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ANDREW MORTON MEGHAN

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ANDREW MORTON

MEGHAN

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ANDREW MORTON

MEGHANVon Hollywood in den Buckingham-Palast

Ein modernes Märchen

Aus dem Englischen von Heike Holtsch, Silvia Kinkel, Kristina Lake-Zapp, Jennifer Thomas,

Sara Walczyk, Constanze Wehnes und Fabienne Weuffen

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Die Originalausgabe erschien 2018 bei Michael O’Mara Books Limited, London, unter dem Titel Meghan. A Hollywood Princess.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese

nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Verlagsgruppe Random House FSC® N001967

Deutsche Erstausgabe 05/2018Copyright © 2018 by Andrew Morton. All rights reserved.

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2018 by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 MünchenRedaktion: lüra – Klemt & Mues GbR

Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich, unter Verwendung eines Fotos

von © Max Mumby / Indigo / Kontributor / Getty ImagesSatz: Leingärtner, Nabburg

Druck und Bindung: GGP Media GmbH, PößneckPrinted in Germany 2018ISBN: 978-3-453-20705-9

www.heyne.de

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Für meine Frau Carolyn und all unsere Freunde in Pasadena

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I N H A LT S V E R Z E I C HN I S

PROLOG St erne in güns t iger Konst e l la t ion     9

KAPITEL 1 Auf der Suche nach den Wurze ln      18

KAPITEL 2 Meghans Kindhe i t      32

KAPITEL 3 Hippie Ki t chen     58

KAPITEL 4 »Kannst du ›Hi ‹ sagen?«     79

KAPITEL 5 Kurze Röcke , hohe Schuhe      105

KAPITEL 6 E in Star nach Maß    118

KAPITEL 7 E in Aha-Er lebni s      147

KAPITEL 8 Be ide Se i t en der Medai l l e      171

KAPITEL 9 Harry und Meghan    194

KAPITEL 10 Ver l i ebt in Afr ika     215

KAPITEL 11 In a l l er Öf fent l i chke i t      231

KAPITEL 12 Zum Tee be i Ihrer Majes tä t      258

KAPITEL 13 Die Mi l l iarden-Dol lar-Braut      272

KAPITEL 14 E in ladung zur Hochze i t      290

DANKSAGUNG     308

BILDNACHWEIS     311

STICHWORTVERZEICHNIS     313

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P RO LOG

Sterne in günstiger Konstellation

Ich hatte Rachel Meghan Markle schon auf dem Radar, lange bevor Prinz Harry auf den Plan trat. Mit ihrer Aus-

strahlung stahl sie in der Anwaltsserie Suits in jeder ihrer Sze-nen den anderen die Show, und als Verfechterin von Gender- Gleichstellung war sie den meisten Leuten längst ein Begriff. Von daher war ich nicht überrascht, als ich hörte, sie sei mit dem Enkel der Queen liiert. Als die Beziehung der beiden dann offiziell wurde, war ich in meiner Eigenschaft als Bio-graf einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Meine Frau Carolyn kommt aus Kalifornien. Deshalb verbringen wir jedes Jahr eine gewisse Zeit in ihrer Heimatstadt Pasadena, und das ist zufällig auch die Heimat von Meghan Markle. Viele ihrer ehemaligen Schulkameradinnen, Freundinnen, Freunde und Lehrer wohnen noch dort. Und da fast jeder jeden kennt, wurde ich eines Tages von einem meiner Nachbarn angesprochen. Ich solle mich doch mal mit dem und dem Ladenbesitzer in der Stadt unterhalten, sagte er. Der könne mir gewiss die eine oder andere Anekdote erzählen.

Eigentlich ist in der heutigen Welt kaum noch Platz für Märchen, doch hier haben wir es mit der märchenhaften Ge-schichte eines Mädchens zu tun, das es geschafft hat. Und nicht nur das. Wenn Meghan am 19. Mai 2018 in Windsor Castle

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zum Altar der St George’s Chapel schreitet, wird sie Geschichte schreiben.

Bei der letzten bedeutenden Hochzeit eines Royals dieser Generation wird mit Prinz Harrys strahlender Braut zum ers-ten Mal eine Geschiedene mit teils afroamerikanischen Wur-zeln in die britische Königsfamilie einheiraten. Dieser Bund fürs Leben hat sogar den Segen Ihrer Majestät, der Queen, und wird der Monarchie zu mehr Volksnähe und damit zu einer umso wichtigeren Rolle in unserer heute so schnelllebigen Welt verhelfen.

Und wer weiß? Wenn die 800 geladenen Gäste bei der Traum-hochzeit in den Gesang des Chors mit einstimmen, hört man vielleicht von draußen aus Richtung Frogmore ein leises Ru-moren – wenn sich der einstige Herzog von Windsor im Grab umdreht. Edward VII I . hatte nämlich 1936 auf den Thron ver-zichten müssen, um die zweimal geschiedene Amerikanerin Wallis Simpson zu heiraten.

Edwards große Liebe durfte nicht Königin werden, weil sie geschieden war. Wäre sie verwitwet gewesen, hätte der Ehe nichts im Wege gestanden. Nur ein einziges Mal wurde Wallis Zugang zu Windsor Castle gewährt, und das war, als sie im April 1986 in der St George’s Chapel zu Grabe getragen wurde.

Prinzessin Margaret, die jüngere Schwester der Queen, stand in den 1950er-Jahren vor dem gleichen Dilemma wie ihr Onkel Edward zuvor. Sie gab der Pflichterfüllung den Vorrang und verzichtete darauf, den geschiedenen Fliegeroberst Peter Townsend zu heiraten.

Die Hochzeit des jüngeren Sohnes von Prinz Charles und Diana, der verstorbenen Prinzessin von Wales, zeigt nicht zu-letzt, wie sehr sich das britische Königshaus – und die gesamte Nation – unter der Regentschaft von Königin Elizabeth I I . gewandelt hat. Denn diese Ehe ist symbolträchtig.

