. Beziiglich der wechselvollen Geschichte der Botryomykose verweisen wir auf die Arbeit yon Fr 6d 6ric, mtissen aber doch mit wenigen Schlagworten die wichtigsten Momente hervor- heben. Die ersten Nachrichten stammen yon Poncet und Dor 1897, welche die yon ihnen beschriebene ,,Botryomycose humaine" in ittio- logischen Zusammenhang mit der schon l~nger bekannten Botryomykose der Tiere brachten. Sie begrtindeten diesen Zusammenhang durch bakteriologische Befunde, die sich jedoch sparer als irrtiimlich erwiesem Dagegen wurde yon fast allen Autoren aus der Geschwulst ein Kokkus herausgeziichtet, der vollkommen den Typus des Staphylococcus aureus ergab, yon dem er sich nut durch geringe kulturelle Differenzen unter- schied. Eine Berechtigung, diesen so gefundenen Staphylokokkus als eigene Art aufzustellen, bestand nicht, ebensowenig konnte ein sicherer Beweis ftir den ~tiologischen Zusammenhang zwischen diesem Organis- mus und der Krankheit erbracht werden, dennoch wurde er fast iiber- einstimmend als Erreger angesehen, da es zweimal gelungen sein soll, mit einem derartigen Stamme bei Tieren ghnliche Tumoren zu erzeugen (Guinard bei einer Eselin, Galli-Valerio bei einem Hasen). Dann kamen die eingehenden Untersuehungen yon ~r 6d 6rio, Kflttner und Ben n ec k e, die zwar die ~_tiologie ebenfalls nicht aufklgren konnten,

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Beitriige zur Frage der ,,Botryomykose".

Von Priv.-Doz. Dr: phil. et ~ned. Johann IIammerschlnidt

und Dr. reed. Bruno Lndovici.

(Aus dem hygienischen Institut der Universit~t Graz [Vorstand: ttofrat Prof. Dr. Prausni tz] und der tteilanstalt ]~ggenberg-Graz [Abteilungsvorstand:

Ob.-St.-Arzt Dr. Poll~k].)

Die Frage der merkwiirdigen, gewShnlich als Botryomykose be- zeichneten Gr~nulationsgeschwulst ist trotz zahlreicher Arbeiten bisher weder gtiologisch noch klinisch gekl~rt. Die Arbeiten von B e n n e c ke und K f i t t n e r schienen Licht in das dunk]e Kapitel zu bringen, doch haben die letzten ]3efunde yon S c h r i d d e und K o n j e t z n y neue Gesichtspunkte gebracht, welche die Sache wieder weniger klar er- scheinen lassen. Es ist daher berechtigt, zu dieser Frage neues Material zusammenzutragen, um so mehr als die Krankheit keine so seltene, dafiir aber meist verkannte ist. Beziiglich der wechselvollen Geschichte der Botryomykose verweisen wir auf die Arbeit yon F r 6d 6r ic , mtissen aber doch mit wenigen Schlagworten die wichtigsten Momente hervor- heben. Die ersten Nachrichten stammen yon P o n c e t und D o r 1897, welche die yon ihnen beschriebene ,,Botryomycose humaine" in ittio- logischen Zusammenhang mit der schon l~nger bekannten Botryomykose der Tiere brachten. Sie begrtindeten diesen Zusammenhang durch bakteriologische Befunde, die sich jedoch sparer als irrtiimlich erwiesem Dagegen wurde yon fast allen Autoren aus der Geschwulst ein Kokkus herausgeziichtet, der vollkommen den Typus des Staphylococcus aureus ergab, yon dem er sich nut durch geringe kulturelle Differenzen unter- schied.

Eine Berechtigung, diesen so gefundenen Staphylokokkus als eigene Art aufzustellen, bestand nicht, ebensowenig konnte ein sicherer Beweis ftir den ~tiologischen Zusammenhang zwischen diesem Organis- mus und der Krankheit erbracht werden, dennoch wurde er fast iiber- einstimmend als Erreger angesehen, da es zweimal gelungen sein soll, mit einem derartigen Stamme bei Tieren ghnliche Tumoren zu erzeugen ( G u i n a r d bei einer Eselin, G a l l i - V a l e r i o bei einem Hasen). Dann kamen die eingehenden Untersuehungen yon ~ r 6d 6r io , K f l t t n e r und B e n n ec k e, die zwar die ~_tiologie e benfalls nicht aufklgren konnten,

