5-jahres-ergebnisse nach autologer knorpel-knochen-transplantation bei hüftkopfnekrose

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Originalien M. Rittmeister 1 · K. Hochmuth 1 · S. Kriener 2 · J. Richolt 1 1 Orthopädische Universitätsklinik, Friedrichsheim, Frankfurt am Main 2 Institut für Pathologie, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt am Main 5-Jahres-Ergebnisse nach autologer Knorpel- Knochen-Transplantation bei Hüftkopfnekrose Orthopäde 2005 · 34:320–326 DOI 10.1007/s00132-005-0776-y Online publiziert: 23. Februar 2005 © Springer Medizin Verlag 2005 Multiples retrogrades Anbohren oder Biopsieren nekrotischen Knochens [0], Tibia- oder Fibulatransplantate zur Ab- stützung der Gelenkfläche [3, 8] und ge- stielte, den Hüftkopf revaskularisierende Muskeltransplantate [6] sind Techniken zur Behandlung der Hüftkopfnekrose, die sich nach Fraktur des subchondralen Kno- chens und Einbruch des Gelenkknorpels verbieten [8, 0, 20, 24]. Diese Eingriffe set- zen eine intakte hyaline Gelenkfläche über der Nekrosezone voraus. In der Behandlung der fortgeschritte- nen Hüftkopfnekrose (Stadien III und IV nach Ficat [8]) ist der künstliche Hüftge- lenkersatz das derzeit erfolgreichste Ver- fahren [20]. Aber es ist auch ein Verfah- ren mit Risiken und Limitationen [5]. Da die Hüftkopfnekrose eine Erkrankung vor- nehmlich des Mannes mit Häufigkeitsgip- fel im 4. und 5. Lebensjahrzehnt und ein beidseitiges Auftreten bei idiopathischer Genese bis zu 80% wahrscheinlich sind [20], ist es primäres Ziel einer Behand- lung der Hüftkopfnekrose, dem jungen Erwachsenen mit normaler Lebenserwar- tung einen gelenkerhaltenden Eingriff an- zubieten. Operationstechnische Alternativen zur Behandlung von Defekten hyaliner Gelenk- flächen, die mit Erhalt des Hüftkopfes ein- hergehen, werden in wiederherstellende, versteifende und entlastende (Korrekturos- teotomie) Verfahren unterteilt und von re- sezierenden und ersetzenden Verfahren (Alloarthroplastik) unterschieden. Die Transplantation autologer Knor- pel-Knochen-Zylinder in die Nekrosezo- ne ist den wiederherstellenden Verfahren des Hüftkopfes zuzuordnen. Eine Trans- plantation von hyalin überknorpelten Zy- lindern in die Nekrosezone eines Hüftkop- fes hat das Ziel, hyalinen Knorpel in aus- reichender Schichtdicke stufenfrei in die Hauptbelastungszone des Hüftgelenks zu transplantieren. Inhalt dieser Arbeit ist, die eigenen Er- gebnisse der Behandlung der Hüftkopfne- krose mit autologen Knorpel-Knochen- Transplantaten wiederzugeben. Material und Methode Das Kollektiv umfasst 5 Patienten mit Hüftkopfekrose, die nach gelenkerhalten- der Hüftoperation mit autologen Knor- pel-Knochen-Transplantaten unter Ver- wendung des DBCS-Instrumentarium (diamond bone cutting system) nachunter- sucht wurden. Der mittlere Nachuntersu- chungszeitraum betrug 57 (3–89) Mona- te. Demographische Patientendaten sind in . Tabelle 1 dargestellt. Die Indikation zur Operation war eine Hüftkopfnekrose der Stadien III oder IV [8]. In allen Fällen bestand eine subchon- drale Fraktur und Entrundung des Hüft- kopfes über der Nekrosezone, jedoch wa- ren wenigstens 50% der Gelenkfläche und des subchondralen Knochen intakt. Die Ausdehnung der Nekrose variierte zwi- schen ,4 und 9,0 cm 2 . Die Zahl der trans- plantierten Zylinder variierte zwischen und 3 und der Durchmesser der zylin- drischen Tranplantate zwischen 9 und 3 mm. In 4 Fällen erfolgte die Transplan- tation ausschließlich zum Ersatz hyaliner Gelenkfläche. In Fall der operativen Ver- sorgung mit 3 Transplantatzylindern wur- den diese benutzt, um neben der Trans- plantation von hyaliner Gelenkfläche als Knochendübel eine partiell abgehobene knorpelige Gelenkfläche zu refixieren; 2 der 4 operierten Hüftgelenke hatten ei- nen verschmälerten Gelenkspalt und zu- sätzlich zur Kopfnekrose eine Acetabu- lumpathologie. Die Patienten wurden von drei unter- schiedlichen Orthopäden operiert, die je- doch alle der selben Abteilung innerhalb einer Orthopädischen Universitätsklinik entstammen. Dem zufolge war die Ope- rationstechnik hinsichtlich des Zugangs und der Verwendung des Entnahmein- strumentariums einheitlich: Die Opera- tion erfolgte in Rückenlage. Über einen vorderen Zugang zur Hüfte wurde die Ge- lenkkapsel dargestellt und T-förmig inzi- diert. In Hüftbeuge- und Außenrotations- stellung erfolgte die schonende Luxation des Hüftkopfes nach ventral. Knorpelfrak- tur und Nekrosezone wurden im ventral- kranialen Teil der Hüftkopfzirkumferenz sichtbar (. Abb. 1). Freie knorpelige Ge- lenkkörper wurden ebenso wie das Lig. ca- pitis femoris entfernt. Zur Entnahme des Transplantats und Zubereiten des Empfän- gerortes wurde ein Instrumentarium nach Redaktion V. Ewerbeck, Heidelberg 320 | Der Orthopäde 4 · 2005

