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SCHMIEKE 50 B E S E E L T E S B A U E N Hagia Chora 7 | 2000 Vasati Renaissance der Geomantie Indiens Marcus Schmieke Simone Sauthoff Ludwig Jacob buddhistischen Literatur, aber auch in der Arthasastra, einem Werk über zivile Ar- chitektur, den Puranas, Agamas (Archi- tektur und Skulptur) und anderen Texten erwähnt. Daneben sind besonders die so genannten Shilpa-Werke, die wissen- schaftlichen Abhandlungen über Archi- tektur, von Bedeutung. Man unterscheidet die nordindische Nagara-Schule, die auf dem Architekten Vishvakarma gründet, von der südindischen Dravida-Schule, die den Lehren Maya Danavas folgt. Ihre Werke Manasara und Mayamatam dürften die bekanntesten Vastu-Texte Indiens sein. Beide beschreiben die Regeln und Gesetzmäßigkeiten, die es im Umgang mit dem Bauland und dem Bauobjekt zu be- achten gibt. Sie sind einander inhaltlich und im strukturellen Aufbau sehr ähnlich und geben nicht nur Auskunft über Tem- pel- und Hausbau, sondern auch über Dorf- und Städteplanung. Darüber hinaus enthalten sie ausführliches Wissen über exakte Proportionen, die für ein energe- tisch harmonisches Wohngefüge unent- behrlich sind. Auf dem Weg zu den Wurzeln In Indien war die Wissenschaft des Vastu weitgehend in Vergessenheit geraten, bis sie 1995 im Rahmen eines großen Kon- gresses im indischen Parlament wieder zu allgemeiner Popularität gelangte. Heute boomt Vastu in Indien mehr denn je, wo- bei leider eine Flut von geschäftstüchtigen Pseudoexperten und Scharlatanen das ur- sprüngliche Wissen fast noch mehr ver- decken als in jener Zeit, als Vastu kaum mehr bekannt war. In fünfjähriger, intensiver Forschungs- arbeit ist es der deutschen „Veden-Akade- mie e.V.“ gelungen, das ursprüngliche Wissen des Vastu zu rekonstruieren, auf die klimatischen, kulturellen und geistigen Bedingungen Europas abzustimmen und dem Geist der Gegenwart entsprechend zu formulieren. In dieser modernen Form wird es auch als Vasati bezeichnet. Wir studierten ein Dutzend Sanskrit- texte im Original, z.B. das Mayamatam, Matsya Purana, Viswakarma Vastu- shastram oder Manushyalayachandrika, und untersuchten, wie das überlieferte Wissen der alten Sanskrittexte in der zeit- genössischen Vastu-Literatur Indiens dar- gestellt wird – immerhin erschienen dazu seit 1995 mehr als 100 Bücher. Auch Schriften wie die Brihat Samhita von Varahmihira, die den Zusammenhang zwischen Vastu und vedischer Astrologie herstellen, wurden in das Studium einbe- zogen, um Verbindungen zu Schwester- wissenschaften wie Ayurveda, Astrologie und Musikwissenschaften zu schaffen. Auf Grundlage all dieser Texte wurden acht energetische Grundprinzipien ermit- In jüngster Zeit findet Vastu, die vedische Geomantie (auch als Vasati bekannt), über die Fachkreise hinaus zunehmende Beachtung. Dieser Beitrag deckt die historische und phi- losophische Verbindung des vedischen Wissens mit euro- päischen Bautraditionen auf. S eit Jahrtausenden werden auf der Grundlage des Vastuvidya in Indien Häuser, Tempel und ganze Städte gebaut. Die altindische Geomantie Vastu beruht auf den Naturgesetzen der Raum- energie, mit deren Hilfe man den Wohn- raum in Resonanz mit der Natur und den Bewohnern bringen kann. Die Wissen- schaft des Vastu wurde bereits in den frü- hen Teilen des Rig Veda erwähnt, die über 5000 Jahre alt sind. Beeindruckende Zeu- gen der Vastu-Baukunst sind die Städte der Indus-Sarasvati-Kultur Mohenjo Daro und Harappa, die vor 5000 Jahren in vol- ler Blüte standen. Die Stadtanlagen und Hausgrundrisse künden davon, dass schon zu jener Zeit Vastu-Prinzipien bekannt waren und angewendet wurden. In Indien werden die Regeln des Vastu in zahlreichen, Jahrtausende alten Schrif- ten wie den Veden, in der epischen und Die Villa Rotonda des italienischen Renaissance-Architekten Palladio schlägt über den antiken Baumeister Vitruv eine Brücke zur vedische Geomantie Vastu.

