angewandte ethik im krankenhaus theorie und praxis · patient informed consent rechte krankheit...

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EINLEITUNG Betrachtet man die Literatur zur Medizinethik, so stehen neben dem Forschungsaspekt - aktuell etwa durch die Diskussion über Gentechnik repräsentiert - vielfach Fragen zum Be- ginn und Ende des Lebens sowie zum Umgang mit Extremsituationen bei schweren Erkran- kungen im Vordergrund. Diese Fälle decken aber nur einen relativ kleinen Teil der medizini- schen Interventionen ab. In der Mehrzahl der Fälle haben es Ärzte, Therapeuten und Pfleger mit weniger spektakulären Fällen zu tun - Chirurgen etwa mit Standardoperationen, Intensiv- pfleger mit der relativ kurzen postoperativen Nachbetreuung von Patienten oder Internisten mit der Behandlung von Stoffwechselerkrankungen. Der Umgang mit Kranken ist in der Medizinethik durch den Begriff des Informed Consent geprägt, der als anzustrebendes Ideal dargestellt wird und dessen Umsetzung sicher wünschenswert ist. Nur in wenigen Fällen aber wird der Arzt es mit medizinisch vorgebilde- ten Patienten zu tun haben, die sich auf eine Behandlung körperlich und geistig so vorbereiten können, wie es etwa in einem Aufsatz von Hansen [2] beschrieben ist. In vielen Fällen kommt der Patient hingegen mit akuten Schmerzen oder Krankheiten zu einem Arzt bzw. in das Krankenhaus und erwartet eine rasche medizinische Intervention. Relativ wenig Raum nimmt im Rahmen der theoretischen Diskussion das Problem der Bewältigung der Krankheit durch den Patienten ein, die zum einen eine partnerschaftlich de- finierte Behandlung beinhaltet und zum anderen vielfach eine Betreuung über einen langen Zeitraum verlangt. In einzelnen Bereichen, etwa der Altenbetreuung, der Sterbebegleitung oder der Psychiatrie sind dies sehr wohl Themen der Medizinethik, vielfach entsteht aber der Eindruck, daß dieser Bereich der Medizinpsychologie überlassen wird. Diese Beobachtungen waren unter anderem ein Grund dafür, daß vom Institut für E- thik in der Medizin an der Universität Wien ein Forschungsprojekt über die Ethik im Kran- kenhausalltag initiiert wurde, das sich primär mit diesen Fragen der „Alltagsethik“ beschäf- tigt. Abschnitt 1 geht kurz auf die Konzeption dieser Studie ein und stellt die behandelten Themengebiete vor. Anschließend werden exemplarisch die Ergebnisse zu Fragen der Patien- tenorientierung sowie der Kommunikation im zweiten und dritten Abschnitt vorgestellt. Wien und Lübeck, im Oktober 1998 Wilfried Grossmann, Giovanni Maio, Anja Weiberg ETHIK IM KRANKENHAUSALLTAG - THEORIE UND PRAXIS Grossmann, Wilfried; Maio, Giovanni; Weiberg, Anja 1

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Page 1: Angewandte Ethik im Krankenhaus Theorie und Praxis · PATIENT Informed Consent Rechte Krankheit Befinden Orga-nisation Gesetze Haltungen N O R M E N W E R T E R E F L E X I O N Verant-wortung

EINLEITUNG

Betrachtet man die Literatur zur Medizinethik, so stehen neben dem Forschungsaspekt

- aktuell etwa durch die Diskussion über Gentechnik repräsentiert - vielfach Fragen zum Be-

ginn und Ende des Lebens sowie zum Umgang mit Extremsituationen bei schweren Erkran-

kungen im Vordergrund. Diese Fälle decken aber nur einen relativ kleinen Teil der medizini-

schen Interventionen ab. In der Mehrzahl der Fälle haben es Ärzte, Therapeuten und Pfleger

mit weniger spektakulären Fällen zu tun - Chirurgen etwa mit Standardoperationen, Intensiv-

pfleger mit der relativ kurzen postoperativen Nachbetreuung von Patienten oder Internisten

mit der Behandlung von Stoffwechselerkrankungen.

Der Umgang mit Kranken ist in der Medizinethik durch den Begriff des Informed

Consent geprägt, der als anzustrebendes Ideal dargestellt wird und dessen Umsetzung sicher

wünschenswert ist. Nur in wenigen Fällen aber wird der Arzt es mit medizinisch vorgebilde-

ten Patienten zu tun haben, die sich auf eine Behandlung körperlich und geistig so vorbereiten

können, wie es etwa in einem Aufsatz von Hansen [2] beschrieben ist. In vielen Fällen kommt

der Patient hingegen mit akuten Schmerzen oder Krankheiten zu einem Arzt bzw. in das

Krankenhaus und erwartet eine rasche medizinische Intervention.

Relativ wenig Raum nimmt im Rahmen der theoretischen Diskussion das Problem der

Bewältigung der Krankheit durch den Patienten ein, die zum einen eine partnerschaftlich de-

finierte Behandlung beinhaltet und zum anderen vielfach eine Betreuung über einen langen

Zeitraum verlangt. In einzelnen Bereichen, etwa der Altenbetreuung, der Sterbebegleitung

oder der Psychiatrie sind dies sehr wohl Themen der Medizinethik, vielfach entsteht aber der

Eindruck, daß dieser Bereich der Medizinpsychologie überlassen wird.

Diese Beobachtungen waren unter anderem ein Grund dafür, daß vom Institut für E-

thik in der Medizin an der Universität Wien ein Forschungsprojekt über die Ethik im Kran-

kenhausalltag initiiert wurde, das sich primär mit diesen Fragen der „Alltagsethik“ beschäf-

tigt. Abschnitt 1 geht kurz auf die Konzeption dieser Studie ein und stellt die behandelten

Themengebiete vor. Anschließend werden exemplarisch die Ergebnisse zu Fragen der Patien-

tenorientierung sowie der Kommunikation im zweiten und dritten Abschnitt vorgestellt.

Wien und Lübeck, im Oktober 1998

Wilfried Grossmann, Giovanni Maio, Anja Weiberg

ETHIK IM KRANKENHAUSALLTAG - THEORIE UND PRAXIS

Grossmann, Wilfried; Maio, Giovanni; Weiberg, Anja

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Page 2: Angewandte Ethik im Krankenhaus Theorie und Praxis · PATIENT Informed Consent Rechte Krankheit Befinden Orga-nisation Gesetze Haltungen N O R M E N W E R T E R E F L E X I O N Verant-wortung

1. METHODISCHE KONZEPTION DER STUDIE

Im Gegensatz zur meist fallorientierten Abhandlung von ethischen Problemen, die sich

vielfach an einem abstrakten Raster orientieren, sollten im Rahmen der Studie die individuel-

len Handlungsmotive in konkreten Situationen durch die Betroffenen selbst beschrieben wer-

den. Dabei wurde davon ausgegangen, daß nicht nur der Arzt eine entscheidende Rolle spielt,

sondern alle heilenden Berufe einzubeziehen sind.

Aus diesem Grund war eine zentrale Überlegung während der Planungsphase, daß die

ethischen Probleme im Krankenhaus im individuellen, sozialen sowie institutionellen Bereich

betrachtet werden müssen und hierbei alle betroffenen Berufsgruppen einzubeziehen sind.

Thematische Schwerpunkte sollten daher die Beziehungen zwischen Patient und Angehörigen

der heilenden Berufe, Entscheidungsprozesse (Organisation und Kommunikation) im Kran-

kenhaus, Mittelverteilung, Patientenrechte und Verschwiegenheitspflicht sein. Diese waren

durch das Personal selbst darzustellen. Da die Feststellung ethischer Probleme häufig nur

durch die Beschreibung konkreter Einzelfälle deutlich wird, schien eine rein quantitative Ana-

lyse nicht zielführend. Stattdessen wurde der Versuch unternommen, sich den Problemstel-

lungen über qualitative Methoden zu nähern. Dem qualitativen Ansatz entsprechend sollte

dabei nicht das Testen von vorgefertigten Hypothesen im Vordergrund stehen, sondern das

Aufdecken von Strukturen und die Identifikation von Problemfeldern, die sich im Zusam-

menhang mit den oben genannten medizinethischen Themen im Krankenhausalltag ergeben.

Dadurch sollte sich überdies die Möglichkeit bieten, wünschenswerte Veränderungen vorzu-

schlagen.

Um diesen Problemkreisen gerecht zu werden, erschien das auf einem Interviewleitfa-

den beruhende themenzentrierte Interview als Erhebungsmethode am geeignetsten. Zur detail-

lierten Ausformulierung eines derartigen Interviewleitfadens wurde zunächst ein Team gebil-

det, in dem alle Berufsgruppen vertreten waren – Ärzte, Pflegekräfte und Ausbildner, Ange-

hörige der medizinisch-technischen Dienste, Psychologen, Seelsorger und Verwaltungsange-

stellte. Es wurden Gruppen gebildet, die versuchten, die ethischen Fragestellungen aus der

Sicht der verschiedenen Berufsgruppen, vom Standpunkt der Organisation und der Wirt-

schaftlichkeit und im Zusammenhang mit der Arzt-Patienten-Beziehung zu erarbeiten. Dabei

entwickelte sich ein Modell, das schematisch in Abbildung 1 dargestellt ist.

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PATIENTInformedConsent

Rechte

Krankheit Befinden

Orga-nisationGesetze

Haltungen

N O R M E N

WERTE

REFLEXION

Verant-wortung

Empathie

Mittel-verteilung

Qualität

ÄrztIn PflegerIn TherapeutInKommuni-kation

Kommuni-kation

Kommunikation

Behandlung BetreuungKommunikation

H A N D L U N G E N

Abbildung 1: Schematische Darstellung des Systems Krankenhaus für die Studie

Die Rechtecke symbolisieren die betroffenen Personengruppen: auf der einen Seite die

Patienten, auf der anderen die Angehörigen der heilenden Berufe, vereinfacht als ÄrztIn,

PflegerIn und TherapeutIn bezeichnet1. Das Verhalten und die Interaktion zwischen diesen

Gruppen ist durch eine Reihe von Faktoren bestimmt, die durch Kreise symbolisiert sind. Die

unmittelbare Beziehung zwischen diesen Faktoren und den einzelnen Personengruppen ist

durch die nicht beschrifteten Pfeile dargestellt. So sind zum Beispiel für den Patienten seine

Krankheit und sein Befinden wesentlich, und in bezug auf diese Krankheit hat er auch speziel-

le Rechte. Die Angehörigen der heilenden Berufe sind einerseits durch Gesetze und organisa-

torische Rahmenbedingungen des Krankenhauses in ihrem Verhalten festgelegt, andererseits

spielen Haltungen eine zentrale Rolle.

Die Interaktion zwischen diesen Personengruppen ist durch die beschrifteten Pfeile

symbolisiert. Das Personal steht mit den Patienten auf den drei Ebenen Behandlung, Betreu-

ung und Kommunikation in Beziehung. Zwischen den einzelnen Gruppen der heilenden Beru-

fe ist die Kommunikation von zentraler Bedeutung. Vom ethischen Standpunkt sind primär

1 Um eine bessere Lesbarkeit des Textes zu gewährleisten, wird im folgenden bei den Berufs-bezeichnungen bewußt auf eine geschlechtsneutrale Formulierung, wie ÄrztInnen oder Pfle-gerIn, verzichtet.

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jene Begriffe von Interesse, die auf der rechten Seite als Rauten symbolisiert sind. Beispiel-

haft wurden die Begriffe Informed Consent, Verantwortung, Empathie, Mittelverteilung und

Qualität genannt. Die Handlungen der Angehörigen der heilenden Berufe sind in einem Re-

gelkreis zu sehen, der durch die Begriffe Werte, Handlungen, Normen und Reflexion gekenn-

zeichnet ist. Es versteht sich von selbst, daß dieses Schema eine starke Vereinfachung ist und

Wechselwirkungen der Übersichtlichkeit halber nicht dargestellt werden. So besteht bei-

spielsweise eine Beziehung zwischen Krankheit und Befinden oder Gesetzen und Haltungen.

Als Ergebnis dieser ersten Analyse ergab sich ein Interviewleitfaden, der in die fol-

genden Themenkreise gegliedert war: Grundhaltungen, Kommunikation, Rechte, Organisati-

on und Wirtschaftlichkeit. Daneben wurde auch noch eine Reihe von statistischen Fragen zur

Ausbildung aufgenommen. Der Interviewleitfaden findet sich im Anhang.