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Originalien

M. Rittmeister1 · K. Hochmuth1 · S. Kriener2 · J. Richolt1

1 Orthopädische Universitätsklinik, Friedrichsheim, Frankfurt am Main 2 Institut für Pathologie, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt am Main

5-Jahres-Ergebnisse nach autologer Knorpel- Knochen-Transplantation bei Hüftkopfnekrose

Orthopäde 2005 · 34:320–326DOI 10.1007/s00132-005-0776-yOnline publiziert: 23. Februar 2005© Springer Medizin Verlag 2005

Multiples retrogrades Anbohren oder Biopsieren nekrotischen Knochens [0], Tibia- oder Fibulatransplantate zur Ab-stützung der Gelenkfläche [3, 8] und ge-stielte, den Hüftkopf revaskularisierende Muskeltransplantate [6] sind Techniken zur Behandlung der Hüftkopfnekrose, die sich nach Fraktur des subchondralen Kno-chens und Einbruch des Gelenkknorpels verbieten [8, 0, 20, 24]. Diese Eingriffe set-zen eine intakte hyaline Gelenkfläche über der Nekrosezone voraus.

In der Behandlung der fortgeschritte-nen Hüftkopfnekrose (Stadien III und IV nach Ficat [8]) ist der künstliche Hüftge-lenkersatz das derzeit erfolgreichste Ver-fahren [20]. Aber es ist auch ein Verfah-ren mit Risiken und Limitationen [5]. Da die Hüftkopfnekrose eine Erkrankung vor-nehmlich des Mannes mit Häufigkeitsgip-fel im 4. und 5. Lebensjahrzehnt und ein beidseitiges Auftreten bei idiopathischer Genese bis zu 80% wahrscheinlich sind [20], ist es primäres Ziel einer Behand-lung der Hüftkopfnekrose, dem jungen Erwachsenen mit normaler Lebenserwar-tung einen gelenkerhaltenden Eingriff an-zubieten.

Operationstechnische Alternativen zur Behandlung von Defekten hyaliner Gelenk-flächen, die mit Erhalt des Hüftkopfes ein-hergehen, werden in wiederherstellende, versteifende und entlastende (Korrekturos-teotomie) Verfahren unterteilt und von re-sezierenden und ersetzenden Verfahren (Alloarthroplastik) unterschieden.