J. Hammerschmidt u. B. Ludovici: Beitrage zur Frage der ,~Botryomykose'L 247

jedoch durch genaue histologische Befunde das Krankhei tsbi ld scharf pr~zisierten, jeden Zusammenhang mit de r tierischen ]3otryomykose ablehnten und daher diesen irrefiihrenden Namen durch , ,Granuloma pedicula tum benignum" ( F r 6 d 6 r i c ) beziehungsweise , ,Granuloma te leangiectat icum" ersetzten. Nach den Befunden yon B e n n e c k e gehSren diese teleangiektatischen Granulome wader zu den bSsartigen, noch zu den gutar t igen Geschwfilsten, sondern sind als , ,Granulations- gesehwfilste bisher unbekannter _~tiologie anzusehen, die sieh yon anderen Granulationsgeschwtilsten durch ihren, auf der Gegenwart zahlreicher erweiterter Capillaren beruhenden besonderen histologischen Bau und ihre klinisehen Eigenti imlichkeiten auszeichnen".

So s tanden die Kenntnisse dieser Erkrankung, als S e h r i d d e 1912 in einem yon ihm untersuchten Falle yon Granuloma teleangiectat icum mikroskopische Befunde erhob, die er als Invas ion bisher unbekannter Protozoen deutete. I m gleichen Jahre ka m K o n j e t z n y durch die Untersuehnng seiner F~lle zu der Anschauung, dab wit in diesen Ge- schwfilsten eigentiim]iche proliferierende Angiome zu sehen haben. Ubrigens ha t sehon vorher M a r t e n s eine der le tz tgenannten ~hnliche

A n s e h a u u n g ge~uf~ert, auf Grund eines als ,,Botryomykose" diagnosti- zierten l~alles, der sich jedoch sparer als Angiosarkom erwies.

Wir konnten an einem nieht sehr groBen Krankenmater ia l in kurzer Zeit drei einsehl~gige F~lle untersuchen, fiber die wir nachstehend berichten wo!len.

1. F a i l A.K. war seit 1916 landwirtschaftlich besch~ftigt. Ein seiner Pflcge anvcrtrauter Ochse hatte an der Wamme eine etwa hiihnereigrol3e Geschwulst. Pat. wurde im Sommer 1916 won einer Fliege, die angeblich auf der Geschwulst des Ochsen gesessen hatte, gestochen. Einen Tag sp/~ter entstand an der bei~roffe- nen Stelle (linker Oberarm) eine R5tung, aus der sich im Verlaufe yon drei Ffonaten eine haselnuBgrol~c Efflorescenz bildete. Aus dieser entleerte sich dfinnflfissiges Sekret, bei unvorsichtiger Berfihrung Blur. 1918 wurde die Geschwulst yon einem Arzte mit der Schere gekal013t. RTach 14 Tagen war die Operationswunde ver- heilt. 4 Tage sp/~ter begann die Geschwu]stbildung won ncuem und hatte in 3 Mo- naten wieder HaselnuBgrSBe erreicht. 27. III. 1919 Spitalsaufnahme. Befund: Am linken Oberarm iiber dcm untcren Drittel des M. dcltoideus befindet sich eine haselnuBgroBe, weichelastische, rStlichbraune, pilzartig l~rorninente, an der Oberflache erodiertc Geschwulst. Sic sitzt der Haut breit attf, ist auf der Unterlage leicht verschicblich and bietct keine Entziindungscrscheinungen. Es bcsteht kcine Schmerzhaftigkeit. 27. III . 1919. Excision mit oval/~rem Itautschnitt, der einen Toil der umgebenden gesunden Hant umfaBt untcr Lokalan/~sthesie, Naht, Verband. Nach 4 Tagen Heflung per primam. Bisher kein Rezidiv.