Aufgrund des Umfangs des Fragebogens und der vorhandenen finanziellen und perso-

nellen Ressourcen ergab sich eine Obergrenze von etwa 170 Interviews. Entsprechend den

allgemeinen Grundsätzen der qualitativen Forschung wurde bei der Auswahl der Population

nicht so sehr auf die Repräsentativität als auf die Angemessenheit hinsichtlich der Fragestel-

lungen Wert gelegt [vgl. 4: 193 ff]. Um typische Fälle von Situationen zu erhalten, mit denen

die Angehörigen der heilenden Berufe konfrontiert sind, war von Beginn an klar, daß nicht

spezielle Krankheiten oder bestimmte Patientenklassen im Vordergrund stehen sollen, son-

dern das gesamte Spektrum der Fälle, mit denen sich Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte im

Krankenhaus konfrontiert sehen, einbezogen werden muß. Insgesamt konnten 156 Personen

befragt werden. Um mögliche Differenzierungen zu erfassen, wurden folgende Struktur-

merkmale als Planungsraster verwendet:

• Krankenhaustypen: Es sollten sowohl Krankenhäuser im städtischen und ländlichen Be-

reich als auch Universitätskliniken miteinbezogen werden. Daneben wurden auch die un-

terschiedlichen Rechtsformen (öffentlich oder privat) berücksichtigt. Die Auswahl fiel auf

das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien, das Sozialmedizinische Zentrum Ost

in Wien, das Landeskrankenhaus Oberwart, das Landeskrankenhaus Scheibbs und die Uni-

versitätskliniken in Graz.

• Stationstypen: Um ein breites Spektrum von Stationen zu erfassen, wurden in allen oben

genannten Krankenhäusern, soweit verfügbar, folgende Stationen ausgewählt: Chirurgie,

Gynäkologie, Intensivstationen, Interne Abteilungen, Kinderkliniken und Psychiatrie.

• Funktionen: Auf den einzelnen Stationen wurden Primarärzte, Oberärzte, Assistenzärz-

te, Turnusärzte, Stationsschwestern, Diplomschwestern und Pflegehelfer befragt. Überdies

interviewte man auch Oberinnen, Physiotherapeuten und Schüler.

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Die Interviews wurden im Frühjahr 1996 gemeinsam mit dem Dr. Fessel + GfK Insti-

tut, Wien durchgeführt. Insgesamt konnten 156 Interviews realisiert werden. Die folgenden

Grafiken geben eine nach Geschlechtern getrennte Darstellung der Verteilung der Befragten

auf den einzelnen Funktionen und Stationen:

Funktion

TherapeutSchüler

PrimarO.Arzt

Ass.ArztTurnusarzt

Stat.Schw.Dipl.Schw

Pfl.HelferOberin

Anz

ahl

30

25

20

15

10

5

0

Geschlecht

Missing

weiblich

maennlich

Abbildung 2: Verteilung der Interviewten nach Geschlecht und Funktion

Station

PsychiatrieKinder

InterneIntensiv

GynäkologieChirurgie

Anza

hl

20

15

10

5

0

Geschlecht

Missing

weiblich

maennlich

Abbildung 3: Verteilung der Interviewten nach Geschlecht und Station

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Aus diesen Darstellungen wird deutlich, daß die traditionelle rollenspezifische Vertei-

lung der Geschlechter noch immer vorherrschend ist. Lediglich im Bereich der jüngeren Ärzte

(Turnusärzte und Assistenzärzte) zeigt sich ein gewisser Wandel. Entsprechend der stark hie-

rarchischen Gliederung des Krankenhauspersonals sind auch das Alter und die Dauer im Be-

ruf bei den einzelnen Befragten ziemlich klar vorgegeben. Die folgende schematische Darstel-

lung der Altersverteilungen macht dies deutlich:

77151812141722125N =

Funktion

TherapeutSchüler

PrimarO.Arzt

Ass.ArztTurnusarzt

Stat.Schw.Dipl.Schw

Pfl.HelferOberin

Alte

r

70

60

50

40

30

20

10

101

85

89

63

58

Abbildung 4: Altersverteilung in den einzelnen Berufsgruppen

Lediglich im Bereich der diplomierten Pflegekräfte zeigt sich ein differenzierteres

Bild: Etwa 50% der Pflegenden haben eine relativ kurze Berufserfahrung (fünf Jahre), die

zweite Gruppe weist eine lange Berufserfahrung mit mehr als zehn Jahren auf. Dies entspricht

durchaus der Realität in den Pflegeberufen.

Die Auswertung der Interviews orientierte sich im wesentlichen am Konzept der quali-

tativen und quantitativen Inhaltsanalyse, wie sie von P. Mayring [6: 91ff] und S. Lamnek [4:

191ff] dargestellt ist. Zwei Gründe waren für diese Methodenwahl ausschlaggebend: Zum

einen sollte die Auswertung durch die Theorie der Medizinethik geleitet werden, zum anderen

lag ein relativ umfangreiches Textmaterial vor (die durchschnittliche Länge eines Interviews

beträgt 15-20 Seiten in der Transkription), das andere qualitative Analyseverfahren (wie z.B.

die objektive Hermeneutik) nicht praktikabel machte. Von den drei in Mayring genannten

inhaltsanalytischen Grundformen orientierte man sich primär an der Methode der Zusammen-

fassung, die versucht, ein überschaubares Korpus zu bilden, welches noch immer das Grund-

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material abbildet, sowie an der Methode der Strukturierung mit dem Ziel, das Material nach

bestimmten Kriterien einzuschätzen.

Um der Vielschichtigkeit des Materials gerecht zu werden erfolgte die Auswertung

durch eine interdisziplinären Gruppe, die sich aus acht Personen zusammensetzte: W. Gross-

mann (Statistiker), F. Haslinger (Theologe), B. Maier (Ärztin), G. Maio (Medizinethiker), A.

Mühlgassner (Medizinjournalistin), Ch. Schmitt (Theologe), W. Schuch (Pädagoge), A. Wei-

berg (Philosophin). Unterstützt wurde das Team von Mitarbeitern des Fessel-Institutes.

Nach der Sichtung von etwa 25 Prozent des Materials ergaben sich erste Kategorien,

die anhand von Ankerbeispielen belegt wurden. In Kleingruppen erfolgte dann die Bearbei-

tung des gesamten Materials nach diesen anfangs entwickelten Richtlinien, wobei die einzel-

nen Ergebnisse immer durch gemeinsame Arbeitssitzungen diskutiert und reflektiert wurden.

Da in unterschiedlichen Interviewpassagen Aussagen zu gleichen Themenbereichen

aus verschiedenen Perspektiven angesprochen wurden, war eine flexible Verknüpfung der

einzelnen Antworten notwendig. So gab es z. B. eine Frage nach dem Stellenwert der Ver-

schwiegenheitspflicht und eine andere über die Weitergabe von Information an Dritte trotz

der Verschwiegenheitspflicht. Im Vergleich der einzelnen Aussagen zu diesen thematisch

zusammenhängenden Fragen wird das ethische Spannungsfeld im Krankenhausalltag beson-

ders deutlich. Zur Unterstützung dieser Tätigkeit wurde mit dem Analysesystem WINMAX

gearbeitet, das sich im Rahmen des Projektes sehr bewährt hat. Als besonderer Vorteil dieses

Systems erwies sich die Tatsache, daß eine Auswertung durch mehrere Arbeitsgruppen tech-

nisch unterstützt wird.

Entsprechend der Gliederung des Interviewleitfadens und der Zielsetzung ergaben sich

die folgenden vier Themenkomplexe für die endgültige Darstellung:

• Grundhaltungen: Diese betreffen nicht die Einstellung der Befragten zu unterschiedli-

chen Positionen der theoretischen Ethik, sondern im Sinne von H.-M. Sass [7: 217f.] zu für

den medizinischen Bereich wesentlichen ethischen „Halbfertigprodukten“, die durch Beg-

riffe wie Mitleid, Bedürftigkeit oder Motivation zur Arbeit charakterisiert sind.

• Patientenorientierung: Hier steht einerseits die allgemeine Haltung der Befragten zu ei-

ner ganzheitlichen Betrachtung des Patienten und seiner Krankheit im Vordergrund, ande-

rerseits die Frage, wie Patienten in die Behandlung miteinbezogen werden und wie das

Personal den einzelnen Patienten bei der Bewältigung seiner Krankheit unterstützt. Ein

zentraler Aspekt ist in diesem Zusammenhang auch die Schmerzbehandlung.

• Organisation und Kommunikation: Dieser Punkt beschäftigt sich mit den organisatori-

schen Rahmenbedingungen, insbesondere mit der Frage, wie Entscheidungsprozesse auf

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den Stationen in konkreten Situationen ablaufen und wie die Kommunikation zwischen

Personal und Patient sowie zwischen den Angehörigen der heilenden Berufe untereinander

organisiert ist.

• Rechtliche und ökonomische Fragen: Im Rahmen dieses Themenkomplexes stehen vor

allem der konkrete Umgang mit Patientenrechten, das Problem der Verschwiegenheit ge-

genüber Dritten sowie ethische Probleme im Zusammenhang mit der Mittelverteilung im

Vordergrund.

Bei der Aufbereitung des Materials wurde primär die Form des zusammenfassenden

Protokolls gewählt. Durch Zusammenfassung der einzelnen Kategorien zu allgemeinen, über-

geordneten Kategorien war es auch möglich, deskriptive Systeme zu entwickeln. Im Bereich

der Aufklärung wurden beispielsweise die Antworten auf die Frage nach umfassender Infor-

mation bei schwerer Erkrankung nach dem Schema „dafür“, „dagegen“, „teilweise“, „weiß

nicht“ kategorisiert. Diese Einteilung erlaubte in der Folge eine statistische Auswertung hin-

sichtlich der durch den Planungsraster definierten Strukturmerkmale. Auch wenn man sich

bewußt sein muß, daß bei einer qualitativen Studie nicht von einer Repräsentativität im stren-

gen statistischen Sinn gesprochen werden kann, so zeigen sich doch bei einigen Themen deut-

lich funktionsspezifische, stationsspezifische und krankenhausspezifische Haltungen und

Vorgaben. So lautet beispielsweise ein Ergebnis der Studie, daß angesichts der Bedeutung des

Themenkomplexes Ethik und Wirtschaftlichkeit sehr wohl krankenhausspezifische Unter-

schiede festzustellen sind. Ebenso wird bei den Antworten zu anderen Fragen deutlich, daß

hinsichtlich der Grundhaltungen bei den Pflegekräften eher eine einheitliche Linie zu finden

ist als bei den Ärzten.

Im folgenden sollen einige Ergebnisse anhand zweier zentraler medizinethischer The-

men, der Patientenorientierung und der Kommunikation, dargestellt werden.

2. ERGEBNISSE AM BEISPIEL DER PATIENTENORIENTIERUNG

Als naturwissenschaftlich orientierte Disziplin, die eine qualitativ hochwertige und ob-

jektiv wirkungsvolle medizinische Behandlung für die gesamte Bevölkerung anzubieten

sucht, wird vor allem der physischen Krankheit Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl Krank-

heit als ein Zustand anzusehen ist, der sich sowohl im körperlichen und psychischen Befinden

als auch im sozialen Verhalten manifestieren kann und manifestiert. Kritische Betrachtungen

dieser einseitigen Behandlung, besonders im Rahmen der Medizinethik und der Medizinpsy-

chologie, sind bemüht, auch die beiden anderen Aspekte der Krankheit in einem wissenschaft-

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lichen Sinn zu berücksichtigen und in die Behandlung miteinzubeziehen. Von zentraler Be-

deutung sind hierbei die Interaktionen zwischen den Patienten und den Angehörigen der hei-

lenden Berufe auf sachlicher wie auf emotionaler Ebene.

Im Rahmen der Studie wurden in diesem Zusammenhang drei Aspekte näher unter-

sucht:

A Botschaft und Deutung der Krankheit: Hierbei gilt es einerseits, die Interpretation der

Begriffe bei den Befragten zu erfassen, andererseits ist festzustellen, welche Haltung die

Interviewten zu Botschaft und Deutung einer Krankheit einnehmen und ob sie im Umgang

mit den Patienten und deren Behandlung berücksichtigt werden.

B Selbstbestimmung des Patienten: Von Interesse ist in diesem Zusammenhang, ob bzw.

inwieweit Patienten in Entscheidungen über ihre Behandlung miteinbezogen werden und

wie die Angehörigen der heilenden Berufe zum Behandlungsabbruch auf Wunsch des Pati-

enten stehen. Diese Aussagen sind mit den Idealvorstellungen des Informed Consent zu

vergleichen. Überdies wird konkret nach dem Eingehen auf Wünsche des Patienten wäh-

rend der Behandlung und nach der Möglichkeit des individuellen Umgangs mit Patienten

bei gleicher Diagnose gefragt.

C Schmerzstillung: Eine der wichtigsten Ausdrucksformen der Krankheit für den Patien-

ten selbst ist der Schmerz. Da dem Schmerz somit eine zentrale Rolle zukommt, wird in

einer gesonderten Frage die Haltung der Interviewten zur Schmerztherapie und ihre kon-

krete Umsetzung auf den einzelnen Stationen erfragt.

A) Botschaft und Deutung der Krankheit

Die Auseinandersetzung mit der Botschaft bzw. der Deutung einer Krankheit ist als

Versuch anzusehen, Krankheit in einem über die Schulmedizin hinausgehenden Sinn zu inter-

pretieren und zu verstehen. Wesentlich für die Einbeziehung von Botschaft und Deutung einer

Krankheit ist die Kommunikation zwischen Angehörigen der heilenden Berufe und den Pati-

enten.

Überlegungen dieser Art sind sehr komplex und setzen ein hohes Maß an theoretischer

Reflexion voraus. Folglich ist im Rahmen dieser Fragen ein im Vergleich zu anderen Frage-

stellungen überdurchschnittlich hoher Anteil an Antworten nicht auswertbar; auch die Inter-

viewer waren zu einem großen Teil nicht in der Lage, den Befragten die Beantwortung durch

entsprechende Gesprächsführung zu erleichtern. Von den auswertbaren Antworten sind jene

der Ärzte durchgehend ausführlicher als jene des Pflegepersonals.