Die Transplantation autologer Knor-pel-Knochen-Zylinder in die Nekrosezo-ne ist den wiederherstellenden Verfahren des Hüftkopfes zuzuordnen. Eine Trans-plantation von hyalin überknorpelten Zy-lindern in die Nekrosezone eines Hüftkop-fes hat das Ziel, hyalinen Knorpel in aus-reichender Schichtdicke stufenfrei in die Hauptbelastungszone des Hüftgelenks zu transplantieren.

Inhalt dieser Arbeit ist, die eigenen Er-gebnisse der Behandlung der Hüftkopfne-krose mit autologen Knorpel-Knochen-Transplantaten wiederzugeben.

Material und Methode

Das Kollektiv umfasst 5 Patienten mit Hüftkopfekrose, die nach gelenkerhalten-der Hüftoperation mit autologen Knor-pel-Knochen-Transplantaten unter Ver-wendung des DBCS-Instrumentarium (diamond bone cutting system) nachunter-sucht wurden. Der mittlere Nachuntersu-chungszeitraum betrug 57 (3–89) Mona-te. Demographische Patientendaten sind in . Tabelle 1 dargestellt.

Die Indikation zur Operation war eine Hüftkopfnekrose der Stadien III oder IV [8]. In allen Fällen bestand eine subchon-drale Fraktur und Entrundung des Hüft-kopfes über der Nekrosezone, jedoch wa-ren wenigstens 50% der Gelenkfläche und des subchondralen Knochen intakt. Die Ausdehnung der Nekrose variierte zwi-schen ,4 und 9,0 cm2. Die Zahl der trans-

plantierten Zylinder variierte zwischen und 3 und der Durchmesser der zylin-drischen Tranplantate zwischen 9 und 3 mm. In 4 Fällen erfolgte die Transplan-tation ausschließlich zum Ersatz hyaliner Gelenkfläche. In Fall der operativen Ver-sorgung mit 3 Transplantatzylindern wur-den diese benutzt, um neben der Trans-plantation von hyaliner Gelenkfläche als Knochendübel eine partiell abgehobene knorpelige Gelenkfläche zu refixieren; 2 der 4 operierten Hüftgelenke hatten ei-nen verschmälerten Gelenkspalt und zu-sätzlich zur Kopfnekrose eine Acetabu-lumpathologie.

Die Patienten wurden von drei unter-schiedlichen Orthopäden operiert, die je-doch alle der selben Abteilung innerhalb einer Orthopädischen Universitätsklinik entstammen. Dem zufolge war die Ope-rationstechnik hinsichtlich des Zugangs und der Verwendung des Entnahmein-strumentariums einheitlich: Die Opera-tion erfolgte in Rückenlage. Über einen vorderen Zugang zur Hüfte wurde die Ge-lenkkapsel dargestellt und T-förmig inzi-diert. In Hüftbeuge- und Außenrotations-stellung erfolgte die schonende Luxation des Hüftkopfes nach ventral. Knorpelfrak-tur und Nekrosezone wurden im ventral-kranialen Teil der Hüftkopfzirkumferenz sichtbar (. Abb. 1). Freie knorpelige Ge-lenkkörper wurden ebenso wie das Lig. ca-pitis femoris entfernt. Zur Entnahme des Transplantats und Zubereiten des Empfän-gerortes wurde ein Instrumentarium nach

RedaktionV. Ewerbeck, Heidelberg

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Tabelle 1

Daten der 5 Patienten mit Knorpel-Knochen-Transplantation am Femurkopf

Patient 1 2 3 4 5

Alter bei Operation [Jahre] 51 34 38 39 36

Ätiologie Idiopathisch Alkoholinduziert Steroidinduziert Idiopathisch Idiopathisch

Operationsseite Links Links Rechts Rechts Rechts

Stadium der HKN (Ficat) IV III III IV III

Ausdehnung der Nekrosezone [cm] 3×3 2×2 2×2 3×2 1,2×1,2

Lokalisation der HKN Ventrokranial Ventrokranial Ventrokranial Ventrokranial Ventrokranial