2. Fall. R.J . Pat. lebt in der Stadt mad kommt mit Tieren in kcincrlei ]3e- riihrung. Vor 1~ Tagen entstand angcblich beim ]~rotesscn am linken Mundwinkel eine kleine BiBverletzung (Quetschung), die sich im Verlaufe yon 8 Tagen zu einer erbsengroBcn Geschwulst ausbildete. Sic war schmerzlos, blutete aber leicht. Befund: Am linken ~undwinkel am Ubergange in das Lippenrot (~undschleim- haut) finder sich eine erbsengrol~e Geschwulst, kugelig rund mit erodierter Ober- fl/~chc. Sie ist mit brauner Kruste bedeckt, yon elastisch derber Konsistenz,

248 J. Hammerschmidt und ]3. Ludovici:

der Haut mit einem kurzen diinnen Stiele aufsitzend. Der Stiel ist epithelbedeckt. Die Ansatzstelle zelgt keine Entziindungserscheinungen. Die Mandibulardriisen beiderseits sind bohnengrol], welch, schmerzlos. 15. VII. 1919 Excision mit 0val~r- schnitt unter Lokalan~sthesie unter Mitnahme gesunder Umgebung. Naht, Vet. band. Nach 4 Tagen Entfernung der N~hte. Verhellung per primam. Bisher kein Rezidiv.

3. Fall . E . K . Pat. hat tevor 3 Monaten mit Ziegen zu tun. Ungef~hr zu dieser Zeit entstand in der rechten Leistenbeuge eine Gesehwulst; erst linsengrolt, nach Art einer Blntblase; sic wurde dann mehr einer Warze ~hnlieh und erreichte die GrS•e einer Ntfl]. Im Ruhezustand entleerte sie eine wasserhelle Fltissigkeit und blutete bei geringer Beriihrung stark und andauernd. Vor einem Monat versuehte Pat. die Gesehwulst dureh Abbinden zu entfernen, es 15ste sich aber nur ein Tell in Form eines Kugelsegmentes ab. Befund: In der rechten Leisten- beuge, etwa in der Mitre des Poupartschen Bandes, befindet sich eine haselnul~- grebe erhabene Gesehwtflst yon blauroter Farbe, derbelastischer Konsistenz. Die Obeffl~che ist gl~tt, seha~randig yon Epithel ums~umt, welches den breiten FuB der Geschwulst manschettenartig umfal~t. Die Gesehwulst ist weder spontan, noeh auf Druek sehmerzhaft, blutet bei 2~bnahme des Verbandes intensiv. In ihrer Umgebung finden sich keine Entzfindungserscheinungen. 15. I. 1920 Ex- cision unter Lokalan~sthesie, Naht, Verband. Naeh 4 Tagen Heilung per primam.

Von den drei Erkrankten ' hat der erste durch eigene Beobaehtung spontan die Krankheit mit einer tierischen Erkrankung in Verbindung gebraeht. Beim zweiten wird jeder solche Konnex mit Sicherheit ausgesehlossen, dagegen der Beginn der Erkrankung mit einem Trauma in Zusammenhang gebracht. In ana- mnestischer und klinischer Beziehung ist jedenfalls dex unter 3. angefiihrte Fall der interessanteste, da ibm einerseits das traumatische Moment fehlt, obwohl gerade mit Riicksicht auf die Stelle der Gesehwulst (in inguine!) ein solches dem sehr intelligenten Pat. zum BewuBtsein gekommen sein miil3te, vor allem aber deswegen, weil der Sitz dieser Gesehwillste nach allen Autoren an unbekleideten KOrperstellen zu finden ist, w~hrend in diesem Falle gerade die stets bekleidete und auch sonst vor Traumen gut geschiitzte ttautpartie oberhalb des Poupart schen Bandes den Tumor trug.

I)iese drei auf operat ivem Wege erhal tenen Geschwiilste wurdcn nach den gebr~tuchlichen Methoden histologisch untersucht . Dabei en tsprach d~s von l~all 2 hcrs tammende Pr~parut am meisten den z~hl- reich in der L i te ra tu r vorh~ndcnen Beschrcibungen und sell daher

zuerst behandel t werden. F a l l 2. Der Durchschnitt durch die mlregelm~l~ig gestaltete erbsengrol3c,