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Was die Botschaft einer Krankheit betrifft, so lassen sich die Antworten im wesentli-

chen vier Kategorien zuordnen:

• Botschaft als Hinweis auf ein Krankheitsbild: Hierbei geht es um Erkrankungen mit dif-

fusem Krankheitsbild, wobei die Interviewten in diesem Zusammenhang häufig die An-

sicht äußern, daß das naturwissenschaftlich orientierte kausale Erklärungsschema der Me-

dizin des öfteren an seine Grenzen stoße. In den 40 Antworten (26%) werden fast immer

Schmerzen genannt, die auf seelische oder andere Probleme hindeuten. Typisch sind auch

regelmäßig wieder auftretende Kopf- oder Bauchschmerzen. Die Patienten kommen immer

wieder in das Krankenhaus, ohne daß eine Besserung eintritt, oder die Beschwerden verla-

gern sich von einem Organ zum anderen.

• Botschaft als Hinweis auf eine bestimmte Lebensweise der Patienten: In 35 Fällen

(22%) wird auf bestimmte Streßfaktoren im Leben der Patienten hingewiesen: Zum einen

Probleme der Patienten, die zu Streß führen und damit die Krankheit auslösen, zum ande-

ren eine ungesunde Lebensweise, insbesondere Alkohol- und Nikotinkonsum.

• Botschaft als Hinweis auf die psychische Situation der Patienten: Diese Aussage zielt

auf ein ganzheitliches Erklärungsmuster ab und wird von 32 Befragten (20%) verwendet.

Diagnostiziert werden entweder eine psychosomatische Erkrankung oder eine Depression.

• Botschaft als Hinweis auf das Schicksal der Patienten: Dieses Erklärungsmuster wird

nur viermal verwendet und interpretiert den Begriff der Botschaft in eher philosophischem

Sinne, indem die Krankheit als Störung oder Disharmonie angesehen wird.

Insgesamt lassen sich unterschiedliche Interpretationen durch Ärzte bzw. Pflegekräfte

feststellen: Während die Ärzte ein psychosomatisches Erklärungsmuster bevorzugen, betonen

die Pflegekräfte soziale Faktoren und individuelle Verhaltensmuster. Interessant ist in diesem

Zusammenhang auch, daß die bei D. von Engelhardt [9] zitierten Begriffe über das Erleben

der Krankheit durch Patienten nur zu einem geringen Teil wiederholt angesprochen werden

(Schmerz, Schuld). Selten nur finden sich Argumente wie die Sicht von Krankheit als Chance

oder als Herausforderung.

Eine klare Stellungnahme zur Deutung findet man nur in 114 Interviews (73%). Diese

lassen sich im wesentlichen in die folgenden drei Kategorien einteilen, wobei die ersten bei-

den nur von neun beziehungsweise zwölf Befragten verwendet werden:

• Deutung als Interpretation der Symptome durch die Patienten: Hier benennt der Patient

seine Symptome und versucht sie zu interpretieren.

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• Deutung als ganzheitlich objektive Erklärung: Es werden sowohl die physischen als

auch die psychischen und sozialen Probleme des Patienten berücksichtigt und die Persön-

lichkeit des Patienten als Einheit dieser Faktoren betrachtet.

• Deutung als persönliche Interpretation durch die Patienten: Dieses zahlenmäßig am häu-

figsten verwendete Erklärungsmuster beinhaltet sowohl personenbezogene Diagnosen

(„der Patient kennt sich selbst am besten“) als auch psychische Probleme, die im Zusam-

menhang mit der Krankheit stehen. Auch die Verbindung von Krankheit mit Schuld wird

in diesem Zusammenhang mehrmals genannt, wobei eine derartige Verbindung aber gene-

rell abgelehnt wird.

Etwa zwei Drittel der Befragten stehen der Berücksichtigung einer Botschaft oder

Deutung von Krankheiten positiv gegenüber. Diese Befürworter argumentieren mit der Mög-

lichkeit, sich ein ganzheitliches Bild zu verschaffen und entsprechend auf den Patienten diffe-

renzierter eingehen zu können. Als wesentlicher Vorteil bei der Einbeziehung von Botschaft

und Deutung einer Krankheit wird der Informationsgewinn über die Patienten genannt. Für

den Patienten selbst wird die Auseinandersetzung mit seiner Krankheit als positiv bewertet.

Vornehmlich Ärzte artikulieren hier die Bedeutung der Deutung und Botschaft einer Krank-

heit im Rahmen einer veränderten Einstellung zur Krankheit und deren Bewältigung. Aller-

dings wird auch bei diesen Befragten, die sich grundsätzlich für die Berücksichtigung einer

Botschaft oder Deutung von Krankheiten aussprechen, einige Male eine gewisse Distanz

deutlich, da sie verschiedene Probleme inhaltlicher wie organisatorischer Art aufwerfen kann

- insbesondere im Fall von falschen Deutungen durch die Patienten. Des öfteren wird die Deu-

tung der Krankheit durch den Patienten zwar aufgenommen, man behält sich aber die Ent-

scheidung vor, ob man diese Deutung auch berücksichtigt oder nicht.

Stark abhängig ist die Rolle, die die beiden Begriffe im Rahmen der Diagnosestellung

spielen, von der Art der Krankheit: Am ehesten werden sie bei schweren oder chronischen

Erkrankungen bzw. bei Erkrankungen mit diffusem Schmerzbild bedeutsam.

Als Hindernisse für eine angemessene Berücksichtigung der Botschaft und Deutung

von Krankheiten werden vor allem organisatorische und zeitliche Probleme genannt: Um eine

ausführliche Anamnese durchführen zu können, ist eine funktionierende, oft zeitaufwendige

Kommunikation zwischen den Patienten und den Angehörigen der heilenden Berufe erforder-

lich. Oft erlaubt es gerade der Zeitmangel aber nicht, diese Beziehung zwischen Arzt und Pa-

tient aufzubauen und damit Botschaft und Deutung einer Krankheit angemessen zu berück-

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sichtigen. Überdies wird einige Male auch die mangelnde (psychologische) Ausbildung der

Angehörigen der heilenden Berufe angesprochen.

Abschließend ist festzuhalten, daß starke stationsspezifische Unterschiede bezüglich

der Berücksichtigung der Botschaft und Deutung von Krankheiten vorhanden sind. Am ge-

ringsten ist die Bedeutung der beiden Begriffe auf chirurgischen und Intensivstationen, am

größten auf gynäkologischen, psychiatrischen und Kinderstationen. Dennoch zeigt sich keine

einheitliche Linie auf einzelnen Stationen oder in einzelnen Krankenhäusern, die Interpretati-

on oder Berücksichtigung einer Botschaft und Deutung ist im wesentlichen von der Persön-

lichkeit und dem Reflexionsniveau der einzelnen Befragten abhängig.

B) Selbstbestimmung der Patienten

Für Konflikte im Bereich der Medizinethik sorgt seit einigen Jahrzehnten vor allem

die Spannung zwischen einer traditionellen paternalistischen Haltung der Ärzte einerseits und

einer immer heftiger eingeforderten Autonomie der Patienten andererseits. Grundlegende

Voraussetzung für eine vom Patienten zu treffende Entscheidung ist eine umfassende Aufklä-

rung durch den Arzt. Entsprechend wird im Rahmen der Diskussion als zentraler Begriff jener

des Informed Consent geprägt, die durch ärztliche Aufklärung unterstützte, aber selbstbe-

stimmte Einwilligung des Patienten zu einer Behandlung. Für die Angehörigen der heilenden

Berufe können sich durch ein Handeln im Sinne des Informed Consent Konflikte ergeben, die

ihrem Berufsziel des Heilens widersprechen, indem z.B. ein Patient eine Behandlung ablehnt,

weil er entweder eine andere, vom Arzt nicht angebotene Behandlung vorzieht oder aber gar

keine Behandlung in Anspruch nehmen will. Hierbei stehen die Prinzipien der Fürsorgepflicht

und der Verantwortung der Angehörigen von heilenden Berufen dem Patienten gegenüber in

Widerspruch zur Selbstbestimmung des Patienten.

Die Bedeutung einer Auseinandersetzung mit diesen Fragen wird z. B. von H. P.

Wolff aufgezeigt: Beide, Selbstbestimmung und Paternalismus, geben nur Teilaspekte der Arzt-Patienten-Beziehung wieder und sind ihrer moralischen Natur nach ambivalent. Die ethische Problematik des Paternalismus liegt in der Vernachlässigung des Selbstbe-stimmungsrechtes und in dem unsicheren Vermögen des Arztes zu wissen, was - jenseits der medizinischen Indikation - das Beste für den Patienten ist. Die ethische Problematik des Selbstbestimmungsanspruches beruht auf dem Verkennen des ero-dierenden Einflusses der Krankheit auf die Integrität und das Entscheidungsvermö-gen des Kranken. Er übersieht auch den hohen Rang, den die Fürsorge unter den moralischen Pflichten des Arztes einnimmt. [10:201f.]

B. Schöne-Seifert hält zur Arzt-Patienten-Beziehung grundsätzlich fest, daß es bei die-

ser Thematik

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zunächst weniger um spezifische Verbote oder Verpflichtungen eines Arztes in bri-santen Einzelfragen geht als um grundlegende Weichenstellungen - bezüglich der Paternalismusfrage, der Reichweite ärztlicher Fürsorgepflicht und der moralischen Ermessenspielräume von Ärzten. Angesichts der großen Bedeutung, welche die mo-derne Medizin im Leben vieler Menschen hat oder haben kann, steht hinter dem Verständnis der Arzt- und Patientenrolle auch ein wichtiges Stück gesellschaftlichen Selbstverständnisses. [8: 594]

Sie beschreibt im folgenden die drei unterschiedlichen, zur Diskussion stehenden Mo-

delle des Arzt-Patienten-Verhältnisses: Das hippokratische Modell mit dem paternalistischen

Arzt, der die Verantwortung für den Patienten übernimmt, welcher sich der Führung des Arz-

tes anvertraut; das Vertragsmodell, in dem „der Patient vom Arzt nicht mehr und nicht weni-

ger als kompetente fachliche Dienstleistungen“ erwartet; und schließlich das Partnerschafts-

modell, in welchem „der Arzt wieder näher an den Patienten heran(rückt), indem er als bera-

tender Experte eine Mitverantwortung für möglichst angemessene Patientenentscheidungen

trägt“ und ein „einfühlsames Miteinanderentscheiden“ die Regel ist [8: 595]. Die Vorzüge des

dritten Modells aus theoretischer Sicht sind eindeutig: Aus liberaler Sicht ist dabei entscheidend, daß nur das dritte Konzept Raum für un-terschiedliche Patientenbedürfnisse und -präferenzen bietet: Sollte der Patient es wünschen, kann auch hier ein Arzt anstehende Entscheidungen nach bestem eigenen Dafürhalten treffen oder sich aufs nüchterne Konstatieren von Fakten beschränken. Aber er legt sich nicht kraft seines Rollenverständnisses auf das eine oder andere fest.

Um ein Vorgehen im Sinne des Informed Consent zu ermöglichen, ist die Einbezie-

hung des Patienten in die Festlegung der Behandlung grundlegende Voraussetzung. Die in

diesem Zusammenhang gestellte Frage lautete: „Glauben Sie, sollen Patienten in Entschei-

dungen über ihre Behandlung respektiert werden? Warum sind Sie dieser Meinung?“ Diese

Fragestellung, wie weit Patienten über ihre Behandlung selbst bestimmen können, deckt den

Stellenwert auf, der dem Patienten im Krankenhausbetrieb zukommt und beleuchtet die Rolle,

die er selbst dabei spielt.

Im Rahmen dieser sehr allgemeinen Frage äußern sich 92% der Befragten positiv zur

Selbstbestimmung des Patienten. Da im Krankenhaus die Einbeziehung des Patienten in die

Behandlung zum guten Teil rechtlich geregelt ist, überrascht diese breite Zustimmung kei-

neswegs. Es ergeben sich auch keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Funktion und

den einzelnen Stationen.

Betrachtet man die Antworten allerdings im Detail, so werden doch wesentliche Un-

terschiede innerhalb dieser generellen Zustimmung deutlich. Etwa in der Hälfte der zustim-

menden Antworten verstehen die Befragten unter Einbeziehung des Patienten die einfache

Informationsweitergabe und glauben, daß damit das Selbstbestimmungsrecht zur Genüge er-

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füllt ist. Von der anderen Hälfte (31 Ärzte, 41 Pflegebedienstete) wird dem Patienten das

grundsätzliche Recht auf Selbstbestimmung über den Körper im Krankheitsfall voll zugestan-

den.

Bemerkenswert ist, daß nur in 13% der Antworten ausdrücklich das oben erwähnte,

theoretisch zu favorisierende Partnerschaftsmodell angesprochen wird, in den anderen Fällen

findet sich eine Mischung aus hippokratischem und Vertragsmodell. Es wird mehrheitlich

angenommen, daß der Patient bei entsprechender Aufklärung der Behandlung ohnedies zu-

stimmen wird, auch wenn er prinzipiell das Recht hat, diese abzulehnen.