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Seit der Tragik, die den Romanzen von Edward VII I . und Prinzessin Margaret anhaftete, ist einige Zeit vergangen. Nicht nur das britische Königshaus, sondern auch der Rest der Welt hat – wenngleich zum Teil nur widerwillig – akzeptiert, dass Scheidungen kein Stigma mehr sind. Noch Anfang der 1980er-Jahre, als Prinz Charles in sämtlichen Grafschaften auf Braut-schau ging, wäre es undenkbar gewesen, dass eine geschiedene Amerikanerin in die königliche Familie einheiratet. Jemand an-ders als eine jungfräuliche angelsächsische Protestantin aristo-kratischer Herkunft wäre damals nicht infrage gekommen.

In der reizenden Lady Diana Spencer hatte Charles schließ-lich eine Frau gefunden, die all diesen Kriterien entsprach. Doch die Krise, die diese Ehe – und die darauf folgende Schei-dung – für das Königshaus nach sich zog, ließ manche kriti-schen Stimmen der Altvorderen beim Thema Partnerwahl der jüngeren Familienmitglieder verstummen.

Für die königliche Familie war die Scheidung von Prinz Charles und Diana kein Einzelfall. Nicht nur Schwester und Tochter der Queen, Prinzessin Margaret und Prinzessin Anne, ließen sich scheiden, sondern auch ihr geliebter zweiter Sohn, Prinz Andrew. All diese Scheidungen waren mehr oder weni-ger skandalträchtig, insbesondere als Fotos von Andrews Frau Fergie, der Herzogin von York, veröffentlicht wurden, auf de-nen zu sehen war, wie sie sich von ihrem sogenannten Finanz-berater am Swimmingpool in Südfrankreich die Zehen able-cken ließ.

Die Tatsache, dass Meghan bereits eine zweijährige Ehe mit einem Filmproduzenten hinter sich hat, löst heute kaum noch ein Stirnrunzeln aus, geschweige denn eine Krise der Mo-narchie. Schon 2005 war es kein Problem mehr, dass sich der geschiedene Thronfolger Prinz Charles mit seiner ebenfalls geschiedenen Geliebten, Camilla Parker Bowles, standesamt-

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lich trauen ließ, übrigens direkt gegenüber der St George’s Chapel. Die Monarchie hat sich modernisieren lassen. Ganz gleich, ob geschieden oder mit bewegter Vergangenheit, das Haus Windsor nimmt nun alle Ehepartner herzlich auf. Um es mit Prinz Harrys Worten bei einem Interview anlässlich seiner Verlobung mit Meghan auszudrücken: »Die Sterne standen günstig.«

Dies wird möglicherweise auch Harrys Onkel, Prinz An-drew, dem Herzog von York, durch den Kopf gehen, wenn er Meghan Markle zum Altar schreiten sieht. Denn nicht nur die Sterne, auch der Zeitgeist war einst gegen ihn gewesen. Vor sechsunddreißig Jahren lief der Prinz mit einer roten Rose zwischen den Zähnen die Gangway seines Schiffes, der HMS Invincible, hinunter und wurde von seinen stolzen Eltern, der Queen und Prinz Philip, in Empfang genommen.

Damals war er der begehrteste Junggeselle der Welt und obendrein ein hochdekorierter Kriegsheld. Im Falklandkrieg zwischen Großbritannien und Argentinien, bei dem über neun-hundert Menschen getötet und mehrere Tausend verwundet wurden, hatte er sein Leben riskiert.

Einige Wochen später, im Oktober 1982, flog Andrew heim-lich in die Karibik auf die Privatinsel Mustique, wo die Schwes-ter der Queen, Prinzessin Margaret, ein Anwesen besaß: Les Jolies Eaux. Wie die Presse bald darauf meldete, waren seine amerikanische Freundin, Kathleen »Koo« Stark, Tochter des Hollywoodproduzenten Wilbur Stark, und er unter den fal-schen Namen Mrs. und Mr. Cambridge gereist.

Als Kathleen 1975 zum ersten Mal nach London kam, stand sie am Beginn einer Karriere als Schauspielerin. Unter der Re-gie des Möchtegernfilmemachers Graf von Pembroke hatte sie in dem seichten, erotisch angehauchten Teenie-Streifen Emily mitgespielt. Als Fotos erschienen, auf denen Koo nur

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spärlich bekleidet zu sehen war, brach bei den Massenmedien und sogar bei einigen Mitgliedern des Parlaments eine wahre Hysterie aus.

Die Romanze überdauerte dennoch den Urlaub in der Ka-ribik und auch die ersten Enthüllungen über den Film. Koo wurde der Queen vorgestellt, und Prinzessin Diana fand, An-drew habe eine gute Wahl getroffen. »Koo war sehr nett und Andrew aufrichtig zugetan. Es war schön, sie um sich zu haben. Sie war liebenswürdig und kümmerte sich um ihn, schenkte ihm ihre gesamte Aufmerksamkeit. Sie passten so gut zusam-men«, erzählte mir Diana.

Dennoch richtete der Film großen Schaden an. Kathleen wurde als »Sex-Sternchen« abgestempelt, obwohl nichts fer-ner lag als das. Von dem Moment an war ihre Beziehung mit Andrew zum Scheitern verurteilt. Hätte sie nicht in die-sem C-Movie mitgespielt, wäre Kathleen vielleicht nach Wallis Simpson die erste Amerikanerin in der britischen Königsfami-lie gewesen.

Meghan Markle hingegen hat Rollen gespielt, in denen sie Kokain schnupft, Hausfrauen die Kunst des Striptease bei-bringt und Sex in einem Lagerraum hat. In mehreren Staffeln von Suits trat sie so oft halb nackt auf, dass sie sich beschwerte, die Drehbuchschreiber würden ihr solche Szenen offenbar extra auf den Leib schreiben.

(Meghan sollte sich bewusst sein, dass zwar auf Anweisung des Königshauses ihre Website The Tig – auf der intelligente, gut formulierte Artikel zum Thema Gender-Gleichstellung zu lesen waren – aus dem Internet verschwunden ist, zugleich aber Videos, in denen sie ganz und gar nicht prinzessinnen-haft zu sehen ist, weiterhin allgemein zugänglich sind.)