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Page 1: aaaaaaaaaaaaaaaaaa a a a a a a a a a a a a a a a a a … · Matsya Purana, Viswakarma Vastu-shastram oder Manushyalayachandrika, und untersuchten, wie das überlieferte Wissen der

SCHMIEKE○

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50 B E S E E L T E S B A U E N Hagia Chora 7 | 2000

VasatiRenaissance der Geomantie Indiens

Marcus SchmiekeSimone SauthoffLudwig Jacob

buddhistischen Literatur, aber auch in derArthasastra, einem Werk über zivile Ar-chitektur, den Puranas, Agamas (Archi-tektur und Skulptur) und anderen Textenerwähnt. Daneben sind besonders die sogenannten Shilpa-Werke, die wissen-schaftlichen Abhandlungen über Archi-tektur, von Bedeutung. Man unterscheidetdie nordindische Nagara-Schule, die aufdem Architekten Vishvakarma gründet,von der südindischen Dravida-Schule, dieden Lehren Maya Danavas folgt. IhreWerke Manasara und Mayamatam dürftendie bekanntesten Vastu-Texte Indienssein. Beide beschreiben die Regeln undGesetzmäßigkeiten, die es im Umgang mitdem Bauland und dem Bauobjekt zu be-achten gibt. Sie sind einander inhaltlichund im strukturellen Aufbau sehr ähnlichund geben nicht nur Auskunft über Tem-pel- und Hausbau, sondern auch überDorf- und Städteplanung. Darüber hinausenthalten sie ausführliches Wissen überexakte Proportionen, die für ein energe-tisch harmonisches Wohngefüge unent-behrlich sind.

Auf dem Weg zu den Wurzeln

In Indien war die Wissenschaft des Vastuweitgehend in Vergessenheit geraten, bissie 1995 im Rahmen eines großen Kon-gresses im indischen Parlament wieder zuallgemeiner Popularität gelangte. Heute

boomt Vastu in Indien mehr denn je, wo-bei leider eine Flut von geschäftstüchtigenPseudoexperten und Scharlatanen das ur-sprüngliche Wissen fast noch mehr ver-decken als in jener Zeit, als Vastu kaummehr bekannt war.

In fünfjähriger, intensiver Forschungs-arbeit ist es der deutschen „Veden-Akade-mie e.V.“ gelungen, das ursprünglicheWissen des Vastu zu rekonstruieren, aufdie klimatischen, kulturellen und geistigenBedingungen Europas abzustimmen unddem Geist der Gegenwart entsprechend zuformulieren. In dieser modernen Formwird es auch als Vasati bezeichnet.

Wir studierten ein Dutzend Sanskrit-texte im Original, z.B. das Mayamatam,Matsya Purana, Viswakarma Vastu-shastram oder Manushyalayachandrika,und untersuchten, wie das überlieferteWissen der alten Sanskrittexte in der zeit-genössischen Vastu-Literatur Indiens dar-gestellt wird – immerhin erschienen dazuseit 1995 mehr als 100 Bücher. AuchSchriften wie die Brihat Samhita vonVarahmihira, die den Zusammenhangzwischen Vastu und vedischer Astrologieherstellen, wurden in das Studium einbe-zogen, um Verbindungen zu Schwester-wissenschaften wie Ayurveda, Astrologieund Musikwissenschaften zu schaffen.Auf Grundlage all dieser Texte wurdenacht energetische Grundprinzipien ermit-

In jüngster Ze it f indet Vastu ,

d ie vedische Geomantie (auch

als Vasat i bekannt) , über d ie

Fachkre ise hinaus zunehmende

Beachtung. Dieser Beit rag

deckt d ie histor i sche und phi-

losophische Verbindung des

vedischen Wissens mit euro-

päischen Bautradit ionen auf .

S eit Jahrtausenden werden auf derGrundlage des Vastuvidya in IndienHäuser, Tempel und ganze Städte

gebaut. Die altindische Geomantie Vastuberuht auf den Naturgesetzen der Raum-energie, mit deren Hilfe man den Wohn-raum in Resonanz mit der Natur und denBewohnern bringen kann. Die Wissen-schaft des Vastu wurde bereits in den frü-hen Teilen des Rig Veda erwähnt, die über5000 Jahre alt sind. Beeindruckende Zeu-gen der Vastu-Baukunst sind die Städteder Indus-Sarasvati-Kultur Mohenjo Daround Harappa, die vor 5000 Jahren in vol-ler Blüte standen. Die Stadtanlagen undHausgrundrisse künden davon, dass schonzu jener Zeit Vastu-Prinzipien bekanntwaren und angewendet wurden.