mittels eines Stieles mit der Haut zusammenh~ngende Gesehwtflst ergibt un- gezwungen eine Einteilung in drei l~egionen, wie sic bereits ]~e n nee ke bei seinen F~llen gefunden hat: a) die eigentliche der ttaut aufsitzende Geschwulst, b) ein sehr schmaler Stiel, c) ein in der Cutis der Haut selbst liegender, zur Gesehwulst in Beziehung stehender Anteil. Der letztgenannte Abschnitt, der ,,Full" Ben- neckes , zeigt, ohne regelm~ige Begrenzung gegeniiber der norma]en ttaut aufzuweisen, nut strichweise Zellanh~ufungen zwisehen grSi~eren Bindegewebs- biindeln, racist entlang der Gefitl]e. Diese Infiltrate bestehen tellweise aus leuko- cyt~ren Elementen, teilweise aus gewucherten spindelfSrmigen Bindegewebs- zellen. Eine irgendwie besondere Beteiligung yon Plasmazellen ist in diesem Falle nicht zu konstatieren. Im Stiele beherrschen die gewueherten Bindegewebszellen das Bild, die hier der L~nge nach parallel ausgerichtet in der ganzen Breite den Stiel passieren. Lcukocyt~re Elemente treten hier stark in den ttintergrund.

Beitr~g'e zur Frage der ,Botryomykose". 249

Im ]~ereiche dieses Stieles zeigt das Epithe]lager eine aul~erordent]iche Yerbreite- rung, so dal] breite Epithelpolster in die Tiefe fiihren und stellenweise die Ein. senkung fiber dem Stiel vSllig fiberbrfieken. Diese Verdickung betrifft ziemlich gteiehm~il~ig alle Epidermisschichten. Die Epithelverdiekung setzt sich, wie gleieh vorweggenommen werden soll, noeh eine Streeke weft auf die eigentliche Ge- schwulst fort, um sieh allm~hlich zu verdfinnen, bis sie sich aui der Kuppe des Tumors (an der Erosionsstelle) ganz verliert. Der eigentliche Tumor zeigt besonders in den tiefen Partien dort, wo der Stiel eintritt, ein scheinbar ganz regelloses Kerngewimmel, das zun~chst den Eindruek einer sarkomatSsen Bildung macht; bei n~herem Zusehen erkennt man die Zusammensetzung zum iiberwiegenden Teil aus gewueherten Bindegewebszellen, zwisehen denen hier spErliche Leuko- cyteu eingestreut sind. In dieser Masse yon spindelfSrmigen blassen Kernen finden sich kleine Lumina, die yon einer einzelligen Lage spindelf6rmiger Ze]len ausgelfleidet und deutlieh als quer- und l~tngsgetroffene GefEBchen zu erkennen sind. Immerhin ist ihre Zahl in den tieferen Yartien fin Verh~iltnisse zur Masse des Tumors keine besonders auffallende. Je mehr wir nun aus der Tiefe gegen die Oberfl~che vorschreiten, desto mehr nehmen die gewucherten Bindegewebszellen an Zahl ab, desto mehr nehmen leukocyt~re Elemente (fast durehwegs poly- nuele~ire Leukoeyten) zu und desto h~lffiger und welter werden die geschilderteI~ Gefiiilchen. Diese VerEnderungen gehen gegen die Oberfl~ehe hin so gleiehm~l~ig vor sich, dal~ sich eine weitere Beschreibung erfibrigt. Wir finden schliel~lich unterhalb der Xuppe des Tumors ein ganz eigenartiges Gewebe, ausgezeichnet dutch zahlreiehe weitere und engere mit regelrechter einfacher Endothelsehieht ausg@kleidete Kant]e, die sehon der Inhalt stellenweise unzweifelhaft Ms Blut- gef~ile erkennen l~ltt; dazwischen liegen Balken eines noch framer relativ zell- reichen Gewebes, das uus gewucherten Bindegewebszellen besteht, das aber im Gegensatz zu dem in der Tiefe mit zahlreiehen polynucleiiren Leukoeyten durch- setzt ist. Oben auf der Kuppe ist der Tumor yon Epithel entblSl~t und hier liegt ibm eine Kappe auf, die aus Leukoeyten, Fibrin, roten BlutkSrperchen m~d reassert- haft zerfallenen Zellkernen zusammengesetzt ist und dureh die zahlreichen Blutun- gen scheinbar framer um neue Schiehten zunimmt, bis diese Kruste wieder einmal abgestotlen wird. Wie die van-Gieson-Fiirbung ergibt, fehlt in der obersten Pattie dieses Gewebes, das zweifellos als Granulationsgewebe anzusprechen ist, fertiges Bindegewebe fast vSllig and zeigt sich erst in gewisser Tiefe sp~irlich und ver- einzelt, um weiterhin gegen die tieferen Partien an 5fenge zuzunehmen; im Stiel finden sich schon dicke Bfinde], die in das Bindegewebe der gesunden Cutis fibcr- gehen. Der Verh~iltnisse des Epithels wurde bereits gedacht.