Meghan ist nicht die erste Frau gemischter Herkunft, die in ein europäisches Königshaus einheiratet. Diese Ehre gebührt

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der in Panama geborenen Angela Brown, nun Prinzessin Angela, des winzigen, aber wohlhabenden Staates Liechtenstein. Doch Meghan ist die erste geschiedene Frau mit afroamerikanischen Wurzeln, die in das Haus Windsor einheiratet.

In Amerika wird über Herkunft und Zugehörigkeit von je-her viel diskutiert – was angesichts der von Sklaverei und Ras-sentrennung geprägten amerikanischen Geschichte unvermeid-lich ist. Im britischen Königshaus hingegen ignorierte man diese Thematik bisher weitgehend.

Als im November 2017 die Verlobung von Harry und Meghan bekannt gegeben wurde, strömten viele Filmfans in die Ki-nos, um sich Victoria und Abdul anzusehen, den Film über die Freundschaft zwischen Königin Victoria und ihrem indischen Bediensteten Abdul Karim. Seine Gegenwart am Königshof erregte seinerzeit derartigen Aufruhr, dass der Thronfolger Edward VII . nach Victorias Tod im Jahr 1901 höchstpersönlich dafür sorgte, dass Karim nach Indien zurückgeschickt wurde. Victorias Tochter Beatrice strich alle Stellen, an denen Karim in den umfangreichen Tagebüchern ihrer Mutter Erwähnung fand. Wie die Historikerin Carolly Erickson in Königin Victoria: Eine Biographie bemerkt: »Einen dunkelhäutigen Inder den weißen Bediensteten der Königin gleichzustellen war zu dieser Zeit einfach untragbar. Dass er mit ihnen am selben Tisch saß und das gleiche Leben führte, löste Empörung aus.«

Obwohl – wie die Autorin Penny Junor betont – die jetzige Königin bezüglich der Hautfarbe keine Unterschiede macht, gehören nur sechs Prozent der 1 100 Beschäftigten im Bucking-ham-Palast ethnischen Minderheiten an, und nur etwa 30 da-von haben leitende Positionen inne. Dieses Missverhältnis zeigt sich auch im öffentlichen Dienst, und so heißt es, die könig-liche Familie habe die Gelegenheit verpasst, hier ein Zeichen zu setzen.

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Meghan hat sich noch nie gescheut, diese Thematik anzu-sprechen, und sicher ist ihr schon aufgefallen, dass man hinter den Mauern des Buckingham-Palastes nur wenige nichtweiße Menschen trifft. Aber vielleicht macht sie das zu ihrer per-sönlichen Angelegenheit, sobald sie zur königlichen Familie gehört.

Trevor Philips, der ehemalige Vorsitzende der Kommission für Gleichstellung und Menschenrechte, ist der Ansicht, dass die Art, in der sich Meghan präsentiert, eine wichtige Rolle spielen wird. »Es ist von großer Bedeutung, dass sie gesagt hat, sie sei stolz auf ihre Wurzeln. Nichtweiße Menschen werden das als ein sehr positives, modernes Signal verstehen und sich dadurch willkommen fühlen.«

In Amerika bringt man Meghan in Zusammenhang mit der Loving Generation, einer Bewegung, die auf Richard und Mildred Loving aus Virginia zurückgeht. 1958 kam das Ehe-paar ins Gefängnis, weil es eine sogenannte Mischehe führte. Bis im Jahr 1967 ein Grundsatzurteil des Supreme Court im Fall Loving gegen den Staat Virginia erging, waren solche Ehen in manchen Staaten gesetzeswidrig.

In den 1970er-Jahren gab es in den Vereinigten Staaten von Amerika etwa 65 000 Ehepaare mit unterschiedlicher Haut-farbe. Bis zu den 1980er-Jahren, also etwas mehr als ein Jahr-zehnt nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Fall Loving, hatte sich die Anzahl auf etwa 120 000 nahezu ver-doppelt. Ein beträchtlicher Anstieg, wobei man allerdings be-denken muss, dass die Gesamtbevölkerung zu der Zeit etwa 240 Millionen Menschen betrug.

Mit einem weißen republikanischen Vater und einer schwar-zen demokratischen Mutter stand Meghan schon immer im Mittelpunkt der Debatten über die gesellschaftliche Stellung von Menschen mit unterschiedlichen Wurzeln. Von daher ist

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Meghans Geschichte die einer jungen Frau, die nicht nur sich selbst finden, sondern gleichermaßen ihren Platz in einer Welt behaupten muss, wo sie weder vollständig zu der einen noch zu der anderen Bevölkerungsgruppe gehört.

Künftig wird sie sich darüber hinaus noch in der deutlich kleineren Welt der Königshäuser behaupten müssen.

Meghan ist eine eigenständige Persönlichkeit. Deshalb ist es umso interessanter, dass viele, die sie kennen, sogleich auf Lady Di zu sprechen kommen. Tatsächlich drängt sich der Vergleich mit Diana manchmal geradezu auf, so im Februar 2018, als Meghan jenseits der Öffentlichkeit Überlebende der Brandkatastrophe des Grenfell Tower in Kensington besuchte. Da werden sogleich Erinnerungen an Dianas Besuche bei Obdachlosen wach.

Auch lässt sich durch Meghans humanitäres Engagement und ihre gewinnende Art generell eine Parallele zu Diana zie-hen. Doch in einem unterscheiden sich die beiden grund-legend: Meghan verfügt über ein inneres Gleichgewicht und eine Selbstsicherheit, um die Diana zumindest in ihrer An-fangszeit als Mitglied der königlichen Familie kämpfen musste. Meghan ist eine Frau, die Kameras gewohnt ist, und keine, die davor flieht.

Lange bevor Prinz Harry ins Spiel kam, wurde an der Im-maculate Heart High School in Los Angeles, die Meghan be-suchte, immer wieder ihre Rede über Gender-Gleichstellung anlässlich der United-Women-Konferenz 2015 gezeigt, um das Bewusstsein der nächsten Generation von Schülerinnen zu schärfen.