Transplantatherkunft Mediale Femurkon-dyle des ipsilateralen Kniegelenks

Knorpel-Knochen-Grenze des Hüftkopfes ventral

Inferomedialer Hüftkopf

Inferomedialer Hüftkopf

Inferomedialer Hüftkopf

Transplantatdurchmesser [mm] 11 9 10 10 13

Anzahl der Transplantatzylinder 2 3 2 3 1

Tabelle 2

Ergebnisse der autologen Knorpel-Knochen-Transplantation am Femurkopf

Patient 1 2 3 4 5

Nachuntersuchungszeit [Monate] 89 51 57 58 31

Ergebnis Schlecht Schlecht Schlecht Schlecht Sehr gut (HHS 100)

Postoperativer Verlauf nach DBCS H-TEP nach 69 Monaten

H-TEP nach 22 Monaten

H-TEP nach 57 Monaten

H-TEP nach 48 Monaten

Transplantat vital, keine Arthrose

Draehnert „Surgical Diamond Instrumen-tation“ (Surgical Diamond Initiative, SDI, München), bestehend aus Hohlschleifen und Extraktoren, benutzt [7].

In der Abfolge – Vermessen der Nekro-sezone, Vorbereiten des Empfängerortes für die Transplantation eines . Zylinders, Ent-nahme eines Transplantats, Transplantation des . Zylinders, Vorbereiten des Empfänge-rareals für einen weiteren Zylinder – wurde schrittweise vorgegangen. Die einzelne Über-tragung eines Knorpel-Knochen-Zylinders wurde beendet, bevor das Empfängerbett für die Transplantation eines weiteren Zylinders vorbereitet wurde. Zur Defektdeckung der Gelenkfläche eines nekrotischen Hüftkopfes wurden jeweils , 2 oder 3 Stanzzylinder ver-wendet, die dem ipsilateralen Hüftkopf oder Kniegelenk entnommen waren.

Die klinische Nachuntersuchung erfolg-te nach den Kriterien des Harris-Hip-Sco-res (HHS [9]). Nativröntgen und Magnet-resonanztomographie (MRT) wurden bei dem zum Nachuntersuchungszeitpunkt noch nicht alloarthroplastisch ersetzten Gelenk durchgeführt. Eine histologische Untersuchung des Hüftkopfes und insbe-sondere der Transplantate erfolgte in Fall

nach Hüftkopfresektion bei künstlichem Gelenkersatz.

Ergebnisse

Die Ergebnisse gemäß subjektivem Patien-tenurteil wie auch klinischem Hüftscore wa-ren in 4 Fällen schlecht und in Fall sehr gut (. Tabelle 2). Eine ausbleibende Beschwer-debesserung oder gar Progredienz des Hüft-befunds führte durchschnittlich 49 Mona-te nach DBCS an der Hüfte bei 4 Patienten zum künstlichen Gelenkersatz. Das Ergeb-nis des 5. Patienten war nach 3 Monaten kli-nisch, nativ-radiologisch wie auch kernspin-tomographisch sehr gut (. Abb. 2, 3).

Die histologische Untersuchung eines Hüftkopfes wies 22 Monate nach Knorpel-Knochen-Transplantation hyalinen Knor-pel und Vitalität des subchondralen Kno-chens am transplantierten Zylinder (unbe-schadet der manifesten Koxarthrose) nach (. Abb. 4).

Diskussion

Als Grenzfläche zwischen Gelenkspalt und Knochen sind die Existenzbedingun-

gen des Gelenkknorpels spezifischer Art und nicht modifizierbar. Eine hyalinknor-pelige Wiederherstellung eines Gelenkflä-chendefekts ist wünschenswert. Ein Ver-fahren mit fertigen hyalinknorpelig über-zogenen Knochenzylindern gegenüber anderen Verfahren zur Behandlung von Knorpeldefekten (z. B. Knorpelzelltrans-plantation oder knochenmarkstimulieren-de Techniken) bietet Vorteile. Der Vorzug ist die Vermeidung von Unwägbarkeit mit Stammzelldifferenzierungen, die zu en-chondraler Ossifikation bzw. Faserknor-pelproduktion führen können. Weitere Vorteile autologer osteochondraler Trans-plantate sind die Verfügbarkeit von Spen-derknorpel für Defekte unterschiedlicher Größe, ein reifes Chondrozyten enthalten-des Transplantat und eine hohe Warschein-lichkeit der Transplantateinheilung.