Das eigentliche ethische Dilemma wird dann deutlich, wenn es - aus welchen Gründen

auch immer - nicht gelingt, gemeinsam mit dem Patienten eine von beiden Seiten als richtig

erkannte Behandlung zu wählen, oder aber den Patienten wenigstens im paternalistischen

Sinne von der Richtigkeit einer Behandlungsmethode zu überzeugen, denn nun wird der Arzt

mit dem Patientenwunsch nach Behandlungsabbruch konfrontiert. In dieser konkreten Situati-

on sind nur noch 55% bereit, dem Wunsch des Patienten nach Selbstbestimmung nachzu-

kommen. Die Ärzte nehmen eine Verweigerung der Behandlung durch den Patienten nicht

einfach zur Kenntnis, sondern leisten vielmehr intensive Überzeugungsarbeit und sind auch

der Meinung, daß diese meist in ihrem Sinne auf den Patienten wirkt.

Bezüglich der Berufsgruppen läßt sich festhalten, daß sich die Ärzte, insbesondere

Primarii und Turnusärzte, etwas häufiger für die Respektierung des Patientenwunsches auf

Beendigung der Behandlung aussprechen als die Pflegekräfte. Letztere beharren häufiger dar-

auf, daß ihr Auftrag das Pflegen sei, nicht das Aufgeben. Ebenso deutlich machen die Ange-

hörigen der Pflegeberufe auch, daß eine derartige Entscheidung über Wünsche bezüglich der

Behandlung des Patienten auf jeden Fall in den Kompetenzbereich des Arztes fällt.

Auch auf den Stationen zeigen sich signifikante Unterschiede: Die größte Ablehnung

gegenüber einem durch den Patienten gewünschten Behandlungsabbruch findet sich auf den

Intensivstationen, den Kinderstationen und in der Psychiatrie. Eine mögliche Erklärung könn-

te darin liegen, daß man es auf diesen Stationen doch häufig mit Patienten zu tun hat, für die

das Modell des Informed Consent nicht immer anwendbar ist. Auch die relativ hohe Ableh-

nungsquote auf den chirurgischen Stationen scheint im Hinblick auf eine vielfach eindeutige

Behandlung verständlich. Trotz dieser stationsspezifischen Unterschiede läßt sich auch hier

keine einheitliche, durch die Stationsführung vorgegebene Linie erkennen. Vielfach sind die

Antworten von Angehörigen der gleichen Station diametral entgegengesetzt, und durch die

Rolle des Befragten auf der Station geprägt.

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Nur vereinzelt wird im Zusammenhang mit der Einbeziehung des Patienten in die Ent-

scheidung über die Behandlung von Wünschen des Patienten gesprochen oder eine konkrete

Form der Berücksichtigung der Individualität des Patienten bei der Behandlung genannt. Dies

läßt den Schluß zu, daß bei diesen Fragen eher eine abstrakte Vorstellung im Vordergrund

steht. Die Individualität des Patienten wird erst bei der konkreten Frage nach unterschiedli-

cher Behandlung angesprochen. Zwei Drittel der Befragten geben an, daß eine unterschiedli-

che Behandlung trotz gleicher Diagnose durchaus vorkomme und berufen sich hier zu einem

sehr großen Teil auf die Individualität des Patienten. Auch hier scheint zwar die direkte

Einflußnahme des Patienten nur gering zu sein, aber es sind - neben medizinischen - auch

körperliche und psychische Faktoren, die eine individuelle Behandlung bedingen. Die Selbst-

bestimmung des Patienten allerdings wird nicht als Begründung für eine individuelle Behand-

lung angeführt.

Das Argument der Individualität des Patienten fehlt in den Antworten auf die Fragen

nach Selbstbestimmung des Patienten und Behandlungsabbruch völlig. Die Berücksichtigung

der Individualität scheint somit erst dann von Interesse zu werden, wenn der Patient bereits

zugesteht, sich einer Behandlung zu unterziehen. Wird die - tatsächliche oder vermeintliche -

Selbstbestimmung des Patienten thematisiert, ist es nie der einzelne Patient, sondern generell

„der Patient“ als Kategorie, der betrachtet wird. Hier werden grundsätzliche Haltungen artiku-

liert - Haltungen, die sich einerseits mehrheitlich an den gesetzlichen Gegebenheiten orientie-

ren, andererseits aber auch das Unbehagen angesichts einer Entscheidung des Patienten zum

Ausdruck bringen, wenn diese nicht im eigenen Sinn gefällt wird.

Wenn also auch von den meisten Ärzten und Pflegekräften die Selbstbestimmung des

Patienten als gewährleistet betrachtet wird, so läßt sich insgesamt doch der Eindruck gewin-

nen, daß hier noch das klassische Bild der heilenden Berufe mit paternalistischen Vorstellun-

gen und einer Betonung des Fürsorgeprinzips vorhanden ist. Nur in Ansätzen zeigt sich bei

einigen Befragten eine konsequente Wandlung zu einem Verständnis von medizinischer Be-

handlung im Sinne eines Dienstleistungssystems mit dem Arzt als Berater des Patienten.

Ähnlich verhält es sich mit Patientenwünschen. Prinzipiell kann der Wunschbegriff

unterschiedlich gedeutet werden, etwa als Wunsch im Zusammenhang mit der Therapiepla-

nung oder als Wunsch im Rahmen der Behandlung. Hier ist auffallend, daß fast durchgängig

nur die zweite Interpretation angesprochen wird. Dies deckt sich auch mit den von D. von

Engelhardt [9: 72f.] vorgestellten Ergebnissen einer Umfrage, daß der Patient hauptsächlich

persönliche und Komfortwünsche äußert. Nur von 15 Befragten werden Wünsche nach Ein-

beziehung des Patienten in die Planung seiner Therapie erwähnt. Nicht klar ist in diesem Zu-

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sammenhang, ob Wünsche dieser Art nur so selten geäußert werden, oder ob nicht auf sie

eingegangen wird. Insgesamt entsteht aber auch hier der Eindruck, daß ein Handeln im Sinne

des Patienten üblicher ist als ein gemeinsames Handeln mit ihm.

C) Schmerzstillung

Schmerz gehört für den Patienten zu den wesentlichen Ausdrucksformen seiner

Krankheit. Dieser Schmerz kann nicht auf ein physiologisches Geschehen reduziert werden,

sondern existiert ebenso auf der kognitiven, der sozialen sowie der emotionalen Ebene. Cha-

rakteristisch ist überdies die subjektive Wahrnehmung von Schmerz durch den Patienten -

eine Tatsache, die bereits bei den Fragen zur Botschaft und Deutung der Krankheit von den

Interviewten am häufigsten angesprochen wurde. Im Zusammenhang damit geht es im fol-

genden vor allem darum, ob die Befragten die Schmerzstillung in ihrem Bereich für ausrei-

chend erachten oder nicht. Laut einer UN-Statistik liegt der Einsatz von Medikamenten zur

Schmerzbehandlung in Österreich mengenmäßig lediglich im unteren Mittelfeld der europäi-

schen Staaten [vgl. 3: 114ff.].

Insgesamt sind 59% der Befragten der Ansicht, die Schmerzstillung in ihrem Bereich

sei sehr gut, gut, oder - wie in den meisten Fällen - ausreichend. Knapp 22% äußern sich da-

hingehend, daß zu wenig Schmerzmittel verabreicht würden. Aus den restlichen Antworten

lassen sich keine klaren Stellungnahmen eruieren. Bezüglich der stationsspezifischen Unter-

schiede läßt sich das negativste Bild auf den internen Stationen feststellen: hier sind nur mehr

50% der Meinung, die Schmerzstillung sei ausreichend, während über 32% über zu wenig

Vergabe von Schmerzmitteln klagen.

Bemerkenswert erscheint im Rahmen der Antworten auf diese Frage, daß sowohl in

den positiven wie in den negativen Äußerungen häufig Probleme mit der Schmerzstillung

angesprochen werden. Insgesamt 66 Personen (48,9% der auswertbaren Antworten, davon 36

Ärzte und 30 Pflegekräfte) machen Aussagen über Probleme in der Schmerzbehandlung. Die

genannten Probleme lassen sich in zwei Gruppen unterteilen:

• Medizinische Probleme: Hier werden krankheitsbedingte Probleme (schmerzintensive

Krankheitsbilder, Kontraindikationen), patientenbedingte Probleme (keine Mitteilung über

Schmerzen, Schmerztherapie bei Säuglingen und Kleinkindern) sowie Behandlungsprob-

leme (schlechte Dosierung, fehlende Aufklärung, undifferenzierte Schmerztherapie) ge-

nannt.

• Organisatorische Probleme: Den größten Anteil haben in diesem Zusammenhang tradi-

tionsbedingte Vorurteile (26 Nennungen) - eine Problematik, die vor allem von Ärzten er-

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kannt wird und ihre Basis in der grundsätzlichen Haltung der Gesellschaft zum Schmerz

haben dürfte. Probleme der Kompetenz und der Ausbildung äußern sich im unsicheren

Umgang mit Analgetika, der meist zu einer Unterdosierung führt, im Konkurrenzkampf

zwischen Ärzten, in Fragen nach der Zuständigkeit und in Forderungen nach Schulungen

(auch für Pflegekräfte). An internen organisatorischen Problemen werden schließlich noch

die mangelnde Informationsweitergabe beim Dienstwechsel, Unerreichbarkeit von Spezia-

listen im Notfall, Zeit- und Personalmangel genannt.

Grundsätzlich läßt sich festhalten, daß die hohe Anzahl an positiven Aussagen über

die Schmerzstillung nicht durch konkrete oder auch nur allgemeine Angaben über die Art und

Weise, wie diese Zufriedenheit zustande kommt, gedeckt werden. Weit häufiger als konkrete

Erläuterungen zur Schmerztherapie finden sich Aussagen über Probleme mit der Schmerzstil-

lung. Besonders kritisch sind hierbei Turnusärzte eingestellt, während einige ältere Ärzte der

Meinung sind, daß sich die Situation in Österreich in den letzten Jahren bereits etwas gebes-

sert habe. Angaben über offensichtlichen Mißbrauch hingegen sind nur vereinzelt anzutreffen,

geben aber in diesen wenigen Fällen Anlaß zu großen Bedenken, wenn z.B. von einer Physio-

therapeutin berichtet wird, daß „Rückenpatienten“ mehr Schmerzmittel verabreicht werden,

damit diese sich selbst versorgen können, um auf diesem Weg Personal und Zeit einzusparen.

Lediglich von zwei Befragten (beide aus der psychiatrischen Klinik) wird die Frage

der oben erwähnten ganzheitlichen Betrachtung des Schmerzes angesprochen, indem zwi-

schen physischem und seelischem Schmerz differenziert wird.

Zusammenfassung

Eine gemeinsame Betrachtung der in diesem Kapitel behandelten Fragen ergibt fol-

gendes Bild: Vorstellungen einer Botschaft bzw. einer Deutung von Krankheiten werden zu

einem großen Teil sowohl von Ärzten als auch von Pflegekräften akzeptiert. Auch wird zwi-

schen der von Ärzten wahrzunehmenden Botschaft einer Krankheit und der Deutung der

Krankheit durch den Patienten differenziert. Das geringste Bewußtsein für Botschaft bzw.

Deutung einer Krankheit läßt sich auf chirurgischen Stationen feststellen - dort akzeptiert man

somit auch am wenigsten für den Patienten mit diesen Fragen verbundene Probleme. Generell

ist aber keine einheitliche Stationslinie vorgegeben, es gibt genügend Spielraum für persönli-

che Entscheidungen. Bei den Ärzten sind generationsspezifische und somit meist hierarchi-

sche Unterschiede erkennbar: Primarärzte artikulieren eine andere Haltung als Turnusärzte,

wobei letztere ein weniger naturwissenschaftliches Verständnis zeigen.

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Bei Ärzten wie Pflegekräften überwiegen beispielhafte Antworten - ein konkreter Be-

zug zu Erfahrungen am Arbeitsplatz wird hergestellt. Erwartungsgemäß tendieren Pflegekräf-

te, die weit mehr Zeit mit dem Patienten verbringen, eher zu einer persönlich am Patienten

orientierten Betrachtung, während Ärzte primär die Krankheit sehen und die Persönlichkeit

des Patienten in diesen medizinischen Rahmen einzubinden suchen - unter Berücksichtigung

psychosomatischer Phänomene.

Generell ist ein Mangel in der Ausbildung zu konstatieren, wenn es darum geht, mit

einem Patienten umzugehen und zu kommunizieren, der über medizinische Probleme hinaus-

gehend persönliche Probleme artikuliert. Zunächst völlig unvorbereitet, kann der Arzt erst im

Krankenhaus am einzelnen Patienten lernen; in der Organisation ist ein Umgang mit solchen

Problemen nicht verankert. In diesem Zusammenhang stellt der Massenbetrieb im Kranken-

hausalltag sicher eine weitere Schwierigkeit dar.