Es heißt, um als Kongressabgeordneter, als Parlaments-mitglied oder sogar als Präsident zu bestehen, sei es vorteil-haft, wenn man außerhalb der Politik bereits Karriere gemacht hat, damit man sich nicht einschüchtern lässt, wenn man ins

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Parlament oder ins Weiße Haus einzieht. In gewisser Weise trifft das auch auf Meghan zu. Sie steht vor den Toren des Buckingham-Palastes, aber als erfolgreiche Schauspielerin, be-kannte Bloggerin und anerkannte Menschenrechtlerin bringt sie das nötige Rüstzeug mit.

Abgesehen davon kann sich Meghan auf einen Stamm-baum berufen, in dem sich Sklaven und Könige, Bedienstete und Schwertkämpfer finden. Die Geschichte ihrer Familie ist bemerkenswert. Und wo sonst, wenn nicht in der Stadt der Träume – in Los Angeles –, hätte sie ihren Anfang nehmen können?

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K A P I T E L   1

Auf der Suche nach den Wurzeln

Jahrelang ging Meghan immer wieder dieselbe Frage durch den Kopf: Woher kommt meine Familie? Was ist meine

Geschichte? Für Rachel Meghan Markle  – in ihrer Familie Butterblume oder Sonnenschein genannt – schien diese Frage ziemlich verwirrend. Die Familiengeschichten ihrer Mutter, Doria Ragland, einer Afroamerikanerin aus Los Angeles, und ihres Vaters, Thomas Wayne Markle, eines Weißen aus Penn-sylvania, machten das Ganze noch unüberschaubarer. Meghan wollte wissen, wohin sie gehörte, und zwar in beiden Welten. In Amerika hat gesellschaftliche Anerkennung nach wie vor viel mit der Hautfarbe zu tun, und Meghan war »weißer« als ihre schwarzen Verwandten. Doch das führte auch zu einer gewissen Flexibilität, zu der Bereitschaft, die Welt aus ver-schiedenen Blickwinkeln zu betrachten und stets beide Seiten zu sehen.

Meghan hörte jedes Mal gebannt zu, wenn ihr Onkel Joseph erzählte, wie die Raglands auf dem Weg von Cleveland, Ohio, nach Los Angeles das Land durchquerten. Meghans Mutter Doria war damals noch ein kleines Baby. Als die Familie in einem kleinen Ort in Texas vor einem Schneesturm Schutz suchte, wollte ihnen in dem Kaff voller Hinterwäldler nie-mand ein Zimmer vermieten. Jemand zeigte sogar auf die ver-

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schneite Straße und rief: »Da geht’s zum Highway. Macht, dass ihr wegkommt! Ihr seid hier nicht willkommen.«

Ob dieser Vorfall sich tatsächlich dort zugetragen hat, sei dahingestellt – auf dem Weg von Cleveland nach Los Angeles kommt man eigentlich gar nicht durch Texas. Aber auf dieser Reise wurde Meghans Onkel Joseph, der damals erst sieben oder acht Jahre alt war, zum ersten Mal in direkter Form mit Rassismus konfrontiert. Er erzählte auch, dass die Familie, wenn sie in einem Diner etwas essen wollte, jedes Mal zum Hintereingang verwiesen wurde. Wie Meghan bald erfahren sollte, war die Familiengeschichte ihrer Mutter geprägt von Ausbeutung, Diskriminierung und Ungerechtigkeit. Manches davon bekam sie selbst zu spüren, etwa wenn ihre Mutter auf irgendeinem Parkplatz mit dem N-Wort beschimpft wurde, weil sie nicht schnell genug eine Parklücke freimachte. Meg-hans Vorfahren – die auf einer Baumwollplantage in Georgia Sklavenarbeit hatten verrichten müssen – wurden vermutlich tagtäglich mit diesem Wort konfrontiert.

Es ist kein Wunder, dass Meghan ihren Stammbaum ver-wirrend fand. Ihre Familie mütterlicherseits bis zu den Wur-zeln zurückzuverfolgen ist kein leichtes Unterfangen, denn aus der Zeit vor der Sklavenbefreiung ist nur sehr wenig über die Herkunft der schwarzen Bevölkerung in den Süd-staaten bekannt. Die meisten Informationen wurden münd-lich überliefert, und so gibt es nur vereinzelte schriftliche Aufzeichnungen. Was dennoch in Erfahrung zu bringen war, ist, dass die Familie dem Methodisten William Ragland ge-hörte, der aus Cornwall im Südwesten Englands emigrierte und zunächst nach Virginia und dann nach North Carolina ging.

In North Carolina lebte Ragland mit seinen Sklaven in Chat-ham County und zog von dort nach Jonesboro in Georgia, wo

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Land verlost wurde, um neue Siedler anzulocken. In der Regel hatten Sklaven lediglich einen Vornamen, den der Plantagen-besitzer ihnen gab. Doch gelegentlich bekamen sie auch des-sen Nachnamen. Aus den wenigen Aufzeichnungen geht her-vor, dass der erste »schwarze Ragland«, also Meghans erster nachweisbarer Vorfahre mütterlicherseits, 1830 in Jonesboro zur Welt kam: Richard Ragland, der eine Frau namens Mary heiratete. Er selbst verbrachte einen Großteil seines Lebens in Abhängigkeit, doch sein Sohn Stephen, der 1848 geboren wurde, erlebte 1865 den Sieg der Vereinigten Nordstaaten über die Konföderierten Südstaaten und damit die Abschaffung der Sklavenhaltung unter Präsident Abraham Lincoln. Aus den Unterlagen, die die in Massachusetts ansässige Ahnen-forscherin Elizabeth Banas aufstöbern konnte, geht hervor, dass Stephen Ragland nach dem Bürgerkrieg selbst eine Farm pachtete. Dies war jedoch nichts weiter als Sklavenarbeit un-ter einer anderen Bezeichnung, denn der Landbesitzer bekam einen Großteil der Ernte und der Einnahmen, sodass die meis-ten Pächter ständig verschuldet waren.