In Indien werden die Regeln des Vastuin zahlreichen, Jahrtausende alten Schrif-ten wie den Veden, in der epischen und

Die Villa Rotonda des italienischen Renaissance-Architekten Palladio schlägt über den antiken BaumeisterVitruv eine Brücke zur vedische Geomantie Vastu.

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telt, die allen anderen Regeln des Vastuzugrunde liegen. Die Übereinstimmungdieser acht Prinzipien mit den Einsichtengroßer europäischer Naturforscher wieViktor Schauberger und Wilhelm Reichführte dazu, sie als kulturübergreifendeWurzeln einer jeden Baulehre anzusehen,an denen sich alle konkreteren Regelnmessen lassen.

Diese Grundlagenarbeit ergab ein prak-tisches Instrument, mit dem man die Gül-tigkeit überlieferten Wissens überprüfenkann. In das System des Vasati wurdennur solche Regeln übernommen, die mitden wissenschaftlichen Grundprinzipienübereinstimmen. Deren Gültigkeit wurdezudem durch einen alternativen, unab-hängigen Forschungszugang bestätigt, derauf der vedischen und westlichen Astrolo-gie beruht: Eine Analyse und Bewertungder Planeteneinflüsse und -wechselwir-kung im Wohnraum führt zu den gleichenPrinzipien und Regeln wie in derBaukunst. Darüber hinausbegann die „Veden Akade-mie“ eine langjährigeStudie über den Zusam-menhang zwischenVasati und der Wohn-situation, deren ersteZwischenergebnisse dieGültigkeit der gefunde-nen energetischen undastrologischen Grundprin-zipien bestätigen.

Doch dies ist nicht das ersteMal, dass Vastu-Prinzipien Eingang in dieeuropäische Baukunst finden. So ent-spricht interessanterweise das Werk „De rearchitectura“ des Römers MarcusVitruvius dem altindischen Manasaranicht nur inhaltlich, sondern sogar imKapitelaufbau. Vor 2000 Jahren hatVitruvius mit seinem zehnbändigen Werk„Über die Baukunst“ als Erster eine um-fassende Schrift über die ästhetischen,ethischen, ökonomischen und materiellenGrundsätze und Regeln der Architekturgeschrieben – offenbar auf der Grundlagedes Vastu-Klassikers Manasara. Vitruvsorgte für die Wiederbelebung der antikenArchitekturformen und übernahm als ei-ner der Ersten den Worttypus architekton(Baumeister) aus dem Griechischen ins La-teinische, womit er vermutlich für Romein neues Berufsbild entwarf. „Über dieBaukunst“ wurde vor allem im Mittelaltermehrfach übersetzt und war eine wichtigeBasis für die Entwicklung der europäi-schen Baukunst. Seit dem 17. Jahrhundertgilt Vitruv nicht nur als Lehrmeister derArchitektur, sondern als Hauptquelle zumVerständnis antiker Bauten und Bau-komplexe.

In der Renaissance wurden VitruvsSchriften wiederentdeckt und in italieni-scher Sprache aufgelegt. Die 1556 erschie-nene, dritte Vitruvausgabe des 16. Jahr-hunderts enthielt Zeichnungen des Archi-

tekten Andrea Palladio (1508–1580).Palladio selbst sah Vitruv als seinen Meis-ter. Von seinen eigenen Bauwerken, dieseine Auffassung vom römischen Hausmit Tempelfront spiegeln, ist die „VillaRotonda“ bei Vicenza das berühmteste.

Mit Vasati, der modernen Form desVastu, erlebt die uralte indische Geoman-tie also ihre dritte Renaissance in Europa.