Des weiteren läßt sich eine Diskrepanz zwischen diesen theoretischen Aussagen und

konkreten Antworten auf Fragen nach der Selbstbestimmung des Patienten bei der Behand-

lung, nach Patientenwünschen sowie nach der Schmerzstillung nicht übersehen: Bedingt

durch die spezifische Situation im Krankenhaus haben medizinische Belange eindeutig Priori-

tät. Psychische Belange des Patienten werden häufig als Hintergrundinformation aufgenom-

men, finden aber in ihren Inhalten nur nach Maßgabe von organisatorischen und zeitlichen

Möglichkeiten Verwendung. Psychische und soziale Probleme werden somit von den Ange-

hörigen der heilenden Berufe zwar wahrgenommen, scheinen aber kein zentraler Bestandteil

der Kommunikation zwischen den Mitarbeitern zu sein. Vielmehr ist das Verhalten stark von

der Persönlichkeit der einzelnen Ärzte und Pflegekräfte abhängig.

Auch innerhalb der Aussagen zur Selbstbestimmung des Patienten wird die Diskre-

panz zwischen theoretischen Aussagen und konkreten Handlungsbeschreibungen deutlich.

Die allgemeinen Antworten sind stark durch rechtliche Argumente geprägt und stehen nicht

selten in direktem Widerspruch zu den danach beschriebenen konkreten Handlungen. Die

tatsächliche Selbstbestimmung des Patienten ist weit reduzierter als von den Befragten zu-

nächst artikuliert. Auch die Erfüllung von Patientenwünschen vermag diesen Eindruck nicht

zu entkräften, da diese nicht mit der Selbstbestimmung des Patienten begründet wird, sondern

im wesentlichen in sehr konventionellem Sinne gesehen und häufig auf körperliches Wohlbe-

finden und Komfort reduziert wird.

Die Individualität des Patienten wird hier anläßlich kollidierender grundsätzlicher Ein-

stellungen (Patientenautonomie versus Fürsorgepflicht) vollkommen vernachlässigt. Interes-

sant ist in diesem Zusammenhang auch, daß Äußerungen dieser Art nicht auf jene Personen

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beschränkt sind, die spektakuläre Fälle erwähnen (z.B. mit den Zeugen Jehovas), sondern von

fast allen Befragten gemacht werden. Mit einer Behandlungsablehnung durch den Patienten

beispielsweise will man sich nicht einfach abfinden, sondern man wird seine Aufklärungsar-

beit intensivieren bzw. ausdrücklich Überzeugungsarbeit leisten, den Patienten zu überreden

versuchen, um ihn doch noch zur Annahme der Therapie zu bewegen. So erscheint das „Ja“

der Mehrheit eher ein plakatives, vorschriftsgetreues zu sein, welches im Krankenhausalltag

bewußt oder unbewußt immer wieder eingeschränkt wird. Hierbei ist auch zu bedenken, wo

Patientenautonomie aufhört und Paternalismus beginnt. Denn es geht ja nicht nur um offen-

sichtliche Fälle von Bevormundung des Patienten durch den Arzt, sondern streng genommen

kann auch bereits eine nicht ganz ausgewogene Information (die z. B. die Nachteile im Fall

einer Behandlungsverweigerung überbetont) oder aber auch die sogenannte „barmherzige

Lüge“ im Fall von Patienten mit schlechter Diagnose als paternalistisches Verhalten angese-

hen werden.

In diesem Zusammenhang fällt auf, daß jene theoretischen Modelle der Arzt-

Patienten-Beziehung, wie sie die Medizinethik entwirft, von der Praxis, vom Krankenhausall-

tag, nicht selten weit entfernt sind. Das theoretisch zu favorisierende Partnerschaftsmodell ist

als weitgehend nicht realisiert zu betrachten, stattdessen scheint eher eine Mischung des Ver-

trags- und des hippokratischen Modells üblich zu sein.

Angesichts der Aussagen zur Schmerzstillung schließlich wird deutlich, daß nach wie

vor ein gewisses Defizit in Österreich besteht. Traditionelle Vorurteile sind verbreitet, Aus-

bildungs- und organisatorische Probleme (insbesondere die Frage nach Zuständigkeit) ver-

stärken die Problematik. Lediglich im postoperativen und Intensivbereich scheint die

Schmerzbehandlung internationalem Standard zu entsprechen. Bei den Turnusärzten ist ein

gewisser Gesinnungswandel spürbar. Generell läßt sich bei Ärzten ein größeres Bewußtsein

für Mängel im Bereich der Schmerzstillung feststellen als bei Pflegekräften.

3. ERGEBNISSE AM BEISPIEL DER KOMMUNIKATION

Im Krankenhaus stellt die Kommunikation einen zentralen Bereich dar - sowohl die

Kommunikation mit dem Patienten als auch die Kommunikation der Angehörigen der heilen-

den Berufe untereinander. Der Patient hat es nicht mit einer, sondern mit einer Gruppe von

Betreuungspersonen zu tun, die er überdies nicht selbst gewählt hat. Eine Bezugsperson muß

somit erst gefunden werden - womit noch nicht gesichert ist, ob diese Bezugsperson dann

auch berechtigt ist, mit ihm (medizinische) Gespräche zu führen bzw., ob sie über die not-

wendigen Kompetenzen zur Gesprächsführung verfügt. Die in den letzten Jahrzehnten immer

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wieder geforderte ausbalancierte Partnerschaftlichkeit der Beziehung zwischen Arzt und Pati-

ent wird gerade im Krankenhausalltag häufig nicht herzustellen sein. Eine Aufhebung des

Informationsgefälles zwischen Arzt und Patient scheint nicht nur in den Fällen auf Grenzen

der Realisierbarkeit zu stoßen, in denen der Patient eventuell ohne Bewußtsein ist oder akute

Erkrankungen ein schnelles Handeln erfordern, sondern auch dadurch, daß Ärzte häufig unter

großem Zeitdruck stehen bzw. eine Kontinuität in der Patientenbetreuung nicht gegeben ist.

Zweifellos hilfreich wäre in diesem Zusammenhang ein funktionierender Kommunikati-

onsfluß zwischen Ärzten und Pflegekräften, da die Pflegekräfte, die weitaus mehr Zeit mit

dem Patienten verbringen, besser über die Persönlichkeit des Patienten (z.B. seine Werthal-

tungen) informiert sind. Aus diesen Vorüberlegungen ergeben sich folgende drei Aspekte der

Kommunikation im Krankenhaus, die wir näher untersuchen wollen:

A Aufklärung des Patienten

B Einbeziehung der Pflegeberufe in die Aufklärung

C Supervision

A) Aufklärung des Patienten

Im Zusammenhang mit der Frage, welche Bedeutung Aufrichtigkeit hat und wie sie

sich auf die Arbeit auswirkt, spricht die überwiegende Mehrheit der Befragten der Wahrheit

am Krankenbett große Bedeutung zu. An Auswirkungen auf die Arbeit werden im wesentli-

chen zwei genannt: zum einen, daß Aufrichtigkeit zentraler Bestandteil des Vertrauens zwi-

schen dem Patienten und den Angehörigen der heilenden Berufe sei, zum anderen, daß Unauf-

richtigkeit häufig ein belastendes Moment sowohl für den Patienten als auch für das Personal

darstelle. Auf beiden Seiten bewirkt Unaufrichtigkeit Verunsicherung - eine Verunsicherung,

die enorme Auswirkungen auf Kommunikation und Beziehung zwischen dem Patienten und

den Angehörigen der heilenden Berufe hat. Hat der Patient das Vertrauen in die ihn Betreuen-

den verloren, entsteht eine negative Atmosphäre im Krankenzimmer, die bester Nährboden

für Kommunikationsprobleme, wie z.B. Mißverständnisse ist. Stark beeinträchtigt durch diese

Atmosphäre ist die Arbeit von Ärzten und Pflegekräften, da das Personal einerseits sich bei

der Arbeit nicht wohl fühlt, der Patient andererseits häufig die Mitarbeit verweigert. Entspre-

chend wird als Vorteil einer aufrichtigen Information das Vertrauen des Patienten genannt,

welches sich nach Ansicht der Befragten in der Folge konkret in Form einer erleichterten Ar-

beit, einer besseren Kooperation des Patienten, eines positiven Einflusses auf den Umgang

des Patienten mit seiner Krankheit sowie auf den Heilungsprozeß und schließlich einer per-

sönlichen Erleichterung der Angehörigen der heilenden Berufe auswirke. Diese Vorteile gel-

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ten auch dann, wenn der Patient die ihm mitgeteilte Diagnose zunächst nicht verkraften kann,

da durch Aufrichtigkeit - so die Meinung vieler - erst die Grundvoraussetzung für eine unter-

stützende Intervention der Betreuenden während des Verarbeitungsprozesses gegeben ist.

Die überwiegende Mehrheit der Befragten plädiert erwartungsgemäß für eine umfas-

sende Aufklärung des Patienten (92%). Interessant sind in diesem Zusammenhang aber die

Begründungsmuster, die dieser besonderen Betonung der Aufklärung zugrunde liegen: Das

entscheidungsleitende Motiv ist das Wohl des Patienten, sehr viel seltener wird der Wille des

Patienten thematisiert. Hier ist eine traditionelle Haltung unverkennbar, die die Aufklärung

nicht etwa als Grundvoraussetzung für eine selbstbestimmte Entscheidung ansieht, sondern

vielmehr als Bestandteil des Heilungsprozesses [vgl. 5]. Aufklärung dient nach Meinung einer

Vielzahl der Befragten dazu, eine bessere Kooperation des Patienten zu bewirken und den

Heilungsprozeß zu fördern. Entsprechend wird die Entscheidung über Aufklärung und Wahr-

heit am Krankenbett vor allem vom Parameter der psychischen Belastbarkeit abhängig ge-

macht. Entscheidungsleitendes Moment ist also nicht der in der bioethischen Diskussion so

oft hervorgehobene Wille des Patienten, sondern seine - durch Arzt oder Pflegekraft definierte

- psychische Belastbarkeit. Ein paternalistischer Grundtenor dieser Antworten ist bei Ärzten

wie Pflegekräften nicht von der Hand zu weisen. Wenn auch in vielen Antworten auf die

Notwendigkeit hingewiesen wird, das Weltbild des Patienten zu erfragen, so ist dabei relati-

vierend festzuhalten, daß hierfür nicht immer die Selbstsicht des Patienten erforderlich oder

ausschlaggebend ist. Einigen Befragten (5%) erscheint durchaus auch die von den Angehöri-

gen vermittelte Fremdsicht ausreichend.

Selbst jene Interviewten, die ausdrücklich mit dem Recht des Patienten argumentieren

(eine Argumentation, die vorrangig von Ärzten der oberen Hierarchieebene artikuliert wird)

berufen sich nicht auf den Patientenwillen, sondern auf die rechtliche Situation. Weder wird

das Recht auf Information direkt mit dem Willen des Patienten in Verbindung gebracht, noch

wird die Selbstbestimmtheit der Willensäußerung je thematisiert. Vielmehr wird das Recht

auf Information als legistisches Argument auch dann proklamiert, wenn es in Konflikt mit

dem Patientenwillen tritt, indem man von einer Aufklärungspflicht spricht, auch wenn der

Patient beispielsweise nicht informiert werden will. Hier hantieren die Befragten mit kategori-

schen Geboten, die das Selbstbestimmungsrecht des Kranken nicht berücksichtigen. Oft er-

folgt der Rekurs auf den Patientenwillen in dem verkürzten Sinn, die Verdrängungstendenzen

des (todkranken) Patienten respektieren zu müssen.

Das dritthäufigste Begründungsmuster ist die geistige Aufnahmefähigkeit des Patien-

ten. Genau dieses Argument ist Ausdruck einer traditionell paternalistischen Grundhaltung.

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Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß gerade bei älteren Menschen die geistige

Aufnahmefähigkeit mehrfach grundsätzlich in Frage gestellt wird, ohne hierbei die tatsächli-

che Aufnahmefähigkeit zu berücksichtigen oder zu eruieren. Diese stereotype Gleichsetzung

von Betagtheit und reduzierter Aufnahmefähigkeit führt einige Male dazu, daß auch bei ein-

willigungsfähigen älteren Patienten auf eine umfassende Aufklärung verzichtet wird.

Zum Aufklärungsgespräch selbst (vor allem bei schweren Erkrankungen) wird von

den meisten Befragten auf den prozessualen Charakter verwiesen sowie auf die Notwendig-

keit, daß man dem Patienten nie all seine Hoffnung nehmen dürfe. Auch in diesen Antworten

dominiert das Prinzip der Fürsorge: Den meisten Befragten erscheint es weniger tragisch, dem

Patienten etwas zu verschweigen als ihn durch umfassende Information eventuell zu überfor-

dern. Wie bereits im Rahmen der Patientenorientierung wird hier ein Bild der heilenden Beru-

fe vermittelt, das eher den beschützenden und beistehenden Helfer hervorhebt als den auf

Symmetrie ausgerichteten Gesprächspartner.