Obwohl die Sklaverei im Juni 1865 abgeschafft wurde, konnten die meisten der ehemaligen Sklaven erst nach der Volkszählung im Jahr 1870 offiziell einen eigenen Namen be-antragen. Stephen Ragland behielt seinen Vor- und Nach-namen bei. Das klingt nicht so romantisch wie die Version, an die Meghan glaubte. Im Juli 2015 schrieb sie für die Zeitschrift Elle: »Vielleicht ist der Name, den mein Urururgroßvater sich bei seinem Neuanfang aussuchte, bezeichnend für meinen verwirrenden Stammbaum und für meine Sehnsucht, zu er-fahren, woher ich komme und wo meine Wurzeln liegen. Er wählte den Nachnamen Wisdom.«

Doch im Gegensatz zu Meghans Vermutung deutet alles, was die professionellen Ahnenforscher den unvollständigen

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und teilweise widersprüchlichen Aufzeichnungen entnehmen konnten, eher darauf hin, dass Stephen Ragland seinen Na-men beibehielt. Die Ahnenforscher fanden ebenfalls heraus, dass Stephens erste Frau Ellen Lemens hieß, dass die beiden am 18. August 1869 heirateten und vier Kinder bekamen: Ann (die auch unter dem Namen Texas aufgeführt ist), Dora, Henry und Jeremiah. Letzterer wurde 1881 oder 1882 geboren und ist Meghans Ururgroßvater.

Der Volkszählung und dem Steuerregister zufolge blieben Stephen und Ellen einige Jahre in der Umgebung von Jones-boro auf der Ragland-Plantage, wo sie einst Sklavenarbeit ver-richtet hatten. Aus der Volkszählung geht weiterhin hervor, dass Stephen Ragland nach dem Tod des damaligen Plan-tagenbesitzers Lemuel Ragland am 19. Mai 1870 für dessen zu diesem Zeitpunkt sechzigjährige Witwe Mary arbeitete. An-dere Familienmitglieder blieben ebenfalls dort. Vermutlich wohnten sie sogar weiterhin in einer Baracke oder in grob zu-sammengezimmerten Holzhütten auf der Plantage. Ihre Na-men sind Vinny und Willy Ragland, Charles, Jack, Jerry, Mariah und Catherine Lemens.

Jonesboro gelangte übrigens zu Berühmtheit, als dort die Verfilmung des Romans Vom Winde verweht, der zur Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs spielt, gedreht wurde. Von dort aus zogen die Raglands ins nahe gelegene Henry County, das für die gute Qualität der Böden und der dort wachsenden Baumwolle bekannt ist. Ob Stephen und seine Söhne Henry und Jeremiah ein Stück Land pachteten oder sich auf anderen Plantagen verdingten, bleibt unklar. Allerdings war Henry County nicht nur für Baumwolle bekannt, sondern auch für etwas anderes berüchtigt: als Heimat des Ku-Klux-Klan. Die-ser hatte sich dort im Frühjahr 1866 formiert und den ehema-ligen Sklaven Dave Fargason gelyncht, nachdem es zu einem

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Streit darüber gekommen war, ob Kinder ehemaliger Sklaven zur Schule gehen durften.

Stephens Sohn Henry Ragland wurde später von einer Gruppe bewaffneter weißer Männer angegriffen, schaffte es aber, lebend zu entkommen. Der in Henry County ansässige Historiker R. H. Hankinson merkt an, bald darauf sei der dor-tige KKK von der Bildfläche verschwunden. Doch wie auch immer, die Bedrohung blieb.

Angesichts der anhaltenden Gefahr und der bitteren Armut zogen viele ehemalige Sklaven auf der Suche nach besseren Lebensumständen nach Norden oder Westen. Kurz nach der Wende zum 20. Jahrhundert machten sich Stephen Raglands Tochter Ann und ihr Mann Cosby Smith, den sie 1892 geheira-tet hatte, mit ihren sechs Kindern auf den 5 000 Kilometer langen Weg nach Los Angeles, um dort ein neues Leben anzu-fangen. Damals bezog die Stadt ihren Wohlstand noch nicht aus dem Filmgeschäft, sondern aus Ölfeldern und Orangen-plantagen.

Der Aufbruch seiner Verwandten brachte auch Stephens jüngsten Sohn Jeremiah dazu, mit seiner Frau Claudie Rit-chie (deren Mutter übrigens den sprechenden Namen Mattie Turnipseed trug  – wer weiß, ob sie einst tatsächlich Rüben säte) Georgia zu verlassen. Um 1910, Claudie war damals fünf-undzwanzig Jahre alt, machten sie sich in der Hoffnung auf ein besseres Leben mit ihren Kindern auf den Weg nach Chattanooga in Tennessee.

Vermutlich sahen weder Ann noch Jeremiah ihren Vater Stephen Ragland jemals wieder, obwohl dieser das stolze Alter von achtundsiebzig Jahren erreicht hatte, als er am 31. Okto-ber 1926 in Paulding County, Georgia, starb.

Zu dem Zeitpunkt hatten Jeremiah und Claudie bereits fünf Kinder großgezogen, ein sechstes war bei der Geburt

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gestorben. Claudie, die bei der Volkszählung als »Mulattin« erfasst wurde, arbeitete in der damaligen Vorzeigefiliale von Miller Bros Department Store. Jeremiah arbeitete bei einem Herrenfriseur und als Portier, bevor er sich mit einer Schnei-derei selbstständig machte. Zu jener Zeit waren der schwar-zen Bevölkerung sowohl gut bezahlte Jobs als auch Darlehen verwehrt. Von daher bestand die einzige Aussicht auf eine Verbesserung der Lebensumstände darin, sich selbstständig zu machen.

Meghans weibliche Vorfahren beschränkten sich nicht nur auf ein Dasein als Mutter, sie nutzen auch die Chancen, die sich ihnen boten. Jeremiahs Tochter Dora, Meghans Urgroß-tante, war die erste Frau in der Familie Ragland, die das College besuchte. Sie wurde Lehrerin. Ihre jüngere Schwester Lillie studierte an der University of California und wurde Immobilienmaklerin. In Los Angeles gründete sie ihre eigene Immobilienfirma und war damit so erfolgreich, dass sie sogar im afroamerikanischen Who’s Who genannt wird.

