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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft V-1 5 Bemessung für Querkraft I. Danielewicz 5.1 Einführung In der DIN 1045-1 Ausgabe Juli 2001 wurde ein einheitliches Nachweisverfahren zur Querkraftbemessung von Stahlbeton- und Spannbetonbauteilen, für alle Schubbeanspruchungsarten und für alle Betonarten vorgeschlagen. Im Nachweisverfahren werden einwirkende und die widerstehende Kräfte verglichen. Sie werden wie in den bisherigen Verfahren prinzipiell an einem ebenem Fachwerk ermittelt. Die indirekte Nachweise über einen Vergleich von Schubspannungen, wie sie die DIN 1045 1988 enthielt, finden keine Anwendung mehr. Eine von der Beanspruchungshöhe abhängige Neigung der Schubrisse geht in die Bemessung explizit ein. Sie wird nicht mehr in Form von Schubberei- chen verschlüsselt und trägt somit zum besseren Verständnis der zu führenden Nachweise bei. Die Regelungen zur Querkraftbemessung beinhalten keine Nachweise auf dem Niveau der Gebrauchlasten. Eine rechnerische Begrenzung der Hauptzugspannungen oder der Breite der Schubrisse wird nicht gefordert. Darüber ob und wie viel Querkraftbewehrung einzubauen ist, entscheidet Bemessung im Grenzzustand der Tragfähigkeit und Regelungen zur baulichen Durchbildung. 5.2 Nachweisformat Der Nachweis der Querkrafttragfähigkeit ist, wie oben erwähnt, nur im Grenzzustand der Tragfähigkeit (GZdT) zu führen. Die Einwirkungen und die Widerstände gehen mit ihren Bemessungswerten ein. Das allgemeine Nachweisformat lautet: Rd Ed V V (1) V Ed Bemessungswert der einwirkenden Querkraft V Rd Bemessungswert des Querschnittswiderstandes gegen Querkraft Für den Bauteilwiderstand V Rd werden drei Bemessungswerte der Querkraft definiert, die den verschiedenen Brucharten und Versagensmechanismen entsprechen: V Rd,ct aufnehmbare Querkraft eines längsbewehrten Bauteils ohne Querkraftbewehrung, V Rd,st aufnehmbare Querkraft eines Bauteils mit Querkraftbewehrung Begrenzung der Tragfähigkeit durch das Versagen der bis auf die Streckgrenze beanspruchten Querkraftbewehrung (Zugstrebenversagen), V Rd,max aufnehmbare Querkraft bedingt durch die Tragfähigkeit des Stegbetons Begrenzung der Tragfähigkeit durch das Versagen der Druckstrebe. Prof. Dr.-Ing. I. Danielewicz, Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Bauwesen

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-1

5 Bemessung für Querkraft

I. Danielewicz

5.1 Einführung

In der DIN 1045-1 Ausgabe Juli 2001 wurde ein einheitliches Nachweisverfahren zur Querkraftbemessung von Stahlbeton- und Spannbetonbauteilen, für alle Schubbeanspruchungsarten und für alle Betonarten vorgeschlagen. Im Nachweisverfahren werden einwirkende und die widerstehende Kräfte verglichen. Sie werden wie in den bisherigen Verfahren prinzipiell an einem ebenem Fachwerk ermittelt. Die indirekte Nachweise über einen Vergleich von Schubspannungen, wie sie die DIN 1045 1988 enthielt, finden keine Anwendung mehr. Eine von der Beanspruchungshöhe abhängige Neigung der Schubrisse geht in die Bemessung explizit ein. Sie wird nicht mehr in Form von Schubberei-chen verschlüsselt und trägt somit zum besseren Verständnis der zu führenden Nachweise bei. Die Regelungen zur Querkraftbemessung beinhalten keine Nachweise auf dem Niveau der Gebrauchlasten. Eine rechnerische Begrenzung der Hauptzugspannungen oder der Breite der Schubrisse wird nicht gefordert. Darüber ob und wie viel Querkraftbewehrung einzubauen ist, entscheidet Bemessung im Grenzzustand der Tragfähigkeit und Regelungen zur baulichen Durchbildung. 5.2 Nachweisformat

Der Nachweis der Querkrafttragfähigkeit ist, wie oben erwähnt, nur im Grenzzustand der Tragfähigkeit (GZdT) zu führen. Die Einwirkungen und die Widerstände gehen mit ihren Bemessungswerten ein. Das allgemeine Nachweisformat lautet: RdEd VV ≤ (1)

VEd Bemessungswert der einwirkenden Querkraft

VRd Bemessungswert des Querschnittswiderstandes gegen Querkraft

Für den Bauteilwiderstand VRd werden drei Bemessungswerte der Querkraft definiert, die den verschiedenen Brucharten und Versagensmechanismen entsprechen:

VRd,ct aufnehmbare Querkraft eines längsbewehrten Bauteils ohne Querkraftbewehrung,

VRd,st aufnehmbare Querkraft eines Bauteils mit Querkraftbewehrung Begrenzung der Tragfähigkeit durch das Versagen der bis auf die Streckgrenze beanspruchten Querkraftbewehrung (Zugstrebenversagen),

VRd,max aufnehmbare Querkraft bedingt durch die Tragfähigkeit des Stegbetons Begrenzung der Tragfähigkeit durch das Versagen der Druckstrebe.