Es stellt sich die Frage nach den klini-schen und radiologischen Ergebnissen der Knorpel-Knochen-Transplantation am Hüftkopf. Die Knorpel-Knochen-Trans-plantation am Knie- und Sprunggelenk un-ter Verwendung des DBCS-Instrumentari-ums ist verbreitet. Nach autologen Trans-plantationen am distalen Femur [, , 9]

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Originalien

oder Talusrolle [9] wurde über deutliche Funktionsgewinne und den MRT-Nach-weis der Gewebevitalität bei langer Nach-untersuchungszeit [3] berichtet. Auch Be-richte über die Verwendung des DBCS am Capitulum humeri zur Wiederherstellung der hyalinen Gelenkfläche existieren. So war es nur eine Frage der Zeit, bis diese Technik auch am Hüftgelenk Anwendung findet, in der Hoffnung, es ließen sich glei-chermaßen gute Ergebnisse wie an an-deren Gelenken erzielen. Solches Vorge-hen war auch über unsere Klinik hinaus im Kollegenkreis insbesondere dann wie-derholt angedacht und diskutiert worden, wenn man für die jüngeren Patienten nach einer gelenkerhaltenden Alternative zum künstlichen Gelenkersatz suchte.

Unsere im Mittel 5-jährige Verlaufsbe-obachtung nach DBCS an der Hüfte konn-te nicht den Nachweis erbringen, dass die-se Methode einen Vorteil gegenüber den etablierten Verfahren in der Behandlung der Hüftkopfnekrose erbrachte. Retro-spektiv gesehen wären die ersten 4 behan-delten Hüften erfolgreicher primär mit ei-nem künstlichen Gelenk behandelt wor-den, denn Gelenkschmerz und Funktions-verlust ließen sich bei diesen Patienten durch die Knorpel-Knochen-Tranpslanta-tion am Hüftkopf nicht beeinflussen. Ein-zig der letzte in dieser Serie operierte Pati-ent mit einem sehr guten klinischen und radiologischen Ergebnis 2,5 Jahre nach Operation nährt die Hoffnung, diese Me-thode könne in Zukunft unter bestimm-ten Voraussetzungen einen Wert in der gelenkerhaltenden Behandlung der Hüft-kopfnekrose haben.

Als eine wesentliche Voraussetzung se-hen die Autoren die differenziertere und restriktivere Indikationsstellung bezüg-lich Ausdehnung der Nekrose und Betei-ligung des Acetabulums. In unserem Kol-lektiv waren die Nekrosen auf ein großes Kopfsegment ausgedehnt, die Pathologie nicht ausschließlich auf den Hüftkopf be-schränkt und das Acetabulum in einem Teil der Fälle bereits mitbetroffen. Darü-ber hinaus machen eine alkohol- oder ste-roidinduzierte Genese der Hüftkopfnekro-se den Erfolg eines jeden gelenkerhalten-den Eingriffs weniger wahrscheinlich [7, 20].

Auch weitere Modifikationen der Me-thode, die die Technik der Zylindertrans-

Zusammenfassung · Abstract

Orthopäde 2005 · 34:320–326DOI 10.1007/s00132-005-0776-y© Springer Medizin Verlag 2005

M. Rittmeister · K. Hochmuth · S. Kriener · J. Richolt

5-Jahres-Ergebnisse nach autologer Knorpel-Knochen- Transplantation bei Hüftkopfnekrose

ZusammenfassungEine Transplantation von hyalin überknor-pelten Zylindern in die Nekrosezone eines Hüftkopfes hat das Ziel, hyalinen Knorpel in ausreichender Schichtdicke stufenfrei in die Hauptbelastungszone des Hüftge-lenks zu transplantieren. Inhalt dieser Ar-beit ist, die eigenen Ergebnisse der Behand-lung der Hüftkopfnekrose mit autologen Knorpel-Knochen-Transplantaten wieder-zugeben.