Ihre Brüder kletterten auf der Karriereleiter nicht ganz so weit nach oben. Einer arbeitete als Kellner und Meghans Urgroßvater Steve an der Heißmangel in einer Reinigung in Downtown Chattanooga. Meghans Onkel Joseph räumt ein: »Diesbezüglich hat sich keiner unserer männlichen Vorfahren besonders hervorgetan.« Steve heiratete Lois Russell, die da-mals erst vierzehn- oder fünfzehnjährige Tochter eines Por-tiers. Bei der Volkszählung von 1930 wurde vermerkt, dass sie mit Lois’ Vater James Russell, weiteren Verwandten und Mie-tern zusammenwohnten und gerade einen Sohn bekommen hatten: Alvin Azell, Meghans Großvater.

Als Alvin alt genug war, zog er nach Cleveland, Ohio, wo er Arbeit finden wollte. Dort begegnete er Jeanette Johnson, der Tochter eines Hotelpagen und Fahrstuhlführers des Fünf-

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sternehotels St Regis. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs hatte Jeanette den professionellen Rollschuhläufer Joseph Johnson geheiratet und mit ihm zwei Kinder bekommen: Joseph junior und eine Tochter namens Saundra. Doch es dauerte nicht lange, bis Johnson, der zu Auftritten von einer Stadt zur nächsten reiste, Jeanette mit den beiden Kindern sit-zen ließ und aus ihrem Leben davonrollte. Als Jeanette dann den stilvoll gekleideten Alvin mit seiner samtweichen Stimme kennenlernte, konnte dieser ihr Herz bald im Sturm erobern.

Die beiden heirateten und zogen in die Souterrainwoh-nung eines dreistöckigen Hauses in Cleveland. Im September 1956 wurde ihr erstes gemeinsames Kind geboren: Doria, Meg-hans Mutter. Und da Alvin seiner Familie mehr bieten wollte, machten sie sich bald auf die Reise quer durch das ganze Land, von der Meghans Onkel Joseph des Öfteren erzählt: nach Los Angeles, wo sich bereits andere Mitglieder der Familie Rag-land niedergelassen hatten. Für eine Zeit arbeitete Alvin bei seiner Tante Lillie in deren Immobilienfirma. Dann eröffnete er in Downtown Los Angeles seinen eigenen Trödel- und Anti-quitätenladen. Da war es mit seiner Ehe allerdings schon vor-bei, und Jeanette saß abermals mit einem kleinen Kind allein da. Am 6. Mai 1983 heiratete Alvin seine zweite Frau, die Leh-rerin Ava Burrows, und einige Monate später kam der gemein-same Sohn Joffrey zur Welt.

Alvins Tochter Doria Ragland war zu dem Zeitpunkt längst erwachsen und hatte selbst ein Kind. Am 4. August 1981 um 4:46 Uhr hatte sie im West Park Hospital in Canoga Park, Los Angeles, ihre Tochter Rachel Meghan Markle zur Welt ge-bracht. Und damit sollte die Familiengeschichte eine Wen-dung nehmen.

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Der Aufstieg von Meghans Familie mütterlicherseits  – von Baumwollpflückern unter sengender Sonne bis zum Jawort, das Meghan im Blitzlichtgewitter der Kameras einem Prinzen geben wird – ist ein bemerkenswertes Beispiel für sozialen Auf-stieg. Und welch großartiger Gegensatz zur nicht allzu fernen Vergangenheit, als eine andere Amerikanerin in die britische Königsfamilie einheiratete: Wallis Warfield Simpson aus Balti-more, Maryland. Obwohl sie zweimal geschieden war, ließ König Edward VII I . sich durch den Widerstand der Kirche, der Regierung und des gesamten Empire nicht davon abhalten, sie zu ehelichen. Die Trauung fand im kleinen Kreis in einem französischen Schloss statt. Dafür hatte Edward als König ab-danken müssen, und so wurde daraus die königlich-tragische Liebesgeschichte des vergangenen Jahrhunderts.

Seitdem sind über achtzig Jahre vergangen. Sicher wären der Herzog und die Herzogin von Windsor, so der Titel, den Edward und Wallis fortan tragen sollten, erfreut darüber, dass das Haus Windsor sich heutzutage der realen Lebenswelt stellt und geschiedene Ehepartner akzeptiert. Doch vermutlich wä-ren sie auch erstaunt darüber, dass Prinz Harrys Braut afro-amerikanische Wurzeln hat. Hatte Wallis’ Familie, die War-fields, ihr Vermögen doch auf dem Rücken von Sklavenarbeit erworben.

Die Familie hielt sich jedoch für wohltätig und tolerant. Wallis’ Cousin dritten Grades, Edwin Warfield, der 1903 zum 45. Gouverneur von Maryland gewählt wurde, tat in zahlrei-chen Reden »Meine Ansichten zur Sklaverei« kund. Doch Ed-wins Toleranz hatte Grenzen. Bei einem Auftritt anlässlich der Gouverneurswahlen vor weißen Vertretern der Oberschicht plädierte er dafür, »ungebildeten Schwarzen« das Wahlrecht zu verweigern.

Wallis selbst wuchs in recht bescheidenen Verhältnissen

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auf. Ihre Mutter und sie waren die armen Verwandten der wohlhabenden Warfields. Dennoch hatten sie ein schwarzes Kindermädchen, einen Diener und mehrere Hausmädchen – Bedienstete, die als selbstverständlich betrachtet wurden, aber in der gesellschaftlichen Rangordnung so weit unten standen, dass sie niemals richtig dazugehören würden. So erzählte Wallis, das erste Mal, dass sie jemandem die Hand gab, dessen Hautfarbe nicht weiß war, sei während des Zweiten Weltkriegs beim Händeschütteln in einer Menschenmenge in Nassau auf den Bahamas gewesen, deren Gouverneur der Herzog von Windsor war. Menschen anderer Hautfarbe kamen in Wallis’ Leben ebenso wie im Leben ihres Mannes nur dann vor, wenn sie ein Tablett in den Händen hielten und Getränke servierten. Wallis stammte aus einer gesellschaftlichen Schicht und dar-über hinaus aus einer Generation, die recht unbefangen einen geradezu selbstverständlichen Rassismus pflegte. Gleichgül-tig, ob bei Tischgesprächen oder in Briefen – das N-Wort und andere abwertende Begriffe wurden benutzt, ohne dass man es als anstößig empfunden hätte. Als Wallis 1896 geboren wurde, hatte Meghans Urururgroßvater Stephen Ragland Mühe, das Nötigste zum Leben zusammenzukratzen, obwohl er mittlerweile zum Landpächter aufgestiegen war. Auf den Gedanken, dass seine Urururenkelin im majestätischen Rah-men der St George’s Chapel, wo zahlreiche Royals wie König Edward VII . oder der dritte Sohn der Queen, Prinz Edward, getraut wurden, einen Prinzen heiraten würde, wäre Stephen ganz sicher nicht gekommen.