Prof. Dr.-Ing. I. Danielewicz, Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Bauwesen

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-2

Bleibt die einwirkende Querkraft unter dem VRd,ct Wert, ist rechnerisch keine Querkraft-bewehrung erforderlich. Der Index „ct“ weist darauf hin, dass für diesen Bauteilwiderstand die Betonzugfestigkeit fct eine entscheidende Rolle spielt. Die Überprüfung VEd < VRd,ct ist jedoch nur für Flächentragwerke sinnvoll. Da bei stabförmigen Bauteilen immer eine Mindestbewehrung einzulegen ist (siehe Kap. 5.9.), kann die o.g. Überprüfung des VRd,ct Wertes entfallen, der Bemessungswert VRd,st wird maßgebend. Ist die Schubbewehrung erforderlich (VEd > VRd,ct ), muss sie die gesamte Querkraft aufnehmen. Ein Abzugsglied für die Betonschubtragfähigkeit (wie im Standardverfahren des Eurocode 2) gibt es nicht. Der Betonbeitrag wird über entsprechende Festlegung zur Neigung der Druckstrebe berücksichtigt. Bei Balken ist die Überprüfung der Tragfähigkeit der Druckstrebe VRd,max nur bei hohen Beanspruchungen notwendig. Sie liegt nach [8] vor mit;

VEd > 0,46 ⋅ bw ⋅ z ⋅ αc ⋅ fcd für Bauteile ohne Längsdruckkraft VEd > 0,40 ⋅ bw ⋅ z ⋅ αc ⋅ fcd für Bauteile mit Längsdruckkraft

Die Querkraftnachweise für Bauteile ohne und mit Schubbewehrung basieren auf zwei völlig unterschiedlichen Lastabtragungsmodellen. Die Nachweisgleichungen für Bauteile ohne Schubbewehrung basieren auf einer empirischen Beziehung mit mechanischem Hintergrund -Kammmodell, und gelten für gerissenen Bauteile. Nachweisgleichungen für Bauteile mit Schubbewehrung sind an einem parallelgurtigem Fachwerkmodell mit lastabhängig geneigten Druckstrebe abgeleitet worden. Einen „fließenden“ Übergang zwischen den beiden Modellen gibt es nicht.

5.3 Bemessungswert der einwirkenden Querkraft VEd

In dem am häufigsten vorkommenden Fall einer direkten Lagerung und einer gleichmäßig verteilten Belastung darf zur Berechnung der Schubbewehrung der Bemessungswert der Querkraft VEd in einer Entfernung d vom Auflagerrand ermittelt werden, (nach DIN 1045/88 im Abstand d/2). Bei einer indirekten Lagerung ist die Querkraft am Anschnitt des Haupt-trägers maßgebend. (Eine indirekte Lagerung liegt vor, wenn die Einbindung in den Haupt-träger nicht oberhalb seiner Schwerpunktlinie erfolgt) Die Bemessung der Druckstrebe erfolgt immer mit dem Bemessungswert der Querkraft am Auflagerrand. Bild 1: Bemessungsschnitte für Querkraftnachweise, direkte / indirekte Lagerung

VEd für Druckstrebennachweis

d

d

Fcd

VEd für Querkraftbewehrung

VEd für Querkraftbewehrung und für Druckstrebennachweis

indirekte Lagerung Tragwerk

System und Querkraftlinie

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-3

Bei Einzellasten, die in einem Abstand x ≤ 2,5d vom Auflagerrand wirken, darf auf Grund der direkten Lastabtragung der Einzellast über die Druckstrebe bei der Ermittlung der Schubbe-wehrung der Querkraftanteil aus der Einzellast mit dem Beiwert β abgemindert werden:

d5,2

x⋅

=β (2)

Die Bemessung zwischen linkem Auflager und Schnitt x erfolgt mit der abgeminderten Quer-kraft, rechts der Einzellast ist β = 1 zu setzen. Für die Bemessung der Druckstrebe darf keine Abminderung vorgenommen werden. Bild 2: Maßgebende Querkraft bei auflagernahen Einzellast Bei Bauteilen mit veränderlicher Querschnittshöhe verlaufen die Druck- und Zuggurtkräfte aus Biegung nicht parallel zur Bauteilachse. Deren vertikale Komponenten wirken in Quer-kraftrichtung. Sie können den aufzunehmenden Bemessungswert der Querkraft vergrößern oder verringern. Die gleiche Auswirkung ergibt sich aus Anordnung von geneigten Spann-gliedern. Die maßgebende Querkraft unter Berücksichtigung alle Querkraftkomponenten ergibt sich zu: pdtdccd0EdEd VVVVV −−−= (3) mit: EdV Bemessungswert der einwirkenden Querkraft 0EdV Grundbemessungswert der auf den Querschnitt einwirkenden Querkraft ccdV Querkraftkomponente der Betondruckkraft parallel zu EdV ( ) ( ) oEdsod2scdccd tanz/MtanFFV ψψ ⋅=⋅+= tdV Querkraftkomponente der Stahlzugkraft 1sdF parallel zu EdV ( ) uEdEdsu1sdtd tanNz/MtanFV ψψ ⋅+=⋅= pdV Querkraftkomponente der Spannstahlkraft pdF im GZdT ppdpd sinFV ϕ⋅=