Im Mittel wurden die Patienten 57 Mo-nate nach autologer Knorpel-Knochen-Transplantation am Hüftkopf unter Ver-wendung des DBCS (diamond bone cut-ting system) nachuntersucht. Die Zahl der transplantierten Zylinder variierte zwi-schen 1 und 3 und der Durchmesser der zy-lindrischen Tranplantate zwischen 9 und 13 mm.

Die Ergebnisse waren bei 4 der 5 Pati-enten schlecht und bei ausbleibender Bes-serung und Progredienz der Beschwerden erhielten diese einen künstlichen Gelen-kersatz durchschnittlich 49 Monate nach DBCS an der Hüfte.

Die Knorpel-Knochen-Transplantation am Hüftkopf unter Verwendung des DBCS hat sich in unseren Händen zwar als ein technisch machbares, die Gelenkoberflä-che wiederherstellendes operatives Verfah-ren gezeigt, das allerdings in dem von uns behandelten Kollektiv mit einem mangel-haften Ergebnis in 4 der 5 Fälle vergesell-schaftet war.

SchlüsselwörterHüfte · Nekrose · Knorpel-Knochen-Transplantation · DBCS

AbstractThe rationale for autogenous osteochon-dral grafting into necrotic areas of the fem-oral head is to provide hyaline cartilage for areas of main articular contact pressure. The aim of this study was to present our re-sults of autogenous osteochondral graft-ing to the femoral head in the treatment of avascular necrosis.

The mean follow-up of the five patients was 57 months following autogenous os-teochondral grafting to the femoral head using DBCS (diamond bone-cutting sys-tem). The number of transplanted cylin-ders varied between one and three, and the diameter of the cylindrical transplants between 9 and 13 mm.

Results were unsatisfactory in four of fi-ve hips and these underwent total hip re-placement a mean of 49 months following DBCS of the hip.

In our hands, osteochondral grafting to the femoral head using DBCS had proven technically possible in restoring the artic-ular surface of the femoral head; however, this operation was associated with unsatis-factory results in four of five cases.

KeywordsHip · Avascular necrosis · Osteochondral transplantation · OATS

Five-year results following autogenous osteochondral transplantation to the femoral head

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Abb. 1 9 a Nach ventral luxier-ter Hüftkopf eines 36-jähri-gen männlichen Patienten. Knorpelfraktur und korres-pondierende Nekrosezone (Klemme) liegen in der ventra-len kranialen Kopfzirkumfe-renz. Das Lig. capitis femoris (Pfeil) wird nicht erhalten. b Ein 13 mm breiter und 15 mm langer Knorpel-Knochen-Zy-linder wird in das vorbereite-te Empfängerbett des Kopf-es (a) transplantiert. Auch die Entnahmestelle an der Kopf-zirkumferenz ist sichtbar

Abb. 2 8 Nativradiologische a.-p.- und axiale Aufnahmen der rechten Hüfte des Patienten aus . Abb. 1. a Präoperativ zeigt sich ein ovaler ausgestanzter Defekt am Hüftkopf ohne Zeichen der Koxarthrose. b, c 31 Monate nach Knorpel-Knochen-Transplantation am Femurkopf findet sich eine normale Röntgenmorphologie des Transplantatzylinders mit umgebender Sklerose ohne Entrundung des Hüftkopfes (Pfeil) oder Zeichen der Koxarthrose

Abb. 3 8 a T1-gewichtetes natives MRT-Bild des rechten Hüftkopfes aus . Abb. 1 und 2. Das autologe Knorpel-Knochen-Transplantat (Pfeil) zeigt die gleiche Signalintensität wie die Spon-giosa des Hüftkopfes und grenzt sich zum Empfängerareal durch einen signalarm imponieren-den Sklerosesaum ab. b Korrespondierendes T1-gewichtetes MRT-Bild des rechten Hüftkopfes mit Fettunterdrückung in koronarer Schnittführung nach Kontrastmittelapplikation (KM). Das Transplantationsareal zeigt eine landkartenartige Signalerhöhung, was einem KM-Enhancement (Anreicherung, weiß) entspricht. In Zusammenschau mit dem homogenen T1-Signal (s. oben), dem fehlenden Knochenmarködem sowie dem fehlenden Gelenkerguss kann von einem hohen Anteil vitaler Zylinderanteile (Pfeil) ausgegangen werden