Die beiden anderen F~lle 1 und 3 unterschieden sich bereits makro- skopisch, noch mehr aber mikroskopisch yon dem muter 2. beschr iebenen dadurch, dal~ ein eigentlicher Stiel fehlte, die Geschwulst mi t brei ter ]~asis gesunder H a u t aufsalk

Was nun die n~heren Verhi!ltnisse bei Fall 1 betrifft, so finden wir die Basis der Geschwulst einerseits nach auBen hin gekemlzeichnet durch die m~chtige Verdickung des Epithellagers, besonders dessen Itornschicht, das mit breiten 1)feilern in die Tiefe der Cutis ragt, die t)apillen zu langen Zapfen ausziehend, andrerseit.s im Innern dureh ausgedehnte Infiltration der Spalten zwischen den grSberen Bindegewebsbiindeln, vorwiegend entlang dem Verlaufe der Gef~l~e, wobei Plasmazellen die Hauptmasse dieser Lr~filtrate ausmachen. Die Epidermis, die alle Anzeichen der Acanthose an den Stellen, wo sigh das Infiltrat dem Stratum germinativum ni~hert, in ausgeprEgtester Form zur Schuu tr~igt, wird in den Zwischenzellriiumen yon einzeh~en Leukocyten als Weg benfitzt. Innerhalb dieser

250 J. ttammerschmidt und B. Ludovici:

so gegebenen Grenzlinien liegt nun die Masse des Tumors, die, wenn sie auch aus denselben Elementen wie bei 2. aufgebaut ist, doeh ein gleiehmagigeres Gepr/~ge tragt, vor allem die gesehilderten Differenzen zwischen Oberfl/~ehe und Tiefe vermissen 1~$t. Auch bier wird die Hauptmasse aus gewucherten Bindegewebs- zellen gebildet, die aber bereits mehr die Anordnung fertigen Gewebes zeigen, vielfaeh zu Biindeln zus~mmentreten und zwisehen sieh fertige :Nndegewebs- fibrillen in grbBerer l~enge aufweisen. Die leukocyt~ren Elemente treten hier ganz zuriick, die immerhin zahlreichen Gef~13chen hubert ein mehr entwickelteres Aussehen, da man urn die einfaehe Endothellage herum meist noch einen binde- gewebigen ~antel wahrnehmen kann. Fur in der obersten Schicht stoSen wir auf Verh~ltnisse, die an die bei 2. geschilderten erinnern, n~mlieh: u sein reichlicher polynucle~rer Leukocyten, Zuriicktreten der Bindegewebszellen, zahlreiche Gef~Be mit einfacher Endothelauskleidung, die hier stellenweise strotzend mi~ Blutkbrperehen gefiill~ sind. Aneh hier treffen wir zu oberst auf der Kuppe eine Erosion, die eine Kruste aus Leukocyten, Fibrin und Kerntrbmmern ~ragt.

Ein noch vorgesehritteneres Stadium, wenn dieser Ausdruek hier gestattet ist, zeigt das Praparat yon Fall 3, bei dem der Tumor ebenfalts mit breiter Ftaehe auf der t taut anfsitzt. Aueh hier finden ~4r an der Basis dichte Infiltrate, vor- wiegend aus Plasmazellen zusammengesetzt. Das Gesehwulstgewebe selbst ist zungehst viel zellarmer Ms die unter 2. und 1. besehriebenen Formen. Die zahl- reiehen neugebildeten Gefiige, mit deutlicher endothe]ialer und bindegewebiger Wand versehen, durehziehen das Gewebe nach allen l~iehtungen und weisen meist ein deutIiehes, h~ufig yon ro~en Blutkbrperehen erfiill~es Lumen auf. Als auf- f~lligstes lVferkmal aber tr i t t uns reichliehe Bindegewebsbildung entgegen, das s~ellenweise als brei~e Balken welt in den Tumor hineinreicht. Ebenso ist zwisehen diesen Balken Neubildung yon BindegewebsfibriUen zu beobaehten, die ein Netz- werk bilden, das seheinbar dureh 5dematbse Durchtrgnkm~g ein grobmasehiges Aussehen gewinn~. In seinen Maschem'aumen finden sich iiberall gleichm/iBig verteilt gelappgkernige Leukoeyten, vorwiegend jedoch Plasmazellen. Die in den beiden vorhergesehilderten Fallen zahlreichen gewueherten Bindegewebszellen treten hier ganz in den I-Iintergrund, wahrend sieh die Verdiekung und Verbreiterung der Epithelsehieht mehr oder weniger fiber den ganzen Tumor ausdehnt. Die -con Be nnee ke gefundenen Gefagvergnderungen (Intimawueherungen bis zur Ob- literation) in Arterien und Venen am Rande der Gesehwulstwurzel, anf welehe dieser Autor grol3es Gewieht lear, konn~e in keinem unserer Falle festgestellt werden.