2,5d

ββββ 1

0

VEd,links - für Druckstrebennachweis

β⋅VEd,links - für Querkraftbewehrung

x

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-4

Bild 3: Querkraftkomponenten bei geneigten Bauteilkanten Die Auswirkung der Gurtneigung ist günstig (Verringerung der aufzunehmenden Querkraft, (VEd < VEd0), wenn mit zunehmendem Biegemoment die Bauteilhöhe anwächst. 5.4 Bauteile ohne Querkraftbewehrung

In Bauteilen ohne Schubbewehrung ist die Schubtragfähigkeit des Querschnittes im wesentli-chen auf Rissreibung (Fk), Dübelwirkung der Längsbewehrung in der Zugzone (FDü), Schubspannungen der Druckzone (Vcd) sowie die Einspannung der Betonzähne in der Druck-zone zurückzuführen. Als Berechnungsgrundlage dient ein kammartiges Lastabtragungs-modell (Bild 4). Danach versagt der Querschnitt infolge der Überschreitung der Betonzug-festigkeit an der Einspannung der Betonzähne in Verbindung mit Verringerung der Rissver-zahnung infolge fortschreitender Rissöffnung. Die gegebenenfalls vorhandenen Längsdruck-kräfte wirken der Rissöffnung entgegen und begünstigen hiermit das Schubtragverhalten des Bauteils. Die Überschreitung der Tragfähigkeit führt zum plötzlichen Versagen. Bild 4: Tragmodell für Querschnitt ohne Querkraftbewehrung Die Tragfähigkeit des biegebewehrten Querschnittes ohne Schubbewehrung wird in DIN 1045-1 mit VRd,ct beschrieben. Überschreitet die aufzunehmende Querkraft den VRd,ct Wert nicht, ist rechnerisch keine Schubbewehrung erforderlich. Bei Balken und einachsig ge-spannten Platten mit b/h < 5 ist jedoch eine Mindestschubbewehrung (Kap. 5.7) stets vorzu-sehen. ct,RdEd VV ≤ ⇒ keine Querkraftbewehrung erforderlich (4)

VEdVEd0

ψo ≈ Neigung der Bauteiloberkante

(Vpd im Bild nicht dargestellt)

FDü1Fs1Fs1+∆Fs1

fct

Fk2 Fk1

FDü2

Vcd2 Vcd1

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-5

Die Schubtragfähigkeit eines biegebewehrten Bauteils ohne Querkraftbewehrung kann wie folgt ermittelt werden:

( ) db]12,0f10010,0[V wcd3/1

ck11ct,Rd ⋅⋅⋅−⋅⋅⋅⋅⋅= σρκη (5) mit: η1 = 1,0 für Normalbetone η1 =

220060,040,0 ρ⋅+ für Leichtbetone mit Rohdichte ρ [kg/m3]

κ Maßstabsfaktor zur Berücksichtigung der Bauteilhöhe

0,2d

2001 ≤+=κ (d in mm)

ρ1 02,0

dbA

w

1s ≤⋅

= Längsbewehrungsgehalt

As1 Querschnittsfläche der Zugbewehrung, die Mindestens um das Maß d über den betrachteten Querschnitt hinaus geführt wird und dort verankert wird cdσ

c

Ed

AN= Betonlängsspannung in der Schwerpunktlinie des Querschnittes [MN/m2]

EdN Bemessungswert der Längskraft im Querschnitt infolge äußerer Einwirkung oder Vorspannung (NEd < 0 als Längsdruckkraft)

wb kleinste Querschnittsbreite innerhalb der Zugzone

bei Querschnitten mit verpressten Spanngliedern 8/bd wh ≥Σ mussw mit bw,nom ersetzt werden; bw,nom = bw - 0,5⋅Σdh bis C50/C60 bzw. LC50/55 bw,nom = bw - 1,0⋅Σdh ab C55/C67 bzw. LC55/60 dh = äußerer Hüllrohrdurchmesser,

bei Querschnitten mit nicht verpressten Spanngliedern 8/bd wh ≥Σ gilt bw,nom = bw - 1,3⋅Σdh

In der Gleichung (5) wird mit dem Ausdruck (fck)1/3 die Einspannung der Betonzähne in der Biegedruckzone berücksichtigt (proportional zu der Betonzugfestigkeit). Die Dübelwirkung der Biegezugbewehrung wird mit dem Faktor (100ρl)1/3 erfasst. Der Maßstabsfaktor κ steht für die abnehmende Schubtragfähigkeit des Betonquerschnittes mit wachsenden Querschnittshöhe. Mit dem Faktor 0,1 werden die Mittelwerte des Versuchergebnisse an querkraftbeanspruchten Bauteilen auf das Niveau der Bemessungswerte umgerechnet. Ein Vergleich zeigt, dass die Schubtragfähigkeiten der DIN 1045-1 niedriger ausfallen als die der DIN 1045-88.