Die richtigen Proportionen

Palladios Bauten zeichnen sich durch eineungewöhnliche Harmonie aus, die auchschon bei Vitruv zu finden ist. Den Pro-portionen seiner Gebäudegrundrisse liegtder Goldene Schnitt zugrunde, der sich alsGrenzwert des Quotienten zweier aufein-ander folgender Glieder der Fibonacci-Reihe ergibt:(1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, …) : ϕ = 1,618.In einer Formel lässt sich dieses Verhältnisso ausdrücken: A : B = B : (A + B); ein

kleiner Teil steht in dem gleichenVerhältnis zum großen Teil,

wie dieser zum Ganzen.Die Proportionen desGoldenen Schnitts kom-men in der Natur in or-ganischen Wachstums-mustern vor, besondershäufig bei in entgegen-

gesetzte Richtungenstrebenden Spiralen. Of-

fenbar handelt es sich umeine allgemein gültige Grund-

struktur der Natur, nämlich derVerbindung sich ergänzender Gegensätze.Daher ist es nicht verwunderlich, dass sichviele Normgrößen, die uns im täglichenLeben begegnen, den Proportionen desGoldenen Schnitts annähern.

Im Vastu ist der Goldene Schnitt eben-falls eine bekannte Proportion, die sichz.B. in rechteckigen Gebäuden wiederfin-det. Für rechteckige Gebäude gibt es dreigrundlegende Proportionen, die gerneverwendet wurden: 1 : 2, 2 : 3 und 3 : 5.Auch diese entstehen durch Division deraufeinander folgenden Zahlen der Fibo-nacci-Reihe. Ebenso stößt man bei demzur energetischen Korrektur von Wohn-räumen einzusetzenden dreidimensionalenShri Yantra und dem Meru-Chakra aufdiese Proportion, denn diese setzen sichaus neun Dreiecken zusammen, die sichgegenseitig durchdringen und von denenvier nach oben und fünf nach unten wei-sen. Das größte ist ein so genanntes Gol-denes Dreieck. Wenn die Hälfte seinerGrundseite 1 ist, ergeben die anderen Sei-ten den Goldenen Schnitt. Dieses GoldeneDreieck bildet auch den Schnitt durch dieMittelachse der Cheopspyramide.

Neben der Proportion des GoldenenSchnitts spielen im Vastu aber auch Abso-lutmaße eine entscheidende Rolle. DasMaßsystem im Vastu orientiert sich amVielfachen der Urzelle des Raumes, indemes jeweils mit Acht multipliziert wird, um

Die zwölf energetischenGrundprinzipien des Vasati

! Die Hauptenergieströme der Erde flie-ßen aus dem Norden und dem Osten in dasGrundstück bzw. Haus ein.@ Jede Raumfläche wird in eine Hälftepositiven energetischen Potenzials (Nord-osten) und eine Hälfte negativen Potenzials(Südwesten) unterteilt.# Jede Seite des Feldes besitzt eine starkeund eine schwache Hälfte. Hierbei giltjeweils die nördliche bzw. östliche Hälfteals der starke Bereich.$ Wasser erhöht das energetischePotenzial eines Sektors; Gewichte erniedri-gen das energetische Potenzial; es wirdumso mehr erhöht, je mehr Raum in einerbestimmten Richtung sowohl vertikal alsauch horizontal zur Verfügung steht.% Ganzzahlige Proportionen erzeugen einharmonisches Energiefeld.^ Die Einheiten des natürlichen Vasati-Maßsystems folgen einem zyklischen ener-getischen Rhythmus, der durch die ZahlAcht bestimmt wird.& Der Raum besitzt ein Energienetzgittermit energetischen Schlüsselpunkten, dasdurch seine Begrenzungen definiert wird.* Der Raum ist in fünf konzentrischeRinge mit insgesamt 81 Feldern unterteilt.( Jede der acht Himmelsrichtungen wirdvon einem der neun Planeten beeinflusst.BL Sowohl die einzelnen Aspekte desWohnraumes als auch die verschiedenenLebensbereiche werden von der Strahlungder neun Planeten beeinflusst.BM Die Planeten beeinflussen sich wechsel-seitig.BN Entsprechend der individuellen Strah-lungsresonanz haben die acht Himmelsrich-tungen auf jeden Menschen eine individu-elle Wirkung.

Vitruvs Einfluss auf dieeuropäische Baukunst

Vitruv hatte einen entscheidenden Einflussauf die Entwicklung der gesamten europäi-schen Baukunst. Dabei kamen viele grund-legende Vastu-Prinzipien zum Ausdruck:! Das offene Atrium der römischen Stadt-villen. (In den europäischen Renaissance-bauten und meist überkuppelten Treppen-aufgängen von Barockbauten wurde dieswieder aufgegriffen. Im Vastu wird das freigehaltene Zentrum Brahmastan genannt, esdient dem vertikalen Energieaustausch.)! Die quadratische Rasterung römischerStädte, Siedlungen und Baugrundrisse.! Die klassisch symmetrische Aufteilungder Grundrisse.! Die Bevorzugung ganzzahliger Proportio-nen und des Goldenen Schnitts.! Die strikte Orientierung der Baukörpernach den Haupthimmelsrichtungen.! Die bevorzugte Wahl von Säulenan-ordnungen, die schon in den jahrtausende-alten Vastu-Schriften erwähnt werden.