Doch Meghan sollte nicht die Erste sein, die überkommene Regeln durchbrechen würde. 2004 ließ sich die Tochter eines Prinzen, Lady Davina Windsor, bei einer Zeremonie in kleinem Rahmen im Kensington Palast mit dem Schafscherer und Sur-fer Gary »Gazza« Lewis trauen, einem Maori aus Neuseeland,

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der sogar schon Vater war. Lady Davina und ihr Mann befan-den sich unter den Gästen der Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton, und sicher werden sie auch zur Trauung von Harry und Meghan eingeladen. In der Königsfamilie zuckte angesichts der Hochzeit zwischen der Tochter des Herzogs und der Herzogin von Gloucester und einem Mitglied der zweitgrößten ethnischen Gruppe Neuseelands kaum noch je-mand mit der Wimper. Doch leider ist es nach wie vor wenig überraschend, dass nicht alle Vertreter des britischen Adels allen Ehepartnern offen gegenüberstehen. Als die bekannte Food-Journalistin Emma McQuiston, Tochter einer Englän-derin aus der High Society und eines nigerianischen Öl-Mag-naten, 2013 den Erben des berühmten Longleat-Anwesens, Viscount Weymouth, heiratete, fragte dessen Mutter ihn allen Ernstes: »Hast du dir gut überlegt, was du einer vierhundert Jahre währenden Blutlinie damit antust?«

Bei genauerer Betrachtung ist Meghan jedoch gar nicht die Außenseiterin, für die man sie halten könnte. Ihre europäische »Blutlinie« lässt sich sogar über weit mehr als vierhundert Jahre zurückverfolgen.

Das öffentliche Interesse an ihrer Familiengeschichte be-schränkt sich in erster Linie auf ihre Vorfahren mütterlicher-seits, die durch harte Arbeit ihr Leben meisterten. Weniger be-kannt ist hingegen, dass Meghan väterlicherseits Vorfahren aufzuweisen hat, die sich bis zu den Königen von Schottland und England zurückverfolgen lassen. Meghan schrieb: »Wenn man aus einer Ehe zwischen einer Schwarzen und einem Wei-ßen stammt, zeichnet sich eine verschwommene Linie ab, die sowohl erstaunlich als auch erhellend sein kann.« Dabei war ihr wohl gar nicht bewusst, dass in ihren Adern nicht nur das Blut ehemaliger Sklaven fließt, sondern auch das von Königen.

Zunächst einmal lässt sich Meghans Abstammung väter-

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licherseits über 25 Generationen zurückverfolgen bis zu Ro-bert I. von Schottland, dem wohl schillerndsten der schotti-schen Könige. Besser bekannt als Robert the Bruce, suchte der legendäre Kämpfer Schutz in einer Höhle, um seinen englischen Verfolgern zu entkommen. Dort beobachtete er eine Spinne, die beim Weben ihres Netzes Mühe hatte, sich an einem be-sonders langen Faden hinaufzuhangeln. Robert the Bruce er-schien das wie eine Parallele zu seinem eigenen Scheitern auf dem Schlachtfeld. Also gab er der Spinne noch die Chance für einen letzten Versuch. Sollte es ihr gelingen, sich an dem Faden emporzuschwingen, dann wäre auch er zu einem letzten Kampf bereit, um sein Land zu befreien.

Die Spinne nutzte ihre Chance, und folglich nutzte Robert the Bruce die seine. In der blutigen Schlacht von Bannockburn schlug er 1314 die Engländer in die Flucht und blieb bis zu sei-nem Tod im Jahr 1329 der angesehenste und meistgeliebte Kö-nig von Schottland.

Derart beeindruckende Verbindungen in die Zeiten von Kö-nigen, die Jahrhunderte zurückliegen, ziehen sich durch die Familiengeschichte der Markles, deren Wurzeln in der Alten Welt liegen und die dann aufbrachen in die Neue Welt.

Ursprünglich aus Deutschland und Holland stammend, lebten die Markles über Generationen in Pennsylvania und wurden Farmer, Kalkbrenner, Schreiner, Minenarbeiter, Sol-daten oder – wie Meghans Urgroßvater, der große Isaac »Ike« Markle  – Feuerwehrmann der Pennsylvania Railroad Com-pany. Ikes Sohn Gordon Arnold, Meghans Großvater, betrieb eine Tankstelle, arbeitete in einer Schuhfabrik und bekam dann eine Stelle in der Verwaltung des Postamts von Newport. Im März 1941, nur wenige Monate bevor die Vereinigten Staa-ten von Amerika in den Zweiten Weltkrieg eintraten, heiratete er Doris Mary Rita Sanders aus New Hampshire.

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Über die Erblinie von Meghans Großmutter Doris lässt sich ihre Abstammung direkt auf die schottische und andere Königsfamilien zurückverfolgen. Durch ihren Vorfahren Roger Shaw gelangte das blaue Blut, von dem noch ein paar Tropfen in Meghans Adern fließen, nach Amerika, als Shaw, der Sohn eines Londoner Weinhändlers und Schiffers, von Plymouth aus in See stach und um 1637 in Massachusetts in der Neuen Welt an Land ging.

Wie viele junge Männer sah auch Roger Shaw in Amerika das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Durch den Ein-fluss seines Vaters erhielt er prompt eine Lizenz, um »nach eigenem Gutdünken und Ermessen zu besonderen Gelegen-heiten, und nur zu diesen, Wein und jedwede Art von hoch-prozentigen Spirituosen an Christen und Indianer zu ver-treiben«. Bald darauf wurde Roger Shaw Farmer mit einem beträchtlichen Stück Land und damit eine anerkannte Säule der Gesellschaft.