Bemerkenswert ist der Mangel an Reflexion über die eigene Kompetenz, Aufklä-

rungsgespräche zu führen, obwohl 18% der Befragten der Meinung sind, daß auf der jeweili-

gen Station keine umfassende Aufklärung betrieben würde. 40% der Befragten erklären, die

Aufklärung auf der Station sei „teilweise umfassend“ und nur 30% der Befragten sind der

Meinung, die Aufklärung auf der Station sei tatsächlich „umfassend“. Diese häufig beklagten

Defizite werden zum überwiegenden Teil der vermeintlich fehlenden Gesprächskompetenz

der jeweils anderen Berufsgruppe zugeschrieben. Die in diesem Zusammenhang am häufigs-

ten geäußerten Kritikpunkte sind neben patientenbezogenen Gründen für Kommunikations-

probleme (wie vor allem Verdrängungsmechanismen) mangelndes Eingehen auf den unter-

schiedlichen Sprachcode von Ärzten und Patienten, zu schnelle und nicht am Patienten orien-

tierte Aufklärung, Unsicherheit der Ärzte angesichts schwerer Erkrankungen sowie mangeln-

de Ausbildung in Kommunikationsfragen.

B) Einbeziehung der Pflegeberufe in die Aufklärung

Jahrhundertelang war medizinische Ethik mit ärztlicher Ethik gleichzusetzen, allmäh-

lich aber scheint der Arzt seine prominente Rolle als Entscheidungsträger zugunsten des han-

delnden Teams verloren zu haben. Gerade das Selbstverständnis der Pflege macht in den letz-

ten Jahren einen enormen Wandel durch. Vor diesem Hintergrund soll im folgenden Abschnitt

eruiert werden, inwieweit die Angehörigen der Pflegeberufe faktisch am Aufklärungsgespräch

beteiligt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß diese Frage im wesentlichen das diplo-

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mierte Personal betrifft, da Pflegehelfer, Oberinnen und Schüler sich zum größten Teil für die

Aufklärung weder ausgebildet noch zuständig fühlen.

Grundsätzlich besteht in beiden Berufsgruppen Konsens darüber, daß eine Erstaufklä-

rung des Patienten - verstanden als Diagnosemitteilung - durch den Arzt zu erfolgen hat. Den-

noch wird die Aufklärung nicht zur rein ärztlichen Domäne gemacht, vielmehr findet nach

Aussage der überwiegenden Mehrheit eine Rollenaufteilung statt: der Arzt klärt auf, die Pfle-

gekraft betreut nach. Die Nachbetreuung wird deshalb zu den Aufgaben der Pflegekräfte ge-

zählt, da diese weitaus mehr Zeit mit dem Patienten verbringen und somit leichter eine Bezie-

hung zum Patienten aufbauen können. Häufig hat der Patient mehr Vertrauen zu den Pflege-

kräften als zum Arzt.

Sehr unterschiedlich sind die Aufgaben, die der Nachbetreuung zugehörig betrachtet

werden. So werden allen voran menschliche Zuwendung und psychische Unterstützung ge-

nannt, doch nach Ansicht der Befragten beschränkt sich das Aufgabengebiet der Pflegekräfte

keineswegs auf die rein psychische Betreuung. Eine wesentliche Funktion, die die Befragten

den Pflegekräften zusprechen, ist die Vermittlung wichtiger Informationsdetails, für die das

Arzt-Patienten-Gespräch entweder keinen Raum geboten hat oder die vom Patienten nicht

sofort aufgenommen werden konnten. So betonen viele Befragte, daß eine Information wie-

derholt werden müsse, daß nach der ärztlichen Erstaufklärung weitere, detailliertere Informa-

tionen gegeben werden müßten und daß die gelegentlich für den Patienten unverständliche

Sprache des Arztes in eine patientengerechte Sprache zu übersetzen sei. Immer wieder

schimmert die Vorstellung durch, die der Pflegekraft die Rolle der Vermittlungsfunktion zwi-

schen Arzt und Patient zuschreibt, eine Vermittlerrolle, die sich beispielsweise darin äußert,

daß die Pflegekraft den Arzt auf etwaige Informationsdefizite hinweist.

Auch wenn das Bild vom Arzt als Überbringer der „harten Diagnose“ und der Pflege-

kraft als vorrangig seelischem Betreuer kaum mehr der Realität entsprechen mag, als Rollen-

bild beherrscht es sehr wohl die Aussagen in den Interviews. Dies wird auch in den Antwor-

ten auf die Frage nach dem eigenen Gesprächsführungsstil bestätigt. Während die Pflegekräf-

te ihren Gesprächsstil vornehmlich als menschlich-emotional einstufen, betonen die Ärzte

eher die sachliche Komponente ihrer Gesprächsführung. Dementsprechend geben die Ärzte

an, im Gespräch vorwiegend an der Krankheit des Patienten orientiert zu sein, während für

das Gespräch bei den Pflegekräften der Patient selbst mit seinen Bedürfnissen und Ängsten

ausschlaggebend ist. Erstaunlich ist auch in diesem Zusammenhang das geringe Bewußtsein

für Fragen der Kommunikation. So wird ein sachliches Gespräch überwiegend in verkürzter

Weise mit einem Gespräch über die Krankheit gleichgesetzt, und unter einem emotionalen

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Gespräch wird häufig all das undifferenziert subsumiert, was in den außermedizinischen Be-

reich fällt. So bleiben auch Antworten, die auf eine bewußte Auseinandersetzung der Befrag-

ten mit ihrer Gesprächsführung schließen lassen, die große Ausnahme.

Während im allgemeinen bezüglich der Kommunikationsfragen keine Unterschiede

zwischen den Stationen festzustellen sind, ist auf die positive Sonderstellung der Mitarbeiter

der Psychiatrie hinzuweisen: Bereits bei der Frage nach der eigenen Gesprächsführung fällt

auf, daß sie offensichtlich über eine wesentlich differenziertere Gesprächskultur verfügen.

Überdies ist bei der Frage nach der Beteiligung der Pflegeberufe an der Aufklärung nur weni-

ge Male ausdrücklich von einer Zusammenarbeit die Rede. Unter diesen wenigen befinden

sich zu einem großen Teil Mitarbeiter der Psychiatrie. Von Ärzten wie von Pflegekräften sind

die gleichen positiven Antworten zu hören; beide Seiten bringen ein großes Interesse an einer

engen Zusammenarbeit zum Ausdruck, die offensichtlich auch in der Praxis immer mehr um-

gesetzt wird. Beispiele sind die Anwesenheit des Pflegepersonals bei Aufklärungsgesprächen,

gemeinsame Fortbildungen, auf Pflegekräfte abgestimmte Vorträge in medizinischen Fragen.

Allen Beteiligten scheint die große Bedeutung eines guten Informationsflusses bewußt zu

sein, und man bemüht sich um die Umsetzung dieses Ideals.

Betrachtet man die Gesamtheit der Befragten, so betonen zwei Drittel die Wichtigkeit

eines funktionierenden Informationsflusses. Die Hälfte davon ist der Meinung, daß die Kom-

munikation an ihrem Arbeitsplatz gut funktioniere. Die andere Hälfte spricht in ihren Antwor-

ten davon, wie wichtig der störungsfreie Informationsfluß sein sollte. Häufig läßt sich aus den

Antworten nicht eruieren, ob die Idealvorstellungen auch tatsächlich umgesetzt werden, die

Formulierung „sollte“ läßt aber doch berechtigte Zweifel daran aufkommen.

Kommunikationsschwierigkeiten im Krankenhaus gehen vor allem auf Kosten des Pa-

tienten. Eine der häufigsten Forderungen im Zusammenhang mit der Frage nach der Einbe-

ziehung der Pflegeberufe ist von daher eine einheitliche Linie gegenüber dem Patienten. Inte-

ressanterweise wird dieses Argument sowohl von jenen eingebracht, die sich für eine Beteili-

gung der Pflegeberufe an der Aufklärung aussprechen als auch von jenen, die gegen eine Ein-

beziehung sind. Die Befürworter begründen ihre Ansicht damit, daß, wenn alle Betreuenden

über den Patienten informiert sind, er auch von allen die gleiche Information erhalte, wodurch

der Patient mit mehreren Personen sprechen oder aber sich eine Vertrauensperson seiner Wahl

suchen könne. Die Gegner ihrerseits argumentieren, daß mehrere Ansprechpartner auch meh-

rere Meinungen äußerten, womit der Patient verunsichert werde. Deshalb habe nur derjenige

den Patienten zu informieren, der auch die Verantwortung trage.

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Bemerkenswert erscheint angesichts der Frage nach der Einbindung der Pflegekräfte

in die Aufklärung die Einordnung, die die Beteiligten selbst vornehmen: Ob man die Pflege-

kräfte integriert sieht oder nicht, hängt zum einen davon ab, wie eng oder weit die Befragten

den Aufklärungsbegriff fassen, zum anderen davon, wie man seine Beteiligung an der Aufklä-

rung einschätzt. Etwas über die Hälfte der Interviewten sieht Aufklärung im engen Sinne als

rein medizinische Aufklärung, die entsprechend den Ärzten vorbehalten bleibt. Es gibt eine

strenge Unterscheidung zwischen medizinischer und pflegerischer Information und ein Behar-

ren auf getrennten Kompetenzbereichen. Verweise auf die jeweilige (Nicht-) Zuständigkeit

sowie auf die rechtliche Situation sind häufig. Von einigen Pflegekräften wird auch erklärt,

daß sie nicht mehr in die Aufklärung integriert werden wollen, da sie damit auch mehr Ver-

antwortung übernehmen müßten. In diesem Zusammenhang wird häufig die Forderung nach

einer besseren medizinischen Ausbildung der Pflegekräfte als Voraussetzung für eine stärkere

Einbeziehung in die Aufklärung genannt. Die andere Hälfte ist der Meinung, daß die Aufklä-

rung mit dem Gespräch zwischen Arzt und Patient noch nicht abgeschlossen sei, sondern auch

die Nachbetreuung beinhalte. Jene strikten hierarchischen und rechtlichen Grenzen, die von

der anderen Gruppe gezogen werden, verschwimmen hier zugunsten einer Zusammenführung

der beiden Berufsgruppen in ein gemeinsames Arbeiten und Handeln. Vorrang hat hier die

Zusammenarbeit, für die ein funktionierender Informationsfluß zwischen den Berufsgruppen

und zum Patienten unerläßlich ist. Hierin liegt auch der zentrale Kritikpunkt der Pflegekräfte:

der Informationsfluß zwischen den Berufsgruppen erscheint einem großen Teil verbesse-

rungswürdig.

C) Supervision

Die Vorfälle in der Wiener Krankenanstalt Lainz im April 1989 führten zu einer gro-

ßen Diskussion über das Gesundheitswesen. Das Vertrauen in Ärzte und Pflegekräfte wurde

durch die Tötung von Patienten in Lainz schwer erschüttert. Im Zuge der durch diese Tragö-

die eingeleiteten Reformen wurde die Supervision in Österreich gesetzlich verankert.

Nachdem in den vorigen Fragen Probleme vor allem im Bereich der Kommunikation

festgestellt wurden, sollte in der Studie untersucht werden, wie die Befragten zu den Lö-

sungsmöglichkeiten durch eine Supervision eingestellt sind.

Entgegen den Erwartungen im Rahmen der Vorbereitung der Studie wird Supervision

offensichtlich nur in sehr geringem Ausmaß akzeptiert. Einerseits wird zwar von der Hälfte

der Befragten Supervision als wichtig erachtet (die andere Hälfte ist überzeugt, Supervision

nicht zu benötigen bzw. hat noch keine Erfahrung mit Supervision), andererseits ist das Bild

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von Supervision zu einem großen Teil negativ geprägt. Häufigster Kritikpunkt ist, daß die

Supervision nicht professionell durchgeführt werde. Des weiteren werden externe Superviso-

ren sowie eine Durchführung der Supervision außerhalb des Hauses gefordert.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß sich unter jenen Befragten, die angeben,

über Supervision nichts zu wissen, drei Primarii und zwei Stationsschwestern befinden, jene

Personen also, in deren Zuständigkeitsbereich die Organisation von Supervisionen fällt.

Nur 10% der Befragten betrachten Supervision als hilfreich. Von ihnen wird positiv

bemerkt, daß Supervision dabei helfe, persönliche, patientenbezogene oder berufsgruppenin-

terne Probleme zu lösen, eine bessere Kommunikation zu bewirken, zu mehr Einsicht über

sich selbst zu verhelfen, fachlich zu bilden und schließlich sich abzureagieren. Während die

Ärzte mehr an medizinischen Problemen orientiert sind und deshalb teilweise auch ein Ge-

spräch mit Kollegen als Supervision ansehen, geht es bei den Gesprächen der Pflegekräfte vor

allem um patientenbezogene oder pflegeinterne Konflikte.

So läßt sich festhalten, daß im Rahmen der Supervision ein dringender Aktualisie-

rungs- und Professionalisierungbedarf besteht. Bereits Zweck und Ziel einer Supervision sind

vielen Befragten nicht klar - Informationen hierüber erscheinen angebracht, womöglich be-

reits in der Ausbildungszeit.

Zusammenfassung

Im vorliegenden Abschnitt wird die Kommunikation im Krankenhaus am Beispiel der

Aufklärung untersucht. Hierbei wird sowohl die Kommunikation zwischen den Angehörigen

der heilenden Berufe und den Patienten berücksichtigt als auch die Kommunikation der An-

gehörigen der heilenden Berufe untereinander.