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Meru-Chakra○

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zur nächstgrößeren Maßeinheit zu gelan-gen. Die Urzelle des Raumes ist im Vastuein Quadrat mit dem als kleinstmöglichangesehenen Rauminhalt. Die Vorstel-lung entspricht der modernenPhysik, welche den Raumals aus winzigen Quadra-ten zusammengesetzt be-trachtet, deren Kantender so genannten Planck-schen Länge entsprechen.Auch in der vedischen Metaphy-sik ist eine kleinste Länge bekannt,die als Durchmesser eines Elementar-teilchens (paramanus) gilt. Fünfmal mitAcht multipliziert, ergibt sich aus dervedischen Elementarlänge das Yava, diedurchschnittliche Breite eines „Gersten-korns“. Hieraus lassen sich wiederumdurch Multiplikation mit der Zahl Achtdie menschlichen Standardmaße (Finger-breit, Fuß und Armspanne) berechnen.

Die im Vastu üblichen Standardmaßesind:Unterteilung Einheit Länge8 Tila 1 Yava 0,375 mm (Gerstenkorn)8 Yava 1 Angula 3 cm (Fingerbreit)8 Angula 1 Pada 24 cm (Fuß)8 Pada 1 Vyama 192 cm (Armspanne)

Die Qualität des Raumes im Verhältniszur kosmischen Urschwingung wird inden Maßen und Proportionen des Oktogo-nalsystems des Vastu ausgedrückt. Diesesbezieht die Orientierung des Raumes einund erlaubt, die Schwingungen des Rau-mes und seiner Bewohner auf diejenigendes Kosmos abzustimmen. Die Qualitätendes Raumes werden in den sechs Formelndes Ayadi aus dessen primärer Dimensionberechnet. Diese kann der Umfang, dieBreite, Länge, Höhe oder Fläche sein. Eswerden drei Gruppen von Berechnungs-systemen unterschieden: erstens das Sy-stem, das sich auf den Umfang bezieht,zweitens das von linearen Dimensionen,also Höhe, Länge und Breite abhängigeSystem, und schließlich das System, dasdie quadratischen Dimensionen, die Flä-cheninhalte, als Ausgang nimmt. Es führtallerdings zu weit, auf die komplexen Be-rechnungen genauer einzugehen.

Die Eigenschaften des Raumes

Die Urform in der Fläche ist das Quadrat.Es bildet das einfachste Ordnungsmusterdes Raumes, kann allerdings zu komple-xen Quadratgittern in der Fläche erweitertwerden, welche im Vastu als Raster fürGrundrissplanungen dienen. Im Raumwird das Quadrat zum Würfel ergänzt, deraus der Sicht des Vastu den vollkomme-nen Raum bildet, da er alle Energiequali-täten des Kosmos im Gleichgewicht hält.Räume, die aus solchen Würfeln zusam-mengesetzt sind, bilden einen harmoni-schen Mikrokosmos, der mit dem Makro-kosmos und seinen Energien in Resonanzsteht. Die Streckung des Quadrats längsseiner Seiten führt zur Form eines Recht-

ecks,dessen

rechte Winkelwiederum die Bildung

eines ähnlich harmonischen Energiefeldesgewährleisten. Die Qualität des Feldeshängt stark von seinen jeweiligen Propor-tionen ab. Das Verhältnis 1 : 1 des Qua-drates steht für das vollkommene Gleich-gewicht aller Energien, während andereharmonische Proportionen spezifischeEnergiequalitäten unterstützen. Ein weite-rer Faktor ist die Ausrichtung im Raum.Ein vollständiges Gleichgewicht kann sichnur in einem Quader oder Rechteck aus-bilden, dessen Seiten parallel zu denHaupthimmelsrichtungen liegen, dennparallel zu diesen fließen die wichtigstenEnergien. Jede Himmelsrichtung kann inseinem Inneren ihre positiven Eigenschaf-ten und Energien optimal entfalten. Dievier Hauptelemente Erde, Wasser, Feuerund Luft bilden ihr jeweiliges Energiefeldin den vier Ecken eines solchen Raumesaus und unterstützen sich gegenseitig inihrer Funktion.