Bild 4: Anrechenbare Biegezugbewehrung As1

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-6

5.5 Bauteile mit Querkraftbewehrung

Die Querkraftbemessung biegebeanspruchte Bauteile mit Querkraftbewehrung erfolgt auf der Grundlage des Fachwerkmodells. Die schrägen Betonzähne und die Biegedruckzone stellen die Druckstreben des Fachwerkes dar, die Zugkräfte werden der Biegezug- und Querkraft-bewehrung zugewiesen. Die Neigung der Querkraftbewehrung und die der Druckstreben darf im vorgegebenen Bereich frei gewählt werden. Bild 5: Fachwerkmodell für Bauteile mit Querkraftbewehrung Die Tatsache, dass ein Teil der Querkraft über die Rissreibung abgetragen wird und somit das Fachwerk nicht belastet, wird in dem DIN 1045-1 Tragmodell durch entsprechende, von der Höhe der Beanspruchung abhängige Neigung der Druckstrebe berücksichtigt (Glg. 10). Bei niedrigen Beanspruchungen stellen sich in Stahlbetonbalken flachere Schubrisse als bei hohen Beanspruchungen ein. Eine flachere Druckstrebe ergibt im Fachwerk geringere Zugpfosten-kräfte und somit eine geringere erforderliche Schubbewehrung. Die Entlastung der Zugpfosten bei niedriger Beanspruchung wurde in der DIN 1045-88 durch die s.g. „verminderte Schubdeckung“ im Schubbereich 1 und 2 berücksichtigt. Im Schubbereich 3 -hohes Beanspruchungsniveau- war volle Schubdeckung vorgeschrieben.

Fswd

VEd⋅ c/zII

Fcwd

z⋅cotθ z⋅cotα

VEd

α Neigung der Schubbewehrung θ Neigung der Druckstrebe c Breite der Zugstrebe Fswd c´ Breite der Druckstrebe Fcwd c´= c⋅sin θ = z(cotθ+cotα)⋅sin θsw Bügelanstand in Längsrichtung Fcwd Druckstrebenkraft Fswd Zugstrebenkraft

Zugstrebe: Fswd = VEd/sinα Fswd = asw⋅fywd c = Asw/sw⋅fywd⋅z(cotθ+cotα)

Druckstrebe: Fcdw = VEd/sinθ [MN] Fcdw = σc bw⋅c´=σc bw⋅z(cotθ+cotα)⋅sinθ

entnommen aus Leonhardt, Vorlesung über Massivbau Teil 1

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-7

Für querkraftbewehrte Bauteile ist nach DIN 1045-1 ein Nachweis der ausreichenden Tragfä-higkeit der Druckstrebe und der Zugstrebe des Fachwerkes zu führen:

sy,RdEd VV ≤ VRd,sy = Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit bedingt durch das Versagen der Schubbewehrung (Zugstrebennachweis) max,RdEd VV ≤ VRd,max = Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit bedingt durch das Versagen des Beton auf Druck (Druckstrebenversagen) Bei der Ermittlung der erforderlichen Schubbewehrung wird der Betontragteil VRd,c auf der Widerstandsseite nicht explizit berücksichtigt. Die Querkraft wird voll der Schubbewehrung zugewiesen. Mit den im Bild 5 dargestellten Beziehungen lassen sich die nachstehenden Glei-chungen (6) bis (8) leicht aufstellen.

In dem allgemeinen Fall der Bauteile mit geneigter Querkraftbewehrung ergibt sich für die gewählten Neigungswinkel α und θ die Querkrafttragfähigkeit VRd,sy zu:

ααθ sin)cot(cotzfsAV yd

w

swsy,Rd ⋅+⋅⋅⋅= (6)

Die Ermittlung der erforderlichen Querschnittsfläche der Querkraftbewehrung ist durch das Gleichsetzen des Bemessungswertes der einwirkenden Querkraft VEd und der Querkrafttrag-fähigkeit des Bauteils VRd,sy möglich. Man erhält:

ααθ sin)cot(cotzf

VsAa

yd

Ed

w

swsw ⋅+⋅⋅

== (7)

mit Asw Querschnittsfläche der Querkraftbewehrung sw Abstand der geneigten Bewehrung in Richtung der Bauteilachse z Hebelarm der inneren Kraft: z = 0,9 ⋅d ≤ d - 2⋅cnom α Neigung der Querkraftbewehrung gegen die Bauteilachse θ Winkel zw. Druckstrebe und Bauteilachse (θ ≥ θ Glg.10) Die maximale, durch die Tragfähigkeit der Betondruckstrebe bestimmte, aufnehmbare Quer-kraft VRd,max erhält man aus:

θαθα 2cdcwmax,Rd cot1

cotcotfzbV+

+⋅⋅⋅⋅= (8)

mit αc =0,75 ⋅ η1 Abminderung der Druckfestigkeit der Betonstrebe infolge Querzugbeanspruchung durch Bügelbewehrung

η1 siehe Erläuterung zu Glg. (5)

mit θθ 22 sin)cot1/(1 =+ ergibt sich VRd,max zu: ( ) θαθα 2

cdcwmax,Rd sincotcotfzbV ⋅+⋅⋅⋅⋅= (9)

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-8

Die Neigung der Druckstrebe darf im folgenden Bereich gewählt werden (eine flachere Druckstrebe entlastet die Querkraftbewehrung):

Edc,Rd

cdcd

V/V1f/4,12,1

cot58,0−

⋅−≤≤

σθ (10)

θ ≤ 60° θ ≥ 18,5° bzw. θ ≥ 26,5°

mit: zbf

2,11f10,0V wcd

cd3/1ck1ctc,Rd ⋅⋅

+⋅⋅⋅=

σηβ (11)

βct = 2,4 , für η1 und σcd siehe Erläuterung zu Glg. (5) Der Wert θ = 18,5° entspricht dem Druckstrebenneigungswinkel bei Bauteilen mit Mindestbewehrung, θ ≥ 45° sollte nach [7] nur in Ausnahmefällen verwendet werden. Bei zugbeanspruchten Bauteilen sollte cot θ = 1 eingehalten werden. Die Kraft VRd,c nach Glg. (11) soll nicht mit dem Bemessungswert der Querkraft VRd,ct für Bauteile ohne Schubbewehrung nach Glg. (5) verwechselt werden. Wie unter 5.2 erwähnt liegen der Bemessung der Bauteile mit und ohne Schubbewehrung unterschiedliche Modelle zugrunde. So führte eine Längsdruckspannung σcd in Glg. (11) zur Minderung der „Betontragteils“ bei schubbewehrten Bauteilen, währen in Glg (5) die sie zur Erhöhung der Schubtragfähigkeit beiträgt. Weitere Erläuterungen hierzu sind in [8] zu finden. In dem Standardfall der Bauteile mit vertikaler Schubbewehrung (α= 90°) vereinfachen sich die Gleichungen (6) bis (9) zu:

θcotzfsA

V ydw

swsy,Rd ⋅⋅⋅= (12)

θcotzf

VsA

ayd

Ed

w

swsw ⋅⋅

== (13)

und θθ

αtancot

fzbV cdcw

max,Rd +⋅⋅⋅

= (14)

In diesem Fall (α= 90°) dürfen vereinfachend für cot θ in VRd,sy-Gleichung folgende Werte angesetzt werden: reine Biegung cotθ = 1,2

Biegung mit Längsdruckkraft cotθ = 1,2 Biegung mit Längszugkraft cotθ = 1,0

Den Zusammenhang zwischen der erforderlichen Schubbewehrung, dem Druckstrebnei-gungswinkel und der Beanspruchungshöhe für Bauteile aus Beton C20/25 ohne Längsdruck-kräfte zeigt das aus [7] entnommene Bild 6. Die Druckstrebenneigung nimmt mit zunehmen-der Beanspruchung zu.

≤ 3 für Normalbeton ≤ 2 für Leichtbetone

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-9

Bild 6: Zusammenhang zwischen Beanspruchungsniveau und Druckstrebenneigung

Bild 7 zeigt ein dimensionsloses Bemessungsdiagramm für lotrechte Bügelbewehrung für Bauteile ohne Längskräfte nach [8]. Eine Mindestbewehrung ist hier bereits berücksichtigt.

Bild 7: Bemessungshilfe für Bauteile mit lotrechter Bügelbewehrung nach [8]

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-10

5.6 Anschluss von Zug- und Druckgurten an Stege

Bei stark profilierten Querschnitten (Plattenbalken und Hohlkastenquerschnitten) werden maßgebende Kräfte der Druck- bzw. der Zuggurte in die Flansche eingeleitet. Diese müssen mit den Stegen schubfest verbunden werden. Die Größe der in den Flansch eingeleiteten Druckkraft entspricht in etwa dem Flächenanteil des Flansches in der Druckzone, die Größe der Zugkraft dem Anteil der ausgelagerten Biegezugbewehrung. Die Modellierung der Krafteinleitung in die Gurte erfolgt an einem räumlichen Fachwerk, Bild 8. Nachzuweisen ist, dass die Druckstreben und Zugpfosten des Fachwerkes die Beanspruchung aufnehmen können. Bild 8: Gurtfachwerk zur Modellierung der Krafteinleitung in den Druckflansch Die Längsschubkraft VEd die durch eine einseitige Fuge zwischen dem Steg und Flansch übertragen werden muss, entspricht der in den Gurt eingeleiteten Längsdifferenzkraft ∆Fd. Bei reiner Biegung wird ∆Fd auf der Strecke zwischen Momentennullpunkt und Momen-tenhöchstwert eingeleitet und lässt sich für einen Druckgurt wie folgt ausdrücken:

∆Fd = b

bz

MA

Az

MVF i,effEd

Druckzone

Gurt,cEdEdcd ⋅≈⋅==

∆∆ (15)

Ac,Gurt Fläche des einseitig angeschlossenen Gurtes

ADruckzone Druckzonenfläche beff,i mitwirkende Breite des angeschlossenen Flansches beff Gesamtbreite der Druckzone

beff,1

beff,2

Druckstrebe im Steg Druckstreben im Druckgurt Zugstreben

2av

av av

∆MEd

∆∆∆∆MEd

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-11

Der bei dem Anschluss des Zuggurtes auftretende Längsschub lässt sich sinngemäß angeben:

∆Fd = 1s

Gurt,1sEdEdsd A

Az

MVF ⋅==

∆∆ (16)

As1,Gurt in den Gurt ausgelagerte Biegezugbewehrung As1 gesamter Bewehrungsquerschnitt Bild 9: Bezeichnungen für Druck- und Zuggurt Im rechnerischen Nachweis des Anschlusses muss die Einleitung des Längsschubs innerhalb einer Einleitungslänge av von höchstens dem halben Abstand zw. Momentennullpunkt und Momentenhöchstwert nachgewiesen werden. av entspricht der Länge des Bereiches auf dem der Längsschub in etwa konstant bleibt. Die Berechnung des im Flansch liegenden Fachwerkes führt zu Gleichungen, die für Tragfähigkeit von "normal" querkraftbeanspruchten Querschnitten mit Schubbewehrung bereits zuvor angegeben wurden. Beim Anschluss des Druck- bzw. des Zuggurtes sind lediglich in den Gleichungen (12) bis (14) bw = hf und z = av zu setzen. Hiermit ergibt sich die

maximale Querkraft, die ohne Versagen der Druckstrebe aufgenommen werden kann zu:

θθ

αtancot

fahV cdcvf

max,Rd +⋅⋅⋅

= (17)

mit cotθ = 1,2 für Druckgurte cotθ = 1,0 für Zuggurte maximale Querkraft, die ohne Versagen der Zugstrebe aufgenommen werden kann zu:

θcotzfsA

V ydw

swsy,Rd ⋅⋅⋅= (18)

und die erforderliche Anschlussbewehrung zu:

θcotaf

VsA

avdyd

Ed

w

swsw ⋅⋅

== (19)

beff,1 beff,2 bw

d

x

beff

d x

As1,Gurt asw

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-12

Die Bewehrung kann gleichmäßig auf die Ober- und Unterseite des Flansches verteilt werden. Die Norm erlaubt die volle Anrechnung der Querbiegebewehrung des Flansches auf die Bewehrung zur Aufnahme der Gurtanschlusskräfte. Bei einer genaueren Berechnung kann die Neigung der Druckstrebe θ des im Flansch liegen-den Fachwerkes (θ in Glg. (17) - (19)) mit Hilfe der Gleichung (10) ermittelt werden. Hierbei ist als σcd in Glg. (11) die mittlere Spannung in der angeschlossenen Gurtplatte innerhalb von av anzusetzen. 5.7 Schubübertragung in Fugen

5.7.1 Allgemeines

Bei Verwendung von Fertigteilen, Teilfertigteilen mit Ortbetonergänzung sowie bei abschnittsweiser Herstellung von Bauteilen wird gegen bereits erhärteten Beton betoniert. Bei einer Biegebeanspruchung diese Bauteile müssen die Fugen Schubkräfte übertragen. Bild 10: Längsfuge zwischen Fertigteil und Ortbetonergänzung a) Plattenbalken b) π-Platte c) Schubbeanspruchung der Fuge Für die Übertragung der Kräfte in der Fuge ist ihre Rauigkeit entscheidend. In der Norm wird zwischen vier Fugenrauigkeiten unterschieden:

- sehr glatt Beton gegen Holz oder Stahlschalung betoniert

- glatt Frischbetonoberfläche wird abgezogen, im Gleit- oder Extrudier- verfahren hergestellt, oder bleibt nach dem Verdichten unbehandelt

- rau Betonoberfläche weist eine definierte Rauigkeit gemäß DAfStb Heft 525 auf, ist künstlich aufgeraut

- verzahnt Betonoberfläche weist eine Verzahnung nach Bild 8 auf oder das Korngerüst wurde z.B. durch Strahlen freigelegt.

5.7.2 Schubbeanspruchung in der Fuge

Die über die Fuge zu übertragende Schubkraft pro Längeneinheit ergibt sich aus:

a)

Fuge

b b) 2. Betonierabschnitt

Verbundbewehrung

c)

vEd = vRd

vEd < vRd

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-13

z

VFF Ed

cd

cdjEd ⋅=ν (20)

dabei ist

cdF z

M Ed= die gesamte Gurtlängskraft infolge Biegung in dem betrachteten Schnitt

cdjF die über die Fuge zu übertragende Gurtlängskraft infolge Biegung (liegt die Druckzone vollständig jenseits der Fuge, gilt Fcdj = Fcd) 5.7.3 Fugen ohne Verbundbewehrung