Was die Aufklärung des Patienten betrifft, so spricht sich erwartungsgemäß die über-

wiegende Mehrheit grundsätzlich für eine umfassende Information aus. Interessanterweise

werden aber nicht der Wille oder das Selbstbestimmungsrecht des Patienten als häufigste Be-

gründung für diese Einstellung artikuliert, sondern das Wohl des Patienten. Die Aufklärung

wird demnach vorrangig als Bestandteil des Heilungsprozesses betrachtet und weniger als

Voraussetzung für eine autonome Entscheidung des Patienten im Sinne des Informed Con-

sent. Als Entscheidungskriterium für das Ausmaß der Aufklärung fungiert dementsprechend

weniger der Wille des Patienten als vorrangig die psychische Belastbarkeit des Patienten, die

wiederum von der Beurteilung durch die Ärzte abhängig gemacht wird.

Die Rollenverteilung zwischen den Ärzten als Überbringern der Diagnose und den

Pflegekräften als seelischen Betreuern schimmert in den meisten Interviews noch durch. Un-

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terschiede ergeben sich durch die Definition des Aufklärungsbegriffs: Während die eine Hälf-

te der Befragten die Aufklärung sehr eng als rein medizinische Aufklärung versteht und die

Nachbetreuung durch die Pflegekräfte auf menschliche Zuwendung und psychische Unter-

stützung reduziert und entsprechend auf eine strenge Trennung der Kompetenzen beharrt,

betrachtet die andere Hälfte die Nachbetreuung als der Aufklärung zugehörig und betont ver-

mehrt die Notwendigkeit einer interprofessionellen Kooperation. Beide Haltungen werden mit

dem Ziel einer einheitlichen Linie gegenüber dem Patienten begründet. Was die stationsspezi-

fische Verteilung der Antworten angeht, so muß allgemein festgehalten werden, daß - mit

Ausnahme der Mitarbeiter der Psychiatrie - auf allen Stationen ein sehr geringes Bewußtsein

für verschiedene Kommunikationsebenen vorhanden ist.

Eine umfassende und patientenorientierte Aufklärung verlangt eine gute Kommunika-

tion mit dem Patienten und zwischen den Berufsgruppen. Vor allem aus den Stellungnahmen

der Pflegekräfte läßt sich die Kritik an einem offenbar unbefriedigenden interprofessionellen

Informationsfluß ablesen. Demgegenüber steht eine überraschend geringe Akzeptanz innerbe-

trieblicher Supervision, der vorwiegend mit Desinteresse, Vorurteilen und Ablehnung begeg-

net wird.

SCHLUSSBEMERKUNGEN

Betrachtet man die Antworten auf die hier vorgestellten Fragen gemeinsam, so ergibt

sich folgendes Bild:

Auf allgemeine Fragen werden grundsätzliche Haltungen zum Ausdruck gebracht, die

vorrangig an der aktuellen Gesetzeslage orientiert sind und auf die Individualität des Patienten

keine Rücksicht nehmen. Angesichts konkreter Fragen bzw. beispielhafter Schilderungen von

eigenen Erfahrungen am Arbeitsplatz ergeben sich häufig Widersprüche zu den vorher artiku-

lierten grundsätzlichen Einstellungen. Deutlich wird dies beispielsweise, wenn sich zunächst

92% der Befragten für die Selbstbestimmung des Patienten aussprechen, bei der konkreten

Frage nach Behandlungsabbruch auf Wunsch des Patienten aber nur noch 55% dem Patienten

in diesem Fall Selbstbestimmung zugestehen wollen. Auch das im Rahmen der Aufklärung

angesprochene Recht des Patienten auf Information wird vorrangig als rein legistisches Ar-

gument verwendet. Dies zeigt sich beispielsweise an der Aufklärung. Von den meisten Be-

fragten wird die Aufklärung zwar als wünschenswert erachtet, doch meist unter dem Ge-

sichtspunkt eines daraus resultierenden therapeutischen Nutzens für den Patienten, etwa in

dem Sinne, daß der wissende Patient den Heilungsprozeß besser fördern könne. In den sel-

tensten Fällen nur wird das Erfordernis der Aufklärung mit der Voraussetzung für eine eigen-

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ständige Entscheidung des Patienten begründet. Hier steht eine allgemeine Formulierung der

Rechtslage, welche die Patientenautonomie besonders betont, konkreten Handlungsbeschrei-

bungen gegenüber, die das Selbstbestimmungsrecht des Patienten weitgehend untergraben.

Bei all diesen Aussagen kommt deutlich zum Ausdruck, daß das Autonomieprinzip

vom Fürsorgeprinzip stark überlagert wird. Durchgängig wird weniger vom Handeln mit dem

Patienten als vom Handeln im Sinne des Patienten gesprochen. Besonders deutlich wird diese

Haltung, wenn bei alten Patienten die tatsächliche geistige Aufnahmefähigkeit gar nicht erst

zu eruieren versucht wird, sondern von vornherein von einer reduzierten Aufnahmefähigkeit

ausgegangen wird. Ebenso manifestiert sich diese Haltung, wenn das Ausmaß der Aufklärung

nicht vom Willen des Patienten, sondern von seiner – vermeintlichen oder tatsächlichen –

psychischen Belastbarkeit abhängig gemacht wird. Von einem theoretisch zu favorisierenden

Partnerschaftsmodell jedenfalls ist man in der Praxis weit entfernt.

Berufsgruppenspezifisch ist festzustellen, daß sich die Pflegekräfte bzgl. ihrer Hand-

lungen im allgemeinen an der Persönlichkeit des Patienten orientieren, während die Ärzte den

Patienten vorrangig als physisch Kranken sehen und persönliche Faktoren meist nur ergän-

zend berücksichtigen.

Es sind vorwiegend die Pflegekräfte, die die Form der Aufklärung als mangelhaft be-

zeichnen. Zentrale Kritikpunkte sind hierbei eine zu rasche und nicht am Patienten orientierte

Information sowie die nicht vorhandene Berücksichtigung der unterschiedlichen Sprachcodes

von Arzt bzw. Patient. Dieser Umstand hat zur Folge, daß für die Pflegekräfte im Rahmen der

Nachbetreuung viele Aufgaben hinzukommen, die über menschliche Zuwendung und psychi-

sche Unterstützung hinausgehen, wie beispielsweise die Erläuterung der Information in pati-

entengerechter Sprache, die Vermittlung zusätzlicher Information oder die Vermittlung zwi-

schen Arzt und Patient.

Bemerkenswert ist das Ergebnis, daß in den Interviews sehr häufig eine mangelhafte

Ausbildung für das Vorhandensein der verschiedenen Probleme verantwortlich gemacht wird:

Von einigen Ärzten wie von vielen Pflegekräften wird explizit betont, daß viele Ärzte nicht

darauf vorbereitet seien, mit subjektiven Äußerungen des Patienten umzugehen, die über me-

dizinische Fragestellungen hinausgehen. Wiederholt wird auf kommunikative Defizite ver-

wiesen, vor allem wenn es um die Aufklärung bei schweren Erkrankungen geht. Ein Defizit,

das auch mit der fehlenden Verankerung geeigneter innerbetrieblicher Hilfestellungen in Ver-

bindung gebracht wird, wenn man von der Supervision absieht.

Doch die Supervision als einzige Möglichkeit, sich mit solchen Problemen an profes-

sionelle Hilfe zu wenden, scheint bei den Befragten bislang nicht allgemein akzeptiert zu sein.

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Diese negative Bewertung der Supervision könnte auf den Umstand zurückzuführen sein, daß

die Befragten nur zu einem äußerst geringen Teil über ein Bewußtsein für den eigenen Man-

gel an kommunikativer Kompetenz verfügen und stattdessen für vorhandene Kommunikati-

onsdefizite meist Kollegen oder Angehörige der anderen Berufsgruppe verantwortlich ma-

chen. Somit bleibt das Verhalten in konkreten Situationen vorrangig von der Persönlichkeit

und dem Reflexionsniveau des einzelnen Arztes bzw. der einzelnen Pflegekraft abhängig.

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ANHANG: INTERVIEWLEITFADEN I. Ausbildung Beginnen wir mit dem Thema Ausbildung:

1 Fühlen Sie sich für die PatientInnenbetreuung ausreichend geschult?

2 Stellt das Wissen aus der Schulung eine Unterstützung der täglichen Arbeit dar?

3 Sind Sie ausreichend geschult worden im Hinblick auf Mitarbeiterführung? Wenn nein: Was würden Sie sich da wünschen?

4 Wurden Sie bei Ihrem Dienstantritt auf Ihre Verschwiegenheitspflicht aufmerksam ge-macht? Wurden Sie in Ihrer Ausbildung auch mit Problemen der Finanzierung des Ge-sundheitswesens konfrontiert?

5 Wurden Sie in Ihrer Ausbildung über die Gesundheitsvorsorge anderer Länder unterrich-tet?

6 Sind Sie in Ihrer Grundausbildung mit dem ethischen Thema „Wahrheit am Krankenbett“ konfrontiert worden? Wenn ja: In welchem Ausbildungsabschnitt und in welcher Form wurden Sie mit der Führung von Aufklärungsgesprächen von Arzt zu Patient und deren Wahrheitsproblematik vertraut gemacht?

II. Grundhaltungen

1 Sprechen wir zunächst einmal über das Wohlbefinden des Patienten. Was verstehen Sie unter diesem Schlagwort?

2 Welche Rolle spielt das für Sie? Und welche Rolle spielt das ? Gibt es da Zusammenhän-ge? Werden diese in der täglichen Arbeit berücksichtigt?

3 Kommt es vor, daß Patienten, die ähnliche oder gleiche Diagnosen erhalten, unterschied-lich behandelt werden? Welche Fälle sind Ihnen bekannt? Was sind Ihrer Erfahrung nach die Ursachen dafür?

4 Sprechen wir nun über Mitleid - hat ein solcher Begriff in Ihrer Arbeit Platz? Wie und un-ter welchen Umständen hat Mitleid in Ihrer Arbeit Platz?

5 Welche Art von Patienten betrachten Sie als die Bedürftigsten unter allen Patienten?

6 Wie werden die Wünsche von Patienten in Ihrem Arbeitsbereich berücksichtigt?

7 Glauben Sie, sollen Patienten in Entscheidungen über Ihre Behandlung respektiert werden? Warum sind Sie dieser Meinung?

8 Halten Sie die Schmerzstillung der Patienten in Ihrem Arbeitsgebiet für ausreichend oder gibt es da Probleme?

9 Unter welchen Voraussetzungen würden Sie mit der Behandlung aufhören?

10 Könnten Sie sich vorstellen, dem Wunsch des Patienten nach Beendigung der Behandlung zu entsprechen? Wie weit geht für Sie die Wunscherfüllung des Patienten? Wo sehen Sie die Grenzen?

11 Kommt es in Ihrer täglichen Arbeit auch vor, daß die Botschaft einer Krankheit - ihr Sinn - berücksichtigt wird? Hat dies einen Einfluß auf den Umgang mit dem Patienten?

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12 Unter welchen Umständen und bei welcher Art von Krankheit fällt es Ihnen leicht, eine Botschaft der Krankheit bzw. der Symptome zu erkennen (nicht nur medizinisch)?

13 Unter welchen Umständen messen Sie einem persönlichen Deutungsmuster von Patienten über ihre Krankheit Bedeutung zu? Können Sie sich vorstellen, diese auch anamnestisch zu erheben?

14 In welchem Ausmaß betrachten Sie Krankheiten als selbstverschuldet? Welche Krankhei-ten sind Ihrer Meinung nach vom Patienten selbstverschuldet? Welche Bedeutung sollte man diesem Aspekt überhaupt einräumen? Wie sprechen Sie mit dem Patienten darüber und welche Folgen hat das auf Ihre Beziehung zum Patienten und für die Behandlung?

15 Was motiviert Sie zu Ihrer Arbeit und woher beziehen Sie Ihre Kraft? Spielt die Entloh-nung eine Rolle?

III. Kommunikation 1 Welche Gespräche führen Sie üblicherweise mit Patienten? Über welche Themen, eher

sachlich-informativ oder emotional-menschlich?

2 Glauben Sie, sollen Patienten bei schweren Erkrankungen umfassend informiert werden? Wird das bei Ihnen im Haus so gemacht? Wenn ja, wer vom Personal führt diese Gesprä-che?

3 Welche Möglichkeiten haben die Pflegeberufe, an der Aufklärung der Patienten mitzuwir-ken?

4 Welche Bedeutung hat Aufrichtigkeit dem Patienten gegenüber für Sie und für das Arbeits-team? Wie wirkt sich die Wahrheit am Krankenbett auf Ihre Arbeit aus bzw. welche Aus-wirkungen gibt es, wenn ein Patient nicht über seinen Krankheitszustand aufgeklärt ist?

5 Führen Sie selbst Aufklärungsgespräche mit Patienten? Wenn ja, können Sie sich an eine Situation erinnern, wo Sie vom Patienten im Rahmen eines Aufklärungsgespräches nicht verstanden worden sind? Wie haben Sie diesen Umstand entdeckt?

6 Welche Bedeutung hat Supervision für Sie? Wird sie bei Ihnen angeboten? Wie sinnvoll ist diese? Was denken Sie darüber?