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Originalien

plantation betreffen, könnten Einfluss auf das an der Hüfte zu erwartende Ergebnis nehmen. Dazu zählen:

F das „surface matching“ zwischen Emp-fänger- und Spenderoberfläche, um größtmögliche Kongruenz zu errei-chen [2],

F das Einsetzen poröser Hydroxylapatit-stäbe, um Räume zwischen den Zylin-dern oder im Empfängerbett zu ver-schließen [7],

F die Verwendung von Wachstumsfakto-ren, um die Integration des hyalinen Spenderknorpels im Empfängergebiet zu begünstigen [4] und

F der Einsatz biologischer Kleber zur Versieglung der Transplantatoberflä-che [4].

In Anbetracht der vielfältigen noch nicht ausgeschöpften Einflussmöglichkeiten auf das zu erwartende klinische Ergebnis soll-

te anhand der vorgestellten Ergebnisse nicht abschließend über die Wertigkeit dieser Methode zur Behandlung der Hüft-kopfnekrose befunden und diese verwor-fen werden.

Der Gedanke der Gelenkknorpeltrans-plantation ist keineswegs neu. Eine Rekon-struktion des Hüftkopfes insbesondere sei-ner hyalinknorpeligen Oberfläche wurde vielfach versucht. Lexer [4] transplantier-te zwischen 907 und 925 23 Ganz- und Halbgelenke. Die Einheilung scheiterte, Gelenkflächen wurden nekrotisch und die spongiösen Anteile brachen als Folge man-gelhafter Revaskularisierung zusammen. Die homologe Transplantation von Ge-lenkknorpel am Hüftkopf erfolgte zur Be-handlung der Schenkelhalspseudarthrose: Zur Rekonstruktion des koxalen Femurs wurde eine aus dem Hüftkopf gewonne-ne hyaline Knorpel-Knochen-Kappe dem verbliebenen Schenkelhals (Methode nach L.C. Wagner, 929) oder Trochantermassiv

(Methode nach J.R. Moore, 938) aufge-setzt. Zufriedenstellende Ergebnisse nach Hüftkappentransplantation wurden für 20 von 35 Fällen angegeben [6].

H. Wagner [23] berichtete über Knor-peltransplantation bei Gelenkflächende-fekten an Hüfte und Knie in 26 Fällen. Homologe Hüftgelenktransplantate nach Wagner bestanden aus schalenförmigen Gelenkflächentransplantaten des Hüftkop-fes und der Hüftpfanne, an deren Unterflä-che sich eine Knochenschicht von –2 mm befand. Es wurde über 8 von 8 erfolgrei-che Verläufe mit dieser Technik nach 3-jäh-riger Mindestlaufzeit berichtet [2].

Meyers et al. [7] beschrieben eine Tech-nik der Behandlung der Hüftkopfnekrose mit Auto- oder Allotransplantaten. Diese Technik sieht ein ringförmiges Ausschnei-den des Knorpels über der Nekrosezone unter Belassen eines Stils, Wegklappen der Knorpelkappe, Ausräumen der Nekro-se, Auffüllen mit autologen Knochenchips

Abb. 4 9 Makro- und mikroskopische Schnittbilder entstammen ei-nem resezierten und 22 Monate zuvor mit 3 Knorpel-Knochen-Trans-plantaten behandelten Hüftkopf. a Makroskopisch zeigt sich eine abgehobene osteokartilaginäre Schale (e), die osteochondrale Trans-plantatentnahme- (**) und Implantationsstelle (*). b Mikroskopisch (HE-stain, Vergr. 20:1) zeigen sich hyaliner Knorpel (e), bindegewebi-ge (***) und knöcherne Veränderungen mit irregulären knöchernen Trabekeln und intertrabekulär bindegewebig gefüllten Räumen (**) sowie auch subchondralen Nekrosen im Transplantatgebiet (*). c Mikroskopisch (HE-stain, Vergr. 20:1) zeigen sich vitaler hyaliner Knorpel (*) des osteochondralen Transplantats mit aktivierten Osteo-blasten im subchondralen Knochen, verdickten Trabekeln und binde-gewebig gefüllten intertrabekulären Räumen (**)