Das Energiefeld des Raumes

In der Praxis kommen jedoch nicht nurquadratische und rechteckige Räume vor.Vielmehr besitzt ein Haus in der RegelAbweichungen, Erweiterungen oder Fehl-bereiche, durch die das Energiefeld ver-zerrt wird. Neben rechteckigen Grundris-sen gibt es noch andere harmonische For-men, die sich als Grundfläche für einenWohnraum eignen. Hierzu gehört dasAchteck, während dreieckige, fünfeckigeund andere unregelmäßige Formen zuvermeiden sind.

Neben den angesprochenen Proportio-nen, der Richtung und Orientierung wirddie Raumqualität durch die Umgebung,die Materialien, die Öffnungen und dieInnenaufteilung bestimmt. Das Energie-feld eines Hauses oder eines Grundstücksunterliegt in erster Linie zwei Energie-strömen unterschiedlicher Herkunft, dieman Prana und Jiva nennt. Der Ursprungder Prana-Energie liegt in der Sonne undanderen Himmelskörpern; sie kann alskosmische Energie verstanden werden,während die Jiva-Energie organischen Ur-sprungs ist. Die Prana-Energie fließt vomNorden in Richtung Süden, die Jiva-Ener-

gie von Osten in Richtung Westen. Dieenergetische Situation eines Grundstücksoder Hauses hängt stark von der dynami-schen Beziehung dieser beiden Kräfte zu-einander ab. Fließen sie harmonisch undin einem ausgewogenen Verhältnis zu-

sammen, so entsteht ein Energiefeld,das die Lebensprozesse fördert,

während diese gestört werden,wenn Prana- und Jiva-Energiengegeneinander wirken oder sich

in einem starken Ungleichgewichtbefinden. Das Zusammenfließen der

Jiva- und Prana-Energien kann sowohlauf harmonische als auch auf disharmoni-sche Weise erfolgen. Im ersten Fall ver-stärken sich die beiden Flüsse gegenseitig,andernfalls löschen sie sich gegenseitigaus oder führen zu einem turbulenten undchaotischen Energiefeld. Die Einheit vonPrana und Jiva heißt Leben, während dieStörung ihrer Beziehung zu Schmerz, Pro-blemen und Trauer führt.

Fließende Lebensenergie

Der Nordosten ist die Quelle aller Lebens-energie, da sich dort der Fluss von Pranaund Jiva optimal verstärkt. Der Nordostengilt als die Quelle aller Energie, da die po-sitiven Energien als Kombination desnordsüdlichen Jiva-Flusses und des ost-westlichen Prana-Flusses dort in dasEnergiefeld einströmen. Als Resultat bei-der Energien weist der energetischeHauptflussvektor aus dem Nordosten inRichtung Südwesten. Diese Diagonale giltdaher als die Lebensachse oder Energie-diagonale des Vastu. Beide Ströme zusam-mengenommen ergeben einen Strom vonLebensenergie, der das gesamte biologi-sche Spektrum umfasst. Der menschlicheKörper bedarf beider Teile, um ein ausge-wogenes Biofeld aufzubauen. Der nähren-de, organische Energiestrom der Erde, deraus dem Norden kommt, verleiht demKörper Substanz, Festigkeit und Ordnung,während die solaren Anteile aus dem Os-ten ihn mit der nötigen Energie und Vita-lität versorgen. Diese beiden Ströme derLebensenergie fließen senkrecht zueinan-der, ebenso, wie die Energielinien desHartmann-Gitters senkrecht zueinanderlängs der magnetischen Meridiane verlau-fen. Das Hartmann-Gitter der Erde stehtmit den beiden Energieströmen des Pranain engem Zusammenhang.

In einem quadratischen Grundstückfließt die aus dem Nordosten einströmen-de Lebensenergie in zwei Hauptströmenum das Zentrum herum in Richtung Süd-westen. Im Zentrum ist die Flussdichte derLebensenergie am geringsten und die En-ergie des Grundstücks am intensivsten.Ein dynamischer Austausch findet dort je-doch hauptsächlich zwischen oben undunten in spiralförmigen Bewegungenstatt. Das Grundstück eines Hauses solltedaher nicht verbaut oder mit schwerenGegenständen belastet werden. Am besten

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Vasati-Pyramide

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befindet sich in der Mitte ein nach obenoffener Platz, der dem gesamten RaumEnergie zukommen lässt.