7 Welcher Art ist die Kommunikation zwischen stationärem und nicht-stationärem Personal? Sind Personen, die nicht ständig auf der Station arbeiten, eingegliedert - welche Personen und in welcher Form besteht Kontakt? Welche Qualität hat dieser Kontakt?

8 Wie beurteilen Sie die Wichtigkeit von interdisziplinärer Zusammenarbeit?

9 Waren Sie schon einmal in klinische Forschung involviert? Sehen Sie darin ethische Prob-leme? Welche?

IV. Rechte 1 Was halten Sie vom Thema Patientenrechte? Welche Patientenrechte halten Sie für beson-

ders wichtig?

2 Gibt es eine Diskrepanz zwischen dem Anspruch der Patienten auf Selbstbestimmung und der Realität, wenn ja, inwiefern?

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3 Sprechen wir jetzt noch über die Verschwiegenheitspflicht. Welchen Stellenwert hat die Verschwiegenheitspflicht? Wem gegenüber hat sie Gültigkeit? Wie weit wird Ihrer Erfah-rung nach die Diskretion gegenüber Dritten gewahrt?

4 Haben Sie selbst schon Probleme mit der Schweigepflicht bzw. mit der Entbindung von dieser gehabt? Wenn ja, welche?

5 Halten Sie es für wichtig, trotz der Verpflichtung zur Verschwiegenheit, Informationen an andere Berufsgruppen weiterzugeben? Wenn ja, an welche Berufsgruppen geben Sie wel-che Informationen weiter?

V. Organisation 1 Ich möchte jetzt mit Ihnen über die Organisation im Arbeitsbereich Krankenhaus sprechen.

Wer kontrolliert Sie in welchen Bereichen? Wen kontrollieren Sie in welchen Bereichen? Gibt es eine festgelegte Anweisungs- und Kontrollstruktur? Wo hätten Sie gerne mehr Be-fugnisse? Wo wird Ihre Eigeninitiative eingeschränkt?

2 Welche Erwartungshaltung wird von Seiten des Krankenhauses im Hinblick auf Ihre Ar-beit an Sie herangetragen? Wer hat von Seiten des Krankenhauses Interesse daran, daß Sie hinsichtlich Qualität und Quantität gute Leistungen erbringen, also gut und viel arbeiten?

3 Sprechen wir jetzt über Entscheidungsprozesse. Wie sehen die Entscheidungsprozesse auf der Station aus? Wie kommen Entscheidungen zustande? Wie werden andere Berufsgrup-pen über diese Entscheidungen informiert?

4 Wie kommen Entscheidungen über die Behandlung von Patienten zustande?

5 Wie sollten idealerweise Entscheidungen über die Behandlung von Patienten Ihrer Mei-nung nach getroffen werden?

6 Wann wird für Sie in diesem Zusammenhang etwas zu einem ethischen Problem? Und wie treffen Sie da Ihre Entscheidungen? Gibt es in Ihrem Krankenhaus/Ihrer Klinik Einrich-tungen, die für die Lösung ethischer Probleme zuständig sind? Gibt es einen vorgesehenen Rahmen zur Lösung solcher Probleme?

7 Halten Sie es für wichtig, daß Angehörige nichtärztlicher Berufsgruppen für die Ausfüh-rung ärztlicher Anordnungen Eigenverantwortung übernehmen, oder sollten Ärzte für alles allein verantwortlich bleiben? Haben andere Berufsgruppen einen eigenverantwortlichen Bereich, in dem sie ohne ärztliche Anordnung tätig werden dürfen? Wenn ja, welchen?

8 Gibt es Probleme bei der Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche?

9 Werden andere Berufsgruppen in Entscheidungsprozesse miteinbezogen? Wenn ja, welche und wie?

10 Werden andere Berufsgruppen über die von Ärzten getroffenen Entscheidungen infor-miert? Wenn ja: welche und wie?

11 Sind die Arbeitsabläufe klar festgelegt, d.h. ist festgelegt, in welcher Art und Weise sie abzuwickeln sind? Wie ist es festgelegt?

12 Ist „Ethik und Wirtschaftlichkeit“ ein Thema bei Ihnen im Krankenhaus? Wenn ja: in wel-cher Form wird es thematisiert und bei welchen Anlässen?

13 Welche Rolle spielen ökonomische und hierarchische Abhängigkeiten? Welche Abhängig-keiten und Zwänge erleben Sie in Ihrer täglichen Arbeit?

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VI. Kosten 1 Was sind Ihrer Meinung nach die brennendsten Fragen bezüglich der Kosten im Gesund-

heitsbereich (Vorsorge, Akutbetreuung, Rehabilitation, Forschung, Altenbetreuung, Aus-bildung, Intensiv, Behinderten und Langzeitbetreuung)?

2 Würden Sie bei Einsparungen qualitative Verluste in Kauf nehmen und in welchen Berei-chen?

3 In welchen Bereichen könnte und sollte Ihrer Meinung nach eingespart werden, wenn Sie konkret an Ihren Arbeitsbereich denken? Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um Kosten zu sparen?

4 Nennen Sie Interventionen, die Sie persönlich als sinnlos erachten (Salben, Schlafmittel, Handschuhe).

VII. Statistik 1 Alter

2 Geschlecht

3 Nationalität

4 Funktion

5 Dienstverhältnis

6 Dienstvertrag

7 Wie lange üben Sie Ihren derzeitigen Beruf schon aus?

8 Haben Sie schon einmal ernstlich daran gedacht, Ihren Beruf zu wechseln? Wenn ja, wa-rum wollen/wollten Sie wechseln und welches Berufsziel hatten Sie?

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LITERATURVERZEICHNIS

1 Cassell, E. J. (1986): The Changing Concept of ideal physician. Daedalus 115: 185-208.

2 Hansen, K.-J. (1997): Elemente ethischer Leitlinien im Dasein als Patient (Erwartungen und Tugenden). In: D. v. Engelhardt (Hg.): Ethik im Alltag der Medizin. Basel, Boston, Berlin: Birkhäuser: 295-304.

3 Kuhlmann, A. (1995): Sterbehilfe. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt, rororo special.

4 Lamnek, S. (1995): Qualitative Sozialforschung. 2 Bde. München: Beltz.

5 Maio, G. (1998): Ethische Aspekte der Aufklärung des Patienten. Ärzteblatt Baden-Württemberg. Heft 9. Sonderbeilage Nr. 65.

6 Mayring, P. (1996): Einführung in die qualitative Sozialforschung. Weinheim: Psychologie Verlags Union.

7 Sass, H.-M. (1991): Medizin, Krankheit, Gesundheit. In: K. Bayertz (Hg.): Praktische Phi-losophie. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt: 210-242.

8 Schöne-Seifert, B. (1996): Medizinethik. In: J. Nida-Rümelin (Hg.): Angewandte Ethik. Die Bereichsethiken und ihre theoretische Fundierung. Stuttgart: Alfred Kröner: 552-648.

9 von Engelhardt, D. (1986): Mit der Krankheit leben. Grundlagen und Perspektiven der Copingstruktur des Patienten. Heidelberg: Verlag für Medizin Dr. Ewald Fischer.

10 Wolff, Hanns P. (1989): Arzt und Patient. In: H.-M. Sass (Hg.): Medizin und Ethik. Stutt-gart: Reclam: 184-211.

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Heft 120

ETHIK IM KRANKENHAUSALLTAG - THEORIE UND PRAXIS

Wilfried Grossmann

Giovanni Maio

Anja Weiberg

Oktober 1998

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Prof. Dr. Wilfried Grossmann, Institut für Statistik, OR und Computerverfahren, Universität Wien, Dr. Giovanni Maio, Institut für Medizin- und Wissenschaftsgeschichte, Universität zu Lübeck, Dr. Anja Weiberg, Institut für Philosophie, Universität Wien. Inhalt: Seite Einleitung 1 1. Methodische Konzeption der Studie 2 2. Ergebnisse am Beispiel der Patientenorientierung 9 3. Ergebnisse am Beispiel der Kommunikation 20 Schlußbemerkungen 29 Anhang: Interviewleitfaden 31 Literaturverzeichnis 35 Herausgeber: Prof. Dr. phil. Hans-Martin Sass Prof. Dr. med. Herbert Viefhues Prof. Dr. med. Michael Zenz Zentrum für Medizinische Ethik Bochum Ruhr-Universität Gebäude GA 3/53 44780 Bochum TEL (0234) 700-2750/49 FAX +49 234 7094-288 Email: [email protected] Internet: http://www.ruhr-uni-bochum.de/zme/ Der Inhalt der veröffentlichten Beiträge deckt sich nicht immer mit der Auffassung des ZENTRUMS FÜR MEDIZINISCHE ETHIK BOCHUM. Er wird allein von den Autoren verantwortet. Schutzgebühr: DM 10,00 Bankverbindung: Sparkasse Bochum Kto.Nr. 133 189 035 BLZ: 430 500 01 ISBN 3-931993-01-9

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ZUSAMMENFASSUNG Die Autoren präsentieren eine Studie in österreichischen Kliniken zu Fragen der Ethik im Krankenhausalltag und betrachten das Verhältnis von Selbstbestimmung des Patienten und ärztlicher Fürsorge. Zentrale medizinethische Themen sind Patientenorientiertheit als Bot-schaft und Deutung der Krankheit, Selbstbestimmung und Schmerzbehandlung und Kommu-nikation in Form der Aufklärung des Patienten, die Einbeziehung der Pflegeberufe und Su-pervision. Die Studie basiert auf Interviews. ABSTRACT The authors present a Study in hospitals in Austria about questions of ethics in everyday clinical situations and focus on the relation of autonomy and care by physicians. Main topics in this study are orientation regarding patients and communication. The study is based on interviews. ISBN 3-931993-01-9

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Zentrum für Medizinische Ethik

Medizinethische Materialien

Eine vollständige Hefteliste schicken wir Ihnen auf Anfrage gerne zu. Heft 99: Vollmann, Jochen: Fürsorgen und Anteilnehmen: Ethics of Care. April 1995. Heft 100: Hinrichsen, Klaus V.; Sass, Hans-Martin: 10 Jahre Zentrum für Medizinische Ethik.

Juni 1996. Heft 101: Schreiber, Hans-Ludwig: Die Todesgrenze als juristisches Problem -Wann darf ein

Organ entnommen werden?. Juli 1995. Heft 102: Hartmann, Fritz: Lebens- und Hilfeleistungen im Sterben. 2. Aufl. Februar 1995. Heft 103: Kielstein, Rita Hg.: Ethische Aspekte in der Nephrologie. 2. Aufl. Februar 1995. Heft 104: Bernat, Erwin: Antezipierte Erklärungen und das Recht auf einen selbstbestimmten

Tod. Januar 1996. Heft 105: Richter, Gerd; Schmid, Roland M.: Ethische Perspektiven der Gentherapie 1995.

Januar 1996. Heft 106 Bauer, Axel: Braucht die Medizin Werte? Gedanken über die methodologischen

Probleme einer „Bioethik“. März 1996. Heft 107: Tausch, Reinhard: Empirische Untersuchungen zu Sinn-Erfahrungen und

Wertauffassungen. Juli 1996. Heft 108: Sass, Hans-Martin: Ethik-Unterricht im Medizinstudium; Methoden, Modelle und

Ziele der Integration von Medizinethik in die medizinische Aus- und Fortbildung. August 1996.

Heft 109: Meyer, Frank P.: Salus aegroti suprema lex; Probleme klinischer Studien aus der Sicht eines Mitgliedes einer Ethikkommission - Schwerpunkt Onkologie. August 1996.

Heft 110: Sass, Hans-Martin: Reform von Gesundheitswesen und Krankenhäusern in verant-wortungsethischer Perspektive. August 1996.

Heft 111: Sass, Hans-Martin, Kielstein, Rita: Die medizinische Betreuungsverfügung in der Praxis. Vorbereitungsmaterial, Modell einer Betreuungsverfügung, Hinweise für Ärzte, Bevollmächtigte, Geistliche und Anwälte. 4. Auflagen September 1998.

Heft 112: Spittler, Johann F.: Sterbeprozeß und Todeszeitpunkt - Die biologischen Phänome-ne und ihre Beurteilung aus medizinischer Sicht. August 1996.

Heft 113: May, Arnd; Gawrich, Stefan; Stiegel, Katja: Empirische Erfahrungen mit werta-namnestischen Betreuungsverfügungen. 2. Auflage Juli 1997.

Heft 114: Biller, Nikola: Der Personbegriff in der Reproduktionsmedizin. September 1997. Heft 115: Kaminsky, Carmen: Gesagt, gemeint, verstanden? Zur Problematik der Validität vorsorglicher Patientenverfügungen. Oktober 1997. Heft 116: Baumann, Eva: Gesellschaftliche Konsensfindung und Humangenetik. Oktober

1997. Heft 117: May, Arnd: Betreuungsrecht und Selbstbestimmung am Lebensende. September

1998. Heft 118: Zülicke, Freddy: Chancen und Risiken von Gentechnik und Reproduktionsmedizin.

September 1998. Heft 119: Meyer, Frank P.; Sass, Hans-Martin: Klinische Forschung 2000. Oktober 1998. Heft 120: Grossmann, Wilfried; Maio, Giovanni, Weiberg, Anja: Ethik im

Krankenhausalltag - Theorie und Praxis. Oktober 1998.

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