Die angeff ihr ten his tologisehen Befunde en tspreehen somit voll- k o m m e n den zalflreiehen Schi lderungen, die yon den verschiedens ten Au to ren fiber diese Gesehwulst gel iefer t wurden, so dab an der I d e n t i t ~ n ich t zu zweifeln ist . Aueh die hier fes tgelegten Befunde lassen k a u m eine andere Deu tung zu, als dug es sieh u m ein Granula t ionsgewebe hande l t , das sieh in F o r m eines kle inen Tumors fiber das N i v e a u der IhIaut e rheb t und du tch ausgebre i te te GefgBneubi ldung ein e igent i im- fiches Geprgge erh~lt . Dazu kommt , dug die drel un t e r such ten T umore n in der ~e ihenfo lge ihrer Sehi lderung ganz ev iden t den E i n d r u c k des Naehe inande r im pa thologischen Geschehen maehen, de ra r t , dab der zu le tz t behande l t e ein wel te r vorgeschr i t tenes , viel le icht die Tendenz zur Anshei lung zeigendes S t a d i u m repr~sent ie r t , t~brigens besehre ib t aueh S e h r i d d e in seiner Arbei t , dug sieh die K r a n k h e i t in zweieriei

Beitr~ge zur Frage der .Botryomykose'~ 251

Formen ~uftcrt, in einem sehr akuten Entztindungsprozeft und in einer mchr chronischen Form. Es kommt als unterstiitzend dazu, dab der Tumor bei Fall 2 erst 14 Tage bestand und plStzlich aufgetreten sein soll, wghrend er bei Fall 1 ein Alter yon 3 Jahren, bei 3 ein solches v0n 3 Monaten aufwies.

Weiterhin wurde versueht, der Xtiologie naehzugehen, insbesondere mit Rficksicht auf die aufsehenerregenden Befunde S e h r i d d e s . S c h r i d d e hat bei dem von ihm beobachteten Falle, der histologiseh v6tlig mit den Formen der tropisehen Granulome iibereinstimmte, eine Protozoeninfektion als Ursache angenommen, da er eigentfimliche Einschlul~gebilde land, die er Ms Parasiten deutete. Wir haben nun unsero Prgparate daraufhin untersucht, und die wohl zu diesem zwecke am besten geeignete Eisenh~tmatoxylinfgrbung verwendet. Trotz sorg- f~ltigster Durehmusterung haben wir in keinem der drei Pr~parate Gebilde gesehen, die auch nur entfernte Ubereinstimmung mit Protozoen gezeigt hgttem Der Einwurf, den S e h r i d d e selbst in seiner Arbeit macht, daft die Protozoen fraher nicht gesehen wurden, da immer nur gltere Krankheitsstadien zur Untersuehung kamen, trifft bei unserem Fall 2, der nnr 14 Tage al~ war, gewift nicht zu.