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und Verschließen des Defekts mit der ge-stielten Knorpelkappe vor. Bei zerstörtem Gelenkflächenknorpel über der Nekrose-zone des Hüftkopfes sehen Meyer et al. die Indikation zum Knorpel-Knochen-Al-lotransplantat. Ein solches wird mit der Säge zubereitet, enthält unter dem Knor-pel eine 5-mm-Knochenschicht und wird nach Ausschneiden des schadhaften Hüft-kopfdefekts auf ein Bett autologer Kno-chenchips implantiert.

Über eine erfolgreiche Behandlung der Hüftkopfnekrose mit Auto- (n=3) und Al-lotransplantaten (n=2) bei 66% der Be-handelten wurde berichtet. Aufgeschlüsselt nach der Ätiologie versagte das Verfahren der osteochondralen Allografttransplanta-tion bei steroidinduzierter Hüftkopfnekro-se des Stadiums IV doppelt so häufig, näm-lich in 50%, im Vergleich zu Allograftüber-tragung bei idiopathischer Genese [7].

Für die Beurteilung eines Verfahrens zur Wiederherstellung der Gelenkfläche bei Hüftkopfnekrose ist es von ausschlag-gebender Bedeutung, ob die Gelenkflä-chentransplantate im Empfängerorganis-mus überleben und als funktionsfähiges Organ „Gelenkfläche“ lebenslang einhei-len oder ob das Transplantat die Gelenkflä-che zunächst restauriert und im zeitlichen Verlauf durch weniger verschleißfesten Fa-serknorpel ersetzt wird [23]. Frische auto-loge Knorpeltransplantate mit einer 2- bis 8-mm-Knochenschale waren nach 2 Mo-naten immunhistochemisch als hyaliner Knorpel vital und der Knocheneinbau er-folgte bereits nach 4 Wochen durch „cree-ping substitution“ [2]. Auch Rippenperi-chondrium wurde als aktives, proliferati-onsfähiges Transplantat zur Behandlung tiefer Gelenkknorpeldefekte an Schafen eingesetzt. 6 Wochen nach Transplantati-on zeigten die Transplantate eine Faserar-chitektur und Zellausrichtung mit starker Ähnlichkeit zu hyalinem Knorpel [5].

Der Transfer von Frakturkallus in Ge-lenkflächendefekte führte im Tiermodell durch Differenzierung der darin enthal-tenen mesenchymalen Stammzellen zu Chondrozyten zu einer Defektdeckung mit Typ-II-Kollagen [22]. Die in einem unserer Fälle durchgeführte histologische Beurteilung des 22 Monate zuvor in den Hüftkopf transplantierten Knorpel-Kno-chen-Zylinders zeigte ein Fortbestehen

hyalinen Gelenkknorpels im Transplanta-tionsareal.

Fazit für die Praxis

Die Knorpel-Knochen-Transplantation am Hüftkopf unter Verwendung des DBCS hat sich in unseren Händen zwar als ein technisch machbares, die Gelenk-oberfläche wiederherstellendes operati-ves Verfahren gezeigt, das allerdings in dem von uns behandelten Kollektiv mit einem mangelhaften Ergebnis in 4 der 5 Fälle vergesellschaftet war.

Korrespondierender AutorPriv.-Doz. Dr. M. Rittmeister

Orthopädische Universitätsklinik, Friedrichsheim, Marienburg Straße 2, 60528 Frankfurt am Main E-Mail: [email protected]

Interessenkonflikt: Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel ge-nannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenz-produkt vertreibt, bestehen.

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326 | Der Orthopäde 4 · 2005

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