Unter diesen Vorfahren von Meghan, die aus dem Norden Englands stammen, findet sich das entscheidende Bindeglied zu den Königshäusern: James Shaw, ein Spross der angese-henen Grundbesitzer aus Yorkshire, heiratete 1490 Christina Bruce, die Tochter und Erbin von Sir David Bruce, dem sechs-ten Baron von Clackmannan, einem direkten Nachfahren des schottischen Königs Robert the Bruce. Damit war die royale Verbindung besiegelt.

Darüber hinaus hat Meghans Großmutter Doris eine in-teressante Verbindung zum britischen Königshaus aufzuwei-sen, und zwar durch ihre Vorfahrin Mary Bird, die 1856 in den hauswirtschaftlichen Aufzeichnungen von Windsor Castle er-wähnt wird, wo sie vermutlich in Diensten stand. Das wirkt beinahe wie ein modernes Aschenputtel-Märchen, in dem allerdings Aschenputtels Nachfahrin den Prinzen heiratet.

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Dies sind aber nicht alle Verbindungen zu England und seinem Königshaus. Zu Meghans Vorfahren gehören auch der Auswanderer Christopher Hussey, den es auf die vor der Küste von Massachusetts gelegene Walfänger-Insel Nantucket ver-schlug, sowie Reverend William Skipper, der 1639 in New Eng-land anlandete. Reverend Skippers Ahnengalerie ist besonders interessant. Denn wie der in Boston ansässige Ahnenforscher Gary Boyd Roberts herausfand, weist dessen Verwandtschaft mit den Markles Meghan als eine Nachfahrin in vierundzwan-zigster Generation des mittelalterlichen Königs Edward III. aus. Geboren in Windsor Castle, regierte Edward III. England fünfzig Jahre lang bis zu seinem Tod im Jahr 1377. Laut Ahnen-forscher Roberts ist Meghan über ihre englische Vorfahrin Margaret Kerdeston sogar mit den meisten europäischen Kö-nigshäusern verwandt. Margaret Kerdeston lebte im 15. Jahr-hundert und war die Großmutter väterlicherseits von Anne von Foix-Candale, der Königin von Ungarn und Böhmen. Und es gibt weitere Verbindungen: Skippers Vorfahren Sir Philip Wentworth und Mary Clifford sind weitläufig mit Diana, der verstorbenen Prinzessin von Wales, und mit der Mutter der Queen verwandt. Laut Roberts bestehen durch die Ehen, die im Laufe der Jahrhunderte zwischen den europäischen Königs-häusern geschlossen wurden, über 240 verwandtschaftliche Verbindungen von Prinz Harry zu Margaret Kerdeston. Da diese auch eine Vorfahrin von Meghan ist, heißt das, der Prinz und seine Braut sind in einem sehr, sehr, sehr weit entfernten Verwandtschaftsgrad Cousin und Cousine.

Wie Gary Boyd Roberts so treffend über Meghan sagte: »Vieles der amerikanischen und englischen Geschichte zeigt sich in der Vielfalt ihrer Vorfahren.«

Natürlich sind eine ganze Reihe Menschen, die europäische Vorfahren haben, weitläufig mit Königshäusern verwandt.

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Doch für Meghan bekommen solche Verwandtschaften eine ganz neue Bedeutung. Ihre europäischen und afroamerika-nischen Wurzeln haben ihr besonders in ihrer Kindheit im-mer wieder bewusst gemacht, dass sie anders ist. Und sie hat gelernt, das anzunehmen und anzuerkennen.

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K A P I T E L   2

Meghans Kindheit

Das Leben von Tom Markle in den 1950er-Jahren liest sich wie ein Kapitel aus Die Abenteuer des Tom Sawyer.

Der junge Tom, Meghans Vater, und seine beiden älteren Brü-der, Mick und Fred, verlebten eine sorgenfreie Kindheit in der kleinen Stadt Newport in Pennsylvania. Dort wohnten sie an einem Feldweg in einem bescheidenen Haus, das mit Holz-schindeln verkleidet war. Im Wald dahinter kletterten die Jun-gen auf die Bäume, angelten Welse im Juniata River und sam-melten im Sommer Brombeeren. Ihre Mutter Doris verarbeitete die Schätze, die sie mitbrachten, zu leckeren Kuchen und Mar-meladen. Als Teenager verdiente Tom sich sein Taschengeld durch das Aufstellen der Pins auf der örtlichen Bowlingbahn, oder er sah gemeinsam mit seinem Vater Gordon, der in der Verwaltung der Poststelle arbeitete, auf dem Schwarz-Weiß- Fernseher den geliebten Philadelphia Phillies dabei zu, wie sie ihre Home Runs erzielten.

Als Tom seinen Abschluss an der Newport Highschool machte, war sein Bruder Mick bereits der United States Air Force beigetreten, wo er im Fernmeldewesen arbeitete, obwohl einige Leute behaupten, er sei irgendwann von der C IA ange-worben worden. Sein Bruder Fred war nach Süden gegangen, hatte die Religion für sich entdeckt und wurde schließlich

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Andrew Morton

MeghanVon Hollywood in den Buckingham-Palast. Ein modernesMärchen

DEUTSCHE ERSTAUSGABE

Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 320 Seiten, 13,5 x 21,5 cmISBN: 978-3-453-20705-9

Heyne

Erscheinungstermin: Mai 2018

Die neue Prinzessin der Herzen Mit ihrem natürlichen Charme verzaubert Meghan Markle nicht nur Prinz Harry, sonderndie Menschen weltweit. Die Amerikanerin, bekannt aus der TV-Serie "Suits", lebt ein echtesMärchen: Im Mai heiratet sie Prinz Harry und wird damit offizielles Mitglied des britischenKönigshauses. In seiner Biografie erzählt Bestseller-Autor Andrew Morton, einzigartiger Kenner der Royals,umfassend von ihrer Kindheit, ihrer couragierten Persönlichkeit, ihren Träumen und Zielen undzeigt mit viel Insiderwissen, was von Meghan in ihrer neuen Rolle zu erwarten ist.