Eine bakteriologisehe Untersuchung wurde ebenfalls bei Fall 2, sowie aueh bei Fall 3 vorgenommen. Bei 2. konnten leieh~ Kokken yore Typus des Staphylococcus pyogenes aureus gezfichtet werden, die an der mensehlichen Haut (Selbstversuche) nur eine leichte lokMe Reaktion auslSsten. Bei Fall 3 wurde sofort nach der Exstirpation eine exakte bakteriologische Un~ersuchung eines aseptiseh excidierten Teiles der Geschwulst durchgeffihrt (steriles Zerreiben im MSrser, Gelatineplatten- verdiinnung, Bouillonkul~ur usw.), wobei sieh als Resultat ein Staphylo- coccus albus in Reinkultur ergab, der sieh kulturell kaum yon anderen Staphylokokken unterschied. Die nghere Untersuchung dieses Kokkus zeigte keinerlei Tierpathogenitgt (cutan sowie subcutan bei Kaninchen und Meerschweinehen ohne Absce]bildung oder sonstige krankhaf te Ver~nderungen). Die Virulenzpriifung nach K a s a h a r a (Zen~ralbl. f. Bakt. u. Parasitenk. 72. 1914) durch intracutane Injektion yon 0,2 ecru einer Bouillonkultur in die Haut des Meerschweinchens ergab zwar eine geringe Pustelbildung, doch unterschied sieh diese kaum yon der Wirkung anderer von der Hau~ des Menschen geziichteter S~aphylo- kokken bei gleieher Methodik. Dazu kommt, daft der Stature jede hgmo- lytisehe Einwirkung vermissen lieft, so daft man ihn wohl mit Recht als avirulent ansehen muft.

Viel wichtiger als diese negativen bakteriologischen Befunde erscheint uns aber der Umstand, daft auch der histologisehe Befund jede Ein- nistung yon ft~r unsere Methodik siehtbaren Mikroorganismen vermissen lie ft. Wir haben yon allen drei Tumoren Setmitte naeh den i~blichen

252 J. Hammerschmidt u. B. Ludovici: Beitri~ge zur Frage der ,Botr)~omykose ::.

Bakterienfi~rbungsmethoden (Gram, Methylenblau, Giemsa) angefertigt und untersucht nnd konnten in keinem Falle im Bereiehe des Tumor- gewebes Mikroorganismen feststellen. Ers t in der Kruste, die ober- fl~chlich aufsaI3, fanden sieh hie und da Kokken, die aber sehon durch ihre Ver~eilung keinen Zweifel an ihrem nur zufi~lligen Vorhandensein aufkommen lief~en. Dal~ sich auch in keinem l~alle die vorwiegend yon franzSsischen Autoren beschriebenen ,,Areas muriformes" fgnden, sei, d~ sie fiir die Pathogenese unserer Krankhei t nut mehr historischen Wert haben and far Zelldegenerationsprodukte angesehen werden, nur nebenbei erwghnt.

Wir kommen somit auf Grand der vorstehend gesehilderten Befunde zu folgenden Schliissen:

1. Das Granuloma pedieulatum benignum (Fr 6 d 6ri e) s. Granuloma teleangiectaticum (K u t t n e r, B e n n e c k e), das im medizinisehen Spraeh- gebrauehe gewShnlich als ,,Botryomykose" bezeiehnet wird, obwohl sich diese Bezeichnung als auf falseher Annahme beruhend erwiesen haL, ist keine seltene Erkrankung. Es stellt ein entztindliches Granu- lationsgewebe dar, das sich einerseits durch seine tumorart ige Form, andererseits dutch die Neabildung auffallend zahlreieher Blutgef~l~e yon den iibliehen Formen yon Granulationsgewebe unterscheidet.

2. Ftir die Annahme K o n j e t z n y s , dal3 es sich um eigentfimlich proliferierende Angiome handelt, besteht kein Anhaltspunkt, da sich die Gefg~e durchwegs Ms neugebildet erweisen und an geeignetem Material der Bildungsgang gu% zu verfolgen ist.

3. Xtiologisch ist die ICrankheit vollkommen unklar, da weder die Protozoen S e h r i d d e s, n o c h die yon vielen Autoren angenommenen Staphylokokken damit in einem ursi~chlichen Zusammenhang stehen kSnnen, and endlieh aueh die anamnestisehen Angaben der Erkrankten in dieser l~ichtung keinerlei Schliisse gestatten.

Literatur. Baracz, Wien. klin. Wochenschr. 1901, I-I. 14. - - ~ ' r 6 d 6ric, Dtsch. reed.

Wochenschr. 1904, H. 15. - - Kii~tner, Beitr. z. klin. Chic. 4~. - - Bennecke, l~[finch, reed. Wochenschr. 1906, ]:[. 32. - - Schridde, /)tsch. reed. Wochenschr. 1912, H. 5. - - K o n j e t z n y , Mtinch. reed. Wochenschr. 1912, tI. 41. - - I t cnck , l%ef. Centralbl. f. Bakt. u. Parasitenk. 54. 1912.