In der nordwestlichen und südöstlichenEcke werden die einfließenden Energie-ströme umgepolt. Somit unterteilt sich dasEnergiefeld in zwei dreieckige Bereiche.Die nordöstliche Hälfte besitzt positivePolarität, während der südwestliche Be-reich negative Polarität aufweist. Die bei-den Bereiche berühren einander entlangder Diagonalen, während ihre energeti-sche Wechselwirkung im Südosten undNordwesten am stärksten ist. Dort findeteine Umwandlung von Energie positiverPolarität in Energie negativer Polaritätstatt. Hierbei wird in beiden Ecken Ener-gie freigesetzt, die im Südosten in Wär-mepotenzial und im Nordwesten in Bewe-gungspotenzial umgewandelt wird. ImSüdosten des Feldes ist daher das ElementFeuer präsent, während in der nordwestli-chen Ecke das Luftelement vertreten ist.Im Südosten eines Hauses, Grundstücksoder Raumes sollten sich daher all dieDinge befinden, die mit Feuer, Elektrizitätoder Hitze verbunden sind. Dazu gehörensowohl die Küche als auch die Heizungund elektrische Geräte. Der Nordwesteneignet sich hingegen hervorragend für al-les, was in Bewegung ist und mit Aus-tausch, Kommunikation und Beziehungenin Zusammenhang steht. Daraus lassensich nun einige Prinzipien ableiten die fürdie Gestaltung des Grundstücks bzw. Hau-ses und des einzelnen Zimmers wichtigsind, um einen harmonischen Energieflusszu gewährleisten:

Schwere Gegenstände und Gebäudetei-le sollten im Südwesten platziert werden,da sich mit der Höhe und Schwere das ne-gative Energiepotenzial in dieser Richtungverringert. Dagegen sollte der Nordostendes Grundstücks, eines Hauses oder Rau-mes offen gestaltet werden. Die positivenEnergien können hier noch verstärkt wer-den, wenn man das Wasserelement in die-ser Richtung betont, z.B. durch einenTeich auf dem Grundstück, Wasserquellenoder Wasserbehälter. So werden positiveEnergien aus der Atmosphäre absorbiert.Fenster im Norden und Osten verstärkenden Einfluss lebensfördernder Energien imHaus, während große Fenster im Südenund Westen Energien geringerer Qualitätfördern. Im Zentrum des Grundstückssollten sich ebenfalls keine schweren Ge-bäudeteile befinden. Am besten gestaltetman diesen Bereich nach oben offen.

Interessanterweise haben auch die gro-ßen Lebensenergieforscher Europas ViktorSchauberger, von Reichenbach und Wil-helm Reich von zwei Lebensenergieströ-men gesprochen, die dem Prana- und demJiva-Strom entsprechen.

Die Studie des Vereins „Veden Akade-mie e.V.“ zum Thema „Chronische Krank-heiten und Wohnsituation“ gibt bereitsklare Hinweise darauf, dass Missachtun-

gen deroben be-schriebenenPrinzipien zuDisharmonien imgesundheitlichen, fi-nanziellen und zwi-schenmenschlichen Be-reich führen können. DieSituation des Bewohners wi-derspiegelt sich also deutlich in seinerUmgebung.

Korrekturmaßnahmen im Vasati

Die erste Maßnahme, die leider selten soeinfach möglich ist, besteht im Umzugoder in baulichen Veränderungen. Verhal-tensänderungen, Tausch oder Verände-rung von Raumfunktionen, z.B. das Verle-gen des Schlafplatzes vom Südosten inden Südwesten oder das Verschließen ei-ner Toilette im Nordosten, sind oft un-kompliziert durchzuführen. Auch der Ein-satz der fünf Naturelemente, von Farben,Spiegeln, Pflanzen, Naturbildern, Edelstei-nen, Kristallen, Gewürzen und Kräuternwirkt korrigierend auf raumenergetischeDefekte.

Die feinstoffliche Reinigung und Kor-rektur von Wohnräumen durch Klänge istin vielen Kulturen bekannt. Im Vasati fin-det sie besondere Beachtung, da die ge-samte vedische Kultur auf der Wissen-schaft der Klangschwingung aufgebautist. Große Teile der Veden handeln vonder Wirkung bestimmter Klänge, Melodien(ragas) und Mantras. Zur Harmonisierungder Raumenergien wurde inzwischen einespezielle Vastu-CD entwickelt.