Bei niedriger Beanspruchung der Schubfuge und ausreichender Fugenrauigkeit, kann auf die Verbundbewehrung (auch auf konstruktive Bewehrung) in der Fuge verzichtet werden. Die Schubtragfähigkeit der Fuge ohne Verbundbewehrung vRd,ct kann nach Glg. (21) ermittelt werden: [ ] bf042,0v Nd

3/1ckct1ct,Rd ⋅⋅−⋅⋅⋅= σµβη (21)

mit η1 = 1 für Normalbetone, für Leichtbetone siehe Glg. (5) βct Rauigkeitsbeiwert nach Tabelle 1 fck charakteristische Betondruckfestigkeit des Ortbetons oder des Fertigteils, der kleinere Wert ist maßgebend

µ Reibungsbeiwert nach Tabelle 1 σNd Normalspannung senkrecht zur Fuge (als Druckspannung negativ)

cdEd

Nd f6,0b

n −≥=σ [MN/m2]

nEd unterer Bemessungswert der Normalkraft senkrecht zur Fuge (vgl. Bild 11) b die Breite der Kontaktfläche

Wirkt senkrecht zur Fuge eine Zugkraft, so ist bei glatten und rauen Oberflächen der Rauigkeitsbeiwert βct zu Null zu setzen. Tabelle 1: Beiwerte βct und µ Bild 11: Ausbildung einer verzahnten Fuge

Oberfläche ββββct µµµµ

verzahnt 2,4 1,0

rau 2,4 0,7

Glatt 1,4 0,6

Sehr glatt 0 0,5

Verankerung der Verbundbewehrung

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-14

5.7.4 Fugen mit Verbundbewehrung

Kann auf Verbundbewehrung in der Fuge nicht verzichtet werden, muss sie die gesamte Beanspruchung aufnehmen. Eine Entlastung infolge Reibung darf hierbei berücksichtigt werden. Bild 12: Fachwerkmodell für den Nachweis der Schubfuge Die in der Verbundbewehrung auftretenden Kräfte können anhand des Fachwerkes im Bild 12 ermittelt werden.

bsin)cot(cotfav Ndydssy,Rd ⋅⋅−⋅+⋅⋅= σµααθ (22)

oder direkt die erforderliche Verbundbewehrung:

ααθ

σµsin)cot(cotf

bva

yd

NdEds ⋅+⋅

⋅⋅−= (23)

mit α Winkel der die Fuge kreuzenden Bewehrung as Querschnittsfläche der Verbundbewehrung je Längeneinheit Die Druckstrebenneigung θ ist in dem durch Glg. (24) vorgegebenen Bereich zu wählen

Edct,Rd

cdcd

v/v1f/4,12,1

cot0,1−

⋅−≤≤

σθ (24)

mit vRd,ct nach Glg. (21) Die nach Gleichung (23) ermittelte Verbundbewehrung darf bei biegebeanspruchten Bauteilen entsprechend dem Verlauf der Schubkraftlinie abgestuft werden. Die Länge des Einschneidens in die Verbundkraftlinie lE sollte lE = d nicht überschreiten. Bei Bauteilen unter Scheibenbeanspruchung darf sie konzentriert an den Enden der Fuge angeordnet werden. Bei Bild 13: Schubkraftlinie und Verteilung der Verbundbewehrung

≤ 3 für Normalbeton ≤ 2 für Leichtbetone

vEd as⋅fyd(cotθ + cotα)⋅sinα

-µ⋅σNd⋅b

Fcdw

θθθθ

α µ⋅σNd⋅b

σNd

FsdwvRd

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-15

5.8 Konstruktionsregeln für querkraftbewehrte Bauteile

Im Bezug auf die Ausbildung, Anordnung, Schließung der Bügelbewehrung und sonstigen Schubzulagen entsprechen die neuen Regelungen den bekannten Grundsätzen der DIN 1045/88. Sie werden hier vollständigkeitshalber wiederholt. Veränderungen ergeben sich im Bezug auf die Mindestbewehrung und die einzuhaltenden Bügelabstände (5.8.2 und 3).

5.8.1 Querkraftbewehrung

Die Querkraftbewehrung soll mit der Schwerlinie des Bauteils einen Winkel von 45° bis 90° bilden. Sie darf aus der Kombination folgender Bewehrungen bestehen:

- Bügeln, die Längsbewehrung und die Druckzone umfassen - Schrägstäben, - Schubzulagen wie Leiter und Körber, die die Längsbewehrung nicht umschließen.

Bei Balken dürfen Schrägstäbe und Schubzulagen nur zusammen mit Bügeln verwendet werden. Die Bügelbewehrung muss dabei mindestens 50% der erforderlichen Schubbeweh-rungsfläche ausmachen. Bild 14: Beispiel für Kombination von Bügeln und Querkraftzulagen. Das Bild 15 (Seite V-17) enthält die Regelungen zur Schließung der Bügelbewehrung in der Druck- und Zugzone. Die Verankerungselemente in der Druckzone müssen zwischen dem Schwerpunkt der Druckzone und dem Druckrand angeordnet werden, in der Zugzone möglichst nah am Zugrand. Die Bügeln müssen die Zugbewehrung umschließen.

5.8.2 Mindestbewehrung

Um ein sprödes Versagen bei Bauteilen ohne Querkraftbewehrung zu vermeiden, ist eine Mindestbewehrung anzuordnen. Während bei Platten eine lokale Schwächung der Schub-tragfähigkeit aufgrund von Umlagerungsmöglichkeiten sich auf die Tragfähigkeit nicht gra-vierend auswirkt, kann sie bei stabförmigen Bauteilen zum Versagen führen. Folgerichtig wird bei Platten (mit b/h > 5) auf eine Mindestschubbewehrung verzichtet.

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-16

Die Mindestbewehrung für Balken wird über den geometrischen Bewehrungsgehalt min ρw definiert. Der vorhandene Bewehrungsgehalt ρw darf min ρw nicht unterschreiten.

www

sww min

sinbsA ρ

αρ ≥

⋅⋅= = 1,0⋅ ρ nach Tabelle 2 (25)

fck [MN/m2] 12 16 20 25 30 35 40 45 50 55 60 70 80 90 100

ρ [o/oo] 0,51 0,61 0,7 0,83 0,93 1,02 1,12 1,21 1,31 1,34 1,41 1,47 1,54 1,6 1,66

für Leichtbetone müssen die ρ - Werte mit Faktor η1 (vgl. Glg. (5)) multipliziert werden

Tabelle 2: Grundwerte ρ der Mindestbewehrung Die Mindestschubbewehrung im Übergangsbereich zwischen Balken (b/h ≤ 4) und Platte (b/h ≥ 5) ist gesondert geregelt. Im Bereich 5 > b/h > 4 ist eine Mindestbewehrung erforderlich, die: - bei Platten ohne rechnerisch erforderlicher Querkraftbewehrung zwischen dem nullfachen und dem einfachen Wert,

- bei Platten mit rechnerisch erforderlicher Querkraftbewehrung (VEd > VRd,ct) zwischen dem 0,6fachen und dem einfachen Wert der Mindestbewehrung nach Glg. (25) interpoliert werden darf. Die Mindestdicke einer querkraftbewehrten Platte ist auf 160 mm begrenzt. (Der Eurocode legte hierfür eine Mindestplattendicke von h = 200 mm fest). 5.8.3 Bügelabstände bei stabförmigen Bauteilen

Die Abstände der Bügelschenkel in Bauteillängs- und Querrichtung sind abhängig von der Beanspruchungshöhe die über den Quotienten der Einwirkung VEd und maximalen aufnehmbaren Querkraft VRd,max nach Glg. (10) ausgedrückt wird. Die zulässigen Werte sind in der Tabelle 3 angegeben. Tabelle 3: Größte Längs- und Querabstände smax von Bügelschenkeln und Querkraft- Zulagen für Balken

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-17

Bild 15: Verankerungen und Schließen von Bügeln [7]

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DIN 1045-1: Bemessung für Querkraft

V-18

5.8.3 Abstände der Querkraftbewehrung bei Platten

In Platten mit VEd ≤ 0,30 VRd,max darf die Querkraftbewehrung vollständig aus Schrägstäben oder Querkraftzulagen bestehen VEd > 0,30 VRd,max muss mindestens die Hälfte der Querkraftbewehrung aus Bügeln bestehen. Für den größten Längs- und Querabstand von Bügeln gilt:

a) in Längsrichtung:

- für VEd ≤ 0,30 VRd, max smax = 0,7 h - für 0,30 VRd, max ≤ VEd ≤ 0,60 VRd, max smax = 0,5 h - für VEd > 0,60 VRd, max smax = 0,25 h

b) in Querrichtung: smax = h Der größte Längsabstand von Schrägstäben ist smax = h Literatur

[1] DIN 1045-1 Ausgabe Juli 2001 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton, Teil 1:Bemessung und Konstruktion. [2] DIN 1055-100 Ausgabe März 2001 Einwirkungen auf Tragwerke. Teil 100: Grundlagen der Tragwerksplanung, Sicherheitskonzept und Bemessungsregeln. [3] DIN V ENV 1992-1: Eurocode 2: Planung von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken. Teil 1-1: Grundlagen und Anwendungsregeln für den Hochbau. [4] Zilch, K; Rogge, A.: Bemessung der Stahlbeton- und Spannbetonbauteile nach DIN 1045-1. Betonkalender 2000, Teil 1. [5] Leonhardt, F.: Vorlesung über Massivbau, Teil 1, Grundlagen [6] Goris, A.: Bemessung von Stahlbetonbauteilen nach DIN 1045-1, in Stahlbetonbau aktuell, Jahrbuch 2001. [7] Heft 525 DAfStb Erläuterungen zu DIN 1045-1 Entwurf, Stand 2003-05-16 [8] Reineck, K.-H.: Hintergründe zur Querkraftbemessung nach DIN 1045-1 für Bauteile aus Konstruktionsbeton mit Querkraftbewehrung. Bauingenieur 76 (2001) H. 4