Andere wirkungsvolle Korrekturmittelsind Yantras, farbige Energiebilder. DasJahrtausende alte Shri-Yantra wird vondem bekannten amerikanischen PhysikerPatrick Flanagan als „The King of PowerDiagrams“ bezeichnet. Seiner Aussagenach besitzt eine drei Zentimeter große,zweidimensionale Zeichnung des Shri-Yantras die gleiche energetische Wirkungwie eine zwei Meter hohe Pyramide. ImVasati gibt es ein System von Yantras, dieden Planeten, den Himmelsrichtungenund den zehn spirituellen Urenergien zu-geordnet sind. Ein Vasati-Experte stelltfest, welche Aspekte in einer Wohnunggestört sind und kann die gestörten Ener-gien mit Hilfe des geeigneten Yantras aus-gleichen, indem er dies an dem Ort derenergetischen Störung an der Wand oderauf dem Boden platziert.

Eine besonders wirksame Form derAnwendung von Yantras im Wohnbereichbesteht darin, sie als dreidimensionale

Pyramiden direkt im Raum auf-zustellen. Solche 3-D-

Yantras werden zur Me-ditation, Heilung

und Korrekturvon Wohnraum-energien ange-

wandt. Hierbei sindvor allem das Meru-

Chakra und die Vasati-Py-ramide als wirkungsvolle ener-

getische Werkzeuge zu nennen.Vorteil dieser Pyramiden besteht dar-

in, daß sie auch von einem Laien aufge-stellt werden können, da ihre Wirkungnicht so sehr von ihrer exaktenPlatzierung abhängt. Das Meru-Chakra istdie dreidimensionale Form des Shri-Yantras. Seit Jahrtausenden gilt es in In-dien als Sinnbild für Glück, Gesundheitund Reichtum. Im Vasati eignet es sichhervorragend, um gestörte Energien imNorden, Osten und Nordosten zu belebenund Energieblockaden in diesen Himmels-richtungen auszugleichen. Im Nordostenaufgestellt, stärkt es die finanzielle Situa-tion und die Gesundheit der Bewohner.

Die ursprünglichen, komplexen geome-trischen Maße des Meru-Chakras wurdengenau errechnet und mit moderner Com-putertechnologie millimetergenau in eineGußform übertragen. Der kunstvolle, mit24 Karat vergoldete Edelmetallguss ausSilber, Antimon, Kupfer und Zinn genügtin Fertigungsgenauigkeit, Material-beschaffenheit und Wirkung hohen An-sprüchen. Die Vasati-Pyramide, die diewichtigsten Vasati-Yantras vereint unddurch Cheops-Glaspyramiden in denRaum projiziert wird, gleicht vom Zen-trum eines Hauses aus die Energien allerHimmelsrichtungen aus und befreit damitdie Raumenergie von Spannungen undDisharmonien.

Es ist sinnvoll, schon bei der Planungeines neuen Hauses die Grundprinzipiendes Vasati zu berücksichtigen. Dies führtzu optimalen Ergebnissen: zu einemWohngefühl im vollkommenen Einklangmit den Gesetzen der Natur und den Ener-gien des Kosmos und der Erde. 7

Literatur: Die Kraft lebendiger Räume – Das großeVastu-Buch, Marcus Schmieke, AT-Verlag; Vasati &Ayurveda – Gesund durch Wohnen mit dem modernenVastu, Marcus Schmieke, Verlag Vedasan, 2000; DieKraft der Grenzen – Harmonische Proportionen in Na-tur, Kunst und Architektur, Doczi, György, Verlag En-gel & Co, 1996; Architektur und Harmonie, Paul vonNaredi-Rainer, Dumont-Buchverlag, 1999; Die vierBücher zur Architektur, Andrea Palladio, Artemis-Ver-lags 1993; Baukunst, Vitruv, Artemis-Verlag, 1987

Marcus Schmieke studierte Physikund Philosophie. Er wurde 1989 ineine vedische Schülernachfolge ein-geweiht. Seit 1993 arbeitet er an derIntegration von Wissenschaft undSpiritualität. 1994 Mitgründung der

Zeitschrift Tattva Viveka. 1996 Gründung der Veden-Akademie; Studium des Vastu am renommierten süd-indischen Institut Vastuvidyapratisthanam.